000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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usiness as usual betreiben zu können, jegliche Arbeit christlicher Missionare in ihrem<br />
Machtbereich einfach zu verbieten. Dabei gerierte sich die Company in jeder<br />
Hinsicht, in Rechtspflege, in Gesetzgebung, im Schulwesen, kurz in allen Bereichen<br />
öffentlicher Verwaltung wie ein Staat 630 – und weigerte sich doch, so wie es diesem<br />
geboten ist, ›die Bösen zu bestrafen und die Guten zu belohnen‹. Dabei bediente sich<br />
die Handelsgesellschaft eines in keinem normalen Staatswesen vorgesehenen Systems:<br />
Junge britische Männer, vom englischen Staat zum Dienst an der Öffentlichkeit<br />
als Soldaten eingezogen, hatten in Indien unter dem Kommando und im Interesse<br />
eben dieser privaten Handelsgesellschaft zu kämpfen. Das zu diesen Zeiten keineswegs<br />
seltene Phänomen war zu beobachten: Die Öffentlichkeit trägt die Lasten;<br />
den Nutzen ziehen private Bündler 631 .<br />
Doch des Staates ist es nicht, Profit zu machen. Entglitt so der Handelsgesellschaft<br />
die Herrschaft, da übernahmen Englands Parlament und Monarchie die Oberhoheit.<br />
Entsprechend christlichen Grundsätzen hoben sie dann auch das Verbot der Einreise<br />
von Missionaren auf. Doch verpflanzte sich religiöse Zerrissenheit und Niedergang<br />
des englischen Mutterlandes, das ja die Tätigkeit der Company immerhin über Jahrhunderte<br />
getragen hatte, damit auch auf das neu eröffnete Missionsfeld 632 . Mochte<br />
630) s. z.B. H. v.Stietencron, Voraussetzungen westlicher Hinduismusforschung und ihre Folgen in: E.<br />
Müller (Hrgb.), »... aus der anmutigen Gelehrsamkeit«. Tübinger Studien zum 18. Jahrhundert. Dietrich<br />
Geyer zum 60. Geburtstag, <strong>Tübingen</strong> 1988, 129: »... mit dem Recht ausgestattet, Verträge zu schliessen,<br />
Land zu erwerben, Festungen zu bauen und Krieg zu führen, bzw. die Interessen der Company mit Waffengewalt<br />
zu verteidigen«.<br />
631) In anderen Bereichen gebrauchte man dafür die Wendung: Gewinne werden privatisiert, Verluste<br />
sozialisiert: Ein Grundsatz, zu dessen Befolgung große Unternehmen den Staat z.B. bei Stillegung unrentabler<br />
Betriebsteile schließlich zu erpressen vermochten.<br />
632) v.Stietencron charakterisiert die zu dieser Zeit in England herrschende theologische Anschauung<br />
nicht unzutreffend als »deistisch« und beschreibt dieses näherhin mit den Worten: ... er ersetzt »radikaler<br />
als je zuvor den fraglosen Glauben an die biblische Offenbarung durch die Suche nach dem natürlichen<br />
Gottesbegriff, nach den rational nachvollziehbaren Grundlagen menschlicher Religiosität in allen Religionen<br />
... Der Engherzigkeit verschiedener, sich bekämpfender Glaubensbewegungen wird ein die ganze<br />
Menschheit übergreifender ... vernunftgeleiteter Gottesglaube gegenübergestellt«, s. v.Stietencron 1988,<br />
136f. So wie im Deismus allgemein die Notwendigkeit einer speziellen Offenbarung abgelehnt wird (s.<br />
auch a.O.) lehnt er insbesondere die Annahme eines aktiven Eingreifens der Gottheit in die menschliche<br />
Geschichte ab – nachdem diese erst einmal die prästabilisierte Harmonie in Gang gesetzt habe: Stichwort<br />
»untätiger Gott«, s. LThK Bd 3, 1959 s.v. Deismus, Sp 196 (J. Th. Engert). Im gleichen Sinn v.Stietencron<br />
1988, 137 Anm 27: »Der Deismus kulminiert in der These, daß Gott zwar letzte Ursache aller Dinge sei, in<br />
die einmal erfolgte Schöpfung aber nicht mehr eingreife«. Damit konnte der Deismus gar zum ›Bekenntnis‹<br />
der sich anders als in den romanischen Ländern als ›gläubig‹ (nicht atheistisch) gerierenden schwedisch-deutschen<br />
Logen werden. Aus theologischer Sicht ist der Deismus jedoch gleich dem sich offen dazu<br />
bekennenden Weltanschauung als atheistisch zu bezeichnen, s. zuletzt Waldmann, Anmerkungen zum<br />
Illuminatentum in: ders., Aufsätze zu Religionsgeschichte und Theologie, <strong>Tübingen</strong> 1995, den Aufsatz Nr.<br />
XII. – Wenn v.Stietencron 1988 Roberto de Nobili zusammen mit Matteo Ricci der deistischen Denktradition<br />
zuzuordnen versucht, scheitert dies an seinen eigenen Worten, wenn er nämlich die Anpassungstendenzen<br />
de Nobilis beschreibt als: »... alles bestehen lassen, was in der fremden Kultur Brauch und Sitte<br />
ist, soweit es dem Evangelium nicht widerspricht.« (Hervorhebung von mir.), s. v.Stietencron 1988, 137f.<br />
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