000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen 000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

w210.ub.uni.tuebingen.de
von w210.ub.uni.tuebingen.de Mehr von diesem Publisher
07.10.2013 Aufrufe

Schließen wir mit dem seelenvollen Bericht, den Dionysius in seinem Brief an Timotheus von der Erscheinung gibt, die ihm noch am selben Tag begegnet. Er atmet Osterfreude, macht die Grundfeste sichtbar, auf der die Roma aeterna, das ›Ewige Rom‹, aufruht620 : »Nun höre das Wunder, sieh die Zeichen, lieber Bruder Timotheus, das am Tag ihres Martyriums geschah. In der Stunde, da sie voneinander schieden, war ich noch bei ihnen; nach ihrem Tode aber sah ich sie Hand in Hand zum Stadttor eingehen, angetan mit lichten Kleidern, gekrönt mit Kronen der Klarheit und des Lichtes.« Wie also hat Petrus sein Amt gesehen, wie übte er es aus, und welche Erkenntnisse ergibt die von ihm praktizierte Regelung der Nachfolge? So wie der erste Bischof Jerusalems nicht Petrus war – nach Eusebius’ betont herausgestellter Mitteilung war es der Herrenbruder Jakobus, auch ›Jakobus der Gerechte‹ genannt, der »damals, wie die Geschichte überliefert, als erster den Bischofsstuhl der Kirche von Jerusalem erhielt621 « -, Petrus auch in Antiochien nicht erster Bischof war, vielmehr den Evodius als solchen einsetzte622 -, so hat er auch in Rom als ersten Bischof einen anderen, den Linus bestimmt623 . Was Petrus aber zu Ende seines Lebens tat – wir sprachen bereits davon -, ist als die Einsetzung in die Nachfolge im ›Petrusamt‹ anzusehen. Bei Jakobus heißt es: »Danach erschien der Herr Sankt Petro und sprach: ›Simon der Zauberer und Nero trachten wider dich, aber du sollst dich nicht fürchten, denn ich will bei dir sein und dich erlösen. Auch will ich dir meinen Knecht Paulus zum Troste senden, der wird morgen zu Rom eingehen‹. Da wußte Petrus, daß sein Ende nahe sei, und er berief – wie Linus schreibt – die Brüder, nahm Clemens bei der Hand und weihte ihn zum Bischof und setzte ihn auf seinen Stuhl an seiner Statt624 «. früh gewesen sein, daß er tatsächlich 25 Jahre in Rom gearbeitet hätte. Es möchte sich eher um etwa 20 Jahre gehandelt haben. Dabei war er oft abwesend und waltete seines Amtes als ›Grundstein der Kirche und Hirte der Schafe und Lämmer Christi‹ – so hatte Paulus ihn angesichts des Todes angeredet (s. Benz 10 1984, 433) – weiterhin auch an anderen Orten, und das 32 Jahre lang. 620) Jakobus bringt ihn gleich im Anschluß an das Zitat aus Isidor, s. Benz 10 1984, 434. 621) s. Eusebius HE II,1,2. 622) s. Eusebius HE III,22 und hier oben auf den Seiten 37f. 623) s. Eusebius HE III,2 und die Verweise zur Stelle in H. Kraft (Hrgb.), Eusebius von Caesarea, Kirchengeschichte, München 1967, 151. Die von Jakobus aus Beleth übernommene Formulierung: »Er ordinierte zwei Bischöfe, daß sie ihm predigen helfen, den Linus und den Kletus; einen außerhalb der Stadt, den andern inwendig«, (s. Benz 10 1984, 429) scheint chiliastisch aufgebaut zu sein: Bei der Erklärung wird der zuletzt genannte zuerst bedacht, dann der erstgenannte. Zudem hat Beleth – er schrieb im 12. Jahrhundert (s. oben Anm 433) – offenbar versucht, in einer dem mittelalterlichen Rombild harmonisierend entgegenkommenden Weise beide von Petrus eingesetzten Bischöfe zu ›Weihbischöfen‹ zu degradieren. Euseb ist hier in seinen Aussagen noch mehr ›geradeheraus‹. 624) s. Benz 10 1984, 429. 125

So möchte Petrus vor seinem Tode den Clemens an seiner Statt – d.h. in das ›Petrusamt‹ – eingesetzt haben, ohne dabei die Rechte von Linus und Kletus als, wir würden heute sagen, ›Orts-Bischof‹ bzw. ›Chor-Bischof‹ (›Weihbischof‹) zu berühren. Linus, der erste Bischof Roms, lebte nach Petri Tod noch. Er schrieb dessen vita! Wenn es bei Jakobus heißt: »Er setzte ihn auf seinen Stuhl,« möchte das also prägnant zu verstehen sein als: »Er setzte den Clemens auf seine, dem Petrus eigene, Kathedra«, die Kathedra Petri. Die Auffassung Petri von seinem Amt: Wie der Kaiser im Deutschen Reich als ›Reise-Kaiser‹ von Pfalz zu Pfalz durch die Lande zog und amtete, so hat offenbar auch Petrus ohne festen Amtssitz reisend über die Ortsbischöfe und ihre Gemeinden gewaltet. Nach Reickes mit Berufung auf 1Kor 9,5 formulierten Worten ist er, ganz gleich so wie Paulus, »auf Missionsreise gezogen« 625 . Bischof von Rom war Petrus nie. Natürlich waren auch Linus, Kletus und Anenkletus keine ›Päpste‹. Die Liste der Träger des Petrusamtes lautet für fast das ganze erste Jahrhundert einfach: Petrus, Clemens. Die Reihe der römischen Bischöfe aber: Linus, Anenkletus und (derselbe) Clemens. Kletus war Chor-Bischof. Die Verbindung von ›Bischof von Rom‹, ›Petrusamt‹, und später dazu noch ›Patriarch des Westens‹ bildete sich erst mit/nach Clemens aus. Wie Eusebius schreibt, folgte auf Linus zunächst Anenkletus. Dann, ausdrücklich als »dritter« bezeichnet, Clemens 626 . Wohl identisch mit dem, den Petrus erst in sein Amt eingesetzt hatte, übernahm Clemens, nachdem er das Petrusamt über die Zeit des Linus und des Anenkletus hin parallel mit dem jeweiligen Ortsbischof geführt hatte, nun auch die zuletzt genannte Würde, und vereinigte damit erstmals beide Ämter in einer Hand. Und die Nachfolge: Wie Jesus seinen Nachfolger selbst bestimmt hat, setzt auch Petrus vor seinem Tode den Clemens von sich aus ein. Jakobus berichtet davon mit Berufung auf Linus. Wir sprachen davon 627 . Hier ist auch der ›Sitz im Leben‹ der Senatsbestimmung aus dem Jahre 530/2, die diese – sie war offenbar noch immer im Schwange – ›petrinische‹ Übung zu unterdrücken sucht, wohl um ein ›Abwandern‹ des Petrusamtes aus Rom zu verhindern. Sie verbietet, zu Lebzeiten des Papstes einen Nachfolger zu ernennen, vielleicht gar wieder einen getrennt vom Ortsbischof agierenden – ›Reisepapst‹ 628 . Mit dem Votum des Senats ist aber erst recht klar: Theo- 625) s. Reicke 3 1982, 219f. und hier oben auf S. 37. 626) s. Eusebius HE III,21. Völlig identisch damit die von Irenäus (+ 202) stammende Bischofsliste adv.haer III,3,3. Eusebius gibt sie HE V,6,1–2 wieder. Sie lautet: »Nachdem die seligen Apostel die Kirche (von Rom) gegründet und eingerichtet hatten, übertrugen sie dem Linus das bischöfliche Amt. Dieses Linus gedenkt Paulus in den Briefen an Timotheus. Auf Linus folgt Anenkletus. Nach diesem – an dritter Stelle von den Aposteln an gerechnet – erhält Clemens den Episkopat. Er sah noch die seligen Apostel und verkehrte mit ihnen und vernahm mit eigenen Ohren die Predigt der Apostel und schaute noch mit eigenen Augen, was überliefert war.« 627) Nur der Klarheit wegen: Gemeint ist der Benz 10 1984, 429 beschriebene Vorgang. 628) s. unten im Zusammenhang der Besprechung der Senatspolitik des Tiberius die Anm 688. 126

Schließen wir mit dem seelenvollen Bericht, den Dionysius in seinem Brief an<br />

Timotheus von der Erscheinung gibt, die ihm noch am selben Tag begegnet. Er atmet<br />

Osterfreude, macht die Grundfeste sichtbar, auf der die Roma aeterna, das ›Ewige<br />

Rom‹, aufruht620 :<br />

»Nun höre das Wunder, sieh die Zeichen, lieber Bruder Timotheus, das am Tag<br />

ihres Martyriums geschah. In der Stunde, da sie voneinander schieden, war ich<br />

noch bei ihnen; nach ihrem Tode aber sah ich sie Hand in Hand zum Stadttor<br />

eingehen, angetan mit lichten Kleidern, gekrönt mit Kronen der Klarheit und<br />

des Lichtes.«<br />

Wie also hat Petrus sein Amt gesehen, wie übte er es aus, und welche Erkenntnisse<br />

ergibt die von ihm praktizierte Regelung der Nachfolge?<br />

So wie der erste Bischof Jerusalems nicht Petrus war – nach Eusebius’ betont herausgestellter<br />

Mitteilung war es der Herrenbruder Jakobus, auch ›Jakobus der Gerechte‹<br />

genannt, der »damals, wie die Geschichte überliefert, als erster den Bischofsstuhl<br />

der Kirche von Jerusalem erhielt621 « -, Petrus auch in Antiochien nicht erster<br />

Bischof war, vielmehr den Evodius als solchen einsetzte622 -, so hat er auch in Rom als<br />

ersten Bischof einen anderen, den Linus bestimmt623 .<br />

Was Petrus aber zu Ende seines Lebens tat – wir sprachen bereits davon -, ist als die<br />

Einsetzung in die Nachfolge im ›Petrusamt‹ anzusehen. Bei Jakobus heißt es:<br />

»Danach erschien der Herr Sankt Petro und sprach: ›Simon der Zauberer und<br />

Nero trachten wider dich, aber du sollst dich nicht fürchten, denn ich will bei<br />

dir sein und dich erlösen. Auch will ich dir meinen Knecht Paulus zum Troste<br />

senden, der wird morgen zu Rom eingehen‹. Da wußte Petrus, daß sein Ende<br />

nahe sei, und er berief – wie Linus schreibt – die Brüder, nahm Clemens bei der<br />

Hand und weihte ihn zum Bischof und setzte ihn auf seinen Stuhl an seiner<br />

Statt624 «.<br />

früh gewesen sein, daß er tatsächlich 25 Jahre in Rom gearbeitet hätte. Es möchte sich eher um etwa 20<br />

Jahre gehandelt haben. Dabei war er oft abwesend und waltete seines Amtes als ›Grundstein der Kirche<br />

und Hirte der Schafe und Lämmer Christi‹ – so hatte Paulus ihn angesichts des Todes angeredet (s. Benz<br />

10 1984, 433) – weiterhin auch an anderen Orten, und das 32 Jahre lang.<br />

620) Jakobus bringt ihn gleich im Anschluß an das Zitat aus Isidor, s. Benz 10 1984, 434.<br />

621) s. Eusebius HE II,1,2.<br />

622) s. Eusebius HE III,22 und hier oben auf den Seiten 37f.<br />

623) s. Eusebius HE III,2 und die Verweise zur Stelle in H. Kraft (Hrgb.), Eusebius von Caesarea,<br />

Kirchengeschichte, München 1967, 151. Die von Jakobus aus Beleth übernommene Formulierung:<br />

»Er ordinierte zwei Bischöfe, daß sie ihm predigen helfen, den Linus und den Kletus; einen außerhalb<br />

der Stadt, den andern inwendig«,<br />

(s. Benz 10 1984, 429) scheint chiliastisch aufgebaut zu sein: Bei der Erklärung wird der zuletzt genannte<br />

zuerst bedacht, dann der erstgenannte. Zudem hat Beleth – er schrieb im 12. Jahrhundert (s. oben Anm<br />

433) – offenbar versucht, in einer dem mittelalterlichen Rombild harmonisierend entgegenkommenden<br />

Weise beide von Petrus eingesetzten Bischöfe zu ›Weihbischöfen‹ zu degradieren. Euseb ist hier in seinen<br />

Aussagen noch mehr ›geradeheraus‹.<br />

624) s. Benz 10 1984, 429.<br />

125

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!