000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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Dabei zeigte uns bereits eine erste Analyse des Textes, daß er das Verhältnis, in dem<br />
Petrus und Simon überhaupt und in diesem Augenblick ihrer Auseinandersetzung<br />
zueinander stehen, mit einer Treffsicherheit charakterisiert, die eines jeden Fälschers<br />
Möglichkeiten bei weitem übersteigt.<br />
Um uns aber ein Bild vom Quellenwert unseres ›Linus‹-Zitats zu machen, wollen<br />
wir zunächst einmal die beiden von Jakobus diesem vorangestellten Zitate mit Nachrichten<br />
über den Magier prüfen.<br />
Das erste ist nach Jakobus’ Angabe aus ›Sanct Clemens‹. Es lautet:<br />
Er habe gesprochen: »Man soll mich öffentlich anbeten wie Gott und soll mir<br />
göttliche Ehren erweisen. Und was ich will, das vermag ich wohl. … Meine<br />
Mutter Rachel hieß mich einst auf das Feld gehen, Korn zu schneiden. Da ich<br />
aber die Sichel liegen sah, gebot ich ihr, daß sie von selbst mähe. Das tat sie<br />
auch und mähte zehnmal mehr als die anderen.«<br />
Die beiden Stellen sind, wie Benz ja schon immer vermutete, tatsächlich »nicht selbst<br />
erdacht410 «, sondern finden sich in den Recognitiones II 9411 .<br />
Was nun den Wert der Recognitiones beispielsweise in Bezug auf Simons Selbstaussagen<br />
angeht, kann man z.B. auf eine der seriösesten Arbeiten verweisen, die zum<br />
Thema ›Jungfrauengeburt‹ verfaßt wurden, auf M. Dibelius’ Aufsatz: ›Jungfrauensohn<br />
und Krippenkind‹. Darin verweist er zur Charakterisierung des religionsgeschichtlichen<br />
Umfeldes dieses theologischen Topos auf eine Aussage Simons, in<br />
der dieser den Zuhörern seine eigene ›Geburt aus einer Jungfrau‹ darlegt412 , eine<br />
Stelle gerade fünf Nummern weiter, als die von Jakobus de Voragine zitierte413 .<br />
Der zweite von Jakobus dem Zitat aus Linus vorangestellte antike Text stammt<br />
nach seiner Angabe aus ›Hieronymus‹. Es lautet:<br />
Ich bin das Wort Gottes, ich bin der Schöne, ich bin der heilige Geist, ich bin<br />
allmächtig und tue alle Werke Gottes.<br />
Auch hier stimmt des Jakobus Verweis. Die Stelle findet sich Hieronymus inMat IV<br />
scheint, die sich der überaus lohnenden Mühe unterzogen hätte, die zahlreichen richtig zitierten Väterstellen<br />
anzugeben. Noch die auch sonst durchaus als negativ einzustufende Ausgabe von Th. Graesse, Regensburg<br />
3 1891 (s. R. Benz, Legenda Aurea, Heidelberg 4 1963, XXXIX), noch Th. de Wyzewa, La Légende<br />
Dorée, Paris 1902, haben solche Verweise, ebensowenig wie Benz in seinen zahlreichen Ausgaben. [s. dazu<br />
jetzt hier weiter unten die Anm 725.]<br />
410) s. oben Anm 408.<br />
411) Der Text dort lautet:<br />
»Adorabor ut Deus, publice divinis donabor honoribus, … quidquid voluero facere, potero. … Denique<br />
aliquando, inquit, cum mater mea Rachel iuberet me exire ad agrum, ut meterem, ego falcem videns<br />
positam praecepi ei ut iret et meteret, et messuit decuplo amplius caeteris.«<br />
412) s. M. Dibelius, Jungfrauensohn und Krippenkind. Untersuchungen zur Geburtsgeschichte Jesu<br />
im Lukas-Evangelium, Sitzb. Heid. Akd. d. Wiss., phil.-hist. Klasse, Abh. 4, 1932 = G. Bornkamm (Hrgb.),<br />
Botschaft und Geschichte, Bd I, <strong>Tübingen</strong> 1953, 46.<br />
413) »… ante enim quam mater mea Rachel conveniret cum eo, adhuc virgo concepit me«,<br />
s. Recognitiones II,14.<br />
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