000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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Seltsam die Antwort des Magus:<br />
»Betet für mich zum Herrn, daß nichts von dem mich treffe, was ihr gesagt<br />
habt392 «.<br />
Die hochdifferenzierte Formulierung, die Lukas mitteilt – und sie kann durchaus<br />
auch gemäß unserem Verlangen nach protokollhafter Historizität zutreffend sein –<br />
läßt stark vermuten, daß Lukas mehr bekannt war, als das, was er hier mitzuteilen<br />
hat. Er kennt offenbar den Fortgang der Geschichte, weiß wohl gar, daß sich genau<br />
dies Spiel wiederholen wird!<br />
Auch der Zusatz des ›westlichen Textes‹ zu Vers 8,24: »… und er (Simon) hörte<br />
nicht auf, heftig zu weinen393 «, mag zutreffen – der ›westliche Text‹ bewahrt insgesamt<br />
mehr glaubwürdige als negativ zu beurteilende Varianten394 . Die Betroffenheit Simons<br />
– durch die Rede Petri nicht weniger als vorher durch des Philippus Predigt und<br />
Wunder – war wohl groß und ungeheuchelt. Tatsächlich ist Simon beeindruckbar und<br />
in Bezug auf das, was er an sich beobachtet395 , wohl selbst der erste unter seinen bewundernden<br />
›Gläubigen‹. Doch ist er der Faszination seiner Magie offenbar verfallen.<br />
Er sucht nur ihre Steigerung. Sie zu hinterfragen, sie regelrecht infrage zu stellen,<br />
ist ihm nicht mehr möglich: Dies die Bedeutung der auffälligen Antwort des Magus,<br />
die Lukas uns mitteilt: »Betet für mich zum Herrn, daß nichts von dem mich treffe,<br />
was ihr gesagt habt«. Er bittet keineswegs darum, den rechten ›Glauben‹, die wahre<br />
›Weltanschauung‹ erlangen zu dürfen. Er hat nur den Eindruck, im Rahmen seines<br />
›Denkens‹ – wir würden heute sagen: »im Rahmen seines ›Systems‹« – etwas falsch<br />
gemacht zu haben, und bittet darum, daß ihm geholfen werde, von den Folgen dieses<br />
›Fehlers‹ verschont zu bleiben.<br />
Simon kann im ›Glauben‹ an seine Große Kraft erschüttert werden, von ihr lassen<br />
nicht.<br />
Und auch dies wird sich im späteren Verlauf der Geschichte Simon/Kirche bewahrheiten<br />
bzw. wiederholen.<br />
392) s. Apg 8,24.<br />
393) s. die Jerusalemer Bibel, Freiburg 1968, zu Apg 8,24.<br />
394) Der ›westliche Text‹ dürfte wohl recht viel mit Tatians (* um 120) Diatessaron zu tun haben. War<br />
dieses auch nicht orthodox, so hat es durch seine Benutzung außerkanonischer Texte doch, wie es scheint,<br />
manches Echte bewahrt, s. z.B. LThK Bd 3, 1959, s.v. Diatessaron Sp 348f. (K.Th. Schäfer) bzw. zum Umfang<br />
des ›westlichen Textes‹ LThK Bd 2, 1958, s.v. Bibelhandschriften Sp 354 (H.J. Vogels – J. Schmid). s.<br />
auch 3 RGG, Bd 1, 1957, s.v. Bibelübersetzungen Sp 1199f. (B.J. Roberts).<br />
395) Hippolyt nennt ihn ganz einfach einen, der »durch die Kunst des Trasymedes, wie wir es oben<br />
auseinandergesetzt haben, Schlimmes verübte«, s. Hippolyt ref 6,7. Allerdings geht Hippolyt bei der Beschreibung<br />
der magischen Praktiken seiner Zeit ref IV 28ff. keineswegs auf die besonderen Werke ein, die<br />
später von Simon berichtet werden. Was er dort berichtet, geht nicht über die Künste dessen hinaus, was<br />
wir heute, ohne dabei irgendwelchen übernatürlichen Schauer zu empfinden, einen ›Taschenspieler‹<br />
(prestidigitateur) nennen. Zwar ist gerade zu Anfang des Kapitels ref IV 28 eine größere Lücke festzustellen.<br />
Doch ist kaum anzunehmen, daß dort Beschreibungen gestanden hätten, die von anderem Charakter<br />
gewesen wären. Hippolyt scheint das Phänomen Simon einfach nicht richtig in den Blick bekommen zu<br />
haben. Besser und zutreffender ist das, was Tertullian Apol 22 bietet.<br />
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