Strukturierte Investmentprodukte - Universität St.Gallen
Strukturierte Investmentprodukte - Universität St.Gallen
Strukturierte Investmentprodukte - Universität St.Gallen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Beurteilung 193<br />
ren, short Positionen einzugehen oder in alternative Anlageklassen wie Rohstoffen, Private<br />
Equity oder auch in Produktkomponenten wie die Volatilität oder in Korrelationsprodukte<br />
anzulegen. Dank des flexiblen Einsatzes von Derivaten ist praktisch jede beliebige <strong>St</strong>rategie<br />
auf fast jede Anlageklasse über ein strukturiertes Produkt umsetzbar und durch die Losgrössentransformation<br />
über die Banken als Intermediär 582 auch schon mit relativ kleinen Anlagebeträgen<br />
investibel. Einzige, aber entscheidend zu beachtende Einschränkung ist dabei, dass<br />
solche <strong>St</strong>rategien und Investments von Retailinvestoren nur gebündelt und in einem strukturierten<br />
Produkt verbrieft (Bundling) eingegangen werden können. Separate Investments in die<br />
einzelnen Produktkomponenten unterstehen nach wie vor den gleichen Restriktionen bezüglich<br />
Anlagevolumen und Marktzugang, die schon vor dem Aufkommen der Produktinnovation<br />
der strukturierten <strong>Investmentprodukte</strong> galten. 583<br />
Es ist demnach für den gemeinen Retailinvestoren beinahe unmöglich, ein strukturiertes Produkt<br />
abzubilden und über die einzelnen Produktkomponenten selber nachzubilden. Den Investoren<br />
fehlt dazu meistens das notwendige Know-how, aber auch beispielsweise sophistizierte<br />
Modelle und Tools als unabdingbare Hilfsmittel zur adäquaten Bewertung von komplexen<br />
Produktkonstruktionen und deren Einzelteile. Darüber hinaus erreichen Transaktionskosten<br />
beim Erwerb der einzelnen Produktbausteine relativ rasch Höhen, die bei kleinen Anlagevolumen<br />
bedeutsame Renditeeinbussen mit sich bringen, insbesondere wenn es gilt, mehrere<br />
Underlyings für ein Produkt zu kombinieren. Des Weiteren sind short Positionen in Anlagevehikeln<br />
oder einzelnen Produktkomponenten (z.B. in Derivaten) für Retailinvestoren nur<br />
sehr beschränkt möglich, da Banken oder Handelsplätze die Hinterlegung von liquidierbaren<br />
Sicherheiten von Investoren verlangen, um ungedeckte Anlagen in short Positionen im Notfall<br />
glattstellen zu können. Diese Restriktionen des eingeschränkten Marktzugangs und der<br />
überproportional ins Gewicht fallenden Transaktionskosten für Kleinstanlagebeträgen zusammen<br />
mit dem ernormen Know-how- und Hilfsmittelbedarf für die Kreierung von strukturierten<br />
Produkten setzen Barrieren, die Retailinvestoren fast nicht zu überwinden vermögen.<br />
Daher investieren Retailinvestoren praktisch zwangsläufig in die strukturierten Produkte als<br />
gesamtes Produktbündel (Bundling).<br />
Die professionellen Investoren wiederum, wozu auch die Banken selbst als Intermediäre und<br />
Emittenten gehören, sind dank ihres Zugangs zum Markt der Einzelanlagen und Produktkomponenten<br />
in der Lage, strukturierte Produkte nicht nur als Produktbündel (Bundling), sondern<br />
vielmehr auch die einzelnen Komponenten separiert und ungebündelt (Unbundling) zu handeln.<br />
Auf dem Markt zur Absicherung der inhärenten Risiken der Produkte werden die Gegenparteirisiken<br />
separat unter professionellen Investoren gehandelt. Die professionellen<br />
Marktteilnehmer sind auch in der Lage, strukturierte Produkte selber aufzusetzen oder haben<br />
die Marktmacht dank ihrer Anlagevolumina, diese massgeschneidert von den Emittenten anfertigen<br />
zu lassen. Nach dem Erwerb eines solchen tailor-made Produkts handeln die profes-<br />
582 Vgl. die Theorie und die institutionellen Grundlagen der Finanzintermediation in Bernet (2003) oder <strong>St</strong>illhart (2002).<br />
583 Die Neue Aargauer Bank weist schon in ihrer Definition der strukturierten Produkte auf den Umstand hin, dass Retailinvestoren<br />
nur schwerlich ein solches Produkt respektive die damit einzugehende Anlagestrategie selber nachbilden können:<br />
"…deren inhärente <strong>St</strong>rategie durch einen Privatinvestor mittels traditionellen Anlagevehikeln regelmässig nicht<br />
nachvollziehbar wäre." (vgl. NAB (2005) und die Definition unter Abschnitt 1.2.2).