07.10.2013 Aufrufe

Strukturierte Investmentprodukte - Universität St.Gallen

Strukturierte Investmentprodukte - Universität St.Gallen

Strukturierte Investmentprodukte - Universität St.Gallen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Beurteilung 192<br />

Die Retailanleger bedienen sich demnach oftmals dem Angebot, ohne alle Parameter, Ausprägungen<br />

und Bestandteile der Produkte zu kennen oder genau zu verstehen, was zu einem<br />

stark vom Emittenten geprägten Angebot führt. 578 Es ist beispielsweise nicht klar ersichtlich,<br />

warum einfache Kapitalschutzprodukte, nota bene das strukturierte Produkt der ersten <strong>St</strong>unde<br />

auf dem Markt, 579 gegenwärtig praktisch nicht mehr angeboten, sondern fast vollständig von<br />

Produkten mit einem bedingten Kapitalschutz, insbesondere von Barrier Produkten, verdrängt<br />

werden. 580 Das Interesse der Investoren zielt wohl auf den Kapitalschutz, die Produktstruktur<br />

bietet diesen zwar nur bedingter Natur an, ergänzt das Produkt aber dafür mit einem beispielsweise<br />

attraktiveren Coupon, ohne dass der Nachfragekunde diesen Vorgang vermutlich<br />

genau versteht. Das kann ein weiterer Grund für die aus rationaler Sicht nicht verständliche<br />

Vernachlässigung des Parameters Volatilität im Absatz der strukturierten Produkte durch einen<br />

Teil der Anlegergemeinde sein.<br />

Eine aufgrund der Komplexität der strukturierten Produkte stärker ausgeprägte Informationsasymmetrie<br />

zwischen Anbieter und Abnehmer fördert tendenziell auch die unterschiedlichen<br />

Verhaltensmuster zwischen Retail- und professionellen Investoren. Während sich auf dem<br />

Retailmarkt das Investment primär auf die Thematik oder die Investmentstory hinter dem Underlying<br />

konzentriert, was sich auch aus den Informationen der Verkaufsbroschüren und<br />

Factsheets der Emittenten ablesen lässt, emanzipieren sich professionelle Investoren eher von<br />

den Anbieterinformationen und gehen womöglich bewusstere Investitionen ein unter Berücksichtigung<br />

vielschichtigerer Anlagezielen und -parameter und unter Kenntnis der wichtigsten<br />

einzelnen Produktkomponenten. Dabei spielen hier Überlegungen der Renditeoptimierung<br />

oder Portfolioabsicherung über gezielte Investitionen beispielsweise in die Volatilität genauso<br />

eine Rolle wie die generelle Absicherung von inhärenten Produktrisiken.<br />

6.2.2 Duale Anlegerstruktur<br />

Die Marktfähigkeit von strukturierten Produkten beruht grösstenteils darauf, das Anlagespektrum<br />

für Retailinvestoren zu erweitern und dabei Anlageklassen und Anlagestrategien für diese<br />

investibel zu machen, die vorher nur professionellen Investoren oder einzelnen Grossinvestoren<br />

offen standen. 581 Dabei steht für den Retailinvestor der Zugang zu neuen Anlagestrategien<br />

und Märkten mittels strukturierter Produkte als zentraler Pluspunkt dieser Produktinnovation.<br />

Via strukturierte Produkte ist es nun auch Retailinvestoren möglich, in mehrere Underlyings<br />

gleichzeitig respektive schon diversifizierte Portfolios (z.B. in Baskets) zu investie-<br />

578 In einer <strong>St</strong>udie der OECD über strukturierte Produkte wurde genau dieser Aspekt des mangelnden Produktverständnisses<br />

der Anleger sowie die ungenügende Aufklärungsarbeit durch die Emittenten kritisiert, obwohl vielfach offensichtlich das<br />

Know-how der (Retail-) Anleger für das Verständnis der komplexen Produkte fehlt: "…no dout that retail buyers of these<br />

products will not understand what they are buying." (vgl. Blundell-Wignall (2007a), S. 18). Ähnliche Aussagen lassen<br />

sich aus einer Umfrage zur Thematik der strukturierten Produkte im Schweizer Markt herauslesen. Die befragten Anleger<br />

bezeichneten strukturierte Produkte oftmals als zu kompliziert, weshalb sie sich bei Investitionen in solche Produkte<br />

mehrheitlich auf die Beratung und Empfehlungen des Anlageberaters verlassen (vgl. Cash et al. (2007), S. 14ff. resp. S.<br />

27ff.). Vgl. dazu auch den Hinweis der National Association of Securities Dealer (NASD) an ihre Mitglieder (vgl. NASD<br />

(2005) sowie die Angaben unter Fussnote 337).<br />

579 Vgl. den geschichtlichen Abriss über strukturierte Produkte unter Abschnitt 3.1.3.<br />

580 Vgl. Gerhardt (2006), S. B3 sowie die <strong>St</strong>atistiken in SWX (2007b), S. 39 und SVSP (2008a), S. 10.<br />

581 Vgl. dazu die ausführlichen Betrachtungen der Marktfähigkeit von strukturierten Produkten unter Abschnitt 3.1.2.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!