Strukturierte Investmentprodukte - Universität St.Gallen
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Beurteilung 191<br />
gen, beeinflussen das konkrete Anlegerverhalten bei der Investition in strukturierte <strong>Investmentprodukte</strong>.<br />
Die Perzeption komplexer, mehrdimensionaler Datenstrukturen bereitet Anlegern oft Schwierigkeiten,<br />
da, wie die psychologische Forschung zeigt, die menschliche Wahrnehmung auf<br />
zwei räumliche Dimensionen ausgerichtet ist und damit <strong>St</strong>rukturen gerne in zwei Dimensionen<br />
abbildet respektive in zwei Dimensionen simplifiziert. Daher werden mehrheitlich nur<br />
zwei Dimensionen der strukturierten Produkte wahrgenommen, beziehungsweise das Produkt<br />
auf zwei Dimensionen reduziert: auf das Underlying einerseits und die eingebetteten Optionen<br />
andererseits. Daraus kann zwar ein, teilweise schon recht komplexes, zweidimensionales<br />
Pay-off-Diagramm des Produkts konstruiert werden, die Volatilität als Einflussfaktor des Optionswerts<br />
findet aber in diesem Diagramm keine Berücksichtigung und wird folglich von<br />
weniger versierten Anlegern entsprechend oft vernachlässigt. In den Produkterläuterungen der<br />
Emittenten finden sich zwar regelmässig Pay-off-Diagramme zur Illustration der Chancen und<br />
Gefahren des spezifischen strukturierten Produkts basierend auf dem Underlying, doch über<br />
die Volatilität finden sich keine Informationen. 576<br />
Auch im Markt für strukturierte Produkte wird die Nachfrage über ein attraktives Angebot<br />
geschaffen. Dabei spielen Modeströmungen, gesellschaftliche Trends oder der Vertrieb ausgefeilter<br />
Neuheiten und Produktinnovationen bei Investmentthemen genauso eine Rolle wie<br />
bei Produktarten anderer Industrien. Das Anlagethema wird vorwiegend vom Basisprodukt<br />
bestimmt und die Verkaufsangaben beziehen sich dabei auch entsprechend auf das Underlying<br />
und auf die im Produkt eingebetteten Derivate, respektive auf die zusätzlichen Investitionschancen<br />
dank der Derivate. Der Leitgedanke der Investition reduziert sich damit quasi auf<br />
ein Underlying-Investment und thematisiert beispielsweise die Volatilität überhaupt nicht.<br />
Dies wird oft bewusst gemacht und ist teilweise auch im Sinne des Anlegers, damit dieser von<br />
der Komplexität der Produktstruktur nicht überfordert wird. Diese Simplifizierung, zu welcher<br />
der Anleger gemäss Befunde der behavioral Finance ohnehin neigt, wird nun hingegen<br />
durch das Vorgehen des Produktverkäufers dem Anleger schon vorweggenommen und in eine<br />
für den Emittenten gewünschte Richtung gelenkt. Für einen nicht fachkundigen, typischen<br />
Retailanleger ist es demnach schwierig, überhaupt einen Zusammenhang zwischen der Volatilität<br />
und der Preisentwicklung des Produkts zu erkennen, ohne dass er vom Verkäufer, d.h.<br />
Anlageberater, darauf aufmerksam gemacht wird. Damit akzentuiert sich die ohnehin vorhandene<br />
Informationsasymmetrie zwischen Käufer und Verkäufer zusätzlich. 577<br />
576 Vgl. Abbildung 11 und die Erklärungen zu den Pay-off-Diagrammen in Abschnitt 3.3. Die Swiss Listed Derivative Map<br />
des Branchenverbands SVSP skizziert je Kategorie und Produkttyp ebenfalls ein Pay-off-Diagramm (vgl. die Typologie<br />
unter 3.3.1).<br />
577 Die Problematik der Informationsasymmetrie gehört in die Thematik der Institutionenökonomie und wird darin im Ansatz<br />
der Pricipal-Agent - Theorie abgehandelt, welche die Beziehung zwischen Principal (Auftraggeber) und Agent (Auftragnehmer)<br />
basierend auf Interessenskonflikten aufgrund asymmetrisch verteilter Informationen untersucht. Vgl. Erlei/<br />
Leschke/Sauerland (2007) für eine allgemeine Übersicht und Einführung der verschiedenen Facetten der Institutionenökonomie;<br />
vgl. u.a. Ross (1973) und Grossman/Hart (1983) sowie Jensen/Meckling (1976) und Fama (1980), dargestellt<br />
in Spremann (1989), für eine spezifische Beschreibung und Erläuterung der Principal-Agent - Theorie. Für eine Betrachtung<br />
der Informationsasymmetrie bei komplexen, intransparenten <strong>Investmentprodukte</strong>n am Beispiel von Hedge Funds<br />
vgl. Weinwurm (2005), S. 14ff.; spezifisch zum Verhältnis Investor-Vermögensverwalter vgl. Golec (1992).