Strukturierte Investmentprodukte - Universität St.Gallen
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Beurteilung 189<br />
Wohlwend stiess in seiner Untersuchung des Pricings der strukturierten Produkte auf eine<br />
analoge Beobachtung, indem er nicht nur Unterschiede in der (Fehl-) Bewertung verschiedener<br />
Typen strukturierter Produkte fand, sondern auch Unterschiede zwischen einzelnen Produkten,<br />
die zwar unterschiedlich strukturiert werden, aber im Grunde genommen "ökonomische<br />
Äquivalente" darstellen. 567<br />
Bei den strukturierten Produkten mit Volatilitätsposition long (entgegen der Theorie) genauso<br />
wie bei denjenigen mit Volatilitätsposition neutral (konform mit der Theorie) wurde die Nullhypothese<br />
über alle Laufzeiten verworfen und kein Einfluss der Marktvolatilität auf den Produktabsatz<br />
angenommen. Diese Erkenntnis wird hier nicht weiter kommentiert, sondern im<br />
folgenden Abschnitt wieder aufgenommen und allgemein begründet.<br />
6.2 Begründung für Divergenz<br />
Der hier verfolgte Ansatz zur Begründung für die empirisch festgestellten Divergenzen von<br />
Theorie und Praxis gliedert sich in zwei Hauptstossrichtungen. Einerseits werden eine duale<br />
Anlegerstruktur mit Retailinvestoren und professionellen Investoren mit jeweils unterschiedlichen<br />
Handelsmotiven und andererseits dichotome Märkte, die Handelstätigkeit am Sekundärmarkt<br />
der strukturierten Produkte sowie am Markt für die einzelnen Produktkomponenten,<br />
dem Markt für Gegenparteirisiken, voneinander unterschieden.<br />
Der weiter oben aufgegriffene Ansatz eines divergenten Anlageverhaltens innerhalb der Investorengemeinde<br />
gegenüber der Marktvolatilität ist grundlegend für diese Betrachtungen und<br />
basiert sowohl auf Aspekten der behavioral Finance, 568 welche beispielsweise die Wahrnehmung<br />
mehrdimensionaler Daten oder Datenstrukturen durch die Anleger betreffen, als auch<br />
auf dem unterschiedlichen Marktzugang einzelner Anlegersegmente. 569 Letzteres deutet darauf<br />
hin, dass strukturierte Produkte (Bundling) und ihre einzelnen Komponenten (Unbundling)<br />
auf verschiedenen, voneinander getrennten Märkten gehandelt werden.<br />
Damit kann schliesslich auch ein Beitrag zur Erklärung für das von Wohlwend auf Basis der<br />
impliziten Volatilitäten der eingebetteten Optionen abgeleitete Mispricing der strukturierten<br />
Produkte zuungunsten der Investoren geleistet werden. 570 Somit greift der womöglich naheliegende<br />
pauschale Schluss aus den hier vorliegenden Resultaten der in dieser Forschungsarbeit<br />
vorgenommenen empirischen Untersuchung, dass die Investoren die Volatilität in ihrem<br />
Anlageentscheid schlicht nicht berücksichtigen, wohl zu kurz, denn die Unabhängigkeit von<br />
Absatz und Marktvolatilität ist insbesondere auf die getrennten Märkte zurückzuführen, an<br />
denen professionelle Investoren und Retailanleger handeln.<br />
567 Vgl. Wohlwend (2001), S. 263.<br />
568 Vgl. Abschnitt 6.2.1 zur Erklärung der Thematik behavioral Finance und weiterführenden Verweisen.<br />
569 Der unterschiedliche Marktzugang wird unter Abschnitt 6.2.2 erklärt.<br />
570 Wohlwend erkannte in seiner Arbeit ein Mispricing der Produkte zuungunsten des Investors (vgl. Wohlwend (2001).