Uni & Job - Stellenmarkt - Süddeutsche Zeitung
Uni & Job - Stellenmarkt - Süddeutsche Zeitung
Uni & Job - Stellenmarkt - Süddeutsche Zeitung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
N o 0 2 / 1 3 -------------- j e t z t . d e<br />
UNI & JOB<br />
Und wie fühlt sich das an?<br />
EIN HEFT ÜBER DIE EMOTIONALEN SEITEN DES STUDIUMS.
Beste Gründe für das Arbeiten bei Audi:<br />
Unsere Quote?<br />
100 % Persönlichkeit.<br />
»Beste Gründe bei Audi zu arbeiten« sind so vielfältig wie jeder unserer weltweit rund<br />
70.000 Mitarbeiter. Wir sind davon überzeugt, dass die verschiedenen Persönlichkeiten, die<br />
bei uns arbeiten, das Entwickeln von Innovationen ermöglichen. Deshalb stehen sie für uns im<br />
Mittelpunkt, wenn es darum geht, im Team etwas zu erreichen, verantwortungsvoll zu führen<br />
und die Marke Audi mitzugestalten.<br />
Das bestätigt auch Regina Jost, Leiterin im Modellbau, wenn sie gemeinsam mit ihren Mitarbeitern<br />
an den Modellen von morgen arbeitet. Ihr Motto: »Ich stehe zu 100 Prozent hinter meinem Team.«<br />
Mehr erfahren unter: www.arbeiten-bei-audi.de<br />
Beste Gründe bei Audi zu arbeiten<br />
fi nden Sie auch hier.
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
es gibt Gefühle, die lernst du während der Zeit an der<br />
Hochschule besonders gut kennen. Zum Beispiel die Sorge,<br />
jeden Monat mit dem Geld hinzukommen. Oder die Angst,<br />
eine Prüfung nicht bestanden zu haben. Oder den Zweifel,<br />
überhaupt das Richtige zu machen. In dieser Ausgabe von<br />
jetztUNI&JOB erzählen unsere Autoren davon, wie es ihnen<br />
manchmal ging. Sie erzählen von persönlichen Kämpfen,<br />
aber auch von echtem Glück. Manches wirst du selbst kennen,<br />
anderes bleibt dir hoffentlich erspart.<br />
Viel Spaß beim Lesen wünscht dir deine Redaktion!<br />
INHALT<br />
04 ZUSTAND Klaus erzählt, was er gerade mag.<br />
06 GLÜCK Warum aus vielen Studenten Yogalehrer werden.<br />
10 NÄHE Wie es ist, fürs Studium bei der Oma einzuziehen.<br />
12 NEID Die Hochschulen sind ein Ort der Missgunst geworden.<br />
18 ZWEIFEL Über das seltsame Gefühl, dauernd das Falsche zu machen.<br />
20 ANGST Manchen ist richtig bange vor der Zeit nach dem Studium.<br />
24 SORGE Es lähmt das Leben, wenn das Geld nicht reicht.<br />
26 GEDULD Ein Student wartet auf den einen Brief.<br />
28 RÄTSEL Ein Versuch in Sachen Menschenkenntnis.<br />
DIE TEXTE IN DIESEM HEFT WERDEN<br />
VON EINER EIGENS PRODUZIERTEN<br />
MODESTRECKE DES FOTOGRAFEN<br />
MAXIME BALLESTEROS BEGLEITET.<br />
STYLING: SEBASTIANO RAGUSA.<br />
STYLINGASSISTENZ: EMMA CZERNY.<br />
DIE MODELS SIND ULRIKE THEUSNER,<br />
JEANNE-SALOMÉ ROCHAT, NIK KOSMAS,<br />
RICARDA MESSNER UND CELYN SMYTH.<br />
WIR DANKEN MARTIN EDER UND DSTM.<br />
30 KOLUMNE Nadja Schlüter über das Sichzurecht nden.<br />
COVER: BLUSE VON COS / cosstores.com SWEATER VON MONKI / monki.com BLAZER VON ACNE / acnestudios.com<br />
JACKE VON HERMÈS / hermes.com JEANS VON CHEAP MONDAY / cheapmonday.com SCHUHE VON PRADA / prada.com<br />
OBEN: BH UND PANTYS VON TRÈS BONJOUR / tresbonjour.de BLOUSON VON MAHRENHOLZ / nicolemahrenholz.com<br />
Alles außer gewöhnlich.<br />
Ihr Einstieg bei Lidl – mehr Informationen<br />
unter www.karriere-bei-lidl.de/trainee<br />
Wir haben mehr zu bieten.<br />
Auch für Sie!<br />
Möchten Sie Führungsverantwortung, überdurchschnittliches<br />
Gehalt und viel Abwechslung<br />
– direkt nach dem Studium? Dann kommen<br />
Sie doch zu Lidl ! Als Trainee (w/m) zum<br />
Verkaufsleiter be kommen Sie von Anfang an<br />
63.000 € Einstiegsgehalt mit attraktiver Entwicklung<br />
und einen neutralen Firmen wagen,<br />
den Sie auch privat nutzen können. Individuell<br />
zugeschnittene Weiterbildungsprogramme<br />
unter stützen Sie bei Ihrer Karriereplanung.<br />
Ein iPad mit spezieller Software hilft Ihnen,<br />
die tägliche Arbeit zu organisieren. Wenn Sie<br />
ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit, ein<br />
vorbildliches Auftreten und Spaß an neuen<br />
Heraus forderungen mitbringen, sind Sie bei<br />
uns genau richtig. Worauf warten Sie noch?<br />
Wir freuen uns auf Sie!<br />
Mehr Informationen unter<br />
www.karriere-bei-lidl.de/trainee<br />
Lidl lohnt sich.
VON TIM BRUENING / FOTO<br />
1<br />
3<br />
Klaus studiert Soziale Arbeit.<br />
Unser Geschmack wandelt sich im Lauf des Lebens.<br />
Doch zu jeder Zeit sagt das, was wir gerade mögen,<br />
ein bisschen was über uns selbst.<br />
1. Auf welcher Website bist du gerade Stammgast?<br />
2. Wo war es zuletzt im Urlaub super?<br />
3. Welchen Film hast du als letzten gesehen und gemocht?<br />
4. Welches Video hast du gerade geliket oder empfohlen?<br />
5. Welches Buch hast du zuletzt gern gelesen?<br />
6. Welche Accessoires magst du gerade?<br />
7. Wen oder was hörst du gerade (Musik)?<br />
4 jetzt UNI&JOB N o 02/13<br />
4<br />
2<br />
WER BIST DU GERADE?<br />
5<br />
6<br />
7<br />
WAS KLAUS MAG, HABEN WIR HIER GEFUNDEN: FACEBOOK.COM, DICKEMAEDCHEN.COM, YOUTUBE.COM, AMAZON.DE
Durchs Schlüsselloch bei …<br />
Beim Bewerben wollen wir den Personalchef beeindrucken. Noch vorher aber<br />
muss uns der <strong>Job</strong> beeindrucken. In der Serie„Durchs Schlüsselloch bei ...“<br />
erzählen verantwortliche Mitarbeiter, wie es ist, in ihrem Unternehmen zu<br />
arbeiten. Eva Ulmschneider ist Regionalverkaufsleiterin bei ALDI SÜD und<br />
hat das große Ganze genauso im Blick wie einzelne Preisschilder.<br />
Frau Ulmschneider, wie sind Sie auf ALDI SÜD als Arbeitgeber<br />
aufmerksam geworden?<br />
Kurz vor Ende meines Studiums habe ich den Absolventenkongress<br />
in Köln besucht und bin am Stand von ALDI SÜD<br />
auf die Unternehmensgruppe aufmerksam geworden. Danach<br />
stand für mich fest: Da möchte ich hin. Es gibt aber auch noch<br />
einige andere Wege, ALDI SÜD kennenzulernen. Zum Beispiel<br />
auf weiteren Recruitingmessen, bei einem vierwöchigen Kompaktpraktikum<br />
oder bei einem der regelmäßig statt ndenden<br />
Praxistage in den 31 Regionalgesellschaften.<br />
Was machen Sie als Erstes, wenn Sie morgens ins Büro kommen?<br />
Mein Arbeitstag als Regionalverkaufsleiterin beginnt mit einem<br />
Rundgang durch eine der sieben Filialen, die ich betreue.<br />
Ich begrüße die Mitarbeiter und prüfe zum Beispiel, ob der<br />
Verkaufsraum mit genügend Ware bestückt ist, ob alle Preisschilder<br />
korrekt platziert wurden und ob die Filiale einen ordentlichen<br />
und sauberen Eindruck macht.<br />
Was genau steckt hinter Ihrer Bezeichnung als Regionalverkaufsleiterin?<br />
Als Regionalverkaufsleiter bei ALDI SÜD übernehme ich die<br />
eigenverantwortliche Leitung eines eigenen Bereiches mit circa<br />
sechs Filialen und mindestens fünfzig Mitarbeitern.<br />
Für welche Bewerber ist ALDI SÜD aus Ihrer Sicht interessant?<br />
Bewerber, die sich gern engagieren, sind bei ALDI SÜD genau<br />
richtig. Ein überdurchschnittlicher Hochschulabschluss mit<br />
ANZEIGE<br />
wirtschaftswissenschaftlicher Studienausrichtung wird vorausgesetzt.<br />
Wichtig sind aber auch das Interesse für den Handel<br />
und Begeisterung für unternehmerisches Handeln.<br />
Was erwartet einen Berufseinsteiger bei ALDI SÜD?<br />
Direkt nach der of ziellen Begrüßung geht es raus in den Verkauf.<br />
Zu Beginn steht eine umfangreiche Einarbeitung in Form<br />
eines zwölfmonatigen Trainings on the <strong>Job</strong> auf dem Programm.<br />
Dabei begleitet man einen erfahrenen Regionalverkaufsleiter<br />
und lernt auf diesem Weg als Trainee die Unternehmensgruppe<br />
intensiv kennen.<br />
Was leistet ALDI, um seine Mitarbeiter langfristig zu binden?<br />
Auch nach dem Training on the <strong>Job</strong> erhalten die Mitarbeiter<br />
bei ALDI SÜD kontinuierlich Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.<br />
In der ALDI SÜD AKADEMIE, unserem Seminar-<br />
und Weiterbildungsprogramm, nehmen Nachwuchskräfte an<br />
Veranstaltungen zu Themen wie Führungskommunikation,<br />
Arbeitssicherheit, Qualitäts- oder Schulungsmanagement teil.<br />
Sie haben selbst bereits eine spannende Karriere hinter sich.<br />
Welche Tipps geben Sie Berufseinsteigern? Gibt es ein Erfolgsrezept?<br />
Wer eine hohe Leistungsbereitschaft besitzt und Spaß daran<br />
hat, schnell Verantwortung zu übernehmen, passt gut zu ALDI<br />
SÜD. Ein echtes Erfolgsrezept kenne ich leider auch nicht.<br />
Aber ich bin mir sicher: Wer an sich selbst glaubt und für seine<br />
Ziele kämpft, wird beru ich erfolgreich sein.
6 jetzt UNI&JOB N o 02/13
Gl üc k<br />
Von nadja schlüter / text<br />
Warum wollen gerade<br />
so viele Studenten<br />
und junge Erwachsene<br />
Yogalehrer werden?<br />
Eine Geschichte über<br />
Klarheit und Sinnsucher.<br />
jetzt UNI&JOB N o 02/13 7
Jessica trägt einen Turban, warmes Sonnenlicht<br />
strahlt sie an. Mit geschlossenen Augen<br />
und im Schneidersitz streckt sie die Hände<br />
zum Himmel. „Ego eradicator“ heißt diese<br />
Yogahaltung – Egovernichter. Mit ihrem Facebook-Prolbild<br />
scheint Jessica zu sagen:<br />
Yoga ist, was ich bin. Nichts weist darauf hin,<br />
dass sie vor wenigen Jahren noch eine ehrgeizige<br />
Nachwuchswissenschaftlerin war.<br />
Jessica, heute 31, hat Soziologie studiert und<br />
wollte danach an der <strong>Uni</strong> bleiben. „Das war<br />
eigentlich schon vorgezeichnet. Ich habe den<br />
Bachelor ziemlich gut abgeschlossen, Master<br />
1,0, was man sich so wünscht, und die Professoren<br />
haben gesagt: Du musst unbedingt promovieren!“<br />
Den Einstieg ins Yoga fand sie<br />
2005, während des Studiums in Berlin. Nach<br />
dem Wechsel an die <strong>Uni</strong>versität Konstanz<br />
blieb sie dabei. Ihre damalige Lehrerin empfahl<br />
ihr schließlich die Ausbildung zur Yogalehrerin.<br />
„Ich bin aus allen Wolken gefallen<br />
und dachte: Was? Ich werde niemals Yogalehrerin!<br />
Ich war damals im Masterstudium und<br />
voll im Stress.“<br />
Etwa fünf Millionen Menschen in Deutschland<br />
üben regelmäßig Yoga. In jeder Stadt<br />
kann man Kurse besuchen, auch in den meisten<br />
<strong>Uni</strong>sportangeboten sind sie ein fester Bestandteil.<br />
Lange Zeit galt Yoga als exotisch<br />
und esoterisch, es war der Sport von Aussteigern<br />
und Hausfrauen. Inzwischen hat fast<br />
jeder es schon einmal ausprobiert, in fast allen<br />
Gesellschaftsschichten und Altersklassen.<br />
„Die Menschen merken, dass das Leben, wie<br />
wir es leben, sie nicht mehr glücklich macht“,<br />
sagt Angelika Beßler, Vorstandsvorsitzende<br />
des Berufsverbandes der Yogalehrenden in<br />
Deutschland. „Ihnen fehlt ein inneres Glück,<br />
sie haben den Wunsch, aus dem Stress auszusteigen,<br />
den Wunsch nach Stille. Das nden<br />
sie im Yoga.“ Fragt man bei verschiedenen<br />
Yogaschulen in Berlin und München nach,<br />
erfährt man, dass der Anteil der Kursteilnehmer<br />
unter dreißig Jahren gestiegen ist. Nicht<br />
anders ist es in der Ausbildung zum zertizierten<br />
Yogalehrer: Die Schüler werden immer<br />
jünger. Sie hegen die Hoffnung, nach der<br />
zwei- bis vierjährigen Lehrzeit und einer Investition<br />
von bis zu 8000 Euro ihr Hobby zum<br />
Beruf machen zu können. Ist die Yogalehrerausbildung<br />
so etwas wie die Alternative zur<br />
herkömmlichen Karriere? Und sagt es etwas<br />
über die Studenten oder gar das Studiensystem,<br />
wenn viele Yoga der <strong>Uni</strong> vorziehen?<br />
Jessica ist dann doch zu der Infoveranstaltung<br />
für die Ausbildung gegangen und hat<br />
dort den Yogalehrer getroffen, der sie später<br />
ausbildete. „Als ich ihn gesehen habe, mit<br />
8 jetzt UNI&JOB N o 02/13<br />
seinem langen Bart und dem Turban, dachte<br />
ich: Von dem kann ich so viel lernen, was mir<br />
keiner an irgendeiner <strong>Uni</strong> beibringen kann.<br />
Das war, als hätte er für mich eine Tür zu<br />
einem neuen <strong>Uni</strong>versum geöffnet.“ Jessica<br />
machte die Ausbildung und entfernte sich<br />
von einer Karriere als Wissenschaftlerin. Die<br />
Promotion ng sie zwar noch an, brach dann<br />
aber ab. Seit 2011 hat Jessica mit der <strong>Uni</strong><br />
nichts mehr zu tun. Ihr früheres, rationales<br />
und analytisches Ich gibt es nicht mehr. Dafür<br />
gibt es eine Jessica, die freiberuich Yoga<br />
unterrichtet, vegetarisch lebt und keinen Alkohol<br />
trinkt, die am Morgen meditiert und<br />
sogar einen Yoganamen hat: Sevak Kaur. Das<br />
bedeutet „Gottes wahre Dienerin“. Ihr Leben<br />
und Yoga sind eins geworden. „Ich merke<br />
einfach, dass mir das total guttut. Wenn ich<br />
vom Unterricht komme, habe ich oft ein richtiges<br />
Glücksgefühl“, erzählt sie. In ihrem Leben,<br />
sagt Jessica, hat sich seit der Ausbildung<br />
so gut wie alles verändert, „meine ganze Einstellung,<br />
mein Blick auf die Welt, meine Beziehungen“.<br />
Bei Monika, 29, gab es keinen so radikalen<br />
Bruch, aber auch sie hat sich dafür entschieden,<br />
Yogalehrerin zu werden. Seit über drei<br />
Jahren macht sie schon die Ausbildung in einem<br />
Studio im Münchner Westend, im Herbst<br />
beginnen die Abschlussprüfungen. Sie wusste<br />
lange Zeit nicht, wohin es für sie gehen soll.<br />
„Mein Bruder meinte: Du machst doch so<br />
gern Yoga. Ich habe gesagt: Aber das kann<br />
man doch nicht studieren.“ Sie recherchierte<br />
im Internet und fand eine Schule, die eine<br />
Yogalehrerausbildung anbietet. „Da wusste<br />
ich sofort: Das will ich machen.“ Seitdem besucht<br />
Monika neben ihrem Studium der<br />
Volkskunde, Slawistik und Indologie einmal<br />
im Monat ein Ausbildungswochenende, lernt<br />
die Philosophie des Yoga, Anatomie und<br />
Physiologie, Haltungen und Übungen. Sie<br />
lernt, wie man eine Yogastunde vorbereitet<br />
und hält. „Das war die beste Entscheidung<br />
meines Lebens“, sagt Monika, „Yoga macht<br />
mich glücklich.“<br />
Jeder Student hat irgendwann einmal das Bedürfnis<br />
auszusteigen. Wenn das Semester besonders<br />
anstrengend, die Prüfung besonders<br />
schwer oder das eigene Energielevel bei unter<br />
null ist, kommt wie von selbst die Frage: Was<br />
wird mir die ganze Lernerei bringen? Auf<br />
einmal entsteht die Sehnsucht, das Glück anderswo<br />
zu suchen; vielleicht im eigenen Café,<br />
auf einem Bauernhof im Kuhstall, vielleicht<br />
mit einem Shop für selbst genähte Taschen<br />
bei Dawanda. Es entsteht vielleicht das Gefühl,<br />
sich mit dem Studium nicht für das<br />
Richtige entschieden zu haben. Wie viele Studenten<br />
studieren, einfach weil sie die Möglichkeit<br />
dazu haben? Wie viele Studenten<br />
wissen genau, wo sie hinwollen? Die Idee<br />
vom Café oder vom Bauernhof ist deshalb so<br />
attraktiv, weil dabei sofort klar ist, was zu tun<br />
ist und für wen man arbeitet. Es entsteht, so<br />
die Vermutung, eine klare Vorstellung vom<br />
Leben, vielleicht sogar vom Glück, die im<br />
Studium manchmal verloren geht. Jessica hat<br />
diese Klarheit in den Hörsälen, auf Scheinen<br />
und Leistungspunktekonten, in Büchern und<br />
Seminaren nicht gefunden. Während das Studiensystem<br />
immer sachlicher und leistungsorientierter<br />
wird, werden viele Studenten spiritueller<br />
und sehnen sich nach etwas anderem<br />
oder doch zumindest nach einem Ausgleich.<br />
Die meisten träumen aber nur davon und<br />
bleiben im Hörsaal sitzen. Vielleicht sind es<br />
die Mutigsten, die sich wirklich einer Alternative<br />
zuwenden. Oder die, die an ihrer Situation<br />
an der <strong>Uni</strong> nicht nur zweifeln, sondern<br />
wirklich leiden.<br />
Für Sarah, 33, zum Beispiel war die Ausbildung<br />
mehr als eine Alternative. „Yoga“, sagt<br />
sie, „war meine Rettung.“ Sarahs Familie gehört<br />
einer Freikirche an, sie wurde sehr religiös<br />
erzogen. Die Entscheidung für das Studium,<br />
Französisch und evangelische Theologie<br />
auf Lehramt, wurde stark von ihrem Umfeld<br />
beeinusst. Vor einigen Jahren entlud sich<br />
diese Fremdbestimmung in einer schweren<br />
persönlichen Krise. Sarah ging in psychologische<br />
Behandlung. In jener Zeit nahm sie zum<br />
ersten Mal an einem Yogakurs teil. „Ich bin<br />
nach zwei Minuten rausgerannt. Es hat bei<br />
mir im Brustkorb geknackt, und ich dachte,<br />
ich muss sofort aufhören, sonst wird es zu<br />
stark“, erzählt sie. Danach hat sie sich eine<br />
Weile vom Yoga ferngehalten. Später zog sie<br />
nach Berlin, in ein neues Umfeld mit Distanz<br />
zu ihrem alten Leben. „Ich habe mich für<br />
Kurse angemeldet, um Yoga kennenzulernen<br />
und dem Gefühl nachzuspüren“, sagt sie. „Ich<br />
habe schnell gemerkt, dass es das Richtige für<br />
mich ist, dass ich damit gut zurück ins Leben<br />
komme und mein Studium abschließen<br />
kann.“ 2011 meldete Sarah sich zur Yogalehrerausbildung<br />
an. Es war die erste Entscheidung<br />
von großer Tragweite, die sie ohne ihre<br />
Familie traf. Yoga, das sei zwar keine Rebellion,<br />
aber eben ihr „ganz Eigenes“, sagt Sarah.<br />
Yoga gebe ihr eine Perspektive, privat<br />
und beruich.<br />
Aber eine beruiche Perspektive gewinnt<br />
man nicht allein durch morgendliche Meditation.<br />
Genau wie für ein Café oder einen Dawanda-Shop<br />
braucht man für die Tätigkeit als<br />
rechts und Vorherige doppelseite: Body von AdidAs originAls By opening Ceremony / adidas.de Kleid von AdidAs originAls By Jeremy sCott / adidas.de plAstiKmAntel von AmAyA ArzuAgA / amayaarzuaga.com<br />
CArdigAn von leviʼs, getrAgen Als turBAn / levi.com sandalen Von lVMM / arielle de pinto / arielledepinto.com soCKen von FAlKe / falke.com
Yogalehrer ein Geschäftsmodell. Da steht<br />
dann innere Ruhe auf der einen und Buchhaltung<br />
auf der anderen Seite. Geht das zusammen?<br />
Catrin Müller, Leiterin des Shakti<br />
Yogaloft in Berlin, glaubt, das geht. „Immer<br />
mehr junge Menschen sehen Yoga als alternativen<br />
Berufsweg“, sagt sie. „Und viele sind da<br />
sehr realistisch. Es gibt zum Beispiel Yogacoaches,<br />
die die Auszubildenden in Sachen<br />
Selbstständigkeit beraten.“<br />
„Yogalehrer/in“ hat mittlerweile sogar eine<br />
eigene Berufsbeschreibung im BERUFENET<br />
der Bundesagentur für Arbeit, das alle <strong>Job</strong>s<br />
verzeichnet, die arbeitsmarktrelevant sind.<br />
Monika strebt eine Anstellung an, sagt sie.<br />
Freiberu ich zu arbeiten wäre ihr erst mal zu<br />
unsicher. Jessica gibt zwar schon Unterricht,<br />
arbeitet aber nebenher noch in anderen Projekten,<br />
um sich zu nanzieren. Und Sarah<br />
kann sich mittlerweile vorstellen, nach ihrem<br />
Lehramtsstudium ein Referendariat zu machen<br />
und nebenher Yogastunden zu geben.<br />
Die Doppelbelastung traut sie sich zu. „Seit<br />
ich die Ausbildung mache, hat sich viel verändert.<br />
Ich kann jetzt viele Dinge leichter bewältigen“,<br />
sagt sie. Yoga führt offenbar nicht<br />
automatisch weg von der <strong>Uni</strong>. Manche geraten<br />
über diesen Umweg zurück auf die alte<br />
Bahn. Monika will ihr Studium abschließen.<br />
Sie hat auch schon eine Idee für eine anstehende<br />
Magisterarbeit in Volkskunde. Sie<br />
möchte Menschen, die Yoga machen, zu ihren<br />
Erfahrungen befragen. „Das Thema soll<br />
sein: Glücklich durch Yoga“, sagt sie und lächelt.<br />
Es klingt nicht wie eine Frage, sondern<br />
wie eine Feststellung.
Nä hE<br />
Unsere Autorin ist pünktlich zum Studienbeginn bei ihrer 87-jährigen<br />
Oma eingezogen. Klingt anstrengend, war aber super.<br />
VON FIONA WEBER-STEINHAUS / TEXT<br />
Das Ende der Schulzeit birgt einen entscheidenden Vorteil: Endlich<br />
streift man die Rollen ab, die seit der sechsten Klasse an einem kleben<br />
wie festgetretener Kaugummi vor dem Schultor. Man kann neu beginnen<br />
und heraus nden, wie man leben möchte. Am besten funktioniert<br />
diese Selbst ndung weit weg von der Familie. Auch ich wollte<br />
weit weg. Aber dann bekam ich kurzfristig eine Zusage von der <strong>Uni</strong>versität<br />
in der Kleinstadt, in der meine Großmutter lebte. Die Zeit<br />
drängte, und ich fand kein WG-Zimmer. Schließlich fragte ich meine<br />
Großmutter, ob ich vorübergehend bei ihr unterkommen könne. Zunächst<br />
war sie skeptisch. Sie murmelte: „Probieren können wir’s ja<br />
mal.“ So packte ich im Spätsommer vor sechs Jahren Fahrrad, Laptop<br />
und einen wackligen Schrank ins Auto und zog zu meiner damals<br />
87-jährigen Oma in die westfälische Heimat meiner Familie. Die ersten<br />
<strong>Uni</strong>wochen waren aufregend, vollgepackt mit Einführungsvorlesungen,<br />
Kennenlern-Kneipenrunden und schrecklichen Ersti-Partys.<br />
10 jetzt UNI&JOB N o 02/13<br />
Ein normaler Semesterstart. Doch während meine Kommilitonen mit<br />
ihren neuen WG-Kollegen den Platz im Kühlschrank systematisch<br />
aufteilten, richtete ich mich in dem Backstein haus ein, in dem ein Teil<br />
meiner Familie seit über sechzig Jahren lebt: im Erdgeschoss meine<br />
Großmutter, im ersten Stock die Großtante, im Dachstuhl ein Cousin,<br />
zwei weitere Cousins nur fünf Minuten Fußweg entfernt. Statt ungespülter<br />
Tassen stapelten sich bei mir Kreuzworträtsel auf dem Esstisch,<br />
an der Wand hingen Zierteller. Wenn ich nach Hause kam, war<br />
es, als tauchte ich vom hektischen <strong>Uni</strong>leben zurück in die Vergangenheit<br />
– in eine Wohnung, in der seit Jahrzehnten kein neues Möbelstück<br />
platziert wurde. Öffnete ich den Kleiderschrank auf dem Dachboden,<br />
glaubte ich den Staub des Wirtschaftswunders von den<br />
Kleidern meiner Großmutter abklopfen zu können. Fuhr ich sie in<br />
ihrem Rollstuhl durch die Innenstadt, erzählte sie zu jeder Straßenecke<br />
eine eigene Geschichte: Am Denkmal hatte sie sich immer mit
meinem Großvater verabredet. In einer der Hochschulsport-Turnhalle<br />
hatte sich ein Verwandter fast den kleinen Zeh am Barren abgerissen,<br />
sagte sie. Noch heute zeuge ein Blut eck auf dem Linoleumboden<br />
von seiner missglückten Grätsche. Auch wenn ich diesen Fleck<br />
nie fand: Mit meiner Großmutter sah ich die Stadt nicht nur durch die<br />
Augen der Erstsemesterin, welche die Lebensqualität der Stadt nach<br />
Liegewiesen-, Kneipen- und Cafédichte bewertet.<br />
Jeder Tag war genau getaktet. 16 Uhr: Kaffee und Kuchen. 20 Uhr:<br />
Tagesschau. Sonntag, 13 Uhr: Braten mit Kartoffeln, Erbsen und<br />
Möhren. Sonntag, 13.05 Uhr: ein erstauntes: „Dass du keinen Braten<br />
magst!“<br />
Meine Großmutter bewältigte den Tag in kleinen Etappen. Die Zeiten<br />
hatten sich auch beim Rest der Familie eingebrannt, sodass oft<br />
Cousins, Onkel und Bekannte zur bekannten Uhrzeit auf einen Kaffee<br />
vorbeikamen. Ich war tagsüber meist an der <strong>Uni</strong>versität. Allein<br />
der Gedanke an diesen straff organisierten Tagesablauf engte mich<br />
ein. Gleichzeitig mochte ich die Berechenbarkeit meiner Großmutter<br />
und das Gefühl zu wissen, dass sie immer da war. Sie ließ mir Freiräume.<br />
Sie war eine dieser älteren Frauen, die das Leben mit all seinen<br />
Schicksalsschlägen entspannter gemacht hatte. Sie wuchs in den<br />
Nachwehen des Ersten Weltkrieges auf, durchlebte den Zweiten, verlor<br />
früh ihren Mann — da würde sie mit mir schon fertig werden, sagte<br />
sie einmal mit einem Lachen. Nie schrieb sie mir vor, wann ich zu<br />
Hause sein sollte oder was ich zu tun hatte. Sie fragte: „Willst du nicht<br />
lieber nachts radeln als laufen?“ oder „Bist du auch schön warm?“ —<br />
Fragen, die, von den Eltern gestellt, maßlos stören. Aber sie war halt<br />
die Oma.<br />
Durch die Nähe im Alltag sah ich meine Großmutter nicht nur als<br />
liebenswürdige Frau, die bestens tröstete, buk und strickte. Ich lernte<br />
auch ihre Sorgen, Ängste und auch ihre Kauzigkeiten kennen. Für<br />
jede Situation hatte sie einen eigenen Spruch. Wenn ich Jungsgeschichten<br />
erzählte, dann hob sie wichtig den Finger und zitierte Schiller:<br />
„Drum prüfe, wer sich ewig bindet.“ Ging es um Eskapaden jeglicher<br />
Art, murmelte sie: „Jedem Tierchen sein Pläsierchen.“ Kosmetik<br />
hielt sie für Teufelszeug. Sie schüttelte jedes Mal den Kopf, wenn sie<br />
meine Cremetiegel im Badezimmer sah. Als Beweis, dass es auch<br />
ohne geht, führte sie immer ihre knittrige, aber rosige Haut an.<br />
Je besser ich meine Großmutter kennenlernte, umso mehr sorgte ich<br />
mich auch um sie. Eine Großmutter alle paar Wochen anzurufen, sie<br />
an Geburtstagsfeiern kurz zu drücken, das ist etwas anderes, als sie<br />
jeden Tag zu erleben und Zeuge ihres Älterwerdens zu sein. Ich fühlte<br />
mich verp ichtet, ihr in all den Dingen zu helfen, die sie nach und<br />
nach nicht mehr allein bewältigen konnte. Ich ging einkaufen, fuhr sie<br />
im Rollstuhl zur Krankengymnastik, zur Dauerwelle und auf den<br />
Markt. Oft wetzte ich zwischen Vorlesungen zu ihr oder rollte sie im<br />
otten Dauerlauf zu ihren Terminen, wenn ich zu spät war.<br />
Mit ihr zu wohnen bedeutete allerdings auch, mein <strong>Uni</strong>leben und<br />
mein Zuhause zu trennen. Meine neuen Bekannten zum Kochen in<br />
ihrer Küche einzuladen oder zum Biertrinken im Wohnzimmer, das<br />
war ausgeschlossen. Zu viele fremde Leute strengten sie an. „Dafür<br />
bin ich einfach zu alt“, sagte sie und lachte.<br />
Im zweiten Studienjahr suchte ich mir ein eigenes WG-Zimmer. Als<br />
ich mein Rad, meine Kleidung und meinen Laptop einpackte, drückte<br />
sie mich fest. „Nach vierzig Jahren allein ist es nicht einfach, die Wohnung<br />
zu teilen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so gut klappt“, sagte<br />
sie. Und dann: „Ich werde dich vermissen.“<br />
LINKS: ALLES VON MAISON MARTIN MARGIELA / maisonmartinmargiela.com RECHTS: LONGSLEEVE, HEMD UND SHORTS VON ACNE / acnestudios.com<br />
SCHUHE VON CALVIN KLEIN COLLECTION / calvinklein.com<br />
Sie lieben komplexe<br />
Aufgaben?<br />
Undknackendie<br />
härteste Nuss?<br />
Dann sind Sie bei uns richtig:<br />
Denn wir suchen Kollegen mit Biss.<br />
Sie stehen noch mitten im Studium, befinden<br />
sich kurz vor dem Abschluss oder verfügen<br />
schon über erste Berufserfahrung?<br />
Sie haben bereits viel gelernt und hart an<br />
Ihrer Entwicklung gearbeitet? Wenn Sie<br />
Herausforderungen suchen und Verantwortung<br />
in engagierten Teams übernehmen<br />
möchten, dann freuen wir uns,<br />
gemeinsam mit Ihnen in unseren Bereichen<br />
Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Consulting<br />
und Corporate Finance die beste<br />
Lösung für jede noch so anspruchsvolle<br />
Aufgabe zu finden.<br />
Es ist Ihre Zukunft.<br />
Wie weit wollen Sie kommen?<br />
Entdecken Sie mehr<br />
Möglichkeiten unter<br />
www.deloitte.com/careers<br />
Besuchen Sie uns auch auf<br />
www.facebook.com/Deloitte.<br />
Deutschland<br />
Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited,<br />
eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit<br />
beschränkter Haftung nach britischem Recht), und/oder ihr<br />
Netzwerk von Mitgliedsunternehmen. Jedes dieser Mitgliedsunternehmen<br />
ist rechtlich selbstständig und unabhängig. Eine<br />
detaillierte Beschreibung der rechtlichen Struktur von Deloitte<br />
Touche Tohmatsu Limited und ihrer Mitgliedsunternehmen<br />
finden Sie auf www.deloitte.com/de/UeberUns.<br />
©2013 Deloitte& Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
12 jetzt uni&<strong>Job</strong> n o 02/13
nEi d<br />
von CharlottE haunhorst / ProtokoLLe<br />
Eigentlich sollte das Studium eine neidbefreite<br />
Zone sein: Jeder studiert, was ihm gefällt, die Noten<br />
der anderen sind total egal. Die Wahrheit sieht<br />
dann doch anders aus. Ein Drama über Neid und<br />
wie man ihn überwindet.<br />
jetzt uni&<strong>Job</strong> n o 02/13 13
1. aKt ich bin doch nicht neidisch<br />
Marlitt, 25, PromoViert in Jura<br />
Es ist schwer, Neid im Studium konkret festzumachen.<br />
Das ist immer eher ein subtiles<br />
Gefühl als eine belegbare Tatsache.<br />
tianyu, 24, studiert Jura und<br />
steht Vor dem ersten Juristischen<br />
staatseXamen<br />
Prinzipiell kümmern mich die Werturteile<br />
anderer wenig, ich gönne jedem Erfolg.<br />
PEtra KuChEr-sturM, diPLom-PsYcho-<br />
Login, studentenWerk stuttgart<br />
Wenn, dann ist Neid ein Wahrnehmungsproblem<br />
für jemanden, der sich eher am Misserfolg<br />
statt an seinen Erfolgen orientiert. Besonders<br />
häu g aufgetaucht ist das hier bisher<br />
nicht.<br />
Mira, 24, ist mit ihrer<br />
ZWiLLingsschWester Zur schuLe<br />
und an die hochschuLe gegangen<br />
Privat sind meine Schwester und ich ein<br />
Dream team. Besser geht’s nicht.<br />
Eva, 25, arbeitet seit kurZem in einer<br />
kommunikationsagentur<br />
Vieles, was an der <strong>Uni</strong> wie Neid aussieht, ist<br />
in Wirklichkeit eher Angst. Da wird man auf<br />
einmal in eine Welt geworfen, die grausam zu<br />
sein scheint. Man muss um Noten, Praktika<br />
und einen Masterplatz kämpfen und zeitgleich<br />
um sein eigenes Selbstbild. Der Neid<br />
ist dann eher eine Abwehrhaltung, weil man<br />
einfach überfordert ist. Im Master wird das<br />
meiner Erfahrung nach viel besser, da entwickelt<br />
man sich dann weiter und schafft etwas<br />
Positives aus dem Neid.<br />
BErnharD gooDWin, kommunikations-<br />
WissenschaftsdoZent an der LudWigmaXimiLians-uniVersitÄt<br />
mÜnchen<br />
Ich habe meine Ehefrau im Studium kennengelernt.<br />
Wir haben uns niemals etwas geneidet,<br />
sondern stets voneinander pro tiert.<br />
Jan Crusius, neidforscher an der<br />
uniVersitÄt kÖLn<br />
Menschen geben nicht gern zu, dass sie neidisch<br />
sind. Neid signalisiert uns selbst nicht<br />
nur, dass wir gegenüber anderen im Nachteil<br />
sind, er ist sozial auch sehr unerwünscht. Wir<br />
versuchen daher, Neid zu kontrollieren oder<br />
zu verstecken. Jüngere Forschung zeigt aber,<br />
dass Neid durchaus positive Konsequenzen<br />
haben kann. Es gibt eine gutartige Form des<br />
Neids, die nicht mit Feindseligkeit und Missgunst<br />
einhergeht. Auch dieser „weiße Neid“,<br />
wie er im Russischen genannt wird, tut weh.<br />
Er führt aber dazu, dass man sich mehr anstrengt,<br />
um die besseren Leistungen anderer<br />
auch zu vollbringen.<br />
14 jetzt uni&<strong>Job</strong> n o 02/13<br />
2. aKt Wie neid entsteht<br />
Mira, 24, der ZWiLLing<br />
Ich war mit meiner Schwester das komplette<br />
Gymnasium über in einer Klasse. Das war oft<br />
sehr schwierig, weil viele uns automatisch<br />
miteinander verglichen haben, auch wenn wir<br />
das gar nicht wollten. Im Abi hatten wir dann<br />
auch noch die gleichen Fächer. Der Tag der<br />
mündlichen Prüfung war ganz schrecklich:<br />
Wir hatten beide sehr viel zusammen gelernt<br />
und warteten auf einer Treppe auf das Ergebnis.<br />
Der Lehrer kam irgendwann raus und las<br />
die Noten vor. Ich hatte eine Zwei, sie eine<br />
Fünf minus. Das war auch von dem Lehrer<br />
scheiße, das einfach so vor allen zu sagen.<br />
Wie kann man so was machen? Meine Schwester<br />
ist dann ganz weiß geworden und auf dem<br />
Weg zum Auto weinend zusammengebrochen.<br />
Den Tag werde ich nie vergessen.<br />
ChristianE Morré, mutter Von Vier<br />
kindern, Von denen drei studieren<br />
Mir erzählte eine Mutter stolz, dass sie die<br />
Konkurrenz zwischen ihren beiden Kindern<br />
ganz bewusst schüre, um sie zu besseren Leistungen<br />
anzuspornen. Der Neid auf den anderen<br />
war ihre Erziehungsmethode. Da gab es<br />
dann beispielsweise Geld, gestaffelt nach Noten<br />
— der bessere Schüler bekam deutlich<br />
mehr Geld als der schlechtere. Ich nde das<br />
schrecklich. Geschwisterbeziehungen sind immer<br />
anfällig für Neid, deshalb sollten Eltern<br />
genau das vermeiden. Sie sollten ihre Kinder<br />
in den individuellen Begabungen fördern und<br />
ihr Selbstbewusstsein stärken.<br />
BErnharD gooDWin, gooDWin der kommunikati-<br />
onsWissenschaftLer<br />
Neid erlebe ich eher indirekt, zum Beispiel<br />
wenn die Studenten Studenten kommen, weil sie um um NoNoten feilschen wollen. Meistens liegt das daran,<br />
dass sie sich selbst anders einordnen und denken,<br />
sie müssten im Vergleich Vergleich zu anderen besser<br />
dastehen. dastehen. Oftmals Oftmals sind sie es auch aus der<br />
Schule Schule einfach nicht gewohnt, mal eine Drei<br />
zu haben. Prinzipiell Prinzipiell nde ich es ja nicht<br />
schlecht, wenn sich Studenten über ihre Noten<br />
informieren. informieren. Dann kann man man ein detailliertes<br />
Feedback Feedback zu ihrer Arbeit geben, das ist wichtigtig<br />
und sollte sollte häu häu g geschehen. Wenn es aber<br />
nur darum geht, eine bessere Note zu bekommen,<br />
dann dann ist es anstrengend.<br />
ChristianE Morré, Morré die mutter<br />
Meiner Erfahrung nach reagieren Kinder<br />
sehr unterschiedlich, wenn sie jemand anderen<br />
um eine Fähigkeit beneiden. Beim Schleifemachen<br />
auf dem Schuh kann man das ganz<br />
gut gut beobachten: Manche Kinder wollen es<br />
unbedingt unbedingt selber selber tun. Da ist ist der Neid ein ein AnAnsporn. Oder aber sie entziehen sich dem<br />
Wettbewerb und tragen Klettverschlussschuhe,<br />
wenn Mama ihnen die Schuhe nicht mehr<br />
binden will.<br />
Jan Crusius, der neidforscher<br />
In einer Untersuchung haben wir Studenten<br />
darum gebeten, sich an eine Neidsituation im<br />
<strong>Uni</strong>- oder Schulkontext zu erinnern. Eigentlich<br />
alle konnten sich tatsächlich an so eine<br />
Situation erinnern, oft war es nicht einmal<br />
lange her. Meistens ging es dabei um Noten<br />
oder Prüfungen, denn die <strong>Uni</strong> bietet für solche<br />
Leistungen viele Gelegenheiten, sich mit<br />
anderen zu vergleichen.<br />
3. aKt sZenen Von neid & konkurrenZ<br />
Mira, 24, der ZWiLLing<br />
Am Ende meines Bachelorstudiums zählte<br />
ich mit einem Schnitt von 1,2 zu den besten<br />
Studenten des Jahrgangs. Als Belohnung<br />
habe ich meine gezahlten Studiengebühren<br />
zurückbekommen — in Bayern gibt es dazu<br />
eine entsprechende Regelung. Ich habe das<br />
allerdings niemandem aus meinem Semester<br />
erzählt. Ich dachte, die anderen fänden das<br />
vielleicht unfair; immerhin hatte ich meine<br />
Kurse einfach nur klug gewählt. Andere hatten<br />
sicher viel mehr ins Studium investiert<br />
und haben trotzdem einen schlechteren<br />
Schnitt. Ich weiß nicht, ob ich es aus Angst<br />
vor dem Neid nicht erzählt habe — ich hätte<br />
es schließlich auch allen anderen gegönnt,<br />
wenn sie ihre Studiengebühren zurückbekommen<br />
hätten.
Marlitt, 25, die Juradoktorandin<br />
Über Juristen hört man oft das Klischee, sie<br />
würden voreinander Bücher verstecken, um<br />
selbst die beste Hausarbeit schreiben zu können.<br />
Das stimmt leider, mir selbst ist das auch<br />
schon mal mit zwei Aufsätzen passiert, die<br />
dann einfach nicht zu nden waren. Dabei ist<br />
doch Neid bei Jura, wenn überhaupt, erst im<br />
Staatsexamen angemessen. Vorher zählen die<br />
Scheine eh nichts, erst die Examensnote entscheidet<br />
zumindest über gute und schlechte<br />
Referendariatsstationen. Allerdings habe ich<br />
auch schon von anderen Studenten gehört,<br />
dass Kommilitonen auf einmal nicht mehr<br />
mit ihnen gesprochen haben — weil sie eine<br />
bessere Examensnote hatten.<br />
Eva, 25, die <strong>Job</strong>einsteigerin<br />
Im Bachelorstudium füllten wir in manchen<br />
Kursen Übungsblätter als Hausaufgabe aus.<br />
Wenn man die bis zu einem gewissen Prozentsatz<br />
richtig hatte, gab es Zusatzpunkte<br />
für die Klausur am Ende. Einmal war auf einem<br />
Blatt eine Frage, die niemand aus unserer<br />
Arbeitsgruppe lösen konnte. Wir dachten<br />
erst, der Prof habe sich vertan und das Thema<br />
war noch gar nicht dran. Auch aus der anderen<br />
Arbeitsgruppe kannte niemand die Lösung.<br />
Als wir die Aufgaben in der darauffol-<br />
Willkommen im Team!<br />
Die R+V Versicherung ist mit mehr als 7 Millionen Kunden und über 12 Milliarden Euro Beitragseinnahmen<br />
eine der größten deutschen Versicherungsgruppen. Sie bietet als genossenschaftlicher<br />
Versicherer in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken<br />
Raiffeisenbanken Privat- und Firmenkunden maßgeschneiderte, innovative Versicherungslösungen<br />
aller Art.<br />
Sie suchen nach Ihrem Studium einen interessanten Berufseinstieg, um Ihr fachliches Knowhow<br />
und Ihre Persönlichkeit erfolgsorientiert einzusetzen und zu entwickeln? Dann nutzen<br />
Sie Ihre Chance am Direktionsstandort Wiesbaden und starten Sie Ihre berufliche Zukunft<br />
im August 2013. Wir suchen<br />
Trainees (m/w) der Fachrichtungen<br />
Wirtschaftswissenschaften Jura Informatik Mathematik<br />
Wir bieten Ihnen ...<br />
- ein maßgeschneidertes Ausbildungsprogramm in spezifischen Unternehmensbereichen<br />
im Innendienst<br />
- gezielte Mitarbeit in Themen und Projekten sowie Hospitationen in ausgewählten<br />
Schnittstellenbereichen im Innen- und Außendienst<br />
- Kombination von “on the job“ Komponenten mit “off the job“ Komponenten<br />
(Methodentrainings und Fachseminare)<br />
- ein starkes Netzwerk im Unternehmen vom ersten Tag an, persönliche Betreuung und<br />
Förderung sowie individuelle Entwicklungspläne<br />
- von Beginn an einen unbefristeten Arbeitsvertrag<br />
Wir erwarten von Ihnen ...<br />
- einen erfolgreichen Hochschulabschluss im Bereich (Wirtschafts-)Mathematik, Rechtswissenschaften,<br />
Wirtschaftswissenschaften oder (Wirtschafts-)Informatik<br />
genden Woche zurückbekamen, hatte die<br />
andere Gruppe die volle Punktzahl. Wir<br />
nicht. „Das steht auf Seite 107 im Buch XY“,<br />
erwiderte eine Kommilitonin auf unsere Frage<br />
nach der Lösung. Das hatte sie im Gespräch<br />
am Tag zuvor wohl „vergessen“ zu erwähnen.<br />
DEnnis, 26, studiert Wirtschaft in Wien<br />
Bei uns im Studiengang gibt es einen Typen,<br />
der das Folienkaraoke perfekt beherrscht.<br />
Einmal hatte eine Gruppe eine Präsentation<br />
vorbereitet, und er hat die einfach so gehalten,<br />
ohne die Folien vorher je gesehen zu haben.<br />
Da bin ich schon neidisch drauf. Ich<br />
kann zwar auch ganz gut präsentieren, aber<br />
das ist wirklich zu gut.<br />
Katharina, 25, studierte kunst und<br />
arbeitet nun im ersten <strong>Job</strong><br />
Mein Masterstudium war eine Zuchtperlenfarm<br />
der Missgunst. Erst wurden nach intransparenten<br />
Kriterien die Studienplätze und<br />
dann auch die Praxisprojekte vergeben — in<br />
der Folge gingen deshalb lauter Mails von angekratzten<br />
Egos hin und her, das war wirklich<br />
unangenehm. Beim Absolventenfest<br />
wurden auch noch vom Professor an ein paar<br />
Leute <strong>Job</strong>s im Kulturbetrieb verteilt. Diese<br />
Gespräche fanden im Hinterzimmer statt,<br />
- qualifizierte, berufsorientierte Praxiserfahrung, z. B. durch Ausbildung, Praktika oder<br />
Werkstudententätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche<br />
- Wille, Verantwortung zu übernehmen und selbstständig zu arbeiten<br />
- analytische und konzeptionelle Fähigkeiten sowie Bereitschaft, sich schnell in neue<br />
Themen einzudenken und aus gemachten Erfahrungen zu lernen<br />
- Spaß in einem Team zu arbeiten, sich auf andere einzustellen und zu überzeugen<br />
Ihr Interesse für unser Traineeprogramm ist geweckt ...?<br />
Dann nutzen Sie Ihre Chancen und bewerben sich unter www.jobs.ruv.de<br />
über unser Onlineformular.<br />
R+V Versicherung<br />
Recruitingcenter<br />
Telefon: 06 11 - 5 33 52 10<br />
wer nicht ausgewählt worden war, der musste<br />
draußen vor der Tür bleiben. Wer welchen<br />
<strong>Job</strong> bekommen hat, konnten wir dann später<br />
im Absolventenmagazin nachlesen. Das Klima<br />
war wirklich sehr unangenehm. Hinter jeder<br />
Ecke stand jemand mit gewetztem Messer.<br />
ChristianE Morré, die mutter<br />
Die Bologna-Reform hat den Neidfaktor im<br />
Studium aus meiner Perspektive erhöht. Auf<br />
einmal ist jede Prüfung vergleichbar geworden.<br />
Mit ein bisschen Interesse weiß man sofort,<br />
wer besser ist als man selbst. Wer einen<br />
guten Master haben will, muss sowieso zu<br />
den Besten gehören. Meinem Eindruck nach<br />
ist deshalb das Kalkül von Anfang an recht<br />
groß. Kurse werden nach der Notenvergabe<br />
des Profs ausgewählt, nicht mehr primär nach<br />
Interesse. Das ist schade, denn die Freude an<br />
der Wissenschaft und der Mut zu neuen Forschungswegen<br />
bleiben dabei auf der Strecke.<br />
Als ich in den Achtzigerjahren studierte, gab<br />
es keine Noten, sondern nur Scheine für bestandene<br />
Prüfungen. Da war man dann eher<br />
mal neidisch, wenn ein Kommilitone einen<br />
tollen Forschungsansatz entdeckt hatte, auf<br />
den man selber nicht gekommen war.<br />
tianyu, 24, der Jurastudent<br />
Manchmal frage ich mich, ob ich vielleicht
doch bewusst den Neid anderer provoziere.<br />
Irgendwie habe ich als „Ausländer“ das Gefühl,<br />
den „Deutschen“ beweisen zu müssen,<br />
dass ich trotz deren „Heimvorteil“ besser bin.<br />
Dabei bin ich seit meinem dritten Lebensjahr<br />
in Deutschland. Und wenn dennoch mal jemand<br />
besser gewesen sein sollte, dann war er<br />
in meinem Kopf oft nur eißiger.<br />
Christian, 25, PromoViert in chemie<br />
Klar bin ich manchmal mit Neid konfrontiert.<br />
Regelmäßig sogar. Der Begriff ist nur sehr<br />
negativ belegt, weil da ja oft auch Missgunst<br />
reinspielt. Ehrlichen Neid im Sinne von einem<br />
Bedauern, selbst nicht so toll dran zu<br />
sein, erlebe ich regelmäßig, wenn Kollegen<br />
schöne Ergebnisse im Labor haben, die auch<br />
wirklich interessant sind. Aus Selbstschutz<br />
tut man die Ergebnisse anderer gern mal etwas<br />
ab; neidisch bin ich dann, wenn ich die<br />
Ergebnisse tatsächlich selber cool nde. Das<br />
geschieht aber immer ohne die Missgunstkomponente.<br />
PEtra KuChEr-sturM, die PsYchoLogin<br />
In der Beratung erleben wir selten Neid, eher<br />
Vergleiche. Aber das war schon immer so,<br />
dass bei den anderen der Rasen grüner ist als<br />
bei einem selbst.<br />
4. aKt dem neid beikommen<br />
Katharina, , 25, die frÜhere kunststu-<br />
kunststudentin<br />
Kollaborativ arbeitete es sich im Studium viel<br />
besser. Denn unerträglicher als unsere unsere KomKommilitonen fanden wir zum Glück noch eine<br />
andere Person: den Professor. Das hat dann dann<br />
vieles gekittet, und mittlerweile — seit seit wir<br />
nicht mehr an der <strong>Uni</strong> sind sind — hat hat auch schon<br />
jeder Absolvent eine eigene Nische Nische für sich<br />
gefunden. Privat sehen wir uns deshalb wiewieder gern.<br />
PEtra KuChEr-sturM, die PsYchoLogin<br />
Wie sehr man sich vergleicht, hängt auch<br />
stark vom Studium ab: Meiner Erfahrung<br />
nach ist es bei den Architekten oder Ingenieuren<br />
weniger schlimm, die sind ja darauf angewiesen,<br />
im Team zu arbeiten. Bei Fächern<br />
wie Ernährungswissenschaft hingegen, in denen<br />
es einen Numerus clausus gibt, sind die<br />
Studenten eher Einzelkämpfer. Die arbeiten<br />
schon wegen der Struktur des Studiums weniger<br />
zusammen.<br />
Jan Crusius, der neidforscher<br />
Es kann manchmal sinnvoll sein, wenn man<br />
versucht, bösartigen in gutartigen Neid umzuwandeln.<br />
Zum Beispiel, indem man überlegt,<br />
wie einem die andere Person als Vorbild<br />
dienen kann. Wenn das nicht möglich ist —<br />
16 jetzt uni&<strong>Job</strong> n o 02/13<br />
zum Beispiel, weil es keine Chance gibt, die<br />
eigene Note noch zu verbessern —, dann<br />
kann man versuchen, sich dem Vergleich zu<br />
entziehen oder sich in Bezug auf eine andere<br />
Eigenschaft zu vergleichen, bei der man besser<br />
abschneidet. Wenn das alles nichts hilft:<br />
Eine der bewährtesten Strategien im Kampf<br />
gegen ungewollte Emotionen ist simple Ablenkung.<br />
5. aKt ein Leben mit und ohne neid<br />
Jan Crusius, der neidforscher<br />
Es ist sehr plausibel, dass Neid für Studierende<br />
eine sehr relevante Emotion ist. An der<br />
<strong>Uni</strong> kommen viele Faktoren zusammen, die<br />
Neid besonders wahrscheinlich machen. Gute<br />
Leistungen zu vollbringen ist den Studierenden<br />
besonders wichtig, schließlich ist ihr Fach<br />
sehr häu g ein wichtiger Teil ihrer Identität.<br />
Schlechter als andere abzuschneiden tut dann<br />
besonders weh. Außerdem sind an der <strong>Uni</strong><br />
viele andere Studenten, die einem ähnlich<br />
sind, die ähnliche Voraussetzungen haben<br />
und mit denen man sich deshalb gut vergleichen<br />
kann. Vergleiche nden meistens auf<br />
gleicher Ebene statt. Deshalb misst sich eine<br />
Studentin nicht mit ihrer Professorin, sondern<br />
mit Kommilitonen.<br />
Mira, 24, der ZWiLLing<br />
Durch die Erlebnisse in der Schule vergleicht<br />
sich meine Schwester auch heute<br />
noch manchmal mit mir. Wir studieren<br />
beide ganz unterschiedliche Studiengänge,<br />
sie macht ihr Fach wirklich super gut,<br />
und ich bin sehr stolz auf sie. Aber trotzdem<br />
befürchtet sie häu g, mein Studium<br />
sei weniger aufwendig als ihres und werde<br />
doch als das „härtere“ von beiden wahrgenommen.<br />
Dabei ist das gar nicht so. Sie<br />
arbeitet wirklich viel.<br />
Christian, 25, der chemiedoktorand<br />
Ich selbst hatte viel Glück im Studium.<br />
Mir wurde so viel Gutes zuteil, dass ich<br />
mich manchmal frage, ob es nicht eigentlich<br />
richtig dumm und arrogant und ignorant<br />
ist, diesen Neid zu emp nden.<br />
Katharina, 25, die frÜhere kunststudentin<br />
Im Nachhinein bin ich ziemlich dankbar<br />
für das Training im Masterstudium. So<br />
habe ich ein bisschen Hornhaut auf den<br />
Ellenbogen bekommen, noch vor dem<br />
Start in die freie Wirtschaft.
ChristianE Morré, die mutter<br />
Ich sehe doch aktuell, welches Rattenrennen<br />
meine Kinder in ihren Studiengängen<br />
mitmachen. Das können sie nur unbeschadet<br />
überstehen, wenn sie in der Familie<br />
Anerkennung und Wertschätzung auch<br />
bei nicht so guten Ergebnissen erfahren.<br />
Wenn die Geschwister auch noch gegeneinander<br />
antreten müssten, würde das auf<br />
Dauer die familiären Beziehungen nachhaltig<br />
beschädigen.<br />
Eva, 25, die <strong>Job</strong>einsteigerin<br />
Neid kann man nur überwinden, indem<br />
man ehrlich zu sich ist. Hätte ich bei der<br />
Geschichte mit dem Übungsblatt selbst<br />
genauer im Buch nachgelesen, wäre das<br />
Problem nicht entstanden. Also: Warum<br />
bin ich nicht mit mir zufrieden und gestehe<br />
mir ein, dass ich einfach etwas anderes<br />
lieber gemacht habe? Beim nächsten Mal<br />
kann ich es anders machen und muss nicht<br />
mehr neidisch sein. Zufriedenheit, das ist<br />
das Geschenk, das ich mir wünsche.<br />
DiEsE unD vorhErigE sEitEn: Kleid von BurBerry Prorsum / burberry.com rocK von miu miu / miumiu.com<br />
GENERAL<br />
MANAGEMENT<br />
PROGRAMM<br />
WILLKOMMEN AUF DEM WEG NACH OBEN.<br />
Das General Management Programm ist ein individuell abgestimmtes Karriere-Programm<br />
für Hochschul absolventen (m/w). Als international wachsendes Handelsunter nehmen<br />
vereinen wir Mode, Lifestyle, Design, Architektur – und noch viel mehr: Perspektiven<br />
für Nachwuchs führungskräfte (m/w). Ihre Zielrichtung: eine Karriere im Controlling,<br />
Marketing, Finanz- und Rechnungswesen oder in der Unternehmensentwicklung.<br />
Programmdauer: 8 Monate. Start: 1. März und 1. September.<br />
Online-Bewerbung und weitere Details unter:<br />
www.peek-cloppenburg.de/karriere<br />
Peek & Cloppenburg KG, Personalmarketing, Christina Kremer,<br />
Berliner Allee 2, 40212 Düsseldorf<br />
www.facebook.com/peekcloppenburgkarriere
18 jetzt UNI&JOB N o 02/13<br />
BRIEFS VON AMERICAN APPAREL / americanapparel.net SEIDENTUCH VON HERMÈS / hermes.com
ZWeifeL<br />
VON MERCEDES LAUENSTEIN / TEXT<br />
Da machst du die eine Sache — und musst<br />
dafür zehn andere sein lassen. Dieses Entscheidenmüssen<br />
kann einen in den Wahnsinn treiben.<br />
Ich habe schon immer dieses Idealbild von mir selbst im Kopf, auf dem ich die<br />
große, unabhängige Freidenkerin bin, die alles haben kann, was sie nur will; die<br />
sich nie auf faule Kompromisse einlässt, die sich nie mit dem Zweitbesten zufrieden<br />
gibt und die alles umschmeißt, was ihr nicht passt. Nur: Es funktioniert ja<br />
einfach nicht. Ich entscheide nicht allein über mein Leben. Das Leben verlangt<br />
mir ständig Kompromisse ab. Wenn ich mich für etwas entscheide, ist diese Entscheidung<br />
auf einer einzigen Ebene die beste, aber auf anderen Ebenen ist sie<br />
vielleicht nur die zehntbeste.<br />
Ich hege so viele Träume darüber, wer ich sein könnte und sein wollte, wo ich leben<br />
könnte und wie. Warum lebe ich nicht in New York, Reykjavik, Rom? Warum<br />
bin ich nicht schriftstellernde Malerin, Filmemacherin, Möbel-, Schmuck-, Modedesignerin?<br />
Klar, ich versuche mich mit dem zu trösten, was ich stattdessen erreicht<br />
habe. Aber ich muss immer wieder an das denken, was ich nicht erreicht<br />
habe. Zur Beruhigung rede ich mir ein, dass genau das meine eigentliche Aufgabe<br />
ist: dieses Selbstverwirklichungsideal bröckeln zu lassen und mir einzugestehen,<br />
dass ich so unabhängig gar nicht bin. Viel bedeutsamer ist wahrscheinlich, dass<br />
ich, wenn ich eines Tages wirklich zufrieden sein will, gar nicht zu hundert Prozent<br />
unabhängig sein kann. Denn ich will ja Beziehungen, ich will ein Zuhause,<br />
ich will Ruhe, und ich will Sicherheit, ich will Kinder. Auch wenn mir all diese<br />
Verp Verp ichtungen ichtungen Angst machen, weil ich weiß, dass sie neben Halt und Zufriedenheit<br />
auch Langeweile und Selbstverrat bedeuten könnten.<br />
Es ist immer dieser Grenzkampf: Wie weit darf ich das Leben einfach laufen lassen,<br />
und wann und wie oft muss ich es radikal umschmeißen? Ab wann wird Un-Unzufriedenheit<br />
zerstörerisch, und ab wann macht Zufriedenheit lahm? Ich will das,<br />
was ich jetzt tue, nicht aufgeben. Ich will nur so gern noch so viel mehr. Warum ist<br />
das nicht möglich? Ich werde dieses Jahr 25. Viele Chancen habe ich bereits ungenutzt<br />
gelassen. Daran zu denken tut weh. Und ich habe eine höllische Angst vor<br />
den Momenten, in denen noch mehr Chancen an mir vorbeigerauscht sein werden.<br />
Ich fange dann wieder an, mich zu trösten: Ich will es ja auch nicht anders, ich will<br />
gar nicht, dass mein Leben ein perfekt durchgeplanter, geradliniger Fluss wird.<br />
Dieses Streben nach der absoluten Macht über das eigene Leben ist ja auch wieder<br />
vergeudete Hirnkraft, weil das Leben ja ohnehin eine Ansammlung von winzigen<br />
Entscheidungen und Zufällen ist. Deshalb macht es doch nur Sinn, es so zu tun,<br />
wie ich es tue: Ich lasse mich treiben, steuere ab und zu, mal unbeholfen, mal bestimmt,<br />
lasse oft genug den Zufall entscheiden. Am Ende ist es doch so: Man setzt<br />
sich hin, schaut zurück und sagt: So, das war es jetzt, das Leben. Ich habe es versucht,<br />
ist doch ein ganz reichhaltiges Ding geworden, passt schon. Weil einem sowieso<br />
nichts anderes übrig bleibt.<br />
Aber so entlastend dieser Gedanke ist, er fühlt sich gleichzeitig auch wieder wie<br />
Versagen an. Ich kann mich doch nicht darauf ausruhen. Ist das, was ich jetzt tue,<br />
wirklich gut, oder rede ich mir nur ein, dass es gut ist, weil ich das Risiko scheue?<br />
Und selbst wenn ich alles, was ich jetzt tue, sein lasse und etwas Neues starte, wird<br />
mich ein Gedanke nie loslassen: Wie wäre der andere Weg weitergegangen? Dass<br />
ich immer nur von allem ein bisschen und nie von allem genug haben werde, macht<br />
mich verrückt. Ich frage mich, wann das aufhört, wann endlich einmal Ruhe und<br />
Stolz in einen hineinkommen, so wie man eines Tages aufhört zu wachsen und<br />
dann seine Größe kennt. Oder kommt dann irgendwann nur noch der Verfall –<br />
und mit ihm das Bedauern?
Ngs<br />
VON CLEMENS HAUG / TEXT<br />
T<br />
A<br />
20 jetzt UNI&JOB N o 02/13<br />
Wer das Studium liebt, der hasst die Masterarbeit.<br />
In der Regel bedeutet sie vor allem eines: Abschied nehmen.<br />
Das Protokoll eines Hin- und Hergerissenen.
jetzt UNI&JOB N o 02/13 21
Mein Leben könnte sich bald radikal verändern,<br />
und das macht mir Angst. Ich schreibe<br />
meine Masterarbeit, das ist die letzte große<br />
Aufgabe meines Studiums. Meine Zeit an der<br />
<strong>Uni</strong>versität geht damit endgültig zu Ende.<br />
Was danach auf mich wartet, bereitet mir<br />
Sorgen. Werde ich mir meine Tage noch so<br />
frei einteilen können, wie das jetzt zum Beispiel<br />
während meiner Abschlussarbeit geht?<br />
Wird die Suche nach einem Arbeitsplatz<br />
kompliziert? Werde ich meine lieb gewonnene<br />
Studienheimat Leipzig verlassen müssen?<br />
Die <strong>Uni</strong>versität hat in den vergangenen Jahren<br />
mein Leben strukturiert. Ziele und Ablauf<br />
des Studiums waren klar. Nun bin ich am<br />
Ende des schützenden Geländers der Ausbildung<br />
angekommen. Danach erwartet mich<br />
ein erwachsenes Leben voll Verantwortung,<br />
P ichten und Unterordnung. So geht zumindest<br />
meine Befürchtung.<br />
Die Psychologin Elisabeth Kübler-Ross hat<br />
einmal fünf Phasen beschrieben, die Todkranke<br />
erleben. Zunächst wollen sie ihr Sterben<br />
nicht wahrhaben, dann sind sie wütend<br />
auf ihr Schicksal und neidisch auf diejenigen,<br />
die weiterleben dürfen. Schließlich verhandeln<br />
sie um eine Verlängerung ihres Lebens,<br />
sie betrauern den Abschied von ihren<br />
Angehörigen. Und schließen dann, wenn alles<br />
gut geht, eine Art Frieden mit dem bevorstehenden<br />
Tod.<br />
Ich habe Angst, dass das Studium die schönste<br />
Zeit in meinem Leben gewesen sein könnte.<br />
Mit der Masterarbeit geht sie zu Ende.<br />
Und das fühlt sich manchmal wie ein kleines<br />
Sterben an.<br />
PHASE 1 – LEUGNEN<br />
Wieso denn überhaupt anfangen?, frage ich<br />
mich, nachdem ich im Sommer alle nötigen<br />
Klausuren bestanden, alle Hausarbeiten abgegeben<br />
und ein Abschlussarbeitsthema gefunden<br />
habe. Jetzt habe ich die Möglichkeit,<br />
die Freiheit der Studienzeit noch einmal voll<br />
auszukosten. Ich schreibe Reportagen, beginne<br />
aufwendige Recherchen, besuche Konzerte,<br />
Kunstfestivals, Kabarettabende. Lange<br />
hält das gute Gefühl dabei nicht an. Als von<br />
den sechs für meine Arbeit eingeplanten Monaten<br />
noch fünf übrig sind, merke ich, dass<br />
ich endlich anfangen muss. Ich verlege meinen<br />
Arbeitsplatz in die Bibliothek.<br />
PHASE 2 – ZORN<br />
Es wird Herbst, und Gruppen junger Erstsemester<br />
strömen durch die langen Regalreihen<br />
22 jetzt UNI&JOB N o 02/13<br />
und Computerpools. Ahnungslos lassen die<br />
Abiturienten ihre Blicke über Bücher und<br />
Arbeitsplätze schweifen. Sie tuscheln mit ihren<br />
Nachbarn, die sie gerade erst kennenlernen.<br />
Alle Zeit der Welt liegt vor ihnen: neue<br />
Freunde und Liebschaften, aufregende Partys<br />
in frisch bezogenen Wohngemeinschaften,<br />
Auslandsabenteuer. Ich dagegen muss die heiligen<br />
Hallen der Wissenschaft bald verlassen und<br />
fürchte mich vor dem kalten Wind, der auf dem<br />
Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler weht.<br />
In diesem Moment werde ich ein bisschen neidisch<br />
und wünsche den Erstis aus purer Missgunst<br />
alle Pein harter Klausuren und erbarmungsloser<br />
Prüfer, unendlich anstrengender<br />
Praktika und frustrierender Kleinstjobs.<br />
Sterbenden hilft es sehr, wenn sie ihren Groll<br />
gegen ihr Schicksal und die Welt einmal aussprechen<br />
dürfen, sagt Elisabeth Kübler-Ross.<br />
So lasse sich die zornige Phase oft entspannen.<br />
Ich lästere mit anderen Abschlusskandidaten<br />
vor den Bibliothekstüren und fühle mich bald<br />
besser.<br />
PHASE 3 – VERHANDELN<br />
Um die Verhandlungsphase zu illustrieren,<br />
wählt Kübler-Ross eine kleine Anekdote. Ein<br />
Kind, dem ein Wunsch nicht erfüllt wird, rennt<br />
wutentbrannt aus dem Zimmer seiner Eltern.<br />
Nur wenig später klopft es artig wieder an und<br />
fragt: „Wenn ich ganz, ganz lieb bin und brav<br />
meine Aufgaben mache — darf ich dann?“<br />
Sterbende versuchen, ihrem Schicksal ein<br />
Angebot zu machen, etwa indem sie versprechen,<br />
besonders viele gute Taten zu vollbringen.<br />
Sie versuchen ihren Tod hinauszuzögern.<br />
Ich mache meine Steuererklärung und vereinbare<br />
einen Termin beim Arzt. Ist mit meinem<br />
Herz noch alles in Ordnung? Jetzt könnte die<br />
letzte Gelegenheit sein, mich noch einmal<br />
gründlich untersuchen zu lassen. Nichts, was<br />
ich gerade mache, ist wirklich wichtig. Ich<br />
will mir nur das Gefühl eines legitimen Aufschubs<br />
verschaffen. Meine Kommilitonin<br />
Nilo, die auch ihre Masterarbeit schreibt, erkennt<br />
plötzlich ungeahnte Gefahren in ihrer<br />
Wohngemeinschaft. Fünf Jahre lang hat sie<br />
nie hinter der Waschmaschine geputzt. Nun<br />
vermutet sie an dieser Stelle einen ganz gemeinen<br />
Allergieherd. Mittlerweile ist es dort<br />
richtig sauber. Beide gehen wir viel zu häu g<br />
einkaufen. Wir verbringen mehr Zeit mit<br />
<strong>Job</strong>s anstatt weiterzuschreiben. Diese Tätigkeiten<br />
fühlen sich zwar sinnvoll an. Trotzdem<br />
bekommen wir ein schlechtes Gewissen.<br />
Denn eigentlich ist das alles nur Verzögerungstaktik.<br />
Wir treffen uns in der Bibliothek<br />
wieder.<br />
PHASE 4 – TRAURIGKEIT<br />
Die Ungebundenheit während meiner Studienjahre<br />
wird mir fehlen, wenn ich fertig bin.<br />
Aber Student auf Lebenszeit sein, das ist keine<br />
Alternative. Auch wenn es wehtut: Ich reduziere<br />
meine Verabredungen und lehne<br />
Einladungen von Freunden ab. Nun muss ich<br />
wirklich vorankommen. Die Masterthese ist<br />
ein kompliziertes Stück Arbeit. Mir wird<br />
ganz elend zumute, wenn ich an all die Details<br />
denke, die noch zu erledigen sind. Es<br />
geht nicht, ohne dass ich mich zwinge. Eine<br />
Bekannte zum Beispiel stellt gerade ihre<br />
Doktorarbeit fertig und hat jede Menge Erfahrung<br />
mit „Ausweichtätigkeiten“. Nun lagert<br />
sie ihr Essen im Büro. Wenn sie frühstücken<br />
will, muss sie an ihren Arbeitsplatz<br />
gehen. Und kann nach Müsli und Kaffee sofort<br />
weiterpromovieren.<br />
PHASE 5 – RUHE<br />
Irgendwann ist man drin im Thema, und dann<br />
ergibt plötzlich alles einen Sinn. Ich verstehe,<br />
wie mein Studium und meine Forschungsarbeit<br />
zusammenhängen. Nun will ich an allem<br />
bisher Aufgeschriebenen noch etwas ändern:<br />
Die Zusammenfassung des Forschungsstands<br />
lässt sich doch noch klarer formulieren. Meine<br />
Daten geben doch noch mehr Möglichkeiten<br />
zur Interpretation her. Auf mir unerklärliche<br />
Weise scheine ich meinen Frieden mit<br />
der Masterarbeit gemacht zu haben. Zwei<br />
Wochen bleiben noch bis zur Deadline. Was<br />
nach der Abgabe kommt? Ich weiß es nicht.<br />
Aber ich bin ganz ruhig.
LINKS: BODY, HARNESS, SEIDENKLEID UND STRAPSE VON DSTM / dont-shoot-the-messengers.com<br />
HANDSCHUHE UND PUMPS VON MIU MIU HALTERLOSE STRÜMPFE VON FALKE<br />
OBEN UND VORHERIGE DOPPELSEITE: SHIRT VON MAHRENHOLZ / nicolemahrenholz.com KLEID VON CALVIN KLEIN COLLECTION
Es zehrt an den Nerven,<br />
wenn du ganz allein für deinen<br />
Kontostand verantwortlich bist.<br />
Ein Erfahrungsbericht.<br />
VON MICHÈLE LOETZNER / TEXT<br />
Mein ein Kopf brummt, in meinen Beinen und Armen klebt<br />
ein zäher Gliederschmerz, mein Blick wandert über die<br />
vielen bunten Tische, an denen fröhliche, sonnenbebrillte<br />
Menschen an ihren (vermaledeiten) Latte macchiatos und<br />
Apfelschorlen nippen. Die zwei Teller in meiner linken<br />
Hand wiegen gefühlte zwanzig Kilo, dabei liegen nur<br />
schnöde Schnitzel drauf. Der Kellnergeldbeutel an meiner<br />
Hüfte zieht mich gen Boden. Weiche Knie. Meine<br />
Nase läuft. Mein Hals fühlt sich an wie zusammengekleistertes,<br />
halb feuchtes Küchenpapier. Ich will heim. Sofort.<br />
Leider geht das nicht.<br />
Während alle anderen den ersten Frühlingstag genießen,<br />
habe ich mich trotz Erkältung zu meinem Kellnerjob geschleppt.<br />
Meine Eltern unterstützen mein Studentenleben,<br />
indem sie einen Teil meiner Miete zahlen, für den Rest<br />
muss ich selbst aufkommen. Das ergibt an diesem Morgen<br />
folgende Gedankenkette: Eine Schicht macht achtzig<br />
Euro. Achtzig Euro haben oder nicht haben — scheiss auf<br />
die Erkältung, ab ins Café. Der Monat ist erst halb rum,<br />
und auf dem Konto be be ndet sich ein höhnisch winziger<br />
Betrag.<br />
An solchen und an vielen anderen Tagen während meines<br />
Studiums habe ich mich in die Arbeit geschleppt, auch<br />
wenn ich ins Bett gehört hätte. Um Geld zu sparen, habe<br />
ich nachts Gewaltmärsche absolviert. Ein Taxi wäre zu<br />
teuer gewesen. Ich habe Brot mit Senf oder Nudeln mit<br />
Ketchup gegessen, weil der Kühlschrank genauso leer wie<br />
das Konto war. Wie viele Nächte ich rechnend im Bett lag,<br />
will ich nicht zählen.<br />
So oder ähnlich geht es vielen deutschen Studenten. Im<br />
vergangenen Wintersemester waren mehr als zweieinhalb<br />
Millionen eingeschrieben, die meisten von ihnen haben<br />
laut Umfragen weit weniger als 900 Euro pro Monat zur<br />
Verfügung. In einer Stadt wie München, Hamburg oder<br />
Frankfurt ist das ein lächerlicher Betrag, schon allein wegen<br />
der Mietkosten. BAföG oder Studienkredite sind da<br />
24 jetzt UNI&JOB N o 02/13<br />
s o R g e<br />
ein Tropfen auf den heißen Stein. Wer nicht gerade Papas<br />
Kreditkarte Gassi führt, geht arbeiten, nachts und am<br />
Wochenende, andere Zeiten lassen die straffen Bachelor-<br />
und Masterstundenpläne kaum zu. So ndet man sich bei<br />
den beklopptesten Geldbeschaffungsmaßnahmen wieder.<br />
Einer meiner Kommilitonen zerlegte nachts im Schlachthof<br />
Schweine. Auch im Sommer steht er im Kühlhaus.
Einmal stieg er mit gefrorenen Fleischresten am Schuh<br />
übermüdet in das Auto seiner Eltern. Es war ein heißer<br />
Tag, und bald entstand im Auto ein bestimmter Geruch.<br />
Eine andere Kommilitonin besorgte sich ihr Geld auf<br />
Erotikmessen. Als Hostess. Das hielt die fettwanstigen<br />
Soziopathen dort trotzdem nicht davon ab, sie anzugrabschen.<br />
Die Nächste verteilte Flyer, im tiefen Winter und<br />
im tollsten Sommer. Bei allen wurden die privaten Aktivitäten<br />
gegen Ende des Monats immer weniger. Weil das<br />
Geld aus, aber noch so viele Tage übrig waren.<br />
Viele Abiturienten überlegen, ob sie überhaupt studieren<br />
sollen. Denn eine Hochschulausbildung ist mit massiven<br />
persönlichen Entbehrungen verbunden. Vielen Studenten<br />
widerstrebt es, dafür einen Kredit oder BAföG zu<br />
beantragen. Ich kann das völlig verstehen. Ich habe selbst<br />
zwei Semester BAföG bezogen. Der administrative Aufwand<br />
erinnerte an Asterix auf der Suche nach dem Passierschein<br />
A 39 in Asterix erobert Rom. Für die 116 Euro,<br />
die ich dann pro Monat bekam, lohnte weder die Regenwaldabholzung<br />
für das Papier noch das Termintheater.<br />
Also wieder zwei Kellnerschichten mehr. Das Geld wurde<br />
da cash ausgezahlt. Ich verwahrte es in einer Schachtel<br />
neben meinem Bett, bis mich eine Mitbewohnerin in meiner<br />
runtergekommenen Fünfer-WG beklaute. Eine Zeit<br />
lang aß ich wieder Ketchupnudeln und lag vor allem während<br />
der Prüfungsphase nächtelang wach. Nicht wegen<br />
der Tests, sondern weil ich wusste, dass ich während der<br />
Lernzeit nicht zum Arbeiten kam. Ich habe Germanistik<br />
studiert und viele Nächte mit Rechnen verbracht. Tagsüber<br />
musste ich mich dann zwischen Mittagessen oder<br />
Kopierkarte entscheiden.<br />
Klar gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Geldprobleme<br />
in den Griff zu bekommen. Ein Haushaltsbuch oder<br />
ein Monatsplan sind ein Anfang. Ich habe mir eine Zeit<br />
lang für jede Woche sechzig Euro in den Geldbeutel gesteckt.<br />
Das musste reichen.<br />
Natürlich formt Sparzwang den Charakter. Man schätzt<br />
Geld und Wohlstand viel mehr, wenn man Entbehrungen<br />
ertragen musste. Aber man will doch nur eine gute Ausbildung<br />
absolvieren. Muss das mit so viel Belastung verbunden<br />
sein? Zwischendurch stellt man dieses Lebensmodell<br />
schwer infrage und beneidet dann doch die<br />
früheren Mitschüler, die lieber gleich eine Lehre gemacht<br />
haben. Hier aber jetzt die gute Nachricht: Irgendwann<br />
wird es anders. Verdientermaßen.<br />
MANTEL UND ROCK VON PRADA / prada.com ANKLEBOOTS VON ACNE / acnestudios.com STRUMPFHOSE UND SÖCKCHEN VON FALKE / falke.de<br />
Berufsbegleitend<br />
studieren an der HFH<br />
in Ihrer Nähe.<br />
Die HFH bietet Ihnen an über 40 Studienzentren in<br />
Deutschland, Österreich und der Schweiz die Möglich<br />
keit eines wohnortnahen und berufs beglei ten den<br />
Studiums mit anerkannten Bachelor- und Master-<br />
Abschlüs sen in den Bereichen Gesundheit und Pflege,<br />
Tech nik sowie Wirtschaft und Recht.<br />
10.000 Studierende und mehr als 4.000 Absolventen<br />
sind Ausdruck des Vertrauens in unser bewährtes<br />
Fernstudienkonzept.<br />
Fordern Sie jetzt kostenlos<br />
Ihre Studienführer an.<br />
Infoline: 040 / 350 94 360<br />
(mo.-do. 8-18 Uhr, fr. 8-17 Uhr)<br />
www.hfh-fernstudium.de
Geduld<br />
Im Studium entscheidet manchmal ein Brief über<br />
die Zukunft. Das Warten darauf kann die Hölle sein,<br />
sagt Johannes. Hier erzählt er, wie er vom Ergebnis<br />
seines ersten juristischen Staatsexamens erfuhr.<br />
VON CHARLOTTE HAUNHORST / PROTOKOLL<br />
26 jetzt UNI&JOB N o 02/13<br />
MONTAG, 11. FEBRUAR In dieser Woche<br />
muss der Brief vom Landesprüfungsamt<br />
kommen. Zwei Wochen vor den mündlichen<br />
Prüfungen, allerspätestens. So steht es zumindest<br />
in der Prüfungsordnung, eine spätere<br />
Ladung wäre nicht rechtens. Vor vier Monaten<br />
habe ich mich zum letzten Mal mit so<br />
was auseinandergesetzt. Da waren die schriftlichen<br />
Examensprüfungen. Bis Weihnachten<br />
bin ich noch recht ruhig geblieben. Mit dem<br />
neuen Jahr kommt allerdings die Anspannung.<br />
Ich will wieder mit dem Lernen anfangen,<br />
für den Fall, dass ich wirklich zur mündlichen<br />
Abschlussprüfung zugelassen werde.<br />
Klappt aber nicht. Es ist zu schwer, sich zu<br />
motivieren, wenn man gar nicht weiß, ob die<br />
Prüfung überhaupt statt ndet. In dieser Woche<br />
bleibe ich also zu Hause und warte auf<br />
die Post. Eigentlich ist mir schon klar, dass<br />
heute nichts kommt – keine Behörde verschickt<br />
am Wochenende Briefe. Ich behalte<br />
recht: Der Briefkasten bleibt leer.<br />
DIENSTAG Auch heute wieder nichts in der<br />
Post. Abends kommt ein Schock: Eine Freundin<br />
ruft an und fragt nach meiner Note. Sie<br />
selbst hat das Examen schon vor zwei Jahren<br />
nach nur sieben Semestern Studium locker<br />
bestanden. Ich habe mir zehn Semester Zeit<br />
gelassen und nde, dass ich damit noch ganz<br />
gut dastehe. Es gibt immerhin auch Leute, die<br />
erst nach zwanzig Semestern schreiben. „Ich<br />
hab noch nichts bekommen. Wie kommst du<br />
drauf?“, frage ich sie. Ich bin nervös und habe<br />
Angst, eine wichtige Info verpasst zu haben.<br />
Sie erzählt, dass Freundinnen von ihr heute<br />
den Brief erhalten hätten. Keine von ihnen hat<br />
die Vier-Punkte-Grenze geknackt, an der sich<br />
alles entscheidet. Sie sind durchgefallen. Ein<br />
Gedanke durchzuckt mich: Vielleicht ist das ja<br />
ein gutes Zeichen, und ich habe bestanden?<br />
Irgendwer muss schließlich durchkommen.<br />
Das Bundesland hat doch kein Interesse daran,<br />
dass möglichst viele durchfallen. Das spräche<br />
ja nicht gerade für ein faires Examen. Andererseits<br />
– vielleicht verstehe ich auch einfach<br />
die Denkweise dieser Prüfungsämter nicht.<br />
Manche bilden sich ja ein, eine hohe Durchfallquote<br />
werte den Abschluss auf. Das Examen<br />
im vergangenen Jahr el schon katastrophal<br />
aus. Wir hatten uns in der Folge Hoffnung<br />
gemacht, dass es dieses Jahr leichter wird. War<br />
offenbar eine falsche Annahme. Ich lege den<br />
Hörer auf und will möglichst schnell meine<br />
Kommilitonen fragen, wer schon Post hat.<br />
Den Rest des Abends hänge ich am Telefon.<br />
Über ein paar Ecken höre ich von weiteren<br />
Leuten, die durchge ogen sind. Andere, wie<br />
mein Kumpel Gustav, haben auch noch nichts<br />
bekommen. Bestanden hat bisher, soweit ich<br />
das überblicke, niemand. Meine Familie will<br />
mir am Telefon einreden, dass das doch eigentlich<br />
gute Nachrichten sind. Ich versuche,<br />
nicht zu optimistisch zu werden. Die Enttäuschung<br />
am Ende wäre einfach zu groß.
MITTWOCH Gustav ruft an. Statt des Postboten<br />
ging heute zufällig unser Repetitor an seinem<br />
Haus vorbei, er hat ihn abgefangen. Der<br />
Repetitor hat uns das vergangene Jahr über<br />
auf das Examen vorbereitet. Er sagt, dass es<br />
dieses Semester besonders schlecht ausgefal- ausgefallen<br />
sei. Viele haben bereits angekündigt,<br />
Rechtsmittel einzulegen, er muss das alles bearbeiten.<br />
Als Gustav ihm erzählt, dass wir<br />
noch nichts bekommen haben, sagt er direkt,<br />
wir sollten uns keine falschen Hoffnungen<br />
machen. Beim Landesprüfungsamt gingen<br />
bisher immer alle Briefe gleichzeitig raus.<br />
Das war es dann mit dem Optimismus. Wir<br />
haben nun eine neue Theorie: Höhere Semester<br />
haben mal gesagt, dass nicht alle Briefe<br />
mit der Deutschen Post, sondern manche<br />
auch mit privaten Kurieren versandt werden.<br />
Vielleicht sind die langsamer? Vielleicht<br />
müssen auch die Briefe von denen, die bestanden<br />
haben, per Einschreiben verschickt<br />
werden — das würde Zeit brauchen. Diese<br />
Möglichkeiten führen dazu, dass ich nun<br />
auch nachmittags auf den Briefträger warte.<br />
Schließlich haben private Unternehmen oft<br />
andere Lieferzeiten. Am Ende des Tages ist<br />
trotzdem nichts da.<br />
DONNERSTAG Mein Bett steht in meinem<br />
WG-Zimmer direkt am Fenster. Wenn ich<br />
daraufstehe, kann ich die Straße drei Stockwerke<br />
tiefer perfekt beobachten. Ich stehe<br />
den ganzen Tag auf dem Bett und glotze raus.<br />
Nur zum Rauchen gehe ich ab und an ins<br />
Wohnzimmer. Mein Zigarettenkonsum hat<br />
sich in dieser Wartezeit noch einmal stark erhöht.<br />
Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich<br />
sei. Ich muss dringend aufhören, wenn<br />
das hier alles vorbei ist.<br />
Egal, wie viel ich nach draußen starre, kein<br />
Briefträger. Trauen die sich nur ran, wenn<br />
man wegschaut? Ab und zu mache ich einen<br />
Statusabgleich mit Gustav, der wartet ja genauso<br />
wie ich. Er hat mittlerweile versucht,<br />
das Prüfungsamt telefonisch zu erreichen. Da<br />
hebt nicht mal jemand ab. Die Mittagszeit ist<br />
mittlerweile um. Über Gustav höre ich das<br />
Gerücht, jemand habe das Amt erreicht. Die<br />
behaupten angeblich, alle Briefe seien gleichzeitig<br />
rausgeschickt worden. Das hat auch der<br />
Repetitor gesagt. Aber dann müsste doch<br />
mittlerweile was da sein, oder? Meine Theorien<br />
variieren zwischen „Der Brief ging verloren“<br />
und „Vielleicht wurden die Briefe nach<br />
dem Alphabet geordnet“. Das ergibt für mich<br />
allerdings keinen richtigen Sinn, mein Nachname<br />
beginnt mit H. Die werden ja nicht erst<br />
den Anfang und dann das Ende des Alphabets<br />
verschicken — und sich die Mitte für den<br />
Schluss aufheben. Kurzzeitig will ich doch<br />
daran glauben, dass es einfach ein gutes Zeichen<br />
ist. Aber dann fällt mir wieder der Repetitor<br />
ein.<br />
FREITAG Ich versuche, möglichst lange zu<br />
schlafen, weil ich dann nicht so lange warten<br />
muss. Funktioniert tatsächlich auch bis um<br />
neun. Danach starre ich wieder raus. Das Telefon<br />
klingelt. Es ist Gustav. „Du hast bestanden!“,<br />
brüllt er. Ich verstehe gar nichts mehr.<br />
Bei ihm war der Briefträger schon (genau in<br />
dem Moment, als Gustav nicht aus dem Fenster<br />
schaute). Neben den Noten bekam er eine<br />
Ladung zur mündlichen Prüfung. Mein Name<br />
steht in seiner Prüfungsgruppe. Ich kann es<br />
nicht glauben. Ich lege auf, hüpfe durchs<br />
Zimmer und zurück auf das Bett, auf dem ich<br />
in den vergangenen Tagen immer stand. Rufe<br />
meine Familie an, Freunde. Bin krass erleichtert.<br />
Darüber verpasse ich, natürlich, den<br />
Briefträger. Als ich eine halbe Stunde später<br />
rausgehe, liegt was im Kasten. Ich reiße den<br />
Umschlag noch auf dem Weg zur Wohnung<br />
auf. Meine Noten. Hui, das war knapp. Der<br />
Rest ist Freude.<br />
BLUSE VON COS / cosstores.com SWEATER VON MONKI / monki.com BLAZER VON ACNE / acnestudios.com JACKE VON HERMÈS / hermes.com<br />
JEANS VON CHEAP MONDAY / cheapmonday.com<br />
jetzt UNI&JOB N o 02/13 27
DIPLOMA A<br />
Private staatlich anerkannte Hochschule<br />
mit bundesweiten Studienzentren<br />
MBA Bachelor Master<br />
Berufsbegleitendes Studiumm<br />
mit Präsenz- oder Onlinevorlesungen rlesungen<br />
.<br />
(auch während einer Ausbildung<br />
möglich) oder Vollzeitstudium in<br />
Berlin und Bad Sooden-Allendorf<br />
Studienangebot:<br />
Physiotherapie*, Ergotherapie*,<br />
Logopädie*, MBA*, *in Vorbereitung<br />
BWL, Wirtschaftsrecht, Medien,<br />
Wirtschaftsingenieurwesen,<br />
Wirtschaftsinformatik, Design,<br />
Tourismus, Mechatronik,<br />
Medizinalfachberufe, Frühpädagogik<br />
05722 / 28 69 97 32 www.diploma.de<br />
DESIGNU5WERBUNGU5AUSBIlDUNG<br />
MEDIENU5GRAFIKU5IllUSTRATION<br />
U5ADCU5CANNESU5REDDOT U5GWA<br />
U5ART-DIRECTIONU5ZUKUNFTU5IDEE<br />
ERFAHRUNGU5lEISTUNGU5DESIGN<br />
Akademie U5<br />
Einsteinstraße 42<br />
81675 München<br />
Tel.: 089.4750-56/-57<br />
www.akademie-u5.de<br />
Studieren und gleichzeitig Journalist/in<br />
werden? Mehr Infos unter www.ifp-kma.de.<br />
Erscheinungstermin:<br />
13. Schwerpunktthema:<br />
Mai 2013<br />
Schwerpunktthema:<br />
Mittelstand/<br />
Mittelstand Hidden Champions<br />
/<br />
Hidden Champions<br />
Erscheinungstermin:<br />
Ein Heftüber dasArbeiten auf dem<br />
Land, über Pendler und die Frage,<br />
11. wie man November Lebens- und Arbeits- 2013<br />
qualität vereint.<br />
Schwerpunktthema:<br />
Gesundheit Erscheinungstermin: und<br />
Wohlbefinden 13. Mai 2013 im <strong>Job</strong><br />
Anzeigenschluss:<br />
12. April 2013<br />
Kontakt:<br />
Kontakt:<br />
<strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
<strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
Frau Melanie Pala<br />
Frau Melanie Pala<br />
Telefon (089) (089) 2183-8375 2183-8375<br />
E-Mail:<br />
stellen-anzeigen@sueddeutsche.de<br />
DANIEL, 20 DOMINIKA, 25 MARLEN, 24<br />
ROBERT, 21 LASSE, 21 MARVIN, 23<br />
Ein paar Menschen behaupten ja, sie hätten ein Gespür für andere.<br />
Sie könnten gleich und auf den ersten Blick sagen,<br />
wie es jemandem geht, mehr noch: wie sich jemand fühlt.<br />
Bist du auch so sensibel? Versuch dein Glück, und errate<br />
die Gefühlszustände dieser sechs Menschen!<br />
VON KIM KEIBEL / FOTOS<br />
RÄT<br />
Wie W fühlen
SEL<br />
die sich?<br />
FROH<br />
WÜTEND<br />
TRAURIG<br />
GLÜCKLICH<br />
NACHDENKLICH SAUER<br />
Die Aufl ösung des Rätsels fi ndest du online auf www.jetzt.de/fühlen<br />
Master Messe<br />
3.Mainz<br />
/ Freitag, 21. Juni 2013<br />
/ 12:00 – 17:00 Uhr<br />
/ Ort: Fachhochschule Mainz<br />
/ Eintritt frei<br />
/ www.mastermessemainz.com<br />
/Veranstalter:
Studieren,<br />
allein.<br />
VON NADJA SCHLÜTER / TEXT<br />
KLEID VON AUGUSTIN TEBOUL / augustin-teboul.com<br />
Das Schönste an meinem Studium war das Gebäude. Das<br />
mag vielleicht tragisch klingen, ist es aber nicht, wenn<br />
man bedenkt, dass es ein herausragend schönes Gebäude<br />
war, in dem ich meine Seminare besucht, meine Klausuren<br />
geschrieben und meine Referate gehalten habe. Ein<br />
altes, kurfürstliches Schloss mit einem großen Park davor<br />
und mit riesigen Fenstern, durch die immer mehr Licht<br />
hereinzukommen schien, als draußen überhaupt vorhanden<br />
war. So ein Gebäude war das.<br />
Leider war es auch sehr verwirrend. Dritter Stock war<br />
zum Beispiel nicht unbedingt gleich dritter Stock. Wenn<br />
man die falsche Treppe nahm, landete man unter Umständen<br />
in einem ganz anderen Flügel als geplant, und<br />
dann gab es keinen Durchgang in den anderen Teil. Man<br />
musste also wieder runter und die richtige Treppe suchen<br />
oder auf einen Wink des Schicksals hoffen, der einem einen<br />
geheimen Übergang in den anderen Gebäudeteil<br />
wies. Manchmal hatte ich das Gefühl, mich in Hogwarts<br />
zu be nden, wenn ich die Treppe, die ich beim letzten<br />
Mal genommen und die mich an den richtigen Zielort geführt<br />
hatte, einfach nicht mehr nden konnte. Oder wenn<br />
ich vor dem Lageplan des Hauptgebäudes stand und trotz<br />
aller Anstrengung nicht verstand, wie dieser eine Raum<br />
dort, bitte schön, zu erreichen sein sollte. Ich kann mich<br />
nicht mehr genau erinnern, aber ich bin mir ziemlich sicher,<br />
dass ich im ersten Semester mindestens einmal ein<br />
Seminar nur geschwänzt habe, weil ich den Raum nicht<br />
nden konnte.<br />
Dass ich mich im <strong>Uni</strong>gebäude verirrte, lag nicht allein an<br />
meinem extrem schlechten Orientierungssinn, der mich<br />
sogar im eigenen Viertel immer wieder in die Irre führt.<br />
Es lag vor allem auch daran, dass ich ihn nicht mithilfe<br />
der Schwarmintelligenz ausgleichen konnte. An der <strong>Uni</strong><br />
hat man nicht mehr den Pulk bekannter Mitschüler, an<br />
den man sich halten kann und in dem irgendeiner zum<br />
Schuljahresbeginn schon wissen wird, wo es langgeht. Jedes<br />
Semester standen auf dem Stundenplan neue Räume,<br />
in denen man mit neuen Menschen sitzen würde, die zu<br />
unterschiedlichen Zeiten und aus unterschiedlichen Richtungen,<br />
aus einem anderen Raum, dem Park oder von zu<br />
Hause dorthin kamen. Da war niemand, dem man hinterherlaufen<br />
konnte, zumindest die ersten drei oder vier Wochen<br />
nicht. Und manchmal auch für immer nicht.<br />
Wenn ich an der <strong>Uni</strong> etwas gelernt habe, dann ist es das:<br />
mich allein zu verlaufen, allein wieder zurechtzu nden,<br />
allein anzukommen und allein wieder zu gehen. Und ich<br />
glaube, dass ich nicht die Einzige bin, sondern dass im<br />
besten Falle jeder an der <strong>Uni</strong> lernt, sein eigenes Ding zu<br />
machen: allein in der P ichtvorlesung zu sitzen, ein Buch<br />
auf den Knien; sich im Seminar zu melden und zu widersprechen,<br />
ohne Rückhalt durch einen vertrauten Nebensitzer;<br />
sich scheinbar rettungslos in einem Hausarbeitsthema<br />
zu verrennen und niemanden zu haben, der das<br />
gleiche Thema bearbeitet und einem heraushelfen kann.<br />
All das ist ein bisschen wie verloren auf dem Treppenabsatz<br />
im dritten Stock stehen und merken, dass das ein anderer<br />
dritter Stock ist, als man dachte. Aber dann wuselt<br />
man sich durch und kommt doch noch irgendwo an. Findet<br />
den Raum beim nächsten Mal schneller, wählt das<br />
Hausarbeitsthema weiser, hat ein Gespür dafür bekommen,<br />
neben wem es sich gut sitzt.<br />
Vielleicht war das Schönste an meinem Studium doch<br />
nicht das Gebäude. Sondern dieses Gefühl, dass am Ende<br />
alles hinhauen wird. Dass da immer irgendwo riesige<br />
Fenster sind, durch die Licht reinkommt.<br />
IMPRESSUM jetzt UNI&JOB Eine Verlagsbeilage der <strong>Süddeutsche</strong>n <strong>Zeitung</strong> im April 2013 Verlag <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> GmbH, Hultschiner Straße 8,<br />
81677 München, Tel. 0 89 / 21 83 - 0 Chefredakteur Kurt Kister Verantwortlich im Sinne des Presserechts Dirk von Gehlen Redaktion Peter Wagner<br />
Art Director Joanna Swistowski Schlussredaktion Isolde Durchholz Anzeigen (verantwortlich) Jürgen Maukner<br />
Kontakt Tel. 0 89 / 21 83 - 82 73, stellen-anzeigen@sueddeutsche.de Anzeigenpreise unter http://mediadaten.sueddeutsche.de/sonderthemen/jetzt_schulejob_unijob<br />
Repro Compumedia GmbH, Elsenheimerstraße 59, 80687 München Druck Firmengruppe APPL, PRINT.Forum Druck GmbH, Neulandstraße 40, 74889 Sinsheim<br />
Der Verlag übernimmt für unverlangt eingesandte Unterlagen keine Haftung. Das Papier des Magazins jetzt UNI&JOB wird aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff hergestellt.<br />
Bei Nichterscheinen durch höhere Gewalt oder Streik kein Entschädigungsanspruch. Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Zeitschrift und<br />
aller in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages<br />
unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. Insbesondere ist eine Einspeicherung oder Verarbeitung der auch in<br />
elektronischer Form vertriebenen Zeitschrift in Datensystemen ohne Zustimmung des Verlages unzulässig.<br />
Veröffentlichung gemäß Art. 8 Abs. 3 Bayerisches Pressegesetz Alleinige Gesellschafterin der <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> GmbH ist die <strong>Süddeutsche</strong>r Verlag GmbH,<br />
München. An dieser sind beteiligt: Südwestdeutsche Medien Holding GmbH, Stuttgart: 81,25 %; SV Friedmann Holding GmbH, Grünwald: 18,75 %.
Mit Teamgeist groß geworden?<br />
MAKE GREAT THINGS HAPPEN<br />
Perspektiven für Studenten und Absolventen: Selbst die schönste<br />
berufliche Herausforderung verliert ihren Charme, wenn das Umfeld<br />
nicht stimmt. Deshalb setzen wir bei Merck auf eine Atmosphäre<br />
des kollegialen Miteinanders. Gegenseitige Anerkennung motiviert<br />
mehr als egoistisches Konkurrenzdenken. Bei der Zusammenstellung<br />
unserer Teams zählt daher neben fachlicher Exzellenz genauso die<br />
persönliche Kompetenz. Verstehen Sie sich als Mannschaftsspieler, ist<br />
das eine hervorragende Basis – für gemeinsamen Erfolg.<br />
come2merck.com
Wie könnten Sie Ihrem Studium wahre Größe verleihen?<br />
Indem Sie über Dinge nachdenken, über die noch keiner nachgedacht hat<br />
Wenn Sie eine Abschlussarbeit über das höchste Gebäude der Erde schreiben<br />
Mit einem Praktikum über Naturgefahren in touristischen Ballungszentren<br />
Durch eine Diskussion mit Ärzten, Ingenieuren und Seismologen<br />
Mit drei der vier genannten Punkte<br />
Haben Sie Lust, mit uns Projekte von globaler Tragweite zu bewegen? Als einer der<br />
führenden Rückversicherer der Welt durchleuchten wir Risiken aller Art und sichern<br />
sie ab. Ob Großbauprojekte, Klimawandel oder Raumfahrt: Absolvieren Sie Ihre ersten<br />
Schritte ins Berufsleben in vielfältigen Themenfeldern, die die Menschheit heute<br />
und in Zukunft bewegen. Profitieren Sie vom Wissen und Netzwerk unserer Mitarbeiter<br />
und legen Sie bereits während des Studiums den Grundstein für eine erfolgreiche<br />
berufliche Zukunft.<br />
Wie Sie sich schon als Student bei Munich Re einbringen können,<br />
erfahren Sie unter munichre.com/karriere