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world’s<br />
bestsounding<br />
magazine<br />
Ausgabe 2 • 2010<br />
Jahrgang 13<br />
<strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong><br />
Zurück zu den Wurzeln – oder: „Der Berg erscheint dem Bergsteiger aus der Ebene klarer.“<br />
Trombone Shorty<br />
Er spielt Posaune, seit er vier Jahre alt war. Wynton Marsalis ist sein größter Fan. Müssen Sie noch mehr wissen?<br />
<strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong><br />
Sein Quartet wird 25 und der einst so wilde Mann feiert das Jubiläum würdig, stilvoll und mit erstklassiger Unterstützung.<br />
B<br />
Außerdem: Norma Winstones erste drei Jazzplatten / Nikki Yanofskys erstaunliche Stimme /<br />
Ein Kessel Buntes von Till Brönner / Spirituelle Lehren von Charles Lloyd / Brian Culbertson<br />
wurde nicht ohne Seele geboren / Jerry Lee Lewis und ein paar alte Freunde / Ulrich Tukurs<br />
Ode an die Nacht und, und, und.<br />
News, Tourdaten und Neuerscheinungen jede Woche neu auf www.jazzecho.de
12. Internationales Festival<br />
für Jazz und Anderes<br />
Heidelberg Mannheim Ludwigshafen<br />
ECM 2165 CD 273 3485<br />
Kulturvision2015<br />
KEITH JARRETT / CHARLIE HADEN JASMINE<br />
ECM<br />
Festivalhighlights Sa 02.10. Manu Katché feat. Nelson Veras | So 03.10. Ein Abend mit Matthias Brandt | Mo<br />
04.10. Jan Garbarek und The Hilliard Ensemble | Do 07.10. Sophie Zelmani | Fr 08.10. Knut Rössler & Johannes<br />
Vogt | Fr 08.10. Henri Texier Transatlantik Quartet | Sa 09.10. Nik Bärtsch’s RONIN | Di 12.10. Tomasz Stanko<br />
Quintet | Do 14.10. Grace Kelly | Fr 15.10. Sarah Kaiser | Sa 16.10. Thomas Siffling, Daniel Prandl | Mo 18.10. Peter<br />
Evans Quintet | Mi 20.10. Morcheeba | Mi 20.10. Hazmat Modine | Fr 22.10. Esperanza Spalding | Sa 23.10. Rolf<br />
Kühn & TRI-O | So 24.10. Jan Bang, Arve Henriksen, Erik Honoré | Mo 25.10. Tineke Postma Quartet | Mi 27.10.<br />
Trombone Shorty | Fr 29.10. Oval | So 31.10. Bibi Tanga & The Selenites | So 31.10. Karl Berger All Star Quartet<br />
| Mo 01.11. McCoy Tyner Quartet feat. Gary Bartz | Di 02.11. Denis Colin & la Société des Arpenteurs | Di 02.11.<br />
Hindi Zahra | Mi 03.11. Acoustic Africa feat. Habib Koité, Oliver Mtukudzi, Afel Bocoum | Do 04.11. Youn Sun Nah,<br />
Ulf Wakenius | Fr 05.11. <strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong> Quartet West | Di 09.11. Roger Willemsen | Mi 10.11. Adrian Belew Power Trio<br />
| Fr 12.11. Chucho Valdés & The Afro-Cuban Messengers | Sa 13.11. Harold López-Nussa Trio | So 14.11. Fredrika<br />
Stahl | Di 16.11. Caribou | Di 16.11. Root 70 | Mi 17.11. Silje Nergaard | Do 18.11. Herbie Hancock | Fr 19.11. Brad<br />
Mehldau’s Highway Rider<br />
02. Oktober bis 19. November 2010<br />
Das komplette Programm unter www.enjoyjazz.de<br />
„These are great love<br />
songs played by players<br />
who are trying, mostly, to<br />
keep the message intact.<br />
I hope you can hear it<br />
the way we did.“<br />
Keith Jarrett, from his liner notes<br />
For All We Know / Where<br />
Can I Go Without You / No<br />
Moon At All / One Day I‘ll<br />
Fly Away / Intro - I‘m<br />
Gonna Laugh You Right Out<br />
Of My Life / Body And<br />
Soul / Goodbye / Don‘t<br />
Ever Leave Me<br />
www.keithjarrett.de<br />
www.ecm-sounds.de<br />
www.ecmrecords.com
Editorial<br />
Text: Astrid Kieselbach | Foto: Ben Wolf<br />
Liebe JazzEcho-Leser,<br />
einen Korb voll farbenfrohen Gemüses<br />
aus dem eigenen Garten ließ sie ihrem<br />
Nachbarn da, als sie sich neulich auf den<br />
Weg nach Europa machte. Das musste ja<br />
gegessen werden. Rote und gelbe Tomaten,<br />
Kürbisse, Melonen, Zwiebeln, Paprika<br />
– <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> hat uns in Berlin auf ihrem<br />
Laptop Fotos von ihrer Ernte gezeigt.<br />
Sehr eindrucksvoll. Da sind die eigenen<br />
Resultate im innerstädtischen Berliner<br />
Schrebergarten wohlweislich nicht mehr<br />
zur Sprache gekommen. In den Bergen<br />
von South Carolina wächst alles viel üppiger,<br />
damit kann man sich beruhigen.<br />
Oder liegt es doch an der Gärtnerin? <strong>Lizz</strong><br />
<strong>Wright</strong> ist umgezogen. Von Brooklyn in<br />
New York City hinaus aufs Land und in<br />
die Berge. Das Leben dort hat vollkommen<br />
andere Bezugspunkte. Daran muss<br />
es liegen, dass die Frau, die musikalisch<br />
ohnehin schon immer tief verwurzelt<br />
schien, nun endgültig bei sich selbst angekommen<br />
ist. Die Essenz von <strong>Lizz</strong><br />
<strong>Wright</strong>, ihre ureigene musikalische Aussage:<br />
Das ist es, was man auf „Fellowship“<br />
zu hören bekommt. Wer die Frau<br />
schon kennt, wird jetzt ahnen, worauf er<br />
sich freuen darf. Wer nicht, liest auf jeden<br />
Fall unsere Titelgeschichte ab Seite 6.<br />
Liebe Leser, im ereignisreichen Fußballsommer<br />
haben wir eine JazzEcho-<br />
Ausgabe ausgelassen. Wir wähnten Ihre<br />
Aufmerksamkeit in Südafrika. Wer<br />
wehmü tig an diese Wochen zurückdenkt,<br />
dem empfehlen wir ein temperamentvolles<br />
Souvenir: Die schönsten<br />
Tracks der südafrikanischen Trompetenlegende<br />
Hugh Masekela, geschmackvoll<br />
ausgesucht von Till Brönner.<br />
Mehr dazu unter www.jazzecho.de.<br />
Die Party muss nicht zu Ende sein!<br />
Ihre Astrid Kieselbach.<br />
Inhalt dieser Ausgabe<br />
Mix Prof. Jazz / Wirbel um ... Christian Scott / 5 Fragen an <strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong> / Norma Winstones erste Jazzplatte.<br />
Vielseitig verwurzelt <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> mit Gospelklassikern und neuen Spiritsongs.<br />
Get Shorty! Trombone Shorty spielt Posaune, seit er halb so groß war wie eine.<br />
Das Jazzhäkchen ist die ganz normal außergewöhnliche 16-jährige Sängerin Nikki Yanofsky.<br />
Wiedererkennbar bunt Was man im Englischen „eclectic“ nennt, heißt bei uns Till Brönner.<br />
From New York with Love James Gavin Liebeserklärung an den Pianisten Frank Chastenier.<br />
Spiegel ohne Raum und Zeit Und darin: Charles Lloyd.<br />
Voll auf die Zwölf Brian Culbertson bringt ein Dutzend Beweise, dass auch ein Weißer Soul haben kann.<br />
Fiesling mit Freunden Jerry Lee Lewis hat ein neues Album und viele alte Kumpel.<br />
Bärenmarke auf CD 35 Jahre Bear Family.<br />
Liebe, Drama, Wahnsinn diesmal vom Bassbariton Thomas Quasthoff.<br />
Mitternachtsspitze Ulrich Tukur besingt die ganze Nacht.<br />
Gut geflüstert, Löwe! Der einst so wilde <strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong> feiert 25-jähriges Bandjubiläum.<br />
Auf den Hund gekommen ist Paolo Conte auf dem Cover seines neuen Albums.<br />
Mitschwingen mit dem Anat Fort Trio. Und Minimale Module von Nik Bärtsch.<br />
Vollendet unvollendet ist Gustav Mahlers Zehnte Symphonie nach Matthew Herberts Interpretation.<br />
Shortcuts ausführlich und JazzEcho-Konzertführer diesmal ab<br />
Astrid Kieselbach<br />
Chefredakteurin<br />
Seite 4<br />
Seite 6<br />
Seite 8<br />
Seite 10<br />
Seite 11<br />
Seite 12<br />
Seite 14<br />
Seite 15<br />
Seite 16<br />
Seite 16<br />
Seite 18<br />
Seite 19<br />
Seite 20<br />
Seite 22<br />
Seite 23<br />
Seite 24<br />
Seite 25<br />
www.jazzecho.de 3
Der diensthabende<br />
Chefjazzer<br />
Professor Jazz<br />
beantwortet in jedem<br />
JazzEcho die<br />
interessantesten<br />
Leserfragen.<br />
Haben Sie auch eine?<br />
Dann schicken Sie<br />
diese bitte an:<br />
prof.jazz@jazzecho.de<br />
4 www.jazzecho.de<br />
Fragen Sie Prof. Jazz<br />
Neulich begegnete mir der „Gospel Blues“ von Blind Willie Johnson, was mich nicht<br />
nur musikalisch begeisterte, sondern auch überraschte, da ich bisher annahm, die beiden<br />
Musikstile wären diametral entgegengesetzt. Jetzt meine Frage: Gibt es auch<br />
„Gospel Jazz“? Mit freundlichem Gruß, Christian Mencke, Sottorf<br />
Ich glaube ja. Obwohl das Eis immer<br />
dann besonders dünn wird, wenn es um<br />
derartige Stilfragen geht, ist die Beweislast<br />
zum Thema „Gospel Jazz“ erdrückend.<br />
Nicht nur, weil viele<br />
der wichtigsten amerikanischen<br />
Jazzmusiker schon<br />
in der Wiege reichlich Gospel<br />
in ihrer musikalischen<br />
Nahrung hatten, kommen<br />
die „Guten Nachrichten“, (altenglisch<br />
„godspell“ als wörtliche<br />
Übersetzung des latinisierten griechischen<br />
Worts „evangelium“) und die<br />
geschlechterverkehrende „anstrengende<br />
Aktivität“ des kreolischen Wortes „Jass“<br />
Text: Jörg Eipasch | Foto: Kiel Scott<br />
Mit „Wade In<br />
The Water“ schaffte<br />
es ein „Gospel<br />
Jazz“ sogar in die<br />
Charts.<br />
Der Hurrikan Katrina hat 2005 nicht nur halb New Orleans<br />
zerstört, sondern in Christian Scott auch ein Ventil für<br />
seine lange schwelende Wut geöffnet. War das wenige Monate<br />
vor Katrina aufgenommene Debütalbum „Rewind That“ noch<br />
weitgehend unpolitisch und durchaus mainstreamkompati-<br />
bel, so schlug der junge Trompeter auf dem 2007 erschienenen<br />
Nachfolgealbum „Anthem“, das er seiner verwüsteten<br />
Heimatstadt widmete, schon deutlich radikalere Töne an. So<br />
richtig in Fahrt gekommen ist er aber erst auf seinem jüngsten<br />
Album „Yesterday You Said Tomorrow“. Da bezeichnet er die<br />
Polizeibehörden von New Orleans als „Ku Klux Police Department“<br />
und verspottet die Boykotteure von Obamas Reformpolitik<br />
als „The American’t“. Auch in Interviews gibt sich Scott,<br />
der – jung, schwarz, gutaussehend, originell und hochtalentiert<br />
– alles hat, um als Vorzeigemusiker der Jazzszene zu dienen,<br />
gerne rebellisch. Etwa, wenn er Jonathan Fischer im<br />
„Spiegel“ anvertraut, dass er George Bush vor fünf Jahren am<br />
liebsten die Kehle durchgeschnitten hätte oder dass er vieles<br />
von dem, was heute als Jazz firmiert, für „verweichlichte Musik“<br />
und „blutleere Fingerübungen“ halte. Wenn ihn konserva-<br />
oft und gern zusammen. Beste Beispiele<br />
finden sich etwa in Duke Ellingtons Suite<br />
„Black, Brown And Beige“, für die er mit<br />
Mahalia Jackson den „23rd Psalm“<br />
vertonte, oder auch im gesam-<br />
ten Œuvre des predigenden<br />
Saxophonisten Vernard<br />
Johnson. Mit Ramsey Lewis’<br />
Version von „Wade In The<br />
Water“ (einem Kirchenlied,<br />
mit dem sich die Sklaven diskret<br />
warnten, bei der anstehenden<br />
Flucht durch einen nahen Fluss zu<br />
waten, damit die Spürhunde keine Fährte<br />
aufnehmen konnten) fand sich sogar<br />
ein „Gospel Jazz“-Hit in den Charts wie-<br />
der. Mein persönlicher Favorit ist momentan<br />
„Steal Away: Spirituals, Hymns<br />
And Folk Songs“, das der im Mai verstorbene<br />
Pianist Hank Jones 1995 im Duo<br />
mit dem Bassisten <strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong> aufgenommen<br />
hat. (2011 erscheint mit „Come<br />
Sunday“ ein zweites Album der beiden<br />
postum.) Und natürlich das Album „Fellowship“<br />
von <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong>. Wie auch immer<br />
man diese Musik nennen mag, ich<br />
sage dazu nur: Halleluja!<br />
Wirbel um ... Christian Scott<br />
Christian Scott<br />
tive Jazzfans deswegen für ein „Arschloch“ halten, dann hat er<br />
damit auch kein Problem. Musste mit diesem Vorwurf doch<br />
einst auch sein großes Idol Miles Davis leben. Und in dessen<br />
Spuren wandelt Christian Scott mit jedem Album souveräner.<br />
www.christianscott.de
5 Fragen an <strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong><br />
Foto: Jim McGuire<br />
Was wären Sie geworden, wenn nicht<br />
Musiker? Humanistischer Psychologe.<br />
Der perfekte Song ... wartet auf einer<br />
Bergspitze auf seine Entdeckung.<br />
Das Leben könnte so schön sein,<br />
wenn … Politiker, Banker und CEOs nicht<br />
süchtig nach Geld wären.<br />
Meine erste Jazzplatte<br />
Norma Winstone über ihre dreifache Einführung in den Jazz.<br />
Foto: Glauco Comoretto<br />
eine erste Jazzplatte? Ich würde<br />
M lieber über meine ersten drei Jazzplatten<br />
schreiben. Ganz einfach deshalb,<br />
weil jede dieser Platten einen bestimmten<br />
Abschnitt in meiner Entwicklung<br />
markierte. Ohne sie würde ich heute<br />
nicht die Art von Jazz machen, die mir so<br />
wichtig ist.<br />
Meine Schallplattensammlung bestand<br />
anfangs überwiegend aus 78er<br />
Schellackscheiben von Sinatra. LPs kamen<br />
damals gerade erst auf den Markt.<br />
Ich ging noch zur Schule, arbeitete samstags<br />
als Ladenhilfe und sparte meinen<br />
Lohn, um mir einen dieser teuren Schätze<br />
leisten zu können. Anstatt Hausaufgaben<br />
zu machen, hörte ich Radio Luxembourg,<br />
dort spielten sie jeden Abend ein Stück<br />
von der LP „Ella And Louis“. Die Musik<br />
nahm mich vollkommen gefangen: nicht<br />
nur der Gesang, sondern auch die Pianobegleitung<br />
von Oscar Peterson, die sich<br />
darauf beschränkte, die Sänger zu unterstützen,<br />
und ihnen nie in den Weg kam.<br />
Die anderen Musiker waren Herb Ellis,<br />
Ray Brown und Buddy Rich, und es schien<br />
mir eine wunderbar subtile Aufnahme zu<br />
sein, die aber zugleich höllisch swingte.<br />
Von dieser Platte lernte ich viel darüber,<br />
wie man einen Jazzstandard singt.<br />
Es gibt nichts Schlimmeres als ...<br />
Es gibt immer etwas Schlimmeres, aber<br />
zum Glück gibt es auch immer etwas<br />
Besseres!<br />
Nicht ohne meinen ... Cappuccino!<br />
www.charliehaden.de<br />
Die nächste Platte war Dave Brubecks<br />
„Jazz Impressions of the U.S.A.“. Es galt<br />
fast schon als schick, mit der LP unterm<br />
Arm gesehen zu werden. Sie passte zum<br />
Haarschnitt der Collegeschüler und zu ihren<br />
italienischen Anzügen! Durch diese<br />
Platte wurde mir bewusst, dass Jazzmusiker<br />
eigene Kompositionen schrieben, die<br />
anders strukturiert waren als Standards.<br />
Ich las, dass diese Musiker improvisierten.<br />
Ich glaube, das hätte ich auch so gemerkt,<br />
allerdings waren Paul Desmonds Improvisationen<br />
so „mitsingbar“, dass sie auch<br />
ausnotiert hätten sein können. Ich hörte<br />
die Platte so oft, dass ich die Soli bald auswendig<br />
singen konnte. Zu diesem Zeit-<br />
Norma Winstone<br />
<strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong><br />
punkt hatte ich meine Gesangslaufbahn<br />
noch nicht begonnen, wusste aber schon,<br />
dass ich singen wollte. Nach dieser Platte<br />
war mir auch klar, dass ich nicht nur Standards<br />
singen wollte; sie eröffnete mir in<br />
meiner Fantasie neue Möglichkeiten.<br />
Die einflussreichste Platte aber war<br />
Miles Davis’ „Kind Of Blue“. Neben den<br />
tollen Soli von Coltrane und Adderley,<br />
die ich – leider vergeblich – zu singen<br />
versuchte, faszinierten mich die modalen<br />
Kompositionen, die so offen waren, dass<br />
ich es wagte, ganz eigene Soli auszuprobieren.<br />
Miles zu kopieren war nicht unmöglich,<br />
da er weniger Noten spielte.<br />
Bill Evans’ Akkorde klangen ein wenig<br />
nach Debussy. Solch eine Musik hatte ich<br />
noch nie zuvor gehört. Damals sang ich<br />
vor allem Standards, aber diese Platte<br />
ließ mich davon träumen, dass die Stimme<br />
auch einen Klang besaß, der hervorragend<br />
zu solcher Musik passen würde.<br />
Ich hatte keinen Schimmer, wo ich anfangen<br />
sollte, aber ich wusste, was nun<br />
mein Ziel sein würde: meine Stimme in<br />
jeder nur erdenklichen Musik als integralen<br />
Bestandteil einzubringen.<br />
www.ecm-sounds.de<br />
Norma Winstone<br />
Stories Yet To Tell<br />
ECM<br />
CD 273 7426<br />
www.jazzecho.de 5
<strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong><br />
Fellowship<br />
Verve<br />
CD 274 7090<br />
LP 275 1415<br />
erscheint am 08.10.<br />
6 www.jazzecho.de<br />
Vielseitig verwurzelt<br />
Für ihr viertes Album „Fellowship“ besinnt sich <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> auf ihre Wurzeln.<br />
Mit Gospelklassikern und neuen Spiritsongs von und mit Meshell Ndegeocello, Angélique Kidjo oder<br />
Joan As Police Woman.<br />
Text:<br />
I<br />
Götz Bühler | Foto: Shervin Lainez<br />
ch bekomme oft zu hören, ich sei ‚stilistisch so vielseitig’,<br />
man fragt mich: Wer oder was bist du eigentlich?“,<br />
erzählt <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> mit einer so bedachten, melodiösen<br />
Stimme, dass man sie schon sprechend förmlich singen hört.<br />
„Solche Fragen irritieren mich, denn in meiner Wahrnehmung<br />
passt alles ganz klar zusammen. Sicher, ich forsche gerne und<br />
probiere Dinge aus. Aber nur weil ich immer wieder und überall<br />
Gemeinsamkeiten entdecke.“ In allem, was sie sich zu eigen<br />
gemacht hat, erklärt <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong>, erkenne sie denselben Kern.<br />
Als ihr jemand zum Beispiel erklären wollte, was der Blues sei,<br />
sagte sie nach ein paar Takten: „Kenne ich aus der Kirche. Sie<br />
singen dort dieselben Changes, die gleichen Harmonien, mit<br />
einem sehr ähnlichen Gefühl.“ Soweit sie auch hinaus in die<br />
musikalische Welt gegangen sei und so breit ihr Weg auch gewesen<br />
ist, es gab immer ganz deutliche Anzeichen für den<br />
nächsten Schritt, schon bevor sie ihn machte.<br />
Auch der Weg zu ihrem neuen Album war für <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong><br />
klar: zurück zu den Wurzeln, zu ihren musikalischen Ursprüngen,<br />
ohne Umschweife in eine emotionale Kuschelecke. Die<br />
be findet sich für eine Künstlerin ihres Formats, die von der „New<br />
York Times“ bis zum „Jazz thing“ als große Jazz-Hoffnung gefeiert<br />
und trotzdem immer die Pfarrerstochter aus Hahira,<br />
Georgia, bleiben wird, vor allem im Gospel. „Manchmal muss<br />
man einfach die Lieder singen, die man mitbekommen hat“,<br />
sagt sie. „Ich habe tief in meinem Herzen gespürt, dass ich<br />
dieses Album auch für meine Familie machen muss – ohne dabei<br />
persönlich zu werden, das ist unnötig. Diese Lieder richten<br />
sich an sie, und ich singe sie für sie. Wenn man zeigen will, wie<br />
weit man gekommen ist, ohne sich selbst zu vergessen, macht<br />
man das am besten mit der Musik, die man von frühester<br />
Jugend an kennt. Diese Lieder brauche ich genauso sehr, wie<br />
ich meine Familie brauche.“ <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> sagt neben „family“<br />
auch oft „my people“, was bei ihr eindeutig zweideutig ist:<br />
Die Lieder von „Fellowship“ richten sich ebenso sehr an ihre<br />
Eltern und die Geschwister wie an die gesamte Schar der ihr<br />
Gleichgesinnten und an alle Afroamerikaner. In „I Remember,<br />
I Believe“, einer Komposition von Dr. Bernice Reagon, einer<br />
Bürgerrechtlerin und der Gründerin des legendären Gospel-<br />
Ensembles Sweet Honey In The Rock, heißt es: „I don’t know<br />
how my mother walked her trouble down, I don’t know how<br />
my father stood his ground, I don’t know how my people served<br />
by slavery … I do remember, that’s why I believe“. Diese Zeilen<br />
singt <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> so ruhig und eindringlich, dass es einem<br />
Schauer über den Körper jagt, noch oder gerade heute, fünfzig<br />
Jahre nach den Greensboro Sit-ins, der schwarzen Bürger-<br />
rechtsbewegung, und kurz vor dem Jubiläum der legendären<br />
Freedom Rides, die in den Südstaaten erst 1965 zu einem einigermaßen<br />
gerechten Wahlrecht für Afroamerikaner führten.<br />
„Fellowship“, das Album, ist eben auch eine Art „emotionales<br />
Politikum“. Immer wieder ruft es zum Zusammenhalt auf, zur<br />
titelgebenden „Gemeinschaft“ oder „Gemeinde“, ohne marktschreierisch<br />
zu sein oder den Zeigefinger zu erheben. So intensiv<br />
und universell wirkt <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong>s Mission, dass sie den<br />
Zuhörer auch jenseits von Konfessionen oder Glaubensfragen<br />
erreicht. Woran auch immer man glaubt, dem spannenden Auf<br />
und Ab des „Gospel Medley“, dem innigen „Amazing Grace“<br />
oder dem hypnotischen Chanting von „God Specializes“ kann<br />
und will man sich nicht entziehen. Man muss nicht mal glauben,<br />
fühlen reicht.<br />
<strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> findet ihren Gospel nicht nur in alten Gesangsbüchern.<br />
Im Gegenteil. Neben spirituellen Klassikern aus der<br />
Feder von Eric Clapton („Presence Of The Lord“) oder Jimi<br />
Hendrix („In From The Storm“), interpretiert diese Personifizierung<br />
des Wortbildes „down to earth“, diese Stimme der verzauberten<br />
Vernunft, auch Überraschendes aus dem aktuellen<br />
Pop-Kanon. Schon der Opener, ein Stück der Sängerin und<br />
Bassistin Meshell Ndegeocello, fasziniert mit einer sagenhaften<br />
Melodie und klaren Worten zu ewigen Fragen, irgendwo zwischen<br />
Folk-Funk und Bob Marley. Die Ballade „Feed The Light“,<br />
geschrieben von und gesungen mit Alt-Pop-Star Joan Wasser<br />
a.k.a. Joan As Police Woman, wirkt gleichermaßen harmonisch<br />
wie aufregend. Und beim kurzen „Oya“, einem Duett von und<br />
mit der Vokalistin Angélique Kidjo aus dem westafrikanischen<br />
Benin, braucht man nicht einmal Sprachkenntnisse, um den<br />
schönen Sinn zu begreifen. Aber wie passen diese neuen Lieder<br />
zu den alten Wurzeln? „Man könnte es meine neuen Wurzeln<br />
nennen“, meint <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> mit einem ironisch schmunzelnden<br />
Unterton. „Nach den vielen Konzerten und Strapazen des<br />
letzten Albums, habe ich mir eine Auszeit gegönnt – und eine<br />
Ausbildung am Natural Gourmet Institute in Manhattan gemacht.<br />
Das hat mich nicht nur erfrischend raus aus der Welt<br />
des Musikgeschäfts gebracht, es hat in mir auch das Bedürfnis<br />
nach neuer Musik geweckt.“ Stundenlang fuhr sie mit der Bahn<br />
zu ihren Koch- und Confiseriekursen in die Stadt und hörte dabei<br />
Musik, die ihr ihre langjährige Kollegin Toshi Reagon empfohlen<br />
hatte, dieselbe Singer/Songwriterin (und Tochter von<br />
Dr. Bernice Reagon), die jetzt dieses berührende, belebende<br />
und begeisternde „Fellowship“ gemeinsam mit dem Norah-<br />
Jones- und Cassandra-Wilson-Produzenten Brian Bacchus produziert<br />
hat.
„Der Berg erscheint dem Bergsteiger aus der Ebene klarer“,<br />
zitiert <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> den Dichter Khalil Gibran gegen Ende<br />
des Gesprächs. Was wohl auch sagen soll, dass sie ein paar Jahre<br />
fernab ihrer tiefen Gospel-Wurzeln verbracht hat, abgesehen<br />
von ihrer ewigen Zugabe „Amazing Grace“, und dadurch auch<br />
den Till Abstand Brönner gewinnen konnte, der sie diese Traditionen jetzt<br />
noch besser verstehen und natürlicher transportieren lässt.<br />
<strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong><br />
„Ich befinde mich momentan an einem sehr glücklichen, geerdeten<br />
Ort in meinem Leben“, sagt sie. „Ich verdanke meine<br />
neue Musik meinen Ahnen, und darüber bin ich sehr froh.”<br />
www.lizzwright.de<br />
<strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong><br />
1980<br />
Am 22. Januar erblickt<br />
die Pastorentochter in<br />
Hahira, Georgia, das<br />
Licht der Welt.<br />
1999<br />
Bisher für ihre<br />
christlichen Choräle<br />
preisgekrönt, begeistert<br />
<strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> das Publikum<br />
einer Jam-Session beim<br />
Atlanta Jazz Festival –<br />
darunter auch einen<br />
Talentscout von Verve.<br />
2001<br />
Im Rahmen eines „Billie<br />
Holiday Tributes“ in L.A.<br />
und Chicago stiehlt sie<br />
Lou Rawls und Dianne<br />
Reeves die Schau. „Sie<br />
kam als Unbekannte auf<br />
die Bühne“, schrieb Don<br />
Heckman für die „L.A.<br />
Times“. „Fünfzehn<br />
Minuten später ging sie<br />
als Star.“<br />
2003<br />
Ein Jahr nach ihrem<br />
Gastauftritt auf Joe<br />
Samples Album „The<br />
Pecan Tree“<br />
veröffentlicht Verve ihr<br />
Debütalbum „Salt“, das<br />
im Folgejahr Platz 2 der<br />
Billboard Contemporary<br />
Jazz Charts erreicht.<br />
2010<br />
Ihr viertes Album heißt<br />
„Fellowship“ und schlägt<br />
eine sehr persönliche<br />
Brücke von Gospel zu<br />
Pop – mit Gästen wie<br />
Meshell Ndegeocello<br />
und Angelique Kidjo.<br />
www.jazzecho.de 7
Get Shorty!<br />
Seit seinem vierten Lebensjahr heißt Troy Andrews<br />
nur Trombone Shorty.<br />
Gefeiert von Wynton Marsalis und<br />
Lenny Kravitz, zündet der inzwischen<br />
24-Jährige aus New Orleans jetzt<br />
seine Supafunkrock-Bombe.<br />
8 www.jazzecho.de<br />
Trombone Shorty
Text: Götz Bühler | Foto: Kirk Edwards<br />
s wäre eine Schande, wenn Troy Andrews etwas anderes<br />
E als Musiker geworden wäre. Geboren im Stadtteil Tremé<br />
in New Orleans, wo, wie er sagt, „Jazz erfunden wurde – mehr<br />
oder weniger“, imitierten Troy und seine Freunde schon im<br />
Kindergarten die Brass-Band-Umzüge der Großen. „Wir nahmen<br />
uns Pappkartons als Trommeln, pusteten in Gartenschläuche<br />
und Plastiktrichter“, erinnert er sich. „So zogen dann etwa<br />
fünfzig Kids um den Block, immer im sicheren Abstand zur<br />
echten ‚Second Line‘. Als wir dann richtige Instrumente bekamen,<br />
waren wir nicht mehr aufzuhalten.“ Sein großer Bruder<br />
James sieht den eben Vierjährigen mit einer Posaune, doppelt<br />
so lang wie Troy selbst, in einem Musikumzug und tauft ihn<br />
„Trombone Shorty“. Der Name blieb, das Talent wuchs. Dass<br />
dieser „Shorty“ nicht nur die eigene Familie beeindruckte,<br />
zeigt ein altes Foto mit Bo Diddley, auf dem sich der Rock’n’Roll-<br />
Meister mit anerkennendem Blick zu dem kleinen Posaunisten<br />
herunterbeugt. Zum Star geboren? Möglich. Musik im Blut?<br />
Wahrscheinlich. Einer der spannendsten neuen Musiker und<br />
Entertainer des Jahres? Sicherlich.<br />
„Wenn man aus New Orleans kommt, ist man immer von<br />
diesen Helden umgeben, die nicht nur großartige Musiker,<br />
sondern auch fantastische Entertainer sind, angefangen mit<br />
Louis Armstrong“, meint Troy Andrews. „Das ist mein Idol,<br />
dem eifere ich nach. Wenn ich nur auf der Bühne stehe und<br />
Musik mache, langweilt mich das. Also wollte ich ein echter<br />
Entertainer werden und singen, tanzen oder sonst was machen,<br />
um das Publikum anzuheizen und zum Mitmachen zu<br />
bewegen.“ Sein direktes Vorbild war dabei der „Satchmo of<br />
the Ghetto“, sein Trompete spielender Bruder James. Kurz<br />
nach den oben erwähnten Pappkartons und Plastiktrichtern<br />
bringt James seinem kleinen Bruder das Schlagzeugspielen bei<br />
und schenkt ihm auch „die kleinste Trompete der Welt“. Troy<br />
ist drei Jahre alt, als er außerdem Posaune lernt, um endlich in<br />
der Band seines Bruders mitspielen zu können. Mit elf zieht er<br />
an den Wochenenden mit seiner eigenen Band zum Jackson<br />
Square im French Quarter, um Straßenmusik zu machen. Wenn<br />
es gut läuft, rasselt Kleingeld in die Instrumentenkoffer,<br />
bis zu 400 Dollar pro Kopf. Troy ist noch nicht mal Teenager,<br />
da steigt er noch ein Level weiter auf und begeistert das Publikum<br />
bei eigenen Club-Gigs – darunter auch The Edge und<br />
Bono von U2, die er, wie sie sagen, regelrecht „hypnotisierte“,<br />
weshalb sie „nach ein paar Tequilas mit lauter Mädchen auf der<br />
Bar tanzten“. Auch die Lokalmatadoren loben den Knirps mit<br />
dem Langhorn, Wynton Marsalis nennt sich seinen „größten<br />
Fan“. Doch auf solchen Lorbeeren ruht sich Trombone Shorty<br />
nicht aus. Er lernt unermüdlich neue Songs, egal woher und<br />
worüber, von Marschmusik über AC/DCs „Back In Black“ bis zu<br />
Hip-Hop-Hits. „Jazzmusiker können so engstirnig sein”, sagt er.<br />
„Ich wollte auf keinen Fall einer von denen sein, die immer wieder<br />
dasselbe Zeug recyclen. Wie soll man dabei wachsen können?<br />
Außerdem wollte ich immer für Leute spielen, die so alt<br />
sind und ähnliche kulturelle Referenzen haben wie ich. Ich<br />
muss Till Brönner mich selbst und das Publikum bei Laune halten.“ Nebenbei<br />
schreiben Troy und seine Band Orleans Avenue auch immer<br />
mehr eigene Songs, nehmen mit 17 ihre erste CD auf und<br />
gründen gleich noch ein Label. Ein Jahr und drei Alben später<br />
(„Wie viele wir davon verkauft haben? Kommt drauf an, wer<br />
fragt: Tausende, wenn ich ehrlich bin. Nicht mal zwölf, wenn<br />
mich die Steuer fragt.“), kommt die große Chance: Lenny<br />
Kravitz holt den eben 18-Jährigen in seine Band. „Als mich ein<br />
gemeinsamer Freund vorschlug, war Lenny zuerst skeptisch.<br />
‚Ich will einen mit Soul – wie kann ein 18-jähriges Kind Soul<br />
haben?‘ Trotzdem flog er mich nach Miami ein. Nach dem Vorspielen<br />
meinte er: ‚Du bist in der Band. Aber du musst dir den<br />
Arsch aufreißen, um zu bleiben. Okay?‘ In den nächsten drei<br />
Wochen musste ich seine komplette Musik aus etwa 20 Jahren<br />
lernen. Aber ich habe es geschafft. Obwohl meine Schwester<br />
meinte, das sei so, als wäre der Basketballer Kobe Bryant direkt<br />
von der Highschool in die Oberliga gekommen.“<br />
„Backatown“, Trombone Shortys Major-Debüt, war in den<br />
USA sofort ein Erfolg. Natürlich wegen der brachialen Grooves,<br />
der extrem tighten Produktion, dem Mitsing-Hit „Something<br />
Beautiful“ und all der anderen Hüftenschwinger und Kopf-<br />
nicker – aber auch wegen seiner Vorgeschichte und der ausgewählten<br />
Features, etwa von Lenny Kravitz oder Allen Toussaint.<br />
Die Fernseh- und Radiostationen sind begeistert von diesem<br />
smarten und eloquenten Hipster, laden Troy von der „Morning<br />
Show“ bis zu „Late Show with David Letterman“ ein, nutzen<br />
seine rockigen Funk-Lieder als Erkennungsmelodien. Der schlanke<br />
Muskelmann bekommt sogar eine Rolle in der HBO-Serie<br />
„Treme“. Damit auch der Rest der Welt ins vielstimmige „Go,<br />
Shorty!“ einfällt, trat Trombone Shorty knapp einen Monat<br />
nach der US-Veröffentlichung mit seiner Band im Verve Club in<br />
Berlin auf. Nach der vierten Zugabe, nach einem so intensiven<br />
wie unterhaltsamen Set, bei dem Troy und seine Band wirklich<br />
alles gegeben haben – einmal sogar die Instrumente durchgetauscht,<br />
so dass sich der Leader am Schlagzeug beweisen<br />
konnte – bebte der Laden noch immer. „Mann, so machen wir<br />
das eben in New Orleans“, lacht er im Backstage. „Wenn ich<br />
irgendwas in meiner Zeit mit Lenny Kravitz gelernt habe, dann,<br />
dass man sich sein Publikum erarbeiten muss – je mehr du<br />
ihnen gibst, umso mehr bekommst du zurück. Zuzusehen, wie<br />
er 16.000 Menschen unter Kontrolle hat, die mit ihm lachen,<br />
weinen und feiern, war eine tolle Lektion. Aber es fängt immer<br />
mit dir an, denn du …“ Er bricht mitten im Satz ab, hört auf<br />
die Musik aus dem Club. „Wer ist dieser DJ? Eben hat er schon<br />
was von Dr. John gespielt – und das ist jetzt Allen Toussaint,<br />
oder? Woher kennt der das Zeug?“ Als er hört, dass heute<br />
Abend der Chef persönlich die Platten auflegt, schüttelt er<br />
lachend den Kopf. „Mann, und ich dachte, ich wäre hip! Ein<br />
Glück, dass ich erst Anfang zwanzig bin – da darf man schließlich<br />
noch lernen.“<br />
www.tromboneshorty.de<br />
„Je mehr<br />
du dem<br />
Publikum<br />
gibst,<br />
desto mehr<br />
bekommst<br />
du zurück.“<br />
Trombone Shorty<br />
Trombone Shorty<br />
Backatown<br />
Verve<br />
CD 274 7947<br />
www.jazzecho.de 9
Nikki Yanofsky<br />
Nikki<br />
Decca<br />
CD 273 9063<br />
10 www.jazzecho.de<br />
Das Jazzhäkchen<br />
Generationsprobleme waren gestern – heute singt eine 16-Jährige genauso gerne und gut die<br />
Klassiker von Ella Fitzgerald, Duke Ellington und den Beatles. Allerdings ist Nikki Yanofsky auch<br />
nicht irgendeine 16-Jährige.<br />
Text: Götz Bühler | Foto: Steven Haberland<br />
Mein erster öffentlicher Auftritt war beim<br />
Montreal Jazz Festival vor 125.000 Menschen”,<br />
erzählt Nikki Yanofsky in einer Hamburger Hotelsuite.<br />
„Als wir nach dem ersten Set in die Garderobe gingen, konnte<br />
ich zum ersten Mal das gesamte Publikum sehen. ‚Guck mal,<br />
wieviele Leute, Mami!‘ Meine Mutter nickte nur. Und ich: ‚Die<br />
kann ich doch nicht warten lassen. Sollten wir nicht lieber<br />
gleich das zweite Set spielen?‘ Ich wollte immer Aufmerksamkeit.<br />
Ich liebe es, die Leute zu unterhalten.“ Nur einmal, sagt<br />
die Kanadierin, sei sie etwas nervös gewesen: Bei ihrem Auftritt<br />
vor etwa zwei Milliarden Fernsehzuschauern, als sie in Vancouver<br />
die Eröffnungshymne der Olympischen Winterspiele 2010<br />
sang. „Aber das hatte eher mit meinen Highheels zu tun“,<br />
lacht die dunkeläugige Jeansträgerin. „Ich hatte Angst, vor der<br />
ganzen Welt diese riesige Treppe herunterzufallen. Das hätte<br />
mir ähnlich gesehen. Ich bin nicht die Geschickteste.“<br />
Nikki Yanofsky betont gerne, dass ihr das Label „Jazzsängerin“<br />
von außen aufgedrückt wurde und sie sich „nie selbst so<br />
be zeichnet hat“. Sie sagt: „Ich bin eine Sängerin. Punkt. Ich<br />
liebe gute Musik. Warum sollte ich mich da auf einen Stil beschränken?“<br />
Trotzdem ist es bemerkenswert, dass sie eben<br />
nicht nur nahezu perfekt intoniert und phrasiert, sondern ihre<br />
Talente vor allem auf die Klassiker ihres Idols Ella Fitzgerald anwendet.<br />
Bis jetzt. Nach ihrem „Airmal Special“ auf dem Sampler<br />
„We All Love Ella“ von 2007 („Ich klinge wie auf Helium. Na<br />
ja, ich war auch erst 12.“), veröffentlichte sie 2008 ihr Kanada-<br />
Debüt „Ella … Of Thee I Swing“, eine Live-Aufnahme mit Bigband,<br />
die für zwei Juno Awards nominiert war. „Nikki“ heißt<br />
Nikki Yanofsky<br />
nun der „internationale“ Erstling. Das Album beginnt, erwartungsgemäß,<br />
mit einem Standard, und dann gleich Manfred Ellingtons Eicher<br />
New-York-Gassenhauer „Take The A Train“, den Yanofsky mit<br />
ein bisschen Textkosmetik für Anspielungen an die NY-Initialen-Gleichheit<br />
nutzt. Neben weiteren Evergreens fallen auf diesem<br />
von Starmacher Phil Ramone produzierten Album besonders<br />
die neuen Songs auf. An nur zwei Tagen gemeinsam mit<br />
Jesse Harris, von dem einige der besten Norah-Jones-Lieder<br />
stammen, und dem kanadischen Singer/Songwriter Ron<br />
Sex smith im Keller der Yanofskys in Montreal geschrieben,<br />
spürt man bei „Never Make It On Time“ oder „Cool My Heels“<br />
vielleicht am deutlichsten das Potenzial der jungen Sängerin.<br />
Das klingt zwar viel weniger nach Ella und mehr nach Katie<br />
Melua oder Taylor Swift, aber immer frisch und frei und vielversprechend.<br />
Immerhin fängt Nikki Yanofsky eben erst an, so<br />
sehr sie auch jetzt schon von Quincy Jones oder Tony Bennett<br />
gelobt wird. „Die Leute sagen: Du bist doch erst 16. Willst du<br />
nicht erstmal herausfinden, was es sonst noch so gibt?“, erzählt<br />
sie. „Warum sollte ich das? Ich kann mir gar nicht vorstellen,<br />
etwas anderes zu machen.“ Ihre Mutter, die daneben sitzt,<br />
wirft ein: „Maniküre vielleicht? Das kannst du doch auch …“<br />
Beide lachen. Und dann, wieder ganz ernst und vielleicht ein<br />
wenig auswendig gelernt, sagt die frühreife 16-Jährige: „Ich<br />
denke, wenn man etwas findet, das man wirklich liebt und am<br />
liebsten jede Stunde jedes Tages machen möchte, dann kann<br />
und sollte man das nicht einfach loslassen. Oder?“<br />
www.nikkiyanofsky.de
Wiedererkennbar bunt<br />
Auf seinem neuen Album singt und spielt Till Brönner Musik von Bach bis zu The Killers.<br />
Inspiration für die Auswahl kam von Johnny Cash.<br />
Text: Ralf Niemczyk | Foto: Till Brönner<br />
Bevor Till Brönner auf sein neues<br />
Album „At The End Of The Day“<br />
zu sprechen kommt, unternimmt<br />
er einen kleinen Exkurs. Er erzählt von<br />
einem Konzert auf dem Leipziger Mediencampus<br />
im April 2010, wo er sich zu<br />
einem Duett mit dem Percussionisten<br />
Günther Baby Sommer getroffen hatte.<br />
Ein pures Schlagzeug-Trompeten-Treffen<br />
im Geiste von Max Roach und Dizzy<br />
Gillespie. Ein Soundclash der Jazzspezialisten.<br />
Sozusagen der innere Kern seiner<br />
Musik, dem er sich weiterhin mit Freude<br />
widmet. Doch seine Perspektive reicht<br />
weiter.<br />
Und dazu gehört wie selbstverständlich<br />
auch Pop, Rock und das Gefühl für<br />
zeitlose Sounds. „Recognizable“ ist der<br />
Begriff dazu, den Brönner einmal bei<br />
Johnny Cash aufgeschnappt hat. Diese<br />
Wiedererkennbarkeit oder auch Lesbarkeit<br />
ist ihm durchaus wichtig. Nach diesem<br />
Kriterium hat er, der hochdekorierte<br />
Jazzer, die Bibliothek der populären Musik<br />
durchstöbert.<br />
Er stieß dabei auf Bach, Beatles, Bowie<br />
und The Killers. Eine vielseitige Übung,<br />
bei der drei Dutzend Songs gespielt, geprüft<br />
und bearbeitet worden sind: „Daraus<br />
ist eine Sammlung entstanden, die<br />
kunterbunter nicht hätte sein können.<br />
Faszinations-Fundstücke aus meinem Leben,<br />
die ich letztlich danach ausgewählt<br />
habe, welche Möglichkeiten sie mir für<br />
den eigenen Ausdruck bieten.“ Die zwölf<br />
besten davon hat er – als Trompeter und<br />
Sänger in Personalunion – in seinem<br />
Sinne interpretiert.<br />
Auf musikhistorische Zusammenhänge<br />
hat Brönner dabei ganz bewusst verzichtet.<br />
„Space Oddity“ von Bowie steht<br />
genauso als eigenständiges Statement,<br />
wie es keine inhaltliche Brücke zwischen<br />
„Human“ von The Killers und „Human“<br />
der britischen New-Wave-Band Human<br />
Till Brönner<br />
League gibt. Seine Trompete führt „Air“<br />
aus der Dritten Orchestersuite von Johann<br />
Sebastian Bach in andere Sphären.<br />
Er durchkreuzt freischwebend ein Pop-<br />
Universum, bei dem die Beatles der frühen<br />
60er auf das amerikanische 70er-<br />
Duo Seals & Crofts („Summer Breeze“)<br />
treffen.<br />
„Wir haben uns bewusst mit einer<br />
kompletten Liveband für zwei Wochen<br />
ins Planet-Roc-Studio zurückgezogen“,<br />
erzählt Brönner. „Dort, im alten DDR-<br />
Funkhaus, gibt es große, hohe Räume, in<br />
denen die alten, analogen Instrumente<br />
optimal zur Geltung kommen konnten.<br />
Diese organische Stimmung beim Aufnahmeprozess<br />
war mir sehr wichtig. Im<br />
Anschluss habe ich mit langjährigen musikalischen<br />
Freunden auf der ganzen Welt<br />
an den Titeln weiter gearbeitet. Für die<br />
Streicher-Recordings sind wir zum Beispiel<br />
in Los Angeles ins legendäre Capitol<br />
Studio gegangen. Die Holzbläser wurden<br />
in Stockholm aufgenommen.“<br />
Hinter den Reglern saß erstmals der<br />
Produzent Andreas Herbig, der bislang<br />
ganz unterschiedliche Projekte mit Udo<br />
Lindenberg, A-Ha oder Ich + Ich betreut<br />
hat. Ein inspirierender Arbeitsprozess, bei<br />
dem es keineswegs darum gehen sollte,<br />
den Arrangements einen bestimmten<br />
(Pop-)Sound zu verordnen. Es war eher<br />
ein Austausch von Erfahrung und Stilgefühl,<br />
bei dem sich Brönner einem Herzensthema<br />
widmen konnte: der Zeitlosigkeit.<br />
www.tillbroenner.de<br />
Till Brönner<br />
At The End<br />
Of The Day<br />
Island<br />
CD 275 1368<br />
2 CDs Deluxe Edition<br />
275 1369<br />
LP 275 1365<br />
erscheint am 15.10.<br />
www.jazzecho.de 11
12 www.jazzecho.de<br />
From New York<br />
with Love<br />
James Gavin<br />
James Gavin ist einer der bekanntesten amerikanischen<br />
Jazz-Journalisten. Er schreibt für die „New York Times“,<br />
„Vanity Fair“ und viele andere. Seine Bücher über Chet Baker und Lena Horne gelten als Standardwerke.<br />
Gavin ist ein Fan des deutschen Pianisten Frank Chastenier, hier erklärt er warum.<br />
Text: James Gavin | Fotos: Till Brönner (Frank Chastenier) & Stephen Paley (James Gavin)<br />
E iner meiner engsten Freunde ist der Jazzsänger Mark meine Finger sie bewerkstelligen. Wenn ein Publikum von<br />
Murphy. Ich verdanke Mark sehr viel, nicht zuletzt tiefe meiner Musik berührt wird, ist das der größte musikalische<br />
Einsichten in das Denken und Fühlen eines Mannes, der seit ‚Thrill‘, den ich mir vorstellen kann“.<br />
über fünfzig Jahren ein intensives Jazzleben führt. Ohne Mark Viele Jahre hat es Frank nicht zu einer Solo-CD unter<br />
hätte ich auch nie einen Musiker kennengelernt, den ich für eigenem Namen gedrängt, er fühlte sich stets wohler außerhalb<br />
genauso einzigartig halte: Frank Chastenier aus Deutschland. des Rampenlichts. Bis zum Jahre 2004, als sein Debüt-Album<br />
Der Jazz hat sich über Jahrzehnte hinweg den Respekt „For You“ erschien, co-produziert von Till Brönner, einem<br />
erkämpft, der ihm zusteht. Aber irgendwo auf dem Weg hat er Freund seit der gemeinsamen Teenagerzeit. Die „Jazzthetik“<br />
einiges an Seele verloren. Sogar in meiner Heimatstadt New nannte die CD „das vielleicht wichtigste deutsche Jazzalbum<br />
York, wo Bebop und Free Jazz geboren wurden, klingt diese der letzten zehn Jahre“. Die meditative, entrückte Stimmung<br />
Musik heutzutage mehr nach Konservatorium als nach einem des Vorgängers setzt sich jetzt fort auf „Songs I’ve Always<br />
Ausdruck dessen, was man mal „jazz life“ nannte. Die Straße, Loved“, Franks zweitem Album auf Emarcy. Erneut co-<br />
die Generationen von Jazzmusikern bereisten, war oft hart, aber produziert von Brönner, bringt es Frank wieder mit der Rhythm<br />
sie gab ihnen auch viel zu erzählen und auszudrücken mit. Section seiner WDR Big Band, Bassist John Goldsby und<br />
Wie kommt es nun, dass Frank Chastenier, der 1966 ge- Drummer Hans Dekker zusammen. Chasteniers ehemaliger<br />
borene Pianist, Jazz mit einer solchen Seele und Tiefe spielt, die Klavierschüler Wieland Reissmann und Nan Schwartz steuern<br />
ich fast überall sonst vermisse? Es ist ganz sicher nicht die Folge die Streicher-Arrangements bei.<br />
eines Lebens voller Leid und Aufruhr. Seit 1991 genießt Frank Die Songauswahl belegt Franks ungewöhnlich ausgefeilten<br />
die Vorzüge einer Festanstellung bei der WDR Big Band in Köln. und vielseitigen Musikgeschmack; sie beinhaltet Operetten-<br />
Er ist mit der „großartigsten Frau der Welt“ verheiratet; beide Themen, musikalische Markenzeichen von Jacques Brel und<br />
leben mit der gemeinsamen Tochter im Teenageralter in einer Edith Piaf, amerikanische Standards und Franks zarte eigene<br />
beschaulichen Kleinstadt in der Nähe von Köln, wo Frank auch Miniatur „Little Prelude“. Sogar seine Ausflüge in den Bereich<br />
aufwuchs.<br />
der kommerziellen Popmusik sind kleine Offenbarungen. Auf<br />
Eigentlich liegt nichts ferner, als dass solch ein offensichtlich „For You“ transformierte er Herbert Grönemeyers Monsterhit<br />
zufriedener Mensch sich zu Songs voller Sehnsucht und „Mensch“ in eine langsame, sinnliche Meditation. Etwas ganz<br />
Verzweiflung hingezogen fühlt und sie mit größtmöglicher ähnliches gelingt ihm auf der neuen CD mit „Mornin’“, Al<br />
Verletzlichkeit interpretiert. Frank erklärt es so: „Ich liebe Jarreaus R’n’B-Ohrwurm von 1983. „Eigentlich ist das ein fröh-<br />
Melodien, und ich bin eher der melancholische Typ.“ Genau so licher Love Song mit lebendigem Groove“, sagt Frank, „aber<br />
wie Miles Davis, Blossom Dearie und Shirley Horn ist auch er ich zeige seine sentimentale Seite“.<br />
ein Minimalist; die stillen Momente seiner Musik sind min- Das Gefühl von Traurigkeit mag Frank Chastenier anziehen,<br />
destens so mitteilsam wie die lauteren. „Bei Frank gilt ‚weniger seinen musikalischen Weg fand er jedoch ohne Schmerz und<br />
ist mehr‘, deshalb zählt jede Note“, meint Nan Schwartz, die Zweifel. In ganz jungen Jahren lernte er die Hammond-B3amerikanische<br />
Arrangeurin, deren Streicher für ihn den Orgel zu spielen und tauchte tief in die väterliche Schall-<br />
Hintergrund bei diversen Projekten gebildet haben. Und Frank plattensammlung ein. Mit 13 Jahren wurde er Mitglied im<br />
ergänzt: „Normalerweise singe ich bei den Linien und Melo- Landesjugendjazzorchester NRW, wo er Till Brönner traf. Später<br />
dien, die ich spiele, mit. Und wenn man singt, muss man wurde er Mitglied im Bundesjugendjazzorchester („Bujazzo“)<br />
atmen. Das ist einer der Gründe dafür, dass ich nur die Noten unter der Leitung von Peter Herbolzheimer. Dann begannen<br />
spiele, die ich fühle, und nicht irgendwelche Skalen, nur weil seine Jahre beim WDR.
Ein Ensemble wie die WDR Big Band gibt es in den ganzen<br />
USA nicht; die Musiker arbeiten fest von Montag bis Freitag an<br />
stets wechselnden Projekten. „Es kann durchaus passieren,<br />
dass ich innerhalb von zwei Monaten mit Gary Burton, Mike<br />
Stern, Maceo Parker, Patti Austin und Wolfgang Niedecken<br />
arbeite, allesamt völlig unterschiedliche Musiker mit ebenso<br />
unterschiedlichen Stilen und Musikverständnissen“, sagt Frank.<br />
Dieser Beruf ermöglicht es ihm auch, seine anderen musi kalischen<br />
Seiten zu zeigen, nicht zuletzt sein Talent, die Hammondorgel<br />
zum Glühen zu bringen. Ein eindrucksvoller Beweis ist<br />
„Hallelujah, I Love Her So“, einer der Tracks auf „Roots and<br />
Grooves“, einer Kollaboration zwischen James Browns ehemaligem<br />
Altsaxophonisten Maceo Parker und der WDR Big Band.<br />
Meist aber ist Frank der stabile Pol inmitten des energiegeladenen<br />
Orchesters.<br />
Frank bezeichnet „Songs I’ve Always Loved“ als „den<br />
Sound track meines Lebens“, wegen seiner vielfältigen emoti onalen<br />
Verbindungen zu den Songs. „Ich bin von Kopf bis Fuß<br />
auf Liebe eingestellt“ aus dem Film „Der blaue Engel“ –<br />
außerhalb Deutschlands als „Falling In Love Again“ bekannt –<br />
erinnert ihn an „die großen Komponisten, die wir mal in<br />
Deutsch land hatten, wie Friedrich Hollaender und Kurt Weill,<br />
und die großen Autoren wie Kurt Tucholsky, Thomas und<br />
Heinrich Mann und Erich Kästner, bevor die Nazis diese Kultur<br />
abgewürgt haben. Manchmal wünschte ich, ich könnte ein<br />
paar Tage im Berlin der 20er Jahre leben, nur um einmal das<br />
Gefühl und die Gerüche dieser Zeit zu spüren.“ Franks überraschende<br />
Harmonien bringen einen Hauch von Ruhelosigkeit<br />
in diesen sonst so selbstbewusst-sinnlichen Song. John Goldsby<br />
und Hans Dekker tragen ihren Teil zu der mysteriösen Grund-<br />
Frank Chastenier<br />
stimmung bei. „Mein Trio mit John und Hans gehört zu den<br />
besten Dingen, die mir in meinem Leben passiert sind“, sagt<br />
Frank, „weil wir zusammen atmen, wenn wir spielen“.<br />
Der gefühlstrunkene Evergreen „Dein ist mein ganzes Herz“<br />
stammt aus Franz Lehars Operette „Das Land des Lächelns“,<br />
die Frank erstmals als Kind zu Gehör bekam, sonntagnachmittags<br />
im Fernsehen. Nan Schwartz’ silbrig-seidige Streicher sind so<br />
subtil, dass man sie mehr zu fühlen als zu hören meint. „Frank<br />
lässt einem eine Menge Raum“, erklärt Nan. „Das heißt nicht,<br />
dass du diesen Raum auch immer füllen musst, aber da ist eine<br />
Menge Platz für meine Farben.“ Die beiden lernten sich vor ein<br />
paar Jahren bei den Aufnahmen von Mark Murphys Verve-CDs<br />
„Once To Every Heart“ und „Love Is What Stays“ kennen, zwei<br />
Projekten, die Till Brönner anstieß und produzierte. „Die Aufnahmen<br />
mit Mark Murphy sind absolute Höhepunkte für mich<br />
gewesen“, sagt Frank. „Ich wünschte, ich würde so Piano<br />
spielen, wie er singt!“<br />
Von einem anderen Meister der herzzerreißenden Ballade,<br />
Jacques Brel, stammt „Ne me quitte pas“, ein Song, der Frank<br />
tief berührt. Seine beinahe erschreckend emotionale Interpretation<br />
macht das für jeden aufmerksamen Hörer nachfühlbar.<br />
Gegen den lautstark vorgetragenen Schmerz der Originalversion<br />
stellt er eine ganz leise Intensität, das genaue Gegenteil von<br />
Melodrama. Ob Frank es darauf anlegt oder nicht, ich bin<br />
überzeugt, dass Aufnahmen wie diese unausweichlich dazu<br />
führen werden, dass Frank in den kommenden Jahren noch viel<br />
mehr Aufmerksamkeit genießen wird als bereits jetzt. Er hat es<br />
verdient, denn er bringt Gefühl und Wahrheit in eine Musik<br />
zurück, deren größtes Gut viel zu lange die Technik war.<br />
www.frank-chastenier.de<br />
Frank Chastenier<br />
Songs I’ve Always<br />
Loved<br />
Emarcy<br />
CD 274 4789<br />
www.jazzecho.de 13
Charles Lloyd Quartet<br />
Mirror<br />
ECM<br />
CD 274 0499<br />
14 www.jazzecho.de<br />
Jason Moran, Eric Harland, Charles Lloyd und Reuben Rogers<br />
Spiegel ohne Raum<br />
und Zeit<br />
Man merkt, dass Charles Lloyd nicht nur Saxophonist, sondern auch spiritueller Lehrer ist.<br />
„Mirror“, eingespielt mit seiner fantastischen jungen Band, ruht in sich und bewegt gründlich.<br />
Text: FGötz Bühler | Foto: Dorothy Darr / ECM<br />
ür mich hatte Musik immer etwas Heilendes“, sagt<br />
Charles Lloyd. „Als ich damit anfing, wusste ich<br />
gleich, dass ich mein Lebensglück gefunden hatte.“ Der 72jährige<br />
Saxophonist aus Memphis, Tennessee, gehörte schon<br />
Mitte der 60er zu den wichtigsten und spannendsten Musikern<br />
einer neuen Szene, die sich mehr um Freiheit, Ausdruck und<br />
Selbstfindung kümmerte, als sich um Stil- oder Rassengrenzen<br />
zu scheren. Direkt von der University of Southern California<br />
war er zu Don Cherry, Eric Dolphy und Ornette Coleman ge stoßen,<br />
wurde über Erfahrungen in den Bands von Chico Hamilton<br />
oder Cannonball Adderley selbst zum Leader, unter anderem<br />
mit Keith Jarrett als Pianist. Am Höhepunkt seiner Popularität,<br />
nach sensationellen Verkaufs- und Tourerfolgen, zog er sich<br />
1969 aus dem Musikgeschäft zurück und lehrte in Kalifornien<br />
transzendentale Meditation. Erst in den 80ern überzeugte ihn<br />
der französische Pianist Michel Petrucciani wieder öffentlich<br />
aufzutreten – und aufzunehmen. Seit 21 Jahren bei ECM unter<br />
Vertrag, gilt Lloyd heute einerseits als „elder statesman“,<br />
andererseits als stetiger Innovator und Im pulsgeber. Die „New<br />
York Times“ lobt seine Musik als „seltsames und schönes<br />
Destillat der amerikanischen Erfahrung (…), teilweise verlassen<br />
und wild, teilweise ungeheuer kontrolliert und raffiniert“. Die<br />
Kollegen aus L.A. erkennen „eine Reise, die von einer Er leuchtung<br />
nach der anderen bestrahlt wird“.<br />
Neue Energien gewinnt Charles Lloyd seit einigen Jahren<br />
aus dem Zusammenspiel mit Pianist Jason Moran, Bassist<br />
Reuben Rogers und Drummer Eric Harland, allesamt Anfang<br />
bis Mitte 30. Auch „Mirror“ entstand mit dieser Band. „Viele<br />
Leute haben mich gefragt, wie das wohl funktionieren soll,<br />
schon wegen Jason“, erinnert sich der Leader. „Er ist so wild<br />
und ich bin so lyrisch. Nun, die Wildheit in mir kommt heraus<br />
und das Lyrische in ihm, an einem Ort, wo es weder Raum<br />
noch Zeit gibt. Gemeinsam begeben wir vier uns auf einen<br />
fliegenden Teppich, der von Frieden und Liebe und großem<br />
Kapitulieren angetrieben wird, denn wir haben viel Vertrauen<br />
in das, was wir machen. Wir erlangen unsere Musik durch das<br />
Vertrauen in unser inneres Mysterium und den inneren Spirit.“<br />
Während der 73 Minuten von „Mirror“ begeistert nicht nur<br />
das energische, enge Zusammenspiel des Quartetts, vor allem<br />
bekommen die durchgeistigten Gedanken hinter der Musik<br />
eine sehr handfeste und erdige Gestalt. Standards und<br />
Traditionals wie „Go Down, Moses“ oder „The Water Is Wide“,<br />
eine Brian-Wilson- und zwei Monk-Kompositionen sowie vier<br />
ausgiebige Eigenwerke von Lloyd, geben den Ausführungen<br />
der amerikanischen Zeitungskritiker reichlich Zunder. Wer<br />
tatsächlich daran zweifeln sollte, dass der amerikanische Jazz<br />
auch heute noch eine wichtige, stilbildende Rolle spielt, den<br />
sollte eine Dosis dieser intensiven und reflektierten Musik vom<br />
Gegenteil überzeugen.<br />
www.charleslloyd.de
Voll auf die Zwölf<br />
Dass auch weiße Musiker die ganze Palette schwarzer Musik beherrschen können,<br />
zeigt Brian Culbertson auf seinem neuen Album „XII“.<br />
Text: Jörg Eipasch | Foto: Daniel Ray<br />
Brian Culbertson<br />
„Did you know that every seven minutes<br />
a black person is born in this country<br />
with no soul?“ Mit diesen provokativen<br />
Worten nahm der Bluesgitarrist B.B. King<br />
einst die Mär auf die Schippe, dass<br />
Schwarze das Feeling für gewisse Musikrichtungen<br />
schon mit der Muttermilch<br />
verabreicht bekämen. Denn ob jemand<br />
Zugang zu Funk, Rhythm’n’Blues und<br />
Soul findet, ist natürlich keine Frage der<br />
Hautfarbe, sondern vielmehr einer entsprechenden<br />
musikalischen Frühsozia-<br />
lisation. Brian Culbertson etwa wurde<br />
von seinem Trompete spielenden Vater<br />
von klein auf mit sogenannter schwarzer<br />
Musik hochgepäppelt. Das Cover seines<br />
2008 erschienenen Albums „Bringing<br />
Back The Funk“ zeigt Brian als Vierjährigen,<br />
wie er sich via Kopfhörer in die<br />
Musik von Earth, Wind & Fire vertiefte.<br />
Der Faszination schwarzer Klänge und<br />
Rhythmen konnte er sich seitdem nicht<br />
mehr entziehen. In den zwölf Songs seines<br />
zwölften Albums „XII“ präsentiert er<br />
nun verschiedene Schattierungen originär<br />
„schwarzer Musik“ – mal fetzig und<br />
funky, mal sinnlich und soulig. Arbeitete<br />
er auf „Bringing Back The Funk“ mit der<br />
Crème de la Crème der klassischen Funkszene<br />
zusammen, so reflektieren die Mitstreiter<br />
auf „XII“ seine eigene stilistische<br />
Vielfältigkeit. So jammt er mit der Washingtoner<br />
Go-Go-Funk-Legende Chuck<br />
Brown im ausgelassenen Opener „Feelin’<br />
It“, während er mit den Croonern Brian<br />
McKnight, Avant und Kenny Lattimore<br />
smoothen Rhythm’n’Blues und relaxte<br />
Clubmusik macht. Mit von der Partie<br />
sind außerdem die einzigartige Hip-Hop-<br />
Diva Faith Evans, die Spoken-Word-<br />
Künstlerin Natalie Stewart vom Neo-<br />
Soul-Duo Floetry sowie die Gitarristen<br />
Ray Parker Jr. und Earl Klugh.<br />
www.brianculbertson.de<br />
Brian Culbertson<br />
XII<br />
Verve<br />
CD 274 2481<br />
www.jazzecho.de 15
Jerry Lee Lewis<br />
Mean Old Man<br />
Verve<br />
CD 274 7092<br />
Various Artists<br />
35 Years Bear Family<br />
Bear Family<br />
CD BCD 17035<br />
16 www.jazzecho.de<br />
Fiesling mit Freunden<br />
Sein Spitzname ist „The Killer“. „Mean Old Man“ heißt das neue Album von Jerry Lee Lewis.<br />
Muss man sich vor dem 75-jährigen Erfinder des Rock’n’Roll fürchten?<br />
Text: David Khune | Foto: Olaf Heine<br />
Jerry Lee Lewis<br />
„If I look like a mean old man, that’s what<br />
I am“, singt Jerry Lee Lewis im Titelsong<br />
seines neuen Albums. Eins kann man der<br />
Legende, die mit Hits wie „Great Balls Of<br />
Fire“ und „Whole Lotta Shakin’ Goin’<br />
On“ Musikgeschichte schrieb, bestimmt<br />
„Ich bin Sammler und verrückt“, gesteht<br />
Richard Weize, der 40.000 Vinylplatten<br />
schwere Mann hinter Bear Family Records.<br />
Jetzt feiert sein weltweit bewundertes<br />
(und vielfach ausgezeichnetes)<br />
Reissue-Label 35-jähriges Bestehen. Feierlich<br />
blicken die Bären von ihrem Bau-<br />
nicht vorwerfen: mangelnde Selbstironie.<br />
Mit mehr als einem Augenzwinkern spielt<br />
Lewis, der auch als einziger Rock’n’Roller<br />
gilt, der diese Musik wirklich mit allen<br />
Höhen und Tiefen lebte, auf sein an Krisen<br />
und Skandalen nicht gerade armes<br />
Leben an. Nachdem er Ende der 50er<br />
Jahre seine erst 13-jährige Cousine heiratete,<br />
schien seine Karriere erst einmal beendet.<br />
Später starben zwei seiner Söhne<br />
bei Unfällen, eine seiner Ehefrauen ertrank<br />
im Swimmingpool, eine andere<br />
starb an einer Überdosis Drogen. Auch<br />
Lewis wurde lange Zeit immer wieder mit<br />
Drogen in Verbindung gebracht.<br />
Künstlerisch hat sich Lewis aus allen<br />
persönlichen Dramen allerdings immer<br />
wieder Kraft seiner Musik an die Spitze<br />
der Musikszene heranarbeiten können.<br />
ernhof bei Bremen auf die vergangenen,<br />
geschäftigen Jahre zurück, in denen sie<br />
unzähligen Künstlern und Musikthemen<br />
grandios ausgestattete Boxsets und Editionen<br />
gewidmet haben. Highlights für<br />
Jazzfans waren zum Beispiel die 8-CD-<br />
Box vom „Deutschen Jazz Festival<br />
1954/58“, die Serie „Jazz in Deutschland“<br />
oder die beiden je elf CDs umfassenden<br />
Boxen mit dem Schaffen Nat<br />
„King“ Coles, allesamt in Soundqualität,<br />
Begleitmaterial und Umfang unschlagbare<br />
Sammlerstücke.<br />
Auch wer sich für den gesellschaftlich-politischen<br />
Kontext von Musik interessiert,<br />
wird bei Bear Family fündig. Über<br />
Dass es dort ausnahmsweise mal nicht<br />
einsam zugeht, beweist er auf seinem<br />
Comeback-Album mit der vielleicht eindrucksvollsten<br />
Sidemen-Versammlung<br />
aller Zeiten. Mick Jagger, Keith Richards,<br />
Kid Rock, Solomon Burke, Eric Clapton,<br />
Sheryl Crow, John Fogerty, Merle Haggard,<br />
Kris Kristofferson, Nils Lofgren, Willie<br />
Nelson, Ringo Starr und zahlreiche andere<br />
Größen kamen zu Lewis ins Studio<br />
und unterstützten ihn bei der Aufnahme<br />
grandios abgehangener, lässig rockender<br />
Country-, Blues und Rock’n’Roll-Songs.<br />
Sowas kriegt vermutlich nur ein sehr liebenswerter<br />
Bösewicht hin.<br />
www.jerry-lee-lewis.de<br />
Bärenmarke auf CD<br />
Den Anfang machte die Country Music. Inzwischen steht das deutsche Label Bear Family auch für<br />
Wiederveröffentlichungen von Perlen aus Jazz und anderen Genres. Dieses Jahr feiert es Jubiläum.<br />
Text: Götz Bühler | Foto: Günter Zint<br />
Richard Weize<br />
reines Hörvergnügen hinaus gehen die<br />
epochalen Boxen zu Themen wie Vietnamkrieg<br />
(„Next Stop Is Vietnam“) oder<br />
Atombombe („Atomic Platters“). In das<br />
Lob auf Weizes Label stimmen jetzt auch<br />
68 Musiker und Songschreiber ein, die<br />
sich in der Box „35 Years Bear Family“<br />
exklusiv – teils verspielt, teils ernsthaft –<br />
mit dem Thema „Bären“ beschäftigen.<br />
Von Bela B. (Die Ärzte) bis zu diversen<br />
Country-Legenden geht der Reigen. Am<br />
sympathischsten ist allerdings Richard<br />
Weizes Label-Resümee: „We’re not in it<br />
for the money“. Bitte weiter so, mindestens<br />
noch mal 35 Jahre!<br />
www.bear-family.de
auf sein sensationsdebüt "historicity"<br />
(echo jazz / downbeat album of the year)<br />
folgt das solowerk des piano shooting stars:<br />
„vijay iyer könnte den jazz retten” (welt)<br />
vijay iyer<br />
solo<br />
ACT 9497-2<br />
céline bonacina / bariton sax<br />
nicolas garnier / bass<br />
hary ratsimbazafy / drums<br />
nguyên lê / e-gitarre<br />
céline bonacina trio<br />
way of life<br />
ACT 9498-2<br />
„die krachend vitale, interaktive musik<br />
dieser gruppe ist in der weltspitze<br />
angekommen"<br />
u. olshausen (frankfurter allgemeine)<br />
wollny / kruse / schaefer<br />
[em] live at jazz baltica<br />
ACT 9668-2<br />
18 magisch-coole momente zum aktionspreis:<br />
„jazz, der so quirlig groovt, dass ihn<br />
popfans gut finden können“ (kulturnews)<br />
mit n. landgren, v. iyer, w. haffner uvm.<br />
magic moments 4<br />
jazz is cool<br />
ACT 9550-2<br />
vertrieb: edel:kultur (D / AT), musikvertrieb (CH) e-mail: info@actmusic.com<br />
label des jahres<br />
ECHO JAZZ 2010<br />
das herbstprogramm:<br />
in den fußstapfen von esbjörn svensson:<br />
„yaron herman ist einer, mit dem man in<br />
den nächsten jahren rechnen muss“<br />
(süddeutsche zeitung)<br />
yaron herman trio<br />
follow the white rabbit<br />
ACT 9499-2 (vö: 22.10.)<br />
youn sun nah / vocals<br />
ulf wakenius / gitarre<br />
lars danielsson / bass, cello<br />
xavier desandre-navarre / percussion<br />
youn sun nah<br />
same girl<br />
ACT 9024-2<br />
ACT artists in concert: céline bonacina trio: 4. & 5.11. jazzfest berlin vijay iyer trio: 17.10. köln, 19.10. berlin, 20.10. saarbrücken<br />
21.10. freiburg [em] wollny | kruse | schaefer 12.10. - 5.11. youn sun nah 28.10. - 7.11. alle termine: www.actmusic.com/live.php<br />
alle cd’s erhältlich im fachhandel und auf allen gängigen downloadportalen. weitere infos unter www.actmusic.com
Thomas Quasthoff<br />
Tell It Like It Is<br />
Deutsche Grammophon<br />
CD 477 8614<br />
18 www.jazzecho.de<br />
Liebe, Drama, Wahnsinn<br />
Statement statt Fortsetzung: Nach dem Erfolg von „The Jazz Album“ widmet sich der Bassbariton<br />
Thomas Quasthoff auf „Tell It Like It Is“ jetzt seinen Lieblingsliedern aus Soul, Pop und Country-<br />
Swing – beschwingt und beseelt.<br />
Text: Carola Kramer | Foto: Harald Hoffmann<br />
s sind Stücke, die ich liebe und die<br />
E mir Spaß machen“, klärt Thomas<br />
Quasthoff die Stilfrage gleich zu Beginn,<br />
ob dies also nach dem „Jazz Album“ jetzt<br />
das „Soul Album“ sei. „Ich tue mich<br />
schwer damit, Musik in Schubladen zu<br />
packen: Das ist Soul, das ist Jazz. Wir wollen<br />
mal ganz ehrlich sein, ‚The Jazz Album‘<br />
war auch nicht nur das. Dies ist sicher<br />
ein Programm, das man auch ‚My<br />
Favorite Things‘ nennen könnte, weil wir<br />
weniger nach dem Stil geguckt haben als<br />
danach, was ich einfach gerne mag.“ Das<br />
erste Wagnis eines Albums mit „nicht<br />
klassischem Repertoire“, einer Aufgabe,<br />
an der schon so viele seiner klassischen<br />
Kollegen grandios gescheitert sind, hat<br />
der Bassbariton gewinnend hinter sich<br />
gebracht. „Watch What Happens“, so<br />
der Untertitel der Till-Brönner-Produktion<br />
von 2007, bescherte Thomas Quasthoff<br />
nicht nur einhelliges Kritikerlob und die<br />
eindrucksvollsten Verkaufszahlen seiner<br />
bisherigen Karriere, sondern auch eine<br />
Grammy-Nominierung und einen Echo.<br />
Diese Erfolge waren sicherlich eine<br />
willkommene Bestätigung, nicht aber<br />
der Antrieb zu „Tell It Like It Is“. Dem<br />
„Mann mit der schönsten Stimme der<br />
Welt“, wie ihn der „Stern“ einmal nannte,<br />
geht es, wie gesagt, vor allem um die<br />
Freude an dieser Musik – und um frischen<br />
Wind in seinem Repertoire. Seine<br />
enorme Popularität in den internationalen<br />
Konzertsälen hat Thomas Quasthoff<br />
bei „Tell It Like It Is“ zu einer ungewöhnlichen<br />
Idealsituation verholfen. Mit einem<br />
abendfüllenden Lieblingsprogramm und<br />
seinen erklärten Freunden und Musikerfavoriten<br />
– dem Organisten Frank Chastenier,<br />
dem Drummer Wolfgang Haffner,<br />
dem Bassisten Dieter Ilg und dem Gitarristen<br />
Bruno Müller – ging Quasthoff im<br />
Februar auf Tour. Begeistert empfing<br />
man den Sänger, seine Band – und das<br />
neue Repertoire. Das Publikum ging mit,<br />
wenn er Bill Withers „Kissing My Love“,<br />
Stevie Wonders „Have A Talk With God“<br />
oder Ann Peebles’ „I Can’t Stand The<br />
Rain“ sang, es schluckte wie im Chor bei<br />
Balladen von „Rainy Night In Georgia“<br />
von Tony Joe White bis zu Aaron Nevilles<br />
dramatischem Titelsong, um dann wieder<br />
laut zu lachen und zu applaudieren,<br />
Thomas Quasthoff<br />
wenn der gnadenlos begabte Sänger bei<br />
„Seventh Son“, „Short People“ oder<br />
„The Whistleman“ alle Register seiner<br />
Unterhaltungskunst zog. Auch bei seinen<br />
Ansagen und den Vocalese-Spontaneitäten,<br />
die manchen im Publikum an seinen<br />
gelegentlichen Live-Kollegen Bobby<br />
McFerrin erinnerten, spürte man, dass<br />
Thomas Quasthoff dieses „Tell It Like It<br />
Is“ eine Herzenssache ist. Und wie sehr es<br />
ihm wieder einmal um anspruchsvolle<br />
Un terhaltung geht. „Es gibt wirklich nur<br />
gute und schlechte Musik, das ist für<br />
mich das Kriterium“, sagt der Gesangsprofessor<br />
an der Hochschule für Musik<br />
Hanns Eisler in Berlin. „Es geht auch gar<br />
nicht immer nur um den ‚Transport von<br />
wertvollen Texten‘. Im Soul geht es<br />
schließlich um Liebe, Drama, Wahnsinn.<br />
Wie in der klassischen Musik auch.“<br />
www.thomas-quasthoff.de
Mitternachtsspitze<br />
Musiker wäre Ulrich Tukur viel lieber geworden als Schauspieler. Nun ist er zum Glück beides.<br />
Text: Siegfried Schumacher | Foto: Katharina John<br />
lrich Tukur liebt die Bühne, das Drama, die lebendigen<br />
UGeschichten. Auf „Mezzanotte“, seinem Debüt bei Deutsche<br />
Grammophon, singt der Schauspielstar einige der schönsten<br />
davon – auf Englisch, Italienisch, Französisch und Deutsch.<br />
Früher, ja, damals, also in den guten, alten Zeiten, um die<br />
es hier hauptsächlich geht, gehörte es zum Handwerk eines<br />
Schauspielers, zum guten Ton sozusagen, dass er singt. Hans<br />
Albers und Heinz Rühmann taten es, Hildegard und Marlene,<br />
und natürlich Marilyn, Sophia und Liza, nicht zuletzt Peter Sellers<br />
und Anthony Perkins. Auch Ulrich Tukur gehört in diese<br />
universell unterhaltsame Riege. Der Charakterdarsteller aus<br />
Viernheim mit Wohnsitz in Venedig ist vor allem aus dem Kino<br />
und Fernsehen bekannt, etwa als Stasi-Leutnant aus „Das Leben<br />
der Anderen“ oder als hessischer Tatort-Kommissar. Seine<br />
erste Liebe jedoch galt der Musik, sie war sogar das, was ihn<br />
schließlich ins Theater und Filmstudio brachte. „Schauspielerei<br />
hat mich nie interessiert“, sagt der 54-Jährige. „Ich war ja nie<br />
im Theater. Außer einmal im ‚Freischütz‘ im Stadttheater Freiburg<br />
– was mich als Kind sehr beindruckt hat. Über den Klavierunterricht<br />
habe ich später Boogie Woogie entdeckt und durch<br />
die alten 78er meiner Tante die Schlager der 30er und 40er,<br />
wie die ‚Mondnacht auf Kuba‘ zum Beispiel.“ Für derartigen<br />
„Schleim und Schlagerjazz“ reichte Tukur zu Universitätszeiten<br />
in Tübingen mit einem Kommilitonen aus dem Germanistik seminar<br />
in der Fußgängerzone den Hut herum. Und auch wenn<br />
ihn sein weiterer Weg nahezu direkt in eine Theateraufführung<br />
mit Dominique Horwitz, zum Schauspielstudium nach Stuttgart<br />
und auf die großen Bühnen führte, die Liebe zu den alten<br />
Schellackliedern blieb.<br />
Nach etlichen Alben und Touren mit seinen Rhythmus Boys<br />
gibt Ulrich Tukur nun seinen Einstand bei Deutsche Grammophon.<br />
Dafür stieg er nicht nur tief hinab in sein 2000 Titel starkes<br />
Schallarchiv, um eher abwegige Schlager-Schätze von<br />
Chan son über Canzone bis zu Liedern und Songs zu heben, er<br />
engagierte auch den Pianisten und Arrangeur Lutz Krajenski,<br />
der den alten Liedern neue musikalische Wendungen schreiben<br />
durfte. Gemeinsam mit diesem Ausnahmemusiker, der<br />
sonst auch die Bigband von Roger Cicero leitet, und seinem<br />
hochkarätig besetzten Orchester, brachte Ulrich Tukur das Programm<br />
um den letzten Jahreswechsel herum auf die Bühne<br />
und ins Aufnahmestudio. Auf „Mezzanotte“ finden sich neben<br />
den vielen schönen und auch schaurigen Nachtgeschichten<br />
von Coco Schumann, Domenico Modugno oder Friedrich Hollaender,<br />
allerdings auch Eigenkompositionen im eleganten Stil<br />
der Vorkriegszeit. „Die Großstadt träumt“, ein besinnliches<br />
„Stück post-expressionistischer Großstadtlyrik im Stile von<br />
Mascha Kaléko“, ist ein Gemeinschaftswerk von Tukur und Kra-<br />
Ulrich Tukur<br />
jenski, die englisch gesungene Moritat des blutrünstigen<br />
Schlach ters „Willy Williams“ stammt von Tukur allein. „Ich hab<br />
eine Stimme, die trägt sehr gut“, sagt er. „Das muss dir zur Natur<br />
werden, dass du auf der Bühne immer ein bisschen mehr<br />
Druck gibst. Vor der Kamera muss man dann alles wieder zurücknehmen.<br />
Und beim Gesang im Aufnahmestudio? Meine<br />
Stimme ist sicher nicht unbegrenzt. Ich kann zum Beispiel nicht<br />
mit einer Bigband singen. Leider nicht. Aber diese frechen,<br />
vielschichtigen und Geschichten erzählenden Chanson¿s und<br />
Kabinettstückchen aus der Zeit vor und während der Weimarer<br />
Republik, die stehen ihr ganz gut.“<br />
www.ulrichtukur.de<br />
Ulrich Tukur<br />
Mezzanotte<br />
Deutsche Grammophon<br />
CD 477 8796<br />
www.jazzecho.de 19
<strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong> &<br />
Quartet West<br />
Sophisticated Ladies<br />
Emarcy<br />
CD 275 0816<br />
erscheint am 22.10.<br />
20 www.jazzecho.de<br />
Gut geflüstert,<br />
Löwe!<br />
Mit einem neuen Album und einem singenden All-Star-Team feiert das <strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong> Quartet West<br />
sein 25-jähriges Jubiläum.<br />
Text: Jörg Eipasch | Foto: Steven Perilloux<br />
Vom Albumcover blickt eine geheimnisvolle Schönheit, die<br />
auch einem Film noir der 40er Jahre entstiegen sein<br />
könnte. Sie steht stellvertretend für sechs Sängerinnen, die<br />
<strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong> zur Jubiläumsfeier seines Quartet West einlud,<br />
einer grandiosen Melange aus Vocals und Instrumentals, mal<br />
melancholisch, mal swingend, immer so klassisch-stilvoll wie<br />
die Coverdame.<br />
Der Albumeinstieg geht an Melody Gardot, die sich erst<br />
vor kurzem mit ihrem zweiten Album an die Spitze der neuen<br />
Jazz-Pop-Diven katapultiert hat. Sie haucht die alte Ballade<br />
„If I’m Lucky“ mit großer Verletzlichkeit und gestalterischer<br />
Schönheit. Genauso perfekt wie die Gardot schmiegen sich<br />
auch drei schon länger zu den Großen des Business zählende<br />
Sängerinnen, Diana Krall, Norah Jones und Cassandra Wilson,<br />
in die verzauberte Klangwelt des Quartet West. So verinnerlicht<br />
und minimalistisch hat man diese Damen selten gehört. Überraschen<br />
mag im Album-Lineup die klassische Sopran-Diva<br />
Renée Fleming, die aus ihrer Jazzaffinität allerdings nie einen<br />
Hehl gemacht hat. Vor fünf Jahren nahm sie mit Pianist Brad<br />
Mehldau das Duo-Album „Love Sublime“ auf. Und sublim ist<br />
hier auch ihre Interpretation von Victor Youngs und Ned<br />
Washingtons „A Love Like This“. <strong>Haden</strong>s Ehefau Ruth Cameron<br />
komplettiert die singenden Sechs des Albums, die, jede auf<br />
ihre Art, Finesse und Flair einbringen.<br />
„<strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong>s Tanz der Freiheit klingt heute wie ein Flüstern<br />
und nicht wie ein Schrei“, spielte einmal ein amerikanischer<br />
Jazzkritiker auf <strong>Haden</strong>s Free-Jazz-Vergangenheit an. Besser<br />
könnte man den im Laufe von Jahrzehnten vollzogenen Paradigmenwandel<br />
des Bassisten wohl kaum beschreiben. Die atonale<br />
Attitüde der rebellischen 1960er Jahre ist einer subtilen<br />
Widerborstigkeit gewichen, die mit melancholischer Melodienseligkeit<br />
eingefärbt ist. Doch bei aller Klangschönheit, mit der<br />
das Quartet West seit 1986 fasziniert, wahrte sich <strong>Haden</strong> stets<br />
auch seine Innovationslust. Mal mischte er die Musik mit Tonspuren<br />
historischer Jazzaufnahmen oder Filmzitaten, mal versetzte<br />
er bekannteres Repertoire mit überraschenden Entdeckungen<br />
oder gar vergleichsweise sperrigen Kompositionen seines alten<br />
Free-Jazz-Gefährten Ornette Coleman.<br />
Das Material der „Sophisticated Ladies“ besteht größtenteils<br />
aus Jazzballaden, von denen die bekannteste natürlich<br />
die Titelkomposition von Duke Ellington ist. Verwoben werden<br />
die Gesangsnummern mit ausgesuchten Instrumentalstücken<br />
wie dem stimmungsvollen Thema der nahezu vergessenen TV-<br />
Krimi serie „Markham“ von 1959. „Angel Face“, aus der Feder<br />
von Hank Jones, ist eine Hommage an den am 16. Mai verstorbenen<br />
Pianisten, mit dem <strong>Haden</strong> 1996 das Duo-Album „Steal<br />
Away“ aufgenommen hatte. Expressivere Klangfarben brin-<br />
gen zwei Up-Tempo-Bebop-Nummern ins Spiel: „Today I Am<br />
A Man“ von Pianist Steve Kuhn und „Wahoo“ von Trompeter<br />
Benny Harris.<br />
Elf Jahre lang hat das Quartet West seine Fans auf dieses<br />
sechste Album warten lassen, live war es jedoch die ganze Zeit<br />
präsent. Zur Besetzung zählen neben <strong>Haden</strong> nach wie vor die<br />
Gründungsmitglieder Alan Broadbent – der Pianist schrieb<br />
auch wieder die Streicherarrangements – und Tenorsaxophonist<br />
Ernie Watts. Nach Billy Higgins und Larance Marable<br />
schwingt seit 2006 der junge Rodney Green den Jazzbesen und<br />
die Trommelstöcke. Und <strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong> führt sein Quartet West<br />
immer noch mit dem legendär vollen, warmen Ton und den<br />
klaren, singenden Sololinien seines Kontrabasses.<br />
www.charliehaden.de<br />
<strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong>
K a r s t e n j a h n K e K o n z e r t d i r e K t i o n g m b h<br />
lizz <strong>Wright</strong><br />
16.10.10 Berlin // Passionskirche<br />
25.10.10 Frankfurt // Mousonturm<br />
26.10.10 Köln // Gloria<br />
30.10.10 Hamburg // Überjazz Festival<br />
Neues Album:<br />
Fellowship<br />
Verve / Universal Music<br />
VÖ: 08. Oktober 2010<br />
Aktuelle Alben · Nils Landgren „Christmas With My Friends I & II“ (Act/edel)<br />
Nils laNdgreN<br />
Christmas With My Friends<br />
John Scofield Trio <strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong> Tango Crash<br />
Matthew Herbert Big Band Jason Moran & The Bandwagon<br />
"NDR Bigband & Colin Towns play John Lennon" Capri di Rote<br />
Chilly Gonzales Mulatu Astatke & The Heliocentrics Bibi Tanga<br />
Shining Das Hammerklavier Trio Soil & "Pimp" Sessions<br />
Youn Sun Nah & Ulf Wakenius Olafur Arnalds Peter Bolte & Jim Campbell<br />
Healthy Poison Burgstaller Martignon 4 (BM4) Frank Delle Trio u.v.m.<br />
Nils Landgren (tb, voc), Jeanette Köhn (voc), Sharon Dyall (voc),<br />
Ida Sand (p, voc), Johan Norberg (g), Jessica Pilnäs (voc),<br />
Jonas Knutsson (sax), Eva Kruse (b)<br />
29. + 30.10.2010<br />
KAMPNAGEL AB 19.00 UHR<br />
KOOPERATION VON<br />
JAZZBÜRO HAMBURG e.V.,<br />
KAMPNAGEL,<br />
KARSTEN JAHNKE KONZERTDIREKTION<br />
UND NDR JAZZREDAKTION.<br />
www.ueberjazz.com<br />
(Änderungen vorbehalten)<br />
07.12.10 Lüneburg // Kulturforum<br />
08.12.10 Hamburg // Laeiszhalle<br />
10.12.10 Oldenburg // Kulturetage<br />
11.12.10 Kiel // Petruskirche<br />
12.12.10 Dresden // Himmelfahrtskirche<br />
13.12.10 Berlin // Passionskirche<br />
14.12.10 Nürnberg // Gustav-Adolf-Gedächtniskirche<br />
15.12.10 München // Carl-Orff-Saal<br />
16.12.10 Stuttgart // Johanneskirche<br />
17.12.10 Darmstadt // Staatstheater<br />
18.12.10 Bochum // Christuskirche<br />
19.12.10 Köln // Kulturkirche<br />
21.12.10 Elmau // Schloss Elmau<br />
23.12.10 Elmau // Schloss Elmau*<br />
* mit kleiner Besetzung<br />
aNNe sofie voN otter<br />
aNd Brad Mehldau<br />
28.03.11 Berlin // Kammermusiksaal<br />
TIcKETS: 01805 - 62 62 80* und 040 - 413 22 60** • www.karsten-jahnke.de und an allen bekannten Vorverkaufsstellen. *(e 0,14/Min. aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunk max. e 0,42/Min.) **(Mo – Fr, 10 – 18 Uhr)
Paolo Conte<br />
Nelson<br />
Emarcy<br />
CD 274 7941<br />
erscheint am 15.10.<br />
22 www.jazzecho.de<br />
Auf den Hund<br />
gekommen<br />
Dass Paolo Conte eine Menge erlebt hat,<br />
verrät ein einziger Blick in sein gegerbtes Gesicht.<br />
Auf dem Album „Nelson“ erzählt das 73-jährige<br />
Multitalent 15 neue Episoden aus seinem Leben.<br />
Text: Jörg Eipasch | Foto: Cesare Cicardini<br />
Schnauzbärtig, bärbeißig dreinschauend, die linke Augenbraue<br />
skeptisch hochgezogen, die Stirn von tiefen Falten<br />
zerfurcht – so kennt man Paolo Conte schon seit Urzeiten<br />
von Fotos. Hinter der fast schon furchteinflößenden Maske –<br />
wie die rauchig-raue Stimme eines seiner Markenzeichen – verbirgt<br />
sich allerdings ein außergewöhnlich sensibler und warmherziger<br />
Poet mit Hang zu melancholischen Betrachtungen,<br />
die gelegentlich mit einer Prise Ironie oder Sarkasmus gewürzt<br />
sind. 73 Jahre alt ist Paolo Conte im Januar geworden, und gut<br />
die Hälfte dieser Zeit ist er nun schon ein Cantautore, wie man<br />
die singenden Songwriter in seiner Heimat Italien nennt. Seit<br />
1974 erfreut er mit seinen Geschichten ein ständig wachsendes<br />
Publikum. Nun hat er für sein Album „Nelson“ 15 neue Episoden<br />
vertont, zu denen ihn wahre Begebenheiten, aber auch Kunstwerke,<br />
literarische und filmische Vorlagen inspiriert haben.<br />
„Die barsche Raucherstimme, ein Klavierstil, der in einer<br />
Honky-Tonk-Bar genauso zu Hause zu sein scheint wie in einem<br />
Tango-Palast oder einem Broadway-Cabaret, und die Weltanschauung<br />
eines wettergegerbten Romantikers haben Paolo<br />
Conte in Italien zu einem bestens bekannten Songwriter gemacht.“<br />
Mit diesen Worten stellte die „New York Times“ ihren<br />
Lesern Paolo Conte vor, als dieser 1998 seine erste größere<br />
Tournee durch die Vereinigten Staaten startete. Dass Conte<br />
dort bis zu diesem Zeitpunkt nur wenig bekannt war, mutet<br />
absurd an: Schließlich hatte er seine Künstlerkarriere in den<br />
60er Jahren als Jazzvibraphonist begonnen und die frühen Traditionen<br />
des amerikanischen Jazz in seiner Musik auch danach<br />
immer besonders liebevoll gehegt und gepflegt.<br />
Auch auf „Nelson“ gibt es wieder zahlreiche Songs, die er<br />
mit der Patina des swingenden Jazz der 20er und 30er Jahre<br />
überzogen hat. Unter diese jazzigen Titel mischt er aber auch<br />
munter einen frankophonen Chanson („Enfant prodige“) und<br />
Lieder mit südamerikanischem Flair (wie die Bossa „Nina“, das<br />
sich im Titel selbst erklärende „Los amantes del mambo“ oder<br />
den Tango „L’orchestrina“). Halb Blues, halb Cabaret-Musik ist<br />
dagegen das sehr verspielte „Sotto la luna, Bruna“, in dem der<br />
launige Künstler wie ein Hund den von ihm besungenen Mond<br />
anheult. Doch Conte schwelgt nicht nur in nostalgischen Klän-<br />
Paolo Conte<br />
gen. Im poppigen „C’est beau“ (wo er Gaststar Laura Conti<br />
und seinem Bassisten Jino Touche den Leadgesang überließ)<br />
und vor allem in „Sarah“ experimentiert er behutsam auch mit<br />
modernen Stilformen und Grooves.<br />
„Man kommt alleine auf die Welt, man geht alleine von ihr,<br />
und dazwischen herrscht ein ständiges Kommen und Gehen,“<br />
sinnierte Paolo Conte einmal in einem seiner melancholischen<br />
Anflüge. Was er damit meinte, erfährt man jetzt in den 15<br />
Songs von „Nelson“. Das Album benannte er übrigens nach<br />
seinem Hund, den er auf dem Gemälde für das Cover porträtierte.<br />
www.paolo-conte.de
Mitschwingen<br />
Text: Götz Bühler | Foto: Robbin Valentine<br />
„Die Musik war immer stärker als<br />
alles andere, vor allem als alle Zweifel“,<br />
sagt Anat Fort. „Ich befürchtete,<br />
dass ich einfach keine normale, typische<br />
Jazzmusikerin sein könnte. Aber die Musik<br />
drängte mich, das zu tun, was sie<br />
brauchte. Sobald ich akzeptierte, dass<br />
ich die Musik so und nicht anders hörte,<br />
wurde es besser und entspannter. Und<br />
ich sagte mir: Okay, so bin ich. Es ist weder<br />
gut noch schlecht. Es ist, wie es ist.“<br />
Seit 15 Jahren lebt und arbeitet die israelische<br />
Pianistin vorwiegend in New York,<br />
seit zehn Jahren leitet die Schülerin von<br />
Harold Mabern und Rufus Reid dort ihr<br />
eigenes Trio mit dem Bassisten Gary<br />
Wang und dem Schlagzeuger Roland<br />
Schneider. Auf ihrem zweiten, von Manfred<br />
Eicher im Osloer Rainbow Studio<br />
produzierten ECM-Album „And If“, dessen<br />
Coverfoto vom Roten Meer scheinbar<br />
schon die Stimmung des Albums antizipiert,<br />
präsentiert sie neun sensible Eigenkompositionen,<br />
mit eben diesem<br />
traumwandlerisch eingespielten Trio. Mit<br />
Nik Bärtsch<br />
„Ekstase durch Askese“ lautet ein<br />
Motto von Nik Bärtsch. Der 39-jährige<br />
Pianist, Komponist und Bandleader aus<br />
Zürich schafft in und mit seiner „Ritual<br />
Groove Music“, besonders dem „Zen-<br />
Funk“ seiner Samurai-Band Ronin, eine<br />
Klarheit und Direktheit, deren meditativer<br />
Minimalismus den hörbaren Raum<br />
und sogar die Zeit auszudehnen scheint.<br />
einem „lebhaft meditativen Solo-Stil“,<br />
wie es Gary Giddins in der „Village Voice“<br />
formulierte, lautmalt sie etwa „Clouds<br />
Moving” oder „Something ’Bout Camels“,<br />
aber auch „Paul Motian“. Die Huldigung<br />
an den legendären Drummer,<br />
der auf dem Vorgängeralbum „A Long<br />
Story“ zu hören war, bildet sogar Eröffnung<br />
und Abschluss. „Alles, was man in<br />
Minimale Module<br />
Text: Götz Bühler | Foto: Martin Möll<br />
Im hypnotisch groovenden Fluss der<br />
„Module“, wie der Leader seine durchnummerierten<br />
Stücke nennt, klingt alles<br />
weiter, auch intensiver, durch eine Dramaturgie,<br />
die gekonnt Komposition und<br />
Improvisation vereint. Auf „Llyrìa“, dem<br />
dritten ECM-Album von Nik Bärtsch’s<br />
Ronin, produziert von Manfred Eicher an<br />
nur vier Tagen im März dieses Jahres im<br />
Studio La Buissonne in Pernes-les-Fontaines,<br />
entfalten sich die Module noch<br />
gründlicher und gelassener als bisher.<br />
Die Sehnsucht in „Modul 48“ entwickelt<br />
dabei eine ebensolche Kraft wie der<br />
Sturm und Drang in „Modul 51“. Man<br />
merkt, dass diese seit fast zehn Jahren<br />
Gary Wang, Anat Fort, Roland Schneider<br />
seinem Leben erfährt und erfahren hat,<br />
kommt an einem bestimmten Punkt heraus“,<br />
sagt Anat Fort. „Ich versuche nichts<br />
zu forcieren. Etwa ein Stück zu spielen,<br />
das sich israelisch anhört. Oft fließen die<br />
Sachen auf natürliche Weise ein. Daran<br />
ist nichts Falsches, also schwinge ich<br />
mit.“<br />
www.ecm-sounds.de<br />
funktionierende „working band“ mit<br />
Bärtsch am Piano, Sha an Bassklarinette<br />
und Altsaxophon, Bassist Björn Meyer,<br />
Percussionist Andi Pupato und Bärtschs<br />
Schulfreund Kaspar Rast am Schlagzeug,<br />
nicht nur regelmäßig durch die Welt<br />
tourt, sondern auch so oft es geht ihr<br />
Montagskonzert im Club Exil in Zürich<br />
gibt – inzwischen schon über dreihundert<br />
mal. All das kann man wissen, vielleicht<br />
steigert es das Verständnis sogar.<br />
Doch die Musik von Nik Bärtsch’s Ronin<br />
begeistert auch ohne jegliche Vorliebe –<br />
je bedachter man sich ihr stellt, umso begeisternder<br />
wirkt sie.<br />
www.nikbaertsch.de<br />
Anat Fort Trio<br />
And If<br />
ECM<br />
CD 273 3216<br />
Nik Bärtsch’s Ronin<br />
Llyrìa<br />
ECM<br />
CD 274 2820<br />
www.jazzecho.de 23
Giuseppe Sinopoli/<br />
Philharmonia<br />
Orchestra<br />
Recomposed By<br />
Matthew Herbert<br />
– Mahler<br />
Symphony X<br />
Deutsche Grammophon<br />
CD 273 4438<br />
LP 273 4451<br />
24 www.jazzecho.de<br />
Vollendet unvollendet<br />
Für seinen Beitrag zur Serie „Recomposed“ hat Matthew Herbert Gustav Mahlers unvollendete<br />
Zehnte Symphonie bearbeitet. Die Komposition ist erhalten geblieben und doch ist diese Rekomposition<br />
die vielleicht radikalste der Serie.<br />
Text: Felix Fast | Foto: Dino Wand<br />
Matthew Herbert<br />
enie und Wahnsinn lagen dicht beieinander, als Gustav<br />
GMahler 1910 seine unvollendete Zehnte Symphonie komponierte.<br />
Rasende Eifersucht plagte den 50-Jährigen, denn seine<br />
deutlich jüngere Frau Alma betrog ihn mit dem 27-jährigen<br />
Architekten Walter Gropius. Mahler suchte Rat und Hilfe auf<br />
der Couch von Sigmund Freud – nachempfunden haben diese<br />
Begegnung Percy und Felix Adlon in ihrem aktuellen Spielfilm<br />
„Mahler auf der Couch“. Danach zog Mahler sich nach Südtirol<br />
zurück, in sein Kompositionshäuschen in Toblach, wo er das<br />
Adagio und vier weitere Sätze der Zehnten Symphonie zu Papier<br />
brachte. Bevor er sie beenden konnte, starb der österreichische<br />
Spätromantiker am 18. Mai 1911 in Wien. Posthum kur sier ten<br />
zunächst nur Gerüchte über die Zehnte Symphonie. Etliche<br />
puzzelten dann mit den Fragmenten herum. Auskomponiert<br />
hat Mahler allerdings nur eine halbe Stunde Musik. Genau die<br />
spielte 1987 der Dirigent, Komponist, Psychiater und Archäologe<br />
Guiseppe Sinopoli historisch korrekt ein. 2001 brachte<br />
ein früher Tod Sinopoli (wie Mahler) um die Vollendung, was<br />
Musikwissenschaftler als interessante Parallele bewerten. Die<br />
„Unvollendung“ von Mahlers Zehnter ist für den englischen<br />
Produzenten Matthew Herbert nun ein entscheidender Punkt<br />
gewesen, sie für seinen neuen Beitrag der von der Deutschen<br />
Grammophon lancierten „Recomposed“-Serie auszuwählen:<br />
„Damit sinkt das Ausmaß an Gewalt, das ich dem Werk antue“,<br />
kommentierte der Avantgarde-Elektroniker im Interview. Als radikaler<br />
Tüftler begeisterte Herbert in den 1990ern das Techno-<br />
Publikum mit gesampleten Chips-Tüten, wurde dann zum Bigbandleader,<br />
fand Beachtung als Echtzeit-Sampler vor Publikum<br />
und brachte mit seiner aktuellen Platte „One Pig“ die Tierschützer<br />
auf den Plan. Die Herangehensweise des kontroversen minimalistischen<br />
Geräuschespezialisten bei „Recomposed“ Manfred Eicher hebt<br />
sich natürlich ab von der seiner Vorgänger in der Reihe: Für die<br />
letzte Ausgabe von „Recomposed“ remixten die Techno-Koryphäen<br />
Moritz von Oswald und Carl Craig Fragmente aus Ravels<br />
„Bolero“ in eine traumwandlerische Trance. Herbert lässt dagegen<br />
Sinopolis Einspielung des Adagios von Mahlers Zehnter intakt,<br />
macht aus ihr ein biografisches Symphonie-Hörspiel, in<br />
dem Türen klappern und Knochen knirschen. Fast schon wie in<br />
einem Totenritual spielte er dafür unterschiedliche Teile des<br />
Werks an verschiedenen Orten ab: in einem Sarg, in einem Krematorium,<br />
aus einem Leichenwagen; die eröffnende Bratschen-<br />
Passage ließ er am Grab Mahlers aufführen. Ohne Mahler zu<br />
zer mahlern, verstärkte er so die dynamischen Kontraste der<br />
Originalaufnahme. Nicht Melodie, Harmonie und Struktur des<br />
Stücks wollte er re-komponieren, sondern dessen Performance<br />
und Klangraum. Indem Herbert statt an der Komposition an ihrer<br />
Einspielung werkelt, erzeugt er einen Bruch im Paradigma<br />
der Klassikaufnahme, die vor allem eins sein möchte: neutral.<br />
Rechtzeitig zum 150. Geburtstag Mahlers solle Herberts gewagte<br />
Neufassung „kein düsteres Mausoleum darstellen“, teilt<br />
der Brite im Booklet mit, „sondern eine Verstärkung des beunruhigenden<br />
Gleichgewichts zwischen Licht und Dunkelheit“,<br />
das er in der Originalarbeit hört. Entstanden ist ein Album für<br />
Kopfhörer (im doppelten Wortsinn).<br />
www.recomposed.de
Neuerscheinungen<br />
CDs • www.jazz-neuerscheinungen.de<br />
Weltmusik<br />
Seit 30 Jahren steht sein Name für romantische<br />
Mu sik mit jazzigem Einschlag. Auch im moderne ren<br />
Sound bleibt er seinen Wurzeln treu. Kenny G /<br />
Heart And Soul / Concord CD 723 2048<br />
An der Seite des Gitarristen Pepe Habichuela: Hol-<br />
lands erster Ausflug in die Welt des reinen, echten<br />
Flamenco. Dave Holland & Pepe Habichuela /<br />
Hands / Emarcy CD 273 8853<br />
Klassisches und doch erfrischend modern klin gen-<br />
des Jazzalbum des Neo-Soul-Sängers im Duett mit<br />
dem Pianisten Jef Neve. José James & Jef Neve /<br />
For All We Know / Impulse CD 273 2149<br />
Popklassiker von den Beatles, Paul Simon, Stevie<br />
Won der, Jackson Browne, Brian Wilson, Billy Joel<br />
u.a. Monica Mancini / I’ve Loved These Days /<br />
Concord CD 723 0745<br />
Brückenschlag zwischen Jazz und Blues sowie der<br />
Musik des Baskenlands und dem Flamenco. Jazz<br />
at Lincoln Center feat. Wynton Marsalis & Paco<br />
de Lucía / Vitoria Suite / Emarcy 2 CDs 273 7863<br />
Nur selten kommt der gesamte musikalische Marsalis-Clan<br />
auf einer Bühne zusammen. Gäste: Harry<br />
Connick jr. u.v.a. The Marsalis Family & Friends /<br />
Music Redeems / Marsalis Music CD 460 0130<br />
Gitarristisches Gipfeltreffen mit John Scofield, B.B.<br />
King, George Benson, Taj Mahal, Robert Cray, Keb’<br />
Mo’, Jonny Lang, Slash u.a. Various Artists / Lee<br />
Ritenour’s 6-String Theory / Concord CD 723 1911<br />
Scofields und Mendozas Wiedertreffen nach 20 Jah-<br />
ren, unterstützt vom klanggewaltigen Me tro pole<br />
Orchestra. John Scofield, Metropole Orchestra,<br />
Vince Mendoza / 54 / Emarcy CD 271 4450<br />
Für den Pianisten Terrasson ein wichtiger Wende-<br />
punkt seiner Karriere, ausgezeichnet mit dem Vier-<br />
teljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik.<br />
Jacky Terrasson / Push / Concord CD 723 1640<br />
Gils Zeitreise in seine Kindheit ist eine musikalische<br />
Erinnerung an die ausgelassenen ländlichen<br />
Tanzfeste Brasiliens. Gilberto Gil / Fé Na Festa /<br />
Emarcy CD 274 1055<br />
Unwiderstehlicher Klangcocktail aus Bossa- und<br />
Sambaklassikern sowie Originalen, brasilianischen<br />
Rhythmen und Dancefloor-Grooves. Sergio<br />
Mendes / Bom Tempo / Concord CD 723 1575<br />
Hommage an Bob Marley mit alten Hits und neuen<br />
Songs im Reggae-Gewand. Mit Earl „Chinna“<br />
Smith, Patrice & Ayo. Youssou N’Dour / Dakar –<br />
Kingston / Emarcy CD 532 5472<br />
Pop / Rock / Singer/Songwriter<br />
Reflektionen über das eigene Leben und Wunder<br />
auf einem berückend schönen Album.<br />
Mary Chapin Carpenter / The Age Of Miracles /<br />
Rounder CD 431 1332<br />
Wie immer ein typisch explosives Gemisch aus<br />
Rhythm’n’Blues, Funk, Rock, viel Kreativität und<br />
positiver Energie.<br />
Macy Gray / The Sellout / Concord CD 723 2009<br />
Deutlich rockigere Seite der kanadischen Songschreiberin,<br />
die politisch engagierte Texte mit<br />
Indie-Pop, Folk und Country kombiniert. Sarah<br />
Harmer / Oh Little Fire / Rounder CD 431 1272<br />
Langs erstes Livealbum mit einem atemberaubend<br />
elektrisierenden Konzert in Nashville.<br />
Jonny Lang / Live At The Ryman /<br />
Concord CD 723 2007<br />
Hier geht Tift Merritt mehr denn je aus sich heraus<br />
und präsentiert ihren Folk- und Country-Rock<br />
direkt und schnörkellos. Tift Merritt / See You On<br />
The Moon / Emarcy CD 723 1965<br />
Ungewöhnlicher Spagat zwischen diversen musikalischen<br />
Stilen und Epochen mit viel Charme, Originalität<br />
und Witz. Térez Montcalm / Connection /<br />
Emarcy CD 532 1171<br />
Zupackendes Retroalbum mit 13 neuen Songs,<br />
aufgenommen mit historischem Equipment an<br />
musikalischen Kultorten. John Mellencamp /<br />
No Better Than This / Rounder CD 613 2842<br />
Nostalgische Reunion der legendären Band The<br />
Section nach 36 Jahren mit allen damaligen Hits.<br />
James Taylor & Carole King / Troubadour<br />
Reunion Live / Concord CD+DVD 723 2053<br />
Das erste Soloalbum seit acht Jahren bewegt sich<br />
gewitzt im Grenzgebiet von Rock, Rhythm’n’Blues,<br />
Blues, Folk, Country und Funk. Peter Wolf /<br />
Midnight Souvenirs / Verve CD 273 9623<br />
Beate Lechs unnachahmliche Vocals treffen auf<br />
Tex-Mex, kubanische Perkussion und großartiges<br />
Songwriting zwischen Pop und Jazz. Beady Belle /<br />
At Welding Bridge / Jazzland CD 274 7580<br />
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mit der einzigen kompletten Live-Aufführung von<br />
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seine Solokarriere. Inkl. „Tenor Madness“ und<br />
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Songwriters mit der Entstehungsgeschichte seiner<br />
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l Mainstream Jazz (z.B. Oscar Peterson, Herbie Hancock, Till Brönner)<br />
l Modern Jazz (z.B. John Coltrane, Roy Hargrove, John Scofield)<br />
l Vocal Jazz (z.B. Ella Fitzgerald, Diana Krall, Madeleine Peyroux)<br />
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l Singer/Songwriter & Folk (z.B. Joni Mitchell, Vienna Teng)<br />
l Dixie/Swing/Big-Band-Jazz (z.B. Louis Armstrong, Quincy Jones)<br />
l Club/Dance-Jazz (z.B. Mojo Club, Tok Tok Tok, Jazzanova)<br />
l ECM-Label (z.B. Jan Garbarek, Keith Jarrett, Wasilewski Trio)<br />
l Andere Jazzmusik, z.B. _____________________________<br />
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l Weltmusik (Afrika, Asien, Lateinamerika)<br />
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* Mit diesen freiwilligen Angaben erklärt sich der/die Absender/-in einverstanden, dass seine/ihre Daten elektronisch gespeichert werden und zu Marketing-<br />
zwecken von der Universal Music GmbH genutzt werden können. Diese Einwilligung kann jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.<br />
ECM CDs • www.ecm-sounds.de<br />
Das Debüt einer der eigenständigsten Stimmen im<br />
modernen Jazz. New Yorks Progressive-Szene liegt<br />
der Pianistin und Sängerin schon zu Füßen.<br />
Judith Berkson / Oylam / ECM CD 271 8954<br />
Die orchestrale Seite des Bandeonmeisters und<br />
Tango-Nuevo-Revolutionärs. Dino Saluzzi with<br />
Metropole Orkest feat. & Anja Lechner & Felix<br />
Saluzzi / El Encuentro / ECM CD 476 3834<br />
Atmosphärische Klangreise zwischen Ambient<br />
und Groove mit Nils Petter Molvær und Christian<br />
Fennesz als Gästen.<br />
Food / Quiet Inlet / ECM CD 273 4919<br />
Unkonventionelles und primär akustische Album<br />
des Gitarristen, Fusion-Heroen und Soundlayer-<br />
Spezialisten. Steve Tibbetts / Natural Causes /<br />
ECM CD 270 2164<br />
Im Duo improvisierte Instrumentaldialoge, die spielerisch<br />
die Grenzen des Jazz überschreiten. Marilyn<br />
Crispell & David Rothenberg / One Dark Night<br />
I Left My Silent House / ECM CD 179 9220<br />
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Avantgarde-Szene, umwerfend energetisch und<br />
immer aufregend. Michael Formanek / The Rub<br />
And Spare Change / ECM CD 273 9514<br />
Ausgabe 2 • 2010<br />
Jahrgang 13<br />
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bitte an:<br />
UNIVERSAL MUSIC JAZZ<br />
A.-Nr. 7426,<br />
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Oder per Fax an: 030/520 07 25 97.<br />
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Eivind Aarset<br />
07.10. Ludwigsburg, Werner Cee<br />
02.12. Köln, Stadtgarten<br />
03.12. Berlin, Stilwerk<br />
The Bad Plus<br />
02.10. Berlin, Quasimodo<br />
03.10. Hannover, Jazz Club<br />
Nik Bärtsch’s Ronin<br />
06.10. München, Ampere<br />
07.10. Ulm, Roxy<br />
09.10. Mannheim, Enjoy Jazz/<br />
Alte Feuerwache<br />
10.10. Chemnitz, Weltecho<br />
16.12. Rüsselsheim, Jazzfabrik<br />
Rebekka Bakken<br />
07.10. Lörrach, Burghof<br />
08.10. Pforzheim, Kulturhaus Osterfeld<br />
09.10. Tübingen, Sudhaus<br />
10.10. Memmingen, Kaminwerk<br />
Beady Belle<br />
03.11. Köln, Stadtgarten<br />
04.11. Stuttgart, BIX<br />
06.11. Essen, Zeche Carl<br />
Ketil Bjørnstad<br />
29.10. Neuwied, Festival<br />
Carla Bley<br />
26.11. Neuburg, Birdland<br />
Mari Boine<br />
31.10. Kaiserslautern, Kammgarn<br />
01.11. Freiburg, Jazzhaus<br />
03.11. Marburg, KFZ<br />
04.11. Bochum, Bahnhof Langendreer<br />
06.11. Hamburg, Fabrik<br />
08.11. Bremen, Schlachthof<br />
09.11. Berlin, Passionskirche<br />
10.11. Plauen, Malzhaus<br />
11.11. Erlangen, E-Werk<br />
Frank Chastenier Trio<br />
20.10. Essen, Zeche Zollverein<br />
11.11. Berlin, A-Trane<br />
Paolo Conte<br />
28.10. Baden Baden, Festspielhaus<br />
30.10. Ingolstadt, Jazztage<br />
Paco de Lucía<br />
06.11. Leverkusen, Jazzfestival<br />
07.11. Ingolstadt, Jazztage<br />
Food feat. Nils Petter Molvær &<br />
Christian Fennesz<br />
11.11. Mannheim, Enjoy Jazz<br />
Jan Garbarek<br />
27.11. Singen, Stadthalle<br />
Jan Garbarek & Hilliard Ensemble<br />
30.09. Berlin, Dom<br />
04.10. Heidelberg, Heiliggeistkirche<br />
05.10. Eberbach, Kloster<br />
06.10. Köln, Kirche St. Agnes<br />
08.10. München, Lukaskirche<br />
<strong>Charlie</strong> <strong>Haden</strong><br />
05.11. Mannheim, Enjoy Jazz<br />
Hamel<br />
08.11. Köln, Studio 672<br />
09.11. Mainz, Frankfurter Hof<br />
14.11. Hamburg, Knust<br />
Roy Hargrove<br />
29.10. Stuttgart, Mercedes-Benz-Museum<br />
07.11. Friedrichshafen, Kulturbüro<br />
Dave Holland Quintet<br />
26.10. München, Bayerischer Hof<br />
30.10. Neuwied, Jazzfestival<br />
31.10. Köln, WDR/<br />
Klaus-von-Bismarck-Saal<br />
Manu Katché<br />
02.10. Heidelberg, Enjoy Jazz/Schloss<br />
29.10. Neuwied, JazzFestival<br />
30.10. Backnang, Musikwinter<br />
09.11. Fürth, Stadttheater<br />
10.11. Ravensburg, Jazz Festival<br />
11.11. Leverkusen, Jazztage<br />
Salif Keita<br />
30.10. Berlin, Haus der Kulturen der Welt<br />
11.11. Dortmund, Konzerthaus<br />
12.11. Leverkusen, Leverkusener Jazztage<br />
Medeski, Martin & Wood<br />
01.10. Leipzig, Opernhaus<br />
Stephan Micus<br />
28.10. Landsberg, Stadttheater<br />
Youssou N’Dour<br />
24.11. Hamburg, Fabrik<br />
25.11. Berlin, Kesselhaus<br />
Louis Sclavis<br />
06.10. Köln, vive le jazz<br />
11.12. Schwäbisch-Gmünd, Jazz Mission<br />
John Scofield<br />
28.10. Hamburg, NDR/<br />
Rolf-Liebermann-Studio<br />
29.10. Hamburg, Kampnagel/K 6<br />
09.11. Leverkusen, Jazzfestival<br />
11.11. Ravensburg, Konzerthaus<br />
12.11. Neuburg, Birdland<br />
Jazzgeschichte zum Mittanzen, zusammengestellt<br />
von den Machern des Berliner Verve Club.<br />
Various Artists / Verve Club – Legendary Jazz<br />
Grooves / Verve CD 532 5388<br />
Jazziger Soundtrack mit Hits aus den 20er und 30er<br />
Jahren und moderneren Popklassikern, aufbereitet<br />
im Stil der Zeit. Various Artists / Easy Virtue<br />
(Original Soundtrack) / Decca CD 478 1417<br />
Christian Scott<br />
16.10. Dortmund, Domicil<br />
30.10. Minden, Jazzclub<br />
31.10. Chemnitz, Weltecho<br />
06.11. Aalen, Jazzfest<br />
Andy Sheppard<br />
09.10. Göppingen, Odeon<br />
Solveig Slettahjell<br />
07.10. Düsseldorf, Stadtsparkasse<br />
Tomasz Stanko<br />
12.10. Mannheim, Enjoy Jazz/<br />
Alte Feuerwache<br />
13.10. Köln, Altes Pfandhaus<br />
16.10. Tübingen, Sudhaus<br />
17.10. Hamburg, Laeiszhalle<br />
18.10. Ulm, Stadthaus<br />
19.10. Schwäbisch-Hall, Hospitalkirche<br />
Bobo Stenson<br />
04.12. Memmingen, Kaminwerk<br />
Ralph Towner<br />
11.11. Oberhausen<br />
Trombone Shorty<br />
24.10. Köln, Stadtgarten<br />
25.10. Hamburg, Knust<br />
26.10. Berlin, Festsaal Kreuzberg<br />
27.10. Heidelberg, Enjoy Jazz Festival<br />
28.10. München, Ampere<br />
Gianluigi Trovesi & Gianni Coscia<br />
24.10. Stuttgart, Theaterhaus<br />
26.10. München, Unterfahrt<br />
27.10. Darmstadt, Centralstation<br />
28.10. Köln, Altes Pfandhaus<br />
31.10. Saarbrücken, Domicil<br />
02.11. Koblenz, Café Hahn<br />
Bugge Wesseltoft<br />
04.11. Aalen, Jazzfest<br />
05.11. Ingolstadt, Jazztage, Ramada<br />
27.11. Neuhardenberg, Schloss<br />
30.11. Bochum, Christuskirche<br />
02.12. Heidelberg, Peterskirche<br />
Norma Winstone<br />
14.11. Ravensburg, St. Jodok Kirche,<br />
Trans-4-Jazz Festival<br />
<strong>Lizz</strong> <strong>Wright</strong><br />
16.10. Berlin, Passionskirche<br />
25.10. Frankfurt, Mousonturm<br />
26.10. Köln, Gloria<br />
30.10. Hamburg, Kampnagel<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Universal Music<br />
Classics & Jazz<br />
Stralauer Allee 1<br />
10245 Berlin<br />
www.jazzecho.de<br />
Konzept und Gestaltung:<br />
G9 Design GmbH<br />
Hamburg<br />
www.G9.com<br />
Litho:<br />
TRIDIX, Berlin<br />
Druck:<br />
Mohn media,<br />
Gütersloh<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
Nach druck, auch auszugsweise,<br />
nur mit vorheriger<br />
schriftlicher Zustimmung<br />
des Herausgebers:<br />
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P h o t o : M a r i o G i a c o m e l l i<br />
J a n G a r b a r e k<br />
O f f i c i u m N o v u m<br />
T h e H i l l i a r d E n s e m b l e<br />
S e i t J a n G a r b a r e k u n d d a s H i l l i a r d E n s e m b l e 1 9 9 3 m u s i k a l i s c h z u s a m m e n g e f u n d e n h a b e n , h a t i h r g e m e i n s a m e s M u s i z i e r e n<br />
i m m e r w i e d e r z u ü b e r r a s c h e n d e n , h ö c h s t i n n o v a t i v e n W e n d u n g e n g e f ü h r t . D a s b a h n b r e c h e n d e A l b u m „ O f f i c i u m ∑ , m i t<br />
G a r b a r e k s S a x o p h o n a l s f r e i g e s t a l t e n d e r f ü n f t e r S t i m m e d e s E n s e m b l e s , v e r m i t t e l t e g l e i c h e i n e n s t a r k e n E i n d r u c k v o n<br />
d e r m u s i k a l i s c h e n V i e l s e i t i g k e i t u n d e m o t i o n a l e n K r a f t d i e s e r Ve r b i n d u n g . N a c h 1 6 J a h r e n g e m e i n s a m e r E r f a h r u n g e n<br />
s t e h t „ O f f i c i u m N o v u m ∑ f ü r m u s i k a l i s c h e K o n t i n u i t ä t , a b e r a u c h f ü r A u f b r u c h i n n e u e G e f i l d e .<br />
1 4 . 9 . H a m b u r g – S t . M i c h a e l i s ( w o r l d p r e m i e r e ) / 1 5 . 9 . S a l z b u r g – D o m / 3 0 . 9 . B e r l i n – D o m z u B e r l i n / 4 . 1 0 . H e i d e l b e r g<br />
H e i l i g g e i s t k i r c h e / 5 . 1 0 . K l o s t e r E b e r b a c h / 6 . 1 0 . K ö l n – S a n k t A g n e s k i r c h e / 8 . 1 0 . M ü n c h e n L u k a s k i r c h e / 9 . 1 0 . Z ü r i c h<br />
G r o ß m ü n s t e r / 11. 1 0 . W i e n – Vo t i v k i r c h e<br />
w w w. e c m r e c o r d s . c o m I m U n i v e r s a l Ve r t r i e b w w w. o f f i c i u m _ n o v u m . d e w w w. e c m _ s o u n d s . d e e