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6. KRITERIEN ZUR EINTEILUNG DER WORTARTEN Die ...

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<strong>6.</strong> <strong>KRITERIEN</strong> <strong>ZUR</strong> <strong>EINTEILUNG</strong><br />

<strong>DER</strong> <strong>WORTARTEN</strong><br />

<strong>Die</strong> Uneinheitlichkeit bei der Einteilung der Wortarten bezieht<br />

sich auf drei Aspekte:<br />

1. auf die Uneinheitlichkeit in der Zahl der angenommenen<br />

Wortarten (also die Frage: Wieviele Wortarten ?)<br />

2. auf die Uneinheitlichkeit der für die Wortarteinteilung<br />

verwendeten Kriterien oder Prinzipien - semantische,<br />

syntaktische und/oder morphologische K.<br />

(die Frage: Welche Kriterien ?)<br />

3. auf die Uneinheitlichkeit im Hinblick auf das Postulat der<br />

Anwendung nur eines Kriteriums - homogene<br />

Wortarteinteilung - oder der Anwendung von mehreren<br />

Kriterien - heterogene Wortarteinteilung (es geht also um<br />

die Frage: Wieviele Kriterien ?)<br />

<strong>Die</strong> Zahl der Wortarten ist nur von untergeordneter<br />

Bedeutung, da sie von den angesetzten Kriterien abhängt und<br />

eigentlich nur ein Resultat und nicht die eigentliche Ursache<br />

für die Divergenz (Uneinheitlichkeit) in der Wortartklassifizierung<br />

ist. <strong>Die</strong> unterschiedliche Zahl der Wortarten ergibt sich<br />

aus der Dominanz dieses oder jenes Kriteriums, d.h. daraus,<br />

welches Kriterium als primär eingestuft wird. In diesem<br />

Kapitel soll beleuchtet werden, welche Vorteile und welche<br />

Grenzen die genannten Kriterien haben.<br />

Bei der Frage, ob eine homogene oder eine heterogene<br />

Wortartklassifizierung angebracht wäre, gibt es in der<br />

Linguistik bis heute keine einheitlichen Auffassungen: Auf der<br />

einen Seite wird die Möglichkeit, ja sogar die Notwendigkeit<br />

eines einheitlichen Kriteriums bejaht und gefordert, auf der<br />

anderen Seite wird sie ebenso definitiv verneint.<br />

HELBIG (S.44) meint u. a. dazu: "Das Primat eines Kriteriums<br />

... bedeutet keineswegs (...) die Mißachtung oder gar Negierung<br />

der anderen Kriterien - ... Eine volle Wortartcharakteristik<br />

(...) verlangt die Beschreibung jeder Wortart nach allen -<br />

morphologischen, syntaktischen und semantischen - Merkmalen.<br />

<strong>Die</strong>s impliziert jedoch nicht die Vermengung dieser<br />

heterogenen Kriterien, sondern erfordert ihre geordnete und<br />

hierarchische Verwendung.<br />

VERSCHIEDENE ZUORDNUNG AUFGRUND VERSCHIEDENER <strong>KRITERIEN</strong><br />

An einigen Beispielen soll verdeutlicht werden, wie die<br />

Anwendung verschiedener Kriterien zu verschiedenen<br />

Zuordnungen führt.<br />

(1) Während des Essens las er die Zeitung. (Präp.)<br />

(2) Während er aß, las er die Zeitung. (Konj.)<br />

a) die unterstrichenen Lexeme in beiden Sätzen sind auf Grund<br />

des morphologischen Kriteriums nicht unterscheidbar (denn<br />

beide Lexeme sind unflektierbar).<br />

b) beide Lexeme haben gleiche semantische Merkmale (zur Zeit<br />

des, zur Zeit als,...)<br />

c) lediglich mit einem syntaktischen Kriterium lassen sich die


eiden Lexeme in zwei verschiedene Klassen einteilen:<br />

- die Stellung des finiten Verbs: in Satz (2) steht das<br />

finite Verb am Ende des Satzes,den das unterstrichene Lexem<br />

einleitet - es handelt sich also um eine subordinierende<br />

Konjunktion.<br />

- der nachfolgende Genitiv in Satz (5): das unterstrichene<br />

Lexem ist eine Präposition (also keine Konjunktion),denn es<br />

fordert einen bestimmten Kasus.<br />

(3) Der Junge ist fleißig. (Adj.)<br />

(4) Der Junge ißt fleißig. (Adj. oder Adv.)<br />

(3a)---> der fleißige Junge<br />

(4a)-/-> der fleißige Junge<br />

---> das fleißige Essen<br />

---> DerJunge ißt. Das Essen ist (geschieht) fleißig.<br />

---> das fleißige Essen des Jungen<br />

a) morphologisch gesehen, besteht zwischen den beiden<br />

unterstrichenen Lexemen in den Sätzen (3) und (4) kein<br />

Unterschied: in beiden Fällen ginge es um ein Adjektiv;<br />

b) die Bedeutung beider Lexeme ist strebsam, eifrig, seine<br />

Zeit nutzend; aber in (3) handelt es sich um eine<br />

Eigenschaft, in (4) hingegen um einen Umstand, unter dem<br />

sich ein Sachverhalt vollzieht oder existiert;<br />

c) die Stellung beider Lexeme (am Ende des Satzes nach dem<br />

finiten Verb) und ihre Distribution (sie passen in den<br />

gleichen Satzrahmen) sind gleich;<br />

hier hilft eine syntaktische Umformung weiter (3a),(4a):<br />

fleißig in (3) bezieht sich auf den Jungen (durch die<br />

Umwandlung von fleißig in ein Attribut des Substantivs<br />

Junge), charakterisiert also den Jungen;<br />

fleißig in (4) bezieht sich auf die Handlung des Jungen,<br />

auf das Essen (wir erhalten ein Attribut zum substantivierten<br />

Verb), charakterisiert also die Verbhandlung, oder anders<br />

ausgedrückt: in welchen Umständen vollzieht sich die Handlung<br />

(5) Er kam schnell zurück. (Adj/Adv als AB)<br />

(6) Er kam gesund zurück. (Adj. als prädikativ. Attr.)<br />

(5a) Sein schnelles Zurückkommen<br />

(6a)


einheitliche Wortart, denn sie haben sehr verschiedene<br />

Funktionen im Satz.<br />

(10) <strong>Die</strong>ser Mann ist ein Mann, der alles kann.<br />

(11) Er kann sogar kochen.<br />

a) vom morphologischen Standpunkt aus gesehen, stellen die<br />

Pronomina eine geschlossene Klasse,in der Gegenwartssprache<br />

nicht mehr aufgefüllte Klasse von Wörtern, zumeist von<br />

Wurzelwörtern, dar.<br />

b) unter semantischem und text-theoretisch-kommunikativem<br />

Aspekt ordnen sich die Pronomina in die umfassendere Klasse<br />

der Prowörter (Wörter, die als Substitute fungieren: auf<br />

semantischer Ebene beziehen sie sich nur indirekt auf das<br />

Denotat)<br />

c) auf Grund des syntaktischen Kriteriums kann man in Fällen<br />

wie z.B. in (10) und (11) adjektivisch gebrauchte und<br />

substantvisch gebrauchte Pronomina unterscheiden, d.h. auf<br />

Grund der verschiedenen Funktionen im Satz gibt es keine<br />

einheitliche Klasse der Pronomina.<br />

(12) Der Student kommt vermutlich. (Modalwort)<br />

(13) Der Student kommt pünktlich. (Adverb)<br />

(12a) Kommt der Student ? Vermutlich.<br />

(13a) Kommt der Student ? *Pünktlich.<br />

a) morphologisch gibt es keinen Unterschied;<br />

b) semantisch unterscheiden sich die beiden unterstrichenen<br />

Lexeme: Adverbien drücken die objektive Art und Weise des<br />

Geschehens aus, Modalwörter die subjektive Stellungnahme<br />

des Sprechers zum Geschehen;<br />

c) nach der Stellung und der Distribution der beiden Lexeme<br />

können wir in (12) und (13) keinen Unterschied feststellen;<br />

mit einer syntaktischen Umformung und durch eine<br />

Alternativfrage können wir ebenfalls Fall (12) von (13)<br />

trennen.<br />

Noch ein letztes Beispiel...<br />

(14) Keiner/ niemand kommt heute. (Er kommt heute.)<br />

(15) Er läuft nie/ nicht/ nirgends. (Er läuft dort.)<br />

(16) Er liest kein Buch. (Er liest ein Buch.)<br />

(17) Kommt er? Nein,er kommt nicht. (Ja, er kommt.)<br />

(18) Nicht ein Schüler war krank. (Nur ein S. war kr.)<br />

(19) Er ist weder dumm noch faul. (Er ist sowohl dumm<br />

als auch faul.)<br />

Aufgrund ihrer verschiedenen Positionen im Satz müssen die<br />

Negationswörter im Deutschen unterschiedlichen Wortklassen<br />

zugeordnet werden:<br />

in (14) sind die Negationswörter (NW) substantivische Pronomina;<br />

in (15) sind sie Adverbien;<br />

in (16) sind sie Artikelwörter;<br />

in (17) sind sie Satzäquivalente (Wörter mit Satzcharakter);<br />

in (18) sind sie Partikeln (keine Satzglieder);<br />

in (19) sind sie Konjunktionen.<br />

<strong>Die</strong> Negationswörter sind nicht nur insgesamt, sondern auch im<br />

einzelnen verschiedenen syntaktischen Wortklassen zuzurechnen.


Das gemeinsame semantische Merkmal aller Negationswörter<br />

besteht darin, daß mit ihnen der Sprechende den Inhalt seiner<br />

Aussage verneint oder einen Teil seiner Aussage verneint.<br />

<strong>Die</strong> meisten Negationswörter sind unflektierbar, nur niemand<br />

und kein haben einen ausgeprägten Formenbestand.

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