Braunschweigisches Jahrbuch 3. Folge, Bd 4 - Digitale Bibliothek ...
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garnicht nötig, denn dic Gilden hörtcn auf, es wurdcn ja nur Patente erteilt. Dieses<br />
machte dcr guten Müllerei auch ein Endc, denn es wurden nun eine Mengc neuer<br />
Patent mühlen gebaut.<br />
Die Conscrihierten versteckten sich, aber es fandcn sich viele wieder freiwillig<br />
an, vielc wurdcn von der nach französischer Methode errichtetcn Polizei, Gensdarmen<br />
genannt, welches eiue Art Kavallerie war, ergriffen und an die Kriegshehörde abgeliefert.<br />
Die Last der Einquartierung war außerordentlich groß, denn die Truppen marschierten<br />
unaufhörlich hin und her, und man wundcrte sich, was dieses Durcheinanderziehen<br />
bedeutcn sollte. Die neu errichtete westfälische Armee war wirklich<br />
schön. Dcr König Jerome hielt sich mit ungefähr 8000 Mann in Braunschweig einige<br />
Zeit des Sommers auf. Die Truppen hatten ein Lustlager vor Braunschweig auf dem<br />
Bültenanger (Kleiner Exerzierplatz). Ich reiste einmal hin nach Braunschweig und<br />
ging in dem Lager umher, es war wirklich schön. Der König wohntc im ,Grauenhofschlos6c<br />
(am Bohlweg, 1830 abgcbrannt). Es war eine große Fahne ausgesteckt,<br />
welche die Anwesenheit des Königs andeutete. Noch muß ich der verhaßtcn Aecise<br />
auf Mehl und Schrot auf dem platten Lande erwähnen, welche in dcr westfälischen<br />
Zeit entrichtet werden mußte. Sie betrug durchschnittlich vom Himbten<br />
7 Pfennig, aber man hattc viel Lw;t mit den Leuten, denn es wolltc ,keiner gern bezahlen.<br />
Die Strafe wal' hart, und mein Vater mußte eimnal 40 Franks oder 10 Taler<br />
an Strafc bezahlen. Wie aber das Land wicdcr braunschwcigiseh wurde, wurde sie<br />
wieder aufgehoben.<br />
Im Jahre 1811 ging Napoleon mit 400000 Mann Franzosen und Rhcinbundstruppen<br />
nach Rußland. Die Einquartierung dauerte ununterbrochen fort. Ich weiß,<br />
daß Barum 14 Tage hintereinander Einquartierung hatte; wie die Leute es aushielten,<br />
ist nicht zu begreifen. Traurig war es wirklich, wenn man die Westfälin ger so<br />
hinmarschieren sah und die traurigen Lieder hörte, wclehe sie sangen. Ein jeder<br />
sagte auch, daß es der letzte Gang sei. Hier aus Barum gingen als Soldaten mit nach<br />
Rußland 1. Heinrich Giesemann, 2. Heinrich Schrnder, ein Schneidergeselle, <strong>3.</strong> WHhelm<br />
Kyrath, 4. Andreas Tost war Korporal, 5. Gebhard Achilles ein böser Knabe.<br />
Von diesen fünf Mann sind Giesemann und AchilIes wieder glücklieh zurückgekehrt.<br />
Achilles war blessiert und kam früh zurück. Giesemann aber war gefangen und kehrte<br />
erst später zurück. Sehrader, Kyrath und Tost kehrten nicht wieder zurück und ließen<br />
auch bisher niehts von sich hören.<br />
Die beiden Söhne des hier verstorbenen Superintendenten Schmidt marsehiertcn<br />
auch mit nach Rußland. Der älteste August war Adjutant bei einem holländischen<br />
Kürassierregiment und kam glücklich wieder, ist aber von seinen Angehörigen nicht<br />
zu bewegen gewesen, den franzö8isehen Dienst zu verlassen, und hat dem Vernehmen<br />
nach seinen Tod in der großen Schlacht bei Leipzig gefunden. Der jüngste Louis<br />
war Sergeant im zweiten Linienregiment und hat nichts wieder von sich hören lassen.<br />
Nicht der Tapferkeit der Russen, sondern dem harten 'Vinter 1812 ist es zuzuschreiben,<br />
daß die große französische Armee verloren ging, denn soviel ich mich<br />
erinnere, stand unsere Mühle 1/, Jahr still, und ich mußte Korn nach der \Vindmühle<br />
bringen, daß nur gebacken werden konnte.<br />
Im Frühjahr 1813 kamen dic Franzosen aus Rußland zurück, aber in welchem Zustande,<br />
mit Krankheiten beladen und mit erfrorenen Gliedern. Einigen waren die<br />
l'Oasen und Ohren abgefallen, und einem Bedienten des vorerwähnten August Schmidt<br />
waren beide Ohren weg, wie ich selbst gesehen habe. Die Kavallerie hatte die Pferde<br />
yerloren. Das erste westfälische Kürassierregiment, welches 800 Mann stark nach Rußland<br />
marschiert war, zählte bei der Rückkehr nur 30 Mann, und so war es nach Verhältnis<br />
mit allen. Die Rheinbundstruppen hatten mehr gelitten, wie die Franzosen,<br />
denn es war Grundsatz der französischen Gcnerale, solchc immer hinzuziehen, wo<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
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