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Braunschweigisches Jahrbuch 3. Folge, Bd 4 - Digitale Bibliothek ...

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

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Inhaltsverzeichnis<br />

Dr. Karl-Heinz Pahl, Braunschweig:<br />

Die Gliederung der Mundarten um Braunschweig. . .. 3<br />

Dr. Werner Flechsig, Braunschweig:<br />

Staatliche Fürsorge für Naturschutz und LandschaftS­<br />

gestaltung im Lande Braunschweig während des 18. Jahr-<br />

hunderts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ., 51<br />

Prof.Otto Hahne;'Braunschweig:<br />

Vom Ade]ssitze zum Bauerndorfe Vo]zum<br />

Hans Wiswe, Atzum:<br />

Geschichte der Salzwerke bei Salzdahlum<br />

Prof. Otto Hahne, Braunschweig:<br />

Erinnerungen des Barumer Müllers Friedrich Brakelbusch<br />

an die Franzm;cnzeit 1806-1813<br />

Mitteilungen<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

Dr. Kurt Seeleke, ßraunschweig:<br />

Kar! Steinacker 70 Jahre alt .<br />

Verzeichnis der Veröffentlichungen Kar! Steinackers<br />

Chronik des Braunschweigischen Geschicbtsvereins<br />

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S.It.<br />

61<br />

75<br />

113<br />

123<br />

125<br />

129


Schriftenreihe<br />

der Braunschweigischen Landesstelle<br />

für Heimatforschung u. Heimatpflege<br />

Bisher erschienen:.<br />

<strong>Folge</strong> 1: Meyer, Die Kirchenbücher der Kirchengemeinden<br />

und Zivilstandsregister im Besitz des Braunschwei·<br />

gischen Staats archivs zu W olfenbüttel und des Stadt·<br />

archivs zu Braunschweig (Vergriffen) RM 1.80<br />

<strong>Folge</strong> 2: Westermann, Die Landschaft der Peiner Tieflandsbucht,<br />

Allgemeine Züge eines niedersäch·<br />

sischen Raumes RM 1.50<br />

<strong>Folge</strong> 3: Sievers, 250 Jahre BrauDschweigisches Staatstheater<br />

(Vergriffen) Halbleinen RM 7.50<br />

<strong>Braunschweigisches</strong> <strong>Jahrbuch</strong><br />

Dritte <strong>Folge</strong>, Band 1<br />

Dritte <strong>Folge</strong>, Band 2<br />

Dritte <strong>Folge</strong>, Band 3<br />

Dritte <strong>Folge</strong>, Band 4<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

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RM 2.40<br />

RM 2.40<br />

RM 2.40<br />

RM 2.40


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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

Die Gliederung der Mundarten·<br />

um Braunsmweig<br />

von<br />

Karl-Heinz Pahl<br />

Braunschweig<br />

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I. Der Raum<br />

Gliederung<br />

S.h.<br />

1. Die Abgrenzung der untersuchten Gebiete 7<br />

2. Die Landschaft und ihre Wirtschaft 7<br />

<strong>3.</strong> Die Geschichte des Raumes 10<br />

11. Räume der Mundart<br />

1. Die Aufnahme der Mundart<br />

2. Zur Lautschrift .<br />

<strong>3.</strong> Die Selbstlaute<br />

4. Die Mitlaute .<br />

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IH. Z u 8 a m m e D f a 8 SUD g . . . . . . . . 45<br />

IV. S c h r i f t t um. . . . . . . . . . . . . 49<br />

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12<br />

13<br />

13<br />

37


Vorwort<br />

Diese Arbeit geht auf die Anregung von Professor Mitzka, dem Leiter<br />

des Deutschen Sprachatlasses, zurück und wurde von der philosophischen<br />

Fakultät der Universität Marburg als Doktorschrift angenommen. Die Ergebnisse<br />

dieser Arbeit beruhen auf dialektgeographischen Untersuchungen,<br />

die ich im Wandern von Ort zu Ort im Herbst 1936 vornahm. Um die lebendige<br />

Mundart zu erfassen, hielt ich mich bei meinen Untersuchungen fast<br />

ausschließlich an Kinder im schulpflichtigen Alter. Ein Jahr später wurde<br />

diese Arbeit abgeschlossen und als Doktorarbeit von der philo::,ophischen<br />

Fakultät der Universität Marburg angenommen. Eigene Berufsvorbereitung<br />

und der Ausbruch des Krieges haben die Drucklegung mehrere Jahre hinausgezögert.<br />

Inzwischen hat sich die Bevölkerungszusammensetzung des Landes<br />

Braunschweig dursch die fortschreitende Industrialisierung des braunschweigischen<br />

Raumes besonders für die untersuchten Kreise Braunschweig und<br />

Wolfenbüttel stark verändert. Mundarttreue Dörfer wurden geräumt, durch<br />

Zuwanderung von Arbeitern aus allen Teilen Deutschlands ist der Prozentsatz<br />

der Mundart sprechenden Bevölkerung in vielen Dörfern gesunken. Die<br />

in meiner Arbeit herausgestellten Merkmale unserer braunschweigischen<br />

Mundart und die Grenzen zwischen einzelnen Lauterscheinungen werden sich<br />

darum in den inzwischen verstrichenen vier Jahren stärker verändert haben,<br />

als das bei einer lebenden Mundart ohnehin der Fall ist.<br />

Daß der Druck meiner Arbeit trotz meiner Abwesenheit bei den erschwerten<br />

Bedingungen, die der Krieg mit sich bringt, dennoch zustande<br />

kommt, verdanke ich Herrn Professor Mitzka vom Deutschen Sprachatlas in<br />

Marburg, der mir jetzt, wie schon während meiner Studienzeit, als akademischer<br />

Lehrer helfend zur Seite stand. Dem Herrn Braunschweigischen Minister<br />

für Volksbildung und dem Verein ehemaliger Schüler des Martino­<br />

Katharineums in Braunschweig danke ich für die großzügige Gewährung<br />

eines Druckzuschusses.<br />

Rußland, im Januar 1942.<br />

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Karl-Heinz Pabl<br />

5


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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

I. Der Raum<br />

1. Die Abgrenzung des untersuchten Gebietes<br />

Zum Lande Braunschweig gehören mehrere bis zum IIils und Harz verstreut<br />

liegende Gebiete. Das Kernstück besteht aus den Kreisen Braunschweig,<br />

Wolfenbüttel und Helmstedt, die nach ihren städtischen Mittelpunkten<br />

genannt sind. Unsere mundartliche Untersuchung beschränkt sich<br />

auf den Kreis Braunschweig, den größten Teil des Kreises Wolfenbüttel und<br />

die der Landesgl'enze zunächst liegenden preußischen Orte der Provinz Hannover:<br />

Im Westen sieben Dörfer des Kreises Peine, im Norden 17 Dörfer des<br />

Kreises Gifhorn (vergl. die Straßenkarte K. 1, auf der die Landesgrenze als<br />

punktierte Linie erscheint). Vom braunschweigischen Kreise Helmstedt sind<br />

nur die Rundorte Scheppau und Bornum in unsere Untersuchung einbezogen.<br />

2. Die Landschaft und ihre Wirtschaft<br />

Braunschweig, Stadt und Land, haben eine Grenzlage. Die Vorberge des<br />

Harzes reichen von Süden her bis an die Stadtflur; von Norden her kommt<br />

der Papenteich, ein Moor- und Heideland, das seine Fortsetzung in der Lüneburger<br />

Heide findet, bis an Braunschweigs Landesgrenze. Eine Linie, von<br />

Osten nach Vvesten in Höhe der Hauptstadt durch unseren Raum gelegt,<br />

scheidet leichte Geestböden im Norden von den Lösböden des Südens. Die<br />

Güte des Bodens erlaubt eine verhältnismäßig enge Besetzung mit reichen<br />

Bauerndörfern, deren Dichte auf den leichteren Böden im Norden etwas auf-<br />

. gelockert erscheint. Besonders seit der Jahrhundertwende ist die einst ausgesprochen<br />

bäuerliche Eigenart unserer Landschaft durch die immer mehr<br />

zunehmende Industrialisierung verändert. In einem Großteil unserer Ortschaften<br />

sind zwei Drittel der Bevölkerung Arbeiter. Die Mundart ist unter<br />

der Versehiebung des Verhältnisses Bauern-Arbeiter. sehr stark zurückgegangen<br />

oder unsicher geworden, denn letztere sind in der Regel keine<br />

oder doch nicht typische Mundarttl'äger. Die Arbeiter der Industriemittelpunkte<br />

und der verteilt liegenden Zuckerfabriken wohnen zum großen Teil,<br />

oft bis zu 20 km entfernt, in ihren Bauerndörfern, an die sie eine kleine<br />

Ackerwirtschaft und die billigere dörfliche Lebenshaltung bindet. Diese Verhältnisse<br />

stehen der Herausbildung geschlossener Lehens- und Sprachgemeinschaften<br />

entgegen.<br />

Die Waldgebirge des Elms im 0., der Asse im SO., des Oder-Waldes im<br />

S. und der Lichtenberge im SW. umschließen unseren Raum. Die von 0.<br />

nach W. verlaufenden Linien der stufenweisen Abdachung Harz-Hügelland<br />

-Heide werden von Flußtälern zerschnitten, die, im Harz beginnend, von S.<br />

nach N. verlaufen. Von diesen Quellflüssen des Harzes erwähnen wir nur die<br />

Oker als ehemalige Verkehrsachse des Landes Braunschweig. Dem heute<br />

sehr unscheinbaren Fluß ist kaum mehr anzusehen, daß er bis zum ausgehenden<br />

Mittelalter ein verkehrsreicher Wasserweg zwischen Braunschweig über Oker,<br />

Aller, Weser mit Bremen und den übrigen Hansestädten des N. war. Alle<br />

Versuche der Schiffbarmachung der Oker südlich Braunschweigs sind zur<br />

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7


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

dung Braunschweig-Hannover flihrt ursprünglich über Hildesheim, da<br />

zwischen beiden Städten schwer begehbare Sumpfgebiete gelegen haben.<br />

4. Nach Bremen auf den linksseitigen Okerhöhen.<br />

5. Nach Lüneburg durch das Heide- und Moorgebiet des Papenteiches<br />

über Gifhorn. Von Lüneburg aus zweigt der Weg nach Hamburg und Lübeck<br />

ab. Für die Verbindungen Braunschweig-Bremen und Braunschweig­<br />

Hamburg wird, besonders zur Zeit der Hanse, der Wasserweg benutzt. 'V aRsermangel<br />

unterbindet später die Schiffbarkeit der Oker.<br />

6. Nach Salzwedel und weiter zu den Ostseehäfen. Mit dem Niedergang<br />

der Hanse veröden die genannten NS.-Verbindungen.<br />

7. Nach Magdeburg als Fortsetzung der Kölner Straße. Der Elm wird<br />

nördlich und südlich umgangen. Diese alte Straße behält auch nach 1500<br />

ihre Bedeutung als Verbindung des W. (Köln) mit dem Neuland im 0., zu<br />

dem Magdeburg die Pforte ist.<br />

8. Nach Leipzig (Erful't) liber lIalberstadt, Quedlinburg, Aschersleben,<br />

Halle. Diese Heerstraße gewinnt seit der Mitte des 15. Jahrhunderts steigende<br />

Bedeutung für Braunschweig. Ihr Verlauf bezeichnet die Richtung mitteldeutscher<br />

Wirtschafts- und Kultureinflüsse in den ostfälisehen Raum.<br />

übwohl so in der Vergangenheit alle Voraussetzungen erfüllt waren,<br />

um Braunsehweig zum Verkehrsmittel punkt des Raumes zwischen Weser unti<br />

EIbe zu machen, geriet Braunschweig seit dem 18. Jahrhundert mehr und<br />

mehr in eine SchattensteIlung zwischen Hannover und l\fagdeburg. Unter<br />

Ausnutzung des Leinegrabens umgeht Hannover in der Mitte des 18. Jahrhunderts<br />

durch eine geschickte Btraßenpolitik ßraunsehweig und hält es<br />

von der Straße Frankfurt-lIamLurg fern. Die ehemals bedeutsamen Nordsüd-Verbindungen,<br />

durch die Braunschweig groß geworden ist, gehen verloren.<br />

Dazu wird das Land durch die partikularistische Eisenbahnpolitik<br />

der norddeutschen Staaten trotz der eigenen Bemühungen um neue günstige<br />

Verkehrsanschlüsse (Planungen von Amsbergs für eine Verbindung Braunschweig-Brcmen<br />

und Gründung der ersten deutschen Staatsbahn in Braullschweig<br />

1838) zwangsweise in eine "Aschenbrödelstellung"l) gebracht, von<br />

der Hannover fortan als Eisenbahnmittelpunkt zwischen Weser und EIbe den<br />

Nutzen zieht. Wie Hannover im W., so hat Magdeburg im O. alle Verbindungen<br />

des mitteldeutschen Raumes zur norddeutschen Tiefebene an sich<br />

gezogen, um sie nach Berlin oder die EIbe abwärts, nicht aber über Braunschweig,<br />

weiterzuleiten.<br />

Eine Verbesserung diesel' ungünstigen Verkehl'slage der Stadt Braunschweig<br />

beginnt sich erst seit den letzten Jahren anzubahnen, nachdem<br />

Braunschweig durch einen eigenen Hafen und Stichkanal mit dem Mittellandkanal<br />

und damit auf dem Wasserwege einerseits mit dem rheillisch-westfäli­<br />

::;chen I ndmitriegebict, andererseits mit dem Elb-Saalegebiet verbunden ist,<br />

sowie durch die günstige Linienführung der Rcichsautobahnell. Mit der be·<br />

reits vor dem Kriegsausbruch 1939 völlig fertiggeRteIlten West-Üst-Verbindung<br />

der Reichsautobahn im nordwestdeutschen Raum ist die Stadt Braunschweig<br />

allein durch drei Zufahrten verbunden. Eine diese W.-O.-Verbindung<br />

kreuzende N.-S.-Linie der Reichsautobahn wird ebenfalls dicht an der Stadt<br />

Braunschwcig vorbeiführen, wenn diese Strecke nach Kriegsende in der geplanten<br />

Linienführung ausgebaut werden wird. Sie gibt damit Braunschweig<br />

jene verlorengegangene Durchgangsverbindung von Mitteldeutschland zur<br />

Nord- und Ostseeküste zurück, die einst von großer Bedeutung für die<br />

Blüte der mittelalterlichen Hansestadt gewesen ist.<br />

1) Dörrics, Landeskunde von Deutschland I, 1926.<br />

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9


Die verkehrspolitische Stellung der Stadt Braunschweig wird aber<br />

darüber hinaus noch eine weitere Stärkung durch die fortschreitende Industrialisierung<br />

des Raumes um Braun:5chweig und die damit zusammenhängenden<br />

Planungen der deutschen Reichsbahn erfahren. Nach Ausführung aller<br />

die8er Verkehrsplanungen wird die Stadt Braunschweig aus ihrer "AschenbrödelsteIlung"<br />

herausgelangen und einer ähnlichen wirtschaftlichen Blüte<br />

entgegengehen können, wie sie einst zur Zeit der Hanse auf Grund der natürlichen<br />

Verkehrslage entstanden war.<br />

Inwieweit diese neue Verkehrserschließung einen spürbaren Einfluß auf<br />

die sprachlichen Verhältnisse und insbesondere auf die Haltung der Bevölkerung<br />

zur Mundart ausüben wird, läßt sich noch nicht voraussehen. Unzweifelhaft<br />

werden dagegen die neuen Industriesiedlungen die sprachlichen<br />

Verhältnisse des Raumes stark beeinflussen. Die Industrie zieht einen starken<br />

Bevölkerungsstroll VOll 'Werktätigen und deren Familien aus den verschiedensten<br />

Gauen des Reiches in den Großwirtschaftsraum um Braunschweig.<br />

Dort werden sie sich mit der alteingesessenen Bevölkerung der Dörfer ver- .<br />

mischen und sehr wesentlich zur Herausbildung einer neuen Umgangssprache<br />

beitragen.<br />

Die sich aus diesen Vorgängen ergebenden sprachwissenschaftlichen<br />

Probleme werden laufend durch das Deutsche Spracharchiv, Kaiser-Wilhelm­<br />

Institut für Phonometrie in Braunschweig beobachtet, erforscht und beschrieben<br />

werden. In der vorliegenden Arbeit, die im wesentliehen vor dem Beginn<br />

des neuen Industrieaufbaues abgeschlossen wurde, konnte auf diese<br />

neuen Verhältnisse in ihren sprachlichen Auswirkungen naturgemäß noch<br />

nicht eingegangen werden.<br />

<strong>3.</strong> Die Geschichte des Raumes<br />

In vorgeschichtlicher Zeit erweist sich das IIarzvorland als ein Staubecken,<br />

dessen Ränder im S. der Harz, im SW. die Höhenzüge zwischen Hil·<br />

desheim und Salzgitter, im N. die Aller und die Moore und Wälder der süd·<br />

lichen Heide bilden, Wie ein Sack ist dies Gebiet im O. dem Einströmen der<br />

Kulturen offen. Die erste dichtere Besiedlung unseres Gebietes beginnt in<br />

der jüngeren Steinzeit von SO. her in den Lößgegenden, während fast gleichzeitig<br />

von NO. her der Kulturkreis der Riesensteingräber bis an die Lößgrenze<br />

vorstößt. Die landschaftliche Grenzlage unseres Raumes schafft so<br />

schon in den Frühzeiten der Besiedlung Kulturgegensätze, deren Ausgleich<br />

und Mischung sich im Staubecken des lIarzvorlandes vollzieht. Nach den<br />

westlichen Glockenbecherläuten aus SO. am Ende der Steinzeit wird in der<br />

Bronzezeit von der Aunjetitzer Kultur (aus SO.) erstmalig die Oker überschritten,<br />

die sich bis dahin als Völkerscheide ausweist. In der jüngeren<br />

Bronzezeit erfolgt wieder ein Einstrom germanischer Völker aus I10lstein<br />

und Mecklenburg (Steinkistengräber). Wohl infolge Klimaverschlechterung<br />

strömen in der Eisenzeit Germanen (mit Haus- und Gesichtsurnen) von N.<br />

ein und drängen alle Völkerschaften über die Oker nach S. zu ab und ziehen<br />

ihnen selbst nach. In dem leeren Raum setzt sich der erste dem Namen<br />

nach bekannte Stamm fest: die Sueben (von der MitteleIbe), die zwischen<br />

Heide, EIbe, Harz und Leine einen in Kultur und Volkstum geschlossenen<br />

Raum schaffen, der in seiner Ausdehnung dem heutigen Landschaftsbegriff<br />

Ostfalen entspricht. Im Gefolge der Sueben kommen germanifwhe Stämme<br />

von der jütischen Halbinsel, die Angeln und Warnen, die als Gründer der<br />

-leben-Orte im südöstlichen Harzvorland gelten. Rechts und links der mitt-<br />

10<br />

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

leren Weser sitzt der mächtige Stammverband der Cherusker. Als ihre Ostgrenze<br />

gegen die Sueben wird der Oberlauf von Oker oder Innerste angenommen.<br />

Im N. grenzen sie an die Angrivarier (Grenzwall am Steinhuder­<br />

Meer). Die Sueben ziehen spätestens im 4. Jahrhundert nach S. ab. Ihren<br />

Raum nehmen die Hermunduren ein, die mit den Resten der Sueben, Angeln<br />

und \Varnen im Großreich der Thüringer aufgehen. Zum ersten Mal bildet<br />

sich hier ein Machtbereich, der zugleich nördlich und südlich des Harzes<br />

best.eht. Als Westgrenze gegen die Cherusker wird wiederum die Oker angenommen.<br />

Die 1031 erwähnten Dorfnamen Thuringesbutli und Everiksbutli<br />

(oder IIerskesbutli), heute Wüstungen bei IIarxbüttel nördlich Braunschweigs,<br />

mögen wohl auf die Erinnerung an die alte cheruskisch-thüringische<br />

Grenzscheide zurückgehen. Eine mittelalterliche Namenflentlehnung lebt im<br />

Nordthuringgau, als Bezeichnung für einen östlich unseres Gebietes gelegenen<br />

Gau, fort. Etwa um 100 n. Zw. dringen die Chatten von Süden her erobernd<br />

in den Raum der Cherusker und Langobarden ein. Der Name der<br />

Cherusker erscheint seitdem nicht mehr. Von N. her zerschlagen die Chauken<br />

das Angrivarierreich. Seit etwa 280 erscheinen die Sachsen, die nach Kahrstedt<br />

nur einen neuen Namp,n für das politische Gebilde hergeben, das durch<br />

die Chaukenausbreitung entstanden ist. Nach anderer Meinung kommen die<br />

Sachsen als wandernder Stammverband aus Holstein. Die Chatten werden<br />

verdrängt, die Sachsen nehmen den alten Raum des cheruskischen Großreiches<br />

ein. Darüber hinaus zerstören sie mit Hilfe der Franken 531 das Thüringerreich<br />

und werden dessen Erbin im nördlich des Harzes und östlich der Oker<br />

gelegenen Raum. Einen Namensniederschlag findet das Eindringen der<br />

Sachsen vielleicht in den Ortsnamen -büttel, die sich besonders im Aller­<br />

Oker-Winkel häufen. In das entvölkerte Ostsachsen dringen im 6. Jahrhundert<br />

Slaven, deren Spuren bis nach Gifhom und Ilelmstedt reichen sollen.<br />

Für un.ser Gebiet ist davon, besonders sprachlich, nichts festzustellen. Die<br />

Südsachsen gliedern sich in drei Einzelstämme: am weitesten westlich bis<br />

zum Rhein, die Westfalen; im Gebiet der Cherusker, links und rechts der<br />

mittleren Weser, die Engem; östlich davon, zwischen Unstrut, EIbe und<br />

Lüneburger Heide, die Ostfalen. Ihre Abgrenzung gegen die Engern ist umstritten.<br />

Die einen nehmen die Leine, die anderen die Oker an. In der östlichen<br />

Hälfte von Ostfalen wohnen zum großen Teil Thüringer, in der westlichen<br />

Hälfte überwiegt die Bevölkerung cheruskisch-sächsischen Stammes.<br />

Durch die fränkische Gauverfassung werden die einzelnen StammesherzogtUrner<br />

zerlegt. Von den Gauen Ostfalens nennen wir, als zu unserem Gebiet<br />

gehörig: Astfalon, westlich der Oker; Flutwidde, ein Untergau, der im N.<br />

westlich der Oker keilförmig in unser Gebiet hereinragt; östlich der Oker,<br />

der Derlingau, dem sich außerhalb des zu untersuchenden Gebietes weiter<br />

östlich der Nordthuringau anschließt. Mit der so auf der Oker festgelegten<br />

(,augrenze wird die Trennungslinie der Bistümer Hildesheim und lIalberstadt<br />

zusammengelegt. Unter den sächsischen Kaisern wird vorübergehend<br />

lIas alte Stammesherzogtum wiederhergestellt. Durch die Belehnung<br />

Bermann Billungs hört das sächsische Stammesherzogtum auf, an seine<br />

Stelle treten neben den Herzog gebtliche Herren und Grafen. Im N.:<br />

die Billunger und die' Grafen von Stade; für den Nordabhang des Harzes<br />

und unser Gebiet: die Brunonen (Gründer der Stadt Braunschweig); deren<br />

westliche Nachbarn: die Gmfen von Northeim; im 0.: die Grafen von Süpplingenuurg;<br />

dazu der geistliche Besitz der Bistümer Hildesheim und Halberstadt.<br />

Diese einzelnen Grafschaften werden durch Heirat und Erbteilung zusammengefaßt<br />

und zerteilt. Den Nutzen von der Schwäche der ewig wechselnden<br />

Herrschaften ziehen die Städte, deren Entwicklung und Selbständigkeit<br />

durch die Herzöge gefördert wird. So hat Heinrich der Löwe BraUll-<br />

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

großer Ausdehnung byrka eingedrungen. Da dieser Baum besonders in den<br />

Lößgebieten des S., SW., W. und SO. nicht bodenständig ist, lernt ein großer<br />

Teil der Kinder den Namen der Birke nur durch die Schule mit der unserer<br />

überlandschaftlichen Verkehrssprache eigenen Rundung kennen. Auch in<br />

,,(er) wird" stehen Formen mit e: wert, solchen mit weiterer Senkung zu a:<br />

wart (wort), gegenüber. e gilt für den SW., S. und einen Teil des N.; die zu<br />

a gesenkte Form füllt den übrigen größeren Teil des Gebietes aus. Um<br />

Wendeburg erscheint a in neun Orten zu 0 gerundet.<br />

§ 21. "er will" heißt allgemein wil. Im W., NW., einem Teil des NO.<br />

und in Einzelformen im wil-Gebiet herrscht weZ, dessen e auf Senkung in<br />

unbetonter Stellung beruht t ).<br />

§ 22. Rundung des wg. i>y zeigen: ,,(sie) sind" mit besonders im W.<br />

und NO. verteiltem zynt neben häufigerem zint; "silbernes", dessen y-Formen<br />

besonders im SW., einem Teil des W. und im O. liegen; "Tisch", das<br />

neben dis in einem Teil desW. und im ganzen O. dys hat. Ein Vergleich<br />

der Beispiele ,,(sie) sind" und "Tisch" zeigt, wie wenig einheitlich die Rundung<br />

in unserer Landschaft durchgeführt ist. Die größte Uneinheitlichkeit<br />

in der Anwendung von i und y in verschiedenen Beispielen zeigt der O. Der<br />

hannoversche N. und der äußerste NW. bleiben in allen Wörtern ohne Rundung.<br />

2<strong>3.</strong> wg. i in offener Silbe erscheint als e, im hannoverschen W. und in<br />

den anliegenden braunschweigischen Dörfern, dem Verengungsraum (K. 18),<br />

als i. Vergl. § 15, wg. e in offener Silbe, das auch als e, im Verengungsgebiet<br />

als i erscheint: sme;;, / smi;;, "Schmiede". In Abweichung von der Karte "Verengung"<br />

haben auch die Dörfer Liedingen, Köchingen und Bodenstedt i,<br />

Bettmar dagegen e, Sierße e und i nebeneinander. Bei tel(a) / tU(a) "viele"<br />

und ablem / ablim "geblieben" haben nur die hannoverschen Dörfer im W.<br />

(außer Lengede) und Essinghausen, Bettmar, Bortfeld, Wedtlenstedt, Vechelde,<br />

Denstorf i. zet "Sieb" zeigt neben der im Verengungsgebiet (und in<br />

Sonnenberg, Sierße, Liedingen, Bodenstedt, Köchingen und Barbecke) gebrauchten<br />

Form z'if im W. als Sonderformen zait, zäf und zit. zaif in Wo 1torf,<br />

Dungelbeck, Schmedenstedt und Gr. Gleidingen ist eine nachträgliche<br />

Doppellautung jenes i im Verengungsgebiet. In zehn Dörfern im SW. um<br />

Engelnstedt und im S. um Wendessen ist "Sieb" durch Unsicherheit in der<br />

Behandlung von wg. ai in geschlossener Silbe (=mnd. e!) geraten und erscheint<br />

als zät. Kürzung von i, zif>zit, findet sich in Duttenstedt und Essinghausen.<br />

§ 24. Dehnung in offener Silbe unterbleibt bei stewal / stawal "Stiefel"<br />

und zem (zeb(a)n) I zam "sieben". In beiden Beispielen erscheint i gesenkt<br />

als e, das' bei Wierthe im W. in acht Orten bei weiterer Senkung zu a wird.<br />

Duttenstedt, Essinghausen und Dungelbeck haben Länge i: stl(w)al und z'iin.<br />

Ob für dies i die gleiche Entwicklung wie in § 23 anzusetzen ist, oder ob<br />

hochsprachlicher Einfluß der benachbarten Industriestadt Peine vorliegt, läßt<br />

sich aus dem kleinen Gebietsausschnit.t nicht entscheiden.<br />

§ 25. In liXt "er liegt" ist vor Reibelaut t Kürze erhalten. In den hannoverschen<br />

Dörfern des N. und in einigen braunschweigischen Dörfern im<br />

NO. gilt nach Ausfall des vorauszusetzenden 9 (ligit) i: l'it. Zweidorf, Wendezelle<br />

und Wendeburg haben a.ls Mischform ZU aus nördlichem llt und südlichem<br />

liXt. lait in Lesse, Lebenstedt, Vechelde, Gr. Gleidingen, lait in<br />

Fürstenau, leit in I1ötzum setzen i voraus, das wie wg. i zwiegelautet wird.<br />

J) Sarauw, 11, 217. An anderer Stelle (1,100) wird die Erscheinung ganz anders<br />

aus dem aB. Nebeneinander von wil und wellin erklärt.<br />

2* 19<br />

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§ 26. In den Fürwörtern "ihn", "ihm" und "ihre" erscheint wg. i nach<br />

vorauszusetzender Senkung gerundet und in offener Silbe gedehnt als li:<br />

i3n(a), lina, iJra. Der schon mnd. fUr Ostfalen geltende Laut 1) wird dem aus<br />

dem Umlaut von wg. au entstandenen li gleichgesetzt und ist wie dies im<br />

hannoverschen W. und in den braunschweigischen Dörfern Bortfeld, Wedtlenstedt,<br />

Denstorf, Sierße, Bettmar zu y verengt: yn, yna, yra. In Bortfeld<br />

und Bodenstedt tritt die Verengung nicht in allen Wortbelegen ein. Stederdorf,<br />

Meerdorf, Rüper, Wense, Didderse, Neubrück im NW. und I1arxbüttel,<br />

Wenden, Bechtsbüttel im N. zeigfln wiederum in Einklang mit den beim Umlaut<br />

von wg. au aufgeführten Beispielen Entrundung zu e: en, ena, era.<br />

Essinghausell und Duttenstedt haben eine Mischform mit inlautendem i: in,<br />

ina, ira. Da beide Orte sowohl im Entrundungsgebiet des NW. als auch im<br />

Verengungsgebiet des W. liegen, läßt sich nicht entscheiden, ob i aus dem e<br />

des NW. verengt oder aus dem y des W. entrundet ist. Außerdem ist fUr i<br />

wie in stlwal (§ 24) hochsprachliche Beeinflussung durch den Peiner Industrie-Bezirk<br />

möglich. Wie das Beispiel "ihm" mit lin(a), yn(a), en, in verhält<br />

sich auch "ihre" mit lira, yra, era, ira; statt "ihre" steht zina für alle Geschlechter<br />

in Adenbüttel und Vordorf, mit Zwielautung zeina in Essinghausen<br />

und zaina in Bodenstedt.<br />

wg. f).<br />

§ 27. wg. 0 in geschlossener Silbe ist in der Regel erhalten: stop( a)t<br />

"stopft", pot "Topf", nox "noch" u. a.<br />

§ 28. Vor r+ l\Iitlaut wird wg. 0 (K. 2) im Braunschweigischen und im<br />

hannoverschen W. zu a gesenkt, während sonst 0 erhalten bleibt: dorp I darp<br />

"Dorf", aworn I awarn "geworden", kort I kart "Korb", astorm / astarm "gestorben".<br />

über die Verttlilung o/a in den einzelnen Beispielen gibt die Karte<br />

Auskunft. Durchgehend a haben danach alle hannoverschen Dörfer im W.<br />

(bis auf Lengede in aworn) und Woltwiesche, Barbecke (0 und a nebeneinander),<br />

Bodenstedt und Sierße. Im N. des a-Bezirkes ist die Grenze gegen<br />

die Dörfer mit 0 (Stcderdorf-Duttenstedt-Zweidorf-Wendezelle) sehr aufgefasert,<br />

während im W. die Grenzdörfer mit 0: Bortfeld-Lamme-Broitzem<br />

-Stiddien-Gr. Gleidingen-Alvesse-Vallstedt-Broistedt vom a-Bezirk<br />

durch ein mehr zusammengefaßtes Grenzlinienbündel geschieden werden.<br />

Togan / ragan "Roggen" und bodan / badan 1 ) "Boden" sind den Beispielen mit<br />

wg. 0 vor r im Erscheinungsbild ähnlich (vergl. K. 2); nur die Nordgrenze<br />

des a-Gebietes erscheint gegen die Beispiele mit folgendem r zurückgenommen.<br />

So haben Essinghausen, Dungelbeck, Sophienthal, Fürstenau rogan und<br />

bodan, Woltorf badan aber rogaTI; Sierße, Bettmar,Liedingen,Köchingen ragan<br />

aber bodan. Vallstedt hat rag an und badan, aber 0 vor r+ Mitlaut. In Barbecke<br />

wird a nur noch vom Alter gebraucht, die Jugend ist in den angeführten<br />

Beispielen zu 0 übergegangen. Lühmann 2 ) berichtet 1924, daß Broitzem<br />

(südwestlic.her Vorort der Stadt Braunschweig) um 1860 noch "darp, badden,<br />

mggen" gesagt habe. Für Stiddien gibt Lühmann auch 1924 noch a an,<br />

während unsere Befragung durchgehend 0 ergeben hat. Demnach wird dllS<br />

a-Gebiet abgebaut. 0 wird durch die gleichklingende Lautung der Hochsprache<br />

gestützt und setzt sich, dem angeführten Zeugnis nach zu urteilen,<br />

schnell weiterschreitend gegen a durch. Die Linienwirrnis der Westgrenze<br />

des a-Gebietes zeugt für die gegenwärtige Auflösung.<br />

20<br />

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1) Sarauw, 11, 112; Laseh, Mnd. Grammatik, § 404.<br />

2) Kürze statt zu erwartender Länge gilt durchgehend.<br />

S) Im "Schulblatt für Braunschweig und Anhalt", 1924, S. 671'.<br />

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§ 29. In döv "Tor" erscheint wg. 0 vor ungedecktem r, das selbstlautend<br />

wird, gedehnt als o. Das so entstandene ö wird behandelt wie wg. 0 in<br />

offener Silbe (§ 80) und wie das aus wg. au gebildete ö (§ 68). Wie bei diesen<br />

tritt in den Dörfern des hannoverschen W. und in Stederdorf, Essinghausen,<br />

Bortfeld, Wedtlenstedt, Denstorf Verengung zu ü ein: düv (düar).<br />

§ 30. In offener Silbe wird wg. 0 gedehnt (K.3). Neben ö erscheint im<br />

hannoverschen W. und in Duttenstedt, Essinghausen, Bettmar, Fürstenau,<br />

Sophienthal, Bortfeld, Wedtlenstedt, Denstorf Verengung zu Ü. Karte 3<br />

bringt als Beispiele: köka- I küka- "Koch(löffel)", abrökan labrükan "gebrochen",<br />

CJslötan I aslütan "geschlossen", astöllJ I astüllJ "gestohlen", bazöpcJn I<br />

bazüpan "besoffen", ströta I strüta "Kehle" (der Gans), öpanan I üpanan "offe­<br />

Ilen", knökan I knükan "Knochen", kökan I kükan "kochen". In einem einheitlichen<br />

Strang beginnen die Grenzlinien ölü an der Landesgrenze zwischen<br />

Duttenstedt Ca) und Meerdorf (ö), fasern dann weit auseinander und treffen<br />

sich zum großen Teil wieder, um Bortfcld, Wedtlenstedt und Denstorf mit<br />

zumü-Gebiet zu weisen. Das Linienbündel weicht dann steil nach N. aus.<br />

Nur Sophienthal und Fürstenau haben als Brücke zwischen braunschweigisehen<br />

und hannoverschen Orten Ü. Die Grenze ölü paßt sich alsdann bei<br />

Einschluß von Bcttmar (ü) dem Verlauf der westlichen Landesgrenze an.<br />

Zwischen Kl. Lafferde (ü) und 'Yoltwiesche (ö) sind wieder alle Linienstränge<br />

wie bei ihrem Eintritt in das Kartenbild im NW. vereinigt.<br />

§ 31. Der Umlaut zu wg. 0 in geschlossener Silbe ist ß, das im äußersten<br />

NW. entrundet wird. kfJpa "Köpfe"; kepa sagen Rüper, Meerdorf,<br />

Wense, Didderse, Neubrück. lfJkv "Löcher" hat entrundetes lekv außer in<br />

den genannten Orten mit kepa auch in Duttenstedt, Essinghausen und Stederdorf.<br />

§ 32. In offener Silbe erfährt der Umlaut von wg. 0 Dehnung zu {j (K. 4).<br />

Das im Verengungsgebiet für wg. 0 in offener Silbe erscheinende ü (§ 30)<br />

lautet zu y um. Neubrück, Didderse, Wense, Rüper, Meerdorf, Stederdorf<br />

entrunden ö>e. Zwischen y im W. und e im NW. sprechen Duttenstedt und<br />

Essinghausen l. Da beide Dörfer sowohl im Verengungsgebiet(y), als auch<br />

im Entrundungsgebiet (e) liegen, ist Entrundung fj>i und Verengung e>i<br />

möglich. Beispiel ist köka I kyka I kike I keka "Küche". Das Verengungsgebiet<br />

(vergl. K.18), zu dem sich in diesem Worte Bodenstedt stellt, hat<br />

kfjka; das Entrundungsgebiet hat keka; zwischen bei den gilt für die Dörfer<br />

Duttenstedt und Essinghausen kika. köka heißt es im größten übrigen Teil<br />

des Gebietes. Nach Ausfall des Zahnlautes wird auch "Worte" wie wg. 0 in<br />

offener Silbe behandelt und erscheint umgelautet als wera, wyra, wira, wera.<br />

Entgegen der Abgrenzung bei "Küche" haben Sophienthal, Liedingen kfjka<br />

gegen wljra, Essinghausen kika gegen wfjra. Umlautloses wöra wurde in<br />

Harxbüttel und Bienrode festgestellt.<br />

wg. u.<br />

§ 3<strong>3.</strong> In geschlossener Silbe ist wg. u in der Regel bewahrt: punt<br />

"Pfund", kum(a)st ,,(du) kommst", pule (lat. ampulla) "Flasche" u. a.<br />

§ 34. Die Mehrzahl der Vergangenheit starker Tätigkeitswörter der<br />

<strong>3.</strong> Klasse hat lautgesetzlich u: fun ,,(sie) fanden". Daneben hat sich in Angleichung<br />

an die Einzahl, durch die Hochsprache bestimmt, fan allenthalben,<br />

besonders im SW., aUf'gebreitet und fuft verdrängt.<br />

§ 35. Vor r-Verbindungen erscheint wg. u als 0: worm "Wurm". Der<br />

hannoversche W. und sonst. 18 der westlichen Landesgrenze anliegende<br />

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21


aullschweigische Dörfer führen wie auch sonst (vergl. K. 17) die Senkung<br />

weiter durch bis zum a: warm. Hd. wurm treibt von SO. und S. her Keile in<br />

das worm-Gebiet, das auch schon außerhalb dieser Einbruchszonen vereinzelt<br />

mit wurm durchsetzt ist. "Sturm" heißt als hochsprachliches Wort durchgehend<br />

sturm. Nur vereinzelt, besonders im 0., findet sich storm.<br />

wost "Wurst" und bost "Brust" haben schon mnd. r-Umstellung und<br />

senken vor nachfolgender r-Verbindung u>o. Nach der Senkung ist r vor st<br />

diesem angeglichen. Für regelrechtes bost "Brust" dringt von SO. und SW.<br />

in breiter Front hochsprachliches brust ein. bost gilt einheitlich nur noch im<br />

hannoverschen W., im NW., N. und NO. wost "Wurst" gilt ohne Ausnahme<br />

im ganzen Raum.<br />

§ 36. Formen mit und ohne lJmlaut in "für" setzen aso fora und furi<br />

fort. Niederdeutsches för (S. A.-Karten "für" und "vor") wird von Geismar 1 )<br />

in Lautgebung und Gebrauchsweise als Kreuzung bezeichnet. In unserem<br />

Raum tritt for nur vereinzelt in Vechelde, Timmerlah, Melverode, Kl. Stöckheim,<br />

Querum, Riddagshausen, Wendhausen und Eickhorst auf. Von diesen<br />

Ausnahmen abgesehen gelten für das Land Braunschweig; wie im größeren<br />

ostfälischen Raum Hannover-Braunschweig-Magdeburg, umlautlose Formen,<br />

die ihrem Ursprung nach zu aso fora zu stellen sind. Am häufigsten erscheint<br />

for. Gesenktes far steht in Münstedt, Schmedenstedt, Dungelbeck,<br />

Woltorf, Essinghausen, Duttenstedt, Sophienthal, Fürstenau, Wedtlenstedt,<br />

Lamme. Vor selbstlautendem rist 0 gelängt: Broitzem, Stiddien, Üfingen,<br />

Alvesse, Bleckenstedt haben föv, das in Kl. Lafferde und Lengede verengt<br />

als füv, in Denstorf durch die Nachbarschaft kurzer Formen gekürzt als fur<br />

erscheint.<br />

§ 37. Der Selbstlaut von "durch (das)" ist abhängig von der Erhaltung<br />

oder von dem Ausfall des Reibelautes X. Dieser fällt westlich der Oker (bis<br />

auf einen Keil um Alvesse-Geitelde) und im hannoverschen N. aus. Das<br />

aus wg. u vor r regelrecht entstandene 0 wird dann vor selbstlautendem r<br />

gedehnt: dövt. In den Dörfern des preußischen W. und in Wedtlenstedt tritt<br />

Verengung dieser Form zu düvt ein. Die braunschweigischen Dörfer östlich<br />

der Oker und ein Streifen um Alvesse und Geiteide hahen wie das md.<br />

Sprachgehiet den inlautenden Reibelaut und zugleich Kürze des Selbstlautes<br />

bewahrt: dorxat. Daneben steht häufig durxat, bei dem außer dem<br />

Mitlaut auch der Selbstlaut schriftsprachlich-mitteldeutscher Prägung ist.<br />

§ 38. "Furche" hat das vor r entstandene 0 in offener Silbe gedehnt:<br />

föra gilt im NO. und N.; im NW., in Dungelbeck, Sophienthal, Fürstenau,<br />

Wendezelle, Stederdorf, Essinghausen, wird ö zu ü verengt: füra. Südlich<br />

einer von O. nach W. nördlich Schmedenstedt, Woltorf, Wahle, Ölper Querum,<br />

Braunschweig, Rautheim, Kl. Schöppenstedt, Cremlingen verlaufenden Trennungslinie<br />

gilt fj:jra, das in Woltorf, Schmedenstedt, Münstedt, Kl. Lafferde,<br />

Lengede und Denstorf verengt als lyra erscheint. Das Nebeneinander von<br />

Formen mit und ohne Umlaut erklärt sich aus der Anwendung verschiedener<br />

Stämme im Germanischen. föra (füra) im N. ist zu germ. furh- zu stellen,<br />

während fiJra (fyra) im S. zu "führen": germ. fÖl'jan 2 ), gebildet wird.<br />

§ 39. In den Beispielen "Honig", "Butter" und "Vogel" erfolgt auch<br />

"or anderen Mitlauten als r die Senkung zu 0: ho nix, bo(t)v, fogi. In diesen<br />

Beispielen unterbleibt die Dehnung vor -ig, -er, -ei. Bortfeld, Wallle, Lamme<br />

und Wedtlenstedt haben hlmiX. In fogI"Vogel" wird 0 im hannoverschen<br />

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1) Geismar, Ludwig, "vor" und "für" im Nhd., Diss. Gießen, 1928, S. 48.<br />

2) Kluge-Götze, Etymol. Wb., 179 und 178.<br />

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NW. und den braunschweigischen Dörfern Fürstenau, Bortfeld, Wedtlenstedt,<br />

Denstorf, Sierße, Bettmar, Bodenstedt und Barbecke (0 und y) haben Verengung<br />

zu y: dyv. (VergI. die Entwicklung des Umlauts von wg.o in offener<br />

Silbe § 32).<br />

§ 44. In junger offener Silbe erscheint (J (als Umlaut von u>o) als ß.<br />

Das so entstandene 0 hat die gleiche Lautentwicklung und landschaftliche<br />

Auf teilung wie der Umlaut von wg. 0 in offener Silbe (§ 32). Die Dörfer des<br />

hannoverschen W. und Sierße, Bodenstedt, Bortfeld, Wedtlenstedt und<br />

Denstorf im Braunschweigischen verengen ß>Y. Die acht Dörfer des Entrundungsgebietes<br />

im NW. wandeln ö>e: zfija I zyja I zeja "Sau". Ein ähnliches<br />

. Lautbild hat "ihr dürft". Westlich der Oker steht mit r-Umstellung dröwat,<br />

das im hannoverschen W. und in Barbecke, Sophienthal, Fürstenau verengt<br />

als drywat, im NW. mit Entrundung in Stederdorf, Riiper, Wense als drebat,<br />

in Essinghausen, Duttenstedt, Meerdorf als drewat erscheint. In Zusammenhang<br />

mit dem Md. gilt im wesentlichen östlich der Oker ohne r-Umstellung<br />

diJvt, das in Didderse und Neubrück zu devt entrundet wird. Zwischen<br />

Braunschweig und Wolfenbüttel und vereinzelt im W. und SW. werden als<br />

Mischformen dörbat und dlirwat gebraucht.<br />

In "du darfst" haben der O. östlich einer Linie Ahlum, Rautheim, Riddagshauscn<br />

und der N. östlich Harvesse, Wendezelle,Bortfeld und nördlichBortfeld,<br />

Ölper, Querum diJvst, dessen Selbstlaut aus der Mehrzahl entlehnt ist ..<br />

Fünf Dörfer in Streulage im N. um Bienrode haben keine Dehnung. Didderse<br />

und Neubrück entrunden zu devst. Bortfeld verengt zu dfivst. Regelrechtes<br />

a der Einzahl hat der W. und SW.: drafst, das nur um Braunschweig und<br />

Wolfenbüttel durch hochsprachliche Beeinflussung ohne r-Umstellung als<br />

darfst erscheint. Im NW. gilt in Stederdorf, Essinghausen, Duttenstedt, Meerdorf,<br />

Rüper, Zweidorf, Wendeburg als Mischform zwischen drafst und dövst:<br />

dmfst, mit Entrundung: drefst, in Wen se.<br />

wg. ä.<br />

§ 45. wg. ä verteilt sich über unser Gebiet als ä, mit Rundung als Q,<br />

mit Verengung des gerundeten Lautes als ö. ä gilt im größten Teil des<br />

Raumes, besonders im S., SO. und 0.; Q vor allem im hannoverschen N. und<br />

in den der nördlichen Landesgrenze benachbarten braunschweigischen<br />

Orten; ö im hannoverschen W. und in einigen braunschweigischen Dörfern,<br />

in jenem Raum mit der Verengung von mdal. ö>ü, e>i, li>y (vergl. K. 18).<br />

Die Grenzen der drei Mundartformen von wg. ä sind gegeneinander sehr<br />

fließend. Sie wechseln ihren Lauf von Beispiel zu Beispiel. Von einer genauen<br />

Grenzlagenbeschreibung der einzelnen Wörter ist deshalb abgesehen.<br />

Im Beispiel "schwere" nimmt langes ungerundetes ä in swära fast den ganzen<br />

Raum innerhalb der Landesgrenzen ein. Einzelne sWQra im swära-Gebiet,<br />

in einigen Elmdörfern und im W. der Hauptstadt, lassen vermuten, daß Q<br />

einst im ganzen Raum gegolten hat, daß aber vom Md. her ungerundetes ä<br />

an Boden gewinntl). Einheitlich SW(lra zeigt der hannoversche N., zu dem<br />

sich Kl. und Ur. Brunsrode, Thune, Wenden, Neubrück, Meerdorf und Essinghausen<br />

stellen. Dieser Q-Streifen ist der Südrand eines größeren nördlich<br />

und nord westlich anschließenden Q-Gebietes 2 ). Geschlossenes Ö, swöra,<br />

haben die hannoverschen Dörfer im W. und Fürstenau, Sierße (ä und ö),<br />

Bortfeld, Zweidorf, Wendezelle und Wendeburg. "Jahr" hat eine ähnliche<br />

1) Sarauw, I, 139.<br />

2) Vergl. die Angaben von Jarfe, Studien zur hannoverschen Dialektgeographie<br />

(1929), ungedr. Teil, § 320, für die Kreise Peine, Cella und Burgdorf.<br />

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· rüt / rfjt / rout, raut / riut, ryut, "heraus". Vechelde, Vallstedt und Gr. GIeidingen<br />

haben rüt, Lengede rfjat, Broistedt reot.. Atzum, Wendessen, Hötzum<br />

und Erkerode im SO. haben ou. bl'ünan / brfjnan / brounan, braunan / briur/an,<br />

brfjunan "braunen". In Wahle, Vechelde, Vallstedt, Alvesse, Gr. GIeidingen,<br />

Timmerlah, Broitzem, Beddingen, Steterburg, Thiede steht brün;m.<br />

Im SO. gilt Oll in Wend essen, Atzum, Hötzum, Volzum, Gilzum, Erkerode.<br />

üzan / fjzan /ouzcm, allzan / iuzan, yuzan. Vechelde, Vallstedt, Groß GIeidingen,<br />

Timmerlah bilden wiederum Horste mit ü im Zwielautgebiet. I1alchter<br />

(ou und ü), Atzum, Hötzum und Erkerode haben ouzan. hüza / hfjza / houza,<br />

hallza / hiuza "Hause". ü gilt auch in einem größeren Bezirk westlich der<br />

Oker in Bettmar, Vechelde, Lehndorf, Stiddien, Vallstedt, Alvesse, Steterburg,<br />

Beddingen. Im SO. haben Atzum, Wendessen und Erkerode houza. Der<br />

SW. hat durchgehend hiuza, nur Lengede hyaza. büvn / bfjvn / bouvn,<br />

bauvn / biuvn, byuvn "Bauern". In den sonst zwielautenden Dörfern Sierße,<br />

Bettmar, Vechelde, Vallstedt, Alvesse, Gr. GIeidingen, Broitzem, Steterburg<br />

steht büvn. büvn neben bouvn, baunn haben Stiddien, GeiteIde, Sauingen,<br />

Beddingen, Bleckenstedt und Thiede. Der SO. hat bouvn in Erkerode, Atzum,<br />

Wendessen. Im SW. ist ursprüngliches bfjuvn in Lesse, Lebenstedt und Kl.<br />

Lafferde durch Zusammenfall von u mit v zu bfjvn geworden. biuon gilt als<br />

zweite Form neben bfjvn in Bruchmachtersen, Salder, Hallendorf, Watenstedt.<br />

Essinghausen im N. hat nur in diesem Worte fj für wg. ü. jüan / jfjan / jouan,<br />

jaucJn / jiuan, jfjuan "eurem". Vallstedt und Gr. Gleidingen haben Ü, Atzum,<br />

Wendessen, IIötzum und Erkerode im SO. OU. ZÜPrl / zfjp7J / ZOllPrl I zaup1J<br />

ziuPrl, zfjuPrl "saufen". Braunschweig-Stadt-SW., Broitzem, Steterburg und<br />

Thiede haben Ü. Olper und Lehndorf verwenden sinngleiches drenkt}. Im SO.<br />

haben Salzdahlum, Atzum, Wendessen, Dettum und Erkerode zouplJ. Broistedt<br />

hat nur in diesem Beispiel ou. Man / bfjan / bouan, bauan / biuan, b[juan,<br />

"bauen". Leiferde zeigt nur in diesem Bcispiel ou, bouan. Halchter (ou und<br />

ü), Atzum, Wendessen, Hötzum, Erkerode im SO. haben bouan. büan-Horste<br />

im bauan-Streifen bilden Vechelde (ü und au), Vallstedt und Alvesl:le. Lcngede<br />

bildet b[juan zu byan weiter. dü / dy / dou, dau / diu, d,iju "du" Braunweig-Stadt<br />

bleibt im du-Gebiet, während Melverode. und Rüningen Zwielaut<br />

(ou) zeigen. Im S. und SO. haben Halchter (ou und ü), Atzum, Wendessen,<br />

Hötzum, Erkerode, IIemkenrode (ou und ü) dou. K. 10 vereinigt die Lautgrenzen<br />

von "saufen", "bauen" und "du". Es wird in dieser Zusamlllenschau<br />

deutlich (vergl. auch K. 9), daß nur das fj-Gebiet im N. und der Raum mit<br />

westfälischer Zwielautung im SW. (iu und yu) in allen Beispielen feste Grenzen<br />

haben. Der Raum zwischen nördlichem fj, sildwestlichr,m iu, yu und ÖRtlichem<br />

ü ist ein unruhiges, uneinheitliches übergangsgebiet, das von den<br />

Linienbündeln von ü gegen ou (auf der Okerlinie), und von dem von ou<br />

gegen au (westlich der Okerlinie) angefüllt ist.<br />

§ 64. Umlaut von wg. Ü. Allgemeine Lautentwicklung. Im Einlalltgebiet<br />

des O. gilt für den Umlaut von wg. ü y, das in den hannoverschen Dörfern<br />

des N. und in Meerdorf, IIarvesse, Neubrück, Rühme, Thune und Waggum<br />

entrundet wird. Im Zwielautraum des W. und in den zwielautenden Dörfern<br />

des SO. erscheint der Umlaut von wg. ü als ui, üi, in einigen Orten an der<br />

Grenze gegen den Einlaut auch als oi, liJi, IiJY. Die Außengrenze der Zwielaute<br />

gegen die Einlaute zeigt eine ähnliche Lage wie bei wg. ü (§ 62) und bei<br />

wg. i (§ 51).<br />

§ 65. Beispiele: Zyan / lian / Zuian, Z0yan, 10ian, leian "läuten" (K. 11).<br />

Lamme, Lehndorf, Melverode und Vechelde im Zwielautgebiet haben y.<br />

oi, 0i, 0Y haben an der fj / ui-Grenze die Orte Sophienthal, Fürstenau, Geifelde,<br />

Steterburg, Thiede und im SO. Erkerode. In Atzum steht als halb-<br />

32<br />

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Wedtlenstedt; fuij'D in Steterburg und Thiede; fer'D in Essinghausen; teij'D in<br />

Duttenstedt. Im SO. erstreckt sich die Zwielautung über die Oker und den<br />

Ort Halchter hinaus. Salzdahlum, Atzum und Wendessen haben tuiv. Erkerode<br />

hat tyv. Die Entrundung im N. zu tiv ist gegenüber hUa um Harvesse,<br />

Bienrode, Hondelage mit fyv zurückgenommen. dytsa / ditsa / doitSa, duitSa,<br />

duitsa "deutsche" unterliegt in starkem Maße hochsprachlicher Beeinflussung<br />

durch Schule, Zeitung und Funk. So gilt die schriftsprachliche Form doitsa<br />

für l;onlSt einlautende Dörfer wie Rüper, Vvense, Harvesse, Didderse, N eubrück,<br />

Adenbüttel, Rethen, Gr. Schwülper, Lagesbüttel, Walle, Bechtsbüttel<br />

im NW. und Essenrode, Kl. und Gr. Brunsrode im NO. Entrundetes ditsa<br />

haben im NW.: Meerdorf, Harxbüttel, Eickhorst und GrasseI. In Didderse<br />

und Walle sprechen nur alte Leute noch ditsa, während die Jugend zu doma<br />

übergegangen ist. Außer den üblichen Zwielauten ui und ui erscheint yi,<br />

dyitsa, in Wendeburg, Wendezelle, Zweidorf und in Destedt; duytsa im SO.<br />

in Volzum und Gilzum; dfJitsa im NW. in Stederdorf, Sophienthal, Fürstenau<br />

und im SO. in Salzdahlum, Atzum, Wendessen, Dettum.· Erkerode und<br />

lIemkenrode.<br />

Anm.: nza / neia, naia "neue" (mnd. nige) geht mit der Entwicklung von<br />

wg. i zusammen.<br />

§ 74. Die Kürzung des Umlautes von wg. eu erscheint als y und i. syt<br />

"er schießt". sit steht in Stederdorf, Essinghausen,Duttenstedt, Rüper, Wense,<br />

Didderse, N eubrück, Harvesse, Adenbüttel, Rethen, Eickhorst, Harxbüttel, Thune<br />

- in Grassei, Bevenl'ode, Waggum, Bienrode, Lehre, Wendhausen, Volzum, Hordorf,<br />

Weddel, Querum, Braunschweig, Rüningen - in Scheppau, Gardessen,<br />

Abbenrode, Bornum - in Apelnstedt, Dettum, Wendessen. Der W. hat durchgehend<br />

syt. In "immer" stehen ymv und imv in anderer Verteilung ohne erkennbare<br />

Regelmäßigkeit nebeneinander. imv gilt besonders im NW., in<br />

einem Streifen links und rechts der Oker und im äußeren SW. Aus mnd. ju<br />

und mhd. iuch entsteht für "euch" (<strong>3.</strong> und 4. Fall) die md.-nd. Mischform<br />

jy'l. / jyk, die im Entnmdungsgebiet als jix / jik erscheint (K. 15). Niederdeutschen<br />

Ursprungs sind der Anlaut j- und die Anwendung einer Einheitsform<br />

für den Wem- und Wenfall. Mitteldeutscher Herkunft sind dagegen der<br />

mitlautende Ausgang und ü im Inlautl).<br />

Die Mitlaute<br />

wg. p.<br />

§ 75. wg. p ist in allen Stellungen und Verbindungen erhalten: punt<br />

"Pfund", spän (daneben im SW. und W. ein ganz anderes Wort: süta, siuta<br />

u. ä.) "Spaten", züpV- "saufen" usw. Nur für den Tiernamen "Affe" steht die<br />

hd. Form ata. Unverschobenes äpa (Qpa) wird vereinzelt in übertragener<br />

Bedeutung für "putzsüchtiges Mä.dchen" gebraucht.<br />

wgt. t.<br />

§ 76. wg. t ist in der Regel in allen Stellungen und Verbindungen erhalten:<br />

tau "zu", twä "zwei", strö "Stroh", zetV- "setzen", blat "Blatt" u. a.<br />

Eine Ausnahme macht "besser", dessen md.-schriftsprachliche Form besv<br />

fast den ganzen Raum erobert hat. Die ursprünglichen Formen mit verschobenem<br />

t: bi/tv, betv sind in das Rückzugsgebiet im N., NW. und in die Dörfer<br />

des hannoverschen W. zurückgedrä.ngt. Einige Ortschaften in Streulage im<br />

1) Emmi Mertes, Ahd. ill ohne Umlaut im Dialektgobiot dos Deutschen Reiches,<br />

Teuthonista 6, 1929/1980, 200 f.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042373<br />

37


Als xt erscheint die wg. Lauteinheit tt nur in zaxta "sanft". Diese Entwicklung<br />

ist schon aso eingetreten.<br />

Auslautendes wg: -f erfährt keine Veränderung: fit "fünf", brät "Brief"<br />

und andere.<br />

wg. S.<br />

§ 85. Im Anlaut vor und im Inlaut zwischen Selbstlauten erscheint wg.<br />

s als stimmhafter Reibelaut: zef "Sieb", zyna "Sünde", keza "Käse", Itfjzv<br />

"Häuser" .<br />

Im Auslaut ist wg. s als stimmloser Reibelaut vertreten: hüs "Haus",<br />

gaus "Gans" U. a. Anlautend vor Mitlauten, außer vor -k-, ist wg. s ebenfalls<br />

in der Regel ein stimmloser Reibelaut. Vor l, m, n und werscheint wg. s in<br />

einigen Dörfern des SO., 0., S. und SW. als s; es ist wohl md.-hochsprachlieher<br />

Einfluß anzunehmen, obgleich sich die gleiche Lauterscheinung auch<br />

sonst im nd. Sprachgebiet, Z. B. öfter zwischen der unteren Weser und EIbe<br />

findet: släp "schlief", sl- 5 mal im SO. (Appelnstedt, Volzum) und O. (Riddagshausen,<br />

Querum, Essehof) und 4 mal im W. (Bruchmachtersen, Vallstedt,<br />

Alvesse, Gr. Gleidingen). Daneben in drei Orten des W. (Sierße, Bettmar,<br />

Bodenstedt) SXl- und sl-. Neben sZf}taZ(s) "Schlüssel" erscheint als Anlaut slin<br />

Reppner und Bruchmachtersen, SXl- in Bettmar und Bortfeld; neben smit<br />

"er schmeißt" mit s-: sm- 4 mal im SO., S., 1 mal im W., 2 mal im SW. sneka<br />

"Schnecke" zeigt eine besonders weite Ausdehnung des oS-Anlautes. Tiernamen<br />

unterliegen sehr stark hochsprachlichem Einfluß, da diese den Kindern<br />

besonders in der Schule in hd. Form vermittelt werden (vergl. auch "Lerche",<br />

§ 77, und "Affe", § 75). sneka steht 8 mal im SO. und S., 9 mal im SW. und<br />

W. swära "schwere" erscheint mit sw- besonders im O. und SO. (9 mal), im<br />

S. (3 mal) und im W. und SW. (3 mal).<br />

Die Mitlautverbindung sk- wird durchgehend zu s: syt (sit) "er schießt",<br />

diSa (dysa) ,,(auf dem) Tische", dyts "deutsch". In dem Zeitwort "sollen"<br />

ist sk- als z- und oS vertreten (vergl. § 78 wg. k).<br />

wg. h.<br />

§ 86. wg. h hit im Anlaut vor Selbstlauten erhalten: hits "Haus", hfjta<br />

"heute" U. a.<br />

wg. h ist im Anlaut vor Mitlauten geschwunden: lüa "laut", ledera<br />

"Leiter" U. a.<br />

Inlautendes -h- zwischen Selbstlauten ist ausgefallen: zän "sehon", täna<br />

"zehn" U. a.<br />

Vor -t erscheint wg. h je nach der Art des vorausgehenden Selbstlautes<br />

als -1- (nach e- und i-Lauten) und als -x- (nach a, 0 und u): naxt "Nacht",<br />

adaxt "gedacht", slexta "schlechte".<br />

Anm. über cht in zaxta "langsam" § 84.<br />

Die MitIautverbindung -lls- erscheint durchgehend als -s-: os,m "Ochsen",<br />

wasr! "wachsen", zes "sechs".<br />

Auslautendes wg. h ist geschwunden in nQ "nach". Auch "durch" verliert<br />

sein -h im N., NW., W. und SW.: döv (düv). Im O. und SO. ist -h als -x<br />

in der aus dem md. eingedrungenen Form durX, dorx vertreten. Erhaltenes<br />

""g. h im Auslaut und der durch Auslautverhärtung aus wg. g entstandene<br />

Mitlaut erscheinen als -x (nach e (V, i, ä, ai) und als -x: {lox "flog".<br />

Für "er sah" steht zax im N., NW., SW. und in einigen Dörfern des O. Im<br />

W. und SO. ist in breiter Ausdehnung die md.-schriftsprachliche Form zä<br />

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111. Zusammenfassung<br />

Bei der Entwicklung unseres Lautstandes, für die wir das Ordnungsmaß<br />

des Westgermanischen zugrunde legten, haben sich bei den einzelnen Lauten<br />

immer wieder einige an bestimmte Gebiete gebundene Veränderungen gezeigt:<br />

Zwielautung, Verengung, Senkung, Rundung, Entrundung, Einlautung,<br />

md. Einflüsse. Im Folg'enden gehen wir diese Erscheinungen durch und<br />

setzen sie in Beziehung zu den sprachlichen Großräumen und zu den Gegebenheiten<br />

von Geschichte und Landschaft.<br />

1. Die Z wie 1 a u tun g. Die Zwielautung der alten Längen 'i, ü, 1. Ü<br />

ist von allen Lauterscheinungen für die l\Iundartengliederung Ull::;ercr Landschaft<br />

die bedeutsamste. Sie trennt unseren Raum in eine östliche Hälfte mit<br />

Einlauten und eine westliche Hälfte mit Zwielauten. Die Grenze zwischen<br />

beiden ist meist sehr wenig einheitlich. Die ensicherheit in der Anwendung<br />

der Zwielautung geht so weit, daß ein und dasselbe Wort beim gleichen<br />

Sprecher einmal mit, ein anderes Mal ohne Zwielaut erscheint. Bei sprachlicher<br />

Unsicherheit, so z. B. in Vechelde, das mitten im Zwielautraum liegt,<br />

setzt sich der Einlaut durch. Trotzdem ist seit Wenkers Erhebungen keine<br />

deutliche Zurücknahme der Zwielautaußengrenze festzustellen. Es bestehen<br />

heute wie vor 50 Jahren die Grenzstreifen, Einbuchtungen und Einschlüsse<br />

von Einlauten im Zwielautgebiet, die Lühmann (Schulblatt f. BI'. und Anhalt,<br />

1924) am DSA bemängelt. \Vie die Karte Zwielautung (K. 16) zeigt, können<br />

wir nur im NW. zwischen Stederdorf und Bortfeld von einer wirklichen<br />

Grenze sprechen. Westlich und südlich Braunschweigs durchdringen sich<br />

Ein- und Zwielaut in einem Grenzstreifen. Gleiches gilt für die zwielautenden<br />

Dörfer zwischen Wolfenbüttel und dem Elm im SO.<br />

Wie wenig die weitverbreitete Meinung, daß die Oker die Zwielautgrenze<br />

bilde, zu Recht besteht, zeigt die Karte 16. Bei Braunschweig trifft<br />

die Zwielautgrenze überhaupt erst auf die Oker; die drei Okerdörfer südlich<br />

der Hauptstadt sind meist zweisprachig; Leiferde, Steterburg auf dem linken<br />

Ufer sind wieder einlautend. Auf das Zwielautgebiet östlich der Oker zwischen<br />

Wolfenbüttel und dem Elm weist schon Lühmann (im Schulblatt f. BI'. u. Anhalt,<br />

1924) hin, wenn er auch in der Feststellung, daß die Zwielautung bis<br />

zur Schunterniederung reiche, zu weit geht.<br />

Großräumig gesehen ist unser Zwielautgebiet der Ostflügel des Zwielautgroßgebietes<br />

zwischen Wcserbergland-Harz-Braunschweig-Hannover. In<br />

unserem Raum verebbt die Zwielautung: in den Randzonen gleichen sich<br />

Zwie- und Einluut einander an (ei zwischen i und ai, § 52; OU, au zwischen<br />

iu und ü, §§ 62, 63). Die im Schrifttum unserer Landschaft (Jellinghaus,<br />

Damköhler, Lühmann, vergl. Schrifttumsverzeichnis) verbreitete Ansicht, daß<br />

die Zwielautung eine alte Stammeseigentümlichkeit der Engem oder der<br />

Cherusker sei, ist hinfällig geworden, da in den neueren Arbeiten (Sarauw,<br />

Nd. Forschungen I, 219 und Baader, Zs. f. dt. l\Idaaf., 1923, S. 188 f.) die<br />

Zwielautung der alten Längen als eine verhältnismäßig junge Spracherscheinung<br />

ohne völkische Träger erkannt ist. Abgesehen davon geht es nicht an,<br />

die Oker nur auf Grund der Zwielautgrenze, die sich, wie wir oben gesehen<br />

haben, gar nicht an den Fluß hält, als grundlegende Stammesgrenze zu betrachten,<br />

auch wenn die Oker in der Landesgeschichte dann und wann einer<br />

Grenze zugrunde gelegt ist.<br />

2. Die Sen k u II g (K. 17). Im Gegensatz zur Zwielautung hat diese<br />

Lauterscheinung ihren Ursprung und ihre Hauptausbreitung innerhalb der<br />

Landesgrenzen. Die Senkung von mdal. e (aus wg. e und i»a und die von<br />

mdal. 0 (aus wg. a und u»a ist eine lautliche Sonderentwicklllllg unseres<br />

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45


Hahn, F. G., Die Städte der niederdeutschen Tiefebene in ihrer Beziehung zur Boden.<br />

gestalt, Forschungen z. dt. Ld. u. Vkd. I, 3, 1885.<br />

Hänselmann, L., Urkundenbuch der Stadt Braunschweig, 4 <strong>Bd</strong>e., 1873--1912.<br />

- Braunschweig in seinen Beziehungen zu den Harz- und Seegebieten, Wolfenbüttel<br />

1887.<br />

Haushalter, B., Die Mundarten des Harzgebietes, Halle 1884.<br />

Havemann, W., Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg, 3 <strong>Bd</strong>e., Göttin·<br />

gen 18.1)3--1857.<br />

Heibey, H., Die Laute der Mundart von Börßum, Dias. Halle 1891.<br />

Herbst, A., Die alten Heer- und Handelsstraßen Südhannovers, Göttingen 1926.<br />

Hoppe, Die kulturelle Bedeutung Braunschweigs, Braunschweigische Heimat 1935.<br />

Jarfe, W., Studien zur hannoverschen Dialektgeographie der Kreise Burgdorf und<br />

Celle und eines großen Teiles des Kreises Peine, Teildruck, Marburg 1929. Ungedruckter<br />

Teil im Besitz des Deutschen Sprachatlas, Marburg.<br />

JelJinghaus, H., Zur Einteilung der niederdeutschen Mundarten, Kiel 1884.<br />

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Braunschweig, Beitr. z. dt. Vkd., Berlin-Leipzig 1935.<br />

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Niedersachsens Urgeschichte, Nr. 8, 1934.<br />

Kluge-Götze, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 11. AutI., Berlin 1934.<br />

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Lascb, A., Mitteldeutsche Grammatik, Halle 1914.<br />

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Löfstedt, E., Ostfälische Studien, Lund 193<strong>3.</strong><br />

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Maenicke, M., Magdeburg, Hannover 1926.<br />

Meier, H., Braunschweig und die mittelalterlichen Städte, Br. Mag. 1906.<br />

Meier, P. J., Niedersächsischer Städtcatlas, 2. Auflage, Braunschweig 1926.<br />

Mertes, E., Ahd. iu ohne Umlaut im Dialektgebiet des Deutschen Reiches, Teuth., 6,<br />

1929/30.<br />

Mitzka W., Mundart und Verkehrsgeographie, Teuth. 1935.<br />

- Stammesgrenzen und Mundarten in Deutschland, insbesonders in Kurhessen, Mit­<br />

, teilungen, Universitätsbund, Marburg, lieft 1, 1936.<br />

Nadler, J., Die deutschen Stämme und Landschaften, Stuttgart 1925.<br />

- Das stammhafte Gefilge des deutschen Volkes, München, 2. Autl., 1934.<br />

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im ostfälischen Hügel- und Tiefland, Forschungen z. dt. Ld. u. Vkd., XIV/3/1902.<br />

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Schrcpfer, H., Hildesheim, Freiburg 1928.<br />

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Schütte, 0" Die Verdrängung des Niederdeutschen in den Braunschweiger Urkunden,<br />

Nd. Korr. BI., 34/191<strong>3.</strong><br />

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Stürenburg, C. H., Ostfriesisches Wörterbuch, Aurich 1862.<br />

Tackenberg, K., Chauken und Sachsen, Niedersächsisches <strong>Jahrbuch</strong>, 8/1934.<br />

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. Leipzig 1934.<br />

Wagner, K., Deutsche Sprachlandschaften, D. D. G. XXIII, Marburg 1927.<br />

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Wrede, F., über die heutige Verbreitung der Rundung von a vor Id, lt, AfdA. 1919,1921.<br />

Zur Entwicklungsgcschichte der deutschen Mundarten, Zs. f. dt. Mdaa. 1919/20.<br />

Ingwäonisch und Westgermanisch, Zs. f. dt., Mdaaf., XIX, 1924. •<br />

50<br />

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Staatliche Fürsorge<br />

für Naturschutz und Landschaftsgestaltung<br />

4'10 .<br />

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im Lande Braunschweig<br />

während des 18. Jahrhunderts<br />

von<br />

Werner Flecp.sig<br />

Braunschweig<br />

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51


I<br />

j<br />

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Lindemdlee des 18. Jahrhunderts auf der Helmstedtel' Straße in Braunschweig<br />

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Foto Landelhildarcbiv


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ßraUDlcbw. L.odelmu.eulO f. GeBcbicbte u. Volkatum


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Vom<br />

Adelssitze zum Bauerndorfe Volzum<br />

von<br />

Otto Hahne<br />

Braunschweig<br />

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61


•<br />

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,


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Im hügeligen Vorlande des Elmes liegt das Dorf Volzum mit seinem teilweise<br />

schweren, etwas kleiigen Boden abseits der großen Heerstraßen Braunschweig-Schöppenstedt<br />

und Wolfenbüttel-Schöppenstedt, die nördlich und südlich in einiger Entfernung<br />

an ihm vorbeiziehen. Auch dcr alte "Dictweg" = Volks weg von Schön in gen<br />

über Amplt'ben und Evessen nach Wolfcnbüttel berührt nur auf wenige hundert Meter<br />

Volzums Flurgrenze im Südosten.<br />

Die östliche und weithin auch die nördliche Grenze der Feldmark<br />

bildet ein Bach mit starkem. Gefälle, der einst "Schölleke" = schallender Bach hieß,<br />

(la zu ihm vom Dorfe aus der "Schöllekeweg" führt. Ubcr diesen Bach, heute "dcr<br />

Beek" genannt, ist nur gegen Sickte die Flurgrenze auf ehemaligem Angerboden etwas<br />

hinausgeschoben. Gegen Dettum verläuft die Flurgrenze im Süden ziemlich geradlinig<br />

und natürlich. Nur die Westgrenze gegen Apelnstedt mit einspringenden Winkeln<br />

beruht auf einer irgend wann einmal erfolgten Festsetzung, die nicht durch die örtliehe<br />

Beschaffenheit bedingt ist.<br />

Beträchtliehe Teile der Ländcrci, die 1772 mit 1213 Morgen 105 Ruten berechnet<br />

ist, sind in früherer Zeit noch \Viese und Anger gewesen, so alles Land.<br />

das nördlich dcs kleincn Grabens am Dorfrande in schwarzem, schweren Boden bis<br />

zum "Schöllekebaeh" liegt und heute teilweise bester Acker ist. Auch die dortigen<br />

Flurnamen "Die untere und ober Meinc", "Hinter dem Mettgensieke", "In den zwanzig<br />

Schwaat", "Pringstanger", "l'i'achtblcck" (Weide für die Pferde) und "Der Rottecamp",<br />

die sich auf Weidebetrieb oder Rodetätigkeit beziehen, bezeugen die Richtigkeit<br />

dieser Behauptung. "Im Gänsecampe" war die ursprüngliche Gänseweide,


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Die Sachsen verbanden sich zur Vernichtung des thüringischen Großreiches<br />

5 ) mit den Franken und stürmten im Jahre 531 u. Ztr. dessen Hauptburg<br />

Burgscheidungen an der Unstrut 6). AIs Siegesbeute erhielten sie alles Land bis zur<br />

Saale und vereinigten es so eng mit ihren alten Stammsitzen, daß die niederdeutsche<br />

Sprache dort bis heute herrscht und ihr strenges sächsisches Recht hier galt.<br />

Utl13um<br />

i. <strong>3.</strong> 1772.<br />

(nach der alten DorIkarte im Braunsehw. Staatsarchiv)<br />

Noch in dieser sächsieh-Iang{)bardisehen Zeit wird dann ein V 0 I kodas nach<br />

seinem Namen benannte I-leim angelegt haben, dessen spätere Urkundenformen lauten:<br />

Volkessem 1153, Volxhem 1192, V{)lesem 1226, V{)!tsem 1294, Volsum 1307, Volktsem<br />

1470, F{)ltzem 1478. 7 ) Die Lage außerhalb der alten Dberschwemmungswne und das<br />

Vorhandensein einer sehr guten Quelle bewogen zur Anlage an der heutigen Stelle:<br />

"Vornehmlich aber is t," so sagt die Dorfbesehreibung v{)n 1772, "der im Dorfe vor<br />

dem Kirchhofe befindliche Brunnen ein gutes Quellwasser, so auch bei tr{)ckener Zeit<br />

ergiebig, und muß dic ganze Gemeine das Wasser daher holen." Es war ein mit<br />

H{)lzzaun, Wall und \Vasser gefülltem Graben befestigter Adelssitz in etwas erhöhter<br />

Lage. Die durch viele Erdfuhren mehrmals stark erhöhte innere Dorfstraße zeigt<br />

den ursprünglichen Verlauf dieses Grabens n{)ch heute an.<br />

Im Jahre 743 drangen die Franken um den Ostharz herum zum ersten -Male<br />

in die Lande an der Oker ein, in denen sehr viele "Nordschwaben" für


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Da die Bruderkriege dei' welfischen Fürsten im 15. Jahrhundert und die Ilildesheimer<br />

Stiftsfehde besonders durch gegenseitige Ausplünderung der Dörfer ausgefochten<br />

wurden, schädigten sie am meisten die Bauern. Unruhe und wirtschaftlicher Notstand<br />

brachte weiter die Besetzung des Landes durch die schmalkaldischen Bundesfürsten<br />

und die wilden Raubzüge des Markgrafen von Brandenhurg-Kulmbach. Erst<br />

die fürsorgliche Regierung des Hcrzogs Julills sorgte seit 1568 für eine z i e 1bewußte<br />

Förderung des bodenständigen Landvolkes. Er und sein kluger<br />

Sohn Heinrich Julius verboten eine willkürliche Abmeierung der Bauerd oder eine ungerechte<br />

Steigerung des Meierzioses, so daß ihnen die Erhaltung eines leistungsfähigen<br />

Bauernstandes zu verdanken ist. Nachdem bereits der wirtschaftliche Niedergang<br />

und das Unwesen der Kipper und Wipper viel Wohlstand in Stadt und Land vernichtet<br />

hatten, brachte der D re i ß i g jäh r i g e Kr i e g den schwersten Schaden. Bei<br />

den mehrmaligen Belagerungen und Entsatzversuchen der Feste \Volfenbüttel versorgten<br />

sich kaiserliche und schwedische Kriegsvölker mit Gewalt aus den nächsten<br />

Dörfern. Wenn nun 1627/28 fast ganz Evesscn eine \Vüstenei war, wenn in den<br />

Nachbardörfern viele Höfe ohne Bellitzer waren und von Groß-Dahlllm oder Lucklum<br />

schwere Plünderungen gemeldet werden, darf man annehmen, daß auch Volzum vor<br />

bedeutenden Einbußen nicht bewahrt blieh, obwohl besondere Nachrichten darüber<br />

nicht erhalten sind. Die nun folgende Friedensregierung unter dem fürsorglichen<br />

Herzog August dem Jüngeren und seinen meist trefflichen Nachfolgern beseitigte<br />

die schweren Schädigungen in unglaublicher kurzer Zeit, weil Bürger und Bauern in<br />

den nun gesicherten Verhältnissen eifrig arbeiteten. Der Siebenjährige Krieg und die<br />

Besetzung des lIerwgtums durch die Franzosen 1806-1813 brachten wohl wieder<br />

fühlbare wirtschaftliche Nachteile und einige Menschenverluste, aber keine Verwüstungen<br />

über unser Dorf.<br />

Nachdem so in großen Zügen die politischen Ereignisse aus Volzums Vergangenheit<br />

kurz gestreift wurdcn, sollen nun die Urkunden und Akten von den wirtsc<br />

ha ft lic h e n Ver h ä I tn i s sen sprechen, weil dadurch die Dorfanlage und Geschichte<br />

seiner Höfe klar gestellt wird und der Beweis für die Richtigkeit der obigen<br />

DarIe{,rlmg gebracht werden kann. Im Jahre 1153 wird vom Bischof von Halberstadt<br />

dem Kloster St. Johann daseIbst eine Hufe in Volkesscm als Besitz bestätigt. 9 ) Weiter<br />

erscheint dieser mehrmals als Lehnsherr über 8 Hufen, die an die Herren von der<br />

Assebmg verlehnt sind. Der Marschall Baldewin von Volkmarode gibt im Jahre<br />

1234 drei Hufen seines Eigentums an Adolf von Schaumburg, und Graf Gebhacd von<br />

Wernigerode bezeugt 1320 dem Rate der Stadt Braunschweig, daß seine Schwester<br />

Adelheid auf Güter in Volczem verzichtet hat. Die Herzöge von Braunsehweig verfügen<br />

mehrfach über mehrere Hufen und den Zehnten (1344 an die Asseburgcr, 1367<br />

an· Rat und Bürger der Stadt Braunschweig, 1377 an den Bischof von IIalben;tadt<br />

verpfändet). Auch der Besitz der Klö6ter Riddagshausen, St. Ägidien, St. BIasius<br />

und Cyriaeus, sowie des Marienhospitals zu llrnunschweig. ist aus der Hand der<br />

Landesfürsten : gekommen.<br />

Da:, 1\1 in ist er i ale n g e s chI e c h t, das sich nach dcm Dorfe henennt, eteht<br />

im Dienste dcs Halberstädter Bischofs und später der Herzöge von Braunschwcig. Es<br />

werden bezeugt 1251 Wernherus de Volzin, 1265 Ritter Ludolf von Volzem, 1318<br />

Johann von Volkcem, 1344 Knappe Henning de Volksem, 1344 Heinrich von Volzem,<br />

1369 Henning Volksum, der ein Burglehn in SI!hloß Campen erhält. Im Jahre 1312<br />

gibt Egloff von Volsum das Eigentum einer Hufe in Volsum mit allem Zubehör auf<br />

Feld, Flur, \Vicsen, \V ciden, \Väldcrn und allem anderen an das Kloster Riddagshallsen.<br />

Dieses zahlte ihm dafür eine gewisse Gcldsumme im Namen des Bischofs von Halberstadt<br />

als Beihilfe für scinen Loskauf, weil er in dessen Dienste in Kriegsgefangenschaft<br />

geraten war. Derselbe Knappe Egloff überläßt 1313 noch einige andere Hufcn<br />

demselben Kloster. Der Knappe Henning de Volk sem , der nicht mehr in Volzum<br />

wohnt, sondern als Burgmann in Schloß Campcn sitzt, verkauft 1344 um 32 Mark<br />

lötigen Silbers dem BIasiusstifte 2 Hufen in Volzum für die von KODl'ad von Vall-<br />

5* 67<br />

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getreten ist. Diese Höfe beackern den ehemaligen Besitz der Kirche des Ortes selbst<br />

oder den der Kirche in Wendessen.<br />

<strong>3.</strong> Die Frage, wann diese nach einem augenscheinlich fest bestimmten Plane<br />

geschaffene Anlage des späteren Dorfes erfolgt ist, läßt sich nicht genau beantworten.<br />

Sie wird bereits vorhanden gewesen sein, als die ersten Uberweisungen von<br />

Hufen im Jahre 1191 erfolgten. Die nach dem Dorfe ihren Namen führende Ministerialicnfamilie<br />

hat niemals einen erheblichen IIufenbcsitz in V olzum gehabt und<br />

bald den Zusammenhang mit dem Dorfe ver!men. Sie stand zuerst im Dienste des<br />

I1alberstädter Bischofs, hat dann aber für den Landesherrn sich eingesetzt und ist<br />

dafür mit dem Burglehn in Schloß Campen und Lehnsgut in Bornum bei Königslutter<br />

bedacht worden. Es ist demnach wohl die Schlußfolgerung berechtigt, daß<br />

bereits in der Zeit der fränkischen Besetzung der alte Wallhof und sein Land zur<br />

Nutzung an die Kirche gegeben wurden, die dann die Neuaufteilung vornuhm. Ein<br />

älmlicher sächsischer Adelssitz war einmal Hondelage, wo jedoch ein tatkräftiges<br />

Geschlecht bis gegen das Ende (Ies Mittelalters ,seßhaft blieb und selbständig die<br />

Erweiterung seiner Ackerflur auf ehemaligem Waldgrunde betricb. 12 )<br />

Naeh diesen Darlegungen wird man Volzum nicht mehr mit P. J. Meier unter<br />

die Haufendörfer rechnen dürfen. Das Dorf hat seinen eigenen Entwicklungsgang<br />

durchgemacht, der es in seiner Anlage und der Auf teilung seiner Ackerflur von<br />

anderen Dörfern der Umgegend wesentlieh unterscheidet. Man sollte überhaupt<br />

davon absehen, allzu rasch über den Aufbau unserer niederdeutschen<br />

Dörfer ein abschließendes Urteil geben zu wollen. Zuerst<br />

müssen sorgfältig die einzelnen Dörfer hinsichtlich der Veränderungen<br />

im Besitzstande ihrer Bauernhöfe untersucht werden, wie cs<br />

etwa Maßberg 13 ) für die Döder der Vogtei Dcnkte und Mühe 14 ) fiir Dankelsheim mit<br />

eindringendem Verständnis und peinlicher GenauigKeit getan haben. Unsere urkundliche<br />

Uberlieferung und die genauen Angaben der Erbregister und der Dorfbeschreibungen,<br />

in denen die mittelalterlichen Zustände noch deutlich durchschimmern, ermägliehen<br />

es vielfach, wie das Beispiel von Volzum zeigt, wenigstens in den Umrissen<br />

die haupt5ächlichsten Ereignisse der Entwicklungsgeschichte aufzuzcigen.<br />

Anmerkungen<br />

1) O. Hahne: I1achum im Wandel der Zeit. Eine kurze Dorfchronik von der ältesten<br />

Zeit bis zur Gegenwart. 32 Seiten. Schöppenstedt 1934. Druck und Verlag Robert Ricslund.<br />

2) Dorf-, Feld- und Wiesenbeschreibung des Dorfes Volzum, Fürsd. ResidenUlmts Wolfenbültel<br />

Anno 1772. W olfenbüttel, Landesarchiv.<br />

S) Günter Thaerigen: Die Nordharzgruppe der Elbgermanen bis zur sächsischen Cberlagerung.<br />

Deutsches Ahnenerbe Reihe ß. Fachwissenschaftliche Untersuchungen 1939. Zur<br />

Ur-, Vor- und Frühgeschichte Band 2. Bcrlin-Dahlem.<br />

') Th. Voges: Sagen aus dem Lande Braunschweig. Braunschweig, 189.<strong>3.</strong> Denno Goewitz,<br />

Seite 270.<br />

5) Reinerth: Vorgeschichte der deutschen Stämme. Bibliogr. Institut Leipzig 1940.<br />

Band II.<br />

6) Widukind von Corvey: Sächsische Geschichten. Leipzig 1931. I, 12.<br />

7) P. J. Meier: ßau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig. Wolfenbüttel,<br />

Verlag Julius Zwißler, 1906. <strong>Bd</strong>. III, 2. Abteilung Seite 139.<br />

S) L. I-Iänselmann: Chronik von Braunschweig. 1868, Leipzig, S. Hirzel I, Seite 30.<br />

9) Vrkundenbueh des Hochstifts Halberstadt I-IV, Asseburger Urkundenbuch I-III,<br />

der Stadt Goslar I-V, der Stadt Braunschweig lI-IV, des Klosters Drubeck, der Herzöge<br />

von Braunschweig I-X.<br />

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10) Erbregister des Residenzamtes Wolfenbüttel von 1566. Lannesarchiv Wolfenbüuel.<br />

Dorf-, Feld- uad Wicsenbeschreibung des Dorfes Volzum. 1772. Landesarchiv Wolfenbüttel.<br />

11) K. Kayser: Die reformatorischen Kirchenvü;itationen in den welfischen Landen<br />

1542-44. Göttingen 1896, S. 125.<br />

12) O. Hahne: Die Flurnamen eines niederdeutschen Dorfcs als Urkunden der Siedlungsgeschichte.<br />

Beiträge zur Flurnamenforschung Eugen Fehrle zum 60. Geburtstage dargebracht.<br />

Karlsruho 1940. Südwestdeutsche Druck- und Verlagsgesellschaft, Seite 42.<br />

15) Kar! Maßherg: Die Dörfcr der Vogtei Groß-Denkte, ihre Flurverfassung und Dorfanlage.<br />

Studien und Vorarbeitcn zum Historischen Atlas Niedersachsens. Heft 12. Göttingen<br />

1930.<br />

14) A. Mühe: DankeIsheim, eine f1ur- und siedlungsgeschichtliche Untersuchung. <strong>Braunschweigisches</strong><br />

<strong>Jahrbuch</strong> 1941/42, Seite 121.<br />

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Geschichte der Salzwerke<br />

bei Salzdahlum<br />

Ein Beitrag zur Geschichte der Industrie und der Technik<br />

von<br />

Hans Wiswe<br />

Atzum<br />

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braunschw. Währung "in der suIten to SoItdalem" verkaufen, sich aber das Gericht<br />

ausdrücklich vorbehalten.26) Im Jahre 1449 verkauft der Edle Hans von Warberg<br />

mit Genehmigung seines Lehnsherrn, Herzog Heinrichs zu Braunschweig, zu Afterlehen<br />

an den Braunschweigcr Bürger Wemer von Kalm 6 Hufen Land, einen Sedelhof<br />

mit einem steinerncn Turm, 5 Kothöfe, einen Fischteich, eine zehntfreie Schäferei,<br />

belegen auf dem Felde und im Dorfe Salzdahlum, ein Drittel des Holzes "de Clare",27)<br />

eine Salzkote auf dem Salzberge und das Halsgericht daselbst mit allem, was dazugehört.<br />

In einer anderen, wenig späteren Aufzeichnung wird dieser Komplex gekennzeichnet<br />

als "borchhoff unde VI hove landes - - mid al oren tobehoringen".28) Es<br />

dürfte sieh um einen wichtigen Teil des ehemals ludolfingischen Gutes handeln, das<br />

frühzeitig durch Vergabung und Verlehnung seines ursprünglichen Zusammenhanges<br />

beraubt wurde und als dessen Mittelpunkt der Burghof anzusehen ist. Von diesem<br />

aus wurden auch die Salzwerke verwaltet, und als sein Zubehör hat damit auch die<br />

Siedlung "Salzwedel" zu gelten mit ihrem hesonderen Gericht und damit ihrer Herausnahme<br />

aus der allgemeinen Gerichtsbarkeit. Möglicherweise hing diese Sonderstellung<br />

mit der ursprünglichen Qualität als Reichsgut zusammen. Die Vermutung<br />

liegt nahe, daß den Salzwerken zu Salzdahlum die Versorgung der in der Nähe hefindlichen<br />

Königshöfe Evessen und Kissenbrück mit dem erforderlichen Salz oblag.29)<br />

11.<br />

Im Jahre 1077 bestätigt König Heinrich I. die Gründung des Nonnenklosters<br />

Steterburg durch Frederunda, die Tochter des Grafen AItmann. Die Dotierung der<br />

neuen Stiftung erfolgte außer mit 211 Hufen in verschiedenen Orten mit zwei Hausstellen<br />

und zwei "panstal salis" - d. h. Salzkoten - zu Dalhem. sO ) 1389 hatte<br />

Steterburg hier noch eine Salzkote. SOli) Diese hatte 1519 Cordt Krakow zu Dahlum<br />

inne gegen einen Jahreszins von 20 Himten gleich ebensoviel Stück Salz.s1) 1679 überließ<br />

sie das Kloster dem Amtmann Jaoob Maßow oder Maßmann zu Meierrecht auf zwölf<br />

Jahre gegen einen Jahreszlls von 1 Scheffel (= 10 Himten) Salz. Der Amtmann<br />

versprach, das seit langem wüste . Werk ganz auf seine Kosten wieder aufzubauen.<br />

Nach Ablauf jener zwölf Jahre wollte er um Wiederbemeierung nachsuchen und<br />

dann den alten Zins geben in Höhe von 20 Stück Salz zu je einem Himten und<br />

einem Schock Eier.32) Weitere Nachrichten hicrüber fehlen.<br />

Bischof Reinhard von Halberstadt bestätigt im Jahre 1112 die Besitzungen<br />

des Klosters Osterwieck unter gleich:l.eitiger Verlegung nach Hamersieben. I-etztere<br />

war die Voraussetzung für die umfangreichen Vergabungen einer "matrona" namens<br />

Thietburg und dcren Tochter Mathilde an das Kloster, darunter "in Daleheim una<br />

mansio et V iugera et unum pans tal in quo coquitur sal" (in Dahlum eine Wohnstätte<br />

und fünf Morgen Land und ein Pfannenstnll, in dem Salz gekocht wird). Aus dem<br />

Jahre 1178 liegt eine Bestätigungsurkunde für den Besitz vor 53), dessen Ertrag ein dcm<br />

12. Jahrhundert ungehöremles Güterverzeichnis des Klosters, das die Morgenzahl<br />

freilich nur mit drei beziffert, mit sechs Schilling benennt.<br />

Das Cyriakusstift in Braunschweig bezog nach den Angahen eines Güterverzeichnisses<br />

aus der Zeit um 1170 von einer Salzpfanne 8 Schilling Zins. 34 ) Nach einer<br />

Aufzeichnung aus dem 15. Jahrhundert, die nuf eine Vorlage aus der Zeit vor 1227<br />

zurückgeht und die Aufkünfte der Propstei von St. Cyriakus aus Stiftungen des Begründers<br />

und anderer \Vohltiiter enthält, bezog diese in Snlzdahlum von einem<br />

Salzwerk (salina) vier Scheffel (modios) Salz' größeren Maßes und von einem acht<br />

Schilling. 35 ) Ober die Herkunft bzw. die Erwerbung dieser Besitzrechte läßt sich<br />

niehts ermitteln.<br />

Wir erwähnten bereits den Burghof der Edlen von Warberg, der 1449 in den<br />

Afterlehensbesitz der von Kalm gelangte, nachdem schon 1429 davon eine Zins-<br />

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Nach dcn Angabcn über erforderliche Baumaterialien ergibt sich folgendes Bild<br />

der Lucklumer Kote: Im Grundl'iß war sie 16 Fuß mal 34 Fuß groß. Siehntte 28<br />

in die Erde eingelassene Ständer von 12 Fuß Länge. Die Wände waren mit Eiehenbohlen<br />

ausgelegt. Auf den Ständern ruhte die "Plate", auf der wohl die "Hanebänder"<br />

lagen und die (30 Stück) 20 Fuß langen Spurren zu stehen kamen. Zwei "große<br />

Eiehenstüeke" von 30 Fuß Länge trugen den 34 Fuß langen Firstbaum, der dem<br />

Ganzen den Halt gab. 126 ) Die Kote war mit Stroh gedeckt und durch eine Tür verschließbar.<br />

Infolge ihrer Bauwcise brannten die Koten oft ab, zumal das Strohdach<br />

unmittelbar über der Pfanne lag.<br />

In der Kote befand sich der aus Lehm gebaute und mit Bohlen eingefaßte Herd<br />

oder Ofen. Vermutlich l26 ) lag unter ihm, durch einen Rost aus Eisenstäben getrcnnt,<br />

der zur Aufnahme dcr Asche bestimmte Graben.<br />

Auf den Herd sctzte man die Pfanne. Sie war aus Eiscnblech verfcrtigt, 12 bis<br />

14 Fuß lang, etwa (j Fuß breit und 1 Fuß hoch. Ihr Fassungsvermögen betrug<br />

50 Eimer. (In Schöningen faßte eine Pfanne 30 Eimer.) 127) 1652 wurden für die Herstellung<br />

einer Pfanne in der Lucklumer Kote 25 Tafeln Blech im Gesamtgewicht von<br />

etwa 110 Pfund verwandt. Die Größe der Pfannen in den verschiedenen Koten wird ,in<br />

der Zeit dcs normalen Betriebes den jeweils zur Verfügung stehenden Zuberrechten entsprochen<br />

haben. Dcr Bericht von 1675 scheint kleinere PIannen vorauszusetzen als<br />

die hier beschriebene. Für die Festlegung einer bestimmten Pfannengröße128) bestand<br />

bei der Lage dcr Dinge keine Ve1'8nlassung. Die Herstellungskosten jener Pfanne betrugen<br />

1652 16 Tlr. 3 Gr. 6 Pf. Die Pfannen waren oft reparaturbedürftig und hatten<br />

eine Lebensdauer von 2-4 Jahren. Die in Halle a. S. verwandten PIannen hielten nur<br />

20 Wochen. 129 ) Anderwärts, z. B. in Lüneburg und Schönebeck a. E., verwandte man<br />

bleierne Plannen. 130 ) Blei war zu dem Zwecke leichter zu verarbeiten, die Verwendung<br />

von Eisenblechpfannen war wirtschaftlicher in bezug auf den BrennstofIverbraueh. 131 )<br />

Uber der Plan ne befand sieh eine Holzdecke, von der herab in jene eine Eisenstange<br />

hing. Ihr Gewicht wird einmal mit 20 Pfund angegcbcn. Sie wird als Auffänger<br />

bezeichnet und diente dazu, die Unreinigkeit des Salzes an sich zu ziehen.<br />

In der Salzkote in die Erde gegraben war eine Holzbüdde, die zur Aufnahme der<br />

durch die Renne zugeführten Sole diente 132) und über der sich ebenfalls eine Holzdecke<br />

befand.<br />

Dcr Kote vorgebaut war die auf 12 Eichenständern ruhende und ebenfalls mit<br />

Stroh gedeckte, dureh eine Tür verschließbare Laube. Durch sie sollte Zugluft ferngehalten<br />

werden. Sie diente zur Aufbewahrung von Brennmaterial, das hier zerkleinert<br />

wurde. Hier stand ein Hackebloek.<br />

Als weitere Ausrüstung der Kote nennt ein Verzeichnis einen kleinen 15 Eimer<br />

fassenden Zuber, 40 Salzkörbe, 1 hölzemerne lIolzschaufel, 2 eichene Aufschläger 133)<br />

und 2 eichene Stöcke.<br />

VII.<br />

Der Produktionsvorgang verlief folgendermaßen.m )<br />

Die Pfanne wurde auf den Herd gesetzt, mit Sole gefüllt und Feuer darunter angezündet.<br />

Das Aussieden dauerte in Salzdahlum 12 Stunden (in Lüoehurg 3 Stunden,<br />

Aschersleben 6 Stunden, Salzderhelden 48-70 Stunden),13S) In dieser Zeit wurde<br />

dreimal Sole nachgefüllt nach Maßgabe des verdunsteten Wassers. 136 ) Das letzte Mal<br />

fügte man drei Eier (1675 ein Ei) hinzu. Anderwärts verwandte und verwendet man<br />

noch heute stattdessen Bier, Blut, Alaun, Albumin, Butter odcr Pech. Derartige Zusätze<br />

sind bei manchcn, insbesondere bei nicht durch Cl'adierung gesättigten Solen nötig<br />

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und so sehr vermindert, daß man nur hin und wieder einzelne Blasen in der Pfanne<br />

aufsteigen sieht. Das nennt man: "Das Salz stehe auf der Suucke'. Sobald die Sole<br />

nur noch fingerbreit über dem Salze steht, läßt man das Feuer ausgehen, schlägt das<br />

Salz in Körbe und steIlt diese - höchstens eine Stunde Jang - zum Abtropfen der<br />

noch anhaftenden stark konzentrierten Sole auf die Gradierpfanne. In der Siedepfanne<br />

wird sofort ein neuer Arbeitsgang begonnen. Das gewonnene Salz wird in den<br />

Trockenkammern aufs schärfste abgedörrt.<br />

In Anbetraeht der Feuersgefahr sollen die Sieder höchstens drei Stück Wasen in<br />

der Kote haben. Die übrigen können in dem Vorhause und dem noch zu erbauenden<br />

Holzmagazin verwahrt wenlcn. In jeder Kote solI in dem Solezuber eine kleine Feuerspritze<br />

bereit stehen.<br />

Ein Sieder, der ohne besonderen Grund wöchentlich 55 Bimten Salz oder<br />

weniger liefert, ist zu bestrafen. Für eine Erzeugung von über 60 I-limten wird eine<br />

Prämie von 1 Ggr. an den Meister und 6 Pig. an den Knecht für jeden Himten<br />

gezahlt.<br />

Der Wochenlohn dea Meisters beträgt 11/ 2 Rtlr., der des Knechtes 1 Rtlr., höchstens<br />

1 Htlr. 6 Ggr.<br />

Ein wiederholt bei Nachlässigkeit ertappter Meister soll zum Knechte degradiert<br />

oder entlussen werden. .<br />

Will ein Knecht Meister werden, so soll er dreimal hintereinander die Probe<br />

sieden. Dabei darf er sich einen anderen Knecht (nicht aber einen Meister) zur Hilfe<br />

erwählen.<br />

Wer etwas Neues dem Werke zum besten erfindet oder anzeigt, bekommt eine<br />

angemessene Belohnung. Die Instruktion wird dann sogleich entsprechend geändert.<br />

Jeder ist verpflichtet, Anzeige zu erstatten, wenn etwas dem Werke Nachteiliges<br />

\"01' sich geht.<br />

Die Reparatur der Herde ist Angelegenheit der Sieder, die dazu den oben erwähnten<br />

Abschaum zu verwenden haben.<br />

An aIlen Sonn- und Festtagen muß ein Wächter auf dem Salzberge sein, der zu<br />

allen Koten Schlüssel hat. Auch zur Kontrolle der Nachtarbeit wird ein Wächter bestellt<br />

werden. Dieser hat schlafende oder sonst nachlässige Sieder und Knechte in<br />

Geldstrafe zu nehmen, die überdies den durch sie verschuldeten Schaden erstatten<br />

müssen.<br />

'Vann der so beschriebene Produktionsgang ahgeändert wurde, ist nicht festzustellen.<br />

Vermutlich wurde zunächst auch no(",h in den alten Koten gesotten: im Mai<br />

1745 wurdcn daran Reparaturen ausgcführt.lso)<br />

IV.<br />

Nach einer Aufstellung für die Zeit vom 15. Juli bis 5. Oktober 1743 181 ) wurden<br />

in dieser Zeit 993 1 / 2 IIimten Salz erzeugt, nach einer anderen 182) für die Zeit vom<br />

21. Juli bis 26. Oktober waren es 1308 1 /, Himten. Im ersten Fall wird ein Uherschuß<br />

von 67 Rtlr. 33 Gr. 4 Pfg. errechnet, im zweiten ein solcher von 125 Rtlr. 27 Gr.,<br />

hei einem Salzpreis von 12 Gr. für den Hinlien. Der Anteil der Arbeitslöhne für die<br />

Sah.sieder an den ßetriebsunkosten, die auf 263 Rtlr. 8 Gr. 4 Pfg. bzw. auf 336 Rtlr.<br />

12 Gr. beziffert werdcn, betrug 64 RtIr. 28 GI'. 4 Pfg. bzw. 77 Rtlr. 16 Cl'. Ubrigen8<br />

ist die Aufstellung auf der Ausgabenseite offensichtlich recht lückenhaft, so daß die<br />

Höhe dcs Dbcrschusses den Tatsuehcn nicht entsprechen dürfte. Dei der ersten Rechnung<br />

wird bemerkt, die große Siedepfanne sei nicht gebraucht; sie sei nicht recht gemauert<br />

und der Luftzug sei nicht gebraucht. (?). Auch sei das Holz nicht gespart ••<br />

Bei der zweiten Aufstellung wird bemerkt, eine Pfanne sei während der drei Monate,<br />

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. 96<br />

/&:1.<br />

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h.XXVI.<br />

Darstellung einer Wasserkunst im 18. Jahrhundert<br />

(aus: Leupold, Talatri machinarum hydrauliearum tomus II, Taf. XXVI)<br />

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der gradierten Sole wurden gegen früher erheblich größer gebaut. Sie waren aus<br />

Holz verfertigt. Ihre Abdichtung verursachte erhebliche Schwierigkeiten. Der obere<br />

Solkasten des zweiten Falles wurde 156 Fuß lang und 3 2 / 3 Fuß breit, der untere<br />

158 Fuß lang und 24 Fuß breit; die entsprechende Maße beim dritten Fall waren<br />

148 Fuß und 3% Fuß bzw. 149 Fuß und 24 Fuß. Einer der unteren Solekasten<br />

faßte 18600 Kubikfuß (statt bis dahin 5600 Kubikfuß). Hinsichtlich des ersten<br />

Falles sind keine Angaben überliefert. Immerhin geben die Zahlen einen gewissen<br />

Anhalt in bezug auf die Größe der Gradieranlage.<br />

Die Beschaffung geeigneter Schwarzdornen bereitete große Schwierigkeiten. Man<br />

erwog dcshalb die Anlage einer eigenen Dornenanpflanzung.<br />

Der Mechanismus der Pumpen wurde vcrbcsscrt, und diese wurden so angeordnct,<br />

daß die Sole beliebig oft durch sämtliche Fälle gelassen werden koOnnte. Der untere<br />

große Solekasten des ersten Falles war geteilt, um halb als ReservoOir für BrunnensoOle<br />

und halb zur Aufnahme gradierter Sole zu dienen.<br />

Als völlige Neuerung wurde ein Klärbehälter geschaffen zur Klärung der Sole<br />

VoOn festen Bestandteilen.<br />

Die KoOsten des Umbaus beliefen sich auf 3624 Tlr. 3 Pfg. gegenüber einem<br />

VoOranschlag VoOn 4000 Tlr. und wurden VoOn der Herzoglichen Baukasse getragen. Die<br />

Pläne hatte der Salzfaktor Sindram, der örtliche Leiter des Salzdahlumcr Betriebes,<br />

ausgearbeitet. Er leitete auch die Bauarbeiten. Der ihm beigegebene Kammerbaumeister<br />

Gotthard hatte anscheinend nur wenig Interesse an diesen Arbeiten. Sindram<br />

schuf mehr, als ihm bewilligt woOrden war, blieb aber trotzdem mit seinen Ausgaben<br />

hinter dem Kostenanschlage zurück. Das ging allerdings teilweise auf Kosten<br />

der Betriebssicherheit. 228 )<br />

VIII.<br />

Mit Beginn des Jahres 1842 wurde die Saline Salzdahlum wieder in herzogliche<br />

Verwaltung genoOmmen. Sindram, der etwa seit 1817 dem Salzdahlumer Betrieb VoOrstand,<br />

leitete ihn weiter bis zum Zeitpunkt seiner Stillegung am Schlusse des Jahres<br />

1852. Aus dieser letzten Periode des Bestehens unserer Saline sind nur die sehr sorgfältig<br />

geführten jährlichen Betriebsnachweisungen erhalten. 229 ) Ihnen entnehmen wir<br />

foOlgendes.<br />

Es waren zwei Brunnen vorhunden. Der eine lieferte 5 1 / 2 proOzentige, der andere<br />

3 11 / 2 prozentige Sole. Die Gradierung erfoOlgte auf durchschnittlich 18,14 Prozent.<br />

An Brennmaterial verbrauchte man z. B. im Jahre 1842 64 3 /. Klafter Buchenscheitholz,<br />

1 Klafter Buchenstucken, 141 3 /. Klafter EichenhoOlz sowie 1482 Fuder Torf.<br />

Es waren zwei Pfannen im Betrieb. Die ProduktioOn betrug in diesem Jahre 11241,10<br />

Zentner Salz. Die höchste Jahresproduktion wird für das Jahr 1846 mit 12439 Ztr.<br />

ausgewiesen, die niedrigste für das Jahr 1850 mit 9300 Ztr. Die durchschnittliche<br />

Jahreserzeugung betrug 10934,46 Ztr. Der Umfang der ProOduktion schwankte innerhalb<br />

des Jahres erheblich. Sie war am stärksten im Juni bzw. September, nur 1849<br />

im August. Das Sieden ruhte stets im Januar, oft auch im Dezember und Februar.<br />

Der Grund hierfür liegt in der Tatsache, daß im Winter nicht gradiert werden<br />

kann, wie überhaupt Gunst oOder Ungunst des Wetters für den Gradierprozeß sich noOtgedrungen<br />

auf die Produktion auswirken mußten. 230 )<br />

Der Absatz des Salzes erfolgte auf der Saline selbst (1842: 8731 Ztr.), sowie an<br />

die Handlungen Zimmermann in Braunschweig (762 Ztr.), Hansemann in Vechelde<br />

(1450 Ztr.), Lohse in Lehre (550 Ztr.) und RamdoOhr in Lichtenberg (942 Ztr.). Der<br />

Absatz war noch immer (Ier Jahreszeit entsprechend verschieden.<br />

Mit dem Ende des Jahres 1852 stellte die Saline Salzdahlum ihre Arbeit ein.<br />

Seit 1845 i'l Schöningen durchgeführte Ticfbohrungen hatten zu günstigen Ergeb-<br />

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Erinnerungen<br />

des<br />

Barumer Müllers Friedrich Brakelbusm<br />

. an die Franzosenzeit 1806 bis 1813<br />

ausgewählt und herausgegeben von<br />

,<br />

Otto Hahne<br />

Braunschweig<br />

8 113<br />

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garnicht nötig, denn dic Gilden hörtcn auf, es wurdcn ja nur Patente erteilt. Dieses<br />

machte dcr guten Müllerei auch ein Endc, denn es wurden nun eine Mengc neuer<br />

Patent mühlen gebaut.<br />

Die Conscrihierten versteckten sich, aber es fandcn sich viele wieder freiwillig<br />

an, vielc wurdcn von der nach französischer Methode errichtetcn Polizei, Gensdarmen<br />

genannt, welches eiue Art Kavallerie war, ergriffen und an die Kriegshehörde abgeliefert.<br />

Die Last der Einquartierung war außerordentlich groß, denn die Truppen marschierten<br />

unaufhörlich hin und her, und man wundcrte sich, was dieses Durcheinanderziehen<br />

bedeutcn sollte. Die neu errichtete westfälische Armee war wirklich<br />

schön. Dcr König Jerome hielt sich mit ungefähr 8000 Mann in Braunschweig einige<br />

Zeit des Sommers auf. Die Truppen hatten ein Lustlager vor Braunschweig auf dem<br />

Bültenanger (Kleiner Exerzierplatz). Ich reiste einmal hin nach Braunschweig und<br />

ging in dem Lager umher, es war wirklich schön. Der König wohntc im ,Grauenhofschlos6c<br />

(am Bohlweg, 1830 abgcbrannt). Es war eine große Fahne ausgesteckt,<br />

welche die Anwesenheit des Königs andeutete. Noch muß ich der verhaßtcn Aecise<br />

auf Mehl und Schrot auf dem platten Lande erwähnen, welche in dcr westfälischen<br />

Zeit entrichtet werden mußte. Sie betrug durchschnittlich vom Himbten<br />

7 Pfennig, aber man hattc viel Lw;t mit den Leuten, denn es wolltc ,keiner gern bezahlen.<br />

Die Strafe wal' hart, und mein Vater mußte eimnal 40 Franks oder 10 Taler<br />

an Strafc bezahlen. Wie aber das Land wicdcr braunschwcigiseh wurde, wurde sie<br />

wieder aufgehoben.<br />

Im Jahre 1811 ging Napoleon mit 400000 Mann Franzosen und Rhcinbundstruppen<br />

nach Rußland. Die Einquartierung dauerte ununterbrochen fort. Ich weiß,<br />

daß Barum 14 Tage hintereinander Einquartierung hatte; wie die Leute es aushielten,<br />

ist nicht zu begreifen. Traurig war es wirklich, wenn man die Westfälin ger so<br />

hinmarschieren sah und die traurigen Lieder hörte, wclehe sie sangen. Ein jeder<br />

sagte auch, daß es der letzte Gang sei. Hier aus Barum gingen als Soldaten mit nach<br />

Rußland 1. Heinrich Giesemann, 2. Heinrich Schrnder, ein Schneidergeselle, <strong>3.</strong> WHhelm<br />

Kyrath, 4. Andreas Tost war Korporal, 5. Gebhard Achilles ein böser Knabe.<br />

Von diesen fünf Mann sind Giesemann und AchilIes wieder glücklieh zurückgekehrt.<br />

Achilles war blessiert und kam früh zurück. Giesemann aber war gefangen und kehrte<br />

erst später zurück. Sehrader, Kyrath und Tost kehrten nicht wieder zurück und ließen<br />

auch bisher niehts von sich hören.<br />

Die beiden Söhne des hier verstorbenen Superintendenten Schmidt marsehiertcn<br />

auch mit nach Rußland. Der älteste August war Adjutant bei einem holländischen<br />

Kürassierregiment und kam glücklich wieder, ist aber von seinen Angehörigen nicht<br />

zu bewegen gewesen, den franzö8isehen Dienst zu verlassen, und hat dem Vernehmen<br />

nach seinen Tod in der großen Schlacht bei Leipzig gefunden. Der jüngste Louis<br />

war Sergeant im zweiten Linienregiment und hat nichts wieder von sich hören lassen.<br />

Nicht der Tapferkeit der Russen, sondern dem harten 'Vinter 1812 ist es zuzuschreiben,<br />

daß die große französische Armee verloren ging, denn soviel ich mich<br />

erinnere, stand unsere Mühle 1/, Jahr still, und ich mußte Korn nach der \Vindmühle<br />

bringen, daß nur gebacken werden konnte.<br />

Im Frühjahr 1813 kamen dic Franzosen aus Rußland zurück, aber in welchem Zustande,<br />

mit Krankheiten beladen und mit erfrorenen Gliedern. Einigen waren die<br />

l'Oasen und Ohren abgefallen, und einem Bedienten des vorerwähnten August Schmidt<br />

waren beide Ohren weg, wie ich selbst gesehen habe. Die Kavallerie hatte die Pferde<br />

yerloren. Das erste westfälische Kürassierregiment, welches 800 Mann stark nach Rußland<br />

marschiert war, zählte bei der Rückkehr nur 30 Mann, und so war es nach Verhältnis<br />

mit allen. Die Rheinbundstruppen hatten mehr gelitten, wie die Franzosen,<br />

denn es war Grundsatz der französischen Gcnerale, solchc immer hinzuziehen, wo<br />

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Mitteilungen<br />

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Chronik des Braunschweigischen Geschichtsvereins<br />

November 1941 bis April 1943<br />

374. Sitzung am 2. November1941. Geh. Hofrat Prof. Dr. P. J. Meier hielt einen Vortrag mit<br />

Lichtbildern über d a 8 B erg wer k und die d ami t ver b und e n e n Sie d I u n gen, von<br />

Go si a r. Die Silberader wurde nach Angabe des zuverlässigen Widukind von Corvey gegeii 970<br />

entdeckt und zunächst im Tagebau durch einfache Arbeiter, wie sie in Steinbrüchen tätig waren,<br />

unter sachgemäßer Leitung ausgeführt, und für sie auf der Hochebene am Fuße des Rammelsberges<br />

das Bergdorf gegründet. Der gewaltige Silberreichtum wurde besonders für die sog. 'W cndeno


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Der zwei Kilometer vom Mittelpunkte der Stadt entfernte, heute in das Stadtgebiet einbezogene<br />

Giebichenstein (eine vorgcschichtliche Volksburg und später Amtssitz der fürstlichen<br />

Verwaltung) und die zu seinen Füßen entspringende .Salzquelle (das heutige Solbad<br />

Wittekind) haben für die Entstehung und Entwicklung der Stadt Halle keine Bedeutung gehabt.<br />

Dem Vortrag zugrunde lag ein ausführliches kritisches Referat zu dem jüngst erschienenen<br />

Buche von Rolf Hünicken "Geschichte der Stadt Halle", Band 1, das der Vortragende in der<br />

Thüringisch-Sächsischen Zeitschrift für Geschichte und Kunst veröffentlichen wird.<br />

381.. Sitzung am 16. November 1942 sprach Oberlandeskirchenrat Dr. R. Breust über<br />

G u s t a v A d 0 \f s B rau tf a h r t. König Gusla v Adolf warb um die Prinzessin Marie<br />

Eleonore von Brandenburg. Doch ihr Bruder Georg Wilhe1m, der regierende Kurfürst von<br />

Brandenburg, widerstrebte dem Plan aus Furcht vor dem König von Polen, dessen Lehensträger<br />

er in bezug auf Preußen war. Denn zwischen den Königen von Schweden und Polen<br />

drohte ein Krieg wn die schwedillche Thronfolge. Der Kurfürst vermochte sich kein rechtes<br />

Bild von den maehtpoIitischen Verhältnissen der beiden Rivalen zu machen. Gustav AdolI<br />

kam im Jahre 1620 nach Deutschland. Er besuchte bei der Gelegenheit auch die Stadt<br />

Braunschweig. Marie Eleonore gab ihm ihr Jawort. Es entspann sich ein herzliches Liebesverhältnis.<br />

Die Prinzessin fand Unterstützung bei ihrer Mutter. Diese schickte die Tochter<br />

nach \Volfenbüttel zu deren älteren Schwester Anna Sophia, der Gemahlin des Herzogs<br />

Friedrich Ulrich, und entzog sie damit der Gewalt des Bruders. Von WolIenbüttel aus aber<br />

ließ der Schwedenkönig scine Braut durch den Kanzler Oxenstierna abholen. Der Plan gelang,<br />

und am 5. Dezember 1620 war in Stockholm die Hochzeit. - Der Redner 'gab dann noch<br />

einen UberbIick über den weiteren Lebensweg der Königin, der nach dem Tode des Gemahls<br />

einen recht wechselvollen Gang nahm. Die Ausführungen wurden illustriert durch die Verlesung<br />

zahlreicher Stellen aus Briefen, Tagebüchern und ähnlichen Quellen.<br />

382. Sitzung am 7. Dezember 1942 sprach zunächst Lehrer H. Wiswe über eine merkwürdigt'<br />

mittelalterliche Abgabe, das H und e kor n. Er gab zunächst einen Uberblick über<br />

die über den Gegenstand vorliegende umfangreiche Literautr, die sich vornehmlich auf das<br />

Vorkommen dieser Art von Abgaben in Mecklenburg und Pommern bezieht. Alsdann stellte er<br />

an der Hand eines ausgedehnten, bisher zum großen Teil noch nicht herangezogenen Quellenmaterials<br />

die Beziehungen \ des Hundekorns zu jagdrechtlichen Verhältnissen einerseits sowie<br />

zu gerichts- und landesherrlichen Berechtigungen andererseits dar. Dabei ergaben sich interessante<br />

Ausblicke auf Beziehungcn, die zwischen dcn einzelnen Gebieten Norddeutschlands im<br />

l\littelalter bestanden und die es verständlich ersdteinen lassen, wenn in den verschiedensten<br />

Gegenden sich gleiche oder doch sehr ähnliche Erscheinungen entwickeln konnten. Auch im<br />

Lande Braunsehweig kommt dus Hundekorn vor, ua& eine rentcnmäßige Ablösung der Verpflichtung<br />

geistlicher Stiftungen, aber auch Dörfcr und einzelner Personen dafür darstellt, daß<br />

diese den Inhaber der Gerichts- und Schutzgewalt bei seiner Anwesenheit nebst seinem Gefolge<br />

zu verpflegen hatten. Schon hald nach der Mitte des 14. Jahrhundert wurde seitens des Herzogs<br />

auf das Hundc1ager gegenilber einer Anzahl braunschweigischer Klöster verzichtet gegen die<br />

Verpflichtung zum Lesen "on Seelmcssen. Als letztere seit der Reformation in Fortfall<br />

kamen, lebte wenigstens z. T. das alte Recht wieder auf. Es wurde dann aber vielfach durch<br />

Geld- oder Kornlieferungen abgegolten. Der Vortragende ging sodann nuf die meeklenburg<br />

ischen und pommersehen Verhältnisse ein und setzte sie zu dcn anderwärts zu machenden<br />

Feststellungen in Beziehung.<br />

Einen zweiten Vortrag hielt Professor O. Hahne. EI' gab einen Bericht über das Noti<br />

zen b u c h des Bar urne r Was s e r m fi 11 er s F ri e d I' ich B r a k e 1 bus c h (* 1794), in<br />

dem dieser im zweiten Viertel des vorigcn Jahrhunderts Erinnerungen aus seinem Leben und<br />

seiner 'Zeit a,ufgezeichnet hat. Brakelbusch war ein für die Verhältnisse seiner Zeit aufgeschlossener<br />

Mensch. Bemerkenswert erscheint sein Interesse für l\lusik und die aus scinen<br />

Aufzeichnungen ersichtliche Belesenheit. Nach einer freudlosen Jugend und glücklichen Lehrjahren<br />

in der Mühle seines in Lesse wohnhaften Oheims Löhr übernahm er frühzeitig den<br />

väterlichen, nicht eben in bester Ordnung befindlichen Betrieb und arbeitete ihn empor. Auf<br />

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Manches Interessante wußte Franz Hahne zu berichten, so daß es Schiller zu verdanken<br />

ist, daß Lessing auf diesem Standbild ohne Mantel erscheint, daß aber Rietschel sich (leidenschaftlich<br />

dagegen wehrte Geburts- und Sterbedaten sowie die Orte auf dem Denkmal an-·<br />

zugeben. Rietschel nannte das unerhört bei einem solchen Mann. Wer diese Angaben nicht<br />

wisse, brauche sie auch nicht zu wissen oder solle im Lexikon nachsehen, aber nicht auf dem<br />

Denkmal.<br />

Auf Schiller sind auch die Ausschml1ckung und Vollendung des Schlosses durch die<br />

Quadriga, das Relief im Giebelfeld, die Denkmäler Heinrichs des Löwen und Dttos IV • .und<br />

die ReiterstandbiIder zurl1ckzufülrren. Zahllose Künstler - wie den Braunschweiger Werner<br />

S te i u - hat er gefördert, und auch der Neubau des Herzoglichen Museums, - des heutigei:\<br />

Anton-Ulrich-Museums, ist auf ihn zurückzuführen. Er verhinderte es, daß dieser Bau auf<br />

den heutigen Löwenwall kam, ein Plan, der diesen herrlichen Platz völlig zerstört hätte.<br />

Schiller war in jener Zeit de r unbestreitbare Sachverständige für Kunstfragen in Braunschweig<br />

und ist zum Beispiel der alleinige Schöpfer des Städtischen Museums und dessen<br />

erster Leiter. Das war das einzige öffentliche Amt, das er bekleidete, und zudem übte er<br />

es - ehrenamtlich aus.<br />

Zu dieser anregenden, fördernden und klug leitenden Tätigkeit kam ein recht eifriges<br />

literarisches Schaffen 1942.<br />

Am 27. Juni unternahm der BraullSchweigische Geschichtsverein unter Führung von<br />

Geh. Hofrat Prof .. Dr. P. J. Meier und Studienrat Prof. Otto Hahne eine 'Studienwanderung<br />

zunächst nach Hedwigsburg, wo das Schloß besichtigt wurde, sodann nach Kissenbrück, einem<br />

alten Königshofe. Hier heischte die Kirche besonderes Interesse. Auf dem Usel gab Prof.<br />

Hahlle einen Uberblick übel' die Siedlungsgcschichte der Umgebung, und Lehrer i. R. OUo<br />

Meyer erginzte ihn nach der geologischen Seite.<br />

Am 12. September führte eine zweite Studienwanderung den Geschichtsverein nach<br />

Wendeburg und Bortfeld. Professor DUo Hahne sprach über die Besitzgeschichte der drei<br />

Dörfer Wendeburg, Zweidorf und Wendezelle. Lehrer i. R. Otto Meyer sprach übel' Verbreitung<br />

und Bauart des alten Niedersachsenhauses. Später wurde in Bortfeld ein zur Umgestaltung:<br />

als Heimatmuseum angekauftes Bauernhaus besichtigt, und zum Schluß gab Prof. Hahne siedlungsgeschichtliche<br />

Erläuterungen über Bortfeld und Umgebung.<br />

Die Führung des Vereins liegt auch weiterhin vertretungsweise in den Händen von<br />

Professor Otto Hahne, dem zweiten Vorsitzenden. Schatzmeister ist Bürgermeister a. D.<br />

Meyer, Wolfenbüttel (Staatsarchiv). Nachdem der Schriftführer, Lehrer H. Wiswe, wieder zur<br />

\Vehlmacht einberufen ist, hat der Unterzeichnete seine Geschäfte vertretungsweise übernommen.<br />

Dr. P. Fuchtel.<br />

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