1. Herbert Uerlings (Trier): Stigma Zigeuner. Formen der ... - Reviste

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Allerdings gilt ‚Zigeuner‘ nur im öffentlichen Sprachge-
brauch als Stigma-Wort, und auch das nicht unangefochten. In
der Alltagssprache wird es weiterhin gleichberechtigt neben
‚Sinti und Roma’ und nicht selten mit demselben Bedeutungsgehalt,
d.h. insbesondere ohne Abwertung, verwendet. Die
Sinti Allianz Deutschland bevorzugt auch für den öffentlichen
Sprachgebrauch den Begriff ‚Zigeuner‘ als neutrale Bezeichnung
aller ziganischen Völker und verwendet ihn auch als
Selbstbezeichnung. Letztere ist er über Jahrhunderte hinweg
immer auch gewesen, viele Chronisten, Grabinschriften, ‚Zigeuner‘-Orchester
und -Musiker bezeugen es. Eine weitere
Spielart dieses Kampfes um die Bezeichnung einer verfolgten
Minderheit ist – analog zur Sprachpolitik der ‚Schwulen’-Bewegung
– das Self-Labeling, die offensive Annahme einer
stigmatisierenden Bezeichnung. Die Bezeichnung ‚Zigeuner‘
kann im Deutschen also durchaus so gebraucht werden, dass
sie das Wissen um die Verfolgung beinhaltet.
Diese Kämpfe um die Stigma-Bedeutung des Wortes ‚Zigeuner‘
zeigen vor allem, dass die Geschichte der im Völkermord
gipfelnden Exklusion ohne Stigmatisierung nicht denkbar
gewesen ist und dass es sich dabei immer auch um sprachliche
bzw. Zeichen-Prozesse gehandelt hat. Exklusion ist ein