1. Herbert Uerlings (Trier): Stigma Zigeuner. Formen der ... - Reviste

Stigma Zigeuner
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bedrohlichsten sozialpolitischen Probleme mit einem Schlag
zu lösen: die Degeneration und die Armut.
Die Beziehungen zwischen der Kriminalanthropologie Lombrosos
und seiner Nachfolger und der ‚Zigeuner‘-Politik erschöpfen
sich aber nicht in der bloßen Analogiebildung und
gegenseitigen Verstärkung. Die Tendenz zur Pathologisierung
von als ‚abnorm’ stigmatisierten Verhaltensweisen erfasste
vielmehr nicht sesshaft lebende Personen in besonderem Ausmaß
– bis hin zum tautologischen Kurzschluss zwischen Kriminalanthropologie
und der Zigeunerforschung. Das Fahrende
Volk schien die These von der angeborenen Neigung zum
Verbrechen und zur Devianz exemplarisch zu bestätigen. Jede
Kriminalstatistik belegte die rassenspezifische Neigung zur
Kriminalität – wenn man ausblendete, dass aufgrund zahlreicher
Sondergesetze und einer damit verbundenen besonderen
Aufmerksamkeit der Polizeibehörden für Fahrende das
Risiko, einer Gesetzeswidrigkeit überführt zu werden, besonders
hoch war.
Schützenhilfe erhielten die erbbiologisch argumentierenden
Sozial- und Polizeibehörden durch den Schweizer Psychiater
Josef Jörger (1860-1933), einen der Begründer der psychiatrischen
Erbtheorie. Jörger wurde durch seine genealogischen