1. Herbert Uerlings (Trier): Stigma Zigeuner. Formen der ... - Reviste

Stigma Zigeuner
weitgehend unerforscht. Man muss aber davon ausgehen, dass
diese Spielart der religiösen Stigmatisierung sich auch nach
1820, als die Verfolgung nachließ, erhalten hat und sich, wahrscheinlich
gefördert durch die enge Verbindung von Nationalstaat
und Kirche im 19. Jahrhundert, relativ ungebrochen erhalten
hat (vgl. Solms). Jedenfalls ist in dem Standardwerk
"Religion in Geschichte und Gegenwart" von 1931 über die
‚Zigeuner‘ zu lesen: "Äußerlich nehmen sie den Glauben des
Wirtsvolks an, innerlich bleiben sie ihm fremd." Das steht so
oder ähnlich auch in anderen Lexika, nicht nur kirchlichen,
sondern auch in Meyers Konversationslexikon und im Brockhaus
– und es steht auch in neueren Auflagen von 1962
(RGG), 1979 (Meyers) oder 1981 (Brockhaus).
Der Völkermord an den Sinti und Roma vollzog sich nicht
ohne aktive und passive Hilfe der Kirchen: Sie stellten den
NS-Rasseforschern die Kirchenbücher zur Verfügung und
ermöglichten dadurch die Suche nach ‚Halb’-, ‚Viertel’- und
‚Achtelzigeunern’, sie ließen die rassekundliche Untersuchung
und die Deportation von Sinti-Kindern aus katholischen Heimen
zu und sie schwiegen in der Öffentlichkeit zu all dem,
nicht nur während des Krieges, sondern auch noch lange
danach, d.h. auch noch in den ersten Schulderklärungen nach
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