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Quellenkritik und Quelleninterpretation - Technische Universität ...

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Philosophische Fakultät<br />

Institut für Geschichte<br />

© Dr. Susanne Rau; 2005<br />

1<br />

Merkblatt zu<br />

<strong>Quellenkritik</strong> <strong>und</strong> <strong>Quelleninterpretation</strong><br />

Bevor Sie nach einer ersten Lektüre mit der Interpretation einer Quelle beginnen, sollten Sie<br />

diese in verschiedener Hinsicht kritisch prüfen (daher der Ausdruck „<strong>Quellenkritik</strong>“).<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich sollten Sie sowohl gegenüber der Überlieferung als auch gegenüber dem<br />

Aussagewert der Quelle eine skeptische Haltung einnehmen. Zwei Arten der <strong>Quellenkritik</strong><br />

sind zu unterscheiden:<br />

Äußere <strong>Quellenkritik</strong><br />

(oder: Ist die Textgestalt glaubwürdig?)<br />

a. Kritik der Provenienz (= Herkunft): Wann, wo, wie <strong>und</strong> von wem wurde der Text<br />

verfasst?<br />

b. Kritik der Echtheit: Ist der genannte Autor wirklich der Verfasser? Ist der Text so<br />

erhalten, wie ihn der Autor verfasst hat? Ist der Text das, wofür er sich ausgibt?<br />

c. Kritik der Originalität: Beruhen die Informationen auf den eigenen Beobachtungen des<br />

Autors? Oder worauf stützt er sich?<br />

Innere <strong>Quellenkritik</strong><br />

(oder: Ist die Quellenaussage glaubwürdig?)<br />

a. Standort des Autors: Was hat er wissen können? Ist der Autor Zeitgenosse? Ist er<br />

Augenzeuge?<br />

b. Tendenz des Autors: Was hat er berichten wollen? (Verfälschung – Verzerrung –<br />

Akzentuierung der Sachverhalte – Verschweigen – Belehrung u. dgl.)<br />

Für die innere <strong>Quellenkritik</strong> müssen Sie sich entsprechend zu Autor <strong>und</strong><br />

Entstehungszusammenhang des Werkes/ der Quelle informieren. Als Hilfsmittel können Sie<br />

entspr. Literaturlexika, Sachwörterbücher oder auch Forschungsliteratur verwenden (durchaus<br />

auch die Hinweise der Herausgeber von Quellensammlungen).<br />

Zur Autorschaft sind folgende Daten zu erschließen:<br />

- Lebensdaten<br />

- Stellung (sozial, beruflich etc.)<br />

- Ausbildung/ Bildung<br />

- Nähe (zeitlich wie lokal) zu den Ereignissen<br />

Zum Werk/ zur Quelle sind folgende Daten zu erschließen:<br />

- Abfassungszeit/ Publikationszeit (falls differierend)<br />

- Berichtszeit (Zeit der Ereignisse)<br />

TECHNISCHE<br />

UNIVERSITÄT<br />

DRESDEN


2<br />

- Art/ Gattung des Werkes (Hieraus ergibt sich auch eine Antwort auf die Frage, was ich<br />

von einer Quelle erwarten darf.)<br />

- Absicht des Werkes/ Publikationskontext<br />

- Überlieferung (Original oder Abschrift - Auf welcher Fassung beruht die Edition?)<br />

Freilich wird es Ihnen in den seltensten Fällen gelingen, alle Daten zu erschließen. Doch erst<br />

nach Klärung möglichst vieler Punkte können Sie mit der Interpretation der Quelle (oder<br />

mehrerer Quellen oder eines Quellenvergleichs) beginnen.<br />

<strong>Quelleninterpretation</strong>:<br />

1. Machen sie zuerst eine Inhaltsangabe der Quelle. Dabei werden sie automatisch auf<br />

Wörter/ Begriffe/ Personen/ Orte/ Sachzusammenhänge stoßen, die Sie nicht ohne<br />

weiteres verstehen. Das Nachschlagen <strong>und</strong> Nachlesen geht also weiter (Biographische<br />

Lexika, Ortsverzeichnisse/ Atlanten, Historische Hilfswörterbücher, Darstellungen,<br />

die über ein gutes Register verfügen etc.).<br />

2. Kontextualisieren Sie das in der Quelle beschriebene Ereignis (v. a. zeitliche <strong>und</strong><br />

lokale Einordnung).<br />

3. Ziehen Sie jetzt die Daten, die Sie für die <strong>Quellenkritik</strong> erschlossen haben, heran. Eine<br />

Interpretation heißt aber weniger, die Quelle umfassend zu erklären (d. h. jede<br />

Einzelheit aufzugreifen <strong>und</strong> zu erläutern), als Fragen zu beantworten, die Sie in Ihrem<br />

Sachzusammenhang oder Forschungskontext interessieren. Das heißt, dass Sie an<br />

dieser Stelle auch eigene Urteile/ Sichtweisen einbringen können (wenn nicht<br />

müssen), die aber immer kenntlich gemacht werden müssen. Hier können Sie auch –<br />

mit Bezug auf die Quelle(n) <strong>und</strong> Angabe des Gr<strong>und</strong>es – Forschungsmeinungen<br />

widersprechen.<br />

gez. Susanne Rau

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