Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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Beteiligten), als der Kaiserkult sich immer mehr herausschälte als<br />
das eigentliche Objekt der Johanneischen Kritik – und das wohl<br />
auch sollte! Das wird in der Nähe der Kapitel 12 und 13 der Fall<br />
gewesen sein. Da musste dann gehandelt werden.<br />
D. h. also erst um das Jahr 88/89 ist mit der Relegation des<br />
Johannes zu rechnen. Da wurde er in einer Art „Schutzhaft“ dem<br />
Zugriff schlimmerer Machthaber entzogen. Man denke an die<br />
Vorgänge um die Hinrichtung des Proconsuls Civica Cerialis. Es<br />
müssen wohl Kreise gewesen sein, Verschwörer der<br />
Saturninusrevolte oder zumindest „klammheimliche“<br />
Sympathisanten, die, nach außen loyal, ihren<br />
Ermessungsspielraum ausschöpften oder solche gewähren ließen,<br />
die es taten. Die Ablehnung Domitians war ja in vielen, gerade<br />
führenden Kreisen weithin angewachsen.<br />
Deshalb wurde er relegiert, konnte weiter schreiben, deshalb<br />
empfing er Informationen, die z. T. nur Insidern des Kaiserhofes<br />
zugänglich waren. Insider waren es ja auch, die später zum letzten,<br />
gelungenen Schlag ausholten. Und Clemens und Domitilla sind<br />
zumindest ein Indiz dafür, dass man mit (jüdischen?, christlichen?)<br />
Abweichlern im engsten Kreis rechnen durfte.<br />
Die ihn also relegiert hatten, konnten bei allfälligen<br />
Untersuchungen ihrer Verwaltungsfähigkeit immer darauf<br />
verweisen, sie hätten genau die übliche Strafe so angewendet, wie<br />
es dem Fall angemessen sei. Es ist ja auffällig bei seiner doch auch<br />
als konspirativ einschätzbaren Arbeit, dass bei weit geringfügiger<br />
erscheinendem Anlass der kaiserliche Terror zuschlug. Der<br />
Vorgänger Domitians als Ehemann wurde wegen eines<br />
Scherzwortes hingerichtet, 1 und einen Familienvater, der im<br />
Zirkus einen harmlosen Scherz über einen Fechtkämpfer äußerte,<br />
ließ Domitian von Hunden zerreißen.<br />
Dennoch: ohne Risiko war dies alles auch nicht, weder für<br />
Johannes noch für alle, die ihn „schützten“, weil er für sie eine<br />
weitere Figur auf dem politischen Schachbrett darstellte. Wie weit<br />
er sich dessen bewusst war, darüber kann man nur spekulieren.<br />
Immerhin zeigt seine Zurückhaltung gegenüber den anderen<br />
Religionen, die fast den Charakter einer In-Dienst-Name (vgl. cp 4<br />
u. 5 der Apc.) anzunehmen scheint, zeigt seine milde Bestrafung,<br />
die Rom gegenüber als Abschirmung und gegebenenfalls zur<br />
Selbstrechtfertigung dienen sollte, zeigt ebenso seine große<br />
Unbefangenheit, Belesenheit und Bildung, dass er wohl tatsächlich<br />
zur führenden Schicht von Ephesus gehört haben wird bzw. so<br />
angesehen wurde.<br />
1 Sueton, Dom 10