Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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82<br />
9. Kapitel<br />
Der Kaiserkult unter Domitian<br />
Mit Martials Versen sind wir schon dabei. So, wenn er bei der<br />
Rückkehr des Kaisers nach Rom ruft: „Caesar, gib unserm<br />
flehenden Wunsch den Gott [= Domitian] nun wieder.“ Oder:<br />
„Höchster Herr des Alls, der Welt Vater“ [!] und: „Seliger Hort<br />
und Heiland der Welt“. Ja mehr noch: „O du seliger Tag des<br />
Kaisers [=Geburtstag], heiliger als der noch, da den diktäischen<br />
Zeus heimlich der Ida uns gab“ . 1<br />
Was bleibt da zu steigern noch übrig? Jedoch: spielte sich das<br />
alles wirklich nur im engsten Kreis der Höflinge ab? „Seine<br />
Münzen kennzeichnen ihn bald als die irdische Erscheinung<br />
Juppiters.“ 2<br />
Die Beurteilung ist – wieder einmal! – in der Literatur<br />
verschieden bis gegenläufig. „Niemand … hat je geglaubt, sein<br />
Herrscher sei ein Gott …. Schon allein deshalb nicht, weil er<br />
wusste, dass der Souverän sterben würde.“ Wohl aber, er „sei<br />
göttlich.“ 3 Giesen meint, es sei zu beachten, „dass der Kaiser den<br />
Göttern zwar gleich, aber nicht mit ihnen identisch ist. Er bleibt<br />
immer weniger als ein Gott… Er repräsentiert die Götter.“ 4 „So<br />
opferte man zwar für das Wohlergehen des Kaisers, aber nicht<br />
dem Kaiser.“ 5 „Es gibt kein einziges Votiv an die Göttlichkeit<br />
eines lebenden oder toten Kaisers.“ 6 „Obwohl sie ihre Herrscher<br />
aufrichtig als Götter begrüßten, wandten sich Griechen oder<br />
Römer, wenn sie einen Gott brauchten, nie [!] an ihre Herrscher.“<br />
Und so kann Veyne schließlich ernüchternd feststellen: „Der<br />
Herrscherkult hatte bei den Griechen eine diplomatische und<br />
internationale Bedeutung, mehr oder weniger wie die<br />
Verherrlichung der Freundschaft zur Sowjetunion in den heutigen<br />
[also damaligen] Volksdemokratien.“ Der Kaiserkult also als ein<br />
Vorwand, um ihre Loyalität gegenüber der Zentralgewalt zu<br />
bekräftigen. So kommt er nun zu dem Schluss: „Das Wort Gott<br />
bezeichnete in der Antike ein Wesen, das unserm Schöpfergott<br />
sehr viel weniger ähnlich war als einfachen Kreaturen wie den<br />
Heiligen.“ 7<br />
1<br />
Martial, Epigr. VII, 5-VII, 7-V,1 u. IV, 1<br />
2<br />
Albertz I, 2, S. 348<br />
3<br />
Veyne S. 463<br />
4<br />
Giesen S. 28<br />
5<br />
Herz S. 139<br />
6<br />
Veyne S. 464, so auch Herz S. 138<br />
7<br />
Veyne, S. 472. 475. 482