Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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77<br />
Maße… Es kam schließlich soweit, dass Domitian sich von allen<br />
Menschen seiner Umgebung gehasst und verfolgt fühlte und<br />
niemandem mehr traute.“ 1<br />
In der Tat. Und umgekehrt ebenso: niemand konnte sich noch<br />
sicher fühlen! So traf es denn auch ein Regierungsmitglied, den<br />
Minister a libellis Epaphroditus, einen Freigelassenen Neros.<br />
Dessen Schatten wurde also länger und länger. Des Epaphroditus<br />
Schuld: er hatte – auf Verlangen Neros! – ihm beim Selbstmord<br />
geholfen. 95 Verbannung und dann getötet. Auch M. Acilius<br />
Glabrio, Konsul 91, Sohn des Regierungsmitglieds M. Acilius<br />
Aviola, 2 wurde verbannt und dann auf Befehl des Kaisers im Jahr<br />
95 getötet.<br />
Aber immer noch nicht ist die Spitze der Fahnenstange erreicht.<br />
T. Flavius Clemens, verheiratet mit Fl. Domitilla (vgl.<br />
Stammbaum), beide nahe Verwandte, traf es besonders hart. Noch<br />
einmal, anno 90, schien Domitians persönliches Glück sich doch<br />
noch einzustellen: Domitia war schwanger geworden. Martial<br />
dichtete:<br />
„Komm nun, der du verheißen,<br />
dem Dardanerenkel Julus,<br />
wahrhafter Götterspross,<br />
dass dir der Vater<br />
nach Jahren die ewigen<br />
Zügel vertraue,<br />
herrlicher Knabe, nun komm.“ 3<br />
Was also einst versprochen und ursprünglich der Julischen<br />
Familie zugedacht schien, soll sich jetzt erfüllen. Aber außer<br />
diesem einen Epigramm ist nichts zu hören – Sprachlosigkeit, weil<br />
es anders kam und keiner wusste, wie er es sagen könnte?<br />
Jedenfalls versuchte Domitian eine neue Nachfolgeregelung aus<br />
dem weiteren Kreis der gens Flavia: zwei der Söhne von Clemens<br />
und Domitilla wurden zu Kronprinzen erklärt und erhielten neue<br />
Namen: Vespasian und Domitian. 4<br />
Nun aber wurde auch Clemens „fast unmittelbar nach seinem<br />
Konsulat auf einen ganz fadenscheinigen Verdacht hin (ex<br />
tenuissima suspicione)“ und wegen einer „geradezu verächtlichen<br />
Gleichgültigkeit (contentissima inertiae) gegen den Staat“ getötet. 4<br />
C. Dio berichtet: „Beiden [ihm und seiner Frau] wurde Atheismus<br />
zum Vorwurf gemacht, weshalb auch viele andere, die sich in<br />
jüdische Lebensformen hineintreiben ließen, Verurteilung<br />
1 Pflaum S. 359<br />
2 Bengtson S. 258<br />
3 Mart, Epigr. VI/3<br />
4 Sueton, Dom. 15