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Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg

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41<br />

souverän, wie Sueton berichtet: „Es ist ganz merkwürdig, dass Nero<br />

nichts so geduldig ertrug wie die Schimpfreden und Schmähungen<br />

der Leute“ 1 –, so schlug sein Charakterbild, wohl auch anfangs<br />

nicht ohne Schwankungen, nun in das eines Despoten um.<br />

Seine Ausflüge in die Kunst – und am Ende 67/68 noch nach<br />

Griechenland – nahmen zunehmend den Charakter einer<br />

Fluchtbewegung zum Bad in der Menge an. Während ihn der Adel<br />

verachtete, liebte ihn das Volk umso mehr. „Der Jubel der Massen,<br />

wenn Nero selbst auftrat und sang, scheint tatsächlich aufrichtig<br />

gewesen zu sein.“ 2<br />

Der zweite Grund dafür, dass „er aus dem Ruder lief“, war eine<br />

sexuelle Desorientierung von einer zur andern (Octavia, Poppaea<br />

Sabina, Messalina), von einer vermuteten blutschänderischen<br />

Beziehung zu seiner Mutter 3 zur Bisexualität. Er heiratete seinen<br />

Lanzenträger Pythagoras und schließlich einen Eunuchen Sporus,<br />

wozu Sueton das Bonmot beisteuert, 4 welch ein Glück es gewesen<br />

wäre, „hätte sein Vater nur auch eine solche Gemahlin gehabt“.<br />

Von Senecas Rücktritt an (62) – er hatte sichtlich genug von der<br />

Entwicklung seines ehemaligen Schülers – bis zur Pisonischen<br />

Verschwörung (66) vollzog sich dieser Wandel ins Düster-<br />

Grausame. Der Tod seines einzigen Kindes im Alter von 4<br />

Monaten, maßlos „vergöttert“ und tief betrauert, mag eine Rolle<br />

dabei gespielt haben (63). Selbst Fini attestiert nun: „Nero war nicht<br />

mehr der des Jahres 63.“ 5 Und Thiede meint, „dass er in der<br />

Grausamkeit der Verfolgungsmaßnahmen den Bogen überspannte<br />

und sogar das Mitleid der Bevölkerung und den Widerwillen von<br />

ausgesprochenen Christengegnern wie Tacitus hervorrief.“ 6 Nimmt<br />

man den Mord an seiner Mutter, an seiner ersten Frau und an<br />

Seneca hinzu, so bleibt schließlich doch ein negatives Urteil zu<br />

Recht bestehen. 7 Nur: er passt damit in eine Reihe mit so manchen<br />

andern, man denke etwa an Caligula, Domitian, Commodus,<br />

Elagabal u. a.<br />

Nun also zu der Verwicklung mit der oft vermuteten und später<br />

gern geglaubten „Christenverfolgung“, was ja dann seine Rolle als<br />

apokalyptisches Ungeheuer rechtfertigen sollte. Die Größe des<br />

neuntägigen Brandes im Jahre 64 war schon beeindruckend: von 14<br />

1<br />

Sueton, Nero XXXIX<br />

2<br />

Thiede S. 193 – Und ein Vergleich zum heutigen Massenvergnügungsrummel beim<br />

Auftreten von Stars ist durchaus angebracht – Nero beinahe als moderner Mensch!<br />

3<br />

Grant, Nero S. 29<br />

4<br />

Sueton, Nero XXVII<br />

5<br />

Fini S. 198<br />

6<br />

Thiede S. 193f<br />

7<br />

Schneider S. 77 zitiert Pausanias, für den „Nero ein Beispiel [war] für die Richtigkeit der<br />

Behauptung Platos, dass großes Unrecht nicht von gewöhnlichen Menschen ausgeht, sondern<br />

von einer edlen Seele, die durch missratene Erziehung verdorben ist.“

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