Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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noch: „Stark und wirksam, weil christlich und griechisch zugleich,<br />
ist auch die Erwartung des kommenden Reiches.“ 1<br />
Zusammenbringend sei noch einmal betont: die Weltgeschichte,<br />
besonders aber die des eigenen Volkes, einmündend in die konkrete<br />
Jetztzeit, verkörpert in und verbürgt durch eine Heilsgestalt – das ist<br />
schon ein verblüffend ähnliches Raster wie in der sich bildenden<br />
christlichen Glaubenswelt!<br />
Natürlich gibt es mit Händen zu greifende Ungleichgewichte,<br />
verschiedene Bezugsebenen, andere Funktionen – that’s not the<br />
question!<br />
Aber man muss einmal den vertrauten und als Kanon<br />
empfundenen eigenen Glaubenshorizont verlassen, und fairerweise<br />
sich – wenn auch spielerisch – in das Denken, Fühlen und Glauben<br />
der damaligen Menschen begeben: es sind schon Ähnlichkeiten,<br />
und es gab neben raffinierten „Politruks“ und glatten<br />
Religionstechnikern sicher viel tiefgläubige Menschen, denen dies<br />
alles Lebenshilfe und geistige Nahrung bot.<br />
Zellers These: 2 „Im Hellenismus trifft sich die absteigende Linie,<br />
wonach Götter auf Erden erscheinen können, mit der aufsteigenden,<br />
nach der sterbliche Menschen, die sich in ihrem Erdenwandel als<br />
göttlich erwiesen, unsterblich werden können.“<br />
Dies gilt in spezifisch abgeschwächter Form durch den sich<br />
manifestierenden Kaiserkult, wo neben den Wandel eher das Amt,<br />
die Berufung, die Funktion tritt.<br />
Dann aber ist der Zusammenprall antiken Glaubens, wie er im<br />
Kaiserkult als Krönung, Spitze oder symbolischer<br />
Zusammenfassung zum Ausdruck kommt, mit dem jungen<br />
Christusglauben schier unausweichlich. Tragisch, wie es die gleiche<br />
Ebene ist, z. T. bis in die Begrifflichkeit hinein, aber wegen der von<br />
Jesus geglaubten Einmaligkeit auch keinen Kompromiss geben<br />
konnte. Tragisch auch, dass es daher vom Christentum keine<br />
Toleranz geben konnte, und es zu einem Entweder – Oder kommen<br />
musste, was für die bisherige antike Geisteshaltung (mit Ausnahme<br />
natürlich des Judentums) höchst befremdend, anstößig, ärgerlich<br />
und als der Religion nicht gemäß wirken musste. Und – als letzte<br />
Steigerung der Tragik – dass das Ineinander von „political<br />
correctness“, aber auch Reichs-Solidarität, und religiöser<br />
Anschauung zu einem öffentlich-rechtlichen Kampf führen musste.<br />
Dies war zunächst schier unfassbar.<br />
1 Berger, Der neue Herrscher, S. 225, 226, 230<br />
2 Zeller, S. 159