Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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Augenblick und schallen wird, solang die Welt im Kreise. (II, 59<br />
f).“ Schon Caesar hat die mythische Heimat seiner Ahnen hoch<br />
geehrt und Ilion privilegiert, 1 was diese Stadt stets bewahren konnte<br />
im Unterschied zu anderen „freien” Städten. Claudius 2 erließ der<br />
„Mutterstadt“, d. h. den Stammvätern und Blutsverwandten, auch<br />
die Stellung von Truppen.<br />
Und die Begeisterung ebbte nicht etwa ab: für die einfachen<br />
Volksschichten im Westen wurde die „Ilias Latina“ geschrieben,<br />
eine ungekonnte Fassung 3 in 1070 Hexametern, von Baebius<br />
Italicus kurz vor 68 n. Chr. verfasst; Valerius Flaccus verfasste<br />
unter Vespasian die „Argonautica“, und Papinius Statius unter<br />
Domitian die „Achilleis“ und die „Thebais“.<br />
Seit Sulla bis Ende des 2. Jhdt. n. Chr. wurden in Rom die<br />
“Trojanischen Spiele” (Troiae lusus) veranstaltet. Vielleicht älteren<br />
Ursprungs, 4 wurden sie auf Troja umgedeutet. Solche Spiele waren<br />
immer religiös gefärbt, einzelnen Göttern gewidmet, daher später<br />
auch konsekrierten Kaisern. An diesen trojanischen Spielen waren<br />
Söhne angesehener Familien ab sechs Jahren zugelassen. Selbst C.<br />
Julius Caesar, geb. 20 v. Chr., Sohn Agrippas, als Nachfolger des<br />
Augustus vorgesehen, nahm im Jahre 13 v. Chr. daran teil.<br />
Nimmt man noch den immer größer werdenden Zustrom von<br />
zumeist griechischen Sklaven nach Rom, dann schließlich sogar<br />
griechischer Männer in den Senat (unter den Flaviern) – es ist<br />
unverkennbar: der Westen des Reiches, siegreich im Militärisch-<br />
Politischen, war längst drauf und dran, griechisch zu werden in<br />
Sprache, Kultur und Religion. Und des Augustus Reform ist<br />
letztlich zu begreifen als Stabilisierung dieser Synthese – einer<br />
Synthese, die ja, als Rückbesinnung auf die eigene Wurzel, nicht<br />
anders konnte als weiter über Troja und die Asia sich griechisch zu<br />
empfinden. 5 Die Römer als die eigentlichen Vollstrecker – als die<br />
„besseren Griechen“ – dessen, was die uneinigen Ost-Griechen<br />
ohne sie nie erreichen konnten!<br />
Wenn Mommsen meint, die Redner Kleinasiens 6 verehrten und<br />
behandelten ihren Homer einigermaßen wie die Rabbiner die Thora,<br />
so ist dies in noch weit größerem Maße von der Aeneis und den sie<br />
1 Tac. Annales XII, S. 58<br />
2 Sueton, Cl. 25, 3<br />
3 Schmalzriedt Sp. 2415: „nicht eben elegant oder geglückt.“<br />
4 Gross, Walter Hatto Sp. 983<br />
5 Welche Faszination vom „Griechischen“ ausgeht, belegt – makaber und dennoch interessant<br />
– ausgerechnet der nordische Hitler am 18. Januar 1942 (in seinen Tischgesprächen): „Wenn<br />
man uns nach unseren Vorfahren fragt, müssen wir immer auf die Griechen hinweisen.“[!]<br />
Picker S. 44<br />
6 Mommsen, S. 260