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Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg

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NACHWORT<br />

242<br />

Johannes` Schrift, eingebettet im Fluss der Geschichte, d. h. nicht<br />

als Kopfprodukt, phantasievoll und bunt, auch nicht als<br />

Kompilation früherer Apokalypsen, sorgsam zusammengeklaubt<br />

und der Weltuntergangsstimmung jeder Zeit modisch anpassbar, hat<br />

sich herausgestellt als Niederschlag einer Persönlichkeit,<br />

leidenschaftlich und realitätsnah in einem. Werk eines Menschen,<br />

eines Theologen, eines Christus-Gläubigen, der zwischenrief, wo er<br />

meinte, dies aus Überzeugung und Verantwortung tun zu sollen.<br />

Um dies deutlich werden zu lassen, war es nötig, den langen Weg<br />

eines Judenchristen nachzuzeichnen. Dabei stellte sich heraus, dass<br />

Johannes in der Tat ein Unikat ist: Seine Schrift ist mit keiner der<br />

zuvor oder zugleich umlaufenden Apokalypsen ernsthaft in<br />

Verbindung zu bringen, weder stilistisch noch theologisch, von der<br />

charakterlichen Empfindsamkeit, die zwischen den Zeilen spürbar<br />

wird, und der geistigen Unbefangenheit ganz zu schweigen.<br />

Seine singuläre Art lässt sich auch belegen durch den überzogenen<br />

Kampf gegen die verengt gesehene kaiserliche Selbstüberhöhung,<br />

wie sie zwar in Domitian einen einmaligen Höhe- (oder Tief-)<br />

punkt erreichte, aber dennoch so nicht Eigenart des römischen<br />

Kaisertums war. Interessant dabei auch, dass, gemessen an dieser<br />

Auseinandersetzung und ihrer Schärfe, die einstige Kritik am<br />

Judentum, ja selbst gegenüber sonstiger damaliger Religiosität,<br />

deutlich zurücktrat. Mehr noch, dies bringt ihn dazu, alle tastenden<br />

oder – von seinem Standpunkt aus – irrenden Bemühungen<br />

„heidnischer“ Gottsuche geradezu in die Nähe zur alles<br />

vollendenden Christusoffenbarung, wie er es sieht, zu stellen.<br />

Das Buch selber, in seiner flugblattähnlichen Entstehung, lässt<br />

einmal die erst allgemein gehaltenen, dann aber immer präziseren<br />

Einschätzungen der regierungsamtlichen Vorgänge in Rom<br />

erkennen, in der Folge aber auch – bei Fortgang und Steigerung der<br />

Auseinandersetzung - einen theologischen Reflexionsprozess.<br />

Gerade dieser, schon beginnend in seiner „Urapokalypse“ als<br />

leidende Erkenntnis vom Ende des Tempelkultes, führt Johannes in<br />

seiner kybernetisch – seelsorgerlichen Aufgabe in der Asia in die<br />

Nähe eines mitunter geradezu paulinisch gefärbten<br />

Heidenchristentums, um schließlich – als die glühende<br />

Naherwartung des Endes durch Domitians Ermordung eine neue<br />

Deutung erforderte – in eine jubelnde, alle Schranken<br />

durchbrechende, universalistische Theologie einzumünden, wo<br />

Termine und Zeichen keine Rolle mehr spielen.

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