Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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Weißgekleideten aus allen Völkern deuten die Menge Roms beim<br />
Vollzug der Kaiserliturgie an. Das Rasseln der Wagen 9,9 und die<br />
konkreten Angaben cp 11 bringen – kurz aufleuchtend – die<br />
Kämpfe im Jüdischen Krieg in Erinnerung. Andere Züge wieder<br />
wie 12,18 (Strand und Meer) und 14,2 (Stimmen, großes Wasser<br />
und Donnergrollen) mögen in der Patmoszeit eindrücklich<br />
geworden sein. Die immer wieder unterbrochene irdische Szenerie<br />
durch die himmlische Liturgie ist zugleich meisterhaft verflochten,<br />
damit aufeinander bezogen und unterstreicht eindrücklich: das<br />
Entscheidende geschieht im himmlischen Tempel, was für den<br />
Autor ausschlaggebend ist. Und die immer wieder vollzogene<br />
Anbetung, die Hymnen und Doxologien, unterbrechen nicht<br />
eigentlich, sondern wollen den entscheidenden Klang hörbar<br />
werden lassen, die Grundmelodie der Geschichte, eingespielt in das<br />
Stimmengewirr hier unten, wie ein basso ostinato, der alles trägt<br />
und bestimmt. Eine Hoffnungsmelodie des Triumphes, tröstlich,<br />
aufrichtend und am Ende alles in sich vereinend: Gottes eigenes<br />
Wort, der Logos, auf den – sich vollendend – alles hinläuft.<br />
Und noch bei allem Ernst der beginnenden Gerichtszeit sind<br />
humoristische Züge nicht zu übersehen, die vielleicht die<br />
Unerheblichkeit irdischer (und kosmischer) Potentaten skizzieren:<br />
so die Könige und sonstigen „Großkopfeten“, wenn’s denn ernst<br />
wird, verbergen sie sich in den Klüften der Berge 6,15f. Und der<br />
Riesenengel 10, 1-3 – immerhin der, dessen Echo, die sieben<br />
Donner, gerade nicht ihre Botschaft „an den Mann bringen“, er wird<br />
mit einer übertreibenden, geradezu absurden Farbe gemalt: die<br />
Physik aushebelnd, setzt er einen seiner Feuerfüße aufs Meer,<br />
bekleidet ist er mit einer Wolke und hat eine Löwenstimme, mit der<br />
er Eindruck macht. Dabei läuft gerade er mit seiner großangelegten<br />
Schau ins Leere. Und der Erstauftritt des Drachen cp 12? Zum<br />
Sterne herabfegen mit seinem Schwanz reichts gerade noch. Dabei<br />
sollte wohl dem Leser oder Hörer die Ahnung kommen, dass er<br />
nichts anderes damit tut, als was ohnehin (und auch ohne ihn!) im<br />
Gange ist: vgl. 6,13 u. 8,12. Und wenn er, „unten angekommen“,<br />
lediglich als Wasserspeier ohnmächtig hinter der Frau herspuckt –<br />
das ist ganz einfach komisch. Mit diesen wenigen Akzenten mag es<br />
sein Bewenden haben.<br />
Wenn behauptet wird, der „Depravationsvorgang [sei] als<br />
kosmische Entwicklung dargestellt, in die Gott nicht<br />
geschichtsentscheidend eingreift“, 1 so ist dies bei Johannes genau<br />
umgekehrt: alle Vorgänge kosmischer und innerweltlicher Art sind<br />
ausgehend von Gott, dessen Vermittler dann Engel oder das Lamm<br />
1 Lebram S. 192