Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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154<br />
So stehen wir vor dem Dilemma der sachgemäßen Bezeichnung:<br />
nehmen wir „Apokalypse“ für das Buch, aus dem es stammt – und<br />
das wäre ja logisch und gerecht – , müssten wir für die gesamte<br />
Literaturgattung der nun so genannten Apokalyptik eigentlich einen<br />
neuen Begriff finden, der der Unterschiedenheit Rechnung trägt.<br />
Das ist aber wegen der starken Gewohnheit nicht zu leisten, ganz<br />
abgesehen davon, dass es eben auch bei vielen Forschern und<br />
Kommentatoren Gründe gibt, es anders zu gewichten.<br />
Bleibt der Versuch, für die Apokalypse des Johannes eine ihrer<br />
Eigenart angemessen wiedergebende Bezeichnung zu finden.<br />
14. Kapitel<br />
Der Schriftsteller Johannes<br />
Dass Johannes ein weit überdurchschnittlicher Schriftsteller ist, ist<br />
nicht nur aus der noch heute andauernden Langzeitwirkung des<br />
Buches belegbar. Selbst Dichter wäre keine unpassende<br />
Bezeichnung, hat er doch aufs knappste ver„dichtet“ und gerade<br />
dabei eine poetische Leuchtkraft entwickelt, die noch nach zwei<br />
Jahrtausenden Menschen in ihren Bann zwingt. Und die<br />
Anziehungskraft auf künstlerische Wiedergabe steht in erster Reihe<br />
mit den ganz großen Themen der Genesis und der Evangelien! Aber<br />
auch seine stilistische Kunst sollte vermerkt werden.<br />
Wenn antike Literatur beschrieben wird, dann werden betont:<br />
„Feinheiten des Zusammenklangs von Wortakzent und<br />
Versrhythmus“, die Fähigkeit „Sagen mit oftmals überraschender<br />
Pointe aneinander zu reihen oder auseinander zu entwickeln“,<br />
mitunter eine „barocke Übersteigerung“, dann wieder „wenn der<br />
szenische Auftritt erhitzt wird“ bis „zu grellen Effekten“, wenn<br />
„alle Sprachnuancen bis zum Jargon der Gasse beherrscht werden“.<br />
Die Urteile schwingen von „zynischer Offenheit“ über „filmische<br />
Anschaulichkeit“ bis hin zur „journalistischen Sensationsliteratur“.<br />
Und man staunt über die Verwendung „aller möglichen Sprachstile“<br />
bis hin zum „satirischen Esprit“ 1 .<br />
Walter Jens rühmt die Parodistik und Ironie, 2 und W. Schmid 3 „die<br />
Schlichtheit und Schmucklosigkeit [als] in Wahrheit das<br />
Raffinement einer überlegenen Stilkunst“. Man denke an Caesar<br />
1<br />
Alles bei Laaths, S. 92, 108-112<br />
2<br />
Jens S. 98<br />
3<br />
Schmid, Wolfgang S. 124