Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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jüdischer Erbteil seit den biblischen Propheten. Im Lauf der Zeit<br />
fand die Apokalypse in vielen und vielerlei Bildern Ausdruck,“ – so<br />
muss laut Nigg 1 die Apokalyptik „als religiöse Revolution im<br />
Judentum bezeichnet werden“. Genug. Wie öfters so haben selbst<br />
die entgegengesetzten Hinweise je zu einem Teil recht. Die<br />
Aufnahme nicht nur von Bildern und Begriffen, sondern auch deren<br />
Verwendung zeigen den starken Einfluss gerade der iranischen<br />
Religiosität: Menschensohn, Weltgericht, Auferstehung der Toten<br />
und die Periodisierung des Weltablaufes. 2 Zugleich sind die<br />
theologischen Neuaufbrüche, die sich in der apokalyptischen<br />
Literatur zu Wort melden, im gleichen Kontext entstanden wie die<br />
entsprechenden außerjüdischen Phänomene (Hystaspes- und<br />
Töpferorakel, Sibyllinen), nämlich in der Zeit von als Tyrannei<br />
empfundener Fremdherrschaft. Aber ebenso ist festzuhalten, dass<br />
die späte Prophetie durchaus Ansätze in Richtung apokalyptischer<br />
Färbung aufweist: Joel 2-4, Sach 9-14, Jes 24-27 und Ez 38f u. a.<br />
Baruch gibt die Grundstimmung so wieder: „Die Propheten sind<br />
entschlafen“, 85,3 – soll heißen, auf andere Weise muss sich nun<br />
die Wahrheit zu Worte melden. Oder auch so: „Erloschen sind die<br />
Lampen, die einst leuchteten“, 77,13. In diese Situation hinein<br />
melden sich die Apokalypsen im Sinne einer Weiterführung eines<br />
führerlos gewordenen Volkes unter veränderten<br />
Rahmenbedingungen. „In der Geschichte des Volkes Israel gibt es<br />
eine Entwicklung von der prophetischen zur apokalyptischen<br />
Literatur.“ 3 „Die jüdische Apokalyptik will das Erbe der AT-<br />
Prophetie weitertragen, indem sie die prophetische Botschaft neu<br />
auszusagen sucht.“ 4<br />
Aus dem allen ist zu schließen, dass die Apokalyptik alle<br />
religiösen Gruppen des Judentums erreichte und beeinflusste. Die<br />
Sadduzäer eher zur Ablehnung reizend, die Pharisäer zum<br />
ernsthaften Prüfen, die Essener und Zeloten auf verschiedene Weise<br />
bestärkend. Diese Schriftsteller konnten die Sorgen und Zweifel<br />
mindern, die Hoffnungen und die Einsatzbereitschaft stärken,<br />
bündeln und mitunter in konkrete Taten ummünzen.<br />
1 Nigg S. 16<br />
2 Schmithals S. 89: „Die speziellen, apokalyptischen Vorstellungen stammen weitgehend aus<br />
dem Iran.“<br />
3 Richard S. 20<br />
4 Lohse, Entstehung S. 137