Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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101<br />
15. Kapitel<br />
Geheimpolizei und Spitzel<br />
„Ein Heer von Spionen diente der Sicherheit des Kaisers“, 1 und<br />
„Apollonios von Tyana hatte erklärt, Tigellinus [also unter Nero]<br />
habe aus Rom eine Stadt voller Augen und Ohren gemacht“. 2<br />
Schon im Achämenidenreich gab es „Aufsichtsorgane gegen<br />
Umtriebe der Satrapen, 3 ein als des Königs Augen und Ohren<br />
bekannter Geheimdienst“, 4 was über das Seleukidenreich bis in die<br />
Zeit der Römerherrschaft, wenn auch vielleicht nur in Ansätzen<br />
bekannt blieb. „Die frumentarii [Getreide-, d. h.<br />
Verpflegungsdienste] scheinen eine Schöpfung des Kaisers<br />
Augustus zu sein.“ 5 „In der frühen römischen Kaiserzeit wurde die<br />
politische Spionage von Staatswegen organisiert.“ 6 Dies waren<br />
zunächst die „Speculatores Augusti“: „In der Garde bildeten die<br />
speculatores eine auserwählte Truppe, die auch für Kurierdienste<br />
herangezogen wurde.“ 7 Dies wurde Ende des 1. Jahrhunderts<br />
verändert. Frumentarii ersetzten die speculatores. In kurzen<br />
Wendungen berichten Sueton und Tacitus von solchen Aktionen. 8<br />
Wie sehr dabei in die Privatsphäre eingegriffen wurde, zeigt<br />
Tacitus, der anklagt, dass „durch Nachspähungen selbst der<br />
Verkehr der Sprache und des Ohrs geraubt wurde“. 9 Selbst<br />
Bücherverbrennungen wurden „zelebriert“! 10 In diesem Fall durch<br />
Ädile.<br />
„Außer in Rom gab es noch kleinere Stationen der Frumentarii in<br />
… und in Ephesus.“ 11 Diese Geheimpolizei unterstand dem Kaiser<br />
direkt, wenngleich beim senatorischen Statthalter (ob proconsul<br />
oder legatus) dessen Stab zugeordnet! Es war also in der Asia mit<br />
der Möglichkeit direkter und präziser Unterrichtung jederzeit zu<br />
rechnen.<br />
So gewinnt die relegatio des Johannes noch eine weitere<br />
interessante Note: Sie war auch eine relative Entfernung von den<br />
„Augen und Ohren“ des Kaisers. Auf der Insel waren eventuelle<br />
Vorsichtsmaßnahmen (vielleicht sogar abgesprochene) eher<br />
möglich und eine – gar ständige – Überwachung durch kaiserliche<br />
1<br />
Albertz I/2, S. 349<br />
2<br />
Grant, Nero, S. 173<br />
3<br />
Meyer, Eduard S. 47<br />
4<br />
Durant 2, S.102, auch Bengtson, Perserreich S. 23<br />
5<br />
Neumann, frumentarii, Sp. 620<br />
6<br />
Neumann, Spionage, Sp. 316<br />
7<br />
Neumann, Speculatores, Sp. 301<br />
8<br />
Tacitus, Hist. 2, 73, Sueton, Cal 44, Claud. 16<br />
9<br />
Tacitus, Agr. 2 7)<br />
10<br />
Tacitus, Ann., 4, 35<br />
11<br />
Neumann, Frumentarii Sp. 620