Der Bildhauer Bernhard Bleeker - OPUS - Universität Augsburg

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nach 1945 eindrucksvolle Werke. Auch Charlotte Goltz, die Tochter des renommierten Münchner Kunsthändlers und Galeriebesitzers Hans Goltz, zählte – wenn auch nur kurz, 1939/40 – zu seinen Schülerinnen, desweiteren Eugenie Berner-Lange, Maria Weber, Margarete Schepelmann-Groz und Priska Stadler, die Gattin seines Bildhauerkollegen Toni Stadler. In seiner Trauerrede anläßlich des Todes Bleekers 1968 berichtet sein bekanntester Schüler Hans Wimmer: „Die Götter, welche er uns zur Anbetung empfahl, waren die Ägypter, vor allem die Griechen, Donatello, Leinberger, aber auch Lehmbruck und Barlach. In der Klasse hat er oft von Hildebrand und Marées gesprochen. Sie waren seine eigentliche Welt. Er fühlte sich als Bewahrer ihres Erbes und wollte dieses Erbe an seine Schüler weitergeben. Er hatte eine starke Ausstrahlung. Seine Korrekturen waren exakt und glaubhaft. Wir hatten Respekt vor seiner Persönlichkeit. Es gab keinen Zweifel darüber, wer was konnte und wer nichts konnte. Es war ihm wichtig, daß die Maßstäbe nicht durcheinandergebracht wurden. Er unterschied zwischen Ordnung und Barbarei. ... Man hat bei ihm Anstand und Fleiß zur Arbeit lernen können und Abscheu vor künstlerischem Betrug. Er hasste den Dilettantismus und hatte deutliche Worte für die Koketterie mit der handwerklichen Unfähigkeit. Darin kannte er keine Beschönigung und keine Nachsicht, bis zuletzt. Er hat sich nicht verkauft. Werktreue und Treue zu sich selber strahlen auf seinem Wappen“ 192 . Bleekers Schülerin Maria Weber (1899-1984) schildert ihren Lehrer als verschlossen und äußerst wortkarg 193 . 1921 wurde Maria Weber als eine der ersten Frauen an der Akademie der bildenden Künste in München aufgenommen. Sie begann zuerst ein Studium der Malerei bei Angelo Jank. Nachdem sie den Wunsch geäußert hatte, in die Bildhauerklasse zu wechseln antwortete ihr der Professor: „Ja, da gehören Sie auch hin, gehen Sie zu Bleeker“. Als Maria Weber den Bildhauer um Aufnahme in seine Klasse bat, antwortete dieser, sie gründlich musternd: „Die Bildhauerei ist doch zu schwer für eine Frau, da braucht man Kraft und Energie. Sie können sich aber als Hospitantin bei mir eintragen“. Anfänglich fühlte sich die junge Künstlerin hilflos und alleingelassen, ohne große Hilfestellung durch Bleeker. Als jedoch die Schülerarbeiten zu einem Modell eines Knaben begutachtet wurden, zeigte der Professor auf Maria Webers Arbeit und fragte: „Wer hat das gemacht?“. Weber meldete sich. Darauf sagte er nur: „Sie können sich als Schülerin eintragen lassen“. Die Künstlerin empfand ihre Lehrzeit bei Bleeker als hart, teilweise auch als entmutigend. Ein Blick von ihm konnte Beerdigung 1968. Im Atelierbesitz Hans Wimmers existierte auch die Totenmaske Bleekers, die jedoch nicht von Wimmer abgenommen wurde (abgebildet bei Kuhl 1993, S. 222, Nr. 273) (siehe auch Anhang B: Nr. 18). Siehe auch das Kapitel „Schüler“ in der vorliegenden Arbeit. 192 Ich danke Inge und Jochen Bleeker für die Überlassung der Kopie von Wimmers Trauerrede. 193 Tigges 1970, S. 11; die folgenden Ausführungen S. 10-12 33

genügen, und die angefangene Arbeit wurde zunichte gemacht. Anhand lebhafter Diskussionen bei den Korrekturarbeiten wurden Werke von Maillol, Rodin, Despiau, aber auch die Bildhauerwerke von San Zeno in Verona oder von Chartres, desweiteren das Reiterstandbild des Marc Aurel und Andreas Schlüters Reiterstandbild des „Großen Kurfürsten“ in Berlin besprochen. Bleeker selbst gestattete kaum Einblick in sein eigenes Atelier in der Akademie. Folgende Begebenheit unterstreicht die Distanziertheit des Lehrers: Maria Weber begann heimlich in Stein zu arbeiten. Überraschend kam Bleeker hinzu, sah den Stein und die zerschundenen Hände der Schülerin, schüttelte den Kopf, ließ sie gewähren und ging wortlos hinaus. Bleeker zeigte alsbald jedoch stärkeres Interesse an ihrer Arbeit, seine Besuche in ihrem eigenen Atelier – sie war Meisterschülerin geworden – häuften sich. Als Maria Weber 1927 ihr Studium beendete, sagte der Professor: „Ich habe absichtlich nicht viel gesagt, denn Sie sind selbst Ihren Weg gegangen. Wären Sie auf einen Irrweg geraten, wäre ich schon eingeschritten“. Solche Aussagen ehemaliger Schüler zeigen, daß Bleeker als Lehrperson große Autorität ausstrahlte, wenngleich er seinen Schülern genügend Freiheiten zur Selbstentfaltung ließ. Auf privater Ebene pflegte der Künstler zu einer Vielzahl seiner Schüler engen und freundschaftlichen Kontakt, der auch lange nach Ende seiner Lehrzeit bestehen blieb, was viele herzliche Briefe an den ehemaligen Meister beweisen 194 . 3.6.: Das Wirken bis 1933 Daß Bleeker nun endgültig zu den angesehenen Münchner Künstlern zählte, zeigt auch seine Mitwirkung bei der Ankaufspolitik des bayerischen Staates: Im April 1907 wurde eine „Generalkommission der Kunstsammlungen des Staates“ gebildet, die bis zum Jahre 1920 bestand und deren Aufgabe es war, in Sachen Kunstankäufen den Direktoren der einzelnen Museen beratend zur Seite zu stehen. Da inzwischen Adolf von Hildebrand und Friedrich August von Kaulbach gestorben waren und andere Künstler wegen ihres hohen Alters oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr vermochten, an den Tätigkeiten der Kommission mitzuwirken, war eine vollständige Neubildung erforderlich 195 . Somit wurde zu Beginn des 194 Viele Briefe ehemaliger Schüler an Bleeker liegen im NL BB: I, C. Bleeker erhielt auch einige Werke von ihnen als Geschenk. So überließ ihm Marielouise Poschacher, genannt die „Poschacherin“, anläßlich seines 65. Geburtstages einen von ihr geschaffenen Stich „Soorabaya-Java-Markt“ (heute im Besitz von Inge und Jochen Bleeker). Alexander Fischer schenkte ihm eine kleine Version seines bronzenen „Roten Rosses“. 195 BHStA: MK 50836: Akten des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus: Verwaltung der staatlichen Kunstsammlungen. Generalkommission für die bayerischen Kunstsammlungen (mit Spezialkommissionen): 1919-31. 12. 1963: Staatsministerium für Unterricht und Kultus an die Konferenz der Direktoren der Kunstsammlungen des Staates, 29. 6. 1922 34

nach 1945 eindrucksvolle Werke. Auch Charlotte Goltz, die Tochter des renommierten<br />

Münchner Kunsthändlers und Galeriebesitzers Hans Goltz, zählte – wenn auch nur kurz,<br />

1939/40 – zu seinen Schülerinnen, desweiteren Eugenie Berner-Lange, Maria Weber,<br />

Margarete Schepelmann-Groz und Priska Stadler, die Gattin seines <strong>Bildhauer</strong>kollegen Toni<br />

Stadler.<br />

In seiner Trauerrede anläßlich des Todes <strong>Bleeker</strong>s 1968 berichtet sein bekanntester Schüler<br />

Hans Wimmer: „Die Götter, welche er uns zur Anbetung empfahl, waren die Ägypter, vor<br />

allem die Griechen, Donatello, Leinberger, aber auch Lehmbruck und Barlach. In der Klasse<br />

hat er oft von Hildebrand und Marées gesprochen. Sie waren seine eigentliche Welt. Er fühlte<br />

sich als Bewahrer ihres Erbes und wollte dieses Erbe an seine Schüler weitergeben. Er hatte<br />

eine starke Ausstrahlung. Seine Korrekturen waren exakt und glaubhaft. Wir hatten Respekt<br />

vor seiner Persönlichkeit. Es gab keinen Zweifel darüber, wer was konnte und wer nichts<br />

konnte. Es war ihm wichtig, daß die Maßstäbe nicht durcheinandergebracht wurden. Er<br />

unterschied zwischen Ordnung und Barbarei. ... Man hat bei ihm Anstand und Fleiß zur<br />

Arbeit lernen können und Abscheu vor künstlerischem Betrug. Er hasste den Dilettantismus<br />

und hatte deutliche Worte für die Koketterie mit der handwerklichen Unfähigkeit. Darin<br />

kannte er keine Beschönigung und keine Nachsicht, bis zuletzt. Er hat sich nicht verkauft.<br />

Werktreue und Treue zu sich selber strahlen auf seinem Wappen“ 192 .<br />

<strong>Bleeker</strong>s Schülerin Maria Weber (1899-1984) schildert ihren Lehrer als verschlossen und<br />

äußerst wortkarg 193 . 1921 wurde Maria Weber als eine der ersten Frauen an der Akademie der<br />

bildenden Künste in München aufgenommen. Sie begann zuerst ein Studium der Malerei bei<br />

Angelo Jank. Nachdem sie den Wunsch geäußert hatte, in die <strong>Bildhauer</strong>klasse zu wechseln<br />

antwortete ihr der Professor: „Ja, da gehören Sie auch hin, gehen Sie zu <strong>Bleeker</strong>“. Als Maria<br />

Weber den <strong>Bildhauer</strong> um Aufnahme in seine Klasse bat, antwortete dieser, sie gründlich<br />

musternd: „Die <strong>Bildhauer</strong>ei ist doch zu schwer für eine Frau, da braucht man Kraft und<br />

Energie. Sie können sich aber als Hospitantin bei mir eintragen“. Anfänglich fühlte sich die<br />

junge Künstlerin hilflos und alleingelassen, ohne große Hilfestellung durch <strong>Bleeker</strong>. Als<br />

jedoch die Schülerarbeiten zu einem Modell eines Knaben begutachtet wurden, zeigte der<br />

Professor auf Maria Webers Arbeit und fragte: „Wer hat das gemacht?“. Weber meldete sich.<br />

Darauf sagte er nur: „Sie können sich als Schülerin eintragen lassen“. Die Künstlerin empfand<br />

ihre Lehrzeit bei <strong>Bleeker</strong> als hart, teilweise auch als entmutigend. Ein Blick von ihm konnte<br />

Beerdigung 1968. Im Atelierbesitz Hans Wimmers existierte auch die Totenmaske <strong>Bleeker</strong>s, die jedoch nicht<br />

von Wimmer abgenommen wurde (abgebildet bei Kuhl 1993, S. 222, Nr. 273) (siehe auch Anhang B: Nr. 18).<br />

Siehe auch das Kapitel „Schüler“ in der vorliegenden Arbeit.<br />

192 Ich danke Inge und Jochen <strong>Bleeker</strong> für die Überlassung der Kopie von Wimmers Trauerrede.<br />

193 Tigges 1970, S. 11; die folgenden Ausführungen S. 10-12<br />

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