Der Bildhauer Bernhard Bleeker - OPUS - Universität Augsburg

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Rümann nahm von Januar bis zu seinem Tod im Februar 1906 Erholungsurlaub auf Korsika. Zuvor beantragte er, dem „Componierschüler“ Bleeker die Leitung seiner Schüler anzuvertrauen 117 . Diesem Wunsche wurde jedoch nicht entsprochen, vielmehr übernahm der Direktor der Akademie, Ferdinand von Miller d. J., die Korrektur der Rümann-Klasse 118 . Bleeker erhielt eine Aufwandsentschädigung von 300 Mark 119 . Nach Rümanns Tod am 6. 2. 1906 schlug Adolf von Hildebrand Bleeker als dessen Nachfolger vor: „Ich denke mir z. B., daß die Professur an den jetzigen Stellvertreter von Professor Rümann, den jungen Bildhauer Bleeker übergehen wird (den ich, nebenbei bemerkt, für sehr tüchtig und geeignet halte), jedoch mit dem geringeren Gehalte von 3000.-, sodaß der Rest als Fond für meine Zwecke gesichert wäre“ 120 . Man entschied sich allerdings letztendlich für Erwin Kurz, den ältesten Privatschüler und Mitarbeiter Hildebrands, der 1909 zum ordentlichen Professor ernannt wurde und die Stelle Rümanns bis zum 1. Januar 1924 behielt 121 . Bleeker arbeitete indessen als freischaffender Künstler. 3.2.: Die Zeit als freischaffender Künstler bis zum Ersten Weltkrieg Anläßlich der zum 750. Jahrestag der Stadtgründung veranstalteten Ausstellung „München 1908“ auf der Theresienhöhe schuf der Künstler für den großen Brunnen vor dem Hauptrestaurant – entworfen von Emanuel von Seidl – die Gruppe „Reichtum“, eine Füllhorn- Renaissancebüste verwendet, um einen Porträtkopf darauf zu modellieren. Für ein Reiterdenkmal in Nürnberg [es handelte sich hierbei um das nicht mehr erhaltene Prinzregent-Luitpold-Denkmal aus dem Jahre 1901] soll Luitpold lebendigen Leibes in Gips abgeformt und nach flüchtiger Retusche in Bronze gegossen worden sein“ (ebd.) (vgl. hierzu auch S. Th. Rauecker-Solln 1930, S. 3). Diese Aussagen sind m. E. jedoch ungerechtfertigt. Rümann lehrte seinen Schülern eine „gediegene Technik“ (Schmoll gen. Eisenwerth 1981, S. 289) und setzte sich auch für Bleeker ein, indem er dem mittellosen Schüler Geld anbot, als dieser in finanziellen Nöten war, ihn als Ateliergehilfen aufnahm und ihm auch Aufträge besorgte. Wie sehr Rümann seinen Schüler Bleeker schätzte, zeigt eine Anekdote, die Bleekers Bildhauerkollege Karl Kiefer überliefert: „Eines Tages begegnete ich unserem Altmeister v. Rümann in der Akademie. >Kommen Sie mal mit, ich will Ihnen mal den zukünftigen Bildhauer von München vorstellen!

haltende Jünglingsfigur, die auf einem „Wasserwidder“ reitet 122 . Hier werden die Anklänge an Adolf von Hildebrand, besonders an dessen Wittelsbacherbrunnen (1890-1895), sehr deutlich. Mit der Gruppe „Reichtum“ erlangte Bleeker die erste größere öffentliche Anerkennung. Obwohl er zu dieser Zeit noch nicht überregional bekannt war erhielt er im gleichen Jahr, 1908, einen Ruf an die Akademie in Düsseldorf, den er jedoch ablehnte. Möglicherweise spielte die Gruppe „Reichtum“ für die Berufung eine Rolle, vielleicht war er auch von Hildebrand empfohlen worden. Der Grund für seine Ablehnung mag wohl am damaligen hohen Ansehen Münchens und an der Präsenz Adolf von Hildebrands gelegen haben. Vielleicht hegte er auch die Hoffnung, an der Münchner Akademie doch noch eine Professur zu erhalten 123 . Auf der X. Internationalen Kunstausstellung im Glaspalast 1909 wurde dem Künstler die Medaille II. Klasse verliehen. Bleeker fühlte sich in jener Zeit – er war 28 Jahre alt – als junger Künstler, der die Akademie der bildenden Künste als eine veraltete, in Konventionen erstarrte Institution ansah, die traditionelle und konservative Lehren vertrat und verbreitete. Somit ist es nicht verwunderlich, daß er Mitglied einer progressiveren Vereinigung, der sogenannten „Münchner Secession“, wurde. Doch war diese Organisation nur vermeintlich fortschrittlicher als die übrige Münchner Kunstszene. Alsbald pendelten sich ihre Vertreter wiederum in den zeitgenössischen Kunststil ein, der in München bis in die Zeit des Ersten Weltkriegs geläufig war. Horst Ludwig charakterisiert die Münchner Secession folgendermaßen: „Am besten begreift man die Secession als ein Gelenkstück zwischen den Jahrhunderten, in der sich viel Neues ankündigt, aber ebenfalls sehr viel Traditionelles perpetuiert wird“ 124 . 1909 reiste Bleeker mit einem besonderen Auftrag nach Rom: Der Vatikan gab zu dieser Zeit die Erlaubnis, die berühmte Moses-Figur vom Grabmal Papst Julius II. in San Pietro in Vincoli, die von Michelangelo um 1516 geschaffen wurde, zu kopieren. Die Kopie wurde nach ihrer Fertigstellung 1911 nach Finkenwalde bei Stettin transportiert 125 (WV 25). Über den Auftraggeber ist ebensowenig bekannt, wie über die Dauer seines Aufenthaltes und wo der Künstler gearbeitet hat. 122 Die „Reichtum“-Gruppe wird im Kapitel „Brunnen“ dieser Arbeit näher besprochen. Siehe auch WV 14. 123 Brief Kronprinz Rupprechts von Bayern an Adolf von Hildebrand, 19. 3. 1911: „Bleeker erhielt einen Ruf nach Düsseldorf, den er jedoch ablehnte. Man beabsichtigt ihm hier an der Akademie eine Stellung zu verschaffen, doch ginge dies einstweilen noch nicht an, da er noch keine 30 Jahre alt ist, wie wenn dies ein Fehler wäre“ (zitiert nach Sattler 1962, S. 589f., hier S. 590). 124 Horst Ludwig 1986, S. 111 125 Der Hinweis auf diese Kopie wurde am 25. 1. 2005 im Internet unter der Adresse: www.lostart.de/recherche/einzelobjekt.php3?lang=german&einzel_id=298541 gefunden. Die Moses-Kopie steht heute in der Akademie der schönen Künste in Warschau (ebd.). 22

Rümann nahm von Januar bis zu seinem Tod im Februar 1906 Erholungsurlaub auf Korsika.<br />

Zuvor beantragte er, dem „Componierschüler“ <strong>Bleeker</strong> die Leitung seiner Schüler<br />

anzuvertrauen 117 . Diesem Wunsche wurde jedoch nicht entsprochen, vielmehr übernahm der<br />

Direktor der Akademie, Ferdinand von Miller d. J., die Korrektur der Rümann-Klasse 118 .<br />

<strong>Bleeker</strong> erhielt eine Aufwandsentschädigung von 300 Mark 119 .<br />

Nach Rümanns Tod am 6. 2. 1906 schlug Adolf von Hildebrand <strong>Bleeker</strong> als dessen<br />

Nachfolger vor: „Ich denke mir z. B., daß die Professur an den jetzigen Stellvertreter von<br />

Professor Rümann, den jungen <strong>Bildhauer</strong> <strong>Bleeker</strong> übergehen wird (den ich, nebenbei bemerkt,<br />

für sehr tüchtig und geeignet halte), jedoch mit dem geringeren Gehalte von 3000.-, sodaß der<br />

Rest als Fond für meine Zwecke gesichert wäre“ 120 . Man entschied sich allerdings letztendlich<br />

für Erwin Kurz, den ältesten Privatschüler und Mitarbeiter Hildebrands, der 1909 zum<br />

ordentlichen Professor ernannt wurde und die Stelle Rümanns bis zum 1. Januar 1924<br />

behielt 121 . <strong>Bleeker</strong> arbeitete indessen als freischaffender Künstler.<br />

3.2.: Die Zeit als freischaffender Künstler bis zum Ersten Weltkrieg<br />

Anläßlich der zum 750. Jahrestag der Stadtgründung veranstalteten Ausstellung „München<br />

1908“ auf der Theresienhöhe schuf der Künstler für den großen Brunnen vor dem<br />

Hauptrestaurant – entworfen von Emanuel von Seidl – die Gruppe „Reichtum“, eine Füllhorn-<br />

Renaissancebüste verwendet, um einen Porträtkopf darauf zu modellieren. Für ein Reiterdenkmal in Nürnberg<br />

[es handelte sich hierbei um das nicht mehr erhaltene Prinzregent-Luitpold-Denkmal aus dem Jahre 1901] soll<br />

Luitpold lebendigen Leibes in Gips abgeformt und nach flüchtiger Retusche in Bronze gegossen worden sein“<br />

(ebd.) (vgl. hierzu auch S. Th. Rauecker-Solln 1930, S. 3). Diese Aussagen sind m. E. jedoch ungerechtfertigt.<br />

Rümann lehrte seinen Schülern eine „gediegene Technik“ (Schmoll gen. Eisenwerth 1981, S. 289) und setzte<br />

sich auch für <strong>Bleeker</strong> ein, indem er dem mittellosen Schüler Geld anbot, als dieser in finanziellen Nöten war, ihn<br />

als Ateliergehilfen aufnahm und ihm auch Aufträge besorgte.<br />

Wie sehr Rümann seinen Schüler <strong>Bleeker</strong> schätzte, zeigt eine Anekdote, die <strong>Bleeker</strong>s <strong>Bildhauer</strong>kollege Karl<br />

Kiefer überliefert: „Eines Tages begegnete ich unserem Altmeister v. Rümann in der Akademie. >Kommen Sie<br />

mal mit, ich will Ihnen mal den zukünftigen <strong>Bildhauer</strong> von München vorstellen!

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