Der Bildhauer Bernhard Bleeker - OPUS - Universität Augsburg

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Reiterdenkmälern Wilhelms I. in Stuttgart (1898) und des Prinzregenten Luitpold in Nürnberg (1901; 1934 abgetragen) ersichtlich. Seine Marmorstatue „Mädchen“, die er auf der VII. Internationalen Ausstellung im Glaspalast 1901 zeigte 98 , mutet in ihrer stillen, verhaltenen Pose in Verbindung mit dem reliefierten Stein, auf dem sie sitzt, klassizistisch an. Durch die intime Art der Darstellung und den Anklang an lyrisch gefühlte Stimmungen weist sie zugleich romantische Züge auf. Rümanns Bildnisbüsten reichen vom klassizistischen Formenrepertoire im Kopf der „Wissenschaft“ vom Rückert-Denkmal oder in der Büste des Archäologen H. Brunn über naturalistische Büsten und Reliefs wie diejenigen von Geheimrat Gruson und Kommerzienrat Gerngroß (1902), sowie barockisierenden Repräsentationsbüsten von Prinzregent Luitpold und Prinzessin Therese von Bayern zu streng-monumentalisierenden Hermen von Moltke und Bismarck (1901). Bleekers Studium bei Rümann gliedert sich in: „1. Unterstufe mit Akt- und Porträtmodellieren, 2. Oberstufe mit Kompositionsübungen. Ziel dieser Ausbildung ist das Meisterschüleratelier“ 99 . Da Bleeker sein Studium nur 4 Semester lang finanzieren konnte, mußte er das Angebot Rümanns annehmen und dessen Ateliergehilfe werden 100 . Im Jahre 1902 erhielt Bleeker in der Ausstellung der Schüler-Arbeiten der Akademie die große silberne Medaille 101 . Ein Jahr später machte er die richtungsweisende Bekanntschaft mit Adolf von 98 Heilmeyer 1903, S. 302 99 Grzimek 1969, S. 115 100 Ebd. Grzimek, dessen Werk sehr anekdotenreich ist, schreibt hierzu: „Der Dienst beginnt um 7 Uhr mit Atelier aufräumen, heizen und Frühstück machen. Zunächst gibt es einen Streit in süddeutscher Manier zwischen den beiden norddeutschen Bildhauern [Rümann stammt aus Hannover]: als Bleeker aufgefordert wird, eine Büste des Prinz-Regenten zu kritisieren, und auf Fehler verweist, wird er mit großer Geste des Ateliers verwiesen, um bald danach zurückgeholt zu werden. Bleeker muß die Gewanddetails der Plastik überarbeiten. Als Rümann den Auftrag erhält, zwei Löwenplastiken für die Feldherrnhalle zu gestalten, besorgt der Professor Gipsabgüsse von Tierplastiken Louis Baryes und Wilhelm Wolffs. Der Ateliergehilfe wird der gewünschten Kopiererei bald überdrüssig. Er rät dem Meister, die Tonmodelle umzuwerfen und neu zu beginnen. Er kann sich zwar mit seiner Meinung nicht ganz durchsetzen, doch immerhin wird jetzt ein Löwenkäfig von Hagenbeck aufgestellt, und der Löwe Bubi kommt ins Atelier. Damit das Tier nicht nur faul in seinem Käfig liegt, gibt ihm der Gehilfe wenig zu essen. Das Tier läuft jetzt rastlos umher und springt eines Tages so hoch, daß es mit den Tatzen am Gitterende hängt. Bleeker schlägt mit einer Eisenstange auf den Kopf des Tieres, bis es sich zurückfallen läßt. Kurz darauf kommt Rümann, und das Tier springt wieder. Der Professor wird bleich, sein Kopfhaar stellt sich hoch, und sein athletischer Körper fällt kraftlos auf einen Stuhl, während der kleine Gehilfe mit Eisenstange und Fütterung Ordnung schafft. Firma Hagenbeck vervollkommnet den Käfig, und schon am nächsten Tag erzählt der Professor im Freundeskreis der „Allotria“, wie schnell er mit dem Löwen fertig geworden sei“ (Grzimek 1969, S. 115). Eine etwas abweichende Anekdote zum Löwen Bubi, ohne Erwähnung Bleekers, schildert die Rümann-Enkelin Angelika Rümann: Der Prinzregent und der Löwe Bubi, in: SZ, Nr. 90, 45. Jg., 19. 4. 1989, S. 19; siehe auch WV 9. 101 Die Kunst 5, München 1902, S. 548: Bleeker erhielt diesen Preis in der „Komponierschule von Rümann“. Es ist allerdings nicht nachzuweisen, für welche Arbeit er den Preis erhielt. Weitere Preisträger der großen silbernen Medaille bei Rümann waren: Hans Schwegerle, Joseph Wackerle, Arthur Storch, Rudolf Schwarz (der auch noch das Reise-Stipendium von 2400 Mark erhielt). Bleeker erhielt im Laufe seines Studiums „4 grosse silberne 17

Hildebrand (1847-1921), der ein bekennender Rümann-Gegner war. Waldemar Grzimek 102 schildert diese Begegnung folgendermaßen: „Der Architekt Rudolf von Seitz vermittelt dem jungen Bildhauer einen Besuch bei Hildebrand, der ihm sein Atelier zeigt. Bleeker ist so von Begeisterung erfaßt, daß er nicht rechtzeitig fortgeht, und so lädt ihn der Marées-Schüler zu Tisch. Nach dem Essen sagt Hildebrand: >Ich ruhe um diese Zeit immer und trinke dann Kaffee, machen Sie es genauso, legen Sie sich dort hinDas ist das Paradies, lauter Menschen vor dem SündenfallHerr Bleeker tun Sie das nicht, Sie gehen allein Ihren Weg

Reiterdenkmälern Wilhelms I. in Stuttgart (1898) und des Prinzregenten Luitpold in Nürnberg<br />

(1901; 1934 abgetragen) ersichtlich. Seine Marmorstatue „Mädchen“, die er auf der VII.<br />

Internationalen Ausstellung im Glaspalast 1901 zeigte 98 , mutet in ihrer stillen, verhaltenen<br />

Pose in Verbindung mit dem reliefierten Stein, auf dem sie sitzt, klassizistisch an. Durch die<br />

intime Art der Darstellung und den Anklang an lyrisch gefühlte Stimmungen weist sie<br />

zugleich romantische Züge auf.<br />

Rümanns Bildnisbüsten reichen vom klassizistischen Formenrepertoire im Kopf der<br />

„Wissenschaft“ vom Rückert-Denkmal oder in der Büste des Archäologen H. Brunn über<br />

naturalistische Büsten und Reliefs wie diejenigen von Geheimrat Gruson und Kommerzienrat<br />

Gerngroß (1902), sowie barockisierenden Repräsentationsbüsten von Prinzregent Luitpold<br />

und Prinzessin Therese von Bayern zu streng-monumentalisierenden Hermen von Moltke und<br />

Bismarck (1901).<br />

<strong>Bleeker</strong>s Studium bei Rümann gliedert sich in: „1. Unterstufe mit Akt- und<br />

Porträtmodellieren, 2. Oberstufe mit Kompositionsübungen. Ziel dieser Ausbildung ist das<br />

Meisterschüleratelier“ 99 . Da <strong>Bleeker</strong> sein Studium nur 4 Semester lang finanzieren konnte,<br />

mußte er das Angebot Rümanns annehmen und dessen Ateliergehilfe werden 100 . Im Jahre<br />

1902 erhielt <strong>Bleeker</strong> in der Ausstellung der Schüler-Arbeiten der Akademie die große silberne<br />

Medaille 101 . Ein Jahr später machte er die richtungsweisende Bekanntschaft mit Adolf von<br />

98 Heilmeyer 1903, S. 302<br />

99 Grzimek 1969, S. 115<br />

100 Ebd. Grzimek, dessen Werk sehr anekdotenreich ist, schreibt hierzu: „<strong>Der</strong> Dienst beginnt um 7 Uhr mit<br />

Atelier aufräumen, heizen und Frühstück machen. Zunächst gibt es einen Streit in süddeutscher Manier zwischen<br />

den beiden norddeutschen <strong>Bildhauer</strong>n [Rümann stammt aus Hannover]: als <strong>Bleeker</strong> aufgefordert wird, eine<br />

Büste des Prinz-Regenten zu kritisieren, und auf Fehler verweist, wird er mit großer Geste des Ateliers<br />

verwiesen, um bald danach zurückgeholt zu werden. <strong>Bleeker</strong> muß die Gewanddetails der Plastik überarbeiten.<br />

Als Rümann den Auftrag erhält, zwei Löwenplastiken für die Feldherrnhalle zu gestalten, besorgt der Professor<br />

Gipsabgüsse von Tierplastiken Louis Baryes und Wilhelm Wolffs. <strong>Der</strong> Ateliergehilfe wird der gewünschten<br />

Kopiererei bald überdrüssig. Er rät dem Meister, die Tonmodelle umzuwerfen und neu zu beginnen. Er kann sich<br />

zwar mit seiner Meinung nicht ganz durchsetzen, doch immerhin wird jetzt ein Löwenkäfig von Hagenbeck<br />

aufgestellt, und der Löwe Bubi kommt ins Atelier. Damit das Tier nicht nur faul in seinem Käfig liegt, gibt ihm<br />

der Gehilfe wenig zu essen. Das Tier läuft jetzt rastlos umher und springt eines Tages so hoch, daß es mit den<br />

Tatzen am Gitterende hängt. <strong>Bleeker</strong> schlägt mit einer Eisenstange auf den Kopf des Tieres, bis es sich<br />

zurückfallen läßt. Kurz darauf kommt Rümann, und das Tier springt wieder. <strong>Der</strong> Professor wird bleich, sein<br />

Kopfhaar stellt sich hoch, und sein athletischer Körper fällt kraftlos auf einen Stuhl, während der kleine Gehilfe<br />

mit Eisenstange und Fütterung Ordnung schafft. Firma Hagenbeck vervollkommnet den Käfig, und schon am<br />

nächsten Tag erzählt der Professor im Freundeskreis der „Allotria“, wie schnell er mit dem Löwen fertig<br />

geworden sei“ (Grzimek 1969, S. 115). Eine etwas abweichende Anekdote zum Löwen Bubi, ohne Erwähnung<br />

<strong>Bleeker</strong>s, schildert die Rümann-Enkelin Angelika Rümann: <strong>Der</strong> Prinzregent und der Löwe Bubi, in: SZ, Nr. 90,<br />

45. Jg., 19. 4. 1989, S. 19; siehe auch WV 9.<br />

101 Die Kunst 5, München 1902, S. 548: <strong>Bleeker</strong> erhielt diesen Preis in der „Komponierschule von Rümann“. Es<br />

ist allerdings nicht nachzuweisen, für welche Arbeit er den Preis erhielt. Weitere Preisträger der großen silbernen<br />

Medaille bei Rümann waren: Hans Schwegerle, Joseph Wackerle, Arthur Storch, Rudolf Schwarz (der auch noch<br />

das Reise-Stipendium von 2400 Mark erhielt). <strong>Bleeker</strong> erhielt im Laufe seines Studiums „4 grosse silberne<br />

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