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36 Seiten, pdf - Observatoire de Genève - Université de Genève

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&InternatIonales<br />

astronomIejahr 2009<br />

astronomIe In <strong>de</strong>r schweIz


2<br />

TiTelbild<br />

Bild <strong>de</strong>s wun<strong>de</strong>rschönen Kugelsternhaufens Omega Centauri, welcher 10 Millionen Sternen beherbergt<br />

und 17’000 Lichtjahre entfernt ist, mit <strong>de</strong>r WFI Kamera <strong>de</strong>s 2.2m Teleskops an <strong>de</strong>r ESO Sternwarte in La<br />

Silla aufgenommen. Nur <strong>de</strong>r Zentralteil <strong>de</strong>s Kugelsternhaufens ist hier abgebil<strong>de</strong>t. (ESO/EIS)


SonnenphySik und<br />

STrahlung, erdklima<br />

Sonne in ultra-violetter Strahlung<br />

(304 Å), am 8. Januar 2002. Riesige<br />

Gasausstösse wer<strong>de</strong>n durch die starke<br />

Sonnenaktivität hervorgerufen.<br />

(SatEllItE SOHO, ESa)<br />

InternatIonales<br />

astronomIejahr 2009<br />

(the international year of astronomy, iya2009)<br />

Catherine Cesarsky<br />

Präsi<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>r International Astronomical Union<br />

die International Astronomical Union (IAU) hat das Jahr 2009 unter <strong>de</strong>r Bezeichnung<br />

„Das Weltall: Du lebst darin – ent<strong>de</strong>cke es! (The Universe, Yours to Discover)“<br />

zum Internationalen Jahr <strong>de</strong>r Astronomie (IYA2009) erkoren. Das IYA2009<br />

markiert <strong>de</strong>n 400. Jahrestag <strong>de</strong>r ersten astronomischen Beobachtungen von Galileo<br />

Galilei durch ein Fernrohr. Vorgesehen ist eine weltweite Feier <strong>de</strong>r Astronomie<br />

und ihrer Beiträge zu Gesellschaft und Kultur, mit starken Einflüssen auf das<br />

Bildungswesen und unter Einbeziehung <strong>de</strong>r breiten Öffentlichkeit, insbeson<strong>de</strong>re<br />

<strong>de</strong>r jungen Menschen. Während <strong>de</strong>s gesamten Jahres 2009 wer<strong>de</strong>n auf regionaler,<br />

nationaler und internationaler Ebene diesbezügliche Veranstaltungen stattfin<strong>de</strong>n.<br />

Die UNESCO unterstützt das Projekt IYA2009, und die Vereinten Nationen haben<br />

am 20. Dezember 2007 das Jahr 2009 zum Weltjahr <strong>de</strong>r Astronomie erklärt.<br />

Die Astronomie ist eine <strong>de</strong>r ältesten Grundwissenschaften. Sie hat immer noch<br />

einen starken Einfluss auf unsere Kultur und ist ein starker Ausdruck <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Intelligenz. In <strong>de</strong>n letzten Jahrzehnten wur<strong>de</strong>n ungeheuere Fortschritte erzielt.<br />

Vor einem Jahrhun<strong>de</strong>rt wussten wir fast nichts über die Milchstraße. Heute<br />

wissen wir, dass unser Universum aus vielen Milliar<strong>de</strong>n Galaxien besteht und dass<br />

sein Ursprung etwa 13,7 Milliar<strong>de</strong>n Jahre zurückliegt. Vor hun<strong>de</strong>rt Jahren konnten<br />

wir überhaupt noch nicht wissen, ob unser Sonnensystem im Universum einzigartig<br />

ist. Heute kennen wir mehr als 300 Planeten im Umkreis an<strong>de</strong>rer Sterne innerhalb<br />

unserer Galaxie und beginnen zu begreifen, wie das Leben auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong><br />

entstan<strong>de</strong>n ist. Vor einem Jahrhun<strong>de</strong>rt konnte <strong>de</strong>r Himmel lediglich mit optischen<br />

Teleskopen und Fotoplatten studiert wer<strong>de</strong>n. Heute beobachten wir das Univer-<br />

3


FundamenTalaSTronomie<br />

4<br />

sum von <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> und vom Weltraum aus unter Einsatz mo<strong>de</strong>rnster Spitzentechnologie<br />

– von <strong>de</strong>n Radiowellen bis hin zu <strong>de</strong>n Gammastrahlen. Das Interesse <strong>de</strong>r<br />

Medien und <strong>de</strong>r Öffentlichkeit für die Astronomie war noch nie so groß wie heute,<br />

und die Zeitungen in <strong>de</strong>r ganzen Welt berichten in ihren Schlagzeilen von <strong>de</strong>n<br />

zahlreichen be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Ent<strong>de</strong>ckungen. Das IYA2009 dürfte aufgrund <strong>de</strong>r sachbezogenen<br />

Informationen und <strong>de</strong>r Präsenz von Wissenschaftern <strong>de</strong>m Interesse<br />

<strong>de</strong>r Öffentlichkeit voll und ganz entsprechen.<br />

Es gibt viele Gelegenheiten für je<strong>de</strong>n Einzelnen, an <strong>de</strong>n im Rahmen <strong>de</strong>s IYA2009<br />

organisierten Veranstaltungen teilzunehmen, von <strong>de</strong>nen einige weltweit und<br />

Tausen<strong>de</strong> an<strong>de</strong>re auf nationaler o<strong>de</strong>r regionaler Ebene stattfin<strong>de</strong>n.<br />

Die IAU, die UNESCO und sämtliche angeschlossenen Organisationen wünschen<br />

allen ein abwechslungsreiches Weltjahr <strong>de</strong>r Astronomie mit zahlreichen<br />

astronomischen Erlebnissen! |<br />

Der dunkle Fleck zeigt die Zone einer totalen Sonnenfinsternis auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, gesehen von Astronauten an Bord <strong>de</strong>r MIR Raumstation am 11. August 1999. (MIr 27, CNES)


WelTraumFahrTmiSSionen<br />

und inSTrumenTierung,<br />

SonnenSySTem<br />

Die im März 2004 gestartete Raumson<strong>de</strong><br />

ROSETTA wird <strong>de</strong>n Kometen Churyumov<br />

Gerasimenko im August 2014 erreichen.<br />

Das ROSETTA Lan<strong>de</strong>vehikel wird zum<br />

ersten Mal eine kontrollierte Landung<br />

auf einem Kometen durchführen.<br />

(ESa)<br />

IYa2009 In <strong>de</strong>r schweIz<br />

Mauro Dell’Ambrogio<br />

Staatssekretär für Bildung und Forschung<br />

im Rahmen <strong>de</strong>s Eidgenössischen Departements <strong>de</strong>s Innern ist das Staatssekretariat<br />

für Bildung und Forschung SBF für das allgemeine Bildungswesen und<br />

die Universitäten sowie die Forschung und <strong>de</strong>n Weltraum auf nationaler und<br />

internationaler Ebene zuständig. Das SBF hat die politische Aufgabe, die Programme<br />

im Bereich <strong>de</strong>r Wissenschaft, <strong>de</strong>r Forschung, <strong>de</strong>r Universitäten und <strong>de</strong>s<br />

Weltraums in <strong>de</strong>r Schweiz zu för<strong>de</strong>rn und umzusetzen.<br />

Das SBF ist für die Verwaltung <strong>de</strong>r Schweizer Beteiligung an <strong>de</strong>n internationalen<br />

Forschungsorganisationen, <strong>de</strong>n europäischen o<strong>de</strong>r weltweiten Programmen<br />

und <strong>de</strong>n Kooperationsprojekten zuständig, und es übernimmt <strong>de</strong>ren finanzielle<br />

Verpflichtungen. Die Bemühungen <strong>de</strong>r Schweiz um die Einbindung ihrer Forschergemeinschaft<br />

in die internationalen Kooperationsprogramme begann<br />

1953 mit <strong>de</strong>r starken Unterstützung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s bei <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>r European<br />

5


6<br />

Laboratory for Particle Physics (CERN) in Genf. Seit<strong>de</strong>m hat diese Beteiligung un-<br />

ablässig zugenommen.<br />

Die internationalen Forschungsorganisationen – wie die ESO (European Southern<br />

Observatory) – sind Ausgangspunkt zahlreicher be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckungen auf<br />

<strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Wissenschaft und Technik. Durch <strong>de</strong>n Abschluss internationaler<br />

Abkommen über die Beteiligung an diesen weltweit tätigen Organisationen<br />

stellt <strong>de</strong>r Bund sicher, dass die Forscher <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s sich an <strong>de</strong>n multilateralen<br />

Kooperationen beteiligen können. Sie haben dadurch Zugang zu <strong>de</strong>n mo<strong>de</strong>rnen<br />

Infrastrukturen, <strong>de</strong>ren Kosten von unserem Land allein nicht getragen wer<strong>de</strong>n<br />

SonnenSyTem<br />

Hale-Bopp Komet am 30. März<br />

1997 mit seinem Gasschweif (blau)<br />

und Staubschweif (braun).<br />

(MaNuEl JuNg, Sag)


können. Diese Zusammenarbeit ist beson<strong>de</strong>rs notwendig in <strong>de</strong>n Bereichen Ast-<br />

ronomie, Teilchen- o<strong>de</strong>r Hochenergiephysik und Raumfahrt. Seit 1982 beteiligen<br />

sich die Schweizer Astronomen erfolgreich an <strong>de</strong>n Aktivitäten <strong>de</strong>r ESO, <strong>de</strong>r wichtigsten<br />

europäischen Organisation für Astronomie.<br />

Die Astronomie ist eine <strong>de</strong>r ältesten und weltweit anerkanntesten Wissenschaften,<br />

<strong>de</strong>ren Wurzeln in <strong>de</strong>r Faszination für die Schönheit <strong>de</strong>s Nachthimmels liegen.<br />

Im Laufe <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rte haben sich die Astronomie und Astrophysik zu<br />

einer Wissenschaft entwickelt, bei <strong>de</strong>r die Theorie durch genaue Messungen<br />

streng überprüft wird. Umgekehrt kann die astronomische Beobachtung auch<br />

genutzt wer<strong>de</strong>n, um die Konzepte <strong>de</strong>r Grundlagenphysik zu präzisieren o<strong>de</strong>r gar<br />

zu revolutionieren.<br />

Das Weltjahr <strong>de</strong>r Astronomie 2009 ist eine globale Feier <strong>de</strong>r Astronomie und<br />

ihrer Beiträge zu Gesellschaft und Kultur im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m 400. Jahrestag<br />

<strong>de</strong>r erstmaligen Verwendung eines astronomischen Fernrohrs durch Galileo<br />

Galilei. Die Schweiz unterstützt die Erklärung <strong>de</strong>r Vereinten Nationen, die<br />

im Anschluss an die Initiativen <strong>de</strong>r International Astronomical Union und <strong>de</strong>r<br />

UNESCO das Jahr 2009 zum Weltjahr <strong>de</strong>r Astronomie proklamiert.<br />

Während <strong>de</strong>s IYA2009 wer<strong>de</strong>n weltweit Anstrengungen unternommen, um das<br />

Interesse <strong>de</strong>r breiten Öffentlichkeit, und insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r jungen Menschen,<br />

für die Astronomie zu wecken. Die dazu geplanten Veranstaltungen sollen <strong>de</strong>n<br />

Bürgern <strong>de</strong>r Welt helfen, ihren Platz im Universum neu zu ent<strong>de</strong>cken. Je<strong>de</strong>r soll<br />

<strong>de</strong>n Einfluss <strong>de</strong>r Astronomie und <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Grundwissenschaften auf unser<br />

Alltagsleben erkennen und verstehen, wie die wissenschaftlichen Kenntnisse<br />

zu einer gerechteren und im Frie<strong>de</strong>n leben<strong>de</strong>n Gesellschaft beitragen können.<br />

Die Aktivitäten <strong>de</strong>s IYA2009 fin<strong>de</strong>n auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler<br />

Ebene statt. Die Schweiz beteiligt sich vollumfänglich an vielen Programmen,<br />

die eine Zusammenarbeit zwischen <strong>de</strong>n professionellen Astronomen<br />

und <strong>de</strong>n Amateuren, <strong>de</strong>n wissenschaftlichen Zentren, Lehrern, Medien und <strong>de</strong>r<br />

breiten Öffentlichkeit vorsehen.<br />

Ich bin davon überzeugt, dass die geleistete Vorarbeit das IYA2009 zu einem angenehmen<br />

und herausragen<strong>de</strong>n Ereignis macht, um <strong>de</strong>n 400. Jahrestags <strong>de</strong>s<br />

Fernrohrs von Galileo Galilei gebührend zu feiern. Ich hoffe, dass das Weltjahr<br />

<strong>de</strong>r Astronomie die Aufmerksamkeit und <strong>de</strong>n Erfolg erfährt, <strong>de</strong>n es verdient. |<br />

7


8<br />

Von GalIleI zum IYa2009<br />

Gilbert Burki & Pierre Dubath<br />

<strong>Université</strong> <strong>de</strong> <strong>Genève</strong><br />

Schweizer Organisationskomitee für das IYA2009<br />

o bwohl<br />

„<br />

mir <strong>de</strong>utlich gemacht wur<strong>de</strong>, dass diese meine Lehre <strong>de</strong>r Heiligen<br />

Schrift entgegensteht, habe ich ein Buch geschrieben und drucken lassen, in<br />

<strong>de</strong>m ich dargelegt habe [...], dass die Sonne unbeweglich in <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>r Welt steht<br />

und dass die Er<strong>de</strong> nicht das Zentrum ist, son<strong>de</strong>rn sich bewegt“. Galilei ist 70 Jahre<br />

alt, als er diese Worte ausspricht, bevor er am 22. Juni 1633 vom Heiligen Offizium<br />

zu lebenslanger Haft verurteilt wird. Es ist das unglückliche En<strong>de</strong> eines langen<br />

Kampfes zwischen Galileo Galilei, <strong>de</strong>r die heliozentrische Sicht <strong>de</strong>s Sonnensystems<br />

von Kopernikus vertritt, und <strong>de</strong>n höchsten Organen <strong>de</strong>r katholischen Kirche.<br />

Der erzwungene Wi<strong>de</strong>rruf und das gegen ihn ergangene Urteil tragen dazu<br />

bei Galileo Galilei – über seine außergewöhnlichen Ent<strong>de</strong>ckungen hinaus – zu<br />

einem Wissenschafter mit unvergleichlichem Format zu machen: dies dank <strong>de</strong>r<br />

Qualität seiner Beobachtungen und intelligenten Interpretationen, aber auch<br />

aufgrund <strong>de</strong>r Hartnäckigkeit, mit <strong>de</strong>r er <strong>de</strong>r „Wahrheit“ zum Sieg verhelfen will.<br />

In <strong>de</strong>m ereignisreichen Leben von Galileo Galilei hat das Jahr 1609 eine ganz beson<strong>de</strong>re<br />

Be<strong>de</strong>utung, ist dies doch <strong>de</strong>r Beginn seiner astronomischen Beobachtungen,<br />

<strong>de</strong>nen er seine Berühmtheit als Wissenschafter zu verdanken hat, die ihm<br />

aber gleichzeitig viel Ärger einbrachten. Innerhalb weniger Monate baut Galileo<br />

Galilei seine eigenen astronomischen Fernrohre1 , unternimmt zahlreiche Beobachtungen<br />

und zieht daraus Schlüsse, die unsere Kenntnisse über <strong>de</strong>n Kosmos<br />

revolutionieren sollten. Die Wahl <strong>de</strong>s Jahres 2009 als Weltjahr <strong>de</strong>r Astronomie<br />

markiert somit <strong>de</strong>n 400. Jahrestag <strong>de</strong>s Beginns <strong>de</strong>r Betrachtung <strong>de</strong>s Weltalls mit<br />

Hilfe an<strong>de</strong>rer Instrumente als <strong>de</strong>m bloßen Auge. Die sehr zahlreichen und be<strong>de</strong>utsamen<br />

astronomischen Ent<strong>de</strong>ckungen, die im Laufe <strong>de</strong>r letzten vier Jahrhun<strong>de</strong>rte<br />

– zum großen Teil dank <strong>de</strong>r technischen Fortschritte – aufeinan<strong>de</strong>r folgten, zeigen<br />

ein<strong>de</strong>utig, dass die Monate <strong>de</strong>s eifrigen astronomischen Forschens, die Galileo<br />

Galilei En<strong>de</strong> 1609 und in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren erlebte, Ausgangspunkt einer be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />

wissenschaftlichen und philosophischen Revolution waren.<br />

Das durch Umfang und Tiefgang beeindrucken<strong>de</strong> Werk von Galileo Galilei geht<br />

weit über seine Pionierarbeiten in <strong>de</strong>r Beobachtungsastronomie hinaus. Er ist noch<br />

keine 20 Jahre alt (er wur<strong>de</strong> 1564 geboren), als er <strong>de</strong>n Isochronismus <strong>de</strong>r Schwingungen<br />

<strong>de</strong>s Pen<strong>de</strong>ls beschreibt. In <strong>de</strong>n 25 folgen<strong>de</strong>n Jahren ent<strong>de</strong>ckt, erfin<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r<br />

1 Die von Galileo Galilei gebauten Instrumente sind mit zwei Linsen gefertigt, <strong>de</strong>m Objektif<br />

und <strong>de</strong>m Okkular, und wer<strong>de</strong>n Fernrohr genannt. Die Erfindung <strong>de</strong>s Teleskops, welches aus<br />

zwei Spiegeln besteht, wird meist Isaac Newton im Jahre 1671 zugeschrieben.


perfektioniert er die hydrostatische Waage, <strong>de</strong>n Pulsmesser, die Zykloi<strong>de</strong> (mathematische<br />

Kurve), <strong>de</strong>n Proportionszirkel (Vorläufer <strong>de</strong>s Rechenschiebers), die Wasserpumpe,<br />

das Thermoskop (erstes Thermometer) und die Magnetanker. Zu<strong>de</strong>m<br />

untersucht er die Gesetze <strong>de</strong>r Mechanik, <strong>de</strong>n Fall und die Bewegung <strong>de</strong>r Körper.<br />

Im Dezember 1604 beobachtet er mit bloßem Auge eine Nova, einen neuen Stern,<br />

<strong>de</strong>ssen plötzliche Erscheinung beweist, dass <strong>de</strong>r Himmel sich verän<strong>de</strong>rn kann.<br />

Im Laufe dieser Jahre, die er vor allem in Padova verbringt (1592-1610), perfektioniert<br />

Galileo Galilei sein technisches Geschick durch <strong>de</strong>n Bau o<strong>de</strong>r die Vervollkommnung<br />

dieser unterschiedlichen Instrumente. Sein technischer Einfallsreichtum<br />

wird durch <strong>de</strong>n Erfolg <strong>de</strong>r astronomischen Fernrohre gekrönt, die er<br />

ab Mai 1609 konstruiert. Das Prinzip <strong>de</strong>r Lupe, die aus einer dicken Glaslinse<br />

besteht, war seit <strong>de</strong>m 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt bekannt, und die ersten Brillen für Weitsichtige<br />

gab es seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 13. Jahrhun<strong>de</strong>rts. Das erste Instrument aus<br />

zwei Linsen, <strong>de</strong>m Objektiv und <strong>de</strong>m Okular, mit <strong>de</strong>m ein entfernter Gegenstand<br />

vergrößert wer<strong>de</strong>n kann, soll erstmals 1590 von einem italienischen Handwerker<br />

gebaut und dann von Optikern in <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n nachgebaut wor<strong>de</strong>n<br />

sein. Galileo Galilei erfährt im Frühjahr 1609 von <strong>de</strong>r Existenz eines solchen Instruments.<br />

Man weiß nicht, ob er selbst eines in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n hielt, aber er interessierte<br />

sich sofort für dieses Fernrohr und baute eine ganze Serie davon, wobei<br />

er die Vergrößerung und die Qualität <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>r zunehmend verbesserte. Galileo<br />

planeTenenTSTehung<br />

und enTWicklung<br />

Mondkrater in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s so genannten<br />

Terminators, <strong>de</strong>r Tag-Nacht-Grenze<br />

auf <strong>de</strong>m Mond. Beobachtung vom<br />

Sternenberg (Zürcher Oberland).<br />

(JaN dE lIgNIE, Sag)<br />

9


10<br />

Galilei hatte nicht die Gesetze <strong>de</strong>r geometrischen Optik studiert, die erst kurze<br />

Zeit vorher bekannt wur<strong>de</strong>n (Della Porta 1593; Kepler 1604). Dank seiner Intuition<br />

und mehreren Anpassungen gelang es ihm, qualitativ recht gute Fernrohre für<br />

seine astronomischen Beobachtungen herzustellen.<br />

Galileo Galilei begann im September 1609 mit seinen astronomischen Beobachtungen.<br />

Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s gleichen Jahres konnte er bereits seine ersten Ergebnisse<br />

verkün<strong>de</strong>n: Der Mond hat eine ähnliche Form wie die Er<strong>de</strong>, insbeson<strong>de</strong>re auch<br />

mit Bergen, und die rätselhafte Milchstraße ist auf die Anhäufung <strong>de</strong>s Lichts<br />

zahlreicher schwacher Sterne zurückzuführen. Am 7. Januar 1610 ent<strong>de</strong>ckte er<br />

die Jupitermon<strong>de</strong>: zunächst drei, dann am 13. Januar <strong>de</strong>n vierten. Vor allem bei<br />

<strong>de</strong>r Beobachtung Jupiters Nacht für Nacht stellte er fest, dass sich die „neuen<br />

Himmelskörper“ im Vergleich zum Planeten bewegen. Aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach kam er am 15. Januar auf <strong>de</strong>n Gedanken, dass es sich bei diesen Körpern um<br />

die Jupitermon<strong>de</strong> han<strong>de</strong>ln könnte.<br />

Am 25. Juli 1610 ent<strong>de</strong>ckte er, dass Saturn eine eigenartige Erscheinung ist, mit<br />

zwei Lichtflecken bei<strong>de</strong>rseits <strong>de</strong>s Planeten. 50 Jahre später ent<strong>de</strong>ckte Charles Huygens<br />

mit seinen verbesserten Instrumenten, dass Galileo Galilei ein „falsches“ Bild<br />

<strong>de</strong>r Saturnringe gesehen hat. Im August 1610 ent<strong>de</strong>ckte Galilei dunkle Flecken auf<br />

planeTologie<br />

Die Raumson<strong>de</strong> Cassini hat dieses<br />

aussergewöhnliche Bild von Dione, eines<br />

<strong>de</strong>r sechzig Saturnmon<strong>de</strong> „geschossen“.<br />

Ein Teil von Saturn ist im Hintergrund<br />

sichtbar. Die Saturnringe, sowie <strong>de</strong>ren<br />

Schatten auf <strong>de</strong>r Planetenobserfläche sind<br />

im unteren Teil <strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s zu erkennen.<br />

(CaSSINI IMagINg tEaM, SSI, JPl, ESa, NaSa)


<strong>de</strong>r Oberfläche <strong>de</strong>r Sonne, und im September <strong>de</strong>s gleichen Jahres beobachtete er<br />

erstmals die Phasen <strong>de</strong>s Planeten Venus, die <strong>de</strong>n Mondphasen ähneln. Seit seinen<br />

ersten astronomischen Beobachtungen ist gera<strong>de</strong> erst ein Jahr vergangen. Eine<br />

<strong>de</strong>rartige Folge von Ent<strong>de</strong>ckungen, die alle Vorstellungen (o<strong>de</strong>r Vorurteile) über die<br />

untersuchten Objekte – Mond, Milchstraße, Saturn, Sonne, Venus – und darüber<br />

hinaus die Vision von <strong>de</strong>r Welt in Frage stellen, ist in <strong>de</strong>r gesamten Geschichte <strong>de</strong>r<br />

Wissenschaften einmalig. Wenn man hinzufügt, dass Galileo Galilei außer<strong>de</strong>m im<br />

März 1610 seine Ent<strong>de</strong>ckungen im Si<strong>de</strong>reus Nuncius (Botschafter <strong>de</strong>r Sterne) veröffentlichte<br />

und im Juli von Padova nach Firenze umzog, kann man annehmen, dass<br />

er ein sehr ereignisreiches Jahr erlebt hat!<br />

Die erwähnten astronomischen Beobachtungen von Galileo Galilei sind die bekanntesten,<br />

aber er hat natürlich noch weitere Ent<strong>de</strong>ckungen gemacht; schließlich<br />

verbrachte er Hun<strong>de</strong>rte von Stun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Beobachtung <strong>de</strong>s Himmels.<br />

Im September 1612 beispielsweise hat er wahrscheinlich Neptun beobachtet,<br />

während sich <strong>de</strong>r zukünftige achte Planet, <strong>de</strong>r offiziell erst 1846 von Johann<br />

Galle ent<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong>, im gleichen Sichtfeld wie die Mon<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jupiters befand.<br />

Ähnlich wie die Milchstraße hat er auch die kosmischen Nebel beobachtet und<br />

dabei festgestellt, dass einige von ihnen aus unzähligen Sternen bestehen.<br />

Die oben erwähnten Beobachtungen von Galileo Galilei hatten alle Auswirkungen,<br />

welche an <strong>de</strong>n Grundfesten unserer Sicht vom Kosmos rüttelten. Mit <strong>de</strong>r<br />

Ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r Mondberge, <strong>de</strong>ren Höhe Galileo Galilei sogar gemessen hat, und<br />

<strong>de</strong>r Sonnenflecken und ihrer Bewegung wur<strong>de</strong> die Perfektion <strong>de</strong>r „supralunaren“<br />

Welt (einschließlich <strong>de</strong>s Mon<strong>de</strong>s) in Frage gestellt, da diese Welt nicht mehr nur<br />

aus perfekten geometrischen Formen (Kugeln) besteht. Mit <strong>de</strong>r Beschreibung <strong>de</strong>r<br />

Milchstraße und <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r kosmischen Nebel erweiterte sich die Komplexität<br />

unserer Welt. Mit <strong>de</strong>n Jupitermon<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n neue Körper im Sonnensystem<br />

ent<strong>de</strong>ckt, die sich zu<strong>de</strong>m nicht um die Er<strong>de</strong> drehen. Aufgrund <strong>de</strong>r eigenartigen<br />

Beschaffenheit <strong>de</strong>s Saturn wur<strong>de</strong> erneut an <strong>de</strong>r Kugelform <strong>de</strong>r Planeten gezweifelt,<br />

und anhand <strong>de</strong>r Venusphasen wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Nachweis erbracht, dass sich dieser Planet<br />

um die Sonne – und nicht um die Er<strong>de</strong> – dreht; für Galileo Galilei war dies ein<br />

neuer Beweis für die Richtigkeit <strong>de</strong>s heliozentrischen Mo<strong>de</strong>lls von Kopernikus.<br />

Die Ent<strong>de</strong>ckungen von Galileo Galilei sind das Ergebnis sehr einfacher Beobachtungen,<br />

die heute mit wenig kostspieligen Instrumenten – Fernglas, astronomisches<br />

Fernrohr o<strong>de</strong>r kleines Teleskop – leicht nachvollzogen wer<strong>de</strong>n können. Das<br />

Weltjahr <strong>de</strong>r Astronomie ist eine Auffor<strong>de</strong>rung dazu, die Emotionen von Galileo<br />

Galilei ebenfalls zu erleben, in<strong>de</strong>m man seine historischen Ent<strong>de</strong>ckungen2 wie<strong>de</strong>rholt.<br />

Vier Jahrhun<strong>de</strong>rte später sind seine Beobachtungen, welche die Astronomie<br />

und unsere Weltsicht revolutioniert haben, immer noch hochinteressant und meist<br />

Ausgangspunkt zu weiteren wun<strong>de</strong>rbaren astronomischen Erlebnissen. |<br />

2 Achtung: Man darf niemals direkt in die Sonne schauen, und schon gar nicht durch ein<br />

Vergrößerungsinstrument, weil es dadurch zu schweren Augenverletzungen kommen kann.<br />

11


12<br />

das astronomIsche erbe<br />

Daniel Pfenniger<br />

<strong>Université</strong> <strong>de</strong> <strong>Genève</strong><br />

Plattform MAP <strong>de</strong>r Schweizerischen Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r Naturwissenschaften<br />

die Beziehung unserer mo<strong>de</strong>rnen Gesellschaft zum Kosmos ist paradox.<br />

Noch nie sind die von <strong>de</strong>r Wissenschaft erworbenen Kenntnisse <strong>de</strong>s Universums<br />

reichhaltiger gewesen, aber auch noch nie hat uns <strong>de</strong>r Überfluss an<br />

künstlicher Beleuchtung so von <strong>de</strong>r unmittelbaren Verbindung entfernt, die unsere<br />

Vorfahren tagtäglich mit <strong>de</strong>m Sternhimmel hatten. Heutzutage müssen<br />

die Stadtbewohner auf diesen direkten Kontakt mit <strong>de</strong>n Gestirnen verzichten,<br />

und viele haben noch nie die Milchstraße gesehen. Hingegen können sie sich<br />

mit Hilfe von Computern, die mit astronomischen Daten gespeist wer<strong>de</strong>n, virtuell<br />

durch das All bewegen und das Universum wie niemals zuvor wahrnehmen.<br />

Dennoch steht außer Zweifel, dass im Laufe <strong>de</strong>r Zeitalter die Vertrautheit mit<br />

<strong>de</strong>m grandiosen Schauspiel am Firmament sämtliche Kulturen und Zivilisationen<br />

stark beeinflusst hat. In diesem Zusammenhang ist es angebracht, daran zu<br />

erinnern, wie viel wir dieser kosmischen Umgebung verdanken, die auf <strong>de</strong>n ersten<br />

Blick so fern ist und doch so eng verknüpft mit allem, was uns bestimmt.<br />

das natürliche erbe<br />

Heute wissen wir, dass die Er<strong>de</strong> und das Universum nach <strong>de</strong>n Gesetzen <strong>de</strong>r all-<br />

gemeinen Physik in 4.54 respektive 13.7 Milliar<strong>de</strong>n Jahren entstan<strong>de</strong>n sind. Die<br />

Astrophysiker können die physikalischen Bedingungen beschreiben, die unmittelbar<br />

nach <strong>de</strong>m Urknall herrschten und, da sie wissen wie die Sterne funktio-<br />

exTraSolare planeTen<br />

Ein Planetensystem, Neptuns Dreizack<br />

benannt, wur<strong>de</strong> um <strong>de</strong>n Stern HD 69890<br />

ent<strong>de</strong>ckt (künstlerische Darstellung).<br />

Die drei Exoplaneten sind 10, 12 und<br />

18 mal so schwer wie die Er<strong>de</strong>, ähnlich<br />

wie Neptun (17 Erdmassen).<br />

(ESO)


inSTrumenTierung<br />

Entwicklung und Bau neuer Instrumente<br />

sind Schlüssel zukünftiger Ent<strong>de</strong>ckungen.<br />

Das Bild zeigt die Installation <strong>de</strong>r<br />

Differentiellen Retardationslinien für<br />

PRIMA, eines <strong>de</strong>r Instrumente <strong>de</strong>s Very<br />

Large Telescope Interferometer (VLTI).<br />

(uNIgE)<br />

nieren, können sie beispielsweise daraus auf <strong>de</strong>n Anteil <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Atome<br />

schließen, aus <strong>de</strong>nen wir bestehen.<br />

Es ist ebenfalls klar, dass das Erscheinen unzähliger Himmelskörper <strong>de</strong>r unterschiedlichsten<br />

Art wie Galaxien, Sterne o<strong>de</strong>r Planeten auf die Schwerkraft zurückzuführen<br />

ist. Diese kann nämlich die Temperaturunterschie<strong>de</strong> erhöhen, was<br />

wie<strong>de</strong>rum <strong>de</strong>n Kollaps <strong>de</strong>r kosmischen Gaswolken för<strong>de</strong>rt. Eine seit Milliar<strong>de</strong>n von<br />

Jahren bestehen<strong>de</strong> Temperaturdifferenz zwischen <strong>de</strong>r Sonnenstrahlung (6OOO°<br />

K) und <strong>de</strong>m übrigen Universum (<strong>de</strong>rzeit bei 3°K) war erfor<strong>de</strong>rlich, um die ungeheure<br />

Komplexität <strong>de</strong>r chemischen und biologischen Strukturen auf <strong>de</strong>r Erdoberfläche<br />

zu bewirken. Dies ist für Systeme nahe am thermischen Gleichgewicht unmöglich,<br />

<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>ren Entropie und Unordnung steigen im Gegenteil unabwendbar. Folglich<br />

war es nicht eigentlich die Sonnenenergie, welche die Entwicklung <strong>de</strong>s Lebens<br />

begünstigt hat, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r permanente Kontakt mit sehr heißen und sehr kalten<br />

Temperaturen, die in unserer kosmischen Umgebung herrschen. Nach einer<br />

langen Evolutionsphase, in <strong>de</strong>r das Leben immer höhere Formen annahm, nach<br />

unzähligen Rück- und Fehlschlägen in dieser Evolution, die von be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Katastrophen<br />

wie <strong>de</strong>m Einschlagen von Asteroi<strong>de</strong>n behin<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>, ist unsere gegenwärtige<br />

Situation das Ergebnis dieser chaotischen Geschichte, in <strong>de</strong>r sowohl<br />

stabile als auch zufällige kosmische Faktoren eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle spielten.<br />

Nach Milliar<strong>de</strong>n von Jahren <strong>de</strong>r Anpassung stimmten die Lebewesen ihre Biorhythmen<br />

genau auf die täglichen, monatlichen und jahreszeitlichen Zyklen ab,<br />

die sich aus <strong>de</strong>n Bewegungen von Er<strong>de</strong> und Mond ergeben. Auch die Fotosynthe-<br />

13


14<br />

se <strong>de</strong>r Pflanzen und die Empfindlichkeit <strong>de</strong>r Augen wer<strong>de</strong>n durch die Anpassung<br />

optimiert, um das Sonnenspektrum so gut wie möglich zu nutzen. So können<br />

wir die sonnenähnlichen Sterne wahrnehmen, doch nicht die an<strong>de</strong>ren wichtigen<br />

Bestandteile <strong>de</strong>s Kosmos, wie die interstellaren Gaswolken, die vom Urknall<br />

herrühren<strong>de</strong> Mikrowellenstrahlung o<strong>de</strong>r die rätselhafte dunkle Materie.<br />

das kulturelle erbe<br />

Das Schauspiel <strong>de</strong>s Sternhimmels, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Milchstrasse durchquert wird, die<br />

vollkommene Kreisförmigkeit <strong>de</strong>r Sonne, die Mondsichel, und nicht zu vergessen<br />

die seltenen, aber spektakulären Ereignisse wie Sonnen- und Mondfinsternisse<br />

sowie die Kometen haben zweifellos die Menschen stark beeindruckt und zu allen<br />

Zeiten auf ihre Vorstellungskraft eingewirkt. Begriffe wie Transzen<strong>de</strong>nz und<br />

Perfektion wur<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Himmel assoziiert, <strong>de</strong>r unerreichbar und unergründlich<br />

ist, im Gegensatz zu <strong>de</strong>n unmittelbaren irdischen Phänomenen, die vorübergehend<br />

und unregelmäßig sind. Aufgrund <strong>de</strong>r über Jahrhun<strong>de</strong>rte scheinbar unverän<strong>de</strong>rlichen<br />

kosmischen Rhythmen konnte <strong>de</strong>r Gedanke <strong>de</strong>r Unendlichkeit <strong>de</strong>r<br />

Zeit bzw. <strong>de</strong>r Ewigkeit aufkommen. Die Konstellationen als unregelmäßige und<br />

<strong>de</strong>nnoch gleichbleiben<strong>de</strong> Figuren regten die Fantasie an und dienten als Schauplatz<br />

für mythologische Gestalten. Die Sonne, <strong>de</strong>r Mond und die Planeten wur<strong>de</strong>n<br />

stets mit <strong>de</strong>n wichtigsten Gottheiten in Zusammenhang gebracht, so wie auch<br />

die Religionen die kosmischen Phänomene immer mit <strong>de</strong>m verbun<strong>de</strong>n haben,<br />

was über die menschliche Situation, die „Conditio humana“, hinausgeht.<br />

das wissenschaftliche erbe<br />

Seit <strong>de</strong>r Antike trug die noch mit Aberglauben verbun<strong>de</strong>ne Astronomie dazu<br />

bei, <strong>de</strong>m Himmel nach und nach eine rationelle Be<strong>de</strong>utung zu verleihen, in<strong>de</strong>m<br />

in langwierigen Beobachtungen die Gestirne<br />

aufgezeichnet o<strong>de</strong>r die Bahn <strong>de</strong>r Planeten ermittelt<br />

wur<strong>de</strong>n. Dank dieser Beobachtungen<br />

begann sich allmählich herauszukristallisieren,<br />

wie <strong>de</strong>r Kosmos funktioniert. Mit <strong>de</strong>r Erstellung<br />

mathematischer Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>r Himmelsmechanik<br />

konnten gewisse Phänomene<br />

wie Sonnen- und Mondfinsternisse o<strong>de</strong>r die<br />

Wie<strong>de</strong>rkehr von Kometen vorausgesagt wer<strong>de</strong>n.<br />

Nach und nach wur<strong>de</strong>n die unnötigen<br />

Ängste beseitigt, die diese Phänomene mit Ereignissen<br />

wie Epi<strong>de</strong>mien, Hungersnöten o<strong>de</strong>r<br />

Kriegen in Zusammenhang brachten.<br />

unTerrichT und konFerenzen<br />

Seid 1971 organisiert die Schweizerische Gesellschaft für<br />

Astrophysik und Astronomie einen jährlichen Kurs über ein<br />

aktuelles Thema <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Astrophysik. Die Kurse wer<strong>de</strong>n<br />

von mehr als hun<strong>de</strong>rt Berufsastronomen besucht. (Sgaa/SSaa)


STern- und planeTenenTSTehung<br />

Bei einer Entfernung von 410 Lichtjahren<br />

ist B68 eine <strong>de</strong>r nächsten dunklen<br />

interstellaren Wolken. Die Masse <strong>de</strong>r<br />

Wolke entspricht zirka dreimal <strong>de</strong>r<br />

Sonnenmasse. Sie besteht hauptsächlich<br />

aus Gas und Staub, welcher für die<br />

vollständige Absorption <strong>de</strong>r Strahlung<br />

<strong>de</strong>r Sterne im Hintergrund verantwortlich<br />

ist. Das Sonnensystem könnte vor 4.6<br />

Milliar<strong>de</strong>n Jahren beim Kollaps einer<br />

solchen Wolke entstan<strong>de</strong>n sein.<br />

(FOrS tEaM, ESO)<br />

Die mo<strong>de</strong>rne Wissenschaft verdankt <strong>de</strong>r Astronomie sehr viel. Die be<strong>de</strong>utendsten<br />

Begrün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Physik waren Galileo Galilei mit seinem Fernrohr und<br />

Newton mit <strong>de</strong>m Gesetz <strong>de</strong>r Schwerkraft. Wie viele an<strong>de</strong>re fan<strong>de</strong>n sie einen Großteil<br />

ihrer wissenschaftlichen Inspiration in <strong>de</strong>n Fragen, die durch die kosmischen<br />

Phänomene aufgeworfen wur<strong>de</strong>n. So machte sich Einstein astronomische Feststellungen<br />

zunutze, um in seiner Arbeit über die Relativität voran zu kommen wie<br />

z.B. die Tatsache, dass die Geschwindigkeit <strong>de</strong>s von <strong>de</strong>n Sternen ausgestrahlten<br />

Lichts stets gleich bleibt, obwohl sich diese gegenüber uns mit unterschiedlichen<br />

Geschwindigkeiten fortbewegen, o<strong>de</strong>r dass das Perihel <strong>de</strong>s Merkurs vorrückt.<br />

Im Laufe <strong>de</strong>r letzten Jahrhun<strong>de</strong>rte wur<strong>de</strong> immer <strong>de</strong>utlicher, dass die Er<strong>de</strong> nach<br />

<strong>de</strong>n gleichen Gesetzen funktioniert, die auch im Universum vorherrschen, nur<br />

dass die auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> bestehen<strong>de</strong>n physikalischen Bedingungen im Vergleich<br />

zu <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r kosmischen Phänomene begrenzt sind. Wir betrachten uns nicht<br />

mehr als Mittelpunkt und Grund für die Existenz <strong>de</strong>s Universums, son<strong>de</strong>rn vielmehr<br />

als ganz beson<strong>de</strong>re „Produkte“ seiner Evolution. Wir müssen nicht unbedingt<br />

glauben, dass <strong>de</strong>r Mensch <strong>de</strong>n Höhepunkt <strong>de</strong>r Komplexität darstellt, <strong>de</strong>n<br />

die Natur aus einer einfachen kosmischen Gaswolke hervorbringen kann.<br />

Ein wichtiger Beitrag <strong>de</strong>r Weltraumforschung waren die Bil<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> als<br />

Ganzes – so winzig anzusehen auf ihrer Sonnenumlaufbahn. Dank dieser Fotos<br />

stellen sich die meisten Leute die Er<strong>de</strong> nicht mehr flach und grenzenlos vor,<br />

son<strong>de</strong>rn nunmehr als Kugel, die aus <strong>de</strong>r Entfernung gesehen zu einem Punkt<br />

schrumpft. Dieses Bewusstwer<strong>de</strong>n hat ungemein dazu beigetragen, die mit <strong>de</strong>r<br />

15


16<br />

Umwelt verbun<strong>de</strong>nen Zwänge im Hinblick auf die Zukunft <strong>de</strong>r Menschheit zu<br />

berücksichtigen und unser Verhalten allmählich zu än<strong>de</strong>rn.<br />

Unsere Augen unterschei<strong>de</strong>n lediglich die Grundfarben, die sogenannten Regenbogenfarben.<br />

Verglichen damit, erweitern die jetzigen astronomischen Instrumente<br />

unsere Wahrnehmung <strong>de</strong>r Strahlung aus <strong>de</strong>m Universum, welche das<br />

ganze elektro-magnetische Spektrum von <strong>de</strong>n Gammastrahlen bis hin zu <strong>de</strong>n<br />

Radiowellen ab<strong>de</strong>ckt. Raumson<strong>de</strong>n führen uns vor Augen dass je<strong>de</strong>r Körper <strong>de</strong>s<br />

Sonnensystems eine eigene Welt darstellt, und erlauben uns ebenso die Existenz<br />

und Natur von hun<strong>de</strong>rten an<strong>de</strong>rer, millionenfach entfernter Planetensysteme<br />

zu erkennen. So wie wir die globale Struktur unserer Galaxie – die Milchstraße<br />

– ent<strong>de</strong>cken, so ent<strong>de</strong>cken wir auch die globale Struktur <strong>de</strong>s Universums, das<br />

millionenfach größer ist als die Milchstraße. In <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahrzehnten<br />

wer<strong>de</strong>n uns ganz sicher zahlreiche Überraschungen aus <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r Astronomie<br />

Gelegenheit geben, unsere Wahrnehmung <strong>de</strong>s Universums und unsere<br />

Beziehung zu ihm zu revolutionieren. Frei nach Sokrates könnte man sagen:<br />

Obschon wir unser Wissen über das Universum enorm erweitert haben, ist das<br />

Feld, das es noch zu erforschen gilt, ein viel weiteres! |<br />

FundamenTalaSTronomie, WelTraumexperimenTe<br />

Sicht auf die Er<strong>de</strong> vom Mond von <strong>de</strong>r japanischen Son<strong>de</strong> Kaguya im November 2007. (JaXa/NHK)


millimeTer aSTronomie,<br />

inSTrumenTierung<br />

Bildmontage <strong>de</strong>r zukünftigen<br />

ALMA Antennen-Konfiguration<br />

in Bau in Chajnantor, Chile, auf<br />

5100 m Höhe über Meer.<br />

(ESO)<br />

dIe schweIz und<br />

dIe european southern<br />

obserVatorY (eso)<br />

eine wichtige und ergiebige astronomische synergie<br />

Georges Meylan<br />

Ecole Polytechnique Fédérale <strong>de</strong> Lausanne (EPFL)<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Schweizerischen Kommission für Astronomie<br />

in <strong>de</strong>n letzten vier Jahrzehnten hat European Southern Observatory (ESO) die<br />

astronomische Beobachtung vom Bo<strong>de</strong>n aus tiefgreifend verän<strong>de</strong>rt und Europa<br />

zur weltweit führen<strong>de</strong>n Rolle auf diesem Gebiet verholfen.<br />

Im 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt haben die Vereinigten Staaten lange Zeit die Beobachtungen<br />

in <strong>de</strong>r Astronomie dominiert, insbeson<strong>de</strong>re mit ihren vier berühmtesten Bo<strong>de</strong>ninstrumenten:<br />

<strong>de</strong>m Spiegelteleskop von Yerkes (1895) mit einem Durchmesser von<br />

1,02 m, <strong>de</strong>m breitesten jemals gebauten Instrument dieser Art; <strong>de</strong>m Hooker-Teleskop<br />

<strong>de</strong>s Mont Wilson (1917) mit einem Durchmesser von 2,5 m; <strong>de</strong>m Hale-Teleskop<br />

<strong>de</strong>s Mont Palomar (1948) mit einem Durchmesser von 5,1 m und <strong>de</strong>n Keck-Zwillingsteleskopen<br />

(1993 und 1996) mit jeweils 10 m Durchmesser. Doch mit <strong>de</strong>m<br />

Bau <strong>de</strong>s Very Large Telescope Interferometer (VLTI), einem Komplex aus vier Teleskopen<br />

mit einem Durchmesser von 8,2 m ergänzt durch vier Teleskope von 1,8 m,<br />

hat Europa das weltweit fortschrittlichste (multiple) Instrument im Optik- und<br />

Infrarotbereich gebaut. Die erste VLT Einheit wur<strong>de</strong> 1998 in Betrieb genommen.<br />

Aber das Abenteuer <strong>de</strong>r ESO begann vor mehr als einem halben Jahrhun<strong>de</strong>rt …<br />

Mitte <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts beschlossen einige europäische Län<strong>de</strong>r, sich zusammenzuschließen,<br />

um in <strong>de</strong>r südlichen Hemisphäre ein Observatorium zu bauen.<br />

Die Begründung für diese Wahl war die Tatsache, dass <strong>de</strong>r südliche Himmel<br />

– neben an<strong>de</strong>ren wun<strong>de</strong>rbaren Ent<strong>de</strong>ckungen – die Beobachtung <strong>de</strong>s galaktischen<br />

Zentrums und <strong>de</strong>r Magellan-Nebel, <strong>de</strong>r Satellitengalaxien <strong>de</strong>r Milchstra-<br />

17


18<br />

ße, ermöglicht. Im Jahre 1962 wur<strong>de</strong> von Deutschland, Belgien, Frankreich, <strong>de</strong>n<br />

Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n und Schwe<strong>de</strong>n ein Abkommen unterzeichnet, dank <strong>de</strong>m die unter<br />

<strong>de</strong>m Namen European Southern Observatory (ESO) bekannte zwischenstaatliche<br />

Organisation geschaffen wur<strong>de</strong>.<br />

In <strong>de</strong>r Schweiz haben einige Astronomen sofort <strong>de</strong>n Nutzen eines Beitritts zu<br />

dieser jungen Organisation erkannt. Lei<strong>de</strong>r war dies nicht sofort möglich, und<br />

es dauerte etwa 20 Jahre, bevor die Schweizer Astronomiegemeinschaft <strong>de</strong>n<br />

Schritt in die Zukunft unternehmen konnte: 1982 wur<strong>de</strong> die Schweiz neues Mitglied<br />

<strong>de</strong>r ESO. Unter<strong>de</strong>ssen waren <strong>de</strong>ren Leitung und Räumlichkeiten, die sich<br />

ursprünglich im CERN in <strong>de</strong>r Nähe von Genf befan<strong>de</strong>n, nach Garching bei München<br />

verlegt wor<strong>de</strong>n. Wenn die Schweiz die Möglichkeit gehabt hätte, schneller<br />

Mitglied <strong>de</strong>r europäischen Organisation für astronomische Forschung zu wer<strong>de</strong>n,<br />

wäre diese vielleicht noch in unserem Land!<br />

Momentan umfasst die Organisation 14 europäische Mitgliedslän<strong>de</strong>r, die nachstehend<br />

in <strong>de</strong>r chronologischen Reihenfolge ihres Beitritts aufgeführt sind:<br />

Deutschland, Belgien, Frankreich, Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>, Schwe<strong>de</strong>n (1962), Dänemark<br />

(1967), Italien, Schweiz (1982), Portugal (2000), Großbritannien (2002), Finnland<br />

(2004), Spanien (2006), Tschechische Republik (2007), Österreich (2008).<br />

inTerSTellare maTerie, planeTen,<br />

STerne, galaxien, koSmologie<br />

Das Very Large Telescope (VLT)<br />

<strong>de</strong>r ESO auf <strong>de</strong>m Cerro Paranal<br />

in Chile. Im For<strong>de</strong>rgrund sind die<br />

VISTA Teleskope sichtbar.<br />

(ESO)


Trotz <strong>de</strong>s „späten“ Beitritts <strong>de</strong>r Schweiz gab es seit Anfang <strong>de</strong>r 1970er Jahre<br />

eine aktive Zusammenarbeit zwischen unserem Land und ESO. 1975 wur<strong>de</strong> ein<br />

Schweizer Teleskop in 2400 m Höhe am Standort <strong>de</strong>s ESO Observatoriums in<br />

La Silla, 600 km nördlich von Santiago <strong>de</strong> Chile, installiert. Dank <strong>de</strong>r hohen Qualität<br />

<strong>de</strong>s europäischen Standortes in Chile konnten die Schweizer Astronomen<br />

rasch eine große Menge von ausgezeichneten fotometrischen Messungen vornehmen.<br />

Einige Jahre später wur<strong>de</strong> ein Spektrometer <strong>de</strong>s Observatoriums <strong>de</strong>r<br />

Universität Genf für die Messung von Radialgeschwindigkeiten auf <strong>de</strong>m Dänemark-ESO<br />

Teleskop mit einem Durchmesser von 1,54 m angebracht.<br />

In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Schweizer Kuppel in La Silla mehrere Teleskope<br />

und verschie<strong>de</strong>ne Instrumente installiert. Gegenwärtig befin<strong>de</strong>t sich<br />

in <strong>de</strong>r Schweizer Station ein weitgehend automatisiertes Teleskop mit einem<br />

Durchmesser von 1,2 m, das mit einer CCD Kamera und <strong>de</strong>m Coralie Spektrometer<br />

ausgestattet ist. Die wissenschaftlichen Programme betreffen die extrasolaren<br />

Planeten, die Sternphysik und die Kosmologie.<br />

Seit 1998 verwen<strong>de</strong>n die Schweizer Astronomen auch die vier Einheiten <strong>de</strong>s Very<br />

Large Telescope (VLT) im ESO Observatorium in Paranal, das in Chile 1400 km nördlich<br />

von Santiago in einer Höhe von 2600 m in <strong>de</strong>r Atacama-Wüste gelegen ist.<br />

Paranal lässt mit seinem einmaligen Teleskopenkomplex, seiner Instrumentenausstattung<br />

und seiner Arbeitsweise die Zukunft <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nastronomie erahnen. Dieses<br />

bemerkenswerte Observatorium verschafft Europa im beginnen<strong>de</strong>n 21. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

wie<strong>de</strong>r die führen<strong>de</strong> Stellung, die es 1609 dank Galileo Galilei innehatte.<br />

Das Engagement <strong>de</strong>r Schweizer Institute ist auch bezüglich Bau <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n ESO<br />

Teleskopen installierten Instrumente be<strong>de</strong>utsam. So haben die Schweizer Astronomen<br />

das HARPS-Instrument (High Accuracy Radial velocity Planet Searcher) entwickelt<br />

und gebaut, das 2003 auf <strong>de</strong>m 3,6 m-Teleskop in La Silla in Betrieb genommen<br />

wur<strong>de</strong>. Das auf die Suche extrasolaren Planeten spezialisierte Instrument ist <strong>de</strong>rzeit<br />

für dieses Ziel das weltweit beste. Im Übrigen ist die Schweiz auch an PRIMA<br />

und SPHERE, zukünftigen Instrumenten für das VLTI und das VLT, aktiv beteiligt.<br />

Die ESO steht auch im Mittelpunkt <strong>de</strong>r europäischen Beteiligung am Atacama<br />

Large Millimeter Array (ALMA), einer interkontinentalen Zusammenarbeit mit<br />

<strong>de</strong>n Vereinigten Staaten, Japan, Kanada, Taiwan und Chile. Die Partner von ALMA<br />

bauen auf <strong>de</strong>m Hochplateau von Chajnantor in Chile in 5100 m Höhe eine Anlage<br />

aus 66 Antennen mit einem Durchmesser von 12 m. Diese Antenneneinheit,<br />

die das „kalte Universum“ (ursprüngliche Galaxien, sich bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Sterne und<br />

Planeten, interstellare Materie) beobachten wird, dürfte 2012 einsatzbereit sein<br />

und könnte die mo<strong>de</strong>rne Astrophysik ebenso verän<strong>de</strong>rn wie das 1990 gestartete<br />

Weltraumteleskop Hubble.<br />

Nach <strong>de</strong>m VLT und ALMA prüft ESO die Machbarkeit eines Riesenteleskops, <strong>de</strong>s<br />

European Extremely Large optical/infrared Telescope (E-ELT), <strong>de</strong>ssen Primärspiegel<br />

19


20<br />

einen Durchmesser von 42 m haben soll. ESO hat in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n eu-<br />

ropäischen Instituten ein neues Baukonzept für dieses Riesenteleskop entwickelt.<br />

Das E-ELT dürfte die ersten Bil<strong>de</strong>r von Planeten außerhalb <strong>de</strong>s Sonnensystems,<br />

die <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> ähneln, liefern können und die direkte Messung <strong>de</strong>r Aus<strong>de</strong>hnung<br />

<strong>de</strong>s Universums ermöglichen. Diese bei<strong>de</strong>n Forschungsbereiche gehören zu <strong>de</strong>n<br />

ehrgeizigsten und spannendsten <strong>de</strong>r Astrophysik in <strong>de</strong>r nahen Zukunft, und die<br />

Schweizer Astronomen sind bereits stark in diese Projekte eingebun<strong>de</strong>n.<br />

Die Zukunft <strong>de</strong>r europäischen Bo<strong>de</strong>n-Astronomie wird über die ESO entschie<strong>de</strong>n<br />

und realisiert. Für die Schweizer Astronomen ist es daher äußerst wichtig,<br />

an allen gegenwärtigen und künftigen Aktionen, die von dieser europäischen<br />

Forschungsorganisation unternommen wer<strong>de</strong>n, aktiv mitzuwirken. |<br />

inSTrumenTierung<br />

Eine <strong>de</strong>r 4 Einheiten <strong>de</strong>s VLT, das KUEYEN<br />

Teleskop, mit seinem Primärspiegel<br />

mit 8.2m Durchmesser. Die Grösse<br />

<strong>de</strong>s Teleskops ist im Vergleich mit <strong>de</strong>r<br />

darunterstehen<strong>de</strong>n Person erkennbar.<br />

(ESO)


WelTraumexperimenTe<br />

Im Dezember 1999 installierten die<br />

Astronauten Clau<strong>de</strong> Nicollier und C.<br />

Michael Foale ein neues Instrument an<br />

Bord <strong>de</strong>s Hubble Space Teleskop (HST).<br />

(NaSa, ESa, St103 MISSION)<br />

dIe schweIz und<br />

dIe weltraumforschunG<br />

eine erfolgreiche geschichte von über 40 jahren<br />

Willy Benz<br />

Universität Bern<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Schweizerischen Kommission für Weltraumforschung<br />

die Schweizer Weltraumforschung sowie die <strong>de</strong>r meisten an<strong>de</strong>ren europäischen<br />

Län<strong>de</strong>r basiert hauptsächlich auf weltweit unternommenen<br />

Bemühungen. Da die erfor<strong>de</strong>rlichen Strukturen (und die damit verbun<strong>de</strong>nen<br />

Kosten) für die Durchführung dieser Forschung äußerst wichtig sind, wur<strong>de</strong> die<br />

internationale Kooperation anfänglich nicht so sehr als eine zur Wahl stehen<strong>de</strong><br />

Möglichkeit, son<strong>de</strong>rn vielmehr als Notwendigkeit erachtet. Heute wird diese<br />

Tatsache von <strong>de</strong>n meisten Personen, die sich mit diesem Bereich befassen, als<br />

einzigartige Gelegenheit betrachtet, dass in Europa und <strong>de</strong>r ganzen Welt etablierte<br />

Forschungsgruppen zusammenarbeiten, um Raumforschungsmissionen<br />

festzulegen und somit gemeinsame wissenschaftliche Fragen zu klären.<br />

Die Schweiz hat von Anfang an diese Notwendigkeit erkannt und beteiligte<br />

sich sehr aktiv an <strong>de</strong>n Verhandlungen, die zur Gründung <strong>de</strong>r European Space Research<br />

Organisation (ESRO) im Jahre 1962 führten. Etwas mehr als ein Jahrzehnt<br />

später, d.h. 1975, als sich das Konzept einer einzigen Europäischen Weltraumorganisation<br />

(ESA) durchsetzte, in <strong>de</strong>r sämtliche europäischen Weltraumtätigkeiten<br />

vereint sind, war die Schweiz wie<strong>de</strong>rum unter <strong>de</strong>n zehn Grün<strong>de</strong>rstaaten (Bel-<br />

21


22<br />

gien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>,<br />

Schwe<strong>de</strong>n, Schweiz, Spanien). Heute zählt die ESA 17 Mitgliedsstaaten (15 davon<br />

sind ebenfalls Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Europäischen Union), während mehrere an<strong>de</strong>re<br />

Län<strong>de</strong>r Beitrittsverhandlungen mit <strong>de</strong>r Organisation führen.<br />

1986 hat die ESA aufgrund eines Vorschlags <strong>de</strong>r Schweiz das erste unverbindliche<br />

wissenschaftliche Programm PRODEX (PROgramme <strong>de</strong> Développement d’EXpériences<br />

scientifiques) geschaffen. Ziel dieses Programms ist es, <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn, welche über keine<br />

eigene nationale Weltraumbehör<strong>de</strong> verfügen, die von ihren eigenen Instituten<br />

und/o<strong>de</strong>r Universitäten entwickelten Raumforschungsprojekte zu finanzieren, sofern<br />

diese direkt mit <strong>de</strong>n Missionen <strong>de</strong>r ESA o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n globalen wissenschaftlichen<br />

Zielen <strong>de</strong>r Organisation in Einklang stehen. Die Schweiz war anfänglich das einzige<br />

Grün<strong>de</strong>rland, das an diesem Programm teilnahm, doch an<strong>de</strong>re Län<strong>de</strong>r schlossen<br />

sich sehr rasch an. Neben <strong>de</strong>r Schweiz nehmen gegenwärtig Belgien, Dänemark, Irland,<br />

Norwegen, Österreich, die Tschechische Republik und Ungarn daran teil.<br />

PRODEX verschafft <strong>de</strong>n Schweizer Wissenschaftern, die in Forschungsinstituten<br />

und Universitäten tätig sind, die notwendigen finanziellen Mittel, um vollumfänglich<br />

am Konzept und <strong>de</strong>r Entwicklung von Raumforschungsprojekten teilnehmen<br />

zu können. Dank <strong>de</strong>r Bedingung, dass die Hälfte <strong>de</strong>r gewährten Geldmittel<br />

im Rahmen von Verträgen mit <strong>de</strong>r Industrie ausgegeben wird, hat PRODEX<br />

zur Annäherung <strong>de</strong>r aka<strong>de</strong>mischen Kreise und <strong>de</strong>r Industrie in <strong>de</strong>r Schweiz<br />

beigetragen. Im Laufe <strong>de</strong>r Jahre konnten mit Hilfe dieses Programms nicht nur<br />

Experimente erfolgreich entwickelt wer<strong>de</strong>n. Es hat auch zahlreiche Austausche<br />

ermöglicht und erlaubt eine Kultur <strong>de</strong>r Zusammenarbeit aufzubauen.<br />

Zum Ge<strong>de</strong>nken <strong>de</strong>s 20. Jahrestags <strong>de</strong>r Schaffung <strong>de</strong>r „Brücke zur experimentellen<br />

Raumforschung“ – wie PRODEX manchmal genannt wird – wur<strong>de</strong> 2007 ein Symposium<br />

in St.-Gallen und Altenrhein organisiert1 . Der Rückblick war in <strong>de</strong>r Tat sehr<br />

beeindruckend, und es war klar ersichtlich, dass die Schweizer Wissenschafter auf<br />

die eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Weise an <strong>de</strong>n meisten vergangenen Weltraummissionen beteiligt<br />

waren. In diesen 20 Jahren wur<strong>de</strong> ein Budget von insgesamt CHF 109 Millionen<br />

für vierundvierzig Projekte aus allen Teilen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s zur Verfügung gestellt,<br />

welche die verschie<strong>de</strong>nsten wissenschaftlichen Bereiche wie die Astronomie,<br />

Beobachtungen <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, Grundlagenphysik o<strong>de</strong>r Biologie ab<strong>de</strong>ckten. Seit 2008<br />

steht <strong>de</strong>r Schweiz ein Budget von jährlich € 7.2 Millionen für die PRODEX-Projekte<br />

zur Verfügung. Die Schweizer Forscher können diese Geldmittel zur Finanzierung<br />

von Projekten für die Entwicklung von Hardware o<strong>de</strong>r Software in allen mit <strong>de</strong>r<br />

Raumforschung verbun<strong>de</strong>nen Disziplinen verwen<strong>de</strong>n.<br />

Derzeit funktionieren zahlreiche ESA Missionen o<strong>de</strong>r solche, an <strong>de</strong>nen die ESA<br />

mitbeteiligt ist. Diese erforschen die Sonne (SOHO, Ulysses), das Sonnensystem<br />

1 s. http://www.sbf.admin.ch/htm/dokumentation/publikationen/raumfahrt/Pro<strong>de</strong>x_dokumentation.<strong>pdf</strong>


WelTraummiSSionen,<br />

galakTiSche aSTronomie,<br />

STernphySik, aSTeroSeiSmologie,<br />

FundamenTalaSTronomie.<br />

Bild <strong>de</strong>s zukünftigen GAIA Satelliten <strong>de</strong>r<br />

Europäischen Weltraumorganisation<br />

ESA (künstlerische Darstellung). Nach<br />

<strong>de</strong>m Start in 2011 wird dieser Satellit<br />

die Position und Distanz einer Milliar<strong>de</strong><br />

Sterne, mit nie zuvor unerreichter<br />

Präzision, messen. Die Variabilität <strong>de</strong>r<br />

Objekte wird ebenfalls gemessen wer<strong>de</strong>n,<br />

was die Ent<strong>de</strong>ckung mehrerer Millionen<br />

variabler Sterne erlauben sollte.<br />

(ESa)<br />

(Mars und Venus Express, Rosetta, Double Star, Cluster, Cassini-Huygens) und<br />

das Universum (Integral, XMM-Newton, Hubble). Die dadurch erhaltene Datenmenge<br />

ist enorm und hat signifikant zu einem besseren Verständnis <strong>de</strong>s Universums<br />

beigetragen. Wer war nicht beeindruckt von <strong>de</strong>n außergewöhnlichen<br />

Bil<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Weltraumteleskops Hubble, und wer könnte die Bil<strong>de</strong>r von Clau<strong>de</strong><br />

Nicollier, <strong>de</strong>m Schweizer ESA Astronauten vergessen, <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Reparatur und<br />

<strong>de</strong>r Verbesserung <strong>de</strong>s Teleskops beteiligt war?<br />

In <strong>de</strong>r Umsetzung begriffen ist eine Mission zum Planeten Merkur (BepiColombo),<br />

zwei Missionen, die <strong>de</strong>m Ur-Universum und seinen Bestandteilen gewidmet<br />

sind (Herschel und Planck), eine weitere Mission, dank <strong>de</strong>r die 3D-Karte unserer<br />

Galaxie (Gaia) erstellt wer<strong>de</strong>n soll und eine letzte, die als Nachfolger <strong>de</strong>s Weltraumteleskops<br />

Hubble (JWST) gilt. Bei all diesen Missionen ist die Schweiz in<br />

<strong>de</strong>m einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Bereich beteiligt.<br />

Die langfristige Zukunft <strong>de</strong>r Weltraum-gestützten Astronomie in Europa wur<strong>de</strong><br />

von <strong>de</strong>r ESA in <strong>de</strong>r Unternehmung Cosmic Vision 2015-2025 festgelegt. Im April 2004<br />

rief die ESA dazu auf, Vorschläge zu Wissenschaftsthemen <strong>de</strong>r Zukunft zu unterbreiten.<br />

Sie erhielt 151 neue I<strong>de</strong>en von Wissenschaftern aus ganz Europa. Nach einer<br />

Phase <strong>de</strong>r „Herauskristallisierung“ dieser I<strong>de</strong>en durch ESA Fachleute und in einem<br />

öffentlichen Workshop wur<strong>de</strong>n vier grundlegen<strong>de</strong> Fragen aufgeworfen, welche die<br />

Bemühungen <strong>de</strong>r Raumforschung in <strong>de</strong>n Jahren 2015-2025 leiten sollen:<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

Welches sind die Bedingungen, in <strong>de</strong>nen sich die Planeten bil<strong>de</strong>n und Leben<br />

entsteht?<br />

Wie funktioniert das Sonnensystem?<br />

Welches sind die Grundgesetze <strong>de</strong>r Physik im Universum?<br />

Wie entstand das Universum und woraus besteht es?<br />

Einige grundlegen<strong>de</strong> Fragen, die man noch vor etwa zwanzig Jahren unmöglich<br />

beantworten konnte, können nunmehr angesprochen und höchstwahrscheinlich<br />

23


24<br />

auch beantwortet wer<strong>de</strong>n. Satellitenmissionen wer<strong>de</strong>n nun geplant um diese<br />

wichtigen Themen zu studieren. Als Antwort auf eine Auffor<strong>de</strong>rung, Vorschläge zu<br />

<strong>de</strong>ren Realisierung zu unterbreiten, erhielt die ESA eine erstaunliche Anzahl von<br />

Vorschlägen, nämlich fünfzig. Eine erste Auswahl von neun Missionen, die für die<br />

ersten Starts im Rahmen <strong>de</strong>r Cosmic Vision (2017-2018) in Frage kommen, wur<strong>de</strong><br />

bereits getroffen. Diese Missionen <strong>de</strong>cken ein breites Spektrum an Themen ab wie<br />

die Kartographie <strong>de</strong>r dunklen Materie im All (Euclid), die Detektierung von Gravitationswellen<br />

(Lisa), die Hochenergieastrophysik (Xeus), die Bildung von Galaxien,<br />

Sternen und Planeten (Spica), die Detektierung von extrasolaren Planeten (Plato),<br />

die Untersuchung <strong>de</strong>r Riesenplaneten im Sonnensystem (Laplace und Tan<strong>de</strong>m), die<br />

Entnahme von Gesteinsproben auf einem Asteroi<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r sich in Erdnähe befin<strong>de</strong>t<br />

(Marco Polo) und die Untersuchung von Plasmen im Erdumfeld (Cross Scale). Einmal<br />

mehr beteiligen sich Schweizer Wissenschafter bei fast all diesen Projekten.<br />

Der Weg einer I<strong>de</strong>e zu ihrer Verwirklichung ist im Raumforschungsbereich lang<br />

und oft beschwerlich. Neue Technologien müssen entwickelt, wissenschaftliche<br />

Ziele präzisiert und finanzielle Schwierigkeiten überwun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Doch am<br />

En<strong>de</strong> eines Projekts wissen wir mehr über <strong>de</strong>n Ursprung <strong>de</strong>s Universums, seine<br />

Entwicklung und <strong>de</strong>n Platz, <strong>de</strong>n die Menschheit darin einnimmt. Schließlich –<br />

und auch dies ist wichtig – haben wir gezeigt, dass wir in <strong>de</strong>r Lage sind, zusammenzuarbeiten,<br />

um uns einige <strong>de</strong>r größten wissenschaftlichen und technologischen<br />

Herausfor<strong>de</strong>rungen unserer Zeit zu stellen. |<br />

Supernovae,<br />

TeilchenaSTrophySik,<br />

koSmiSche STrahlung<br />

Detailliertes Bild <strong>de</strong>s Krebsnebel (M1),<br />

aus 24 Einzelbil<strong>de</strong>rn zusammengesetzt.<br />

M1 ist <strong>de</strong>r Überrest einer Supernova<br />

Explosion, welche im Jahre 1054<br />

beobachtet wur<strong>de</strong>. Die Aus<strong>de</strong>hnung<br />

<strong>de</strong>s Nebels ist ca. 11 Lichtjahre; <strong>de</strong>ssen<br />

Entfernung entspricht 6500 Lichtjahren.<br />

(NaSa, ESa, HSt)


exTragalakTiSche aSTronomie,<br />

STernenTSTehung<br />

Antennen-Galaxien, ein Paar miteinan<strong>de</strong>r<br />

wechselwirken<strong>de</strong>r Galaxien, 45 Millionen<br />

Lichtjahre von uns entfernt. Millionen<br />

von Sternen entstehen in <strong>de</strong>n rötlich<br />

sichtbaren Regionen durch die starken<br />

Wechselwirkungen zwischen Gas<br />

und Sternen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Galaxien.<br />

(NaSa, ESa, HSt)<br />

astronomIsche<br />

InstItutIonen<br />

In <strong>de</strong>r schweIz<br />

Hans-Martin Schmid<br />

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Astrophysik und Astronomie<br />

(2005-2008)<br />

Daniel Schaerer<br />

<strong>Université</strong> <strong>de</strong> <strong>Genève</strong><br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Astrophysik und Astronomie<br />

(2009-2011)<br />

historisch entstan<strong>de</strong>n die meisten Schweizer Astronomieinstitute als Sternwarten<br />

o<strong>de</strong>r Observatorien, welche insbeson<strong>de</strong>re für die genaue Zeitmessung<br />

o<strong>de</strong>r die Verfolgung <strong>de</strong>r Sonnenaktivität gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n. So gehörten ab<br />

ca. 1770 die Zeitmessung, dann die Geophysik und die Meteorologie zu <strong>de</strong>n Hauptaufgaben<br />

<strong>de</strong>s Genfer Observatoriums, bis dieses Institut in <strong>de</strong>n 1960er Jahren zu<br />

einem richtigen Forschungszentrum für Astrophysik <strong>de</strong>r Universität Genf wur<strong>de</strong>.<br />

Heutzutage sind die wichtigsten astronomischen Institutionen <strong>de</strong>n Universitäten<br />

o<strong>de</strong>r Eidgenössischen Technischen Hochschulen angeschlossenen und gehören<br />

als Institute zu <strong>de</strong>ren Astronomie und/o<strong>de</strong>r Physik Departemente (siehe<br />

Tabelle, Seite 27). In <strong>de</strong>r Westschweiz sind das Astronomie<strong>de</strong>partement (Obser-<br />

25


26<br />

vatorium) <strong>de</strong>r UNIGE und das Laboratorium für Astrophysik <strong>de</strong>r EPFL durch ein<br />

Partnerschaftsabkommen verbun<strong>de</strong>n und bil<strong>de</strong>n zusammen das Westschweizer<br />

Zentrum für Astronomie. Die Strukturen <strong>de</strong>r einzelnen Institute – das International<br />

Space Science Institute (ISSI) in Bern, das Physikalisch-Meteorologisches Observatorium<br />

Davos (PMOD) in Davos, l’Instituto Ricerche Solari (IRSOL) in Locarno<br />

und das Integral Science Data Center (ISDC) in Genf – sind unterschiedlicher Art.<br />

Das PMOD verwaltet das World Radiation Center (WRC) für die Meteorologische<br />

Weltorganisation als Schweizer Beitrag zur World Weather Watch; das ISSI wur<strong>de</strong><br />

in Partnerschaft mit <strong>de</strong>r European Space Agency ESA gegrün<strong>de</strong>t; das IRSOL wird<br />

von einer Privatstiftung verwaltet, und das ISDC ist ein <strong>de</strong>m Observatorium <strong>de</strong>r<br />

UNIGE angeschlossenes Institut.<br />

In <strong>de</strong>r Schweizerischen Astronomie sind rund 270 Forscher sowie 100 Personen<br />

in technischen und administrativen Bereichen tätig. Weniger als 22% <strong>de</strong>r<br />

Forscher sind permanent angestellt. Die meisten professionellen Astronomen<br />

WelTraumForSchung,<br />

hochenergie-aSTrophySik<br />

Der INTEGRAL Satellit <strong>de</strong>r Europäischen<br />

Weltraumorganisation ESA wur<strong>de</strong> am 17.<br />

Oktober 2002 mit einer Proton Rakete ins<br />

All geschickt. Das Ziel dieser Mission ist<br />

die Messung von Gammastrahlung, <strong>de</strong>r<br />

energetischsten <strong>de</strong>s elektromagnetischen<br />

Spektrums, welche von verschie<strong>de</strong>nen<br />

Quellen im Universum ausgesen<strong>de</strong>t wird:<br />

Gamma Ray Bursts, Supernovae, schwarze<br />

Löcher, Pulsare, Röntgen Doppelsterne<br />

usw. Im INTEGRAL Science Data Centre<br />

(ISDC), welches in <strong>de</strong>r Schweiz basiert<br />

ist, wer<strong>de</strong>n alle Daten <strong>de</strong>s Satelliten<br />

empfangen, behan<strong>de</strong>lt, und anschliessend<br />

weltweit an die Forscher verteilt.<br />

(ESa)


koSmologie, exTragalakTiSche<br />

aSTronomie<br />

Spektakuläres Bild <strong>de</strong>r Spiralgalaxie<br />

NGC 1232, 100 Millionen Lichtjahre<br />

entfernt, mit <strong>de</strong>r Einheit 1 (ANTU) <strong>de</strong>s VLT<br />

aufgenommen. Falschfarbenbild aus 3<br />

Bil<strong>de</strong>rn in ultraviolet, blau und rotem Licht.<br />

(ESO)<br />

die Schweizerischen astronomischen institute und ihre wichtigsten Tätigkeitsbereiche<br />

Universität Basel:<br />

Departement Physik<br />

Universität Bern:<br />

Astronomisches Institut, Physikalisches<br />

Institut, Institut für Angewandte Physik<br />

<strong>Université</strong> <strong>de</strong> <strong>Genève</strong>:<br />

<strong>Observatoire</strong> <strong>de</strong> <strong>Genève</strong> (Département<br />

d’Astronomie), Integral Science Data Centre,<br />

Section <strong>de</strong> Physique<br />

EPF Lausanne:<br />

Laboratoire d’Astrophysique, Laboratoire <strong>de</strong><br />

Physique <strong>de</strong>s Particules et <strong>de</strong> Cosmologie<br />

Universität Zürich:<br />

Institut für Theoretische Physik<br />

ETH Zürich:<br />

Institut für Astronomie, Institut für<br />

Teilchenphysik<br />

Supernovae, Doppelsterne, Nukleosynthese, chemische<br />

Entwicklung, Teilchenastrophysik<br />

Fundamentalastronomie, Planetologie, Planetenentstehung<br />

und -entwicklung, Sonnensystem, kosmische Strahlung,<br />

Weltraumexperimente<br />

Extrasolare Planeten, Sternentwicklung, Nukleosynthese,<br />

Asteroseismologie, Galaktische und extragalaktische<br />

Astronomie, Kosmologie, Hochenergie- und Teilchenastrophysik,<br />

Weltraumexperimente, astronomische Instrumentierung<br />

Galaktische und extragalaktische Astronomie, Kosmologie,<br />

Gravitationslinsen, Teilchenastrophysik<br />

Rechnergestützte Astrophysik und theoretiche Physik,<br />

Kosmologie, extragalaktische Astronomie, Planeten- und<br />

Sternentstehung, Teilchenastrophysik<br />

Sonnenphysik, Stern- und Planetenentstehung,<br />

extragalaktische Astronomie, Kosmologie, astronomische<br />

Instrumentierung, Hochenergie- und Teilchenastrophysik<br />

International Space Science Institute, Bern Weltraumforschung, interdisziplinäre Meetings<br />

Physikalisch-Meteorologisches Observatorium<br />

und World Radiation Center, Davos<br />

Sonnenphysik, Sonnenstrahlung und Erdklima,<br />

Weltraumexperimente<br />

Istituto Ricerche Solari, Locarno Sonnenbeobachtungen, Polarisation<br />

Hochalpine Forschungsstationen<br />

Jungfraujoch und Gornergrat<br />

Physik <strong>de</strong>r Atmosphäre, Sonnenstrahlung, kosmische Strahlung,<br />

Millimeter Astronomie<br />

27


28<br />

sind Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Astrophysik und Astronomie<br />

(SGAA), einer <strong>de</strong>r Mitgliedsorganisationen <strong>de</strong>r Schweizerischen Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r Na-<br />

turwissenschaften (sc|nat).<br />

Die wichtigsten Aufträge <strong>de</strong>r Schweizer Observatorien und astronomischen Institute<br />

sind Unterricht, Forschung und verschie<strong>de</strong>ne Dienstleistungen, insbeson<strong>de</strong>re<br />

auch für das Publikum.<br />

dienstleistungen<br />

Diese umfassen beispielsweise die Reduzierung und Archivierung von Daten,<br />

die von Satelliten stammen (Integral Science Data Center), astrometrische Messungen<br />

und die Verfolgung <strong>de</strong>r Laufbahn von Weltraummüll (UNIBE), die Überwachung<br />

<strong>de</strong>r atmosphärischen Trübung im Rahmen <strong>de</strong>s Programms Global Atmosphere<br />

Watch (PMOD/WRC) etc. Die Tätigkeiten im Bereich Information und<br />

Kommunikation zuhan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Publikums sind sehr breit gefächert und betreffen<br />

sämtliche astronomischen sowie an<strong>de</strong>re naturwissenschaftliche Themen.<br />

Forschung<br />

Um diesen Auftrag zu erfüllen, entwickeln die verschie<strong>de</strong>nen Gruppen Instrumente,<br />

die auf <strong>de</strong>m neusten Stand <strong>de</strong>r Technik sind, machen Beobachtungen, führen<br />

Computersimulationen durch und unternehmen theoretische Arbeiten. Die<br />

meisten Forschungsprojekte wer<strong>de</strong>n im Rahmen nationaler und internationaler<br />

Zusammenarbeit verwirklicht. Die Schweizer Institute sind in vielen Bereichen <strong>de</strong>r<br />

Astronomie tätig (siehe Tabelle, Seite 27), angefangen von <strong>de</strong>n Planeten, über die<br />

Sterne und Galaxien bis hin zur Kosmologie. Die Qualität <strong>de</strong>r Forschungsarbeiten<br />

<strong>de</strong>r Schweizer Astronomen ist in <strong>de</strong>r ganzen Welt anerkannt.<br />

Supernovae, STernenTWicklung,<br />

hochenergieaSTrophySik<br />

Tarentula-Nebel in <strong>de</strong>r Grossen<br />

Magellanschen Wolke, einer<br />

Satellitengalaxie <strong>de</strong>r Milchstrasse<br />

in 160›000 Lichtjahren Entfernung.<br />

Im Zentrum <strong>de</strong>s am 24. Februar 1987<br />

aufgenommenen Bil<strong>de</strong>s befin<strong>de</strong>t sich<br />

die berühmte Supernova SN1987A,<br />

die erste mit blossem Auge sichtbare<br />

Supernova seid Johannes Kepler’s<br />

Beobachtung im Jahre 1604!<br />

(ESO)


TheoreTiSche und<br />

rechnergeSTüTzTe<br />

aSTrophySik, koSmologie<br />

Internationale Forschungsgruppen haben<br />

Computerprogramme entwickelt, welche<br />

die Expansion <strong>de</strong>s Universums, sowie die<br />

Entstehung von Galaxien, Galaxienhaufen<br />

und Quasaren simulieren. Die „Millennium<br />

Simulation“ simuliert z.B. 10 Milliar<strong>de</strong>n<br />

virtueller Partikel und <strong>de</strong>ren Evolution.<br />

Sie enthält 20 Millionen Galaxien und<br />

beschreibt auch die Effekte <strong>de</strong>r dunklen<br />

Energie, dunkler und sichtbarer Materie.<br />

Das Bild zeigt die Materieverteilung<br />

im simulierten Universum.<br />

(V. SPrINgEl, MPa)<br />

In <strong>de</strong>r Vergangenheit haben Schweizer Institute ihre eigenen Teleskope entwickelt<br />

und benutzt, wie z. B. in Zürich, auf <strong>de</strong>m Jungfraujoch und <strong>de</strong>m Gornergrat<br />

o<strong>de</strong>r an an<strong>de</strong>ren Orten in <strong>de</strong>r Schweiz bzw. an<strong>de</strong>rswo. Derzeit unterhalten sie<br />

Teleskope und Instrumente in Locarno, Zimmerwald, La Silla (Chile) und La Palma<br />

(Spanien). Von grösster Be<strong>de</strong>utung für die Schweizer Astronomen ist <strong>de</strong>r<br />

Zugang zu <strong>de</strong>n erstklassigen ESO (European Southern Observatory) 1 Teleskopen<br />

und Instrumenten sowie zu <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen astronomischen Satelliten <strong>de</strong>r<br />

ESA (European Space Agency) 2 und <strong>de</strong>r NASA, welche diese auch aktiv benutzen.<br />

Verschie<strong>de</strong>ne Gruppen beteiligen sich auch an <strong>de</strong>r Entwicklung und am Bau<br />

neuer Instrumente für diese Observatorien am Bo<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r im Weltall.<br />

unterricht<br />

Astronomen unterrichten im Rahmen <strong>de</strong>s Physikstudiums, von Nachdiplomstudien<br />

und an<strong>de</strong>rer Studiengänge an <strong>de</strong>n Universitäten Basel, Bern, Genf und<br />

Zürich sowie an <strong>de</strong>n Eidgenössischen Technischen Hochschulen von Lausanne<br />

und Zürich. Diese Orte sind die wichtigsten Lehr- und Forschungszentren in Astronomie<br />

und Astrophysik, welche insbeson<strong>de</strong>re i<strong>de</strong>ale Bedingungen für die Ausbildung<br />

junger Forscher anbieten. Kurse wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Niveau von Bachelor,<br />

Master und Doktorat, wie auch für das breite Publikum angeboten.<br />

Das Internationale Jahr <strong>de</strong>r Astronomie 2009 ist eine einzigartige Gelegenheit Astronomie<br />

und die Schweizerischen astronomischen Institutionen <strong>de</strong>m Publikum näher<br />

zu bringen und das Wissen und die Passion für das Universum zu teilen! |<br />

1 Siehe <strong>de</strong>n Text „Die Schweiz und die European Southern Observatory“ von Georges Meylan<br />

2 Siehe <strong>de</strong>n Text „Die Schweiz und die Weltraumforschung“ von Willy Benz<br />

29


30<br />

dIe schweIzer<br />

amateurastronomen<br />

Max Hubmann<br />

Zentralpräsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft (SAG)<br />

die amateurastronomen und die Wissenschaft<br />

o<strong>de</strong>r was heißt „amateur“?<br />

Vor ein paar Jahren wur<strong>de</strong> ich von einer Journalistin gefragt, ob Astroamateure<br />

auch zur wissenschaftlichen Astronomie beitragen können. Meine Antwort war,<br />

nach ei nem kurzen Gedanken ans Instrumentarium <strong>de</strong>r wissenschaftlichen Astronomen:<br />

nein. Später sah ich im gedruckten Bericht <strong>de</strong>r Interviewerin, dass<br />

meine Antwort zwar wie<strong>de</strong>rgegeben, aber gleich zwei Sätze weiter ein renommierter<br />

Basler Astronomieprofessor zitiert wur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r meinte, Amateure wür<strong>de</strong>n<br />

sehr wohl zur Wis senschaft beitragen. Woher kommt nun diese unterschiedliche<br />

Beurteilung? Wohl von einer Überschätzung <strong>de</strong>s jeweiligen Gegenübers!<br />

Unter <strong>de</strong>n Amateuren gibt es eine kleine Zahl, die während ihren nächtlichen<br />

Beo bachtungen nach neuen Objekten wie Kometen, Kleinplaneten, explodieren<strong>de</strong>n<br />

Sternen (Supernovae) und weiteren Erscheinungen „jagen“. An<strong>de</strong>re<br />

überwachen sys tematisch die Helligkeitskurven verän<strong>de</strong>rlicher Sterne und Sonnenflecken<br />

in langen, oft mehrere Jahrzehnte dauern<strong>de</strong>n Beobachtungsreihen.<br />

Da sich dabei Amateure auf <strong>de</strong>r ganzen Welt beteiligen, sind sie von <strong>de</strong>n lo kalen<br />

Wetter- und Tageslichtbedingungen unabhängig und in großem Maß lü cken los,<br />

sodass die Resultate gerne von <strong>de</strong>r wissenschaftlichen Astronomie zur Er gän-<br />

zung ihrer eigenen Daten übernommen wer<strong>de</strong>n.<br />

In punkto Hartnäckigkeit, zeitlichem Engagement und auch <strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>r Ergebnisse,<br />

können es diese Amateurastronomen in vielen Belangen mit <strong>de</strong>n professionellen<br />

aufnehmen. Der Unterschied besteht im Wesentlichen darin, dass<br />

STernenTWicklung und<br />

chemiSche enTWicklung,<br />

inTerSTellare maTerie<br />

Bild <strong>de</strong>s Nordamerika Nebels, mit<br />

einem 110 mm Teleskop aufgenommen<br />

(Mosaik aus 4 Bil<strong>de</strong>rn).<br />

(MartIN MuttI, Sag)


die ersteren kaum Lohn erhalten und dass sie ihre Ausrüstung zum größten Teil<br />

im Eigenbau erstellt und aus <strong>de</strong>r eigenen Tasche finanziert haben.<br />

Die Zahl <strong>de</strong>r Amateure in <strong>de</strong>r Schweiz aber, die sich an diesen Amateurprojekten<br />

be teiligen, kann man nach meinen Schätzungen wohl an einer Hand abzählen.<br />

Das ist, bei allem Respekt vor ihren Leistungen, eine kleine Min<strong>de</strong>rheit in Anbetracht<br />

<strong>de</strong>r rund 2 500 Mitglie<strong>de</strong>r, welche die Schweizerische Astronomische<br />

Gesellschaft zählt. Ü ber diese Mehrheit <strong>de</strong>r Amateure, die Astronomie zum Vergnügen<br />

betreibt, möchte ich im Folgen<strong>de</strong>n berichten.<br />

die astroamateure früher und heute<br />

Unter <strong>de</strong>n Himmelsbeobachtern, die sich eingehen<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Gegenstand ihrer<br />

Freizeitbeschäftigung befassen wollten, haben sich bereits im Jahr 1939 einige zur<br />

Gründung <strong>de</strong>r Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft SAG zusammengefun<strong>de</strong>n.<br />

Die Gründungsmitglie<strong>de</strong>r waren von verschie<strong>de</strong>nster beruflicher Herkunft,<br />

<strong>de</strong>nn es fan<strong>de</strong>n sich darunter – wie auch heute noch – Lehrer, Handwerker, Bankiers,<br />

Zahnärzte und erstaunlicherweise auch Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r universitären Lehrkörper.<br />

Das gemeinsame Ziel war Austausch von Wissen und Erfahrungen. Zu<strong>de</strong>m gibt die<br />

SAG seit 1943 eine Zeitschrift für Ama teuras tronomen, <strong>de</strong>n ORION, heraus.<br />

Zu jener Zeit muss die Zusammenarbeit zwischen <strong>de</strong>n Wissenschaftern und<br />

<strong>de</strong>n Amateuren enger gewesen sein. So wird berichtet, dass Amateure mehrere<br />

Sonnen finsternis-Expeditionen begleiteten. Auch dürfte beim Instrumentenbau<br />

<strong>de</strong>r mannig fal tige berufliche Hintergrund <strong>de</strong>r Amateure <strong>de</strong>n Instituten eine<br />

willkommene Unter stüt zung gewesen sein. Die Tätigkeiten <strong>de</strong>r Amateure – darunter<br />

unter an<strong>de</strong>rem das Spiegelschleifen – wur<strong>de</strong>n entsprechend gewürdigt.<br />

lichTverSchmuTzung<br />

Beleuchtung <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> mit künstlichem Licht. Präservierung und Schutz <strong>de</strong>s dunklen Nachthimmels an Orten astronomischer Beobachtungen wer<strong>de</strong>n notwendig für die nächsten<br />

Generationen. Der Verlust dunkler Nächte für einen Grossteil <strong>de</strong>r Weltbevölkerung betrifft nicht nur die astronomische Forschung, son<strong>de</strong>rn auch die Umwelt und Energieverluste<br />

weltweit. (P. CINzaNO, F. FalCHI (PadOVa), C.d. ElVIdgE (BOuldEr))<br />

31


32<br />

So erhielt <strong>de</strong>r Toggenburger Landwirt Friedrich Schmid <strong>de</strong>n Ehrendoktortitel<br />

für seine Beobachtungen <strong>de</strong>s Zodia kallichtes, und die gleiche Eh rung, diesmal<br />

von <strong>de</strong>n Universitäten Basel respektive Bern, wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Schaffhauser Konditor<br />

Hans Rohr und <strong>de</strong>m Berner Fabrikanten Willy Schaerer zuteil.<br />

Heutzutage befassen sich die Amateure nur noch gelegentlich mit <strong>de</strong>m Bau von<br />

Instru men ten, <strong>de</strong>nn diese sind von verschie<strong>de</strong>nen Herstellern in guter Qualität<br />

erhältlich. Die Astroamateure geben heute für ihr Hobby viel Geld aus, und ihre<br />

Investitio nen überdauern oft Jahrzehnte. Die Stern guckerei ist nicht mehr eine<br />

Frage <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s. Die Amateure bauen und betrei ben ihre eigenen Sternwarten<br />

– oft von beeindrucken<strong>de</strong>r Größe –, sind interessiert an <strong>de</strong>n Naturgesetzen und<br />

sind eifrige Himmelsbeobachter.<br />

die Sternwarten<br />

Von <strong>de</strong>n rund 35 lokalen Vereinigungen <strong>de</strong>r SAG betreiben etwa die Hälfte eige-<br />

ne Sternwarten, die sie für Schulen und das breite Publikum offen halten und<br />

Führungen veranstalten. Dabei wer<strong>de</strong>n die Bergzüge und Krater auf <strong>de</strong>m Mond,<br />

die Phasen <strong>de</strong>r Venus und <strong>de</strong>s Merkurs, <strong>de</strong>r Jupiter und seine Mon<strong>de</strong> sowie die<br />

Ringe <strong>de</strong>s Saturns gezeigt, die auch noch 400 Jahre nach <strong>de</strong>n Ent<strong>de</strong>ckungen von<br />

Galileo Galilei das Publikum in großes Erstaunen versetzen!<br />

Die Demonstratoren schwenken die Teleskope zu <strong>de</strong>n Stern- und Kugelhaufen. Sie<br />

zeigen, dass die leuchten<strong>de</strong>n Nebel und die Dunkel wolken sichtbare Zeugen dafür<br />

sind, dass im vermeintlich leeren Raum zwischen <strong>de</strong>n Ster nen Materie besteht. Bei<br />

guten Witterungsverhältnissen kann man sogar Galaxien sehen, die Millionen von<br />

Lichtjahren von uns entfernt sind. Während <strong>de</strong>r Vorführungen entwickelt sich so<br />

man ches Gespräch über die Geheimnisse <strong>de</strong>s Universums und über das, was als<br />

wissen schaftlich gesichertes Wissen gelten kann. Wenn die Besu cher dann auf <strong>de</strong>m<br />

Heimweg zur Einsicht gelangen, dass das Universum im Großen und Ganzen <strong>de</strong>m<br />

menschlichen Verständnis zugänglich ist, dann hat sich die Vorführung gelohnt!<br />

die vortragsaben<strong>de</strong><br />

Viele <strong>de</strong>r lokalen Vereinigungen veranstalten auch Vortragsaben<strong>de</strong> für ihre<br />

Mitglie <strong>de</strong>r und für das breite Publikum, in <strong>de</strong>r Regel bei freiem Eintritt. Kompetente<br />

Fachleute aus <strong>de</strong>r Wissenschaft berichten dabei in einer allgemein<br />

verständlichen Dar stellung über ihre Tätigkeit und die neusten Ergebnisse ihrer<br />

Forschungen. Unter <strong>de</strong>n Zuhö rern, <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Vereinigungen, befin<strong>de</strong>t<br />

sich auch das Sternwar tenpersonal. Diese wie<strong>de</strong>rum geben das Gehörte<br />

<strong>de</strong>n Besuchern <strong>de</strong>r Sternwarten und einem interessierten Freun<strong>de</strong>skreis weiter.<br />

Auf diese Weise fin<strong>de</strong>t ein Wissenstransfer von <strong>de</strong>r Person an <strong>de</strong>r Front <strong>de</strong>r Forschung<br />

über <strong>de</strong>n Amateurast ronom zum interes sierten Publikum statt. Dies ist<br />

einer <strong>de</strong>r effizientesten Wege für die Wissenschafter, ihre jüngsten Ent<strong>de</strong>ckungen<br />

und Resultate <strong>de</strong>m (steuerzahlen<strong>de</strong>n) Bürger zu erklären. Dies ist somit<br />

auch ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Beitrag, <strong>de</strong>n die Astroamateure <strong>de</strong>r Wis senschaft leisten,<br />

womit ich die eingangs gestellte Frage teilweise beantwortet habe.


die individuellen beobachter<br />

Neben <strong>de</strong>n oben beschriebenen gemeinschaftlichen Aktivitäten, betreiben viele<br />

Amateure ihre Lei<strong>de</strong>nschaft für die Astronomie auf eigene Faust. Allerdings geschieht<br />

dies in <strong>de</strong>n wenigsten Fällen im Alleingang. Davon zeugen die sehr informell<br />

organisierten „Astropartys“. An geeigneten dunklen Plätzen treffen sich<br />

Gruppen von Sternfreun<strong>de</strong>n zu gemeinsamen Beobachtungen, die oft bis in die<br />

Morgenstun<strong>de</strong>n dauern. Für die Foto grafen unter ihnen bil<strong>de</strong>n die verschie<strong>de</strong>nen<br />

Objekte Motive für spektakuläre Bil<strong>de</strong>r, und in Anbetracht <strong>de</strong>s vergleichs wei se<br />

einfachen Instrumentariums sind die Resultate höchst bemerkens wert. Ergänzt<br />

wird diese Tätigkeit unter freiem Himmel durch zahlreiche Treffen, bei <strong>de</strong>nen sie<br />

über die Erzeugnisse ihrer Kreativität diskutieren o<strong>de</strong>r Zusatzeinrichtun gen bzw.<br />

Verbesserungen ihrer Instrumente in Erwägung ziehen.<br />

die lichtverschmutzung, das problem <strong>de</strong>r amateure<br />

Lei<strong>de</strong>r wird die Sicht zum Himmel durch überbor<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Lichtreklamen, übertrie-<br />

bene Fassa<strong>de</strong>nbeleuchtungen und schlecht ausgelegte Straßenlampen zunehmend<br />

beein trächtigt. Die Sternfreun<strong>de</strong> weichen <strong>de</strong>shalb auf immer abgelege-<br />

nere und exoti sche re Beobachtungsstandorte aus und müssen stets größere<br />

Anfahrtswege auf sich neh men. Und die zuhause gebliebenen, müssen sie sich<br />

mit <strong>de</strong>r Beobachtung <strong>de</strong>r klassischen Objekte wie Mond, und Planeten begnügen?<br />

Ist ein dunkler, ungestörter Nachthimmel nicht eine natürliche Ressource,<br />

auf die wir alle einen Anspruch haben sollten?<br />

Ist ein dunkler, ungestörter Nachthimmel nicht eine natürliche Ressource, auf<br />

die wir alle einen Anspruch haben sollten? Wenn Sie glauben, die Astronomie<br />

könnte auch für Sie eine Freizeitbeschäftigung sein, wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an eine<br />

<strong>de</strong>r lokalen Amateurvereinigungen. Sie wer<strong>de</strong>n dort sicher eine freundschaftliche<br />

Aufnahme fin<strong>de</strong>n. Vorkenntnisse in <strong>de</strong>r Astronomie sind keine erfor<strong>de</strong>r lich,<br />

Begeisterung genügt! |<br />

STernenTWicklung,<br />

nukleoSynTheSe,<br />

inTerSTellare maTerie<br />

Pleja<strong>de</strong>n Sternhaufen, von blossem Auge<br />

sichtbar, in einer Entfernung von 440<br />

Lichtjahren. Bildmosaik aus mehreren<br />

Aufnahmen mit einem 140 mm Teleskop.<br />

(HaNSJörg WälCHlI, Sag)<br />

33


34<br />

inhalt<br />

Internationales Astronomiejahr 2009 3<br />

Catherine Cesarsky<br />

IYA2009 in <strong>de</strong>r Schweiz 5<br />

Mauro Dell’Ambrogio<br />

Von Galilei zum IYA2009 8<br />

Gilbert Burki & Pierre Dubath<br />

Das astronomische Erbe 12<br />

Daniel Pfenniger<br />

Die Schweiz und die European Southern Observatory (ESO) 17<br />

Georges Meylan<br />

Die Schweiz und die Weltraumforschung 21<br />

Willy Benz<br />

Astronomische Institutionen in <strong>de</strong>r Schweiz 25<br />

Hans-Martin Schmid & Daniel Schaerer<br />

Die Schweizer Amateurastronomen 30<br />

Max Hubmann<br />

H. Detouche (1854-1913):<br />

Galileo Galilei und <strong>de</strong>r Doge von Venedig


Zukünftiges European Extremely Large<br />

Telescope (künstlerische Darstellung). (ESO)<br />

kontakt<br />

Spoc und schweizer koordinator<br />

Pierre Dubath (Pierre.Dubath@unige.ch)<br />

regionalkoordinatoren<br />

Basel: Bruno Binggeli (Bruno.Binggeli@unibas.ch)<br />

Bern: Kathrin Altwegg (kathrin.altwegg@space.unibe.ch)<br />

Graubün<strong>de</strong>n: Werner Schmutz (werner.schmutz@pmodwrc.ch)<br />

Romandie: Gilbert Burki (Gilbert.Burki@unige.ch)<br />

Ticino: Nicolas Cretton (nicolas.cretton@gmail.com)<br />

Zürich: Philippe Jetzer (jetzer@iftp.uzh.ch)<br />

astronomische gesellschaften<br />

Schweizerische Gesellschaft für Astrophysik und Astronomie (SGAA/SSAA):<br />

Daniel Schaerer (Daniel.Schaerer@unige.ch)<br />

Hans-Martin Schmid (schmid@astro.phys.ethz.ch)<br />

Schweizerische Astronomische Gesellschaft (SAG/SAS): Max Hubmann<br />

(hubmann_ulmer@freesurf.ch)<br />

35


<strong>36</strong><br />

Für mehr Informationen über das Internationale Astronomiejahr<br />

2009, Anlässe, Austellungen, Events und vieles<br />

mehr, besuchen Sie bitte die folgen<strong>de</strong>n <strong>Seiten</strong>:<br />

international<br />

www.astronomy2009.org<br />

national<br />

www.astronomy2009.ch<br />

Layout: Solidaridad Graphisme, <strong>Genève</strong>

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