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ja er redet nur MÜLL hier. - Forschungslabor Gesprochene Sprache

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1. Einleitung<br />

gidi Arbeitspapi<strong>er</strong>reihe<br />

Nr. 11 (11/2007)<br />

„<strong>ja</strong> <strong>er</strong> <strong>redet</strong> <strong>nur</strong> <strong>MÜLL</strong> hi<strong>er</strong>.“ –<br />

Funktionen von `<strong>ja</strong>´ als Diskursmark<strong>er</strong><br />

in Täglichen Talkshows<br />

Dorothee Me<strong>er</strong> (Münst<strong>er</strong>)<br />

Die Beschäftigung mit ein<strong>er</strong> Partikel wie `<strong>ja</strong>´ ist seit dem „Aufschwung“ d<strong>er</strong> Pragmatik und<br />

dem damit einh<strong>er</strong>gehenden Int<strong>er</strong>esse an d<strong>er</strong> Wortart „Partikel“ in den 70<strong>er</strong> und 80<strong>er</strong> Jahren kein<br />

prinzipiell<strong>er</strong> Grund mehr für V<strong>er</strong>wund<strong>er</strong>ung. 1 Schaut man sich die Lit<strong>er</strong>atur speziell zur Partikel<br />

`<strong>ja</strong>´ seit dies<strong>er</strong> Zeit an, so fällt all<strong>er</strong>dings auf, dass `<strong>ja</strong>´ üb<strong>er</strong> seine Funktionen als Ant-<br />

wortpartikel (Altmann 1978:45, Weydt 1983:13f.) hinaus zunächst einmal vorrangig als Abtö-<br />

nungs- bzw. Modalpartikel unt<strong>er</strong>sucht worden ist. 2<br />

Erst mit ein<strong>er</strong> zunehmenden Ausdiff<strong>er</strong>enzi<strong>er</strong>ung pragmatisch<strong>er</strong> Forschung und d<strong>er</strong> wachsenden<br />

Relevanz d<strong>er</strong> Unt<strong>er</strong>suchung gesprochen<strong>er</strong> Daten kam `<strong>ja</strong>´ üb<strong>er</strong> seine abtönenden Funktionen<br />

hinaus zusätzlich als vielfältig v<strong>er</strong>wendbares Element d<strong>er</strong> Gesprächsorganisation in den Blick.<br />

Ähnlich wie im Zusammenhang mit den Unt<strong>er</strong>suchungen d<strong>er</strong> Abtönungs- und Modalpartikel<br />

stellten auch die Arbeiten zu `<strong>ja</strong>´ als Element d<strong>er</strong> Gesprächsorganisation die vorrangig bestäti-<br />

gende Funktion d<strong>er</strong> Partikel h<strong>er</strong>aus. So heißt es resümi<strong>er</strong>end bei Willkop: „Fast alle Vorkom-<br />

men d<strong>er</strong> Partikel lassen sich eindeutig mit dem Begriff d<strong>er</strong> `Bestätigung´ beschreiben“ (Willkop<br />

1988:106). In die gleiche Richtung argumenti<strong>er</strong>t Weinrich, wenn <strong>er</strong> feststellt, dass die Partikel<br />

`<strong>ja</strong>´ dazu geeignet sei „den bestehenden Gesprächskontakt sowie das Einv<strong>er</strong>ständnis mit d<strong>er</strong><br />

Rollenv<strong>er</strong>teilung und dem Rollenwechsel im Dialog“ zu bestätigen (Weinrich 2003:836).<br />

1 Hi<strong>er</strong> sind in <strong>er</strong>st<strong>er</strong> Linie die Arbeiten von Harald Weydt zu nennen, d<strong>er</strong> sich im deutschsprachigen Raum als<br />

Erst<strong>er</strong> systematisch mit d<strong>er</strong> Unt<strong>er</strong>suchung von Partikeln beschäftigt hat (Weydt 1969, 1977, 1979, 1983).<br />

2 Siehe hi<strong>er</strong>zu exemplarisch Diewald/Fisch<strong>er</strong> 1998, Helbig 1988, Hentschel 1986, Hetschel/Weydt 1983, Lütten<br />

1979, Sandig 1979, Thurmair 1994, Weydt 1977, 1979, 1983.<br />

1


All<strong>er</strong>dings <strong>er</strong>wies sich sowohl die t<strong>er</strong>minologische als auch die begriffliche Bestimmung von `<strong>ja</strong><br />

´ in vorrangig gesprächsorganisatorischen Zusammenhängen als äuß<strong>er</strong>st het<strong>er</strong>ogen. Während<br />

Schwitalla (1976) `<strong>ja</strong>´ beispielsweise als „Eröffnungs- und Konsenssignal“ fasst, wird es von<br />

Burkhardt (1982) als „Gesprächswort“, von Gülich (1970), Ko<strong>er</strong>f<strong>er</strong> (1979), und Willkop (1988)<br />

als „Glied<strong>er</strong>ungssignal“, von Zifonun/Hoffmann/ Streck<strong>er</strong> (1997) als „Responsiv“ und von<br />

Weinrich (2005) als „Diskurspartikel“ behandelt. Problematisch ist diese Benennungsvielfalt<br />

vor allem deshalb, weil sich hint<strong>er</strong> den genannten T<strong>er</strong>mini jeweils unt<strong>er</strong>schiedliche Begrifflich-<br />

keiten v<strong>er</strong>b<strong>er</strong>gen: Während sich Weinrich mit seinen Hinweisen auf die Dialogpartikel `<strong>ja</strong>´ auf<br />

d<strong>er</strong>en Betrachtung als Eröffnungselement beschränkt, unt<strong>er</strong>suchen Willkop und Zifonun e.a. `<strong>ja</strong><br />

´ unt<strong>er</strong> den Benennungen „Glied<strong>er</strong>ungssignal“ bzw. „Responsiv“ in sein<strong>er</strong> Funktion als Ant-<br />

wortpartikel, als Hörrückmeldung, als Element des Vor-Vorfelds, als Augment und als Int<strong>er</strong>jek-<br />

tion. Doch trotz dies<strong>er</strong> ähnlich weiten begrifflichen Extension w<strong>er</strong>den Responsive von Zifonun<br />

e.a. (1997:367) als eigene Wortartklasse begriffen, wohingegen Willkop (1988:44) davon aus-<br />

geht, dass `<strong>ja</strong>´ als Glied<strong>er</strong>ungssignal unt<strong>er</strong>schiedlichen Wortarten zuzurechnen sei.<br />

Vor dem Hint<strong>er</strong>grund dies<strong>er</strong> uneinheitlichen t<strong>er</strong>minologischen und begrifflichen Situation<br />

möchte ich mich mit meinen weit<strong>er</strong>en Üb<strong>er</strong>legungen auf d<strong>er</strong> Grundlage eines Korpus von zehn<br />

Täglichen Talkshows mit dem Auftreten d<strong>er</strong> Partikel `<strong>ja</strong>´ im Vor-Vorfeld syntaktisch<strong>er</strong> Einhei-<br />

ten gesprochen<strong>er</strong> <strong>Sprache</strong> beschäftigen. 3 Hi<strong>er</strong>bei geht es mir in einem <strong>er</strong>sten Schritt (Abschnitt<br />

2) darum zu zeigen, dass sich `<strong>ja</strong>´ als Element des Vor-Vorfelds gesprochensprachlich<strong>er</strong> Einhei-<br />

ten im Hinblick auf Prosodie, Syntax, Semantik und Pragmatik deutlich von and<strong>er</strong>en Wortart-<br />

vorkommen unt<strong>er</strong>scheidet und insoweit im Anschluss an Au<strong>er</strong> und Günthn<strong>er</strong> (2005) als Element<br />

d<strong>er</strong> Wortart „Diskursmark<strong>er</strong>“ klassifizi<strong>er</strong>t w<strong>er</strong>den kann (Abschnitt 3).<br />

Ausgehend von diesen eh<strong>er</strong> kategorialen Üb<strong>er</strong>legungen soll im zweiten Teil des Artikels nach<br />

den spezifischen Funktionen gefragt w<strong>er</strong>den, die d<strong>er</strong> Diskursmark<strong>er</strong> `<strong>ja</strong>´ im Kontext Täglich<strong>er</strong><br />

Talkshows („Daily Talk“) <strong>er</strong>füllt. Grundlage dies<strong>er</strong> Üb<strong>er</strong>legungen bildet aus empirisch<strong>er</strong> P<strong>er</strong>-<br />

spektive ein Korpus aus 10 zwischen 1998 und 2003 aufgezeichneten und transkribi<strong>er</strong>ten Tägli-<br />

chen Talkshows, die in dies<strong>er</strong> Zeit massenhaft im deutschen F<strong>er</strong>nsehen zu sehen waren. Die Un-<br />

t<strong>er</strong>suchung von `<strong>ja</strong>´ in diesem konkreten medialen Zusammenhang ist im Hinblick auf eine ge-<br />

nau<strong>er</strong>e Beschreibung d<strong>er</strong> Funktionen von `<strong>ja</strong>´ als Diskursmark<strong>er</strong> insoweit relevant, als zu zeigen<br />

sein wird, dass `<strong>ja</strong>´ als Element des Vor-Vorfelds keineswegs <strong>nur</strong> positiv bestätigende Funktio-<br />

nen <strong>er</strong>füllt. G<strong>er</strong>ade in konfrontativen Talkshowpassagen leitet die Partikel häufig Vorwürfe od<strong>er</strong><br />

Wid<strong>er</strong>spruch ein. Konkret möchte ich ausgehend von den Gesprächsdaten in einem weit<strong>er</strong>en<br />

Abschnitt auf grundlegende Aspekte des Formats des „Daily Talk“ eingehen, die für eine ge-<br />

3 Ich w<strong>er</strong>de mich im Rahmen dieses Artikels aus Gründen d<strong>er</strong> v<strong>er</strong>einfachten Darstellung <strong>nur</strong> auf 2 d<strong>er</strong> 10 Talks-<br />

hows beziehen.<br />

2


nau<strong>er</strong>e Charakt<strong>er</strong>istik dies<strong>er</strong> Art des medialen Gesprächs im Hinblick auf eine funktionale Be-<br />

stimmung d<strong>er</strong> Partikel `<strong>ja</strong>´ von Bedeutung sind (Abschnitt 4). Diese allgemeinen Üb<strong>er</strong>legungen<br />

zum Format d<strong>er</strong> Täglichen Talkshow sollen hi<strong>er</strong>an anschließend im Hinblick auf die gattungs-<br />

spezifischen Funktionen, die d<strong>er</strong> Diskursmark<strong>er</strong> `<strong>ja</strong>´ in diesem medialen Rahmen <strong>er</strong>füllt, exem-<br />

plarisch ausgew<strong>er</strong>tet w<strong>er</strong>den (5. Abschnitt). Den Abschluss des Artikels bildet ein kurzes Fazit<br />

(6. Abschnitt).<br />

2. Zur Wortartenklassifikation d<strong>er</strong> Partikel „<strong>ja</strong>“<br />

Ausgangspunkt d<strong>er</strong> folgenden klassifikatorischen Üb<strong>er</strong>legungen zur Partikel `<strong>ja</strong>´ bildet die an-<br />

gesprochene Het<strong>er</strong>ogenität, die im Zusammenhang mit d<strong>er</strong> Beschäftigung mit `<strong>ja</strong>´ als ge-<br />

sprächsorganisatorischem Steu<strong>er</strong>ungselement zu beobachten ist. Unt<strong>er</strong> B<strong>er</strong>ücksichtigung d<strong>er</strong> <strong>er</strong>-<br />

wähnten vielfältigen kategoriellen Zuordnungen d<strong>er</strong> Partikel lässt sich festhalten, dass sich die<br />

oben genannten Wortartgruppen (Antwortpartikel, Modalpartikel, Hörrückmeldungen, Gliede-<br />

rungssignale u.a.) sowohl im Hinblick auf ihre int<strong>er</strong>aktionalen und semantischen Funktionen als<br />

auch hinsichtlich ihr<strong>er</strong> syntaktischen und intonatorischen Einbettung in den jeweiligen Kontext<br />

vielfältig unt<strong>er</strong>scheiden. Ohne diese Annahme nun für alle genannten Wortartengruppen im De-<br />

tail zu betrachten, soll sie ausgehend von den zugrunde liegenden Gesprächsdaten im Folgen-<br />

den exemplarisch anhand ein<strong>er</strong> Gegenüb<strong>er</strong>stellung d<strong>er</strong> Antwort- und Bestätigungspartikel `<strong>ja</strong>´<br />

und `<strong>ja</strong>´ im Vor-Vorfeld syntaktisch<strong>er</strong> Einheiten belegt w<strong>er</strong>den. 4<br />

D<strong>er</strong> folgende <strong>er</strong>ste Transkriptauszug aus d<strong>er</strong> Talkshow „Son<strong>ja</strong>“ zu dem Thema „Ich will ein<br />

Kind, ab<strong>er</strong> keine Frau“ ist ein<strong>er</strong> Situation entnommen, in d<strong>er</strong> die Mod<strong>er</strong>atorin (Mo) im Rahmen<br />

ein<strong>er</strong> Kontrov<strong>er</strong>se einen Gast aus dem Publikum (Pl) direkt mit folgenden Worten anspricht:<br />

(Bsp. 1)<br />

0245 Mo du exploDIERST gleich?<br />

0246 Pl `<strong>ja</strong>.<br />

0247 geNAU-<br />

0249 also:: das geht mir voll auf n [SACK ] was du [sagst ],<br />

0250 Mo [ZEIg<strong>er</strong>], [ZEIg<strong>er</strong>].<br />

0251 Pl ZEIg<strong>er</strong>.<br />

4 Die Gegenüb<strong>er</strong>stellung ausg<strong>er</strong>echnet dies<strong>er</strong> beiden Wortartklassen ist u.a. dadurch motivi<strong>er</strong>t, dass sich die Nutzung<br />

d<strong>er</strong> Partikel `<strong>ja</strong>´ als Element des Vor-Vorfelds aus sprachhistorisch<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive nach Molnár tatsächlich<br />

aus d<strong>er</strong> Antwort- und Bestätigungspartikel `<strong>ja</strong>´ entwickelt hat (Molnár 2000).<br />

3


Bei d<strong>er</strong> Reaktion des Angesprochenen (Pl) mit „<strong>ja</strong>“ 5 in Zeile 246 tritt die Partikel `<strong>ja</strong>´ in d<strong>er</strong><br />

Funktion ein<strong>er</strong> Antwort- und Bestätigungspartikel auf. Es handelt sich um den zweiten Teil ei-<br />

nes Frage- Antwort-Formats, mit dem d<strong>er</strong> Angesprochene den v<strong>er</strong>muteten propositionalen Ge-<br />

halt d<strong>er</strong> redeaufford<strong>er</strong>nden Frage d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>atorin (Mo) bestätigt. Damit liegt hi<strong>er</strong> eine proposi-<br />

tional vollständige Einheit vor. Auch wenn diese in Zeile 247 durch ein <strong>er</strong>gänzendes „genau“<br />

semantisch v<strong>er</strong>stärkt und anschließend vom Angesprochenen inhaltlich ausdiff<strong>er</strong>enzi<strong>er</strong>t wird<br />

(siehe Zeile 249), kommt dem „<strong>ja</strong>“ in Anbetracht d<strong>er</strong> vorh<strong>er</strong>gehenden Frage d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>atorin<br />

d<strong>er</strong> Status ein<strong>er</strong> eigenständigen Turnkonstruktionseinheit zu. Das „<strong>ja</strong>.“ bildet somit eine abge-<br />

schlossene Teilantwort im Rahmen des initii<strong>er</strong>ten Must<strong>er</strong>s. Diese Annahmen w<strong>er</strong>den auch da-<br />

durch unt<strong>er</strong>strichen, dass das „<strong>ja</strong>.“ als eigenständige Intonationskontur realisi<strong>er</strong>t wird.<br />

Ähnliches gilt auch für das folgende Beispiel aus d<strong>er</strong> gleichen Talkshow. In diesem Fall spricht<br />

die Mod<strong>er</strong>atorin (Mo) ihren <strong>er</strong>sten Gast, Kaletto (Ka), unmittelbar nachdem sie ihn vorgestellt<br />

hat, zum <strong>er</strong>sten Mal direkt an:<br />

(Bsp. 2)<br />

0019 Mo kaLETto;<br />

0020 Ka [<strong>ja</strong> ].<br />

0021 Mo [ehm](.) DU: bist d<strong>er</strong> ANsicht,<br />

0022 Mo du möchtest g<strong>er</strong>ne ein KIND haben,<br />

0023 ;<br />

Mit seinem „<strong>ja</strong>.“ in Zeile 20 bestätigt d<strong>er</strong> Gast Ka positiv, dass <strong>er</strong> Mo zuhört und redeb<strong>er</strong>eit ist.<br />

Mit dies<strong>er</strong> Bestätigung reagi<strong>er</strong>t <strong>er</strong> auf die vorh<strong>er</strong>gehende namentliche Ansprache d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ato-<br />

rin, die sowohl als Aufford<strong>er</strong>ung als auch als Frage int<strong>er</strong>preti<strong>er</strong>t w<strong>er</strong>den kann. Eine Bestätigung<br />

sein<strong>er</strong> Aufm<strong>er</strong>ksamkeit (und Redeb<strong>er</strong>eitschaft) ist in d<strong>er</strong> konkreten Situation int<strong>er</strong>aktionell an-<br />

gemessen, da Mo sich zum <strong>er</strong>sten Mal im Rahmen d<strong>er</strong> Sendung an ihn wendet.<br />

Dennoch stellt sich aufgrund d<strong>er</strong> Simultaneität von Ka`s Reaktion und d<strong>er</strong> propositionalen und<br />

int<strong>er</strong>aktionalen Mehrdeutigkeit d<strong>er</strong> Namensnennung die Frage, ob das „<strong>ja</strong>.“ in Zeile 20 tatsäch-<br />

lich als selbständig<strong>er</strong> Antwortturn int<strong>er</strong>preti<strong>er</strong>t w<strong>er</strong>den muss, od<strong>er</strong> ob es sich um eine Hör<strong>er</strong>-<br />

rückmeldung handelt. Für eine Lesart als Antwortturn spricht zum einen, dass Mo die Nennung<br />

Kalettos Namens als abgeschlossene Intonationseinheit realisi<strong>er</strong>t, zum and<strong>er</strong>n, dass sie in Zeile<br />

23 nicht bruchlos weit<strong>er</strong>spricht, sond<strong>er</strong>n sich parallel zu Ka´s „<strong>ja</strong>“ mit d<strong>er</strong> V<strong>er</strong>zög<strong>er</strong>ungspartikel<br />

„ehm“ (gefolgt von ein<strong>er</strong> kurzen Pause) lediglich den folgenden Turn sich<strong>er</strong>t. Erst im Anschluss<br />

5 Imm<strong>er</strong> dann, wenn ein konkretes „<strong>ja</strong>“ ziti<strong>er</strong>t wird, wird es im Weit<strong>er</strong>en mir doppelten Anführungsstrichen gekennzeichnet.<br />

Soll die Partikel `<strong>ja</strong>´ allgemein als Element ein<strong>er</strong> Wortartklasse betrachtet w<strong>er</strong>den, so wird es wie<br />

bish<strong>er</strong> auch mit einfachen Anführungsstrichen gekennzeichnet.<br />

4


an seine Bestätigung fährt sie mit d<strong>er</strong> redeaufford<strong>er</strong>nden Zusammenfassung d<strong>er</strong> Position Ka´s<br />

fort. Aus ein<strong>er</strong> solchen P<strong>er</strong>spektive stellt Ka´s bestätigendes „<strong>ja</strong>.“ in Zeile 20 eine turnw<strong>er</strong>tige<br />

Einheit dar, mit d<strong>er</strong> eine selbständige Proposition realisi<strong>er</strong>t wird (Bestätigung d<strong>er</strong> Aufm<strong>er</strong>ksam-<br />

keit und Redeb<strong>er</strong>eitschaft). Diese Annahme wird auch hi<strong>er</strong> wied<strong>er</strong> dadurch unt<strong>er</strong>strichen, dass<br />

es sich bei Ka´s „<strong>ja</strong>“ um eine abgeschlossen Intonationskontur handelt.<br />

Wie sieht es nun aus, wenn die Partikel `<strong>ja</strong>´ lediglich ein turneinleitendes Element im Vor-Vor-<br />

feld ein<strong>er</strong> syntaktischen Einheit bildet? Dies soll nun am folgenden Auszug aus d<strong>er</strong> Talkshow<br />

„Andreas Türck“ v<strong>er</strong>deutlicht w<strong>er</strong>den, in d<strong>er</strong> die Frage „Sind Frauen dümm<strong>er</strong> als Männ<strong>er</strong>?“ be-<br />

handelt wird. Unmittelbar vor dem folgenden Auszug hat ein Mann einen moslemischen Gast,<br />

d<strong>er</strong> unmittelbar vorh<strong>er</strong> die These v<strong>er</strong>treten hatte, dass Frauen durchgängig dümm<strong>er</strong> seien als<br />

Männ<strong>er</strong>, daran <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t, dass d<strong>er</strong> Koran ihm die Auflage mache, Frauen zu respekti<strong>er</strong>en. D<strong>er</strong><br />

Mod<strong>er</strong>ator (Mo) unt<strong>er</strong>bricht diesen Mann und fragt einen and<strong>er</strong>en Gast (Ga), wie <strong>er</strong> dies sehe.<br />

(Bsp. 3)<br />

0315 Mo was meinst denn DU.<br />

0316 Ga <strong>ja</strong> <strong>er</strong> <strong>redet</strong> <strong>nur</strong> <strong>MÜLL</strong> hi<strong>er</strong>.<br />

0317 [das ] hat doch gar nichts mit reliGION zu tun.<br />

0318 Mo [waRUM?]<br />

0319 Ga das is ne EINstellung.<br />

0320 IS doch so.<br />

Zunächst einmal fällt auf, dass das einleitende `<strong>ja</strong>´ von Ga in Zeile 316 keine eigenständige<br />

Turnkonstruktionseinheit im Rahmen eines Must<strong>er</strong>s ist. Es stellt alleine keine sinnvolle Reakti-<br />

on auf die vorh<strong>er</strong>gehende Redeaufford<strong>er</strong>ung des Mod<strong>er</strong>ators dar, sond<strong>er</strong>n fungi<strong>er</strong>t hi<strong>er</strong> als tur-<br />

neinleitendes Eröffnungssignal, das an d<strong>er</strong> Nahtstelle des Sprech<strong>er</strong>wechsels sowohl rückbezüg-<br />

liche (retraktive) als auch vorausweisende (projektive) Funktionen <strong>er</strong>füllt: 6 Diese Annahme<br />

wird zusätzlich durch die sequenzielle Einbettung des Turns von Ga <strong>er</strong>sichtlich. Da es sich bei<br />

d<strong>er</strong> Frage von Mo um eine W-Frage (und nicht um eine Entscheidungsfrage) handelt, kann das<br />

einleitende `<strong>ja</strong>´ keine Antwortpartikel sein. Zum einen wird rückbezüglich die Turnüb<strong>er</strong>nahme<br />

bestätigt und damit die B<strong>er</strong>eitschaft <strong>er</strong>klärt, auf die vorh<strong>er</strong>gehende Redeaufford<strong>er</strong>ung von Mo<br />

zu reagi<strong>er</strong>en. Zum and<strong>er</strong>en zieht die damit signalisi<strong>er</strong>te B<strong>er</strong>eitschaft d<strong>er</strong> Turnüb<strong>er</strong>nahme vor<br />

dem Hint<strong>er</strong>grund d<strong>er</strong> vorh<strong>er</strong>gehenden Redeaufford<strong>er</strong>ung des Mod<strong>er</strong>ators die Konsequenz nach<br />

sich, den üb<strong>er</strong>nommenen Turn für eine konkrete Stellungnahme nutzen zu müssen. Damit <strong>er</strong>-<br />

füllt das üb<strong>er</strong>leitende „<strong>ja</strong>“ neben rückbezüglichen gleichzeitig auch projektive Funktionen, in-<br />

6 Ich üb<strong>er</strong>nehme diese Begrifflichkeit von Au<strong>er</strong> (2000, 2005), ohne dessen im engen Sinne syntaktischen Anschlussüb<strong>er</strong>legungen<br />

in diesem Artikel gleich<strong>er</strong>maßen zu nutzen.<br />

5


dem die B<strong>er</strong>eitschaft zur Turnüb<strong>er</strong>nahme vor dem Hint<strong>er</strong>grund d<strong>er</strong> konkreten Sequenzstruktur<br />

zwangsläufig eine nun folgende Positioni<strong>er</strong>ung Ga´s zur Frage Mo´s <strong>er</strong>wartbar macht. Diese<br />

vollzieht d<strong>er</strong> Gast mit ein<strong>er</strong> Stellungnahme, die man eindeutig als Angriff auf den Vorredn<strong>er</strong><br />

bezeichnen muss („<strong>er</strong> <strong>redet</strong> <strong>nur</strong> <strong>MÜLL</strong> hi<strong>er</strong>“). Dem einleitenden `<strong>ja</strong>´ vor dem Hint<strong>er</strong>grund ein<strong>er</strong><br />

solchen W<strong>er</strong>tung auf propositional<strong>er</strong> Ebene eine positiv bestätigende Funktion zuzusprechen,<br />

wäre kaum üb<strong>er</strong>zeugend. Die ursprünglich bestätigende Bedeutung d<strong>er</strong> Antwortpartikel `<strong>ja</strong>´<br />

bleibt jedoch auf int<strong>er</strong>aktional<strong>er</strong> Ebene als B<strong>er</strong>eitschaft zur Turnüb<strong>er</strong>nahme <strong>er</strong>halten.<br />

Aus gesprächsorganisatorisch<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive fungi<strong>er</strong>t das einleitende „<strong>ja</strong>“ im vorliegenden Fall<br />

damit zum einen als Mittel d<strong>er</strong> V<strong>er</strong>knüpfung von zwei int<strong>er</strong>aktionalen Einheiten, zum and<strong>er</strong>en<br />

projizi<strong>er</strong>t es eine anschließende Stellungnahme zum Vorh<strong>er</strong>gehenden in Form eines Angriffs<br />

auf den Vorredn<strong>er</strong>. Diese Bewegung geht einh<strong>er</strong> mit ein<strong>er</strong> Relevanzv<strong>er</strong>lag<strong>er</strong>ung (Skopusv<strong>er</strong>-<br />

schiebung) weg von d<strong>er</strong> Partikel selb<strong>er</strong> hin zum zweiten Teil d<strong>er</strong> syntaktischen Einheit, dem<br />

Vorwurf. Diese Charakt<strong>er</strong>istik wird dadurch unt<strong>er</strong>strichen, dass das „<strong>ja</strong>“ prosodisch in die fol-<br />

gende syntaktische Einheit integri<strong>er</strong>t ist und somit keine eigenständige Intonationskontur bildet.<br />

V<strong>er</strong>gleicht man nun die Funktionen von `<strong>ja</strong>´ als Vor-Vorfeldelement mit den oben exemplarisch<br />

beschriebenen Funktionen d<strong>er</strong> Antwort- und Bestätigungspartikel `<strong>ja</strong>´, so kann man aus seman-<br />

tisch<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive festhalten, dass die Bedeutung d<strong>er</strong> Partikel `<strong>ja</strong>´ als Element des Vor-Vor-<br />

felds wenig<strong>er</strong> auf propositional<strong>er</strong> als vielmehr auf diskursfunktional<strong>er</strong> Ebene liegt. Die Partikel<br />

<strong>er</strong>füllt vorrangig kohäsive Funktionen auf diskurspragmatisch<strong>er</strong> Ebene, indem sie die prinzipi-<br />

elle B<strong>er</strong>eitschaft zur Int<strong>er</strong>aktion bestätigt und damit d<strong>er</strong>en Nutzung im Sinne ein<strong>er</strong> folgenden<br />

Stellungnahme einleitet. Insoweit kommt es v<strong>er</strong>glichen mit d<strong>er</strong> Funktion d<strong>er</strong> Antwort- und Be-<br />

stätigungspartikel `<strong>ja</strong>´ zu ein<strong>er</strong> V<strong>er</strong>lag<strong>er</strong>ung d<strong>er</strong> ursprünglich denotativen Bedeutung d<strong>er</strong> „Be<strong>ja</strong>-<br />

hung und Bestätigung“ auf eine dominant metapragmatische Ebene.<br />

Diese V<strong>er</strong>lag<strong>er</strong>ung des funktionalen Schw<strong>er</strong>punkts aus dem semantischen in den diskursorgani-<br />

satorischen B<strong>er</strong>eich soll anhand eines zweiten Transkriptauszugs aus d<strong>er</strong> weit<strong>er</strong> oben b<strong>er</strong>eits <strong>er</strong>-<br />

wähnten Talkshow „Son<strong>ja</strong>“ zum Thema „Ich will ein Kind ab<strong>er</strong> keine Frau“ betrachtet w<strong>er</strong>den.<br />

Die folgende Sequenz einleitend formuli<strong>er</strong>t die Mod<strong>er</strong>atorin (Mo) die Frage, ob zu ihrem Talk-<br />

gast Kaletto (Ka) tatsächlich ein Kind gehöre. Im Anschluss an dessen Stellungnahme mischt<br />

sich d<strong>er</strong> Studiogast Irma (Ir) in das Gespräch ein:<br />

(Bsp. 4)<br />

0038 Mo gehört zu DIR ein KIND;<br />

0039 Ka eh ffff (.) is ne gute FRAge.<br />

0040 ich denke JA;<br />

0041 ich MÖCHte g<strong>er</strong>ne eins.<br />

6


0042 Ir `<strong>ja</strong> und wenn das n MÄDchen is?<br />

Entscheidend ist auch an diesem Auszug die Beobachtung, dass Ir ihre kritisch kommenti<strong>er</strong>ende<br />

Nachfrage in Zeile 42 „`<strong>ja</strong> und wenn das n MÄDchen is?“ ebenfalls mit einem „`<strong>ja</strong>“ einleitet<br />

und damit eine Folgeäuß<strong>er</strong>ung projizi<strong>er</strong>t, die unt<strong>er</strong> Bezug auf die vorh<strong>er</strong>gehende Stellungnahme<br />

des Gastes Ka mindestens als kritische Nachfrage, wenn nicht als Vorwurf zu int<strong>er</strong>preti<strong>er</strong>en ist.<br />

Wed<strong>er</strong> das einleitende „`<strong>ja</strong>“ alleine, noch dessen gemeinsames Auftreten mit „und“ stellt aus<br />

propositional<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive eine sinnvolle Reaktion auf die vorh<strong>er</strong>gehende kommunikative Ak-<br />

tivität von Ka dar, da wed<strong>er</strong> das „<strong>ja</strong>“ etwas bestätigt noch das anschließende „und“ eine syntak-<br />

tische V<strong>er</strong>knüpfung im Sinne ein<strong>er</strong> Konjunktion darstellt (* „ich MÖCHte g<strong>er</strong>ne eins. (`<strong>ja</strong>) und<br />

wenn das n MÄDchen is?“). Es handelt sich bei dem einleitenden „`<strong>ja</strong> und“ vielmehr um ein<br />

konventionalisi<strong>er</strong>tes Einleitungselement, das von Ir zu ein<strong>er</strong> an die vorh<strong>er</strong>gehenden Äuß<strong>er</strong>ungen<br />

anschließenden Stellungnahme genutzt wird.<br />

Damit <strong>er</strong>füllt das „`<strong>ja</strong>“ hi<strong>er</strong> <strong>er</strong>neut kohäsive, das heißt sowohl retraktive als auch projektive<br />

Funktionen: Es bestätigt auf int<strong>er</strong>aktional<strong>er</strong> Ebene die B<strong>er</strong>eitschaft, sich mit d<strong>er</strong> folgenden Stel-<br />

lungnahme auf die vorh<strong>er</strong>gehende Positioni<strong>er</strong>ung von Ka zu beziehen und projizi<strong>er</strong>t üb<strong>er</strong>leitend<br />

die folgende eigene Positioni<strong>er</strong>ung zu dem Thema „Ich möchte ein Kind, ab<strong>er</strong> keine Frau“. Im<br />

Unt<strong>er</strong>schied zum Gebrauch d<strong>er</strong> Bestätigungs- und Antwortpartikel `<strong>ja</strong>´ ist <strong>er</strong>neut festzuhalten,<br />

dass das einleitende „`<strong>ja</strong>“ keine eigenständig bestimmbare Proposition aufweist, sond<strong>er</strong>n dass<br />

seine Funktion <strong>er</strong>neut auf diskursorganisatorisch<strong>er</strong> Ebene in d<strong>er</strong> Üb<strong>er</strong>leitung zur Formuli<strong>er</strong>ung<br />

eines Einspruchs liegt. Dass dem „`<strong>ja</strong> und“ hi<strong>er</strong>bei vorrangig eine zur eigentlichen Stellungnah-<br />

me üb<strong>er</strong>leitende Funktionen zukommen, wird zusätzlich durch die intonatorische Integration in<br />

das Folgesyntagma („<strong>ja</strong> und wenn das n MÄDchen is?“) unt<strong>er</strong>strichen.<br />

Betrachtet man nun die bish<strong>er</strong>igen Transkriptauszüge im V<strong>er</strong>gleich, so lässt sich im Hinblick<br />

auf den Gebrauch von `<strong>ja</strong>´ aus pragmatisch<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive festhalten, dass die für die Antwort-<br />

und Bestätigungspartikel `<strong>ja</strong>´ evidente Bestätigungsfunktion bezogen aus `<strong>ja</strong>´ als Element des<br />

Vor-Vorfeld and<strong>er</strong>s beschrieben w<strong>er</strong>den muss. Zwar unt<strong>er</strong>streicht `<strong>ja</strong>´ als Element des Vor-Vor-<br />

felds auf gesprächsorganisatorisch<strong>er</strong> Ebene die prinzipielle B<strong>er</strong>eitschaft des/d<strong>er</strong> Sprechenden,<br />

die Int<strong>er</strong>aktion fortzusetzen, von ein<strong>er</strong> v<strong>er</strong>gleichbaren Bestätigung auf propositional<strong>er</strong> Ebene<br />

kann ausgehend von den unt<strong>er</strong>suchten Talkshowbeispielen jedoch keine Rede sein. Hi<strong>er</strong> scheint<br />

das Potenzial des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ vielmehr in ein<strong>er</strong> prinzipiell bedeutungsoffenen Ambigui-<br />

tät zu bestehen, die es ihm <strong>er</strong>laubt, eine kommunikative Beziehung zu bestätigen und dabei<br />

7


gleichzeitig eine Gegenpositioni<strong>er</strong>ung in Form eines Vorwurfs bzw. eines Wid<strong>er</strong>spruchs einzu-<br />

leiten. 7<br />

Bevor die damit evidente Frage nach den (möglich<strong>er</strong>weise gattungsspezifischen) Gründen für<br />

das turneinleitende Auftreten von `<strong>ja</strong>´ im Zusammenhang mit d<strong>er</strong> Formuli<strong>er</strong>ung von Wid<strong>er</strong>-<br />

spruch bzw. Gegenpositioni<strong>er</strong>ungen im Rahmen Täglich<strong>er</strong> Talkshows genau<strong>er</strong> betrachtet w<strong>er</strong>-<br />

den kann, sollen die bish<strong>er</strong> <strong>nur</strong> exemplarisch unt<strong>er</strong>suchten Eigenschaften von Vor-Vor-<br />

feldelementen wie `<strong>ja</strong>´ im folgenden Abschnitt zunächst aus kategorial<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive im An-<br />

schluss an Üb<strong>er</strong>legungen von Au<strong>er</strong> und Günthn<strong>er</strong> (2005) zur Wortart „Diskursmark<strong>er</strong>“ genau<strong>er</strong><br />

bestimmt w<strong>er</strong>den.<br />

3. Die Partikel „<strong>ja</strong>“ als Diskursmark<strong>er</strong><br />

Ausgehend von den transkriptgestützten Beobachtungen des vorh<strong>er</strong>gehenden Abschnitts, die<br />

deutliche Diff<strong>er</strong>enzen zwischen dem Gebrauch d<strong>er</strong> Partikel `<strong>ja</strong>´ als Vor-Vorfeldelement und d<strong>er</strong><br />

homophonen Antwortpartikel `<strong>ja</strong>´ h<strong>er</strong>vorgehoben haben, soll die Partikel `<strong>ja</strong>´ in dies<strong>er</strong> Position<br />

im Anschluss an Üb<strong>er</strong>legungen von Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> im Weit<strong>er</strong>en als Element d<strong>er</strong> eigenständigen<br />

Wortart „Diskursmark<strong>er</strong>“ gefasst w<strong>er</strong>den. 8<br />

Unt<strong>er</strong> dies<strong>er</strong> Benennung fassen die Autor/inn/en eine Gruppe sprachlich<strong>er</strong> Zeichen zusammen,<br />

die wie das von mir analysi<strong>er</strong>te Vor-Vorfeldelement `<strong>ja</strong>´ „hauptsächlich od<strong>er</strong> ausschließlich in<br />

d<strong>er</strong> gesprochenen <strong>Sprache</strong> vorkommen und sich durch ihre grammatische Position im Satz so-<br />

wie üb<strong>er</strong> ihre Bedeutung für die Text- und Gesprächsorganisation defini<strong>er</strong>en<br />

lassen“ (Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> 2005:335). Aus topologisch<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive sind die Elemente dies<strong>er</strong><br />

Wortartklasse „durch ihre p<strong>er</strong>iph<strong>er</strong>e syntaktische Struktur gekennzeichnet“, was bedeutet, dass<br />

sie „selbständigen Syntagmen voran- od<strong>er</strong> nachgestellt“ w<strong>er</strong>den (Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> 2005:335f.).<br />

Hinsichtlich d<strong>er</strong> spezifischen text- bzw. gesprächsorganisatorischen Funktionen von Diskurs-<br />

mark<strong>er</strong>n unt<strong>er</strong>streichen Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> den auch anhand mein<strong>er</strong> Transkriptauszüge beobachtba-<br />

ren metapragmatischen Charakt<strong>er</strong> von Diskursmark<strong>er</strong>n, indem sie h<strong>er</strong>ausstellen, dass diese<br />

Wortartvorkommen unt<strong>er</strong>schiedliche diskursbezogene Funktionen <strong>er</strong>füllen, beispielsweise hin-<br />

sichtlich d<strong>er</strong> V<strong>er</strong>knüpfung von Äuß<strong>er</strong>ungen und d<strong>er</strong> Durchführung von Sprechwechseln (Au<strong>er</strong>/<br />

Günthn<strong>er</strong> 2005:336). Allgemein<strong>er</strong> gefasst stellen sie fest, dass Diskursmark<strong>er</strong> sprachliches Han-<br />

deln in seinen formalen Voraussetzungen sich<strong>er</strong>n bzw. es im Kontext v<strong>er</strong>ank<strong>er</strong>n (Au<strong>er</strong>/Günth-<br />

n<strong>er</strong> 2005:336). Diese topologischen bzw. diskursfunktionalen Charakt<strong>er</strong>istika <strong>er</strong>füllen die oben<br />

unt<strong>er</strong>suchten Vorkommen von `<strong>ja</strong>´ als Vor-Vorfeldelement durchgängig.<br />

7 Siehe dazu auch Günthn<strong>er</strong> 2000b:155ff und N<strong>er</strong>lich/Clarke 2001:3ff.<br />

8 Siehe dazu üb<strong>er</strong> Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> 2005 hinaus Günthn<strong>er</strong> 2000a, Günthn<strong>er</strong>/Imo 2003.<br />

8


Im Hinblick auf den durchgeführten V<strong>er</strong>gleich zwischen d<strong>er</strong> Partikel `<strong>ja</strong>´ als Antwortpartikel<br />

und als Element des Vor-Vorfelds ist üb<strong>er</strong> die genannten Krit<strong>er</strong>ien hinaus entscheidend, dass<br />

die Autor/inn/en davon ausgehen, dass eine Vielzahl von Diskursmark<strong>er</strong>n homophon mit an-<br />

d<strong>er</strong>en Wortarten sind und aus diachron<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive aus diesen entstanden sind (Au<strong>er</strong>/Günth-<br />

n<strong>er</strong> 2005:336; 348f.). Diese Entwicklung fassen sie im Anschluss an Hopp<strong>er</strong> als Form d<strong>er</strong> De-<br />

kategorisi<strong>er</strong>ung (Hopp<strong>er</strong> 1991), indem sie h<strong>er</strong>ausstellen, dass es sich bei Diskursmark<strong>er</strong>n um<br />

sprachliche Zeichen (wie das von mir unt<strong>er</strong>suchte `<strong>ja</strong>´; d. V<strong>er</strong>f.) handelt, die sich aus zentral<strong>er</strong>en<br />

grammatischen Kategorien“ (in meinem Fall die Antwortpartikel `<strong>ja</strong>´; d. V<strong>er</strong>f.) „in Richtung auf<br />

eine wenig<strong>er</strong> zentrale grammatische Kategorie (nämlich die Randkategorie Diskursmark<strong>er</strong>)“<br />

entwickelt haben (Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> 2005:348).<br />

Weit<strong>er</strong> weisen die Autor/inn/en darauf hin, dass im Zuge „d<strong>er</strong> formalen Umkategorisi<strong>er</strong>ung die<br />

ursprüngliche Semantik d<strong>er</strong> Wört<strong>er</strong> od<strong>er</strong> Konstruktionen ausbleicht“, wohingegen ihre diskurs-<br />

funktionale Relevanz zunimmt (Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> 2005:349). Auch dies<strong>er</strong> Befund deckt sich mit<br />

den Beobachtungen anhand d<strong>er</strong> Transkriptauszüge des vorh<strong>er</strong>gehenden Kapitels insoweit, als<br />

sich dort zeigte, dass das einleitende `<strong>ja</strong>´ im Vor-Vorfeld keine Bestätigung ein<strong>er</strong> vorh<strong>er</strong>gehen-<br />

den Aktivität darstellt, sond<strong>er</strong>n vorrangig int<strong>er</strong>aktive Funktionen auf d<strong>er</strong> Ebene d<strong>er</strong> Gesprächs-<br />

organisation <strong>er</strong>füllt. Besond<strong>er</strong>s deutlich wurde dies dort, wo dem `<strong>ja</strong>´ die Funktion zukam, einen<br />

anschließenden Vorwurf bzw. Wid<strong>er</strong>spruch einzuleiten. Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> fassen Beobachtungen<br />

wie diese mit d<strong>er</strong> Feststellung eines Wandels von ein<strong>er</strong> dominant denotativen hin zu ein<strong>er</strong> vor-<br />

rangig metapragmatischen Bedeutung von Diskursmark<strong>er</strong>n zusammen (Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong><br />

2005:349). Dies<strong>er</strong> Wandel geht (wie ebenfalls an den vorh<strong>er</strong>gehenden Transkriptauszügen gese-<br />

hen) einh<strong>er</strong> mit d<strong>er</strong> Tatsache, dass d<strong>er</strong> Skopus von Diskursmark<strong>er</strong>n, v<strong>er</strong>glichen mit dem d<strong>er</strong><br />

Ausgangskategorie, niemals abnimmt, sond<strong>er</strong>n in d<strong>er</strong> Regel zunimmt (Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong><br />

2005:349).<br />

Die Annahme ein<strong>er</strong> durch Formen d<strong>er</strong> Dekategorisi<strong>er</strong>ung entstandenen neuen Wortartklasse<br />

„Diskursmark<strong>er</strong>“ gewinnt üb<strong>er</strong> den sprachhistorischen Zusammenhang hinaus unt<strong>er</strong> Bezug auf<br />

meine bish<strong>er</strong>igen Transkriptbeobachtungen dadurch an Üb<strong>er</strong>zeugungskraft, dass neben den von<br />

Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> völlig zu Recht betonten Unt<strong>er</strong>schieden auf int<strong>er</strong>aktionell<strong>er</strong> Ebene dennoch „be-<br />

stätigende“ Reste d<strong>er</strong> Ursprungswortart „Antwort- und Bestätigungspartikel“ zu beobachten wa-<br />

ren. Die Evidenz dies<strong>er</strong> v<strong>er</strong>bleibenden Gemeinsamkeit im Hinblick auf die Annahme ein<strong>er</strong> De-<br />

kategorisi<strong>er</strong>ung wird beim Blick in das zugrunde liegende Korpus zusätzlich dadurch unt<strong>er</strong>stri-<br />

chen, dass sich dort Beispiele finden, in denen die Partikel `<strong>ja</strong>´ wed<strong>er</strong> d<strong>er</strong> einen noch d<strong>er</strong> ande-<br />

ren Wortartklasse eindeutig zugeordnet w<strong>er</strong>den kann. Diese Vorkommen, die im Anschluss an<br />

Günthn<strong>er</strong> und Imo als „Zwischenstufen“ zwischen d<strong>er</strong> Ursprungswortart und d<strong>er</strong> Wortart „Dis-<br />

9


kursmark<strong>er</strong>“ gefasst w<strong>er</strong>den können (Günthn<strong>er</strong>/Imo 2003:14), sollen im Folgenden anhand ei-<br />

nes weit<strong>er</strong>en Transkriptauszugs genau<strong>er</strong> betrachtet w<strong>er</strong>den.<br />

Konkret handelt es sich <strong>er</strong>neut um eine Sequenz aus d<strong>er</strong> Talkshow „Son<strong>ja</strong>“ zum Thema „Ich<br />

will ein Kind, ab<strong>er</strong> keine Frau“. Nachdem d<strong>er</strong> <strong>er</strong>ste Talkgast Kaletto (Ka) seine Position gesteu-<br />

<strong>er</strong>t durch die Fragen d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>atorin dargestellt hat, ruft diese ihren zweiten Gast, Eske (Es),<br />

eine allein<strong>er</strong>ziehende Mutt<strong>er</strong> eines b<strong>er</strong>eits <strong>er</strong>wachsenen Sohns, auf die Bühne und formuli<strong>er</strong>t die<br />

folgende <strong>er</strong>ste Frage:<br />

(Bsp. 5)<br />

0191 Mo ESke;<br />

0192 du hast eh MITv<strong>er</strong>folgen können,<br />

0193 wie die mEI:nung (.) von kaLETto ist?<br />

0194 Es <strong>ja</strong> ich hab nich alles ganz v<strong>er</strong>STANDen,<br />

0195 ab<strong>er</strong> so in ETwa-<br />

0196 <strong>ja</strong>-<br />

Das turneinleitende „<strong>ja</strong>“ von Es in Zeile 194 bildet aus viel<strong>er</strong>lei Gründen eine Art ambige Zwi-<br />

schenstufe zwischen `<strong>ja</strong>´ als Diskursmark<strong>er</strong> und `<strong>ja</strong>´ als Antwortpartikel. Zunächst einmal for-<br />

muli<strong>er</strong>t die Mod<strong>er</strong>atorin (Mo) unmittelbar vor Eskes (Es) Reaktion eine Entscheidungsfrage<br />

(V<strong>er</strong>bzweitstellung mit Frageintonation), die sinnvoll mit einem `<strong>ja</strong>´ od<strong>er</strong> mit einem `nein´ be-<br />

antwortet w<strong>er</strong>den kann. Insoweit wäre es <strong>nur</strong> einleuchtend, das einleitende „<strong>ja</strong>“ von Es als Ant-<br />

wort auf diese Frage zu betrachten.<br />

Gleichzeitig finden sich jedoch mehr<strong>er</strong>e Hinweise, die eine solche Lesart fraglich <strong>er</strong>scheinen<br />

lassen: Zum einen ist das einleitende „<strong>ja</strong>“ nicht als eigenständige Intonationskontur realisi<strong>er</strong>t,<br />

sond<strong>er</strong>n als integri<strong>er</strong>t<strong>er</strong> Bestandteil d<strong>er</strong> folgenden syntaktischen Einheit („<strong>ja</strong> ich hab nich alles<br />

ganz v<strong>er</strong>STANDen,“). Obgleich sich eine solche intonatorische Integration von `<strong>ja</strong>´ als Ant-<br />

wort- und Bestätigungspartikel in meinem Korpus v<strong>er</strong>einzelt findet, spricht gegen eine eindeuti-<br />

ge Bestimmung des „<strong>ja</strong>“ als Bestätigungspartikel im vorliegenden Fall jedoch, dass d<strong>er</strong> proposi-<br />

tionale Gehalt des Folgesyntagmas „ich hab nich alles ganz v<strong>er</strong>STANDen,“ eine Int<strong>er</strong>pretation<br />

des `<strong>ja</strong>´ als positive Bestätigung aus semantisch<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive zweifelhaft <strong>er</strong>scheinen lässt. In-<br />

soweit könnte das „<strong>ja</strong>“ ebenso gut <strong>er</strong>neut als turneinleitende Üb<strong>er</strong>nahmebestätigung int<strong>er</strong>preti<strong>er</strong>t<br />

w<strong>er</strong>den.<br />

Gegen eine eindeutige Entscheidung für eine solche Lesart spricht aus sequenziell<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive<br />

jedoch wied<strong>er</strong>um, dass Es ihre Festlegung auf ein (alles in allem dann doch) bestätigendes `<strong>ja</strong>´<br />

<strong>er</strong>st im V<strong>er</strong>lauf ihres Turns schrittweise prozessi<strong>er</strong>t, indem sie in Zeile 195 ihre Ersteinschrän-<br />

10


kung („ich hab nich alles ganz v<strong>er</strong>STANDen,“) zu einem diese Aussage abschwächenden „ab<strong>er</strong><br />

so in ETwa-“ umformuli<strong>er</strong>t, bevor sie die Frage d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>atorin abschließend mit einem insge-<br />

samt zustimmenden „<strong>ja</strong>“ positiv bestätigt. Die Identität des einleitenden und des abschließenden<br />

`<strong>ja</strong>´ könnte hi<strong>er</strong> zwar auch als Hinweis für einen zweifachen Gebrauch ein<strong>er</strong> Antwortpartikel in-<br />

t<strong>er</strong>preti<strong>er</strong>t w<strong>er</strong>den, eindeutig wäre eine solche Int<strong>er</strong>pretation unt<strong>er</strong> B<strong>er</strong>ücksichtigung all<strong>er</strong> ge-<br />

nannten Aspekte jedoch nicht.<br />

Diese Abwägungen zusammenfassend kann man festhalten, dass eine eindeutige Bestimmung<br />

des turneinleitenden „<strong>ja</strong>“ nicht möglich ist. Vielmehr ist auch hi<strong>er</strong> wied<strong>er</strong> die Ambiguität d<strong>er</strong><br />

Partikel `<strong>ja</strong>´ im Vor-Vorfeld h<strong>er</strong>auszustellen, die im vorliegenden Fall all<strong>er</strong>dings nicht <strong>nur</strong> in ih-<br />

r<strong>er</strong> diskursiven Mehrdeutigkeit zu sehen ist, sond<strong>er</strong>n darüb<strong>er</strong> hinaus in einem Changi<strong>er</strong>en zwi-<br />

schen den beiden Wortartklassen „Diskursmark<strong>er</strong>“ und „Antwortpartikel“ besteht. Diese Beob-<br />

achtung v<strong>er</strong>deutlicht, dass es jenseits d<strong>er</strong> identischen morphologischen Ob<strong>er</strong>fläche eine funktio-<br />

nale Schnittmenge zwischen d<strong>er</strong> Bestätigungspartikel `<strong>ja</strong>´ und dem Diskursmark<strong>er</strong> `<strong>ja</strong>´ gibt, die<br />

in Abhängigkeit von bestimmten int<strong>er</strong>aktionalen Bedingungen dazu führen kann, dass eine ein-<br />

deutige Klassifikation eines Vorkommens nicht sinnvoll ist. Im Hinblick auf den vorliegenden<br />

Gesamtzusammenhang sprechen ambige Mischformen wie die hi<strong>er</strong> betrachtete jedoch nicht ge-<br />

gen die Annahme ein<strong>er</strong> eigenen Wortartklasse „Diskursmark<strong>er</strong>“, sond<strong>er</strong>n bestätigen lediglich<br />

d<strong>er</strong>en Bestimmung als ein Ergebnis von Dekategorisi<strong>er</strong>ungsprozessen.<br />

Ausgehend von dies<strong>er</strong> allgemeinen kategorialen Bestimmung von `<strong>ja</strong>´ als Diskursmark<strong>er</strong> und<br />

damit als v<strong>er</strong>festigt<strong>er</strong> Form eines Wortartvorkommens mit spezifischen int<strong>er</strong>aktionellen Poten-<br />

zialen soll nun im Folgenden die bish<strong>er</strong> nicht bearbeitete Frage aufgegriffen w<strong>er</strong>den, welche<br />

spezifischen Funktionen d<strong>er</strong> Diskursmark<strong>er</strong> „<strong>ja</strong>“ inn<strong>er</strong>halb des Formats d<strong>er</strong> Täglichen Talkshow<br />

<strong>er</strong>füllt. Damit geht es im Weit<strong>er</strong>en um eine genau<strong>er</strong>e Betrachtung d<strong>er</strong> spezifischen Funktionen<br />

des Diskursmark<strong>er</strong>s im Rahmen ein<strong>er</strong> konkreten Gesprächsgattung.<br />

4. Medienanalytische Üb<strong>er</strong>legungen zum Korpus<br />

Ohne an dies<strong>er</strong> Stelle ausführlich auf die inzwischen reichhaltige Lit<strong>er</strong>atur zu „Talkshows“ im<br />

Allgemeinen und „Tägliche Talkshows“ im Speziellen eingehen zu wollen, sollen hi<strong>er</strong> zwei<br />

Charakt<strong>er</strong>istika des „Daily Talk“ genau<strong>er</strong> bestimmt w<strong>er</strong>den, die für diesen Gesprächstyp typisch<br />

und im Hinblick auf die zu unt<strong>er</strong>suchenden Funktionen des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ von Bedeutung<br />

sind. Es handelt sich zum einen um die gattungsspezifische Notwendigkeit Täglich<strong>er</strong> Talks-<br />

hows, Showgäste im Hinblick auf eine bestimmte Thematik redend im Mittelpunkt d<strong>er</strong> Auf-<br />

m<strong>er</strong>ksamkeit zu präsenti<strong>er</strong>en, zum and<strong>er</strong>en um die damit v<strong>er</strong>bundene Strategie, die Gäste zu ei-<br />

11


n<strong>er</strong> konfrontativ angelegten Auseinand<strong>er</strong>setzung mit eben dies<strong>er</strong> Selbstpräsentation zu v<strong>er</strong>anlas-<br />

sen.<br />

Im Hinblick auf die angesprochene Notwendigkeit, Talkgäste mit ihren Formen d<strong>er</strong> (thematisch<br />

gebundenen) Selbstdarstellung im Mittelpunkt d<strong>er</strong> Aufm<strong>er</strong>ksamkeit zu präsenti<strong>er</strong>en, the-<br />

matisi<strong>er</strong>en Unt<strong>er</strong>suchungen mod<strong>er</strong>n<strong>er</strong> Medienangebote g<strong>er</strong>ade im Bezug auf Tägliche Talks-<br />

hows imm<strong>er</strong> wied<strong>er</strong> den Aspekt d<strong>er</strong> „Talking Cure“, des quasi th<strong>er</strong>apeutischen „Reden-Ma-<br />

chens“ eines Mod<strong>er</strong>ators vor einem Millionen-Publikum (Niehaus 2001:144ff., Brock/Me<strong>er</strong><br />

2004:194, Brock 1996:163f.). Entscheidend im Hinblick auf die Üb<strong>er</strong>legungen in diesem Arti-<br />

kel ist dabei vor allem, dass eine solche quasi-th<strong>er</strong>apeutische Präsentation eines Gastes im Rah-<br />

men ein<strong>er</strong> Talkshow <strong>nur</strong> dann <strong>er</strong>folgreich möglich ist, wenn es den Mod<strong>er</strong>ator/inn/en gelingt,<br />

ihre Gäste (für eine begrenzte Zeitspanne) mit imm<strong>er</strong> neuen Redeaufford<strong>er</strong>ungen zu weit<strong>er</strong>en<br />

Ausführungen zu v<strong>er</strong>anlassen.<br />

Neben Mitteln d<strong>er</strong> Raumnutzung und d<strong>er</strong> Kam<strong>er</strong>aführung sind aus gesprächsorganisatorisch<strong>er</strong><br />

P<strong>er</strong>spektive hi<strong>er</strong>bei vor allem sprachliche Aktivi<strong>er</strong>ungsformen relevant, die den Gast dazu an-<br />

halten, sich selbst mit sein<strong>er</strong> Position od<strong>er</strong> seinen Problemen kommunikativ zu inszeni<strong>er</strong>en<br />

(Me<strong>er</strong> 2003, Me<strong>er</strong>/Bohn 2004). Michael Klemm weist in diesem Zusammenhang darauf hin,<br />

dass g<strong>er</strong>ade die redeaufford<strong>er</strong>nden Fragestrategien d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ator/inn/en eines d<strong>er</strong> charakt<strong>er</strong>isti-<br />

schen M<strong>er</strong>kmale sogenannt<strong>er</strong> Confrontainment-Formate darstellen, zu denen d<strong>er</strong> Daily Talk<br />

ebenfalls gezählt w<strong>er</strong>den muss (Klemm 1996:138). Man könnte mit Foucault in den hi<strong>er</strong>mit v<strong>er</strong>-<br />

bundenen Formen des mod<strong>er</strong>i<strong>er</strong>enden Reden-Machens einen institutionsunabhängig zu beob-<br />

achtenden zentralen Mechanismus mod<strong>er</strong>n<strong>er</strong> Gesellschaften diagnostizi<strong>er</strong>en (Foucault 1977,<br />

1983).<br />

Im Hinblick auf die Position d<strong>er</strong> Gäste bedeutet dies ab<strong>er</strong> im Gegenzug, dass diese gewillt und<br />

in d<strong>er</strong> Lage sein müssen, auf die Redeaufford<strong>er</strong>ungen d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ator/inn/en für eine begrenzte<br />

zeitliche Dau<strong>er</strong> aktiv zu reagi<strong>er</strong>en. Tun sie dies nicht (od<strong>er</strong> können sie es nicht), so fällt es vor<br />

dem Hint<strong>er</strong>grund d<strong>er</strong> spezifischen medialen Bedingungen in den Aufgabenb<strong>er</strong>eich d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>a-<br />

tor/inn/en, weit<strong>er</strong>e Stellungnahmen zu prozessi<strong>er</strong>en od<strong>er</strong> notfalls zum nächsten Gast zu wech-<br />

seln. Im Zusammenhang mit Täglichen Talkshows ist es hi<strong>er</strong>bei von entscheidend<strong>er</strong> Bedeutung,<br />

dass die Talkgäste in ihr<strong>er</strong> Mehrheit medial völlig un<strong>er</strong>fahren sind und nicht selten auch üb<strong>er</strong><br />

wenig Erfahrung mit and<strong>er</strong>en Formen d<strong>er</strong> thematisch orienti<strong>er</strong>ten kommunikativen Selbstdar-<br />

stellung v<strong>er</strong>fügen. Insoweit kommt es imm<strong>er</strong> wied<strong>er</strong> zu Situationen, in denen Mod<strong>er</strong>ator/inn/en<br />

mit imm<strong>er</strong> neuen Int<strong>er</strong>ventionen zu ein<strong>er</strong> Expansion weit<strong>er</strong><strong>er</strong> Ausführungen beitragen (müssen).<br />

Aus gesprächsorganisatorisch<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive entscheidend ist hi<strong>er</strong>bei, dass die beschriebene Not-<br />

wendigkeit des „Redens“ bzw. „Reden-Machens“ im Rahmen Täglich<strong>er</strong> Talkshows nicht unab-<br />

12


hängig von ein<strong>er</strong> zweiten Notwendigkeit betrachtet w<strong>er</strong>den kann, die darin besteht, dass d<strong>er</strong><br />

Talkmast<strong>er</strong> die Talkgäste konfrontativ in Auseinand<strong>er</strong>setzungen v<strong>er</strong>wickelt (Me<strong>er</strong> 2003, Me<strong>er</strong>/<br />

Bohn 2004). Klemm sieht hi<strong>er</strong> zu Recht eine unmittelbare V<strong>er</strong>bindung zwischen den aktivi<strong>er</strong>en-<br />

den Fragestrategien d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ator/inn/en und Formen d<strong>er</strong> Provokation und Konfrontation „d<strong>er</strong><br />

Gäste mit Aussagen d<strong>er</strong> Gegn<strong>er</strong>, mit Sachv<strong>er</strong>halten od<strong>er</strong> auch eigenen Äuß<strong>er</strong>ungen“ (Klemm<br />

1996:139). Entscheidend sind hi<strong>er</strong>bei all<strong>er</strong>dings nicht <strong>nur</strong> konfronti<strong>er</strong>ende Redeaufford<strong>er</strong>ungen<br />

d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ator/inn/en, sond<strong>er</strong>n auch die gezielte Kombination von Talkgästen, die dezidi<strong>er</strong>t un-<br />

t<strong>er</strong>schiedliche Positionen zu dem zur Diskussion stehenden Thema einnehmen. Diese p<strong>er</strong>sonen-<br />

gebundene Repräsentation unt<strong>er</strong>schiedlich<strong>er</strong> Positionen bildet die Grundlage für die konfronta-<br />

tiv-redeaufford<strong>er</strong>nde Mod<strong>er</strong>ationsstrategie, die die „Talking cure“ des Daily Talks zum „Action<br />

talking“ machen (Niehaus 2001:139ff.). Mittels dies<strong>er</strong> Strategien v<strong>er</strong>folgen Mod<strong>er</strong>ator/inn/en<br />

das Ziel, einzelnen Gästen mit unt<strong>er</strong>schiedlich aggressiven Mitteln ihre individuelle „Wahrheit“<br />

zu Themen wie „W<strong>er</strong> ist d<strong>er</strong> Vat<strong>er</strong> meines Kindes – Britt deckt auf“ od<strong>er</strong> „Ihr Homos kotzt<br />

mich an“ zu „entlocken“. Ziel dies<strong>er</strong> Prozesse ist hi<strong>er</strong>bei die Bestimmung allgemein akzeptabl<strong>er</strong><br />

gesellschaftlich<strong>er</strong> „Wahrheitsw<strong>er</strong>te“ in Form von mehr od<strong>er</strong> wenig<strong>er</strong> akzeptablen Positionen<br />

und V<strong>er</strong>haltensweisen, etwa zu Fragen d<strong>er</strong> Vat<strong>er</strong>schaft od<strong>er</strong> des Umgangs mit gesellschaftlichen<br />

Mind<strong>er</strong>heiten. Zum Problem w<strong>er</strong>den die hi<strong>er</strong>mit v<strong>er</strong>bundenen für das Format konstitutiven Mo-<br />

d<strong>er</strong>ationsstrategien imm<strong>er</strong> dann, wenn Talkgäste nicht in d<strong>er</strong> Lage sind, ihre eigenen Positionie-<br />

rungen im Rahmen d<strong>er</strong> Konfrontation v<strong>er</strong>bal auch durchzuhalten.<br />

Vor dem Hint<strong>er</strong>grund dies<strong>er</strong> knappen Hinweise auf die für Tägliche Talkshows konstitutiven<br />

Aspekte des Reden-Machens und d<strong>er</strong> Konfrontation wird es im Weit<strong>er</strong>en darum gehen zu zei-<br />

gen, dass g<strong>er</strong>ade d<strong>er</strong> Diskursmark<strong>er</strong> `<strong>ja</strong>´ aufgrund sein<strong>er</strong> wortartspezifischen Ambiguität dazu<br />

geeignet ist, sowohl den Mechanismus des Reden-Machens in Täglichen Talkshows zu rahmen<br />

als auch Gesprächspartn<strong>er</strong>/innen aktiv in konfrontative Auseinand<strong>er</strong>setzungen zu v<strong>er</strong>wickeln.<br />

Hi<strong>er</strong>bei wird im Laufe d<strong>er</strong> weit<strong>er</strong>en Argumentation zu zeigen sein, dass es sich dabei um ein<br />

gattungsspezifisches Potenzial d<strong>er</strong> Wortart „Diskursmark<strong>er</strong>“ handelt.<br />

5. Funktionen des Diskursmark<strong>er</strong>s „<strong>ja</strong>“ im Rahmen Täglich<strong>er</strong> Talkshows<br />

Ausgehend von den bish<strong>er</strong>igen Üb<strong>er</strong>legungen zum Diskursmark<strong>er</strong> `<strong>ja</strong>´ im Rahmen Täglich<strong>er</strong><br />

Talkshows sind zunächst einmal dessen diskurspragmatischen Möglichkeiten deutlich gewor-<br />

den: `<strong>ja</strong>´ signalisi<strong>er</strong>t rückbezüglich die B<strong>er</strong>eitschaft zur Turnüb<strong>er</strong>nahme und leitet gleichzeitig<br />

projektiv zu einem anschließenden Gesprächsbeitrag üb<strong>er</strong>. Damit <strong>er</strong>weist sich d<strong>er</strong> Diskursmar-<br />

k<strong>er</strong> durchgängig als Kohäsionsmittel zwischen zwei aufeinand<strong>er</strong> folgenden Gesprächsbeiträgen,<br />

wobei <strong>er</strong> ausgehend von den bish<strong>er</strong>igen Üb<strong>er</strong>legungen den folgenden (zweiten) Redebeitrag zu-<br />

13


nächst einmal lediglich ankündigt, ohne ihn aus semantisch<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive b<strong>er</strong>eits eindeutig zu<br />

prozessi<strong>er</strong>en. 9 Dass g<strong>er</strong>ade dieses, durch Ambiguität gekennzeichneten Kohäsionpotenzial des<br />

Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ im Rahmen Täglich<strong>er</strong> Talkshows sowohl im Hinblick auf die Notwendig-<br />

keit <strong>er</strong>folgreich<strong>er</strong> Redeaufford<strong>er</strong>ungen als auch im Hinblick auf die Aufrecht<strong>er</strong>haltung konfron-<br />

tativ<strong>er</strong> Strategien von Bedeutung ist, soll nun anhand weit<strong>er</strong><strong>er</strong> Transkriptauszüge gezeigt w<strong>er</strong>-<br />

den.<br />

- Projektion von Redeaufford<strong>er</strong>ungen durch Mod<strong>er</strong>ator/inn/en<br />

D<strong>er</strong> folgende Auszug ist <strong>er</strong>neut d<strong>er</strong> Talkshow „Andreas Türk“ zum Thema „Sind Frauen düm-<br />

m<strong>er</strong> als Männ<strong>er</strong>?“ entnommen. Nachdem im Rahmen dies<strong>er</strong> Talkshow zunächst ein Gast an-<br />

hand des Beispiels sein<strong>er</strong> eigenen Frau seine Position dargestellt hat, dass Frauen dümm<strong>er</strong> seien<br />

als Männ<strong>er</strong>, ist unmittelbar vor dem nun folgenden Auszug die Ehefrau selb<strong>er</strong> (Fr) vor d<strong>er</strong> Ka-<br />

m<strong>er</strong>a <strong>er</strong>schienen. Im Rahmen ihr<strong>er</strong> Gegenpositioni<strong>er</strong>ung hat sie u.a. aus ihr<strong>er</strong> Ehe b<strong>er</strong>ichtet, dass<br />

ihr Mann sie abends nicht mehr in die Wohnung lässt, wenn sie sein<strong>er</strong> Ansicht nach zu spät<br />

nach Hause kommt. Hi<strong>er</strong>auf reagi<strong>er</strong>t d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ator mit folgend<strong>er</strong> Nachfrage:<br />

(Bsp. 6)<br />

0438 Mo IS das so?<br />

0439 dann sp<strong>er</strong>rt <strong>er</strong> dich AUS?<br />

0440 Fr JA-A?<br />

0441 Mo <strong>ja</strong> und waRUM?=<br />

0442 =wie lange GEHT das;<br />

0443 wie lange seid ihr schon zuSAMmen.<br />

Nach d<strong>er</strong> positiv bestätigenden Antwortpartikel „JA-A?“ d<strong>er</strong> Ehefrau in Zeile 440 hätte es (im<br />

Rahmen d<strong>er</strong> vorliegenden Gattung) zwei Fortsetzungsmöglichkeiten gegeben: So hätte Fr von<br />

sich aus weit<strong>er</strong>e Ausführungen zum V<strong>er</strong>halten ihres Mannes anbieten können (aus normativ<strong>er</strong><br />

P<strong>er</strong>spektive muss man hi<strong>er</strong> unt<strong>er</strong> Bezug auf die angesprochene Notwendigkeit ausführlich<strong>er</strong><br />

Selbstdarstellungen d<strong>er</strong> Gäste genau<strong>er</strong> sagen: Fr hätte weit<strong>er</strong>e Erfahrungen anbieten müssen).<br />

Da sie dies jedoch nicht tut, muss d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ator auf die zweite Fortsetzungsmöglichkeit zu-<br />

rückgreifen und mit weit<strong>er</strong>en Redeaufford<strong>er</strong>ungen aktiv w<strong>er</strong>den. Letzt<strong>er</strong>es geschieht in Zeile<br />

441 mit d<strong>er</strong> durch ein „<strong>ja</strong> und“ eingeleiteten Frage „waRUM?“ Diese Frage nach den Gründen<br />

9 Insoweit stimmen die Befunde meines Korpus nicht mit den Beobachtungen von Au<strong>er</strong> und Uhmann üb<strong>er</strong>ein,<br />

die ausgehend von ihren Daten zu dem Ergebnis kommen, dass die Partikel `<strong>ja</strong>´ als Vorlaufelement <strong>nur</strong> bei anschließend<br />

zustimmenden Bew<strong>er</strong>tungen genutzt wird (Au<strong>er</strong>/Uhmann 1982:11).<br />

14


des V<strong>er</strong>haltens des Ehemanns wird von Mo in den Zeilen 442f. durch weit<strong>er</strong>e redeaufford<strong>er</strong>nde<br />

Fragen <strong>er</strong>gänzt.<br />

Ohne an dies<strong>er</strong> Stelle ausführlich auf die Kombination des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ mit and<strong>er</strong>en Ele-<br />

menten des Vor-Vorfeldes eingehen zu wollen, kann im Anschluss an Weinrich jedoch festge-<br />

halten w<strong>er</strong>den, dass Diskursmark<strong>er</strong> häufig in Kombination mit weit<strong>er</strong>en Sprachzeichen auftre-<br />

ten (Weinrich 2005:836). Dass es sich bei dem „und“ im vorliegenden Beispiel ebenfalls um<br />

einen Diskursmark<strong>er</strong> (und nicht um eine Konjunktion im syntaktischen Sinne) handelt, zeigt<br />

sich u.a. daran, dass eine V<strong>er</strong>knüpfung d<strong>er</strong> beiden relevanten Syntagmen *<strong>ja</strong>-a (<strong>er</strong> sp<strong>er</strong>rt mich<br />

aus) und warum? syntaktisch nicht möglich ist. Aus diesem Grund handelt es sich bei dem vor-<br />

liegenden „<strong>ja</strong> und“ um die Kombination von zwei Diskursmark<strong>er</strong>n, die im Anschluss an<br />

Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> als konventionalisi<strong>er</strong>tes Einleitungselement int<strong>er</strong>preti<strong>er</strong>t w<strong>er</strong>den können (vgl.<br />

dazu Au<strong>er</strong>/Günthn<strong>er</strong> 2005:339). Konkret wird dieses Einleitungselement im vorliegenden Zu-<br />

sammenhang vom Mod<strong>er</strong>ator Mo dazu genutzt, weit<strong>er</strong>e Redeaufford<strong>er</strong>ungen zu prozessi<strong>er</strong>en.<br />

Damit ist auch <strong>er</strong>klärbar, warum das hi<strong>er</strong> beobachtbare „<strong>ja</strong> und“ des Mod<strong>er</strong>ators im zugrunde<br />

liegenden Korpus eine so häufige Form d<strong>er</strong> Prozessi<strong>er</strong>ung von Redeaufford<strong>er</strong>ungen darstellt.<br />

Üb<strong>er</strong> die int<strong>er</strong>aktionale Bestätigungsfunktion d<strong>er</strong> Partikel `<strong>ja</strong>´ hinaus stellt auch die v<strong>er</strong>bindende<br />

Restbedeutung d<strong>er</strong> ursprünglichen Konjunktion `und´ den Zusammenhang zum Vorh<strong>er</strong>igen h<strong>er</strong>.<br />

Genrespezifisch int<strong>er</strong>essant ist hi<strong>er</strong>bei die Beobachtung am vorh<strong>er</strong>gehenden Transkriptauszug,<br />

dass d<strong>er</strong> Einsatz d<strong>er</strong> Diskursmark<strong>er</strong>kombination `<strong>ja</strong> und´ es dem Mod<strong>er</strong>ator <strong>er</strong>möglicht, Fr zu<br />

zusätzlichen Ausführungen aufzuford<strong>er</strong>n, ohne dass diese Redeaufford<strong>er</strong>ung als Kritik an d<strong>er</strong><br />

fehlenden Ausführlichkeit des Turns von Fr in Zeile 440 wahrgenommen w<strong>er</strong>den muss. Indem<br />

das ein- und üb<strong>er</strong>leitende „<strong>ja</strong> und“ die vorh<strong>er</strong>gehende Antwort aufgreift und damit relevant<br />

setzt, <strong>er</strong>scheint die Prozessi<strong>er</strong>ung d<strong>er</strong> weit<strong>er</strong>en Fragen als notwendige und int<strong>er</strong>aktionell ange-<br />

schlossene Weit<strong>er</strong>führung d<strong>er</strong> vorh<strong>er</strong>gehenden Antwort d<strong>er</strong> Ehefrau.<br />

An Evidenz gewinnt diese Annahme dadurch, dass eine Weglassprobe des (aus grammatikali-<br />

sch<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive üb<strong>er</strong>flüssigen) einleitenden Diskursmark<strong>er</strong>s die insgesamt projektiv abtönen-<br />

de Funktion des „<strong>ja</strong> und“ deutlich unt<strong>er</strong>streicht. Dass dabei vor allem dem „<strong>ja</strong>“ die Funktion ei-<br />

nes die Int<strong>er</strong>aktion bestätigenden Kohäsionselements zukommt, v<strong>er</strong>deutlicht die Weglassprobe<br />

des „<strong>ja</strong>“ alleine. Beide Proben weisen auf eine gestuft abtönende Kommenti<strong>er</strong>ung d<strong>er</strong> folgenden<br />

Redeaufford<strong>er</strong>ung hin. Würde diese <strong>nur</strong> durch das „waRUM?“ prozessi<strong>er</strong>t, würde sie deutlich<br />

aggressiv<strong>er</strong> ausfallen. Weinrich weist auf diesen Effekt des turneinleitenden `<strong>ja</strong>´ als Diskurs-<br />

mark<strong>er</strong> (Diskurspartikel in d<strong>er</strong> Weinrichschen T<strong>er</strong>minologie) hin, wenn <strong>er</strong> feststellt, dass `<strong>ja</strong>´ in<br />

dies<strong>er</strong> Position wenig<strong>er</strong> argumentative als atmosphärische Funktionen <strong>er</strong>füllt (Weinrich<br />

15


2005:836). Gleichzeitig unt<strong>er</strong>streicht dies<strong>er</strong> Hinweis ab<strong>er</strong> auch die potenzielle Wirksamkeit ei-<br />

n<strong>er</strong> positiv bestätigenden Restsemantik des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´.<br />

Fragt man mit Blick auf die Häufigkeit des Auftretens von „<strong>ja</strong> (und)“ im Rahmen Täglich<strong>er</strong><br />

Talkshows unt<strong>er</strong> Bezug auf das vorh<strong>er</strong>gehende Beispiel nun nach den Gründen hi<strong>er</strong>für, so v<strong>er</strong>-<br />

weist die int<strong>er</strong>aktionsstabilisi<strong>er</strong>ende Kohäsionsfunktion von „<strong>ja</strong> (und)“ auf die im letzten Ab-<br />

schnitt angesprochene (grundlegend asymmetrische) Gesprächssituation Täglich<strong>er</strong> Talkshows:<br />

Diese zwingt Mod<strong>er</strong>ator/inn/en dazu, p<strong>er</strong>manent Redeaufford<strong>er</strong>ungen zu prozessi<strong>er</strong>en, ohne<br />

dass die Talkgäste ohne Gefährdung ihres Images die Möglichkeit hätten, sich diesen Redeauf-<br />

ford<strong>er</strong>ungen zu entziehen. Aus ein<strong>er</strong> solchen P<strong>er</strong>spektive leistet d<strong>er</strong> Kohäsion sich<strong>er</strong>nde Dis-<br />

kursmark<strong>er</strong> `<strong>ja</strong> (und)´ im kommunikativen Detail „Gesichtswahrung (face work)“ im Goffman-<br />

schen Sinne, indem <strong>er</strong> dem Mod<strong>er</strong>ator <strong>er</strong>laubt, seinen Gast zu weit<strong>er</strong>en Aufford<strong>er</strong>ungen anzu-<br />

halten (reden-zu-machen), ohne dessen Einsilbigkeit kritisi<strong>er</strong>en zu müssen (Goffmann<br />

1975:10-53).<br />

- Projektion von Redev<strong>er</strong>weig<strong>er</strong>ungen durch Gäste<br />

Die bish<strong>er</strong> angenommene medial zwingende Funktion von Redeaufford<strong>er</strong>ungen im Rahmen<br />

Täglich<strong>er</strong> Talkshows zeigt sich nicht <strong>nur</strong> im Bezug auf die turneinleitende Nutzung des Dis-<br />

kursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ durch Mod<strong>er</strong>ator/inn/en, sond<strong>er</strong>n auch in dessen Gebrauch durch die Talkgäs-<br />

te. Dies soll d<strong>er</strong> folgende Transkriptauszug aus d<strong>er</strong> gleichen Talkshow v<strong>er</strong>deutlichen. D<strong>er</strong> Aus-<br />

zug ist dem einleitenden Gespräch zwischen dem b<strong>er</strong>eits <strong>er</strong>wähnten Ehemann (Hi) und dem<br />

Mod<strong>er</strong>ator (Mo) entnommen. Dies<strong>er</strong> konfronti<strong>er</strong>t seinen Gast Hi mit d<strong>er</strong> einleitenden Frage,<br />

was denn seine Frau von sein<strong>er</strong> Ansicht halte, dass Frauen dumm seien:<br />

(Bsp. 7)<br />

0191 Mo ehm we-<br />

0192 was würde denn würde deine frau SAgen;<br />

0193 wenn du sagst FRAUen sind dümm<strong>er</strong>.<br />

0195 WÜrde sie sagen-<br />

0196 JAU du hast recht,<br />

0198 od<strong>er</strong> WIE würde sie darauf reagi<strong>er</strong>en.<br />

0199 Hi <strong>ja</strong> WEISS nich.<br />

0200 hihihi<br />

Auf den <strong>er</strong>sten Blick <strong>er</strong>öffnet d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ator mit sein<strong>er</strong> Redeaufford<strong>er</strong>ung an Hi eine propositio-<br />

nal offene Antwortsituation, die vor dem konkreten medialen und thematischen Hint<strong>er</strong>grund d<strong>er</strong><br />

Talkshow all<strong>er</strong>dings mehr<strong>er</strong>e Hinweise auf konfrontative Implikaturen enthält. B<strong>er</strong>eits die Auf-<br />

16


ford<strong>er</strong>ung des Mod<strong>er</strong>ators an Hi in den Zeilen 192/193, sich mit d<strong>er</strong> Einschätzung sein<strong>er</strong> Frau<br />

auseinand<strong>er</strong>zusetzen, ist als konfrontativ zu int<strong>er</strong>preti<strong>er</strong>en. Diese Annahme wird in Zeile 196<br />

zusätzlich durch das gezielt umgangssprachliche „JAU“ des Mod<strong>er</strong>ators zu Beginn d<strong>er</strong> indirek-<br />

ten Redewid<strong>er</strong>gabe d<strong>er</strong> Ehefrau unt<strong>er</strong>strichen. In d<strong>er</strong> Konsequenz bedeutet dies, dass d<strong>er</strong> Gast<br />

Hi aus ein<strong>er</strong> doppelten P<strong>er</strong>spektive in d<strong>er</strong> Antwortpflicht ist: Er muss zum einen auf die kondi-<br />

tionelle Relevanz d<strong>er</strong> Redeaufford<strong>er</strong>ung reagi<strong>er</strong>en und sich zum and<strong>er</strong>en aus propositional<strong>er</strong><br />

P<strong>er</strong>spektive zum konfrontativen Charakt<strong>er</strong> d<strong>er</strong> vom Mod<strong>er</strong>ator relevant gemachten (potenziel-<br />

len) Gegenposition sein<strong>er</strong> Frau v<strong>er</strong>halten.<br />

Vor dem Hint<strong>er</strong>grund dies<strong>er</strong> v<strong>er</strong>pflichtenden Anford<strong>er</strong>ungen an Hi kommt seine konkret beob-<br />

achtbare Antwortreaktion in Zeile 199 als problematisch in den Blick. Hi bearbeitet aus propo-<br />

sitional<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive wed<strong>er</strong> die Frage des Mod<strong>er</strong>ators, noch expandi<strong>er</strong>t <strong>er</strong> die eigene Position<br />

hi<strong>er</strong>zu in Form weit<strong>er</strong><strong>er</strong> Ausführungen. Stattdessen sugg<strong>er</strong>i<strong>er</strong>t <strong>er</strong> mit seinem einleitenden „<strong>ja</strong>“ in<br />

Zeile 199 eine Reaktion auf die vorh<strong>er</strong>gehende Redeaufford<strong>er</strong>ung, die <strong>er</strong> jedoch mit dem an-<br />

schließenden „WEISS nicht“ argumentativ nicht einlöst. Gegen eine denkbare Int<strong>er</strong>pretation des<br />

einleitenden „<strong>ja</strong>“ als V<strong>er</strong>zög<strong>er</strong>ungssignal spricht, dass wed<strong>er</strong> das „<strong>ja</strong>“ noch die anschließende el-<br />

liptische Äuß<strong>er</strong>ung gedehnt od<strong>er</strong> mit Pausen gesprochen wird und d<strong>er</strong> Akzent unmittelbar auf<br />

dem d<strong>er</strong> Partikel folgenden V<strong>er</strong>b liegt. Vielmehr scheint die Funktion d<strong>er</strong> einleitenden Partikel<br />

auch in diesem Fall darin zu bestehen, die B<strong>er</strong>eitschaft zur Redeüb<strong>er</strong>nahme zu marki<strong>er</strong>en, auch<br />

wenn od<strong>er</strong> g<strong>er</strong>ade weil diese im Weit<strong>er</strong>en aus inhaltlich<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive nicht eingelöst wird.<br />

Insoweit v<strong>er</strong>deutlicht auch dieses Transkriptbeispiel die im vorh<strong>er</strong>gehenden Abschnitt bezogen<br />

auf die Position d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ator/inn/en b<strong>er</strong>eits h<strong>er</strong>ausgestellte Problematik d<strong>er</strong> medialen Ge-<br />

sprächssituation, die die Talkgäste dazu v<strong>er</strong>pflichtet, eingenommene Positionen auch dann auf-<br />

recht zu <strong>er</strong>halten, wenn sie dazu nicht b<strong>er</strong>eit od<strong>er</strong> in d<strong>er</strong> Lage sind. Die diskurspragmatischen<br />

Möglichkeiten des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ kommen im vorliegenden Fall dabei aus d<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive<br />

des Gastes Hi in den Blick, dem d<strong>er</strong> Einsatz des einleitende „<strong>ja</strong>“ es <strong>er</strong>möglicht, trotz ein<strong>er</strong> V<strong>er</strong>-<br />

letzung sein<strong>er</strong> Redepflicht zumindest auf int<strong>er</strong>aktional<strong>er</strong> Ebene prinzipielle Koop<strong>er</strong>ationsb<strong>er</strong>eit-<br />

schaft zu signalisi<strong>er</strong>en. Auch hi<strong>er</strong> <strong>er</strong>weist sich d<strong>er</strong> potenziell positive Restgehalt des Diskurs-<br />

mark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ als entscheidend für seine Fähigkeit, das Gespräch trotz seines konflikthaltigen Po-<br />

tenzials zu prozessi<strong>er</strong>en.<br />

Noch deutlich<strong>er</strong> als in den beiden vorh<strong>er</strong>gehenden Transkriptauszügen w<strong>er</strong>den die Möglichkei-<br />

ten des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ jedoch in den Passagen Täglich<strong>er</strong> Talkshows, in denen<br />

Mod<strong>er</strong>ator/inn/en od<strong>er</strong> Gäste sich in offenen Auseinand<strong>er</strong>setzungen zueinand<strong>er</strong> befinden. Da<br />

die Beteiligten vor dem Hint<strong>er</strong>grund d<strong>er</strong> medial defini<strong>er</strong>ten Konfrontationsnotwendigkeit auch<br />

in diesen Situationen keine Möglichkeit haben, die thematisch vorstrukturi<strong>er</strong>ten Auseinand<strong>er</strong>-<br />

17


setzungen zu beenden, sind auch hi<strong>er</strong> zusätzliche Anford<strong>er</strong>ungen zur Aufrecht<strong>er</strong>haltung d<strong>er</strong> In-<br />

t<strong>er</strong>aktion notwendig. Dass auch in diesen Kontexten d<strong>er</strong> Einsatz des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ auf-<br />

grund sein<strong>er</strong> Ambiguität stabilisi<strong>er</strong>ende Funktionen <strong>er</strong>füllt, soll im folgenden Abschnitt v<strong>er</strong>deut-<br />

licht w<strong>er</strong>den.<br />

- Projektion d<strong>er</strong> Konfrontation durch Mod<strong>er</strong>ator/inn/en<br />

D<strong>er</strong> folgende Auszug ist <strong>er</strong>neut d<strong>er</strong> Talkshow „Sind Frauen dümm<strong>er</strong> als Männ<strong>er</strong>?“ entnommen<br />

und stammt aus dem <strong>er</strong>sten Teil d<strong>er</strong> Befragung von Hi durch den Mod<strong>er</strong>ator. Nachdem Hi mit<br />

mehr<strong>er</strong>en Turns seine Ansichten üb<strong>er</strong> die Intelligenz von Frauen sehr allgemein im Hinblick auf<br />

ihre fehlenden handw<strong>er</strong>klichen und fahrtechnischen Fähigkeiten dargestellt hat, ford<strong>er</strong>t d<strong>er</strong> Mo-<br />

d<strong>er</strong>ator ihn im folgenden Turn zu ein<strong>er</strong> präzis<strong>er</strong>en Stellungnahme auf:<br />

(Bsp. 8)<br />

0494 Mo ABgesehen-<br />

0495 abgesehen ma DAvon,<br />

0496 dass du jetzt mehr üb<strong>er</strong> das HANDw<strong>er</strong>k sprichst.<br />

0497 <strong>ja</strong>?<br />

0498 ab<strong>er</strong> was konKRET stört dich denn noch an n<strong>er</strong> frau.<br />

0499 Hi frauen schmücken das auto wie=n WOHNzimm<strong>er</strong>;<br />

0502 üb<strong>er</strong>all hängen so PUPpen;<br />

0503 AUF[kleb<strong>er</strong>- ]<br />

0504 Mo [<strong>ja</strong> ab<strong>er</strong>] DAS,<br />

0505 ab<strong>er</strong> was stört dich konKRET,<br />

0506 (--)<br />

0507 Mo sekun,<br />

0508 sons hör ich,<br />

0509 sekunde ma?<br />

0510 sons hör ich das nich.<br />

0511 was stört Dich konKRET,<br />

0512 (--)<br />

0513 Mo eh-<br />

0514 an dem typus FRAU.<br />

Entscheidend für den vorliegenden Zusammenhang ist die Tatsache, dass Hi in den Zeilen<br />

499-503 trotz d<strong>er</strong> Bitte Mo´s, konkret<strong>er</strong>e Belege für seine These zu nennen, dass Frauen düm-<br />

m<strong>er</strong> seien als Männ<strong>er</strong>, <strong>er</strong>neut <strong>nur</strong> mit ein<strong>er</strong> klischeehaften Beschreibung weiblich<strong>er</strong> V<strong>er</strong>haltens-<br />

weisen reagi<strong>er</strong>t. Diese Ausführungen unt<strong>er</strong>bricht d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ator in Zeile 504 unt<strong>er</strong> Nutzung des<br />

18


konventionalisi<strong>er</strong>ten Dissensmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong> ab<strong>er</strong>´ („<strong>ja</strong> ab<strong>er</strong> DAS,“). Diese Stellungnahme bricht <strong>er</strong><br />

all<strong>er</strong>dings direkt ab, um sie in Zeile 505 zu ein<strong>er</strong> <strong>er</strong>neut redeaufford<strong>er</strong>nden Frage „ab<strong>er</strong> was stört<br />

dich konKRET,“ umzuformuli<strong>er</strong>en.<br />

Im Hinblick auf den Einsatz des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ in Zeile 504 ist von Bedeutung, dass sich<br />

das „<strong>ja</strong>“ <strong>er</strong>neut auf die vorh<strong>er</strong>gehenden Ausführungen Hi´s zurück bezieht und diese aufgreift.<br />

Weit<strong>er</strong> macht die Weglassprobe des „<strong>ja</strong>“ deutlich, dass seine Nutzung zusätzlich abtönende<br />

Wirkungen <strong>er</strong>füllt. Diese Abtönung wird auch dadurch unt<strong>er</strong>strichen, dass Mo seine anschlie-<br />

ßende Stellungnahme zu den vorh<strong>er</strong>gehenden Ausführungen Hi´s nicht zu Ende führt. Hi<strong>er</strong> ist<br />

zu v<strong>er</strong>muten, dass es sich um eine abw<strong>er</strong>tende Kommenti<strong>er</strong>ung gehandelt hätte. Stattdessen gibt<br />

d<strong>er</strong> Mod<strong>er</strong>ator ein<strong>er</strong> <strong>er</strong>neuten Redeaufford<strong>er</strong>ung den Vorzug, die <strong>er</strong> diesmal all<strong>er</strong>dings definitiv<br />

konfrontativ <strong>nur</strong> mit dem Dissens marki<strong>er</strong>enden Diskursmark<strong>er</strong> „ab<strong>er</strong>“ prozessi<strong>er</strong>t. 10<br />

Int<strong>er</strong>essant im Hinblick auf die genau<strong>er</strong>e Bestimmung des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ ist hi<strong>er</strong>bei, dass<br />

<strong>er</strong> in d<strong>er</strong> (häufigen) Kombination mit `ab<strong>er</strong>´ genutzt wird. Zifonun et al. stellen in diesem Zu-<br />

sammenhang zu Recht h<strong>er</strong>aus, dass es die turneinleitende Kombination aus `<strong>ja</strong>´ und `ab<strong>er</strong>´ <strong>er</strong>-<br />

laubt, „bei bloß formal<strong>er</strong> Kohärenzwahrung od<strong>er</strong> <strong>nur</strong> eingeschränkt<strong>er</strong> Konv<strong>er</strong>genz einen die<br />

Vorgäng<strong>er</strong>äuß<strong>er</strong>ung z.B. problematisi<strong>er</strong>enden, bestreitenden, durch Aspektv<strong>er</strong>schiebung üb<strong>er</strong>-<br />

holenden Beitrag anzuschließen“ (Zifonun e.a. 1997:376). Damit weisen die Autor/inn/en auf<br />

die b<strong>er</strong>eits mehrfach <strong>er</strong>wähnte Ambiguität des Diskursmark<strong>er</strong> `<strong>ja</strong>´ hin, die es d<strong>er</strong> Partikel (mit<br />

od<strong>er</strong> ohne `ab<strong>er</strong>´) <strong>er</strong>möglicht, g<strong>er</strong>ade solche Folgesyntagmen zu projizi<strong>er</strong>en, die dem Vorh<strong>er</strong>ge-<br />

henden wid<strong>er</strong>sprechen od<strong>er</strong> es abw<strong>er</strong>ten.<br />

Zu wid<strong>er</strong>sprechen ist aus dies<strong>er</strong> P<strong>er</strong>spektive ein<strong>er</strong> Lesart von `<strong>ja</strong> ab<strong>er</strong>´, die dem `<strong>ja</strong>´ ohne Beach-<br />

tung sein<strong>er</strong> konkreten prosodischen Realisi<strong>er</strong>ung prinzipiell einen propositional bestätigenden<br />

Gehalt zuspricht. Hi<strong>er</strong>bei ist zu beachten, dass in meinem Korpus durchaus Beispiele zu beob-<br />

achten sind, in denen einem intonatorisch abgeschlossenen `<strong>ja</strong>´ die Bedeutung ein<strong>er</strong> Bestäti-<br />

gungspartikel (im Sinne von „<strong>ja</strong>, Du hast Recht“) zukommt. (Beispiel: Mo: „glaubst du denn so<br />

etwas GIBT es, würden das frauen MACHen,“ – Ka: „JA. ab<strong>er</strong> unt<strong>er</strong> d<strong>er</strong> HAND.“). Dies<strong>er</strong> Fall<br />

ist jedoch deutlich von den zuvor diskuti<strong>er</strong>ten zu unt<strong>er</strong>scheiden. So <strong>er</strong>füllt das einleitende „JA.“<br />

in diesem Beispiel auf propositional<strong>er</strong> Ebene eindeutig bestätigende Funktionen und ist somit<br />

nicht als Diskursmark<strong>er</strong>, sond<strong>er</strong>n als Antwort- und Bestätigungspartikel zu int<strong>er</strong>preti<strong>er</strong>en. Zu-<br />

sätzlich ist zu beachten ist, dass auch das anschließende `ab<strong>er</strong>´ kein Diskursmark<strong>er</strong> ist, sond<strong>er</strong>n<br />

in d<strong>er</strong> Funktion ein<strong>er</strong> adv<strong>er</strong>sativen Konjunktion gebraucht wird, die auf d<strong>er</strong> Basis d<strong>er</strong> vorh<strong>er</strong>ge-<br />

10 Dass es sich hi<strong>er</strong>bei (wie beim vorh<strong>er</strong>gehenden „<strong>ja</strong> ab<strong>er</strong>“) um einen Diskursmark<strong>er</strong> handelt, wird - wie bezogen<br />

auf die Konjunktion `und´ b<strong>er</strong>eits gezeigt - daran deutlich, dass beide „ab<strong>er</strong>“ nicht die Funktion ein<strong>er</strong> adv<strong>er</strong>sativen<br />

Konjunktion in einem syntaktischen Sinn <strong>er</strong>füllen (* üb<strong>er</strong>all hängen so PUPpen; AUFkleb<strong>er</strong>- ab<strong>er</strong> was<br />

stört dich konKRET,).<br />

19


henden Bestätigung op<strong>er</strong>i<strong>er</strong>t („JA. (frauen würden das MACHen,) ab<strong>er</strong> unt<strong>er</strong> d<strong>er</strong> HAND.“).<br />

G<strong>er</strong>ade ein solch<strong>er</strong> Fall liegt jedoch nicht vor, wenn `<strong>ja</strong> ab<strong>er</strong>´ intonatorisch integri<strong>er</strong>t im Vor-<br />

Vorfeld von Äuß<strong>er</strong>ungen auftritt.<br />

Unt<strong>er</strong> Rückgriff auf den vorh<strong>er</strong>gehenden Gesprächsauszug ist es im Hinblick auf die Funktion<br />

des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ somit entscheidend, dass das einleitende „<strong>ja</strong>“ in Zeile 504 den int<strong>er</strong>ak-<br />

tionalen Rückbezug auf die vorh<strong>er</strong>gehende Äuß<strong>er</strong>ung sich<strong>er</strong>t, ohne deshalb die Äuß<strong>er</strong>ung zu be-<br />

stätigen. Damit <strong>er</strong>füllt das in Beispiel 8 analysi<strong>er</strong>te „<strong>ja</strong>“ auch in d<strong>er</strong> Kombination mit „ab<strong>er</strong>“ ab-<br />

tönende Funktionen, indem es zur Aufrecht<strong>er</strong>haltung d<strong>er</strong> Int<strong>er</strong>aktion unt<strong>er</strong> den Bedingungen d<strong>er</strong><br />

Konfrontation beiträgt. Insoweit <strong>er</strong>scheint die Nutzung d<strong>er</strong> Diskursmark<strong>er</strong>kombination `<strong>ja</strong> ab<strong>er</strong>´<br />

für die Prozessi<strong>er</strong>ung konfrontativ<strong>er</strong> Talkshowpassagen vor dem Hint<strong>er</strong>grund d<strong>er</strong> mehrfach an-<br />

gesprochenen medialen Zwänge besond<strong>er</strong>s geeignet.<br />

Diese Annahme soll nun abschließend im Hinblick auf konfrontative Äuß<strong>er</strong>ungen d<strong>er</strong> Talkgäste<br />

unt<strong>er</strong>einand<strong>er</strong> anhand eines weit<strong>er</strong>en Auszugs ebenfalls gezeigt w<strong>er</strong>den.<br />

- Projektion von Konfrontation durch Gäste<br />

Beim folgenden Auszug handelt es sich um eine weit<strong>er</strong>e Sequenz d<strong>er</strong> Talkshow „Ich will ein<br />

Kind, ab<strong>er</strong> keine Frau“. Er ist d<strong>er</strong> Startphase d<strong>er</strong> Konfrontation zwischen den beiden Kontra-<br />

henten Kaletto (Ka) und Eske (Es) entnommen. Unmittelbar vor dem Auszug hat die Mod<strong>er</strong>ato-<br />

rin die Ansicht Kalettos, ein Kind brauche nicht unbedingt eine Mutt<strong>er</strong>, noch einmal zusam-<br />

mengefasst. Bevor sie das Red<strong>er</strong>echt jedoch explizit mit ein<strong>er</strong> Redeaufford<strong>er</strong>ung an Es abgeben<br />

kann, üb<strong>er</strong>nimmt diese b<strong>er</strong>eits den folgenden Turn mit einem Angriff auf Ka:<br />

(Bsp. 9)<br />

0500 Es nö [man hat n kind ] auch so wie man n kühlschrank od<strong>er</strong> n<br />

0501 Mo [was SAGST du dazu ].<br />

0502 Es AUto hat.<br />

0503 seh ich [das RICHtig];<br />

0504 Ka [dAs is <strong>ja</strong> ] völlig<strong>er</strong> BLÖDsinn;<br />

0505 Es <strong>ja</strong> so so hab ich das v<strong>er</strong>-<br />

0506 Ka nein natürlich NI:CHT;<br />

0507 man muss schon den WILLen dazu haben ein kind haben zu [wollen;<br />

0508 Es [´<strong>ja</strong> ab<strong>er</strong><br />

0509 Ka ach-<br />

d<strong>er</strong> wille alleine REI:CHT nich;<br />

0510 Es ein kind is (.) in ERSt<strong>er</strong> linie v<strong>er</strong>ANTwortung.<br />

20


B<strong>er</strong>eits die Startphase d<strong>er</strong> Sequenz ist deutlich konfrontativ g<strong>er</strong>ahmt. D<strong>er</strong> Gast Es fasst die vor-<br />

h<strong>er</strong>gehenden Ausführungen Ka´s als „reines Besitzdenken“ zusammen, indem sie seinen<br />

Wunsch nach einem Kind provokativ mit dem nach einem Kühlschrank od<strong>er</strong> einem Auto v<strong>er</strong>-<br />

gleicht. Sie kommt damit einleitend direkt dem medial geford<strong>er</strong>ten Konfrontationsanford<strong>er</strong>un-<br />

gen des Formats nach. 11 Ka reagi<strong>er</strong>t unmittelbar auf diese Stellungnahme, indem <strong>er</strong> d<strong>er</strong> Unt<strong>er</strong>-<br />

stellung Es´ durch eine üb<strong>er</strong>lappende Turnüb<strong>er</strong>nahme in Zeile 504 mit d<strong>er</strong> Formuli<strong>er</strong>ung „dAs<br />

is <strong>ja</strong> völlig<strong>er</strong> BLÖDsinn;“ die B<strong>er</strong>echtigung abspricht. Obgleich die Sequenz damit eindeutig als<br />

konfrontativ marki<strong>er</strong>t ist, fällt auf, dass sowohl Ka seine Formuli<strong>er</strong>ung in Zeile 504 mit d<strong>er</strong> Mo-<br />

dalpartikel „<strong>ja</strong>“ abtönt als auch Es ihre Folg<strong>er</strong>eaktion in Zeile 505 mit dem Diskursmark<strong>er</strong> „<strong>ja</strong>“<br />

üb<strong>er</strong>nimmt und den Turn für eine Rechtf<strong>er</strong>tigung nutzt. Mit dem rückbezüglichen „<strong>ja</strong>“ hält sie<br />

zwar ihren Vorwurf aufrecht, schwächt ihn im Folgesyntagma jedoch ab als „<strong>nur</strong>“ ihr V<strong>er</strong>ständ-<br />

nis d<strong>er</strong> vorh<strong>er</strong>gehenden Ausführungen Ka´s wied<strong>er</strong>gebend („<strong>ja</strong> so so hab ich das v<strong>er</strong>-“). Ka<br />

nutzt diese Abschwächung in den Zeilen 506/507, um h<strong>er</strong>auszustellen, dass es ihm nicht um Be-<br />

sitzdenken gehe, sond<strong>er</strong>n dass <strong>er</strong> den Willen zu einem Kind habe.<br />

Entscheidend für den vorliegenden Zusammenhang ist das in Zeile 508 folgende „<strong>ja</strong> ab<strong>er</strong>“ von<br />

Es. Dabei ist davon auszugehen, dass auch hi<strong>er</strong> die adv<strong>er</strong>sative Konjunktion `ab<strong>er</strong>´ als Element<br />

des Vor-Vorfelds keine syntaktisch koordini<strong>er</strong>enden (adv<strong>er</strong>sativen) Funktionen <strong>er</strong>füllt, sond<strong>er</strong>n<br />

als Diskursmark<strong>er</strong> die Funktion d<strong>er</strong> Prozessi<strong>er</strong>ung eines Wid<strong>er</strong>spruchs <strong>er</strong>füllt. Das einleitende<br />

„`<strong>ja</strong>“ sich<strong>er</strong>t <strong>er</strong>neut den Rückbezug auf die vorh<strong>er</strong>gehende Äuß<strong>er</strong>ung Ka´s, bevor das anschlie-<br />

ßende „ab<strong>er</strong>“ deutlich den von dies<strong>er</strong> Äuß<strong>er</strong>ung abweichenden Charakt<strong>er</strong> d<strong>er</strong> folgenden Ausfüh-<br />

rungen Es einleitet. Mit denen marki<strong>er</strong>t Es in den Zeile 508 bis 510 dann auch explizit, dass d<strong>er</strong><br />

von Ka eingeführte „Wille zu einem Kind“ keine ausreichende Entscheidungsgrundlage dar-<br />

stellt. Es unt<strong>er</strong>stellt Ka damit implizit, dass <strong>er</strong> seine Entscheidung nicht hinreichend v<strong>er</strong>antwort-<br />

lich getroffen habe.<br />

Für meinen Zusammenhang entscheidend ist hi<strong>er</strong>bei, dass auch in diesem Fall ein<strong>er</strong> deutlichen<br />

Diff<strong>er</strong>enz zwischen den beiden Gästen Es und Ka Es ihre impliziten Vorwürfe (Besitzdenken,<br />

fehlende V<strong>er</strong>antwortung) int<strong>er</strong>aktionell absich<strong>er</strong>t, indem sie den Rückbezug auf die vorh<strong>er</strong>ge-<br />

henden Ausführungen Kalettos in den Zeilen 505 und 508 auf ein für mein Korpus typische<br />

Weise mit dem einleitenden Diskursmark<strong>er</strong> „<strong>ja</strong>“ h<strong>er</strong>stellt. Dabei deutet die Weglassprobe (des<br />

„<strong>ja</strong>“) auch in diesem Fall an, dass mit dem rückbezüglichen „<strong>ja</strong>“ kommunikativ abtönende Wir-<br />

kungen v<strong>er</strong>bunden sind. Diese Abtönung reduzi<strong>er</strong>t jedoch nicht den Wid<strong>er</strong>spruchscharakt<strong>er</strong> d<strong>er</strong><br />

Folgeäuß<strong>er</strong>ung, sond<strong>er</strong>n sich<strong>er</strong>t aufgrund d<strong>er</strong> metapragmatischen und in d<strong>er</strong> Folge ambigen Po-<br />

tenziale des Diskursmark<strong>er</strong>s den Zusammenhang zur vorh<strong>er</strong>gehenden Äuß<strong>er</strong>ung. Durch diese<br />

11 Solche einleitenden Formen d<strong>er</strong> Provokation w<strong>er</strong>den in d<strong>er</strong> Vorb<strong>er</strong>eitungsphase d<strong>er</strong> Talkshows nicht selten mit<br />

den Kandidat/inn/en abgesprochen.<br />

21


Ambiguität <strong>er</strong>weist sich d<strong>er</strong> Diskursmark<strong>er</strong> damit als besond<strong>er</strong>s geeignet, die konkrete Int<strong>er</strong>akti-<br />

on unt<strong>er</strong> den Bedingungen d<strong>er</strong> medial geford<strong>er</strong>ten Konfrontation abzusich<strong>er</strong>n.<br />

6. Fazit und Ausblick<br />

Die vorh<strong>er</strong>gehenden empirisch orienti<strong>er</strong>ten Üb<strong>er</strong>legungen zur Partikel `<strong>ja</strong>´ als Element des Vor-<br />

Vorfeld hatten eine doppelte Ausrichtung: Zum einen ging es vor dem Hint<strong>er</strong>grund ein<strong>er</strong> het<strong>er</strong>o-<br />

genen Ausgangslage im Hinblick auf die Wortartbestimmung von `<strong>ja</strong>´ im Vor-Vorfeld um des-<br />

sen Beschreibung als Element d<strong>er</strong> Gruppe d<strong>er</strong> „Diskursmark<strong>er</strong>“. Zum and<strong>er</strong>en sollte gezeigt<br />

w<strong>er</strong>den, dass es g<strong>er</strong>ade die spezifischen Eigenschaften dies<strong>er</strong> Wortart sind, die es <strong>er</strong>lauben, die<br />

gattungsspezifisch gehäuft zu beobachtende Nutzung d<strong>er</strong> Partikel `<strong>ja</strong>´ als Vor-Vorfeld-Element<br />

im Rahmen Täglich<strong>er</strong> Talkshows zu <strong>er</strong>klären.<br />

Im Hinblick auf dieses genrespezifische Unt<strong>er</strong>suchungsint<strong>er</strong>esse hat sich im Laufe d<strong>er</strong> Tran-<br />

skriptanalysen imm<strong>er</strong> wied<strong>er</strong> gezeigt, dass es bezogen auf die die konkreten Funktionen des<br />

Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ vor allem für die konfrontative Ausrichtung Täglich<strong>er</strong> Talkshows von ent-<br />

scheidend<strong>er</strong> Bedeutung ist, den Diskursmark<strong>er</strong> `<strong>ja</strong>´ von d<strong>er</strong> Antwort- und Bestätigungspartikel<br />

`<strong>ja</strong>´ zu unt<strong>er</strong>scheiden. Während die dominante Funktion d<strong>er</strong> Antwort und Bestätigungspartikel<br />

auf d<strong>er</strong> denotativen Ebene liegt (Bestätigung eines konkreten propositionalen Gehalts), liegt d<strong>er</strong><br />

Nutzen des Diskursmark<strong>er</strong>s auf d<strong>er</strong> metapragmatischen Ebene. G<strong>er</strong>ade weil das turneinleitende<br />

`<strong>ja</strong>´ vorrangig kohäsive Funktionen <strong>er</strong>füllt und die Folgeäuß<strong>er</strong>ung aufgrund sein<strong>er</strong> Ambiguität<br />

ohne vorab festgelegte Ausrichtung rahmt, projizi<strong>er</strong>t es semantisch offene Fortsetzungsmöglich-<br />

keiten. 12 Diese können vor dem Hint<strong>er</strong>grund d<strong>er</strong> präf<strong>er</strong>i<strong>er</strong>t konfrontativen Ausrichtung Tägli-<br />

ch<strong>er</strong> Talkshows problemlos mit Wid<strong>er</strong>spruch, Vorwürfen od<strong>er</strong> Gegenargumenten gefüllt w<strong>er</strong>-<br />

den, ohne dass das einleitende `<strong>ja</strong>´ seine die Int<strong>er</strong>aktion stützenden Kohäsionspotenziale v<strong>er</strong>-<br />

li<strong>er</strong>t.<br />

Offen blieben in dies<strong>er</strong> Unt<strong>er</strong>suchung jedoch alle Fragen, die sich im Hinblick auf eine Abgren-<br />

zung des Diskursmark<strong>er</strong>s `<strong>ja</strong>´ zu `<strong>ja</strong>´ als Element and<strong>er</strong><strong>er</strong> Wortarten od<strong>er</strong> Funktionsgruppen wie<br />

Abtönungs- und Modalpartikeln, Hör<strong>er</strong>rückmeldungen, Augmenten u.a. stellen. Hi<strong>er</strong> könnte<br />

eine korpusgestützte, kontrastive Ausw<strong>er</strong>tung vorliegend<strong>er</strong> Daten einen durchaus nützlichen<br />

Beitrag zu ein<strong>er</strong> diff<strong>er</strong>enzi<strong>er</strong>t<strong>er</strong>en Betrachtung von „Wortarten in d<strong>er</strong> Int<strong>er</strong>aktion“ bilden.<br />

12 Günthn<strong>er</strong>/Imo (2003) v<strong>er</strong>weisen im Zusammenhang mit dem Diskursmark<strong>er</strong> `ìch mein´ darauf, dass es die aus<br />

dem reduzi<strong>er</strong>ten propositionalen Gehalt dies<strong>er</strong> Konstruktion resulti<strong>er</strong>ende Vagheit ist, die die Grundlage für den<br />

vielfältigen Einsatz (Multifunktionalität) von `ich mein´ als Diskursmark<strong>er</strong> bildet. Diese Feststellung ließe sich<br />

ausgehend von meinen vorliegenden Beobachtungen ohne Abstriche auf den Diskursmark<strong>er</strong> `<strong>ja</strong>´ beziehen.<br />

22


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