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Genossenschaften sind „überaus krisenfest“

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8<br />

V ERBAND<br />

„WIR“-Umfrage zur<br />

Landtagswahl in<br />

Thüringen 2004<br />

1.<br />

Thüringen ist ein stark mittelständisch<br />

geprägtes Land. Thüringer<br />

Wirtschaftspolitik ist Mittelstands-<br />

politik. Die Thüringer CDU unterstützt<br />

deshalb alle Initiativen und Kooperationen<br />

und auch Rechtsformen, die auf<br />

die Stärkung des Mittelstandes, Selbstständigkeit<br />

und Selbstverantwortung<br />

hin zielen. Allein aus diesem Grunde<br />

<strong>sind</strong> die <strong>Genossenschaften</strong>, besonders<br />

im unternehmerischen Bereich und<br />

deren Stärkung ein Hauptbestandteil<br />

der Wirtschaftspolitik der CDU-Fraktion<br />

im Thüringer Landtag. Die <strong>Genossenschaften</strong><br />

<strong>sind</strong> ein wichtiger Wirtschaftsfaktor<br />

und ein Leistungsträger der<br />

regionalen Wirtschaft in Thüringen. (...)<br />

Wegen fehlender oder ungenügender<br />

Reformen ist Deutschland in die tiefste<br />

Strukturkrise nach dem Krieg geraten.<br />

Auch der Aufbau Ost ist deshalb empfindlich<br />

gestört und das Aufholbemühen<br />

Thüringens ausgebremst worden.<br />

In diesen schwierigen Zeiten erweisen<br />

sich die <strong>Genossenschaften</strong> als überaus<br />

krisenfest und präsentieren sich als<br />

wichtiger Stabilitätsfaktor für den<br />

Freistaat Thüringen. Die CDU-Fraktion<br />

würdigt besonders den Beitrag der<br />

<strong>Genossenschaften</strong> im Arbeitsmarkt und<br />

in der Ausbildung.<br />

<strong>Genossenschaften</strong> <strong>sind</strong><br />

<strong>„überaus</strong> <strong>krisenfest“</strong><br />

In Thüringen wird am 13. Juni 2004 ein neuer Landtag gewählt, Anlass für<br />

unsere Redaktion, bei den drei Landtagsfraktionen nachzufragen, welche<br />

Positionen die Parteien zum Genossenschaftswesen einnehmen. Zumal die<br />

118 eingetragenen <strong>Genossenschaften</strong> des Thüringer Prüfungsverbandes<br />

der Agrar- und Erzeugergenossenschaften seit kurzem Mitglied im Mitteldeutschen<br />

Genossenschaftsverband <strong>sind</strong>. Das <strong>sind</strong> die Fragen:<br />

1. Welchen Stellenwert nehmen die eingetragenen <strong>Genossenschaften</strong> in<br />

der Wirtschaftspolitik Ihrer Partei ein?<br />

2. Die genossenschaftliche Idee beruht auf dem Prinzip der Selbsthilfe und<br />

der Selbstverantwortung. Wie stellt sich die Rechtsform der eG in diesem<br />

Zusammenhang für Sie heute dar?<br />

3. Junge Leute wollen mit wenig Geld gemeinschaftliche Existenzen gründen.<br />

Wie beurteilen Sie die Fördermöglichkeiten in Thüringen für Existenzgründer<br />

in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft?<br />

Dr. Frank-Michael<br />

Pietzsch,<br />

Fraktionsvorsitzender<br />

der<br />

CDU-Fraktion<br />

Die <strong>Genossenschaften</strong> <strong>sind</strong> traditionell<br />

stark im ländlichen Raum verwurzelt.<br />

Damit <strong>sind</strong> sie auch verlässliche Partner<br />

der Bürger in strukturschwachen<br />

Regionen. (...)<br />

2.<br />

Die genossenschaftliche Unternehmens-<br />

und Rechtsform bietet<br />

dem Einzelnen die Möglichkeit, die<br />

Stärken der Gemeinschaft zu nutzen,<br />

ohne seine juristische und unternehmerische<br />

Selbstständigkeit aufzugeben.<br />

Der wirtschaftliche Erfolg der <strong>Genossenschaften</strong><br />

und deren Widerstandsfähigkeit<br />

auch in schwierigen Wirtschaftslagen<br />

spricht für die Effizienz und die<br />

Flexibilität aber ebenso für die Zukunftsfähigkeit<br />

eines Unternehmertums, das<br />

sich in <strong>Genossenschaften</strong> organisiert<br />

und ist ein Beleg dafür, dass die Leitidee<br />

der <strong>Genossenschaften</strong> von Selbstverantwortung<br />

und Gemeinsinn mehr<br />

denn je Berechtigung in unserer modernen<br />

Zeit hat.<br />

Immer wenn die Genossenschaftsideologie<br />

frei zum Tragen kommt, ist sie<br />

auch in der globalisierten Welt eine<br />

echte Alternative zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Unternehmen.<br />

Deshalb schätzt die Thüringer CDU die<br />

Leistungen und Beiträge des genossenschaftlich<br />

organisierten Mittelstandes<br />

für die Thüringer Wirtschaft außerordentlich<br />

hoch ein. Die CDU wendet<br />

sich allerdings dagegen, dass der<br />

Genossenschaftsbegriff ideologisch<br />

missbraucht wurde und wird. Die Genossenschaftsidee<br />

als Gesellschaftsmodell<br />

für den Zusammenschluss freier,<br />

eigenverantwortlicher Bürger ist fest<br />

im Wertesystem der CDU verankert und<br />

hat beste Zukunftsaussichten. (...)<br />

5/2004<br />

3.<br />

Existenzgründungen in der Rechtsform<br />

der eingetragenen Genos-<br />

senschaft <strong>sind</strong> der CDU Thürin-<br />

gen, wie alle, die den Weg in die<br />

Selbstständigkeit gehen, willkommen.<br />

Die staatlichen Rahmenbedingungen in<br />

Thüringen machen hierbei keinen<br />

Unterschied. Das Bemühen der CDUgeführten<br />

Landesregierung Thüringen<br />

zur Deregulierung und Entbürokratisierung<br />

und zur Fortentwicklung der<br />

Rahmenbedingungen für den Mittelstand<br />

gilt deshalb im besonderen Maße<br />

für die Existenzgründer und <strong>Genossenschaften</strong>.<br />

Immer deutlicher zeigt sich,<br />

dass sich Unternehmen in regionalen<br />

oder branchenbezogenen Netzwerken<br />

organisieren, um Synergien zu entwickeln,<br />

indem z. B. Einkauf und Vermarktung<br />

gemeinsam betrieben werden.<br />

Dieses Kooperationsmodell steht in gerader<br />

Linie zum Genossenschaftsmodell.<br />

In gewisser Weise <strong>sind</strong> die von den<br />

Unternehmen selbst organisierten und<br />

verwalteten Cluster eine Form der Genossenschaftsidee.<br />

Die Unternehmen<br />

suchen Kooperationsformen, um ihre<br />

regionalen und mittelständischen Stärken<br />

zu bündeln und damit Wettbewerbsvorteile<br />

zu erreichen, sodass sich<br />

die einzelnen Unternehmen, ohne ihre<br />

Selbstständigkeit zu verlieren, auf ihre<br />

Kernkompetenzen konzentrieren können.<br />

Diese Strategie ist auch für Gründer<br />

mit all ihren Startproblemen höchst<br />

attraktiv.<br />

Die genossenschaftliche Kooperation<br />

ist ein berechtigtes Zukunftsmodell des<br />

Thüringer Mittelstandes. (...)<br />

Bodo Ramelow,<br />

Fraktionsvorsitzender<br />

der<br />

PDS-Fraktion<br />

1.<br />

<strong>Genossenschaften</strong> gehören nach<br />

unserer Überzeugung in ihren<br />

verschiedenen Strukturen und<br />

Zielen zu den Ressourcen, die für die<br />

weitere Gestaltung der wirtschaftlichen,<br />

sozialen, politischen und kulturellen<br />

Verhältnisse in allen Regionen, aber<br />

besonders in Ostdeutschland, genutzt


werden sollten. Gerade hier können<br />

langjährige Erfahrungen, beispielsweise<br />

durch die LPG, handwerklichen<br />

Produktionsgenossenschaften oder Wohnungsgenossenschaften<br />

eingebracht<br />

werden.<br />

In den ostdeutschen Bundesländern ist<br />

auf Grund der benachteiligenden Strukturanpassungspolitik<br />

ein gesamtgesellschaftlicher<br />

Entwicklungsfortschritt kaum<br />

erkennbar. Außerdem tragen die negativen<br />

Seiten der Globalisierung – Arbeitsplatztransfer<br />

in Billiglohnländer,<br />

Produktions- und Kapitalabwanderung<br />

und vieles mehr – dazu bei, dass immer<br />

noch zu wenig dauerhafte Arbeitsplätze<br />

entstehen und vor allem erhalten<br />

bleiben. (...)<br />

2.<br />

Die genossenschaftliche Idee ist<br />

kein Allheilmittel, kann aber mit der<br />

Selbstverwaltung, Selbsthilfe und<br />

Selbstverantwortung wirtschaftlich effizient<br />

sein. Voraussetzung dafür ist jedoch,<br />

dass die <strong>Genossenschaften</strong> auch<br />

seitens der politischen Verantwortungsträger<br />

als gleichberechtigte Eigentumsformen<br />

anerkannt werden und u. U. auch<br />

entsprechende Fördermechanismen<br />

wirken können. Das eigentliche Charakteristikum<br />

genossenschaftlichen Wirtschaftens<br />

sehen wir darin, dass sich<br />

Produzenten gleichzeitig auch als<br />

Eigentümer fühlen können. <strong>Genossenschaften</strong><br />

<strong>sind</strong> Unternehmen mit wirtschaftlichen<br />

Zielen, die in den meisten<br />

Fällen auch ihrer sozialen Verantwortung<br />

gerecht werden. Entscheidungen<br />

werden auf breiter Basis von den<br />

Mitgliedern demokratisch entschieden.<br />

Eine politische Aufgabe sieht die PDS<br />

insbesondere darin, <strong>Genossenschaften</strong><br />

in ihrer Funktion als Produzenten zu<br />

unterstützen. Dazu bedarf es einer Verbesserung<br />

der Rahmenbedingungen<br />

dahingehend, erforderliche infrastrukturelle<br />

Voraussetzungen, Hilfen zur<br />

Finanzierung, für das Marketing und<br />

zwischenbetriebliche Kooperationen zu<br />

schaffen. Dann kann es besser gelingen,<br />

<strong>Genossenschaften</strong> in regionale<br />

Struktur- und Beschäftigungsentwicklungskonzepte<br />

einzubeziehen.<br />

3.<br />

Die Unterstützung einer Existenzgründung<br />

sollte (...) nicht von der<br />

Rechtsform eines Unternehmens,<br />

sondern von Inhalten, Zielen und Engagement<br />

der Unternehmer beurteilt werden.<br />

Insofern würden wir eine restriktive<br />

Auslegung von Fördermöglichkeiten in<br />

Abhängigkeit von der Rechtsform ablehnen.<br />

Prinzipiell stellen wir fest, dass<br />

nach den für den gewerblichen Bereich<br />

in Thüringen geltenden Bund/Länderprogrammen<br />

und Länderprogrammen<br />

ein Ausschluss eines Unternehmens<br />

wegen seiner Rechtsform nicht erfolgen<br />

dürfte. In den jeweiligen Förderrichtlinien<br />

<strong>sind</strong> als Zuwendungsempfänger<br />

gewerbliche Unternehmen, Unternehmen<br />

der gewerblichen Wirtschaft oder<br />

juristische oder natürliche Personen<br />

benannt und damit die Rechtsform kein<br />

Hinderungs- oder Ausschlusskriterium.<br />

Allerdings ist in allen Förderrichtlinien<br />

die angemessene Beteiligung mit<br />

Eigenkapital vorgesehen, wobei über<br />

Bürgschaftsmöglichkeiten und Zinsverbilligungen<br />

nach dem Programm „GuW“<br />

sich hier für alle Unternehmensformen<br />

auch in diesem Zusammenhang Möglichkeiten<br />

eröffnen. (...)<br />

Heiko Gentzel,<br />

Fraktionsvorsitzender<br />

der<br />

SPD-Fraktion<br />

1.<br />

Als Sozialdemokraten halten wir<br />

das Grundmuster der eingetrage-<br />

nen <strong>Genossenschaften</strong> auch auf<br />

der Produktionsstrecke als eine mögliche<br />

unternehmerische Organisationsform<br />

für sehr sinnvoll. Diese hat sich<br />

über viele Jahrzehnte bewährt. Die SPD<br />

hat daher immer großen Wert auf eine<br />

Gleichstellung der eingetragenen Genossenschaft<br />

mit anderen unternehmerischen<br />

Rechtsformen gelegt, und dies<br />

stets vertreten.<br />

Unsere künftige Wirtschaftspolitik wird<br />

daher weiterhin bemüht sein, diese<br />

Gleichstellung der eingetragenen Genossenschaft<br />

abzusichern.<br />

2.<br />

Die SPD-Fraktion unterstützt den<br />

solidarischen Gedanken der ein-<br />

getragenen Genossenschaft als<br />

Kooperationsmodell für mittelständische<br />

Unternehmer und Existenzgründer.<br />

Die gegenseitige Hilfe unter den<br />

Mitgliedern der Genossenschaft zeigt,<br />

dass wirtschaftliches Agieren nicht nur<br />

5/2004<br />

V ERBAND 9<br />

im Gegeneinander, sondern auch im<br />

Miteinander erfolgreich sein kann. Gerade<br />

für Unternehmer mit wenig Eigenkapital<br />

können die eingetragene Genossenschaft<br />

und die mit dieser Rechtsform<br />

verbundenen Vorteile in vielen Fällen<br />

einen Anreiz zu einer lukrativen<br />

selbstständigen wirtschaftlichen Betätigung<br />

darstellen. Insbesondere zur Unterstützung<br />

schwacher Marktteilnehmer<br />

befürworten wir die Möglichkeiten, mittels<br />

einer Genossenschaft Ungleichgewichte<br />

auf dem Markt auszugleichen.<br />

3.<br />

Wir <strong>sind</strong> der Auffassung, dass<br />

Fördermöglichkeiten nicht in Ab-<br />

hängigkeit von der jeweiligen<br />

Rechtsform ausgestaltet werden dürfen.<br />

Der Grundsatz der Rechtsformneutralität<br />

muss dabei in besonderer Weise<br />

für die Förderung von Existenzgründungen<br />

gelten. Allgemein ist allerdings festzustellen,<br />

dass eine Förderung von<br />

Existenzgründungen in Thüringen bisher<br />

nur unzureichend stattgefunden<br />

hat. Das Problem in Thüringen ist also<br />

weniger die Ungleichbehandlung zwischen<br />

verschiedenen Rechtsformen<br />

sondern die zu wenig zur Verfügung<br />

stehenden finanziellen Mittel.<br />

Existenzgründungen (...) <strong>sind</strong> sehr risikobehaftet.<br />

Ein Drittel aller Kreditwünsche<br />

wird durch die Banken abgelehnt.<br />

Angesichts einer Eigenkapitalquote von<br />

zum Teil unter zehn Prozent in bestehenden<br />

Unternehmen kommt diesem<br />

Aspekt besondere Bedeutung zu. Eine<br />

Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen<br />

des Mittelstands wird<br />

durch die Konzentration aller entsprechenden<br />

Förderprogramme in der neu<br />

geschaffenen KfW-Mittelstandsbank des<br />

Bundes erwartet. Dort werden die typischen<br />

Existenzgründungsprogramme<br />

aufgelegt. Das Land selbst beschränkt<br />

sich (...) auf die Förderung insbesondere<br />

von Investitionen und Betriebsmitteln<br />

in Unternehmen. Das neu geschaffene<br />

„Thüringen-Kapital“ ist dafür ein Weg,<br />

um in bestehenden Unternehmen die<br />

Eigenkapitalsituation zu verbessern. Da<br />

dieses Programm erst Mitte März 2004<br />

aufgelegt wurde, lässt sich zum aktuellen<br />

Zeitpunkt keine Aussage darüber<br />

treffen, welche Unternehmensform<br />

eventuell schlechter gestellt ist. (...) ■<br />

Langfassung unter<br />

www.mgv-info.de/Presse/Genoblatt-Artikel.

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