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Sergej Lukianenko Der Herr der Finsternis

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schauten, denn natürlich behielt man den Himmel über<br />

<strong>der</strong> Stadt immer im Auge. Wir hofften jedoch darauf, dass<br />

mein Flug aus <strong>der</strong> Entfernung nicht allzu stümperhaft<br />

wirkte.<br />

Von dem zehn Meter hohen Turm zu springen war<br />

kein Kin<strong>der</strong>spiel. Immer wie<strong>der</strong> ging ich an den Rand <strong>der</strong><br />

Plattform, zu <strong>der</strong> Stelle, wo eine Lücke im Gelän<strong>der</strong> war.<br />

<strong>Der</strong> Steinboden, <strong>der</strong> im Laufe <strong>der</strong> Jahre glatt geschliffen<br />

worden war, stellte sich als gefährlich rutschig heraus. In<br />

den Straßen liefen ein paar Fußgänger, aber niemand achtete<br />

auf uns. Nur zwei kleine Kin<strong>der</strong>, ein Junge und ein<br />

Mädchen an <strong>der</strong> Hand einer älteren Dame, verdrehten<br />

hartnäckig den Kopf nach dem Turm und lauerten auf<br />

meinen Start. Wahrscheinlich würde ich sie enttäuschen.<br />

»Es wird Zeit, Senior«, drängelte Len. »Mach schon!<br />

Wir müssten längst in <strong>der</strong> Luft sein.«<br />

Ich tastete mich bis ganz an den Rand vor, blieb stehen<br />

und versuchte, das Gleichgewicht zu halten.<br />

»Spring!«, zischte Len.<br />

Ich breitete die Arme aus und schloss die Augen. In<br />

dem Moment trafen die Flügel die Entscheidung für<br />

mich. Sie schlugen auf die Luft ein, die hart wie Beton<br />

war – und <strong>der</strong> Turm verschwand unter meinen Füßen.<br />

Ohne die Augen wie<strong>der</strong> aufzumachen, hörte ich, wie<br />

Lens Flügel über mir schlugen und <strong>der</strong> peitschende Wind<br />

mir um die Ohren pfiff.<br />

»Wir haben Flügel!«, schrie Len. Seine Stimme erkannte<br />

ich kaum wie<strong>der</strong>, so glücklich klang sie! »Lass sie<br />

machen, was sie wollen, dann fliegst du ganz von selbst!<br />

Wir haben Flügel!«<br />

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