Publikation - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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Glied. Das geht nur, wenn ich bereit bin, mich zu versöhnen und nicht<br />
ständig auf Aufrechnungen und Abrechnung verweise. Ob wir das<br />
schaffen, ist noch nicht ausgemacht. Aktuell müssen wir uns ja damit<br />
beschäftigen, ob die Fortsetzung durch diese unsägliche Behörde<br />
zunächst einmal bis 2019 weitergeht, die uns ja in erheblichem Maße<br />
verbietet, uns zu versöhnen. Wir versöhnen uns schneller mit unseren<br />
Nachbarn als mit uns selbst.<br />
Das Wun<strong>der</strong> in unserem Verhältnis zu Polen ist, dass die Erinnerung<br />
an die Vergangenheit, die wir nicht vergessen können und dürfen, uns<br />
nicht daran hin<strong>der</strong>t, uns mit diesem Land zu versöhnen. An den Möglichkeiten<br />
unseres Verhältnisses zu Polen und dieser Entwicklung sollten<br />
wir uns ein Beispiel nehmen für uns selbst.<br />
<strong>Friedrich</strong> Schorlemmer<br />
Ich möchte noch einmal speziell zu Polen zurückkommen. Als ehemaliger<br />
DDR-Bürger muss ich sagen, dass wir in gewisser Weise von Polen<br />
profitiert haben. Es darf nicht vergessen werden, dass für die DDR-<br />
Bürger das Nachbarland Polen schon so etwas wie <strong>der</strong> kleine Westen<br />
war. Ich fühlte mich persönlich dort viel freier. Wir hatten damals Seminare<br />
mit westdeutschen Studenten und <strong>der</strong> Jungen Gemeinde aus<br />
Köln. In Polen konnten wir solche Begegnungen organisieren, auch an<br />
kritischen Punkten unserer Geschichte. Auch die Verlage in <strong>der</strong> DDR<br />
brachten wun<strong>der</strong>bare polnische Literatur. Ich kann mir diese Zeit ohne<br />
sowjetische Literatur ebenso wenig ohne polnische vorstellen. Dabei<br />
denke ich an die Gedichte von Tadeusz Róz˙ewicz o<strong>der</strong> Wisława Szymborska,<br />
an die Texte, Tagebücher, Prosa von Kazimierz Brandys, Czesław<br />
Miłosz und vieles an<strong>der</strong>e. Das war nicht nur für mich zum damaligen<br />
Zeitpunkt sehr wichtig. Wir haben also auch in schwieriger Zeit eine<br />
kulturelle Brücke geschlagen und es entwickelte sich auf unserer Seite<br />
eine Verehrung gegenüber dem polnischen Freiheitsgeist.<br />
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