Publikation - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
Publikation - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
Publikation - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
schwer beladen im Dezember des<br />
gleichen Jahres nach Warschau fuhren.<br />
Uns war wohl bewusst, dass wir<br />
uns als Deutsche schon wie<strong>der</strong> über<br />
die Köpfe <strong>der</strong> Polen hinweg mit den<br />
Russen verständigt hatten. Die Polen<br />
mussten natürlich machen, was die<br />
Russen mit uns beschlossen hatten<br />
und hatten somit keine wirkliche<br />
Wahl.<br />
Wir waren uns zweitens auch<br />
bewusst, dass wir etwas machen<br />
mussten, was zu Hause in <strong>der</strong> alten<br />
Bundesrepublik schrecklich schwer<br />
begreiflich zu machen war. Wir<br />
mussten den Heimatvertriebenen<br />
die Illusion rauben, dass sie noch<br />
einmal in ihre alte Heimat zurück-<br />
22<br />
Kundgebung für die Ostverträge vor dem<br />
Rathaus Schöneberg, 26. April 1972<br />
Foto: AdsD / 6/FOTA129782 / Zellmann<br />
kehren würden. Das war <strong>der</strong> Verrat, <strong>der</strong> uns vorgeworfen wurde. Und<br />
das war auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite die unerlässliche Voraussetzung dafür,<br />
dass wir einmal eine Aussicht auf die deutsche Einheit haben würden.<br />
Denn keiner unserer Nachbarn – und keiner <strong>der</strong> Sieger – würde<br />
Deutschland in die Freiheit seiner Einheit entlassen, wenn man fürchten<br />
musste, dass dieses vereinigte Land dann anschließend territoriale<br />
Ansprüche erheben würde.<br />
Wir hatten uns damals auch noch nicht so klar gemacht, dass <strong>der</strong> Kniefall<br />
sicher ein Grund dafür war, dass Brandt dann den Friedensnobelpreis<br />
bekam. Diese Bundesrepublik, <strong>der</strong>en Gewicht durch den Moskauer<br />
Vertrag gewachsen war, zeigte plötzlich einen Menschen, <strong>der</strong><br />
nun persönlich keine Schuld an den Nazis hatte und trotzdem mit dem<br />
Kniefall ein Schuldbekenntnis für die Schuld seines Volkes abgegeben