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Bademeisterfall

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Fall: „Die ungewollte Dusche“<br />

Durch die heißen Temperaturen angeregt, löst der stets<br />

zu Scherzen aufgelegte A im Freibad eine Dusche aus,<br />

als Bademeister B mit üppiger Sonnenbrille und knapper<br />

Badehose bekleidet unter ihr hindurch patrouilliert. B,<br />

seine Hose und seine Brille sind patschnass. B versteht<br />

keinen Spaß und stellt Strafantrag.<br />

Wie lautet Ihre „routinemäßige“ Fallfrage?<br />

Wie haben sich die im Sachverhalt vorkommenden Personen strafbar<br />

gemacht?<br />

Wer kommt hier (nur) ernsthaft in Betracht?<br />

Nur der A. Am Beckenrand patrouillieren ist eindeutig nicht strafbar.<br />

Welche im Sachverhalt geschilderten Verhaltensweisen kommen als<br />

Anknüpfungspunkte für eine gutachterliche Prüfung in Betracht?<br />

Nur das Auslösen der Dusche durch den A.<br />

Auf welchen – möglicherweise verwirklichten – Straftatbestand<br />

stellen Sie zunächst ab?<br />

Körperverletzung, § 223 StGB<br />

1


A. Strafbarkeit nach § 223 I StGB<br />

A könnte sich, indem er, als B unter ihr hindurch lief, die Dusche<br />

auslöste, wegen Körperverletzung nach § 223 I StGB strafbar gemacht<br />

haben.<br />

(Wie würden Sie dann innerhalb des Gutachtens „weiterprüfen“?)<br />

Dann müsste B im Sinne von § 223 I StGB körperlich misshandelt oder<br />

an der Gesundheit geschädigt worden sein.<br />

(Definition:)<br />

Eine körperliche Misshandlung liegt vor bei<br />

jeder substanzverletzenden Einwirkung<br />

und bei jeder üblen unangemessenen Behandlung, durch die das<br />

körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird.<br />

Hier hat A die Dusche ausgelöst und so B durchnässt. B ist dadurch in<br />

seiner körperlichen Substanz nicht verletzt worden.<br />

Indem B durchnässt worden ist,<br />

ist er allerdings einer üblen unangemessenen Behandlung<br />

unterzogen worden.<br />

Fraglich ist jedoch, ob er hierdurch auch in einem nicht erheblichen<br />

Maße in seinem körperlichen Wohlbefinden verletzt worden ist.<br />

Hierfür ist eine Beeinträchtigung von einigem Gewicht erforderlich.<br />

Wenn man bei sommerlichen Temperaturen - zumal als<br />

Bademeister und nur mit einer Badehose bekleidet – nass wird, so<br />

fühlt man sich höchstens sehr unwesentlich weniger wohl. Der<br />

2


Bademeister wurde daher jedenfalls nicht in erheblichem Maße in<br />

seinem körperlichen Wohlbefinden verletzt.<br />

Damit stellt das Auslösen der Dusche durch A keine körperliche<br />

Misshandlung im Sinne des § 223 I StGB dar.<br />

Es könnte eine Gesundheitsschädigung des B gegeben sein. Eine<br />

Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen, Steigern oder<br />

Aufrechterhalten eines pathologischen Zustands; dies ist ein Zustand,<br />

der nachteilig vom Normalzustand abweicht.<br />

Durch die Dusche ist der Gesundheitszustand des B, zumal er sich zum<br />

Beispiel nicht erkältet hat, auch nicht nachteilig verändert worden.<br />

Somit liegt auch keine Gesundheitsschädigung vor.<br />

A hat sich somit, indem er die Dusche auslöste, unter der B hindurch<br />

ging, nicht wegen Körperverletzung nach § 223 I StGB strafbar gemacht.<br />

B. Strafbarkeit nach § 303 I StGB<br />

A könnte sich, indem er die Dusche auslöste, unter der B hindurch ging,<br />

und dabei dessen Badehose und Sonnenbrille nass wurden, wegen<br />

Sachbeschädigung nach § 303 I StGB strafbar gemacht haben.<br />

Dann müsste eine fremde Sache beschädigt oder zerstört worden sein.<br />

[Hierzu müssten die Badehose und die Sonnenbrille Sachen im Sinne<br />

des § 303 I StGB sein. - darf hier auch weggelassen werden] Sachen<br />

sind alle körperlichen Gegenstände. Sowohl die Sonnenbrille, als auch<br />

die Badehose des B sind Objekte, die aus Materie bestehen. Somit<br />

handelt es sich bei der Brille und der Hose um Sachen.<br />

3


[Die Badehose und der Sonnenbrille müssten auch fremd sein.]<br />

Fremd ist eine Sache dann, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters<br />

steht und nicht herrenlos ist. Die Badehose und die Sonnenbrille<br />

gehören nicht dem A, sondern dem B. Folglich sind sie für den A fremde<br />

Sachen.<br />

Schließlich müsste eine Beschädigung oder Zerstörung gegeben sein.<br />

Eine Beschädigung der Sache liegt vor, wenn diese in ihrer Substanz<br />

verletzt worden ist oder ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit nicht<br />

nur unerheblich beeinträchtigt worden ist. Hier sind die Sonnenbrille und<br />

die Hose nass geworden. Der bestimmungsgemäße Gebrauch einer<br />

Sonnenbrille besteht im Sonnenschutz von Augen und Augenpartie des<br />

menschlichen Gesichtes. Eine nasse Sonnenbrille kann gegebenenfalls<br />

abgewischt werden. Eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung der<br />

bestimmungsgemäßen Brauchbarkeit der Brille des B liegt demzufolge<br />

nicht vor.<br />

Entsprechendes gilt auch für die Hose, die an dem heißen Tag schnell<br />

trocknen wird.<br />

Zerstörung ist eine so weit gehende Beschädigung einer Sache, so dass<br />

ihre Gebrauchsfähigkeit völlig aufgehoben wird. Hose und Brille sind<br />

noch voll brauchbar, folglich erst recht nicht zerstört.<br />

A hat sich damit auch nicht wegen Sachbeschädigung nach § 303 I<br />

StGB strafbar gemacht, indem er die Dusche über B auslöste.<br />

4

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