e-Health aus der Sicht von niedergelassenen Ärzten - Institute of ...
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e-<strong>Health</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong><br />
eine Studie zu Einflussgrößen auf das Nutzungsverhalten<br />
und die Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Funktionen<br />
Magisterarbeit<br />
zur Erlangung des akademischen Grades<br />
Magister <strong>der</strong> Gesundheitsinformatik<br />
im Rahmen des<br />
Magisterstudiums Gesundheitsinformatik<br />
vorgelegt <strong>von</strong>:<br />
Ing. Gerhard Klapf<br />
betreut <strong>von</strong>:<br />
Univ. Pr<strong>of</strong>. Dr. Elske Ammenwerth<br />
an <strong>der</strong><br />
UMIT - Private Universität für Gesundheitswissenschaften,<br />
Medizinische Informatik und Technik<br />
Hall in Tirol, im Dezember 2012
Betreuerbestätigung<br />
Ich befürworte die Abgabe <strong>der</strong> vorliegenden Abschlussarbeit, welche <strong>von</strong> mir betreut<br />
und insgesamt positiv bewertet wurde.<br />
……………………………………………………..……………………………<br />
Datum und Unterschrift <strong>der</strong> Betreuerin<br />
Univ. Pr<strong>of</strong>. Dr. Elske Ammenwerth<br />
Annahme durch das Studienmanagement<br />
am:……………………………………………<br />
<strong>von</strong>:……………………………………………
Zusammenfassung<br />
Die vorliegende Arbeit untersucht die Akzeptanz und die Nutzungsintention verschiedener e-<br />
<strong>Health</strong>-Applikationen bei nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong>. Zunächst wurden die vorhandenen<br />
empirischen Arbeiten unter Berücksichtigung des Technology Acceptance Model (TAM; Davis,<br />
1989) recherchiert, um wissenschaftlich belegte Einflussfaktoren auf Akzeptanz und<br />
Nutzungsintention her<strong>aus</strong>zuarbeiten. Auf <strong>der</strong> Grundlage dieser Faktoren wurde eine<br />
Interviewstudie mit n = 13 nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> und Standesvertretern in Oberösterreich<br />
durchgeführt. Die Auswahl <strong>der</strong> Ärzte erfolgte nach verschiedenen Fachrichtungen und<br />
Regionen (Stadt / Land). Die Daten<strong>aus</strong>wertung wurde nach den Regeln <strong>der</strong> qualitativen<br />
Inhaltsanalyse nach Mayring (2000) vorgenommen.<br />
Es wurden die Informiertheit, die subjektive Nützlichkeit, die Nutzungsintention und das<br />
bisherige Nutzungsverhalten bezüglich verschiedener e-<strong>Health</strong>-Anwendungen erfasst.<br />
Weiterhin wurden mehrere Einflussfaktoren kategorisiert.<br />
Aus den Aussagen <strong>der</strong> Interviewpartner ging hervor, dass die Ärzte eine sehr differenzierte<br />
Einstellung zu den einzelnen e-<strong>Health</strong>-Applikationen aufweisen. Von einer p<strong>aus</strong>chalen<br />
Zustimmung o<strong>der</strong> Ablehnung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> konnte nicht die Rede sein. Die Zustimmung zu<br />
einer e-<strong>Health</strong>-Applikation ist u.a. <strong>von</strong> einer positiven Kosten-Nutzen-Analyse, <strong>der</strong><br />
Bedienbarkeit / Usability <strong>der</strong> S<strong>of</strong>tware, Überlegungen zum Datenschutz und Rechtssicherheit,<br />
den Anfor<strong>der</strong>ungen an ärztliches Handeln, Patientenwünschen, Informationen und<br />
Empfehlungen durch Vertrauenspartner, <strong>der</strong> wahrgenommenen Kontrolle sowie <strong>der</strong><br />
Einstellung zu IT und Computern allgemein abhängig. Aus den extrahierten Faktoren wurde<br />
ein übergeordnetes Modell "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" erstellt, das an das<br />
TAM und seine Derivate angelehnt ist. Demnach wird die Nutzungsintention <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong><br />
durch die Wechselwirkung <strong>von</strong> technologischen, institutionellen und marktwirtschaftlichen<br />
Faktoren bestimmt, die <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> in Bezug auf ihr Selbstverständnis und ihre<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an ärztliches Handeln abgeglichen werden. In <strong>der</strong> Interaktion mit sozialen<br />
Gruppen und gegebenen Informationen bildet Vertrauen eine wesentliche Komponente.<br />
Das Modell kann zur weiteren empirischen Forschung in diesem Bereich sowie zur Ableitung<br />
praktischer Empfehlungen an Entscheidungsträgern genutzt werden. Schwerpunktmäßig<br />
werden vertrauensbildende Maßnahmen und die Schaffung adäquater rechtlicher<br />
Rahmenbedingungen zum Abbau <strong>von</strong> Ängsten und Unsicherheit empfohlen.
Summary<br />
This work analyzes the acceptance and the intention <strong>of</strong> use <strong>of</strong> various e-health applications<br />
among practitioners in one region <strong>of</strong> Austria (Oberoesterreich). First, recent empirical studies<br />
<strong>of</strong> this area were searched for proven factors <strong>of</strong> influence, especially consi<strong>der</strong>ing the<br />
Technology Acceptance Model (TAM; Davis, 1989). This factors were used for a qualitative<br />
interview study with n = 13 practitioners <strong>of</strong> the Oberoesterreich region. The selection <strong>of</strong><br />
interview partners was carried out theoretically due to the factors specialization and region<br />
(urban / rural). The data were analyzed with methods <strong>of</strong> the qualitative content analysis. The<br />
following factors were categorized: perceived usefulness, intention <strong>of</strong> use, previous use<br />
behaviour and factors <strong>of</strong> influence consi<strong>der</strong>ing various e-health applications. The statements<br />
<strong>of</strong> the interview partners show differentiated views to the e-health applications, and no globally<br />
positive or negative attitudes were found. Influencing factors <strong>of</strong> the acceptance were positive<br />
cost-benefit analysis, perceived ease <strong>of</strong> use / usability <strong>of</strong> s<strong>of</strong>tware, data security and legal<br />
certainty for the practitioners, demands on medical practice, wishes <strong>of</strong> patients, information<br />
and recommendations <strong>of</strong> partners <strong>of</strong> confidence, subjective control and attitudes toward<br />
Information Technology and computers.<br />
From the extracted factors, a superior model "e-health in the subjective view <strong>of</strong> practitioners"<br />
was developed, according to the TAM and deducting models. Thus, the intention <strong>of</strong> use <strong>of</strong> e-<br />
health application is affected by technological, institutional and market-based factors and their<br />
interaction. The practitioners matched these factors with their occupational image and the<br />
demands on medical practise. A basic component <strong>of</strong> the interaction with social groups and<br />
given information is confidence.<br />
This model can be used for further empirical research as well as for practical<br />
recommendations to policy makers in this area. Confidence-building measures and the<br />
creation <strong>of</strong> adequate legal frameworks are recommended to reduce feelings <strong>of</strong> fear and<br />
uncertainty.
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung ........................................................................................................................................ 1<br />
1.1 Gegenstand und Motivation .......................................................................................................... 1<br />
1.2 Problemstellung ............................................................................................................................. 5<br />
1.3 Zielsetzung .................................................................................................................................... 6<br />
1.4 Fragestellungen ............................................................................................................................. 7<br />
1.5 Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeit..................................................................................................................... 7<br />
2 Theoretische Grundlagen .............................................................................................................. 9<br />
2.1 Begriffsbestimmung ....................................................................................................................... 9<br />
2.1.1 e-<strong>Health</strong> ................................................................................................................................. 9<br />
2.1.2 Arztpraxis-Informationssystem APIS .................................................................................. 10<br />
2.1.3 Technology Acceptance Model TAM ................................................................................... 12<br />
2.2 Aktueller Stand <strong>der</strong> Forschung .................................................................................................... 18<br />
2.2.1 Forschungsstand zum TAM ................................................................................................ 18<br />
2.2.2 Akzeptanzforschung im Bereich e-<strong>Health</strong> ........................................................................... 19<br />
2.2.3 Zusammenfassung zu den Ergebnissen einzelner Variablen <strong>der</strong> TAM im Bereich e-<strong>Health</strong><br />
und Implikationen für die Untersuchung ............................................................................. 29<br />
2.2.4 Qualitative Untersuchungen in <strong>der</strong> Akzeptanzforschung .................................................... 36<br />
3 Methodik <strong>der</strong> Untersuchung ....................................................................................................... 41<br />
3.1 Begründung <strong>der</strong> Methodenwahl .................................................................................................. 41<br />
3.2 Die Auswahl <strong>der</strong> Stichprobe ........................................................................................................ 44<br />
3.3 Die Datenerhebung ..................................................................................................................... 46<br />
3.4 Methoden <strong>der</strong> Daten<strong>aus</strong>wertung ................................................................................................. 48<br />
4 Ergebnisdarstellung..................................................................................................................... 53<br />
4.1 Zusammenfassungen <strong>der</strong> Interviews .......................................................................................... 53<br />
4.1.1 Interviewpartner Nr.1: "Man wird kein besserer Arzt, son<strong>der</strong>n es vereinfacht die Abläufe" 53<br />
4.1.2 Interviewpartner Nr.2: "Es geht um eine faire, ehrliche Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Kosten –<br />
Nutzen" ............................................................................................................................... 54<br />
4.1.3 Interviewpartner Nr.3: "Ich glaube, dass e-<strong>Health</strong> ein bisschen überbewertet wird" .......... 58<br />
4.1.4 Interviewpartner Nr.4: "Ich möchte mir das eigentlich als Hilfsmittel bewahren und nicht<br />
<strong>von</strong> oben her etwas aufdrücken lassen" ............................................................................. 62<br />
4.1.5 Interviewpartner Nr.5: "Nie wie<strong>der</strong> möchte ich händisch irgendwelche Zettel abrechnen" 65<br />
4.1.6 Interviewpartner Nr.6: "Es reicht jetzt schon" ...................................................................... 67<br />
4.1.7 Interviewpartner Nr.7: " Ich denke, das zeugt <strong>von</strong> Mo<strong>der</strong>nität" ........................................... 69<br />
4.1.8 Interviewpartner Nr.8: "Grundsätzlich sind wir jedoch <strong>of</strong>fen für Tools, die Sinn machen" .. 72
4.1.9 Interviewpartner Nr.9: "Die Dinge, welche die Bürokraten interessieren, interessieren uns<br />
Ärzte nicht" .......................................................................................................................... 74<br />
4.1.10 Interviewpartnerin Nr.10: "Von unserem Fach her ist klar, dass man sehr dafür ist" ......... 76<br />
4.1.11 Interviewpartner Nr.11: "Wenn ich das vermehren würde, müsste ich etwas nehmen, das<br />
ich nicht brauche" ................................................................................................................ 80<br />
4.1.12 Interviewpartnerin Nr.12: " Wir Ärzte sind ja alle mündig und wissen, was wir zur Ausübung<br />
unseres Berufes brauchen" ................................................................................................ 82<br />
4.1.13 Interviewpartnerin Nr.13: "die Elektronik wird nicht alles ersetzen können. Es liegt immer<br />
noch in <strong>der</strong> ärztlichen Verantwortung" ................................................................................ 85<br />
4.2 Das Kategoriensystem ................................................................................................................ 89<br />
4.2.1 Oberkategorie: "Persönliche Einstellungen und Hintergründe" .......................................... 89<br />
4.2.2 Kategorien "Nutzungsintention und subjektives Nutzungsverhalten" ................................. 91<br />
4.2.3 Kategorie "subjektive Nützlichkeit <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> in APIS" ................................................... 93<br />
4.2.4 Oberkategorie "Marktwirtschaftliche Faktoren" ................................................................... 95<br />
4.2.5 Oberkategorie "Institutionelle Faktoren" ............................................................................. 96<br />
4.2.6 Oberkategorie "Technologische Faktoren" ......................................................................... 98<br />
4.2.7 Oberkategorie "ärztliches Selbstverständnis und Anfor<strong>der</strong>ungen an ärztliches Handeln"101<br />
4.2.8 Weitere Kategorien zu Faktoren mit potentiellem Einfluss auf Einstellung und subjektive<br />
Nützlichkeit ........................................................................................................................ 103<br />
4.3 Das Modell " e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" ...................................................... 108<br />
5 Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse ....................................................................................................... 111<br />
5.1 Zusammenfassung und Beantwortung <strong>der</strong> Fragestellungen .................................................... 111<br />
5.1.1 Zielstellung 1 ..................................................................................................................... 111<br />
5.1.2 Zielstellung 2 ..................................................................................................................... 112<br />
5.1.3 Zielstellung 3 ..................................................................................................................... 121<br />
5.2 Methodenkritik ........................................................................................................................... 128<br />
5.3 Empfehlungen und Strategien für die Zukunft ........................................................................... 129<br />
6 Verzeichnis <strong>der</strong> Abbildungen, Tabellen, Definitionen und Abkürzungen ............................. 132<br />
6.1 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................... 132<br />
6.2 Tabellenverzeichnis ................................................................................................................... 132<br />
6.3 Definitionen ................................................................................................................................ 132<br />
6.4 Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................................. 133<br />
7 Literaturverzeichnis ................................................................................................................... 135<br />
7.1 Publikationen ............................................................................................................................. 135<br />
7.2 Internetquellen ........................................................................................................................... 140<br />
8 Anhang ........................................................................................................................................ 143<br />
8.1 Anschreiben an die Interviewpartner zur Teilnahme am Interview ............................................ 143
8.1.1 E-Mail an die Ärzte ............................................................................................................ 143<br />
8.1.2 E-Mail an den Präsident <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ ........................................................... 144<br />
8.2 Interviewleitfaden ....................................................................................................................... 145<br />
8.2.1 Interviewleitfaden für die Interviews mit den nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> ............................ 145<br />
8.2.2 Interviewleitfaden für die Interviews mit den Vertretern <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ ........... 148<br />
8.3 Transkribierte Interviews ........................................................................................................... 150<br />
8.3.1 Interviewpartner 1 ............................................................................................................. 150<br />
8.3.2 Interviewpartner 2 ............................................................................................................. 154<br />
8.3.3 Interviewpartner 3 ............................................................................................................. 160<br />
8.3.4 Interviewpartner 4 ............................................................................................................. 166<br />
8.3.5 Interviewpartner 5 ............................................................................................................. 171<br />
8.3.6 Interviewpartner 6 ............................................................................................................. 178<br />
8.3.7 Interviewpartner 7 ............................................................................................................. 182<br />
8.3.8 Interviewpartner 8 ............................................................................................................. 187<br />
8.3.9 Interviewpartner 9 ............................................................................................................. 191<br />
8.3.10 Interviewpartner 10 ........................................................................................................... 196<br />
8.3.11 Interviewpartner 11............................................................................................................ 202<br />
8.3.12 Interviewpartner 12 ........................................................................................................... 206<br />
8.3.13 Interviewpartner 13 ........................................................................................................... 211<br />
9 Danksagung ................................................................................................................................ 219<br />
10 Eidesstattliche Erklärung .......................................................................................................... 220
1 Einleitung<br />
1.1 Gegenstand und Motivation<br />
Einleitung<br />
Die Mo<strong>der</strong>nisierung des Gesundheitssystems gehört zu einem <strong>der</strong> bedeutendsten und<br />
umfassendsten Aufgaben <strong>der</strong> Landespolitik. Die sektorale Fragmentierung <strong>der</strong><br />
Krankenversorgung in stationär und ambulant und die Trennung <strong>von</strong> Gesundheits- und<br />
Sozialsystemen tragen dazu bei, dass erhebliche Informationsdefizite zwischen Institutionen<br />
und Fachkräften sowie bei Patienten 1 bestehen und Patienten wenig in<br />
Entscheidungsprozesse über ihre Gesundheit einbezogen werden (Bruner, 2009). Die<br />
demographische Entwicklung mit <strong>der</strong> zunehmenden Anzahl älterer und multimorbi<strong>der</strong><br />
Patienten sowie chronischer Erkrankungen ist ebenfalls Anlass, eine integrierte Versorgung<br />
voranzutreiben (Jähn & Nagel, 2005). Als Leitbild steht hierbei nicht allein die bessere<br />
Behandlung <strong>von</strong> Krankheiten, son<strong>der</strong>n die umfassende Gesundheitsför<strong>der</strong>ung, die <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />
Weltgesundheitsorganisation WHO wie folgt definiert wird:<br />
"<strong>Health</strong> promotion is the process <strong>of</strong> enabling people to increase control over, and<br />
to improve, their health. To reach a state <strong>of</strong> complete physical, mental and social<br />
well-being, an individual or group must be able to identify and to realize<br />
aspirations, to satisfy needs, and to change or cope with the environment.“<br />
Definition <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung laut WHO (1986).<br />
Der "mündige Patient" soll somit auch mehr Informations- und Mitspracherechte erhalten und<br />
zum aktiven Stakehol<strong>der</strong> im integrierten Versorgungssystem werden (Schrö<strong>der</strong>, 2002).<br />
Die so genannten e-<strong>Health</strong>-Anwendungen werden als ein wichtiger Bestandteil dieser<br />
Entwicklung begriffen. E-<strong>Health</strong> im Gesundheitssystem soll den Informations<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch<br />
optimieren sowie Fehl- o<strong>der</strong> Mehrfachbehandlungen verhin<strong>der</strong>n helfen, wie z.B. bei<br />
Notfällen, bei <strong>aus</strong>ländischen Patienten und unklarer Symptomatik (<strong>aus</strong>führlich dazu: Pfeiffer,<br />
2007; Ammenwerth, 2009; AK EPA/EFA, 2011).<br />
1 Aus Gründen <strong>der</strong> leichteren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung, wie z.B.<br />
ÄrztInnen, verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne <strong>der</strong> Gleichbehandlung für beide<br />
Geschlechter.<br />
1
Einleitung<br />
Insgesamt sollen im Rahmen <strong>der</strong> ELGA 14 E-<strong>Health</strong>-Funktionen umgesetzt werden<br />
(Baumgartner & Engle<strong>der</strong>, 2010):<br />
e-Arztbrief / e-Befundbericht;<br />
e-Laborbefund;<br />
e-Impfpass;<br />
e-Überweisung / e-Zuweisung;<br />
e-Einweisung;<br />
e-Medikation/e-Rezept;<br />
e-Radiologie;<br />
e-Mutter-Kind-Pass;<br />
e-Leistungsbericht;<br />
e-Terminmanagement;<br />
e-Notfallsdaten;<br />
e-Tagebücher für Biosignale; 2<br />
Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen;<br />
Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis;<br />
e-Pflegebegleitschreiben;<br />
Durch das Bundesministerium für Gesundheit (BmG) wird die ELGA in die erste<br />
Umsetzungsphase geführt. Ende Februar 2011 ist ein Entwurf für ein elektronisches<br />
Gesundheitsakte-Gesetz in die Begutachtung gegangen (Springermedizin, 2011a). Dies<br />
beinhaltet die dezentrale Speicherung <strong>der</strong> Daten beim Gesundheitsdienstleister, die<br />
generellen und individuellen Zugriffsregelungen sowie das Recht <strong>der</strong> Patienten, an ELGA<br />
generell nicht teilzunehmen ("Opt-out") o<strong>der</strong> bestimmte Gesundheitsdaten, z.B. zu<br />
psychischen Erkrankungen, für bestimmte Zugriffe <strong>aus</strong>zublenden ("Opt-in"). In diesem<br />
Entwurf ist zudem festgelegt, dass ELGA für die betr<strong>of</strong>fenen Gesundheitsdiensteanbieter<br />
(Ärzte, Zahnärzte, Apotheken, Krankenanstalten und den österreichischen National Contact<br />
Point für den internationalen Aust<strong>aus</strong>ch <strong>von</strong> medizinischen Daten) obligatorisch ist.<br />
Die erste Umsetzungsphase beinhaltet die Implementierung <strong>von</strong> Basiskomponenten sowie<br />
<strong>von</strong> ersten Kernanwendungen, wie e-Arztbrief / Patientenbrief, e-Medikation, e-Befund<br />
Radiologie und e-Befund Labor (BmG / AG ELGA, 2007). Das Pilotprojekt e-Medikation<br />
wurde 2011 in drei Regionen in Österreich mit einer Teilnahme <strong>von</strong> mehr als 100<br />
nie<strong>der</strong>gelassenen Ärztinnen und <strong>Ärzten</strong>, mehr als 50 Apotheken und fünf Krankenanstalten<br />
2 Der Zusatz des kleinen "e" für "elektronisch" wird in den verschiedenen Publikationen unterschiedlich<br />
gehandhabt: Häufig wird es mit Bindestrich, manchmal ohne Bindestrich vor die jeweilige<br />
Funktionsbezeichnung gesetzt. In dieser Arbeit wurde eine einheitliche Schreibweise mit Bindestrich<br />
bevorzugt.<br />
2
Einleitung<br />
freiwillig erprobt (Springermedizin, 2011b). Eine bundesweite Einführung <strong>der</strong> e-Medikation<br />
könnte mit vorhandener gesetzlicher Regelung ab 2013 bundesweit beginnen (e-card, e-<br />
Medikation, 2012).<br />
Bislang ist die Akzeptanz <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Funktionen seitens <strong>der</strong> Ärzteschaft jedoch gemischt.<br />
Laut dem Modell <strong>der</strong> Technologieakzeptanz <strong>von</strong> Davis (1989) ist die Nutzungsintention neuer<br />
Technologien vor allem <strong>von</strong> zwei Faktoren abhängig: <strong>der</strong> subjektiven Nützlichkeit und <strong>der</strong><br />
wahrgenommenen Bedienbarkeit <strong>der</strong> Technologie. Die <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> beschriebenen<br />
Bedenken lassen sich beiden Faktoren zuordnen. Die Erfahrungen vieler Ärzte, dass sie<br />
häufig <strong>von</strong> Einsparmaßnahmen betr<strong>of</strong>fen sind, lässt sie zu <strong>der</strong> Schlussfolgerung kommen,<br />
dass e-<strong>Health</strong> wie auch an<strong>der</strong>e Maßnahmen zur Etablierung <strong>der</strong> integrierten Versorgung für<br />
die Ärzte wenig Nutzen bei viel (zeitlichem und finanziellen) Aufwand bedeuten (Jens, 2009).<br />
Auch die möglichen Vorteile <strong>der</strong> Verringerung <strong>von</strong> Mehrfachbehandlungen werden aktuell<br />
infrage gestellt (McCormick, Bor, Woolhandler & Himmelstein, 2012). Es gibt aber auch<br />
Hinweise auf gegenteilige Tendenzen: Erste Auswertungen <strong>der</strong> Evaluation des Pilotprojektes<br />
zur e-Medikation zeigen, dass die einbezogenen Gesundheitsdiensteanbieter (Ärzte,<br />
Apotheker) eine Erhöhung <strong>der</strong> Patientensicherheit durch die e-Medikation sahen (Dorda et<br />
al., 2012). Eine Erhöhung <strong>der</strong> Effektivität und Effizienz bei Medikamentenverordnungen<br />
wurde nicht generell zugestimmt, war aber insbeson<strong>der</strong>e <strong>von</strong> <strong>der</strong> Kompatibilität <strong>der</strong><br />
verwendeten S<strong>of</strong>tware und ihrer Bedienbarkeit abhängig. Somit wurden auch positive<br />
Akzeptanzwerte bei e-<strong>Health</strong>-Funktionen vermeldet.<br />
Die subjektiven Einstellungen zur Nützlichkeit und Bedienbarkeit <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Funktionen<br />
konnten u.a. auf das noch immer geringe Wissen <strong>der</strong> Ärzte über diese Funktionen<br />
zurückgeführt werden (Baumgartner & Engle<strong>der</strong>, 2010). Die Ärzte haben in einschlägigen<br />
Befragungen selbst Bedarf an entsprechenden Informationen und Schulungen angemeldet,<br />
und sie wünschen, an den Umsetzungen beteiligt zu werden (Baumgartner & Engle<strong>der</strong>,<br />
2010). Im Ergebnis ist die Nutzungsintention noch recht gering und mündet auch noch nicht<br />
in entsprechendes Verhalten. Die tatsächliche Nutzung lag in <strong>der</strong> Untersuchung <strong>von</strong><br />
Baumgartner & Engle<strong>der</strong> zwischen 0 % (e-Mutter-Kind-Pass) und 40 % <strong>der</strong> befragten Ärzte<br />
(e-Laborbefund). In an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n wurden ähnliche Einstellungen festgestellt. In<br />
Deutschland sind die Ärzte vor allem bzgl. des Datenschutzes und des versprochenen<br />
verringerten Verwaltungsaufwandes skeptisch, die Informationen zu den einschlägigen<br />
Anwendungen stammen <strong>aus</strong> kostenlosen Internetportalen o<strong>der</strong> Fachzeitschriften<br />
(Allensbach, 2010). In einer Schweizer Evaluationsstudie erwarteten die Leistungserbringer<br />
einen Nutzen durch verschiedene e-<strong>Health</strong>-Anwendungen, sie mahnten aber auch Risiken<br />
wie Behandlungsfehler o<strong>der</strong> die höhere Auslastung durch administrative Arbeit an (Fitterer,<br />
3
Einleitung<br />
Mettler & Rohner, 2009). In <strong>der</strong> Meta-Analyse <strong>von</strong> Boonstra & Broekhuis (2010), die 22<br />
internationale Untersuchungen zu Vorbehalten <strong>von</strong> Medizinern gegenüber elektronischen<br />
Patientenakten umfasste, wurden diese Vorbehalte folgenden acht Kategorien zugeordnet:<br />
(1) finanziell; (2) technisch; (3) zeitlich; (4) psychologisch; (5) sozial; (6) juristisch; (7)<br />
organisational sowie (8) auf den Prozess <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung bezogen. Auch diese<br />
Übersichtsarbeit kommt zu dem Schluss, dass eine Reihe <strong>von</strong> Barrieren für die geringe<br />
Akzeptanz seitens <strong>der</strong> Mediziner zu verzeichnen ist. Zu den psychologischen und sozialen<br />
Barrieren zählten die Autoren die geringe Überzeugung, dass die Patientenversorgung<br />
dadurch verbessert werden kann, Ängste vor dem Verlust <strong>von</strong> Autonomie, Misstrauen<br />
gegenüber den Anbietern <strong>der</strong> Technologie, geringe wahrgenommene institutionelle<br />
Unterstützung o<strong>der</strong> Unterstützung durch Kollegen sowie Befürchtungen, dass die Arzt-<br />
Patient-Beziehung leiden könnte.<br />
Auf <strong>der</strong> Grundlage dieser Untersuchungen wurde bereits eine Reihe <strong>von</strong> Empfehlungen<br />
formuliert, wie etwa breite Informationskampagnen zu den Vorteilen <strong>von</strong> E-<strong>Health</strong>-Funktionen<br />
für Ärzte sowie die Bereitstellung <strong>von</strong> Schulungen zur Erhöhung <strong>der</strong> Kompetenz im Umgang<br />
mit <strong>der</strong> S<strong>of</strong>tware (Baumgartner & Engle<strong>der</strong>, 2010). Diese Empfehlungen wurden im Hinblick<br />
darauf gegeben, dass sie über eine Erhöhung <strong>der</strong> subjektiven Nützlichkeit und <strong>der</strong><br />
wahrgenommenen Bedienbarkeit <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Funktionen zu einer Erhöhung <strong>der</strong><br />
Nutzungsintention und letztlich zu einer Verhaltensän<strong>der</strong>ung, d.h. einer verstärkten Nutzung<br />
dieser Funktionen führen könnten. Damit folgen sie den Grundgedanken des<br />
Technologieakzeptanzmodells <strong>von</strong> Davis (1989).<br />
Es existieren bislang allerdings noch wenige Studien, die explizit mo<strong>der</strong>nere Varianten des<br />
Technologieakzeptanzmodells, wie z.B. die unified theory <strong>of</strong> acceptance and use <strong>of</strong><br />
technology (UTAUT; Venkatesh, Morris, Davis & Davis, 2003) o<strong>der</strong> das Modell <strong>der</strong><br />
Technologieakzeptanz TAM 3 <strong>von</strong> Venkatesh & Bala (2008), und <strong>der</strong>en Variablen in die<br />
Untersuchung einbeziehen. Eine internationale Meta-Analyse fand für den Zeitraum 1980-<br />
2008 nur 16 weltweit publizierte quantitative Studien, die die TAM und ihre Varianten als<br />
theoretischen Rahmen zur Prüfung <strong>von</strong> Technologieakzeptanz im Gesundheitswesen<br />
nutzten (Holden & Karsh, 2010). Doch nur ein Bruchteil dieser Studien bezieht sich auf die<br />
Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Funktionen durch Ärzte. Neben den oben genannten Variablen <strong>der</strong><br />
subjektiven Nützlichkeit und <strong>der</strong> wahrgenommenen Bedienbarkeit wurden weitere<br />
Einflussfaktoren auf die Akzeptanz untersucht, wie subjektive Normen, wahrgenommene<br />
Verhaltenskontrolle bzw. erleichternde Rahmenbedingungen. In einigen Studien wird<br />
allerdings eine geringe Vorhersagekraft dieser Variablen festgestellt, die teilweise auf die<br />
4
Einleitung<br />
mangelhafte Anpassung <strong>der</strong> Begriffe des Modells an die konkrete Situation vor Ort<br />
zurückgeführt wird (Holden & Karsh, 2010).<br />
Neben quantitativen Untersuchungen existieren auch qualitative Studien zur Akzeptanz<br />
elektronischer Medizintechnologien, die verschiedene Variablen des TAM in Interviews mit<br />
Gesundheitsanbietern erfragen (u.a. Nuq, 2012; Faja & Likcani, 2006; Karsh, Escoto,<br />
Beasley & Holden, 2006).<br />
Die Ärzte zählen zu den wichtigsten Stakehol<strong>der</strong>n im Gesundheitssystem, <strong>der</strong>en ambivalente<br />
Haltung zur Einführung <strong>der</strong> neuen e-<strong>Health</strong>-Funktionen bekannt ist. Aufgrund dessen sind<br />
Untersuchungen <strong>von</strong>nöten, die differenziert auf die Einstellungen <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> eingehen, um<br />
weitere Einflussfaktoren auf die Akzeptanz zu identifizieren. Neben organisationalen und<br />
technologiebezogenen Faktoren sollten auch soziale und psychologische Faktoren stärker<br />
berücksichtigt werden, z.B. durch die Nutzung mo<strong>der</strong>ner Modelle <strong>der</strong> Technologieakzeptanz.<br />
Dies trägt womöglich zu einem besseren Verständnis <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong>weisen <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> bei. Dabei<br />
sollten die genutzten Theorien zur Technologieakzeptanz adäquat an die Problemstellung<br />
angepasst werden, um relevante Ergebnisse zu erhalten. Die Ergebnisse können als<br />
Grundlage für die Formulierung weiterer Empfehlungen zur Akzeptanzsteigerung <strong>von</strong> e-<br />
<strong>Health</strong>-Funktionen genutzt werden.<br />
1.2 Problemstellung<br />
Aus dem oben beschriebenen Gegenstandsbereich können folgende konkrete<br />
Problempunkte her<strong>aus</strong>gestellt werden:<br />
Problemstellung 1:<br />
Empirische Untersuchungen zur Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen wurden bisher<br />
selten mit <strong>der</strong> Zielgruppe <strong>der</strong> Ärzte durchgeführt. Zudem beziehen sich diese<br />
Untersuchungen auf unterschiedliche Systeme, und sie sind selten durch<br />
theoretische Modelle, wie z.B. das TAM in seinen verschiedenen Varianten,<br />
untermauert. Es fehlt ein Überblick über die bisherigen Studien und <strong>der</strong>en vorrangige<br />
Methodik, die einbezogenen Variablen und Ergebnisse zu relevanten<br />
Einflussfaktoren.<br />
Problemstellung 2:<br />
In Österreich wurden bereits einige Untersuchungen zur Akzeptanz <strong>der</strong><br />
elektronischen Patientenakte (ELGA) sowie konkreter e-<strong>Health</strong>-Applikationen<br />
5
Einleitung<br />
durchgeführt. Zur Akzeptanz und konkreten Nutzung dieser Applikationen bei<br />
nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> liegen dagegen keine Untersuchungen vor.<br />
Problemstellung 3:<br />
Die bisherigen Empfehlungen zur Verbesserung <strong>der</strong> Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> bei<br />
Medizinern sind vor allem auf eine verbesserte Information und Schulungen /<br />
Trainings <strong>aus</strong>gerichtet. Möglicherweise existieren noch nicht bekannte<br />
psychologische o<strong>der</strong> soziale Einflussgrößen, <strong>der</strong>en Kenntnis helfen würde, weitere<br />
Empfehlungen zur Än<strong>der</strong>ung <strong>von</strong> Einstellungen und Vorbehalten zu formulieren.<br />
1.3 Zielsetzung<br />
Ausgehend <strong>von</strong> den oben beschriebenen Problemstellungen, können für die vorliegende<br />
Arbeit folgende Ziele formuliert werden:<br />
Zu Problemstellung 1:<br />
Z 1.1: Erstellung eines Überblicks über Akzeptanzuntersuchungen im Bereich e-<br />
<strong>Health</strong> mit Schwerpunkt TAM und Charakterisierung methodischer Schwerpunkte.<br />
Z 1.2: Identifizierung <strong>der</strong> empirisch untersuchten Einflussgrößen auf die<br />
Nutzerakzeptanz und Ableitung potentiell relevanter Variablen für die Untersuchung.<br />
Zu Problemstellung 2:<br />
Z 2.1: Untersuchung <strong>der</strong> Akzeptanz und des Nutzungsverhalten <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Funktionen bei nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong>.<br />
Z 2.2: Identifizierung <strong>von</strong> Einflussgrößen auf die Akzeptanz und das<br />
Nutzungsverhalten bei nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong>.<br />
Zu Problemstellung 3:<br />
Z 3.1: Erarbeitung eines Modells <strong>von</strong> Einflussgrößen auf die Akzeptanz und die<br />
Nutzungsintention auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Untersuchung und dem theoretischen<br />
Modell (TAM).<br />
Z 3.2: Erarbeitung <strong>von</strong> Empfehlungen zur Einflussnahme auf bzw. Verän<strong>der</strong>ung <strong>von</strong><br />
diesen Faktoren zur Verbesserung <strong>von</strong> Akzeptanz und Nutzungsintention.<br />
6
1.4 Fragestellungen<br />
Einleitung<br />
Aus den in Abschnitt 1.3 formulierten Zielstellungen ergeben sich für die Arbeit folgende zu<br />
beantwortende Fragestellungen:<br />
Zu Ziel 1.1:<br />
F 1.1: Welche Erfahrungen zum TAM im Bereich e-<strong>Health</strong> und <strong>der</strong> Zielgruppe <strong>der</strong><br />
medizinischen Fachkräfte wurden in internationalen Studien bereits gesammelt?<br />
Welche konkreten Modelle und welche methodischen Ansätze wurden genutzt,<br />
welche Technologien untersucht?<br />
Zu Ziel 1.2:<br />
F 1.2: Welche Einflussgrößen auf die Akzeptanz und Nutzerintention wurden in<br />
diesen Untersuchungen bestätigt?<br />
Zu Ziel 2.1:<br />
F 2.1: Wie hoch ist die Akzeptanz <strong>von</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> gegenüber den<br />
einzelnen e-<strong>Health</strong>-Funktionen, wie hoch ist ihre Bereitschaft, diese zu nutzen?<br />
Zu Ziel 2.2:<br />
F 2.2: Welche Faktoren benennen die Ärzte und Standesvertreter als verantwortlich<br />
für ihre Akzeptanz und ihre Nutzungsintention?<br />
Zu Ziel 3.1:<br />
F 3.1: Lässt sich ein Modell <strong>von</strong> Einflussfaktoren auf die Akzeptanz und<br />
Nutzungsintention auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Untersuchung und <strong>der</strong> Theorie (TAM)<br />
erstellen?<br />
Zu Ziel 3.2:<br />
Z 3.2: Welche Möglichkeiten gibt es, diese Einflussfaktoren zu verän<strong>der</strong>n, um ggf.<br />
eine Erhöhung <strong>von</strong> Akzeptanz und Nutzungsintention zu erreichen?<br />
1.5 Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeit<br />
Im Einführungsteil in Kapitel 1 wurden <strong>der</strong> Gegenstand <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit und die sich<br />
dar<strong>aus</strong> ergebende Problemstellung dargelegt und dar<strong>aus</strong> die Zielsetzung sowie die<br />
Fragestellungen <strong>der</strong> Untersuchung abgeleitet.<br />
7
Einleitung<br />
In Kapitel 2 folgt im Anschluss die Definition und Klärung <strong>der</strong> bedeutsamsten in <strong>der</strong> Arbeit<br />
verwendeten Begriffe, so u.a. auch die theoretischen Grundlagen <strong>der</strong> Technologie-<br />
Akzeptanzmodelle (TAM). Daraufhin werden aktuelle Arbeiten vorgestellt, die sich bereits mit<br />
dem Problem Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Funktionen durch Ärzte <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>gesetzt haben.<br />
Es werden empirische Akzeptanzstudien vorgestellt, die eine Form <strong>der</strong> TAM als theoretische<br />
Grundlage nutzten. Die Befundlage zu den einzelnen Variablen wird kritisch beleuchtet und<br />
die wesentlichen Anknüpfungspunkte für die vorliegende Arbeit aufgezeigt. Zudem werden<br />
qualitative Studien zu diesem Thema aufgeführt.<br />
Kapitel 3 enthält eine Darstellung <strong>der</strong> Methodik <strong>der</strong> Untersuchung. Die gewählte Methode <strong>der</strong><br />
qualitativen Inhaltsanalyse auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>von</strong> problemzentrierten Interviews wird<br />
<strong>aus</strong>führlich beschrieben und begründet. Ebenso wird das Auswahlverfahren zur<br />
Stichprobenerhebung erläutert und Details über die Interviewpartner aufgeführt. Weiters<br />
enthält das Kapitel die Schritte <strong>der</strong> Daten<strong>aus</strong>wertung sowie eventuelle Schwierigkeiten und<br />
sich ergebende Lücken in den Daten.<br />
In Kapitel 4 werden die Ergebnisse <strong>der</strong> qualitativen Inhaltsanalyse, nach den<br />
Fragestellungen geordnet, aufgeführt und im Anschluss zusammengefasst.<br />
Kapitel 5 beinhaltet im Rahmen des Diskussionsteils die Beantwortung <strong>der</strong> Fragestellung,<br />
eine kritische Würdigung <strong>der</strong> Methodik <strong>der</strong> Untersuchung sowie eine Einordnung <strong>der</strong><br />
Befunde in Bezug auf den Forschungsstand zu e-<strong>Health</strong>.<br />
In Kapitel 6 werden auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Ergebnisse Anknüpfungspunkte für künftige<br />
Forschungen skizziert und Vorschläge für die Praxis <strong>der</strong> H<strong>aus</strong>- und Fachärzte und für die<br />
an<strong>der</strong>en Stakehol<strong>der</strong> im Gesundheitssystem formuliert.<br />
8
2 Theoretische Grundlagen<br />
2.1 Begriffsbestimmung<br />
2.1.1 e-<strong>Health</strong><br />
Theoretische Grundlagen<br />
Elektronische Informationstechnik hat vor allem im Bereich <strong>der</strong> Medizin und <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Gesundheit einen rasanten Einzug genommen. In <strong>der</strong> Literatur ist „Electronic <strong>Health</strong>“ („e-<br />
<strong>Health</strong>“) zum Modewort geworden, doch nur wenige Autoren haben den Versuch gemacht,<br />
diesen weit gefassten Begriff klar zu definieren. Kröher (2000) subsumiert unter e-<strong>Health</strong><br />
sämtliche Facetten des Themas Gesundheit und dessen Vermarktung im Internet und über<br />
Telekommunikation. Eine weit verbreitete Definition <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> stammt <strong>von</strong> Eysenbach:<br />
„e-health is an emerging field in the intersection <strong>of</strong> medical informatics, public health and<br />
business, referring to health services and information delivered or enhanced through the<br />
Internet and related technologies. In a broa<strong>der</strong> sense, the term characterizes not only a<br />
technical development, but also a state-<strong>of</strong>-mind, a way <strong>of</strong> thinking, an attitude, and a<br />
commitment for networked, global thinking, to improve health care locally, regionally, and<br />
worldwide by using information and communication technology.”<br />
Definition <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> laut Eysenbach (2001, S. e20).<br />
Unter e-<strong>Health</strong> ist laut dieser Definition die Gesamtheit aller medizinischen Dienste und<br />
Funktionen zu verstehen, die mithilfe elektronischer Medien, insbeson<strong>der</strong>e des Internets und<br />
verwandter Systeme, bereitgestellt werden. Es handelt sich also nicht um die Verwendung<br />
<strong>von</strong> Technik in <strong>der</strong> Medizin, beispielsweise zur Diagnosestellung, son<strong>der</strong>n speziell die<br />
Eingabe, Speicherung, Abruf und Aust<strong>aus</strong>ch <strong>von</strong> medizinbezogenen Informationen durch die<br />
entsprechenden Medien. Daneben wird nicht allein auf die technische Entwicklung, son<strong>der</strong>n<br />
auch auf die spezifischen Einstellungs- und Verhaltensän<strong>der</strong>ungen bei den Menschen<br />
geachtet, d.h. e-<strong>Health</strong> meint die Möglichkeit, die Bereitschaft und das tatsächliche<br />
Verhalten, e-<strong>Health</strong>-Dienste und -Funktionen zu nutzen. Der Begriff wird etwa seit dem Jahr<br />
2000 immer häufiger genutzt, allerdings wurden bereits seit den 70er Jahren Computer, z.B.<br />
zur Anamneseerhebung, für Fragebögen u.ä., eingesetzt. Seit den 80er Jahren wurde mit<br />
<strong>der</strong> Telemedizin ein Fachgebiet geschaffen, bei <strong>der</strong> <strong>der</strong> Kontakt zwischen Patienten und<br />
<strong>Ärzten</strong> o<strong>der</strong> medizinischem Fachpersonal über eine räumliche Distanz geschaffen werden<br />
sollte (Field, 1996). Telemedizin wurde für schwer zugängliche Kriegs- und<br />
9
Theoretische Grundlagen<br />
Katastrophengebiete sowie für die Raumfahrt entwickelt; es existieren spezielle Projekte für<br />
medizinische Dienste in dünn besiedelten Gebieten (einen Überblick gibt Oeser, 2001). Der<br />
US-amerikanisch geprägte, ältere Begriff <strong>der</strong> Telemedizin weist Überschneidungen mit dem<br />
mo<strong>der</strong>nen e-<strong>Health</strong>-Verständnis auf. E-<strong>Health</strong> lässt sich als ein Oberbegriff charakterisieren,<br />
unter den eine Vielzahl breiter Themen- und Anwendungsgebiete subsumiert sind. Die<br />
medial vermittelte Kommunikation und Interaktion zwischen Patient und medizinischem<br />
Personal, z.B. via Online-Beratung o.ä., zählt ebenso dazu wie die Bereitstellung <strong>von</strong><br />
Gesundheitsportalen im Internet zur Weitergabe <strong>von</strong> Informationen an Patienten, Angehörige<br />
und Interessierte. Ebenso zählt <strong>der</strong> "Peer-to-Peer"-Aust<strong>aus</strong>ch, d.h. die Kommunikation<br />
zwischen Patienten, Betr<strong>of</strong>fenen und Interessierten über medizinische Inhalte in Online-<br />
Foren zu e-<strong>Health</strong> (Eysenbach, 2001). Viele dieser Bereiche werden <strong>von</strong> Patienten o<strong>der</strong><br />
Betr<strong>of</strong>fenen selbst initiiert o<strong>der</strong> eingefor<strong>der</strong>t, so dass ein Wandel des klassischen Arzt-<br />
Patient-Verhältnisses insbeson<strong>der</strong>e im Bereich <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong> zu verzeichnen ist (Tautz, 2002).<br />
Daneben wird unter dem Begriff "<strong>Health</strong> 2.0" die spezifische Kommunikation und Interaktion<br />
via Social Networks erfasst (Wirth, 2010). Seit jüngster Zeit sind unter e-<strong>Health</strong> auch all jene<br />
Aktivitäten zu verstehen, die sich um eine Verbesserung <strong>der</strong> Infrastruktur des<br />
Gesundheitssystems bemühen, um den virtuellen Aust<strong>aus</strong>ch <strong>von</strong> Informationen zwischen<br />
den Anbietern, Kostenträgern, Patienten und an<strong>der</strong>en Akteuren im Gesundheitssystem<br />
voranzubringen. Komplexe Datenbanksysteme dienen <strong>der</strong> Abrechnung für Krankenkassen,<br />
bildgebende Verfahren hielten einen revolutionären Einzug in die Diagnostik, Apotheken<br />
bedienen sich elektronischer Kataloge - die Liste <strong>der</strong> Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen<br />
(Jähn & Nagel, 2005). Grundgedanke aller Bereiche <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong> bleibt die räumlich<br />
unabhängige, virtuelle Vernetzung als Bedürfnis mo<strong>der</strong>ner Information, Interaktion und<br />
Kommunikation.<br />
2.1.2 Arztpraxis-Informationssystem APIS<br />
APIS steht als Abkürzung für Arztpraxis-Informationssystem. Gebräuchliche Bezeichnungen<br />
sind auch Arztinformationssysteme (AIS) o<strong>der</strong> Arztpraxiss<strong>of</strong>tware (APSW). Dieses EDV-<br />
System unterstützt den Betrieb <strong>von</strong> Arztpraxen in <strong>der</strong> Verwaltung und Organisation sowie<br />
den Arzt in <strong>der</strong> Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit zum Wohle <strong>der</strong> Patienten.<br />
Mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> e-card und <strong>der</strong> Anbindung <strong>der</strong> Arztpraxen an das<br />
Gesundheitsinformationsnetz (GIN) sind auch die Anfor<strong>der</strong>ungen an APIS in den letzten<br />
Jahren gestiegen.<br />
10
Theoretische Grundlagen<br />
Der Funktionsumfang richtet sich nach dem Fachgebiet und Anfor<strong>der</strong>ungen des Arztes. Zu<br />
den Hauptaufgaben eines APIS zählt jedenfalls die Führung eines vollständigen<br />
elektronischen Patientenaktes nach gesetzlichen Rahmenbedingungen. Des Weiteren sind<br />
noch einige hilfreiche Funktionen in APIS integriert, die im Rahmen eines mo<strong>der</strong>nen<br />
Praxismanagement unentbehrlich sind.<br />
Insgesamt existieren über 140 verschiedene Hersteller <strong>von</strong> APIS, entsprechend vielgestaltig<br />
ist die Praxis (Bimminger & Kreutzer, 2010). Bimminger & Kreutzer (2010) stellten fest, dass<br />
die Heterogenität <strong>der</strong> APIS bisher auch Projekte zum elektronischen Aust<strong>aus</strong>ch verhin<strong>der</strong>t. In<br />
persönlichen Interviews erfragten sie den Stand des elektronischen Aust<strong>aus</strong>chs<br />
nie<strong>der</strong>gelassener Ärzte. Die Autoren berichten, dass bereits ein großer Teil (geschätzte<br />
75 %) <strong>der</strong> Ärzte in Oberösterreich elektronische Befunde sowie elektronische<br />
Entlassungsbriefe <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen. Der Informations<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch zu Patienten, z.B. im<br />
Vertretungsfall, sei hingegen erschwert, da Patientenakten nicht verfügbar seien o<strong>der</strong> ein<br />
fremdes APIS den Abruf <strong>von</strong> Patientendaten erschwere.<br />
Folgende Systeme und Funktionen an den Schnittstellen <strong>der</strong> APIS lassen sich laut o.g.<br />
Definition als "e-<strong>Health</strong>-Funktionen" charakterisieren:<br />
Gesundheitsinformationsnetz (GIN)<br />
GIN ist ein technologisch auf mo<strong>der</strong>nstem Standard aufgebautes Intranet, an das alle<br />
Kassenärzte, viele Wahlärzte und Krankenhäuser angeschlossen sind. Dieses <strong>Ärzten</strong>etz wird<br />
nach außen abgeschottet, die Daten verschlüsselt, und alles wird durch den sogenannten<br />
„Peering Point“ erledigt.<br />
e-card-System<br />
Beginnend 2005 wurde bei allen Vertragsärzten das e-card-System flächendeckend<br />
installiert. Die e-card ist die personenbezogene Chipkarte, die den Versicherungsnachweis<br />
auf Papier ersetzt.<br />
Pilotprojekt e-Medikation<br />
E-Medikation ist die Online-Prüfung <strong>von</strong> verordneten o<strong>der</strong> abgegebenen Arzneimitteln auf<br />
Wechselwirkungen und Mehrfachverordnungen durch Ärzte, Apotheker und<br />
Krankenanstalten (e-card, e-Medikation). Der Pilotbetrieb endete am 31.Dezember 2011<br />
nach 9-monatiger Testphase in 3 Regionen in Österreich. Die gesammelten Erfahrungen<br />
wurden wissenschaftlich <strong>aus</strong>gewertet. Diese Ergebnisse bilden die Grundlage für einen<br />
flächendeckenden Einsatz <strong>der</strong> e-Medikation (Dorda et al., 2012).<br />
11
Pilotprojekt e-Überweisung<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Das Service e-Überweisung beinhaltet die Überweisung, die Zuweisung und die Einweisung<br />
zu einem stationären Aufenthalt. Um bei einem österreichweiten Einsatz bereits eine<br />
umfassende und benutzerfreundliche Anwendung zur Verfügung zu stellen, wurde in einem<br />
ersten Schritt in Tirol und Oberösterreich eine Pilotierung zur e-Überweisung mit 50 <strong>Ärzten</strong><br />
und einer Krankenanstalt gestartet. Eine Ausweitung dieser Pilotierung ist in Vorbereitung (e-<br />
card Services).<br />
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsmeldung (e-AUM)<br />
Seit 6. Mai 2009 steht das neue e-card Service e-AUM für Vertragspartner <strong>der</strong><br />
Sozialversicherung österreichweit zur Verfügung. Das Service umfasst die elektronische<br />
Erfassung <strong>der</strong> Arbeits(un)fähigkeitsmeldung, die Übertragung an die Sozialversicherung und<br />
ein österreichweit einheitliches Formular, welches vom Arzt nach dem Erstellen <strong>der</strong><br />
Arbeitsunfähigkeitsmeldung für die PatientInnen <strong>aus</strong>gedruckt wird (e-card Services).<br />
Arzneimittelbewilligungsservice (ABS)<br />
Das ABS dient zur elektronischen Beantragung <strong>von</strong> chefärztlich zu genehmigenden<br />
Heilmitteln. Im Zuge des e-card Rollouts im Jahr 2005 wurden alle nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte<br />
mit bestehendem Vertrag mit ABS <strong>aus</strong>gestattet.<br />
Mittlerweile werden bereits 75% <strong>der</strong> chefärztlichen Bewilligungsanfragen über das e-card<br />
System abgewickelt. Die Antwortzeit des chefärztlichen Dienstes liegt dabei im Durchschnitt<br />
bei 5 Minuten (e-card Services).<br />
Alle aufgeführten, im Einzelnen sehr unterschiedlichen Funktionen sind in bestimmter Weise<br />
mit dem Arztpraxis-Informationssystem verknüpft o<strong>der</strong>, wo sie noch nicht flächendeckend<br />
eingesetzt werden, werden sie in Zukunft mit diesem Systemen verknüpft werden. Dabei<br />
bildet das APIS nur eine <strong>von</strong> vielen Schnittstellen des virtuellen Aust<strong>aus</strong>chs, <strong>der</strong> u.a. auch<br />
die Apothekendienste, die Sozial- und Krankenversicherungssysteme und an<strong>der</strong>e<br />
Gesundheitsdiensteanbieter umfassen kann (vgl. z.B. Dorda et al., 2012).<br />
2.1.3 Technology Acceptance Model TAM<br />
Das technology acceptance model (TAM) <strong>von</strong> Davis (1989) wurde entwickelt, um die<br />
Einstellungen zur Nutzung neuer Technologien (zunächst vor allem die Computernutzung<br />
o<strong>der</strong> die Nutzung neuer S<strong>of</strong>tware) bei verschiedenen Personengruppen zu erklären. Das<br />
Modell nimmt einen Zusammenhang zwischen Verhaltens- (hier: Nutzungs-)Intention und<br />
12
Theoretische Grundlagen<br />
Verhalten an, d.h. wenn eine Person angibt, eine S<strong>of</strong>tware nutzen zu wollen, dann wird diese<br />
Einstellung auch in konkretes Verhalten münden.<br />
Die Nutzungsintention wird im TAM auf zwei Faktoren zurückgeführt: Perceived usefulness,<br />
ins Deutsche übertragen als "wahrgenommener Nutzen" (Olbrecht, 2010, S. 24) o<strong>der</strong><br />
"wahrgenommene Nützlichkeit" (Beier, Spiekermann & Rothensee, 2006, S. 146), meint die<br />
subjektive Einschätzung einer Person bzgl. des Nutzens <strong>der</strong> Anwendung einer Technik bzw.<br />
Technologie für sich selbst. Perceived ease <strong>of</strong> use, ins Deutsche übertragen als<br />
"wahrgenommene Bedienbarkeit" (Olbrecht, 2010, S. 24) o<strong>der</strong> "wahrgenommene<br />
Benutzerfreundlichkeit" (Beier, Spiekermann & Rothensee, 2006, S. 146), fokussiert<br />
ebenfalls auf den <strong>von</strong> <strong>der</strong> Person subjektiv empfundenen Grad an Leichtigkeit, eine Technik<br />
bzw. Technologie selbst anwenden zu können. Das <strong>von</strong> Davis (1989) zunächst vorgestellte<br />
Modell enthielt noch die Einstellung zur Technik als zusätzliches Konstrukt. Die Beziehungen<br />
zwischen den Variablen lassen sich wie folgt definieren:<br />
"Dieses Modell besagt, dass die wahrgenommene Nützlichkeit eines Systems und die<br />
wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit die Einstellung gegenüber dem System<br />
bestimmen. Die Einstellung wie<strong>der</strong>um führt in Kombination mit <strong>der</strong> wahrgenommenen<br />
Nützlichkeit zu einer Verhaltensintention, die die tatsächliche Systemnutzung determiniert."<br />
Definition <strong>der</strong> TAM nach Beier, Spiekermann & Rothensee, 2006, S. 16.<br />
Diese Variablen und ihre Beziehung untereinan<strong>der</strong> sind in Abbildung 1 dargestellt.<br />
Abbildung 1: Technology Acceptance Modell (TAM1) <strong>von</strong> Davies (1989).<br />
An diesem ersten Modell wurde kritisiert, dass affektive und soziale Komponenten <strong>der</strong><br />
Technikakzeptanz vernachlässigt werden (Mathieson, 1991; Beier, Spiekermann &<br />
Rothensee, 2006).<br />
13
Theoretische Grundlagen<br />
Aufgrund dieser Kritik, aber auch aufgrund <strong>der</strong> rasanten Fortentwicklung <strong>der</strong><br />
Informationstechnologien, die eine Erweiterung und Spezifizierung des TAM verlangten,<br />
wurde das Modell ergänzt.<br />
In dem <strong>von</strong> Venkatesh & Davis (2000) revidierten Modell ("TAM2") entfiel die Variable<br />
Einstellung zur Technologie aufgrund ihrer geringen Vorhersagekraft (siehe Abbildung 2).<br />
Abbildung 2: Technologieakzeptanzmodell 2 (TAM2)<br />
Quelle: Venkatesh & Davies (2000)<br />
Demgegenüber wird <strong>der</strong> Faktor subjektive Normen eingeführt, <strong>der</strong> auf die Nutzungsintention,<br />
auf die wahrgenommene Nützlichkeit <strong>der</strong> Technik sowie auf die Variable Image wirken soll.<br />
Image meint die Erwartung, durch die Nutzung <strong>der</strong> Technik den eigenen sozialen Status zu<br />
festigen o<strong>der</strong> zu erhöhen.<br />
Weiterhin werden folgende Variablen zugesetzt, die über die subjektive Nützlichkeit die<br />
Nutzungsintention beeinflussen sollen:<br />
die Bewertung, inwieweit die Technologie für die eigene Arbeit wichtig ist (job<br />
relevance);<br />
die Erwartung, dass eine Technologie die Arbeitsaufgaben gut lösen kann (output<br />
quality) sowie<br />
14
die Verständlichkeit <strong>der</strong> Ergebnisse einer innovativen Technologie (result<br />
demonstrability).<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Die Erfahrung einer Person im Umgang mit <strong>der</strong> zu nutzenden Technologie und die<br />
Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung sollen laut Modell einen zusätzlichen Einfluss auf die<br />
wahrgenommene Nützlichkeit <strong>aus</strong>üben, daneben wird ein direkter Einfluss <strong>von</strong> Erfahrung auf<br />
die subjektiven Normen angenommen (siehe Abbildung 2).<br />
Die unified theory <strong>of</strong> acceptance and use <strong>of</strong> technology (UTAUT, Venkatesh, Morris, Davis &<br />
Davis, 2003) enthält gegenüber den vorangegangenen Modellen eine Reihe <strong>von</strong><br />
Neuerungen in <strong>der</strong> Begrifflichkeit (siehe Abbildung 3).<br />
Abbildung 3: Unified theory <strong>of</strong> acceptance and use <strong>of</strong> technology (UTAUT).<br />
Quelle: Venkatesh et al., 2003.<br />
Die zentralen beiden Variablen <strong>der</strong> vorangegangenen Modelle subjektive Nützlichkeit und<br />
Bedienbarkeit wurden durch die subjektiveren Variablen performance expectancy und effort<br />
expectancy ersetzt. Performance expectancy meint den Wahrscheinlichkeitsgrad, mit dem<br />
eine Person erwartet, dass eine bestimmte Technik bzw. Technologie sie bei <strong>der</strong> Ausführung<br />
ihrer Arbeitsaufgaben unterstützt. Effort expectancy beschreibt demgegenüber den Grad an<br />
Erleichterung, die mit <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Technik verbunden wird.<br />
Daneben wurden zwei an<strong>der</strong>e Variablen als Einflussfaktoren auf die Nutzungsintention<br />
aufgeführt: Der Faktor social influence wird als Grad definiert, in dem eine Person annimmt,<br />
dass bedeutende Personen des sozialen Umfeldes die Nutzung <strong>der</strong> Technik / Technologie<br />
15
Theoretische Grundlagen<br />
erwarten. Damit wurde die vorgenannte Variable subjektive Normen auf soziale Normen hin<br />
präzisiert.<br />
Unter facilitating conditions wird im Rahmen des Modells <strong>der</strong> Grad verstanden, <strong>von</strong> dem eine<br />
Person annimmt, dass sie durch organisationale und technische Rahmenbedingungen in <strong>der</strong><br />
Techniknutzung unterstützt wird. Dagegen wurden die Faktoren output quality, job relevance<br />
und result demonstrability fallengelassen.<br />
Als Mo<strong>der</strong>atorvariablen werden weiterhin Erfahrung und Freiwilligkeit sowie<br />
soziodemographische Faktoren wie Alter und Geschlecht berücksichtigt.<br />
Mithilfe des TAM2 und <strong>der</strong> UTAUT wurden zu einem gewissen Anteil soziale und<br />
persönlichkeitsbezogene Faktoren berücksichtigt, so dass eine größere Flexibilität und<br />
Vorhersagekraft bei <strong>der</strong> Anwendung des Modells erreicht werden konnte.<br />
Eine weitere Variante des Modells ("TAM3", Venkatesh & Bala, 2008) führt die einzelnen<br />
Faktoren und <strong>der</strong>en Wirkbeziehungen noch einmal präziser zusammen (siehe Abbildung 4).<br />
16
Abbildung 4: Technology Acceptance Modell (TAM3).<br />
Quelle: Venkatesh & Bala (2008).<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Das TAM3 beinhaltet wie<strong>der</strong>um die wahrgenommene Nützlichkeit und die Bedienbarkeit als<br />
zentrale Variablen. Als Einflussfaktoren auf die wahrgenommene Nützlichkeit werden analog<br />
TAM2 wie<strong>der</strong> die Variablen subjektive Normen, Image, job relevance, output quality und<br />
result demonstrability eingeführt, als Mo<strong>der</strong>atorvariablen dienen die Freiwilligkeit <strong>der</strong><br />
Nutzung und die Erfahrung <strong>der</strong> Personen. Die Beziehungen <strong>der</strong> Variablen untereinan<strong>der</strong> sind<br />
die gleichen wie in TAM2.<br />
17
Theoretische Grundlagen<br />
Im Unterschied zu TAM2 werden nun auch <strong>der</strong> Bedienbarkeit Variablen zugeordnet, die zwei<br />
Gruppen als fixe (anchor) und verän<strong>der</strong>liche Variablen (adjustment) zugeordnet werden.<br />
Zu den fixen Variablen zählen<br />
die Kompetenzerwartung am Computer (computer self efficacy);<br />
die Erwartung <strong>von</strong> Unterstützung bei <strong>der</strong> Nutzung durch organisationale und<br />
technische Rahmenbedingungen (perceptions <strong>of</strong> external control);<br />
Befürchtungen und Ängste einer Person bei <strong>der</strong> Computernutzung (computer anxiety)<br />
sowie<br />
<strong>der</strong> Grad an Spontaneität im Rahmen <strong>der</strong> Computer-Mensch-Interaktion (computer<br />
playfulness).<br />
Zu den verän<strong>der</strong>lichen Variablen zählen die Autoren<br />
das Ausmaß, in dem die Interaktion mit einer bestimmten Technologie als Vergnügen<br />
empfunden wird, unabhängig <strong>von</strong> dem Nutzen, <strong>der</strong> <strong>aus</strong> den Ergebnissen <strong>der</strong> Arbeit<br />
erwartet wird (perceived enjoyment) sowie<br />
<strong>der</strong> unabhängig <strong>von</strong> subjektiver Wahrnehmung messbare Grad an Anstrengung, die<br />
bei <strong>der</strong> Nutzung einer Technologie für ein bestimmtes Ziel investiert werden muss<br />
(objective usability).<br />
Im folgenden Abschnitt wird nun <strong>der</strong> Stand <strong>der</strong> Forschung zu den Technologie-<br />
Akzeptanzmodellen überblickshaft dargestellt.<br />
2.2 Aktueller Stand <strong>der</strong> Forschung<br />
2.2.1 Forschungsstand zum TAM<br />
Die bisherigen Untersuchungen zu allen Technologieakzeptanzmodellen (TAM) sind auf<br />
konkrete Technologien im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Computernutzung bezogen (Mathieson,<br />
1991). Das TAM gilt als das "am besten operationalisierte und empirisch am umfangreichsten<br />
getestete Modell zur Erklärung <strong>der</strong> Akzeptanz technischer Systeme" (Olbrecht, 2010, S. 24).<br />
Das TAM 3 versucht die Nutzung neuer Technologien durch zwei zentrale Faktoren, die<br />
wahrgenommene Nützlichkeit und die Bedienbarkeit dieser Technologie, zu erklären. Diesen<br />
beiden Faktoren, die auch bei an<strong>der</strong>en Technologieakzeptanzmodellen eine Rolle spielen,<br />
wurden spezifische Variablen zugeordnet, die direkten o<strong>der</strong> indirekten Einfluss auf die<br />
Nutzungsintention und damit die tatsächliche Nutzung einer Technologie haben sollen.<br />
Venkatesh & Bala (2008) führten umfangreiche Untersuchungen durch, die zeigten, dass ein<br />
18
Theoretische Grundlagen<br />
großer Teil <strong>der</strong> Varianzaufklärung <strong>der</strong> Nutzungsintention auf die <strong>von</strong> ihnen aufgeführten<br />
Faktoren zurückgeht. Ma & Liu (2004) geben einen Überblick über die errechneten<br />
Effektgrößen für alle Modellvariablen in verschiedenen empirischen Untersuchungen. Die<br />
Autoren konnten das Modell auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Daten bestätigen.<br />
Einen umfassenden Überblick über die Untersuchungen zu Technologieakzeptanzmodellen<br />
geben Venkatesh et al. (2003). Demnach handelt es sich bei den meisten Studien um<br />
Fragebogenuntersuchungen, die als Querschnittsvergleiche zwischen Individuen o<strong>der</strong><br />
Abteilungen <strong>von</strong> Unternehmen geplant sind. Zumeist wird die freiwillige, nicht die<br />
obligatorische Nutzung <strong>von</strong> einer neuen Technologie erfragt. Kritisiert wird, dass die<br />
eingesetzte neue Technologie häufig undifferenziert sei, die den Teilnehmern vorab bereits<br />
vertraut war, zudem werden <strong>of</strong>t studentische Stichproben eingesetzt (Venkatesh et al., 2003).<br />
Auf diese Weise seien die Ergebnisse nicht auf den Alltag <strong>der</strong> Einführung einer Technologie,<br />
z.B. in Unternehmen, übertragbar. Die Untersuchungen <strong>der</strong> Arbeitsgruppe <strong>von</strong> Venkatesh<br />
(Venkatesh, 2000; Venkatesh et al., 2003; Venkatesh & Bala, 2008) wurden teilweise als<br />
Längsschnittuntersuchungen unter Realbedingungen <strong>der</strong> Einführung neuer S<strong>of</strong>tware in<br />
mehreren Unternehmen unterschiedlicher Branchen durchgeführt, so dass ein konkreter<br />
Nutzungskontext gegeben war.<br />
Aktuelle Untersuchungen, die sich auf ein TAM als theoretische Grundlage beziehen,<br />
existieren für unterschiedlichste Bereiche und Technologien, so z.B. Studien zum freiwilligen<br />
Aust<strong>aus</strong>ch in arbeitsbezogenen Internetforen durch Selbständige und Arbeitnehmer (McLure-<br />
Wasko & Faraj, 2005), die Nutzung <strong>von</strong> Weblogs (Hsu & Lin, 2008) o<strong>der</strong> Wikis im<br />
Studienkontext (Guo & Stevens, 2011) o<strong>der</strong> die Akzeptanz <strong>von</strong> Ubiquitous Computing (Beier,<br />
Spiekermann & Rothensee, 2006).<br />
2.2.2 Akzeptanzforschung im Bereich e-<strong>Health</strong><br />
2.2.2.1 Forschungsstand zur Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong><br />
Laut Nuq (2012) ist <strong>der</strong> Forschungsstand zur Nutzungsintention <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Anwendungen<br />
noch immer gering, und die bestehenden Studien berichten kaum über detaillierte<br />
Einflussfaktoren. Im deutschsprachigen Raum konzentrierten sich laut Wirtz, Ullrich & Mory<br />
(2011) die Untersuchungen zur Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Anwendungen auf finanzielle und<br />
technische Problemstellungen, psychologische Variablen hingegen wurden häufig<br />
vernachlässigt. Fitterer, Mettler & Rohner (2009) führten eine Überblicksarbeit über alle im<br />
Zeitraum 2003-2008 durchgeführten Evaluationsstudien zu e-<strong>Health</strong> weltweit durch. Von<br />
insgesamt 23 aufgeführten Studien beinhalten sieben Studien Aspekte <strong>der</strong> Akzeptanz und<br />
19
Theoretische Grundlagen<br />
Zufriedenheit bei den Teilnehmern, alle an<strong>der</strong>en Untersuchungen evaluieren die<br />
Wirtschaftlichkeit o<strong>der</strong> Qualitätskriterien <strong>der</strong> Einführung <strong>von</strong> verschiedenen Applikationen.<br />
Von diesen sieben Studien bezogen nur vier Untersuchungen die Zielgruppe <strong>der</strong> Ärzte ein,<br />
die an<strong>der</strong>en Studien bezogen sich auf an<strong>der</strong>e Leistungserbringer (Krankenkassen,<br />
Pflegende), Patienten o<strong>der</strong> die Allgemeinbevölkerung.<br />
Breen, Wan & Ortiz (2010) wandten das Technologieakzeptanzmodell auf e-<strong>Health</strong> in<br />
ländlichen Gesundheitszentren <strong>der</strong> USA an. Demzufolge sollte die Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Funktionen ebenso wie die Nutzung an<strong>der</strong>er Online-Anwendungen <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />
wahrgenommenen Nützlichkeit und Bedienbarkeit <strong>der</strong> Technologie abhängig sein. In dieser<br />
theoretischen Analyse geht man da<strong>von</strong> <strong>aus</strong>, dass Ärzte aufgrund ihrer Ausbildung zu einer<br />
technikaffinen und aufgeschlossenen Zielgruppe gehören, die nützliche und leicht<br />
bedienbare Funktionen auch entsprechend positiv aufnehmen und anwenden würden. Die<br />
Autoren nahmen an, dass auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> TAM die Nutzung <strong>der</strong> elektronischen<br />
Patientenakte, e-Medikation o<strong>der</strong> Online-Informationsdienste nach einer entsprechenden<br />
Schulung des Personals keine Probleme bereiten dürften, da nach einer gewissen Zeit <strong>der</strong><br />
Eingewöhnung die Nützlichkeit und Bedienbarkeit <strong>der</strong> elektronischen Patientenakte erfahrbar<br />
und damit evident sei. Diese Annahmen stehen allerdings im Gegensatz zu den Befunden<br />
internationaler Studien, wonach e-<strong>Health</strong>-Funktionen <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> eher mit Skepsis<br />
aufgenommen wurden. Ein Akzeptanzdefizit wurde beispielsweise <strong>von</strong> Chismar & Wiley-<br />
Patton (2002), Pizzi et al. (2005), Fitterer, Mettler & Rohner (2009), Boonstra & Broekhuis<br />
(2010) und Allensbach (2010) festgestellt.<br />
Pizzi et al. (2005) befragten Ärzte bei <strong>der</strong> Einführung eines e-Verschreibungssystems und<br />
stellten fest, dass insbeson<strong>der</strong>e vor Einführung eine Reihe <strong>von</strong> psychologischen Barrieren<br />
existierten, die aber nach einer erfolgreichen Applikation des Service abgebaut werden<br />
konnten. Zu diesen Barrieren zählten <strong>der</strong> finanzielle und zeitliche Aufwand bei <strong>der</strong><br />
Einführung und die Installation des Systems, die Zeit für die Korrektur <strong>von</strong><br />
Übertragungsfehlern und die Sorge um den Datenschutz.<br />
Boonstra & Broekhuis (2010) analysierten 22 internationale Studien zur Akzeptanz <strong>der</strong><br />
elektronischen Patientenakte bei <strong>Ärzten</strong> nach den vorliegenden Akzeptanzhin<strong>der</strong>nissen bzw.<br />
-barrieren. Zu den wichtigsten Hin<strong>der</strong>nissen bei <strong>der</strong> Implementierung zählten die befragten<br />
Ärzte finanzielle Barrieren, sie befürchteten hohe Start-up-Kosten und Wartungskosten bei<br />
einem nur geringen finanziellen Benefit bzw. geringen finanziellen Ressourcen. Weiterhin<br />
wurden technische Barrieren festgestellt, zu denen geringe Kenntnisse <strong>der</strong> betr<strong>of</strong>fenen Ärzte<br />
in <strong>der</strong> Bedienung <strong>der</strong> entsprechenden S<strong>of</strong>tware zählten, die in Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Ärzte<br />
20
Theoretische Grundlagen<br />
mündete, sowie Beschwerden <strong>der</strong> Ärzte über geringe Unterstützung durch Schulung und<br />
Wartung. Daneben wurden viele Systeme auch als zu komplex o<strong>der</strong> zu eingeschränkt<br />
eingeschätzt, was die Bedienbarkeit verringerte, zudem wurden Beschränkungen in <strong>der</strong><br />
Anpassung des Systems an individuelle Bedürfnisse moniert. Zu den technischen Barrieren<br />
zählten weiterhin die Befürchtung fehlen<strong>der</strong> Zuverlässigkeit des Systems, wenn etwa Daten<br />
durch technische Fehler verloren gingen, und eine fehlende Kompatibilität mit den APIS.<br />
Manchen <strong>Ärzten</strong> in den <strong>von</strong> Boonstra & Broekhuis (2010) analysierten Studien fehlte auch<br />
eine technische Basis<strong>aus</strong>stattung mit kompatiblen Computern.<br />
Die dritte <strong>von</strong> den Autoren beschriebene Barriere stellte die Zeitbarriere dar. Dazu zählten<br />
die Zeit, die bei <strong>der</strong> Auswahl, dem Kauf und beim Einarbeiten in das System benötigt<br />
werden, ebenso wie die Zeit für die kontinuierliche Dateneingabe. Dies scheint einigen<br />
<strong>Ärzten</strong> mehr Zeit zu kosten als die Papier-Variante. Zeit, die dann nicht für die Patienten<br />
verwendet werden kann. Auch das Übertragen <strong>von</strong> handschriftlichen Notizen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Papieren ins System kostet Zeit.<br />
Zu den psychologischen Barrieren zählten Boonstra & Broekhuis (2010) das fehlende<br />
Vertrauen <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> in die elektronische Patientenakte, so etwa die Skepsis dahingehend,<br />
ob diese Anwendung die Versorgungsqualität erhöhen könne. Weiterhin wurde in einigen<br />
Untersuchungen berichtet, dass Ärzte das Gefühl hatten, die Kontrolle über die<br />
Patientendaten zu verlieren, und daher eine ablehnende Haltung entwickelten.<br />
Unter sozialen Barrieren wurden vor allem Unterstützungsdefizite seitens <strong>der</strong> Hersteller,<br />
Kollegen, Managern und an<strong>der</strong>en Stakehol<strong>der</strong>n gefasst, die dazu führten, dass keine<br />
Schulungen und Trainings angeboten werden, Informationsdefizite bestehen o<strong>der</strong> Fehler<br />
nicht behoben werden. Zudem fühlten sich die Ärzte dadurch im System allein gelassen.<br />
Eine weitere soziale Barriere wurde in Störungen <strong>der</strong> Arzt-Patient-Beziehung <strong>aus</strong>gemacht,<br />
die dadurch entstehen kann, wenn <strong>der</strong> Arzt während des Gespräches aufstehen o<strong>der</strong> sich<br />
abwenden muss, um Informationen in den Computer einzugeben o<strong>der</strong> nachzusehen.<br />
Rechtliche Barrieren beinhalteten unklare Regelungen zu Sicherheitsstandards, die<br />
wie<strong>der</strong>um zur Verunsicherung <strong>der</strong> Ärzte führten. Organisationale Barrieren bezogen sich auf<br />
die Unterschiede in <strong>der</strong> Akzeptanz bei unterschiedlichen Organisationsgrößen. Je größer die<br />
Praxis, desto höher waren die Akzeptanz- und Umsetzungsraten. Wie die Allensbach-<br />
Umfrage (2010) ebenfalls zeigte, haben nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte auch weit mehr Vorbehalte,<br />
und ihre Umsetzungsraten sind geringer, als Krankenh<strong>aus</strong>ärzte o<strong>der</strong> angestellte Ärzte. Den<br />
Grund dafür sehen Boonstra & Broekhuis (2010) darin, dass angestellte Ärzte nicht auf<br />
21
Theoretische Grundlagen<br />
eigene finanzielle Ressourcen bei <strong>der</strong> Umsetzung zurückgreifen müssen, zudem werde<br />
ihnen womöglich durch ihre Institution auch <strong>aus</strong>reichend Zeit zur Einarbeitung und Pflege<br />
des Systems eingeräumt, sie erhalten durch Organisation und Management Support bei<br />
Schwierigkeiten, und sie sind möglicherweise auch in eine akzeptierende Organisationskultur<br />
eingebunden.<br />
Die letzten <strong>von</strong> Boonstra & Broekhuis (2010) benannten Hin<strong>der</strong>nisse sind die Barrieren im<br />
Verän<strong>der</strong>ungsprozess. Dies meint, dass die Einführung eines neuen Systems mit<br />
Verän<strong>der</strong>ungen in bewährten Routinen verbunden ist, die zu Wi<strong>der</strong>ständen führen können.<br />
So muss beispielsweise eine Verän<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Organisationskultur stattfinden, um den<br />
Einstieg für alle Beteiligten innerhalb einer Organisation zu erleichtern. Ein weiteres<br />
Hin<strong>der</strong>nis ist laut den Autoren die geringe Wahrscheinlichkeit, durch die Einführung einen -<br />
finanziellen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s gearteten - Bonus zu erhalten. Weiterhin wird <strong>der</strong> geringe Einbezug<br />
<strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> bei <strong>der</strong> Systemeinführung sowie zu wenig Entscheidungsträger, die positiv<br />
Verantwortung für den Verän<strong>der</strong>ungsprozess übernehmen und sich für die Einführung<br />
engagieren, diskutiert.<br />
Die <strong>von</strong> Boonstra & Broekhuis (2010) zusammengefassten Hin<strong>der</strong>nisse beinhalten zwar<br />
lediglich die Studienergebnisse zur Einführung <strong>der</strong> elektronischen Patientenakte, die<br />
detaillierten Beschreibungen können aber auch als Anregungen bei <strong>der</strong> Untersuchung <strong>von</strong><br />
Akzeptanzproblemen an<strong>der</strong>er e-<strong>Health</strong>-Anwendungen verwendet werden.<br />
Die Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach (2010) wurde für einen großen<br />
Bereich <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen durchgeführt und gibt aufgrund dessen einen<br />
detaillierten Blick auf Akzeptanz und Akzeptanzschwierigkeiten bei den Leistungserbringern.<br />
Die Untersuchung wurde an nie<strong>der</strong>gelassenen und Krankenh<strong>aus</strong>ärzten in Deutschland<br />
durchgeführt. Von den <strong>Ärzten</strong> wurde ein sehr hoher Nutzen insbeson<strong>der</strong>e für die<br />
elektronische Speicherung <strong>von</strong> Notfalldaten (45 % <strong>der</strong> Befragten), dem elektronischen<br />
Arztbrief (35 %) sowie <strong>der</strong> elektronischen Arzneimitteltherapiesicherheitsprüfung (33 %)<br />
zugemessen, während dem Nutzen <strong>der</strong> elektronischen Patientenakte 20 % und des<br />
elektronischen Rezepts 40 % <strong>der</strong> Befragten skeptisch gegenüberstehen. Altersunabhängig<br />
überwog hier insbeson<strong>der</strong>e bei nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> die Skepsis. Zu den negativen<br />
Erwartungen zählten die Sorge vor dem nicht <strong>aus</strong>reichenden Datenschutz für Patienten<br />
(55 % <strong>der</strong> Befragten), die Sorge vor hohen Kosten für die Ärzte (58 %) und die Sorge um<br />
eine Vernachlässigung des Arzt-Patient-Verhältnisses (36 %). 77 % <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen<br />
und 66 % <strong>der</strong> Krankenh<strong>aus</strong>ärzte haben kein Vertrauen in die Zusicherung des<br />
Datenschutzes seitens <strong>der</strong> Betreiber, und 64 % fühlen sich nicht gut über das Thema<br />
22
Theoretische Grundlagen<br />
informiert, wobei das Interesse an Informationen bei fast <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> Befragten sehr hoch<br />
ist. Als zuverlässige und nützliche Informationsquelle benannten die Ärzte vor allem ihre<br />
Fachgesellschaften und die Kammern bzw. die Standesvertretung, <strong>der</strong> damit eine wichtige<br />
Rolle als Stakehol<strong>der</strong> zukommt. 60 % <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen und 69 % <strong>der</strong> Krankenh<strong>aus</strong>ärzte<br />
schätzten ihren Fortbildungsbedarf als sehr hoch ein.<br />
Shaw et al. (2008) stellten fest, dass solche Akzeptanzprobleme dazu führen, dass<br />
institutionalisierte e-<strong>Health</strong>-Programme nicht <strong>aus</strong>reichend implementiert werden können.<br />
Verantwortlich für das Akzeptanzproblem wurden u.a. mangelnde o<strong>der</strong> nicht<br />
maßgeschnei<strong>der</strong>te Schulungen und Trainings, Zeitprobleme, fehlende Passung <strong>der</strong> Technik<br />
auf die Bedürfnisse <strong>der</strong> Nutzer, sowie Probleme mit Rollen und Verantwortlichkeiten<br />
festgestellt.<br />
2.2.2.2 Zur Anwendung <strong>von</strong> TAM in <strong>der</strong> Akzeptanzforschung<br />
Die im oberen Abschnitt beschriebenen Akzeptanzstudien beziehen sich in <strong>der</strong> Erklärung <strong>der</strong><br />
Nutzerakzeptanz nicht auf das TAM. Auch die Studie <strong>von</strong> Breen, Wan & Ortiz (2010) erwähnt<br />
lediglich das TAM, mehr als die zwei zentralen Variablen wahrgenommene Nützlichkeit und<br />
Bedienbarkeit wurden nicht untersucht. Viele Wissenschaftler sind zudem skeptisch, ob die<br />
Technologieakzeptanz durch diese beiden Variablen <strong>aus</strong>reichend beschrieben werden kann.<br />
Beier, Spiekermann & Rothensee (2006) meinen, dass die Akzeptanz einer neuen<br />
Technologie (hier: Ubiquitous Computing) nicht allein <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Nützlichkeit und Bedienbarkeit<br />
eines Systems abgeleitet werden kann, son<strong>der</strong>n auch in hohem Maße auch <strong>von</strong> emotionalen<br />
und kognitiven Faktoren, wie dem Erleben <strong>von</strong> Kontrolle und Kontrollverlust bzw.<br />
Risikoabschätzungen.<br />
An dieser Stelle sollen relevante Studien zur Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Funktionen, die<br />
mehrere Variablen <strong>der</strong> TAM auch differenziert als theoretische Grundlage <strong>der</strong> Untersuchung<br />
nutzten, beschrieben und die untersuchten Variablen aufgeführt werden. In diesem Bereich<br />
existieren nur wenige Studien, die dazu noch hinsichtlich ihres Gegenstandsbereichs, ihrer<br />
Methodik und <strong>der</strong> Studienteilnehmer divergieren.<br />
Gallant, Irizarry & Bone (2009) analysierten in ihrem Review fünf Studien zur Einstellung<br />
gegenüber e-<strong>Health</strong>-Applikationen auf <strong>der</strong> Grundlage eines erweiterten TAM und führten auf<br />
dieser Grundlage eine weitere eigene empirische Untersuchung durch. Sie kamen zu dem<br />
Ergebnis, dass fünf Einflussfaktoren für die Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> relevant seien:<br />
wahrgenommene Nützlichkeit, Bedienbarkeit, Vertrauen, Datenschutz und Personalisierung.<br />
Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine schwedische Explorationsstudie an älteren Patienten<br />
23
Theoretische Grundlagen<br />
<strong>von</strong> Jung & Loria (2010), in <strong>der</strong> wahrgenommene Nützlichkeit, Bedienbarkeit, Vertrauen in<br />
den Provi<strong>der</strong> und Kompatibilität <strong>der</strong> Anwendung mit den eigenen Bedürfnissen mit den<br />
Nutzungsintentionen korrelierte. Lei<strong>der</strong> wurden diese Studien nur für die Zielgruppe <strong>der</strong><br />
Patienten durchgeführt, Ärzte o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e medizinische Dienstleister wurden nicht<br />
einbezogen.<br />
Holden & Karsh's (2010) Review beinhaltet eine Analyse <strong>von</strong> 16 Datensätzen <strong>aus</strong> 20 Studien<br />
zur Anwendung des TAM im Gesundheitswesen. Nicht alle <strong>der</strong> hier subsumierten Studien<br />
untersuchten e-<strong>Health</strong>-Applikationen, die auch im Rahmen <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung<br />
Bedeutung haben; mit dem TAM wurde auch die Akzeptanz <strong>von</strong> PDAs (Liang et al., 2003)<br />
o<strong>der</strong> elektronischen Bildverarbeitungsprogrammen (Duyck et al., 2008) untersucht. In einigen<br />
Studien wurden nicht Ärzte, son<strong>der</strong>n Pflegende (Tung et al., 2008; Rawstorne et al., 2000)<br />
o<strong>der</strong> Physiotherapeuten und medizinische Assistenten (Wu et al., 2007; van Schaik et al.,<br />
2002) befragt.<br />
Der errechnete Varianzanteil, <strong>der</strong> durch das Modell aufgeklärt werden konnte, betrug<br />
zwischen 29 % (Rawstorne et al., 2000) und 70 % (Tung et al., 2008; Wu et al., 2007; Han et<br />
al., 2005). Da <strong>der</strong> weit<strong>aus</strong> größte Teil <strong>der</strong> Studien eine hohe Varianzaufklärung aufwies, lässt<br />
sich schlussfolgern, dass die Technologieakzeptanzmodelle als theoretische Grundlage gut<br />
geeignet sind, die Nutzungsintention und damit die Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Anwendungen<br />
zu analysieren. Allerdings muss in die Überlegungen einbezogen werden, dass die<br />
gemessene Nutzungsintention nicht mit <strong>der</strong> tatsächlichen Nutzung einer Technologie<br />
übereinstimmen muss. Diejenigen aktuellen Studien <strong>aus</strong> diesem Review, die den<br />
Fragestellungen <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit ähneln, werden nun neben an<strong>der</strong>en Studien<br />
<strong>aus</strong>führlicher vorgestellt.<br />
Das klassische Technologieakzeptanzmodell <strong>von</strong> Davies (1989) diente Chau & Hu (2002) als<br />
Grundlage einer Untersuchung <strong>der</strong> Akzeptanz <strong>von</strong> Telemedizin an 408 <strong>Ärzten</strong> in Hongkonger<br />
Akutkrankenhäusern. Die Autoren kamen zur Feststellung, dass die wahrgenommene<br />
Nützlichkeit <strong>der</strong> Technologie, also die Empfindung o<strong>der</strong> Erfahrung, dass eine Technologie für<br />
die eigene Praxis nützlich ist, <strong>der</strong> wichtigste Prädiktor für die Nutzungsintention war; er<br />
beeinflusste aber auch die generelle Einstellung <strong>der</strong> Fachleute zu dieser Technologie.<br />
Zudem hatte die Kompatibilität mit <strong>der</strong> Aufgabe einen signifikanten Effekt. Demgegenüber<br />
hatte die Bedienbarkeit keinen signifikanten Einfluss auf die Nutzungsintention. Die Autoren<br />
schlossen dar<strong>aus</strong>, dass Ärzte eine so hohe Kompetenz besitzen, dass die Frage des<br />
Schwierigkeitsgrades <strong>der</strong> Bedienung einer Technologie für sie möglicherweise keine so<br />
große Rolle spielt. Ebenso spielte die Variable social influence keine Rolle bei <strong>der</strong><br />
24
Theoretische Grundlagen<br />
Vorhersage <strong>der</strong> Nutzungsintention, möglicherweise aufgrund <strong>der</strong> hohen Unabhängigkeit und<br />
des hohen sozialen Status <strong>der</strong> Ärzteschaft.<br />
Bei einer kanadischen Untersuchung <strong>von</strong> Aubert & Hamel (2001) zur Applikation <strong>der</strong><br />
elektronischen Gesundheitskarte bei Leistungserbringern und -empfängern auf <strong>der</strong><br />
Grundlage <strong>der</strong> TAM wurden folgende Einflussfaktoren identifiziert: wahrgenommene<br />
Nützlichkeit und Bedienbarkeit sowie Kompatibilität, Image, Information, Einbindung,<br />
Qualität, Zufriedenheit und Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung.<br />
Wirtz, Ullrich & Mory (2011) widmeten sich <strong>der</strong> gleichen Problematik im deutschsprachigen<br />
Raum, wobei sie das TAM als theoretische Grundlage und Strukturgleichungsmodellierung<br />
als Methodik zu einer komplexen Akzeptanzanalyse nutzten. Untersucht wurden<br />
Leistungserbringer im System, d.h. Ärzte und Institutionen wie etwa Krankenhäuser <strong>aus</strong><br />
ganz Deutschland. Hier konnten die zentralen Einflussfaktoren auf die Akzeptanz<br />
wahrgenommene Nützlichkeit, Bedienbarkeit sowie die Einstellung zur Technologie bestätigt<br />
werden. Auf die wahrgenommene Nützlichkeit wirkten signifikant folgende Variablen ein: <strong>der</strong><br />
soziale Einfluss des Umfeldes, die Leistungsfähigkeit des Systems, die Leistungserwartung<br />
an das System und das Kosten-Nutzen-Verhältnis für den Leistungserbringer, nicht jedoch<br />
<strong>der</strong> Einbezug in die Umsetzung. Auf die Bedienbarkeit wirkten folgende Variablen signifikant:<br />
die Kompatibilität und die Bedienungsfähigkeit sowie die Kontrollierbarkeit des Systems.<br />
Das TAM 2 nutzten Chismar & Wiley-Patton (2002) in ihrer Untersuchung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Applikationen (e-Überweisung, elektronische Patientenakte, e-Medikation) bei US-<br />
amerikanischen Pädiatern. Hier waren die wahrgenommene Nützlichkeit sowie output quality<br />
(Erwartung, dass eine Technologie die Arbeitsaufgaben gut lösen kann) die wichtigsten<br />
Prädiktoren <strong>der</strong> Nutzungsintention, während Bedienbarkeit, subjektive Normen und Image<br />
keinen nachweisbaren Einfluss hatten.<br />
Weit <strong>aus</strong>führlicher prüfte Nuq (2012) die Intention <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> zur Nutzung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Applikationen in zehn Entwicklungslän<strong>der</strong>n. Diese Studie wurde unter <strong>der</strong> Nutzung des<br />
theoretischen Modells UTAUT (siehe Abbildung 3) durchgeführt, wobei die Autorin das<br />
Modell an den Gegenstandsbereich e-<strong>Health</strong> und an die Bedingungen <strong>von</strong><br />
Entwicklungslän<strong>der</strong>n anpasste. Laut ihrer Untersuchung hatten performance expectancy<br />
(Grad an Erleichterung bei <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> Technik), government policy (unterstützende<br />
politische Entscheidungen), medical education (medizinisches Ausbildungsniveau <strong>der</strong><br />
Fachkräfte) sowie medical knowledge (hohes Wissen im Bereich Medizin) den größten<br />
Einfluss auf die Nutzungsintention, während social influence (Erwartungen des sozialen<br />
25
Theoretische Grundlagen<br />
Umfeldes) keinen signifikanten Zusammenhang zur Nutzungsintention aufwies. Als<br />
Mo<strong>der</strong>atorvariablen wirkten Alter, Geschlecht und geographische Lage (Stadt / Land).<br />
Auch Schaper & Pervan (2007) nutzten das theoretische Modell UTAUT (siehe Abbildung 3),<br />
um die Nutzungsintention <strong>von</strong> Therapeuten in Australien zu prüfen. Sie erhielten ähnliche<br />
Ergebnisse wie Nuq (2012) zu den einzelnen Variablen des Modells. Demnach hatten effort<br />
expectancy und Kompatibilität den größten Effekt auf die Nutzungsintention, während <strong>von</strong><br />
social influence, performance expectancy (Unterstützungserwartung durch die Technik) und<br />
Einstellungen zu Computern keine Beziehung zur Nutzungsintention hergestellt werden<br />
konnte.<br />
Zu teilweise konträren Ergebnissen kommt die Studie <strong>von</strong> Kijsanayotin, Pannarunothai &<br />
Speedie (2009). Auch diese Studie nutzte das UTAUT, die Untersuchung fand allerdings in<br />
Thailand statt. Als wichtigster Einflussfaktor auf die Nutzungsintention <strong>von</strong> IT in<br />
medizinischen Zentren wurde performance expectancy festgestellt, weiteren Einfluss hatten<br />
auch effort expectancy, social influence, sowie die Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung.<br />
In <strong>der</strong> folgenden Tabelle werden die zitierten Originalstudien nochmals zusammengefasst<br />
und ein Überblick über die verwendeten Modelle, die Methodik und die wichtigsten<br />
Ergebnisse gegeben.<br />
26
Theoretische Grundlagen<br />
Tabelle 1: Zusammenfassung <strong>der</strong> wichtigsten Originalstudien zu TAM im Bereich<br />
Autor(en)<br />
Aubert & Hamel<br />
(2001)<br />
Chau & Hu<br />
(2002)<br />
Wirtz, Ullrich &<br />
Mory (2011)<br />
Chismar &<br />
Wiley-Patton<br />
(2002)<br />
e-<strong>Health</strong><br />
Verwendetes<br />
Modell /<br />
Anwendung<br />
TAM<br />
Elektronische<br />
Gesundheitskarte<br />
TAM (+TPB)<br />
TAM<br />
Elektronische<br />
Gesundheitskarte<br />
TAM 2<br />
e-Überweisung,<br />
elektronische<br />
Patientenakte, e-<br />
Medikation<br />
Zielgruppe(n) / Ort Methodik Wichtigste Ergebnisse<br />
Ärzte und Patienten;<br />
Kanada<br />
Krankenh<strong>aus</strong>ärzte;<br />
Hongkong<br />
Ärzte und<br />
Krankenhäuser;<br />
Deutschland<br />
Pädiater; USA<br />
quantitativ<br />
quantitativ<br />
quantitativ<br />
quantitativ<br />
sign.:<br />
wahrgenommene<br />
Nützlichkeit;<br />
Bedienbarkeit;<br />
Kompatibilität, image,<br />
Information; Einbindung;<br />
output quality;<br />
Zufriedenheit;<br />
Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung.<br />
sign.:<br />
wahrgenommene<br />
Nützlichkeit,<br />
Kompatibilität;<br />
wahrgenommene<br />
Kontrolle.<br />
n.s.: Bedienbarkeit, social<br />
influence<br />
sign.:<br />
wahrgenommene<br />
Nützlichkeit;<br />
Bedienbarkeit;<br />
Einstellung; social<br />
influence;<br />
Leistungsfähigkeit <strong>der</strong><br />
Technologie; performance<br />
expectancy; Kosten-<br />
Nutzen-Verhältnis;<br />
Kompatibilität;<br />
Bedienungsfähigkeit;<br />
wahrgenommene<br />
Kontrolle<br />
n.s.:<br />
Partizipation bei <strong>der</strong><br />
Umsetzung.<br />
sign.:<br />
wahrgenommene<br />
Nützlichkeit; output<br />
quality<br />
n.s.:<br />
Bedienbarkeit; subjektive<br />
Normen; image<br />
27
Schaper &<br />
Pervan (2007)<br />
Kijsanayotin,<br />
Pannarunothai &<br />
Speedie (2009)<br />
Nuq (2012)<br />
UTAUT;<br />
verschiedene<br />
Anwendungen<br />
medizin.<br />
Informationstechnologie<br />
UTAUT;<br />
Einführung einer<br />
landesweit<br />
gültigen<br />
Gesundheits-IT<br />
UTAUT<br />
(angepasst); e-<br />
<strong>Health</strong>-services<br />
(Online-<br />
Beratung;<br />
Aust<strong>aus</strong>ch<br />
medizin. Daten)<br />
Therapeuten;<br />
Australien<br />
Mitarbeiter in<br />
staatlichen<br />
Gesundheitszentren;<br />
Thailand<br />
Mediziner und med.<br />
Fachkräfte in<br />
Malaysia, Uganda,<br />
Pakistan, Mexiko,<br />
Bhutan, Mongolei,<br />
Sri Lanka, Saudi<br />
Arabien,<br />
Argentinien,<br />
Kasachstan<br />
sign: Variable hat signifikanten Einfluss -<br />
quantitativ<br />
Quantitativ<br />
qualitativ<br />
und<br />
quantitativ<br />
Theoretische Grundlagen<br />
sign.:<br />
effort expectancy;<br />
Kompatibilität<br />
n.s.:<br />
social influence;<br />
performance expectancy;<br />
Einstellung zu Computern<br />
sign.:<br />
performance expectancy;<br />
effort expectancy; social<br />
influence; Freiwilligkeit<br />
sign.:<br />
performance expectancy;<br />
government policy;<br />
medical education;<br />
medical knowledge<br />
Mo<strong>der</strong>ator:<br />
Alter; Geschlecht;<br />
geographische Lage<br />
n.s.:<br />
social influence<br />
n.s.: Variable hat keinen signifikanten Einfluss – auf die Akzeptanz und / o<strong>der</strong><br />
Nutzungsintention<br />
Die in <strong>der</strong> Tabelle aufgeführten Ergebnisse werden im folgenden Abschnitt getrennt nach<br />
Modellvariablen zusammengefasst und <strong>der</strong> Einbezug in die vorliegende Untersuchung<br />
diskutiert.<br />
Neben den an dieser Stelle beschriebenen Anwendungen des TAM wurden auch an<strong>der</strong>e<br />
Theorieansätze zur Erklärung <strong>von</strong> Akzeptanz und Nutzungsbereitschaft neuer Technologien<br />
verwendet bzw. entwickelt. Neben <strong>der</strong> TAM sind dies beispielsweise die klassische theory <strong>of</strong><br />
planned behaviour (TPB) <strong>von</strong> Ajzen & Fishbein (1980). Das beobachtbare Verhalten einer<br />
Person wird demnach unmittelbar bestimmt durch die Intention dieser Person, d.h. die<br />
Absicht, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Diese Intention steht in k<strong>aus</strong>aler Beziehung zu<br />
Meinungen (beliefs), Einstellungen (attitudes) sowie subjektiven Normen (subjective norms),<br />
die das tatsächlich beobachtbare Verhalten beeinflussen. Diese Theorie, die als Vorläufer<br />
des TAM gilt und dieses beeinflusst hat, wurde unter an<strong>der</strong>em <strong>von</strong> Chau & Hu (2002) sowie<br />
28
Theoretische Grundlagen<br />
<strong>von</strong> Kifle et al. (2008) genutzt. Weiterhin wird <strong>von</strong> Nuq (2012) die sozialkognitive Theorie <strong>von</strong><br />
Bandura (1986) in ihrer Adaptation auf Computernutzung <strong>von</strong> Compeau & Higgins (1995) als<br />
bedeutsames Modell aufgegriffen. Ammenwerth, Iller & Mahler (2006) wiesen auf die<br />
Limitationen des TAM hin und griffen in ihrem neu konstruierten Modell die Passung<br />
zwischen Person, Aufgabe und Technik als neuen Schwerpunkt auf ("FITT-Framework": Fit<br />
between individuals, task and technology).<br />
In <strong>der</strong> Zusammenschau <strong>der</strong> vorhandenen aktuellen Literatur im Bereich <strong>der</strong><br />
Akzeptanzforschung bei e-<strong>Health</strong> bleibt das TAM das bewährte und am meisten genutzte<br />
Modell, wenngleich insgesamt auch wenige Studien vorliegen. Von den meisten Autoren<br />
wurden daher weiterführende Untersuchungen auf diesem Gebiet empfohlen.<br />
2.2.3 Zusammenfassung zu den Ergebnissen einzelner Variablen <strong>der</strong> TAM im Bereich<br />
e-<strong>Health</strong> und Implikationen für die Untersuchung<br />
An dieser Stelle sollen die Ergebnisse zu den Modellvariablen kurz zusammengefasst und<br />
Schlüsse zur Bedeutsamkeit und Praktikabilität in <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung gezogen<br />
werden.<br />
Wahrgenommene Nützlichkeit<br />
Die wahrgenommene Nützlichkeit einer Technologie (perceived usefulness) wurde in den<br />
Modellen TAM 1, TAM 2 und TAM 3, nicht aber im UTAUT als zentraler Einflussfaktor auf die<br />
Nutzungsintention charakterisiert. Im Rahmen dieses Modells wurde diese Variable vielfach<br />
in empirische Untersuchungen einbezogen (z.B. Venkatesh & Bala, 2008; Venkatesh, 2000).<br />
Wenn das klassische TAM als theoretische Grundlage <strong>von</strong> Untersuchungen zu e-<strong>Health</strong><br />
diente, wurde wahrgenommene Nützlichkeit immer in die Untersuchungen einbezogen und<br />
erwies sich hier konsistent als stabile Einflussgröße auf die Nutzungsintention (z.B. Wirtz,<br />
Ullrich & Mory, 2011; Chau & Hu, 2002; Chismar & Wiley-Patton, 2002; Aurich & Hamel,<br />
2001). Demnach ist die Absicht <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>, eine e-<strong>Health</strong>-Applikation zu nutzen, umso<br />
größer, je größer sie die Nützlichkeit dieses Systems bewerten. Zudem führte eine hohe<br />
Nützlichkeitsbewertung in einer Studie (Wirtz, Ullrich & Mory, 2011) auch dazu, dass sich die<br />
Einstellung zur Technologie verbesserte, so dass auch auf diese Weise eine höhere<br />
Nutzungsintention erreicht werden konnte.<br />
Diese Schlussfolgerung ist evident, aber wirft auch weitere Fragen auf, da das Konstrukt <strong>der</strong><br />
wahrgenommenen Nützlichkeit sehr allgemein und abstrakt gehalten ist, ähnlich wie die<br />
Variable Zufriedenheit, die bei Aubert & Hamel (2001) ebenfalls eingesetzt wurde. Für eine<br />
29
Theoretische Grundlagen<br />
konkrete Systemeinführung ist aber vielmehr <strong>von</strong> Belang, woher diese<br />
Nützlichkeitsbewertung kommt, d.h. <strong>von</strong> welchen Faktoren sie wie<strong>der</strong>um beeinflusst wird.<br />
In den klassischen Modellüberprüfungen zeigte sich ein signifikanter Einfluss <strong>der</strong><br />
Bedienbarkeit auf die wahrgenommene Nützlichkeit (Venkatesh, 2000). Subjektive Normen<br />
und Image wirkten ebenfalls nachweislich auf die wahrgenommene Nützlichkeit (Venkatesh<br />
& Bala, 2008). Diese Variablen werden unten weiter erläutert.<br />
Bedienbarkeit<br />
Die Bedienbarkeit einer Technologie ist eine zweite zentrale Variable, <strong>der</strong> laut TAM 1, TAM 2<br />
und TAM 3 auf die Nutzungsintention, gleichzeitig aber auch auf die wahrgenommene<br />
Nützlichkeit wirken soll. Bei Venkatesh (2000) konnten die Grundannahmen des TAM zum<br />
Einfluss <strong>der</strong> Bedienbarkeit auf diese Variablen verifiziert werden. Demgegenüber zeigten sich<br />
in den Untersuchungen im Bereich e-<strong>Health</strong> nicht immer eindeutige Ergebnisse. Bei Chau &<br />
Hu (2002) sowie bei Chismar & Wiley-Patton (2007) spielte die Bedienbarkeit <strong>der</strong><br />
Technologie keine Rolle bei <strong>der</strong> Nutzungsintention. Bei Aubert & Hamel (2001) sowie bei<br />
Wirtz, Ullrich & Mory (2011) konnte hingegen ein Zusammenhang sowohl zur<br />
wahrgenommenen Nützlichkeit als auch zur Nutzungsintention festgestellt werden.<br />
Auch Bedienbarkeit lässt sich als eine Variable kennzeichnen, die sehr global gefasst ist und<br />
<strong>aus</strong> verschiedenen Komponenten, möglicherweise konträr wirkenden Faktoren bestehen<br />
könnte. Daher wirken wahrscheinlich eine Reihe interner und externer Variablen auf die<br />
subjektive Einschätzung <strong>der</strong> Bedienbarkeit ein, was für die Variation <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
verantwortlich ist. Aufgrund dessen müssen die Einflussfaktoren auf die Bedienbarkeit<br />
genauer betrachtet werden.<br />
In den klassischen Untersuchungen zur TAM wurden folgende signifikante Einflussvariablen<br />
auf die Bedienbarkeit beschrieben: Kompetenzerwartung bzgl. Computern (Venkatesh, 2000;<br />
Venkatesh & Bala, 2008), Angst vor Computern (Venkatesh, 2000; Venkatesh & Bala, 2008),<br />
Vergnügen bei <strong>der</strong> Nutzung (Venkatesh, 2000; Venkatesh & Bala, 2008), und erwartete<br />
externe Kontrolle (Venkatesh, 2000; Venkatesh & Bala, 2008). In den hier betrachteten<br />
Untersuchungen wurden die Kompatibilität, die Bedienungsfähigkeit und die<br />
Kontrollierbarkeit als Einflussfaktoren bestätigt (Wirtz, Ullrich & Mory, 2011).<br />
Bedienungsfähigkeit wird in dieser Untersuchung als eine Variable definiert, die sich <strong>aus</strong><br />
intuitiver sowie klarer und verständlicher Steuerung und leichter Erlernbarkeit<br />
zusammensetzt.<br />
Performance expectancy / output quality<br />
30
Theoretische Grundlagen<br />
Performance expectancy wurde als zentrale Variable für das UTAUT formuliert. Sie meint<br />
den Wahrscheinlichkeitsgrad, mit dem erwartet wird, dass eine bestimmte Technik o<strong>der</strong><br />
Technologie sie bei <strong>der</strong> Ausführung ihrer Arbeitsaufgaben unterstützt. Diese Variable besitzt<br />
Elemente <strong>der</strong> vorangegangenen Variablen Nützlichkeit und Bedienbarkeit, ist aber mehr auf<br />
die Passung <strong>von</strong> Technologie und Arbeitsaufgabe <strong>aus</strong>gerichtet. Laut Modellannahme und<br />
unter empirischer Prüfung durch Venkatesh et al. (2003) hat performance expectancy einen<br />
direkten Einfluss auf die Nutzungsintention, vermittelt durch Alter und Geschlecht. Im TAM 3<br />
wird die Variable output quality genannt.<br />
Im Bereich e-<strong>Health</strong> ließen sich in den hier berücksichtigten Untersuchungen konträre<br />
Ergebnisse zu performance expectancy finden. Bei Kijsanayotin, Pannarunothai & Speedie<br />
(2009) sowie bei Nuq (2012) zeigte sich ein signifikanter Einfluss auf die Nutzungsintention.<br />
Bei Wirtz, Ullrich & Mory (2011) wurde konform zum hier genutzten Modell ein indirekter<br />
Einfluss auf die Nutzungsintention durch die direkte Wirkung auf die wahrgenommene<br />
Nützlichkeit nachgewiesen. Als weitere, in eine ähnliche Richtung gehende Variablen wurden<br />
<strong>von</strong> den Autoren die wahrgenommene Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Technologie sowie das Kosten-<br />
Nutzen-Verhältnis berücksichtigt; hier fanden sich ähnlich signifikante Ergebnisse wie zur<br />
performance expectancy. Demgegenüber war <strong>der</strong> Einfluss <strong>von</strong> performance expectancy bei<br />
Schaper & Pervan (2007) nicht signifikant.<br />
Zu output quality fanden sich zwei Untersuchungen, die einen signifikanten Einfluss<br />
nachweisen konnten (Chismar & Wiley-Patton, 2002; Aubert & Hamel, 2001).<br />
Generelle Aussagen zur Wirkungsweise dieses Faktors im Bereich e-<strong>Health</strong> stehen demnach<br />
noch <strong>aus</strong>.<br />
Effort expectancy<br />
Auch effort expectancy ist ebenfalls eine <strong>aus</strong> dem UTAUT stammende Variable. Sie meint<br />
den Grad an Erleichterung, die eine Person bei <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Technik empfindet. Damit<br />
wird vor allem ein Faktor <strong>der</strong> Passung <strong>von</strong> Mensch und Technik beschrieben. Laut Modell<br />
wird ein signifikanter Einfluss auf die Nutzungsintention vermutet, vermittelt durch die<br />
Mo<strong>der</strong>atorvariablen Erfahrung und Freiwilligkeit.<br />
In den Untersuchungen zu TAM im e-<strong>Health</strong>-Bereich konnten die Modellannahmen gestützt<br />
werden (Kijsanayotin, Pannarunothai & Speedie, 2009; Schaper & Pervan, 2007).<br />
Freiwilligkeit und Erfahrung<br />
31
Theoretische Grundlagen<br />
Die Variablen Freiwilligkeit und Erfahrung gehören zu den Mo<strong>der</strong>atorvariablen, die laut<br />
UTAUT einen wichtigen indirekten Beitrag zur Nutzungsintention liefern, indem sie effort<br />
expectancy, social influence und unterstützende Bedingungen beeinflussen (Venkatesh et<br />
al., 2003): Je höher <strong>der</strong> Grad an Freiwilligkeit, mit <strong>der</strong> die Technologie eingesetzt werden<br />
kann, und je geringer die Erfahrung <strong>der</strong> betreffenden Person, desto wichtiger wird <strong>der</strong> Grad<br />
an Erleichterung, <strong>der</strong> im Umgang mit <strong>der</strong> Technologie verspürt wird, für die<br />
Nutzungsintention. Je freiwilliger die Nutzung ist und je geringer die Erfahrung, desto<br />
wichtiger wird die Bedeutung <strong>von</strong> social influence. Bei Personen mit geringerer Erfahrung<br />
werden auch die facilitating conditions, d.h. die unterstützenden Umweltbedingungen,<br />
beson<strong>der</strong>s wichtig, wenn es darum geht, eine neue Technologie <strong>aus</strong>zuprobieren.<br />
Im TAM 3 wirken die beiden Variablen ebenfalls über den Faktor subjektive Normen, <strong>der</strong> sich<br />
in vielen Punkten mit dem Faktor social influence deckt, auf die wahrgenommene<br />
Nützlichkeit sowie auf die Nutzungsintention ein (Venkatesh & Bala, 2008). Darüber hin<strong>aus</strong><br />
wurden in diesem Modell noch einige an<strong>der</strong>e Variablen definiert, die Varianten <strong>der</strong><br />
subjektiven Erfahrung und Einstellung beinhalten, wie z.B. computer self efficacy, computer<br />
anxiety und computer playfulness.<br />
In den Untersuchungen zu TAM im Bereich e-<strong>Health</strong> wurden Freiwilligkeit und Erfahrung nur<br />
selten berücksichtigt. Nuq (2012) bezog die fachliche Erfahrung <strong>der</strong> Teilnehmer<br />
(medizinische Kenntnisse und Ausbildung) in die Untersuchung mit ein, diese ließ sich als<br />
signifikanter Einflussfaktor bestätigen. Variablen <strong>der</strong> Erfahrung mit dem Computer o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Technik flossen nicht mit ein. Möglicherweise wurde bei <strong>der</strong> Zielgruppe <strong>der</strong> Ärzte bzw. dem<br />
medizinischen Fachpersonal eine hohe Expertise im Umgang mit <strong>der</strong> Technik vor<strong>aus</strong>gesetzt.<br />
Freiwilligkeit wurde nur <strong>von</strong> Aubert & Hamel (2001) sowie <strong>von</strong> Kijsanayotin, Pannarunothai &<br />
Speedie (2009) explizit einbezogen und als signifikanter Einfluss verifiziert. Der Grund für die<br />
Nichtberücksichtigung liegt vermutlich darin, dass im Bereich e-<strong>Health</strong> vor allem<br />
Technologien untersucht werden, die späterhin obligatorisch und flächendeckend eingesetzt<br />
werden sollen.<br />
Social influence / subjektive Normen<br />
Subjektive Norm meint im Rahmen des TAM 3 die persönliche Wahrnehmung<br />
gesellschaftlicher, sozialer und individueller Vorgaben und die Bereitschaft des einzelnen,<br />
diese wahrgenommenen Normen umzusetzen (Venkatesh & Bala, 2008, S. 277). Dieser<br />
Begriff ist ähnlich <strong>der</strong> im UTAUT definierten Variable social influence, d.h. <strong>der</strong> Grad, in dem<br />
32
Theoretische Grundlagen<br />
eine Person annimmt, dass bedeutende Personen des sozialen Umfeldes die Nutzung <strong>der</strong><br />
neuen Technologie erwarten (siehe Abschnitt 2.2.1).<br />
Bei Venkatesh & Bala (2008) ließ sich ein signifikanter Effekt subjektiver Normen auf die<br />
wahrgenommene Nützlichkeit nachweisen. Zudem interagieren diese mit <strong>der</strong> Freiwilligkeit<br />
<strong>der</strong> Nutzung, und fungieren demnach als indirekter Einflussfaktor auf die Nutzungsintention.<br />
Das heißt, subjektive Normen kommen in einer Person vor allem dann zum Tragen, wenn sie<br />
freiwillig entscheiden kann / soll, eine neue Technologie einzusetzen. Ist die Einführung einer<br />
Technologie dagegen obligatorisch, spielen subjektive Normen eine untergeordnete Rolle.<br />
Diese ambivalente Rolle wurde in den einschlägigen Studien ebenfalls deutlich. In zwei<br />
Untersuchungen wurden signifikante Beziehungen zur Nutzungsintention bestätigt (Wirtz,<br />
Ullrich & Mory, 2011; Kijsanayotin, Pannarunothai & Speedie, 2009). In den an<strong>der</strong>en<br />
Untersuchungen, die diese Variable berücksichtigt hatten, blieb social influence bzw.<br />
subjektive Normen ohne signifikanten Einfluss (Nuq, 2012; Schaper & Pervan, 2007; Chau &<br />
Hu, 2002; Chismar & Wiley-Patton, 2002). Die Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung wurde in diesen<br />
Untersuchungen allerdings nicht mit dieser Variable in Bezug gesetzt, so dass nicht geklärt<br />
ist, ob die unterschiedlichen Ergebnisse darauf o<strong>der</strong> auf eine an<strong>der</strong>e Mo<strong>der</strong>atorvariable<br />
zurückzuführen sind.<br />
Image<br />
Die Variable Image wurde im TAM 2 neu aufgenommen und meint die Erwartung einer<br />
Person, durch die Nutzung einer neuen Technologie den eigenen sozialen Status zu festigen<br />
o<strong>der</strong> erhöhen (Venkatesh & Bala, 2008). Damit zählt diese Variable zu denjenigen <strong>aus</strong> dem<br />
Modell, die als extrinsische Motivatoren bezeichnet werden, also als Faktoren, die "<strong>von</strong><br />
außen" an Personen in Form spezifischer Belohnungen wirken (Hsu & Lin, 2008). In<br />
Venkatesh & Balas (2008) Modell sollte Image über die Beziehung zur subjektiven<br />
Nützlichkeit die Nutzungsintention indirekt positiv beeinflussen.<br />
Image wurde nur in wenigen Untersuchungen zur Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> einbezogen. Die<br />
Ergebnisse hierzu sind wi<strong>der</strong>sprüchlich: Chismar & Wiley-Patton (2007) fanden keinen<br />
signifikanten Einfluss, bei Aubert & Hamel (2001) ließ sich ein signifikanter Einfluss<br />
feststellen. Weitere Untersuchungen zu dieser Variable stehen noch <strong>aus</strong>.<br />
Kompatibilität<br />
Kompatibilität meint die Passung <strong>der</strong> Technologie zur Arbeitsaufgabe. Fragen <strong>der</strong> Passung<br />
<strong>von</strong> Person, Aufgabe bzw. Organisation und Technologie wurden in den<br />
Technologieakzeptanzmodellen bisher eher vernachlässigt (Ammenwerth, Iller & Mahler,<br />
33
Theoretische Grundlagen<br />
2006). In einigen Untersuchungen zu e-<strong>Health</strong> wurde sie jedoch einbezogen. Kompatibilität<br />
zeigte sich als signifikanter Einflussfaktor auf die Bedienbarkeit und damit indirekt auf die<br />
Nutzungsintention <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> (Wirtz, Ullrich & Mory, 2011). Auch in an<strong>der</strong>en Untersuchungen<br />
(Schaper & Pervan, 2007; Chau & Hu, 2002; Aubert & Hamel, 2001) zeigten sich direkte und<br />
indirekte Beziehungen zur Nutzungsintention. Damit ist Kompatibilität ein bedeutsamer<br />
zusätzlicher Faktor, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Akzeptanz neuer e-<strong>Health</strong>-Technologien nicht vernachlässigt<br />
werden sollte.<br />
Kontrolle<br />
Der Faktor Kontrolle ist in den verschiedenen Versionen des TAM nicht explizit aufgeführt,<br />
son<strong>der</strong>n in an<strong>der</strong>en Variablen enthalten. So wurde dieser bei Venkatesh (2000, S. 346)<br />
perceptions <strong>of</strong> external control genannt und unter die Variable erleichternde Bedingungen<br />
(facilitating conditions) gefasst.<br />
Wahrgenommene Kontrolle scheint insbeson<strong>der</strong>e für die Zielgruppe <strong>der</strong> Ärzte ein wichtiges<br />
Thema zu sein, da das Gefühl des Kontrollverlustes, beispielsweise über Patientendaten, ein<br />
mögliches Hin<strong>der</strong>nis bei <strong>der</strong> Akzeptanz bilden kann (Boonstra & Broekhuis, 2010). In zwei<br />
Untersuchungen konnte wahrgenommene Kontrolle als signifikanter Einflussfaktor auf die<br />
Nutzungsintention bestätigt werden (Wirtz, Ullrich & Mory, 2011; Chau & Hu, 2002). Bei<br />
Wirtz, Ullrich & Mory (2011) wirkte sie hierbei indirekt über die Beeinflussung <strong>der</strong><br />
wahrgenommenen Nützlichkeit <strong>der</strong> Technologie.<br />
Facilitating conditions<br />
Facilitating conditions (erleichternde Bedingungen) meint die subjektive Wahrnehmung einer<br />
Person, durch organisationale und technische Rahmenbedingungen bei <strong>der</strong> Techniknutzung<br />
unterstützt zu werden. Sie wird im UTAUT als eigener Faktor eingeführt, <strong>der</strong> direkt auf die<br />
Techniknutzung wirken soll. Allerdings zeigte bereits Venkatesh (2000) einen signifikanten<br />
Einfluss <strong>der</strong> erleichternden Bedingungen auf die Bedienbarkeit, <strong>der</strong> sich im Zuge <strong>der</strong><br />
Einarbeitung in die neue Technologie vergrößerte.<br />
In den einschlägigen Untersuchungen im Bereich e-<strong>Health</strong> wurden <strong>von</strong> den Autoren<br />
verschiedene Möglichkeiten erleichtern<strong>der</strong> Rahmenbedingungen einbezogen und empirisch<br />
geprüft. Beispielsweise konnten unterstützende Informationen als positiver Einfluss auf die<br />
Nutzungsintention bestätigt werden (Aubert & Hamel, 2001). Auch unterstützende politische<br />
Entscheidungen und Richtlinien erwiesen sich als signifikanter positiver Einfluss (Nuq, 2012).<br />
Zum Einbezug <strong>der</strong> Nutzer in die Umsetzung wurden dagegen konträre Ergebnisse erzielt.<br />
Bei Aubert & Hamel (2001) zeigten sich günstige Wirkungen, bei Wirtz, Ullrich & Mory (2011)<br />
34
Theoretische Grundlagen<br />
hingegen konnte kein signifikanter Einfluss auf die Bedienbarkeit festgestellt werden. Damit<br />
bleibt dieser Faktor noch ungeklärt; weitere Variablen wie etwa technische Unterstützung<br />
o<strong>der</strong> Unterstützung durch das Management blieben bei den Untersuchungen unerwähnt.<br />
Einstellung<br />
Die Einstellung zur Technologie wird nur im klassischen TAM <strong>von</strong> Davies (1989) als<br />
modellrelevante Variable aufgeführt, hier ist sie <strong>der</strong> Nutzungsintention vorgeschaltet und soll<br />
diese günstig beeinflussen. Nur wenige Untersuchungen maßen die Einstellung, und es<br />
wurden keine konformen Ergebnisse erreicht. Während Wirtz, Ullrich & Mory (2011) die<br />
Einstellung zur Nutzung <strong>der</strong> Technologie analog dem klassischen TAM konstruiert hatten und<br />
dort signifikant positive Einflüsse feststellten, zeigten sich bei Schaper & Pervan (2007) keine<br />
nachweislichen Effekte. Diese Autoren nutzten die Variable Einstellung zu Computern als<br />
unabhängige Variable.<br />
Zusammenfassung und Implikation für die Untersuchung<br />
Im vorangegangenen Abschnitt wurden sieben Studien vorgestellt, bei denen auf <strong>der</strong><br />
Grundlage <strong>von</strong> TAM die Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Anwendungen empirisch geprüft worden<br />
sind. Zwölf <strong>der</strong> in den Studien berücksichtigten Variablen wurden geson<strong>der</strong>t vorgestellt und<br />
die Ergebnisse <strong>der</strong> Analysen zusammengefasst. Die Variablen wurden unterschiedlich<br />
intensiv beforscht, und die Ergebnisse sind nur in manchen Fällen eindeutig. Am<br />
eindeutigsten scheint <strong>der</strong> Zusammenhang <strong>von</strong> wahrgenommener Nützlichkeit und<br />
Nutzungsintention zu sein, während die Bedienbarkeit einer e-<strong>Health</strong>-Anwendung nicht<br />
immer einen signifikanten Einfluss auf die Nutzungsintention zeigte und damit als<br />
schwächere Variable bewertet werden kann. Auch für die Leistungserwartung (Performance<br />
expectancy, output quality) ließen sich überwiegend signifikante Beziehungen zur<br />
Nutzungsintention nachweisen. Die konträren Ergebnisse sind möglicherweise auch in<br />
Zusammenhang damit zu sehen, dass unterschiedliche Produkte und Anwendungen<br />
beforscht worden sind. Effort expectancy und performance expectancy sind ähnlich wie<br />
Kompatibilität Variablen, die die Passung im System Mensch - Technik - Aufgabe<br />
beschreiben. Diese Variablen haben womöglich einen größeren Einfluss auf die Akzeptanz<br />
neuer Technologien als bislang angenommen (vgl. Ammenwerth, Iller & Mahler, 2006). Auch<br />
wenn nicht in allen Untersuchungen signifikante Einflüsse dieser Variablen nachgewiesen<br />
wurden, kann dies als ein weiterer Fingerzeig angesehen werden, dass künftige<br />
Untersuchungen die Variablen <strong>der</strong> Passung nicht vernachlässigen sollten.<br />
Gleiches gilt für die Variable wahrgenommene Kontrolle, die insbeson<strong>der</strong>e im Bereich <strong>der</strong> e-<br />
<strong>Health</strong>-Anwendungen Bedeutung gewinnt, da sie Themen wie Datenschutz berührt.<br />
35
Theoretische Grundlagen<br />
Sozialpsychologische Variablen wie Image und social influence wurden nicht immer in die<br />
Untersuchungen einbezogen und haben teils wi<strong>der</strong>sprüchliche Ergebnisse erzielt.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e da die Implementierung neuer Technologien häufig unter dem Focus <strong>von</strong><br />
Machbarkeit und Finanzierung evaluiert wird (Fitterer, Mettler & Rohner, 2009), sollten diese<br />
"weichen" Faktoren nicht <strong>aus</strong> dem Auge gelassen werden.<br />
Erleichternde Bedingungen zur Nutzung spielen nicht nur in den analysierten empirischen<br />
Untersuchungen eine Rolle, son<strong>der</strong>n sie werden in vielen an<strong>der</strong>en Studien (siehe Abschnitt<br />
2.1) angemahnt. Der Focus liegt hier zumeist auf <strong>der</strong> Aufklärung, <strong>der</strong> Information sowie dem<br />
Angebot <strong>von</strong> Schulungen und Trainings. Der Einbezug <strong>der</strong> Stakehol<strong>der</strong> in den<br />
Implementierungsprozess wurde bisher nur selten untersucht, wohl weil hier nur wenige<br />
Praxisbeispiele vorliegen. Ob die Partizipation positiv zur Nutzerakzeptanz beiträgt, ist<br />
allerdings ein Aspekt, <strong>der</strong> für künftige Untersuchungen lohnenswert zu beachten ist.<br />
Erfahrung wird selten in die Untersuchungen einbezogen, obwohl schon frühere<br />
Untersuchungen die Erfahrung mit <strong>der</strong> Technik ebenso wie die Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung als<br />
wesentliche Mo<strong>der</strong>atorvariablen nachgewiesen haben (Venkatesh & Bala, 2008; Venkatesh<br />
et al., 2003). Allerdings wird bei <strong>der</strong> Zielgruppe häufig eine hohe Medien- und<br />
Technikkompetenz vor<strong>aus</strong>gesetzt, wodurch wahrscheinlich die Variable <strong>der</strong> Erfahrung<br />
vernachlässigt wurde. Auch die Bedienbarkeit <strong>der</strong> Technologie ebenso wie verwandte<br />
Variablen wurden womöglich <strong>aus</strong> diesem Grund in den Untersuchungen vernachlässigt o<strong>der</strong><br />
stellten sich als nicht signifikante Einflüsse her<strong>aus</strong>. Die Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Technik<br />
wird möglicherweise in den Untersuchungen deshalb so selten berücksichtigt, weil es <strong>of</strong>t um<br />
obligatorische Anwendungen geht. Da im TAM die Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung viele an<strong>der</strong>e<br />
Variablen im System beeinflusst, ist die Freiwilligkeit als Faktor im Bereich e-<strong>Health</strong> dann zu<br />
berücksichtigen, wenn es um die Anwendung nicht obligatorischer Funktionen geht.<br />
Insgesamt sind mehrere Variablen für künftige Untersuchungen zum TAM im Bereich e-<br />
<strong>Health</strong> interessant. Dazu zählen neben den sozialpsychologischen Variablen image und<br />
social influence vor allem die Faktoren <strong>der</strong> Kompatibilität <strong>von</strong> Mensch, Aufgabe und<br />
Technologie, die Faktoren <strong>der</strong> unterstützenden Bedingungen, insbeson<strong>der</strong>e die Partizipation<br />
<strong>der</strong> Zielgruppe am Implementierungsprozess, die wahrgenommene Kontrolle und die Frage<br />
<strong>der</strong> freiwilligen Nutzung.<br />
2.2.4 Qualitative Untersuchungen in <strong>der</strong> Akzeptanzforschung<br />
Das TAM und seine Erweiterungen enthalten Aussagen über eindeutige Beziehungen<br />
zwischen mehreren Variablen. Aufgrund dessen wurden auf dieser theoretischen Grundlage<br />
36
Theoretische Grundlagen<br />
überwiegend Studien durchgeführt, die dieses Modell quantitativ-statistisch testen. Daneben<br />
existieren aber auch qualitative Studien.<br />
In diesem Abschnitt sollen diese qualitativen Studien kurz vorgestellt werden, wobei <strong>der</strong><br />
Focus darauf liegt, <strong>aus</strong> welchen Gründen dieser Ansatz gewählt und welche Methodik<br />
genutzt wurde.<br />
Die bereits in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellte Studie <strong>von</strong> Nuq (2012) vereinigte<br />
einen qualitativen und einen statistischen Teil. Die gesamte Untersuchung ist als<br />
Explorationsstudie angelegt. Der qualitative Teil wurde dem quantitativen Teil vorangestellt,<br />
da wenig über den Bereich e-<strong>Health</strong> in Entwicklungslän<strong>der</strong>n bekannt ist, so dass neue<br />
Probleme und Schwerpunkte erst entdeckt werden sollten. Beide Teile sollten dazu dienen,<br />
das theoretische Modell (hier: UTAUT) für einen neuen Forschungsbereich (Akzeptanz <strong>von</strong><br />
e-<strong>Health</strong> bei medizinischem Personal in Entwicklungslän<strong>der</strong>n) weiterzuentwickeln und ggf.<br />
alternative Variablen einzufügen. Der qualitative Ansatz bietet sich dafür an (siehe Abschnitt<br />
3.1). Zur Umsetzung wurde <strong>von</strong> <strong>der</strong> Autorin ein Leitfaden für Befragungen entwickelt, <strong>der</strong><br />
<strong>of</strong>fene, wenig strukturierte Fragen enthielt, die nicht nach einem theoretischen Modell<br />
formuliert worden sind (Nuq, 2012). Als methodische Basis diente die Grounded Theory<br />
(Glaser & Str<strong>aus</strong>s, 1998). Die Fragen richteten sich insbeson<strong>der</strong>e auf die Situation des<br />
Gesundheitswesens in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n. Die halbstrukturierten Interviews wurden<br />
mit Gesundheitsexperten in fünf Län<strong>der</strong>n geführt. Die Auswertung erfolgte durch einen<br />
mehrstufigen Abstraktionsprozess, in dem <strong>der</strong> Text verdichtet und auf bestimmte<br />
Kernprobleme reduziert wurde. Diese wurden je in einem Kurztext sowie einem Schaubild<br />
festgehalten und teilweise nach Häufigkeiten <strong>aus</strong>gewertet. Die Ergebnisse gingen in die<br />
Entwicklung neuer Variablen für das Untersuchungsmodell des zweiten Teils ein.<br />
Eine ähnliche Zielstellung verfolgte Gururajan (2007) in seiner Untersuchung zur Akzeptanz<br />
<strong>von</strong> Netztechnologie in privaten und staatlichen Gesundheitszentren in Indien. Der Autor<br />
wollte den qualitativen und quantitativen Ansatz verbinden, indem er den Beson<strong>der</strong>heiten<br />
des indischen Gesundheitswesens Rechnung zollte. Die qualitative Untersuchung sollte bei<br />
<strong>der</strong> Adaption des Untersuchungsmodells an die Gegebenheiten vor Ort helfen. Gleichzeitig<br />
sollte die Passung einer parallelen qualitativen und quantitativen Methodik geprüft werden.<br />
Es wurden Interviewleitfäden auf <strong>der</strong> Basis einer Literaturrecherche entwickelt und Interviews<br />
mit 30 <strong>Ärzten</strong> geführt, die sich durch ihre Erfahrungshintergründe und ihre Arbeitsplätze<br />
unterschieden. Die transkribierten Interviews wurden einer qualitativen Inhaltsanalyse (vgl.<br />
Mayring, 2000) unterzogen und Themen extrahiert, die für die Entwicklung <strong>der</strong> Fragebögen<br />
<strong>der</strong> nachfolgenden quantitativen Befragung genutzt wurden.<br />
37
Theoretische Grundlagen<br />
Das TAM nutzte eine Untersuchung <strong>von</strong> Faja & Likcani (2006) zu einem spezifischen Thema<br />
des e-<strong>Health</strong>: Der Wahrnehmung vertrauensbilden<strong>der</strong> Bias auf Beratungswebseiten zur<br />
psychischen Gesundheit. Dazu wurden 28 Studierende und Gesundheitsexperten gebeten,<br />
<strong>aus</strong>gewählte Webseiten danach einzuschätzen, wie viel Vertrauen sie als potentielle Nutzer<br />
in diese Webseite hätten und auf welche Informationen sie dies zurückführten. Die<br />
Ergebnisse wurden einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen, wobei allgemeine Kriterien<br />
zur Vertrauenswürdigkeit <strong>von</strong> Webseiten als unterstützende theoretische Grundlage<br />
herangezogen wurden. Die Studie fußte aufgrund <strong>der</strong> Neuheit <strong>der</strong> Fragestellung und <strong>der</strong><br />
fehlenden Studienlage auf qualitativer Methodik. Aus den Ergebnissen erstellten die Autoren<br />
einen Kriterienkatalog <strong>der</strong> Akzeptanz <strong>von</strong> Beratungswebseiten zur psychischen Gesundheit.<br />
Karsh, Escoto, Beasley & Holden (2006) führten anonymisierte Diskussionen mit zwei<br />
Focusgruppen (H<strong>aus</strong>ärzte und medizinische Assistenten) zum Thema <strong>von</strong> Nutzen und<br />
Grenzen <strong>von</strong> Fehlermeldungssystemen durch. Die per Telefonkonferenz durchgeführten<br />
Diskussionen wurden aufgezeichnet, transkribiert und in ein Kategoriensystem überführt,<br />
welches auf Kompatibilität mit drei Theorien <strong>der</strong> Passung <strong>von</strong> Person, Organisation und<br />
Technik, u.a. das TAM, geprüft wurde.<br />
Boddy et al. (2009) nutzten den qualitativen Ansatz, um ein theoretisches Modell <strong>von</strong><br />
notwendigen Managementmaßnahmen zur Begleitung <strong>von</strong> Implementierungsmaßnahmen zu<br />
e-<strong>Health</strong>-Applikationen zu entwickeln. Hierfür wurden schottische Gesundheitsexperten und<br />
Manager in semistrukturierten Interviews befragt. Die Interviews wurden transkribiert und auf<br />
den Grundlagen <strong>der</strong> qualitativen Inhaltsanalyse kodiert, zusammengefasst und thematisch<br />
geordnet.<br />
Weiterhin wurde die qualitative Methodik auch zur Evaluation spezifischer e-<strong>Health</strong>-<br />
Anwendungen genutzt, so etwa bei MacFarlane et al. (2011) in <strong>der</strong> Überprüfung des Nutzens<br />
eines <strong>von</strong> <strong>der</strong> Europäischen Union geför<strong>der</strong>ten Pilotprojekts (e-<strong>Health</strong> Implementation<br />
Toolkit; "e-HIT"). Hierbei wurden auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Grounded Theory (Glaser & Str<strong>aus</strong>s,<br />
1998) <strong>of</strong>fene Interviews geführt, <strong>der</strong>en Fragen im Verlaufe des Datenerhebungsprozesses<br />
bei Bedarf und durch die Kenntnisse <strong>der</strong> vorangegangenen Interviews weiter angepasst<br />
worden sind. Die qualitative Methodik wurde gewählt, um den Lebenswelten <strong>der</strong><br />
Interviewpartner (Gesundheitsexperten, Teilnehmer des EU-Netzwerkes) näher zu sein und<br />
sich den jeweiligen Landesgegebenheiten (die Erhebung wurde in vier Län<strong>der</strong>n Nordeuropas<br />
durchgeführt) besser anpassen zu können.<br />
38
Theoretische Grundlagen<br />
Eine qualitative Evaluation auf Län<strong>der</strong>ebene führten Rozenblum et al. (2011) durch, um den<br />
Erfolg <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> elektronischen Patientenakte in Kanada zu überprüfen. Dazu<br />
wurden wichtige Entscheidungsträger und Stakehol<strong>der</strong> im System interviewt und die<br />
Interviews transkribiert und verdichtet, um wichtige Themen zu extrahieren. Methodische<br />
Grundlage war wie<strong>der</strong> die Grounded Theory (Glaser & Str<strong>aus</strong>s, 1998). Der qualitative Ansatz<br />
wurde gewählt, weil keine repräsentative Stichprobe untersucht werden sollte, son<strong>der</strong>n weil<br />
analog einer Fallstudie <strong>aus</strong>gewählte Verantwortliche <strong>aus</strong> je unterschiedlichem Kontext als<br />
Repräsentanten an <strong>der</strong> Untersuchung teilnahmen.<br />
Die hier vorgestellten qualitativen Studien zu e-<strong>Health</strong> sind nicht vollständig, son<strong>der</strong>n stellen<br />
einen nach <strong>der</strong> Repräsentativität <strong>von</strong> Thema und Methodik <strong>aus</strong>gewählten Teil <strong>der</strong><br />
Veröffentlichungen zu diesem Thema dar. Es wurden vor allem aktuelle Studien <strong>aus</strong>gewählt,<br />
um den Forschungsstand wi<strong>der</strong>zuspiegeln. Es sollten die Beson<strong>der</strong>heiten qualitativer<br />
Studien zu e-<strong>Health</strong> und bedeutsame Gründe, weswegen dieser Ansatz genutzt wurde,<br />
aufgeführt werden.<br />
Der qualitative Ansatz wurde demnach gewählt, wenn die Fragestellung in einem relativ<br />
neuen, wenig beforschten Gegenstandsbereich verortet wurde, so dass im Zuge des<br />
Forschungsprozesses <strong>der</strong> Focus auf Hypothesenbildung, nicht Hypothesenprüfung lag (Nuq,<br />
2012; Faja & Likcani, 2006). Der qualitative Ansatz erwies sich dann als günstig, wenn<br />
vorhandene theoretische Modelle angepasst werden sollten, u.a. zum Beispiel an<br />
Län<strong>der</strong>spezifika (Nuq, 2012; Gururajan, 2007), o<strong>der</strong> an ein noch wenig beforschtes Thema<br />
(Karsh, Escoto, Beasley & Holden, 2006). Weiters wurden Evaluationen auf <strong>der</strong> qualitativen<br />
Methodik aufgebaut (MacFarlane et al., 2011; Rozenblum et al., 2011). Der qualitative Ansatz<br />
kam zudem zum Einsatz, wenn die Stichprobe nicht nach den Maßstäben <strong>der</strong><br />
Repräsentativität, son<strong>der</strong>n als Fallstudie her<strong>aus</strong>ragen<strong>der</strong> Stakehol<strong>der</strong> <strong>aus</strong>gewählt wurde<br />
(Rozenblum et al., 2011; Karsh, Escoto, Beasley & Holden, 2006; Gururajan, 2007). Letztlich<br />
empfahl sich die qualitative Methodik auch dann, wenn sensible Themen (z.B. medizinische<br />
Fehlerberichte) näher untersucht werden sollten, bei denen die Gefahr <strong>von</strong> Antworten nach<br />
<strong>der</strong> sozialen Erwünschtheit gegeben war (Karsh, Escoto, Beasley & Holden, 2006). Die<br />
qualitative Vorgehensweise erbrachte das Vertrauen, das notwendig war, um bei diesem<br />
Thema "in die Tiefe" zu gehen.<br />
In fast allen Fällen <strong>der</strong> <strong>aus</strong>gewählten Studien wurden Befragungen mit halbstrukturierten<br />
Interviews durchgeführt, die <strong>of</strong>fen o<strong>der</strong> problem-/zielorientiert formuliert (Gururajan, 2007),<br />
o<strong>der</strong> durch theoretische Modelle getragen wurden (Nuq, 2012; Karsh, Escoto, Beasley &<br />
Holden, 2006; Faja & Likcani, 2006). Die Fragen wurden teilweise im Forschungsprozess<br />
39
Theoretische Grundlagen<br />
neu angepasst (MacFarlane et al., 2011). Die Auswertung erfolgte <strong>of</strong>fen-hypothesenbildend<br />
auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Grounded Theory (Nuq, 2012; Rozenblum et al., 2011), theoriegeleitet<br />
(Karsh, Escoto, Beasley & Holden, 2006; Faja & Likcani, 2006) und / o<strong>der</strong><br />
zusammenfassend-inhaltsanalytisch (Gururajan, 2011; Boddy et al., 2009).<br />
Einige, aber nicht alle Untersuchungen beziehen sich auf das TAM. Bei Karsh, Escoto,<br />
Beasley & Holden (2006) wurden die qualitativen Kategorien auf Kompatibilität mit dem TAM<br />
geprüft. Im Ergebnis ließen sich Belege für folgende Faktoren finden: subjektive Nützlichkeit<br />
(Fehlermeldungen zur Prävention), result demonstrability, Feedback, Information,<br />
Bedienbarkeit (v.a. zeitliche Begrenztheit <strong>der</strong> Meldung), Image, social influence,<br />
unterstützende Faktoren sowie politische, kulturelle und soziale Rahmenbedingungen.<br />
Im nächsten Kapitel wird die Vorgehensweise <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung begründet,<br />
daraufhin werden die wichtigsten Prinzipien <strong>der</strong> qualitativen Forschung erläutert und das<br />
methodische Vorgehen <strong>der</strong> Untersuchung beschrieben.<br />
40
3 Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
3.1 Begründung <strong>der</strong> Methodenwahl<br />
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
Für die vorliegende Untersuchung wurden <strong>der</strong> Ansatz <strong>der</strong> qualitativen Forschung sowie die<br />
Methodik des qualitativen Interviews <strong>aus</strong>gewählt. Im folgenden Text wird <strong>der</strong> qualitative<br />
Ansatz kurz beschrieben und begründet, weshalb die Zielstellung <strong>der</strong> Untersuchung mit<br />
diesem Ansatz realisiert werden soll.<br />
In <strong>der</strong> empirischen Sozialforschung werden zwei grundlegende methodische Richtungen<br />
unterschieden: quantitative und qualitative Untersuchungsmethoden. Lamnek (1993) hat<br />
diese beiden Forschungsmethoden bzgl. verschiedener Aspekte gegenübergestellt. Die<br />
quantitativen Methoden erheben den Anspruch, objektiv zu sein. Zur Auswertung des<br />
erhobenen Datenmaterials werden statistische Verfahren angewandt, die ein relativ hohes<br />
Messniveau verlangen, was zu einem relativ schematischem, starren Vorgehen führt. Daher<br />
wird quantitativen Verfahren eine gewisse Distanz zum Forschungsgegenstand und<br />
Datenferne zugeschrieben. Ziel <strong>der</strong> quantitativen Methodik ist es, Unterschiede aufzudecken<br />
und Theorien zu überprüfen. Der qualitative Forschungsansatz hingegen erhebt den<br />
Anspruch, subjektiv und interpretativ zu sein, um die Nähe zum Datenmaterial zu<br />
gewährleisten. Die angewendeten Verfahren sind dynamisch-prozessorientiert, erfor<strong>der</strong>n ein<br />
niedriges Messniveau und ermöglichen somit ein flexibles Vorgehen. Beispielsweise werden<br />
nichtstandardisierte Interviews und Verhaltensbeobachtungen angewandt. Qualitative<br />
Verfahren haben zum Ziel, Gemeinsamkeiten aufzudecken und Hypothesen zu entwickeln.<br />
Zum klassischen Bereich <strong>der</strong> qualitativen Forschung zählt die Theoriebildung; hier kommen<br />
vor allem <strong>of</strong>fene Verfahren zur Anwendung, z. B. die Grounded Theory (Glaser & Str<strong>aus</strong>s,<br />
1998). Ebenso kommen qualitative Analysen in Pilotstudien zum Einsatz, da es auch hier<br />
darum geht, einen Gegenstandsbereich <strong>of</strong>fen zu erkunden, sowie Kategorien und<br />
Instrumente zur späteren Erhebung und Auswertung zu konstruieren (Mayring, 2000).<br />
Typischerweise werden qualitative Verfahren auch dann angewendet, wenn sich die<br />
Problemstellung durch eine Vielzahl komplexer Variablen <strong>aus</strong>zeichnet, die sich (noch)<br />
schwer vereinfachen lässt o<strong>der</strong> die in dieser Komplexität abgebildet werden soll, z.B. bei <strong>der</strong><br />
Analyse sozialer Lebenswelten.<br />
Im Folgenden soll die Methodik auf die Zielstellungen <strong>der</strong> Untersuchung angewandt werden.<br />
41
Zu Problemstellung 1:<br />
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
Z 1.1: Erstellung eines Überblicks über Akzeptanzuntersuchungen im Bereich e-<br />
<strong>Health</strong> mit Schwerpunkt TAM und Charakterisierung methodischer Schwerpunkte.<br />
Z 1.2: Identifizierung <strong>der</strong> empirisch untersuchten Einflussgrößen auf die<br />
Nutzerakzeptanz und Ableitung potentiell relevanter Variablen für die<br />
Untersuchung.<br />
Diese Zielstellung <strong>der</strong> Untersuchung wurde durch eine umfassende Literaturrecherche und<br />
-analyse im Abschnitt 2.2 realisiert. Dazu wurden die relevanten fachspezifischen<br />
Suchfunktionen <strong>von</strong> Pubmed sowie Medline genutzt (Suchbegriffe: "TAM"; "e-<strong>Health</strong>";<br />
"acceptance"; "qualitative study"). Daneben wurden auch die fachspezifischen Google-<br />
Suchfunktionen ("google books", "google scholar") verwendet, um Studien zu ermitteln, die<br />
womöglich nicht in Fachjournalen veröffentlicht worden sind. Weiterhin wurden die<br />
gefundenen Arbeiten nach Anhaltspunkten auf noch unbekannte Untersuchungen gelesen,<br />
die es zu berücksichtigen galt. Um eine hohe Aktualität zu gewährleisten, wurden nur<br />
Arbeiten ab 2001 berücksichtigt. Die so gefundenen Arbeiten wurden nach ihren<br />
theoretischen Grundlagen, <strong>der</strong> Zielgruppe, <strong>der</strong> Technologie, den berücksichtigten Variablen<br />
und den Ergebnissen strukturiert (Kapitel 2.2.2) und die Einflussfaktoren geson<strong>der</strong>t nach<br />
ihrer Berücksichtigung in den Arbeiten, <strong>der</strong> theoretischen Fundierung und den Ergebnissen<br />
zusammengefasst (Kapitel 2.2.3). Dar<strong>aus</strong> konnten Empfehlungen für den Einbezug <strong>von</strong><br />
Variablen in die weitere Untersuchung abgeleitet werden.<br />
Um den methodischen Aspekt noch besser zu beleuchten, wurden Beispiele für aktuelle<br />
qualitative Studien im Bereich e-<strong>Health</strong> aufgeführt und Gründe für die Wahl dieser Methodik<br />
zusammengefasst.<br />
Zu Problemstellung 2:<br />
Z 2.1: Untersuchung <strong>der</strong> Akzeptanz und des Nutzungsverhalten <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Funktionen bei nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong>.<br />
Z 2.2: Identifizierung <strong>von</strong> Einflussgrößen auf die Akzeptanz und das<br />
Nutzungsverhalten bei nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong>.<br />
Zur Realisierung dieser Zielstellung sollte eine qualitative Untersuchung in Form einer<br />
Befragung <strong>von</strong> <strong>aus</strong>gewählten <strong>Ärzten</strong> und Standesvertretern vorgenommen werden. Es<br />
42
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
wurde ein Interviewleitfaden erstellt, <strong>der</strong> die Grundlage für halbstrukturierte,<br />
problemorientierte Interviews war. Die Interviews wurden transkribiert, kodiert und nach den<br />
Kriterien <strong>der</strong> qualitativen Inhaltsanalyse <strong>aus</strong>gewertet.<br />
In den vorangegangenen Abschnitten wurde verdeutlicht, dass in den vorhandenen<br />
Untersuchungen zu e-<strong>Health</strong>, die das TAM nutzten, die quantitative Methodik im Vor<strong>der</strong>grund<br />
stand. Der Grund dafür liegt in <strong>der</strong> guten Operationalisierung des theoretischen Modells, das<br />
bereits für Akzeptanzuntersuchungen <strong>von</strong> einer Vielzahl an<strong>der</strong>er neuen Technologien seit<br />
den 90er Jahren eingesetzt wurde. Dass dennoch die qualitative Methodik vorgezogen<br />
wurde, liegt an den Beson<strong>der</strong>heiten, die mit den Zielstellungen dieser Studie verbunden sind.<br />
Zum Gegenstand dieser Studie, die Akzeptanz und das Nutzungsverhalten <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Funktionen bei nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> zu untersuchen, liegen bisher keine vergleichbaren<br />
Untersuchungen vor, da sich viele Studien auf an<strong>der</strong>e Systeme, z.B. die elektronische<br />
Gesundheitskarte o<strong>der</strong> die elektronische Patientenakte, konzentrieren. Eine Applikation<br />
dieser Studien auf den neuen Gegenstand wäre zwar möglich, es könnten dadurch aber<br />
auch neuartige und beson<strong>der</strong>e Aspekte vernachlässigt werden. Insbeson<strong>der</strong>e die qualitative<br />
Forschung erhebt den Anspruch, in neuartigen Forschungsfel<strong>der</strong>n eingesetzt werden zu<br />
können, weil sie auf Hypothesenbildung statt Hypothesenprüfung setzt (Glaser & Str<strong>aus</strong>s,<br />
1998). Einige <strong>der</strong> vorhandenen qualitativen Studien in diesem Bereich wurden <strong>aus</strong> dem<br />
gleichen Grund realisiert, es kam dadurch zu einer Anpassung und Neuformulierung<br />
theoretischer Modelle (z.B. Nuq, 2012).<br />
Ein zweiter Grund für die Wahl <strong>der</strong> qualitativen Methodik stellt die Auswahl <strong>der</strong> Stichprobe<br />
dar. Während die quantitative Methodik Wahrscheinlichkeits<strong>aus</strong>sagen im Rückschluss <strong>von</strong><br />
einer möglichst repräsentativen Stichprobe auf die Grundgesamtheit macht, werden in <strong>der</strong><br />
qualitativen Forschung häufig wenige, für den Forschungskontext beson<strong>der</strong>s wichtige<br />
Repräsentanten untersucht, um damit im Rahmen <strong>von</strong> Fallstudien komplexere<br />
Zusammenhänge deutlich zu machen (Lamnek, 1995). Bei <strong>der</strong> Untersuchung einiger<br />
weniger Fälle kommt die flexible, dynamische Vorgehensweise <strong>der</strong> qualitativen Forschung<br />
zum Tragen. So wurde dieses Vorgehen bei Rozenblum et al. (2011) und Gururajan (2007)<br />
gewählt, in dem wenige Standesvertreter ihre <strong>Sicht</strong>weise darstellten.<br />
In ähnlicher Form sollte dies auch in <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung geschehen. Es sollten<br />
neben <strong>aus</strong>gewählten <strong>Ärzten</strong> eine Reihe <strong>von</strong> Funktionären <strong>der</strong> Ärztekammer für<br />
Oberösterreich interviewt werden. Die Ärztekammer für OÖ ist ein genossenschaftlich<br />
geführter Dienstleistungsbetrieb zur Vertretung <strong>der</strong> beruflichen und wirtschaftlichen<br />
Interessen und Überwachung <strong>der</strong> Berufsethik <strong>der</strong> oberösterreichischen Ärzte, die<br />
43
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
Eigentümer dieses Dienstleistungsbetriebes sind. Die gewählten Funktionäre sind die<br />
entscheidungsberechtigten Eigentümervertreter (AEKOOE Leitbild, 2012). Aufgrund des<br />
Einzelfallcharakters dieser Personen sollte eine dynamische Anpassung <strong>der</strong> Fragen an die<br />
Untersuchungsteilnehmer vorgenommen werden. Die Personen sollten Raum erhalten, die<br />
mit dem Untersuchungsgegenstand verbundenen Probleme, Ideen und Lösungsvorschläge<br />
frei vorzutragen. Dies wird dem komplexen Charakter <strong>der</strong> Problematik und den<br />
Untersuchungsteilnehmern, die als Entschei<strong>der</strong> einen großen Überblick über den<br />
Problembereich besitzen dürften, am ehesten gerecht.<br />
Zu Problemstellung 3:<br />
Z 3.1: Erarbeitung eines Modells <strong>von</strong> Einflussgrößen auf die Akzeptanz und die<br />
Nutzungsintention auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Untersuchung und dem theoretischen<br />
Modell (TAM).<br />
Z 3.2: Erarbeitung <strong>von</strong> Empfehlungen zur Einflussnahme auf bzw. Verän<strong>der</strong>ung <strong>von</strong><br />
diesen Faktoren zur Verbesserung <strong>von</strong> Akzeptanz und Nutzungsintention.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> theoriebildende Impetus <strong>der</strong> qualitativen Forschung ist für diese<br />
Zielstellung <strong>der</strong> Arbeit relevant. Die theoretische Grundlage des TAM und seine Variablen<br />
sollten als Anhaltspunkte für die Auswertung dienen. Daneben sollte die Daten<strong>aus</strong>wertung,<br />
die mit den Schrittfolgen <strong>der</strong> qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring, 2000) erfolgt, auch neue,<br />
bisher unbekannte Variablen berücksichtigen. Im Ergebnis wurde ein Modell <strong>von</strong><br />
Einflussfaktoren auf die Akzeptanz erstellt.<br />
Die Empfehlungen zur Verän<strong>der</strong>ung <strong>von</strong> Einflussfaktoren zur Verbesserung <strong>der</strong> Akzeptanz<br />
wurden auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Ergebnisdaten erstellt. Hiermit wurde dem Postulat <strong>der</strong><br />
qualitativen Forschung auf gesellschaftliche Relevanz Rechnung getragen (Glaser &<br />
Str<strong>aus</strong>s, 1998). Wie in <strong>der</strong> Einleitung bereits <strong>aus</strong>geführt, handelt es sich bei <strong>der</strong> Einführung<br />
<strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Funktionen um ein breit und konträr diskutiertes, wesentliches<br />
gesellschaftliches Phänomen, zu <strong>der</strong> diese Untersuchung einen Beitrag leisten kann.<br />
3.2 Die Auswahl <strong>der</strong> Stichprobe<br />
Die Stichprobe sollte eine breite Auswahl <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> beinhalten, die sich sowohl in <strong>der</strong><br />
praktischen als auch in <strong>der</strong> Funktionärstätigkeit mit e-<strong>Health</strong> <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>gesetzt haben.<br />
Aufgrund dessen wurde die Stichprobe so <strong>aus</strong>gewählt, dass sowohl verschiedene<br />
Standesvertreter und Zuständige im Bereich e-<strong>Health</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ als auch<br />
44
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
praktische Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen in städtischen Praxen sowie in<br />
Landpraxen berücksichtigt wurden. Auch Wahlärzte, Gruppenpraxen und Son<strong>der</strong>fächer<br />
wurden in die Auswahl <strong>der</strong> Stichproben aufgenommen. Es wurden insgesamt dreizehn<br />
Interviews geführt. Die Namen und Funktionen bzw. Arbeitsbereiche <strong>der</strong> Interviewpartner<br />
sowie <strong>der</strong> Zeitpunkt <strong>der</strong> Datenerhebung sind in Tabelle 2 aufgeführt.<br />
Tabelle 2: Tätigkeiten und Funktionen <strong>der</strong> Interviewpartner<br />
Interview-<br />
partner Nr.<br />
Tätigkeit und Funktion Interview<br />
Ärztekammer für OÖ<br />
Datum<br />
1 Präsident <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ; Oberarzt für Pathologie 27.7.2012<br />
2 Leiter <strong>der</strong> Abteilung Vertragsarztstellen & IT <strong>der</strong> Ärztekammer für<br />
OÖ; Ansprechpartner für e-<strong>Health</strong> Fragen<br />
Nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte Stadt<br />
3 Arzt für Allgemeinmedizin;<br />
1.Vizepräsident <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ; Bezirksärztevertreter;<br />
Sektionsobmann-Stellvertreter Ärzte für Allgemeinmedizin<br />
4 Arzt für Allgemeinmedizin;<br />
Bis 2011: 2.Vizepräsident <strong>der</strong> AEKOOE; bis 2011: Kurienobmann<br />
<strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte OÖ; Pilotteilnehmer e-Medikation<br />
Nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte Land<br />
5 Arzt für Allgemeinmedizin;<br />
Kurienobmann Stellvertreter <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte OÖ,<br />
Bezirksärztevertreter<br />
6 Arzt für Allgemeinmedizin, Praxis inkl. H<strong>aus</strong>apotheke;<br />
Referent für Landärzte; 2. Kurienobmann Stellvertreter <strong>der</strong><br />
nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte OÖ<br />
16.7.2012<br />
10.7.2012<br />
8.8.2012<br />
19.7.2012<br />
12.7.2012<br />
7 Arzt für Allgemeinmedizin, Gruppenpraxis; 24.7.2012<br />
Fachärzte<br />
8 Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe;<br />
2.Vizepräsident <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ;<br />
Kurienobmann <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte OÖ;<br />
16.7.2012<br />
45
Fachgruppenobmann Frauenheilkunde und Geburtshilfe<br />
9 Facharzt für Innere Medizin;<br />
Bis 2003: Fachgruppenobmann Innere Medizin<br />
10 Fachärztin für Radiologie;<br />
Vorsitzende <strong>der</strong> Fachgruppe Private Krankenanstalten und<br />
Kurbetriebe<br />
11 Facharzt für med.- und chem. Labordiagnostik;<br />
Finanzreferent <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ; Referent für<br />
Qualitätssicherung im Labor; Fachgruppenobmann medizinische<br />
und chemische Labordiagnostik<br />
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
23.7.2012<br />
23.7.2012<br />
16.08.2012<br />
12 Fachärztin für med.- und chem. Labordiagnostik; 22.08.2012<br />
Wahlarzt<br />
13 Ärztin für Allgemeinmedizin;<br />
Bezirksärztevertreterin; Referentin für Wahlärzte und<br />
Wohnsitzärzte<br />
9.7.2012<br />
Die Tätigkeiten und Funktionen sind ein Auszug und erheben keinen Anspruch auf<br />
Vollständigkeit.<br />
3.3 Die Datenerhebung<br />
Für die Datenerhebung wurde die Interviewform des problemzentrierten Interviews (Witzel,<br />
1982) gewählt.<br />
Das problemzentrierte Interview zählt zu den qualitativen Interviewverfahren. Innerhalb <strong>der</strong><br />
qualitativen Befragungstechniken werden zwei grundlegende Typen nach ihrer<br />
Standardisierungsform unterschieden: Offene Interviews sind solche, bei denen auf einen<br />
Fragenkatalog weitgehend verzichtet wird und <strong>der</strong> Interviewpartner das Thema und dessen<br />
Ausgestaltung weitgehend bestimmt, während teilstrukturierte o<strong>der</strong> teilstandardisierte<br />
Interviews ein Oberbegriff für verschiedene Interviewformen bildet, bei denen Themen,<br />
Fragen o<strong>der</strong> Gesprächsleitfäden vom Forscher zumindest im Groben vorgegeben werden<br />
(Hopf, 1995).<br />
Beim teilstrukturierten Interview werden die Fragen für einen Leitfaden vorab entwickelt. Die<br />
Fragen werden im Unterschied zu quantitativen Befragungen <strong>of</strong>fen formuliert (Hopf, 1995).<br />
Zudem unterscheidet es sich <strong>von</strong> an<strong>der</strong>en Befragungsmethoden dadurch, dass es in seinem<br />
Ablauf nicht festgelegt ist. Auf diese Weise soll eine Prädetermination durch den Forscher<br />
46
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
vermieden werden, da keine vorab formulierten Konzepte an die Interviewpartner<br />
herangetragen werden. Diesem bleiben mehr Freiheiten beim Einbringen eigener Themen<br />
und Schwerpunkte.<br />
Zu den teilstrukturierten Interviews zählen Struktur- o<strong>der</strong> Dilemma-Interviews, klinische<br />
Interviews, biographische Interviews o<strong>der</strong> problemzentrierte Interviews (Hopf, 1995). Das<br />
problemzentrierte Interview enthält sowohl Elemente des leitfadenorientierten Interviews und<br />
als auch des <strong>of</strong>fenen, narrativen Interviews (Hopf, 1995). Das heißt, es existiert eine Bindung<br />
an ein spezifisches Thema bzw. ein vorgegebenes Problem, zu dem ein knapper Leitfaden<br />
entwickelt wird. Gleichzeitig werden den Befragten weitreichende Freiheiten eingeräumt, sich<br />
zu dem Thema auch über den Leitfaden hin<strong>aus</strong> zu äußern und <strong>of</strong>fen zu berichten (Witzel,<br />
1982). Lamnek (1995) beschreibt folgende Merkmale des problemzentrierten Interviews:<br />
Ebenso wie an<strong>der</strong>e qualitative Interviewformen werde die Perspektive <strong>der</strong> Interviewten<br />
berücksichtigt, Offenheit, Flexibilität und Prozesshaftigkeit im Vorgehen sei gegeben. Im<br />
Gegensatz zu an<strong>der</strong>en qualitativen Interviewformen beruhe das problemzentrierte Interview<br />
allerdings auf einem theoretischen Konzept, die Fragen des Interviewers seien daher<br />
zielorientiert formuliert. Das problemorientierte Interview kann sowohl zur Generierung als<br />
auch zur Prüfung <strong>von</strong> Hypothesen herangezogen werden (Lamnek, 1995).<br />
Für den in <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit intendierten Untersuchungsgegenstand ist <strong>der</strong> qualitative<br />
Ansatz relevant, weil das Thema e-<strong>Health</strong> in Arztpraxen sehr komplexe Zusammenhänge<br />
berührt. Zudem ist es bislang noch wenig beforscht, so dass hypothesengenerierende<br />
Verfahren hierzu eine größere Bedeutung besitzen als hypothesenprüfende Verfahren. Die<br />
Bedeutungsschwerpunkte <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte sollen anhand <strong>der</strong> subjektiven<br />
<strong>Sicht</strong>weisen <strong>der</strong> Forschungssubjekte nachvollzogen werden. Die problemzentrierte<br />
Interviewform wurde <strong>aus</strong>gewählt, da sie sowohl themenbezogene, zielführende und<br />
theoriebasierte Elemente als auch <strong>of</strong>fene und flexible Elemente enthält, was den<br />
Fragestellungen entgegenkommt.<br />
Aus den Fragestellungen wurden nun diejenigen Fragen abgeleitet, die Inhalt des<br />
Interviewleitfadens werden sollten. Aufgrund <strong>der</strong> gewählten Untersuchungsmethodik wurden<br />
<strong>of</strong>fene Fragen formuliert, d. h. es wurden keine Antwortkategorien vorgegeben. Die Fragen<br />
wurden in mehrere Teilbereiche unterglie<strong>der</strong>t. Zum einen wurde eine Unterteilung in Ist-<br />
Zustand, künftige Anfor<strong>der</strong>ungen und Maßnahmen, Initiativen und Verbesserungen<br />
vorgenommen. Zum an<strong>der</strong>en wurden die Fragen zum Ist-Zustand nach Faktoren des TAM<br />
geordnet, um die Aufstellung eines eigenen Modells nach dem Vorbild des TAM, so es die<br />
Antworten <strong>der</strong> Interviewpartner zulassen, zu ermöglichen. Es wurden zwei verschiedene<br />
47
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
Versionen des Leitfadens entwickelt: Ein Leitfaden, <strong>der</strong> sich auf persönliche Erfahrungen mit<br />
e-<strong>Health</strong> bezieht und für die praktizierenden nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte (siehe Tabelle 2)<br />
formuliert war, und einen zweiten Leitfaden, bei dem die gleichen Fragen verwendet wurden,<br />
die aber für die beiden Vertreter <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ umformuliert wurden.<br />
Im Anhang sind die Fragen <strong>der</strong> beiden Leitfäden sowie die wichtigsten Faktoren des TAM,<br />
die diese Fragen berühren können, aufgeführt.<br />
Die Interviewpartner wurden per E-Mail über das Thema und den Zweck <strong>der</strong> Arbeit<br />
vorinformiert, danach wurden die Gesprächstermine vereinbart. Dieses Anschreiben ist<br />
ebenfalls im Anhang aufgeführt.<br />
Vor Beginn des Interviews wurden das Thema, <strong>der</strong> Ablauf des Interviews und die weitere<br />
Verwendung <strong>der</strong> Daten erläutert. Der Interviewpartner wurde darauf hingewiesen, dass das<br />
Gespräch vollständig aufgezeichnet und transkribiert wird. Die Aufzeichnung erfolgte nach<br />
dem Einverständnis des Gesprächspartners elektronisch mit dem digitalen Diktiergerät<br />
Olympus DS-5000. Der Autor machte sich dann, wenn notwendig, zusätzlich schriftliche<br />
Aufzeichnungen, um bei Bedarf Antworten zu hinterfragen und zu vertiefen. Ein<br />
Interviewpartner wünschte keine elektronische Aufzeichnung. In diesem Fall wurden vom<br />
Autor gesprächsbegleitend handschriftliche Notizen gemacht, die anschließend in einen<br />
standardsprachlichen Text umgeformt wurden. Für die Transkription <strong>der</strong> elektronischen<br />
Aufzeichnungen wurde die S<strong>of</strong>tware DSS Player Pro <strong>von</strong> Olympus verwendet. Anschließend<br />
erfolgte durch den Autor eine erste Überarbeitung des Originaltextes, indem nicht relevante<br />
Passagen gestrichen und die <strong>of</strong>t in <strong>der</strong> Alltagssprache verwendeten Formulierungen durch<br />
entsprechende standardsprachliche Begriffe ersetzt wurden. Die standardsprachlichen<br />
Dokumente wurden den Interviewpartnern per E-Mail zur Freigabe gesendet und mit <strong>der</strong>en<br />
Einverständnis für diese Arbeit verwendet.<br />
Die geführten Interviews im Wortlaut sind zusammen mit den Beschreibungen <strong>der</strong><br />
Datenerhebung je Interview im Anhang einzusehen.<br />
3.4 Methoden <strong>der</strong> Daten<strong>aus</strong>wertung<br />
Die Auswertung <strong>der</strong> Texte erfolgte nach den Regeln <strong>der</strong> qualitativen Inhaltsanalyse nach<br />
Mayring (2000).<br />
Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2000) versteht sich als eine spezifisch<br />
sozialwissenschaftliche Methode, die sich im Gegensatz zu quantitativen Textanalysen nicht<br />
48
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
allein auf eine mathematische Aufbereitung <strong>der</strong> Texte verlässt, im Gegensatz zu an<strong>der</strong>en<br />
qualitativen Verfahren aber auf eine Systematik <strong>von</strong> Regeln zurückgreift. Das Material wird<br />
im Hinblick auf eine ganz bestimmte Fragestellung analysiert und interpretiert.<br />
Die dabei verwendete regelgeleitete Vorgehensweise lässt sich im Nachhinein <strong>von</strong><br />
Forschern und Lesern nachvollziehen. Die Intention <strong>der</strong> Inhaltsanalyse ist nicht rein<br />
deskriptiver, son<strong>der</strong>n interpretativer Natur, d. h., die Inhaltsanalyse ist eine schlussfolgernde<br />
Methode, sie will Rückschlüsse auf bestimmte Aspekte <strong>der</strong> Kommunikation ziehen.<br />
Mayring (2000) unterscheidet drei Techniken bzw. Grundformen des Interpretierens:<br />
Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung. Die Technik <strong>der</strong> Strukturierung wird <strong>von</strong><br />
dem Autor nochmals unterteilt in formale, inhaltliche, typisierende und skalierende<br />
Strukturierung.<br />
In diesem Abschnitt werden diejenigen inhaltsanalytischen Verfahren, die bei <strong>der</strong> Auswertung<br />
<strong>der</strong> Interviews zur Anwendung kamen, in ihrem Ablauf vorgestellt. Die hier in einzelnen<br />
Auswertungsschritten dargestellten Methodiken sollen allerdings nicht als lineare<br />
Herangehensweise verstanden werden, da innerhalb des Auswertungsprozesses<br />
Rückkopplungen zwischen den einzelnen Schritten möglich waren, so dass eher <strong>von</strong> einem<br />
kreisförmigen Analyseprozess <strong>aus</strong>zugehen ist.<br />
1. Zusammenfassung<br />
Bei einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse wird das sprachliche Material so reduziert,<br />
dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben und durch Abstraktion ein überschaubarer<br />
Corpus entsteht, <strong>der</strong> immer noch Abbild des Grundmaterials ist. In Abbildung 5 sind die<br />
grundlegenden Schritte <strong>der</strong> zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach Mayring (2000) in<br />
einem Ablaufschema zusammengefasst.<br />
49
Abbildung 5: Ablaufmodell <strong>der</strong> zusammenfassenden Inhaltsanalyse<br />
Quelle: Mayring, 2000, S. 60.<br />
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
Dazu wurden zunächst die primären Kodiereinheiten im Text festgelegt, die nur die<br />
wesentlichen Bestandteile des Textes umschreiben (Paraphrasierung). Danach erfolgten<br />
eine Durchsicht aller Paraphrasen und ihre Angleichung auf ein vorher festgelegtes<br />
Abstraktionsniveau. Paraphrasen, die unter diesem Abstraktionsniveau lagen sowie<br />
inhaltsgleiche Paraphrasen wurden im nächsten Schritt weggelassen (Reduktion). Weiterhin<br />
wurden für die Fragestellung unwichtige Paraphrasen gestrichen (Selektion). Im zweiten<br />
Reduzierungsschritt wurden mehrere zusammengehörige Paraphrasen zusammengefasst<br />
und durch eine Aussage wie<strong>der</strong>gegeben (Bündelung, Konstruktion, Integration).<br />
Die ersten Schritte <strong>der</strong> zusammenfassenden Inhaltsanalyse wurden teilweise bereits<br />
während <strong>der</strong> Interviews bzw. kurz nach <strong>der</strong> Transkription in <strong>der</strong> ersten Überarbeitung<br />
durchgeführt, da nur die für die Fragestellung wesentlichen Inhalte aufgeschrieben worden<br />
50
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
sind, bzw. bei <strong>der</strong> Überarbeitung irrelevante Aussagen, Wie<strong>der</strong>holungen und Unwichtiges<br />
weggelassen wurde. Da es sich um problemzentrierte Interviews handelte, wurde bereits im<br />
Vorfeld das Thema bestimmt, um das es bei <strong>der</strong> Inhaltsanalyse gehen sollte, nicht verwandte<br />
Themen wurden als unwichtig für die Aufgabenstellung betrachtet.<br />
Im zweiten Schritt wurden die Interviews so aufbereitet, dass das zusammengefasste<br />
Textmaterial mehreren Kategorien zugeordnet wurde. Die Kategorien waren zum einen vorab<br />
gegeben, da sie <strong>aus</strong> den Faktoren des TAM bestanden, <strong>aus</strong> denen auch einige Fragen für<br />
die problemzentrierten Interviews abgeleitet worden sind. Zum an<strong>der</strong>en sollten aber auch<br />
Ausführungen <strong>der</strong> Interviewten, die nicht den theorienahen Kategorien entsprachen, in<br />
eigene Kategorien gebracht werden. Diese induktive Vorgehensweise hatte den Vorteil, dass<br />
die Inhalte naturalistisch und ohne Verzerrungen durch Vorannahmen abgebildet werden<br />
(Mayring, 2000). Auf diese Weise sollten auch unbekannte Einflussfaktoren auf die<br />
Akzeptanz berücksichtigt werden.<br />
Weiterhin musste überlegt werden, auf welchem Grad <strong>der</strong> Abstraktion die Kategorien<br />
gebildet werden sollten. Da das zu bildende Kategoriensystem sowohl auf einer<br />
theoretischen Grundlage als auch induktiv gebildet wurde, wurde ein mittlerer<br />
Abstraktionsgrad gewählt, <strong>der</strong> sowohl Rückschlüsse auf die Theorie zulässt als auch die<br />
konkreten Probleme und Ideen <strong>der</strong> Interviewten gegenstandsnah abbildet.<br />
Im Ergebnis entstand je Interviewpartner ein Text, in dem die Akzeptanz und<br />
Nutzungsintention jedes Interviewpartners sowie die <strong>von</strong> ihm genannten Einflussfaktoren<br />
beschrieben wurden. Dieser Text hebt die Kategorien bereits her<strong>aus</strong>, bleibt aber dennoch<br />
nahe an den Worten und Bedeutungen des Interviewpartners. Diese Zusammenfassungen<br />
<strong>der</strong> Interviews sind in Abschnitt 4.1 aufgeführt.<br />
2. Inhaltliche Strukturierung<br />
Die inhaltliche Strukturierung <strong>der</strong> Kategorien dient dem Zweck, die wichtigsten Themen,<br />
Inhalte und Aspekte aller Interviews her<strong>aus</strong>zuheben und zu hierarchisieren (Mayring, 2000).<br />
Das heißt, zunächst erfolgte eine Zusammenfassung <strong>der</strong> Kategorien aller Interviews und ihre<br />
Zusammenstellung nach Häufigkeit und nach ihrem Zusammenhang mit an<strong>der</strong>en<br />
Kategorien. Dieses Kategoriensystem über alle Interviews wird in Abschnitt 4.2 dargestellt.<br />
Dabei wurden eine weitere Abstrahierung und eine Formulierung <strong>von</strong> Ober- und<br />
Unterkategorien vorgenommen. Aus diesem Kategoriensystem wurde ein spezifisches<br />
Akzeptanzmodell für e-<strong>Health</strong> bei <strong>Ärzten</strong> erstellt, das sich an den grundlegenden<br />
51
Methodik <strong>der</strong> Untersuchung<br />
Technologie-Akzeptanzmodellen orientiert, aber auch die Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> benannten<br />
Zusammenhänge berücksichtigt. Das Modell wird in Abschnitt 4.3 erläutert.<br />
52
4 Ergebnisdarstellung<br />
4.1 Zusammenfassungen <strong>der</strong> Interviews<br />
Ergebnisdarstellung<br />
4.1.1 Interviewpartner Nr.1: "Man wird kein besserer Arzt, son<strong>der</strong>n es vereinfacht die<br />
Abläufe"<br />
Interviewpartner Nr.1 hat ein grundsätzlich positives Verhältnis zu e-<strong>Health</strong>. Die<br />
Anwendung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> würde aber die Ärzte nicht automatisch besser machen ("Man wird<br />
kein besserer Arzt, son<strong>der</strong>n es vereinfacht die Abläufe", Z 181). In seinem Grundverständnis<br />
sei ein Arzt kein Gesundheitsdiensteanbieter (GDA) ("Ich biete keine Dienste an!", Z 37).<br />
Der Interviewpartner glaubt, dass das Verhältnis <strong>der</strong> Ärzte zur e-<strong>Health</strong> auch ein<br />
Generationenproblem ist, mit zunehmen<strong>der</strong> Gewöhnung an die neuen Funktionalitäten<br />
werde sich das Verhältnis zu e-<strong>Health</strong> verbessern. Er halte die Informationen <strong>der</strong> meisten<br />
Ärzte über e-<strong>Health</strong> für oberflächlich, sie würden die Informationen wahrscheinlich vor allem<br />
über die Kammer, <strong>aus</strong> den Medien und <strong>von</strong> ihrem Provi<strong>der</strong> erhalten.<br />
Der Aust<strong>aus</strong>ch <strong>der</strong> Daten zwischen den <strong>Ärzten</strong> in OÖ funktioniere nach seinem Wissen<br />
recht gut, die Vernetzung könne sich noch verbessern, dann würden auch vorhandene<br />
Lücken noch geschlossen. Der Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch sei nützlich, und in Zukunft würde eine<br />
Praxis ohne e-<strong>Health</strong> nicht mehr funktionieren. Beim Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch sei auf die beson<strong>der</strong>e<br />
Art <strong>der</strong> ärztlichen Daten Rücksicht zu nehmen, <strong>der</strong> Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit GDAs sei dem<br />
untergeordnet: "es [wird] sicherlich Daten geben, die an<strong>der</strong>en GDA’s zugänglich sind. Aber<br />
die wichtigen Daten - die Krankheiten, Anamnesen und diese Dinge betreffen - sind ärztliche<br />
Daten", Z 169-170). Die Ärzteschaft sei seiner Meinung nach den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
gewachsen, da sie <strong>von</strong> Berufs wegen an erhöhte Anfor<strong>der</strong>ungen gewöhnt sei ("unser<br />
Beruf for<strong>der</strong>t viel Motivation und Anstrengung, und da sind sie diesen Dingern sicherlich auch<br />
gewachsen", Z 110-111).<br />
Zu den konkreten e-<strong>Health</strong>-Applikationen kann <strong>der</strong> Interviewpartner wenig Konkretes<br />
beitragen, da er persönlich als Krankenh<strong>aus</strong>arzt wenig Erfahrung im nie<strong>der</strong>gelassenen<br />
Bereich habe. Er nutze lediglich die e-card, sei aber über die Diskussionen bei den <strong>Ärzten</strong><br />
und über die Kammer in die Diskussion um ELGA eingebunden. Die Diskussionen unter<br />
den <strong>Ärzten</strong> über die e-<strong>Health</strong>-Applikationen erlebt er kontrovers, einige meinen, diese<br />
funktionieren gut, an<strong>der</strong>e meinen das Gegenteil.<br />
Der Datenschutz sei seiner Meinung nach in <strong>der</strong> Praxis gegeben, beim Projekt ELGA<br />
müsste aber <strong>der</strong> Datenschutz diskutiert werden.<br />
53
Ergebnisdarstellung<br />
E-<strong>Health</strong>-Applikationen sollten dann eingeführt werden, wenn sie praktikabel und nützlich<br />
sind. Darunter versteht <strong>der</strong> Interviewpartner, dass die Applikationen keine Mehrarbeit<br />
hervorrufen, sowie dass sie die interne Organisation, Diagnosestellung und Therapie<br />
durch die Schnelligkeit verbessern ("dass die Abläufe schneller und die interne Organisation<br />
leichter werden. Dass ich schneller und punktgenauer Zugriff auf die entsprechenden<br />
Patientendaten bekomme und dann auf Basis dieser Informationen die Diagnostik und<br />
Therapie schneller optimieren kann", Z 176-179).<br />
Bei <strong>der</strong> Anwendung stellt <strong>der</strong> Interviewpartner den Nutzen für die Ärzte vor den Nutzen für<br />
die Patienten: "Wenn es für den Arzt ein Vorteil ist, dann wird es für den Patienten auch ein<br />
Vorteil sein. Aber es muss nicht je<strong>der</strong> Vorteil für den Patienten ein Vorteil für den Arzt sein", Z<br />
143-145).<br />
Auch die Kosten seien ein Thema bei <strong>der</strong> Ärztekammer, diese sollten <strong>aus</strong>gewogen sein und<br />
nicht zulasten <strong>der</strong> Ärzte gehen ("Wir schauen uns jedenfalls die Kostenaufteilung sehr genau<br />
an", Z 137). Würde eine Anwendung <strong>von</strong> institutioneller Seite notwendig, müsse diese im<br />
Gegenzug die Mehrkosten tragen ("Wenn man das <strong>von</strong> staatlicher Seite will, hat man auch<br />
die Kosten zu tragen", Z 189). An eine Einschränkung <strong>der</strong> Autonomie <strong>der</strong> Ärzte durch e-<br />
<strong>Health</strong> glaubt <strong>der</strong> Interviewpartner nicht.<br />
Bei <strong>der</strong> Entwicklung neuer Anwendungen sollte die Meinung <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> einfließen, da<br />
auf diese Weise die Praktikabilität gesichert sei. Der Interviewpartner ist sich sicher, dass<br />
die Ärzte motiviert bei Pilotprojekten mitmachen, da ihre Anregungen dann in die<br />
Entwicklung einfließen können. Er würde den <strong>Ärzten</strong> die Teilnahme an Pilotprojekten<br />
empfehlen, wenn die damit entstandene Mehrarbeit und die Kosten abgegolten werden.<br />
Sollten Pilotprojekte negative Ergebnisse bringen, sollten sie nicht implementiert werden.<br />
Er sei gegen eine zwingende Anwendung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>, da sich gute Applikationen <strong>von</strong><br />
selbst durchsetzen würden. Grundsätzlich sei nur eine Opt-in-Lösung möglich.<br />
4.1.2 Interviewpartner Nr.2: "Es geht um eine faire, ehrliche Auseinan<strong>der</strong>setzung mit<br />
Kosten – Nutzen"<br />
Der Interviewpartner meint, dass die Einstellung <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> zu e-<strong>Health</strong> sehr<br />
unterschiedlich sei, verbreitet seien Ängste wegen des Datenschutzes und <strong>der</strong> Kosten.<br />
Der Datenschutz sei in vielen Praxen seitens <strong>der</strong> Ärzte nicht <strong>aus</strong>reichend gesichert. Der<br />
Interviewpartner nennt dazu Beispiele ("Ich bin überzeugt, dass es viele Ordinationen mit<br />
zwei o<strong>der</strong> mehr Behandlungsräumen gibt, die nicht überall ein unterschiedliches Passwort<br />
haben o<strong>der</strong> dass die Mitarbeiter ein unterschiedliches haben. Auch wird in vielen Praxen die<br />
Funktion <strong>der</strong> Sicherung nicht regelmäßig überprüft", Z 146-149). Die Einstellung zu e-<strong>Health</strong><br />
54
Ergebnisdarstellung<br />
sei auch <strong>von</strong> <strong>der</strong> Selbstverständlichkeit im Umgang mit IT abhängig, es sei ein<br />
Generationenproblem, ältere Ärzte hätten eine distanziertere Einstellung dazu als jüngere<br />
Ärzte ("Wenn man 100 Ärzte in Ausbildung o<strong>der</strong> Jungärzte dazu befragt, wird man eine ganz<br />
an<strong>der</strong>e Antwort bekommen, als wenn man 100 Ärzte fragt, die kurz vor <strong>der</strong> Pension stehen",<br />
Z 235-237). Das gleiche gilt auch für eine mögliche Überfor<strong>der</strong>ung mit IT und e-<strong>Health</strong>.<br />
Der Interviewpartner findet den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs sehr nützlich, s<strong>of</strong>ern<br />
auch hier die Zuständigkeiten eingehalten würden. Daten, die das Vertrauensverhältnis<br />
<strong>von</strong> Arzt und Patient berühren, sollten in den Händen <strong>der</strong> Ärzte bleiben. Zudem kann <strong>der</strong><br />
Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch nur dann nützlich sein, wenn er auf einem hohen technischen Niveau<br />
stattfindet.<br />
Die Ärzte seien nach Meinung des Interviewpartners nicht <strong>aus</strong>reichend über e-<strong>Health</strong><br />
informiert. Die Informationen kämen vor allem <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer o<strong>der</strong> <strong>aus</strong> den<br />
Medien, diese Informationen seien häufig verzerrt, d.h. einseitig bzw. politisch motiviert.<br />
Die Erwartungen <strong>der</strong> Ärzte an die S<strong>of</strong>twarefirmen seien <strong>von</strong> diesen kaum zu erfüllen. Eine<br />
wichtige For<strong>der</strong>ung seien niedrige Kosten. So können nur große Firmen S<strong>of</strong>tware<br />
preisgünstig herstellen, dann aber komme es zu einer Monopolisierung, was <strong>von</strong> vielen<br />
<strong>Ärzten</strong> nicht erwünscht sei ("möglichst umfangreiche, einfach zu bedienende Funktionen, die<br />
kaum etwas kosten und keine Monopolisierung <strong>von</strong> wenigen Firmen – das gibt es lei<strong>der</strong><br />
einfach nicht", Z 139-141). Eine Vielzahl <strong>von</strong> S<strong>of</strong>twarefirmen heißt auch eine Vielzahl <strong>von</strong><br />
S<strong>of</strong>tware, die nicht miteinan<strong>der</strong> kompatibel ist. Im Großen und Ganzen seien die Ärzte<br />
aber zufrieden mit den Anbietern.<br />
Der Interviewpartner hat folgende Meinungen zu den konkreten e-<strong>Health</strong>-Applikationen: die<br />
e-card sei nützlich, insbeson<strong>der</strong>e für die Sozialversicherungen und Kassen, die<br />
verpflichtende Einführung sei ein Negativerlebnis für Ärzte hinsichtlich Kosten und<br />
verpflichtende Teilnahme gewesen (siehe unten). Ebenso verpflichtend seien die e-<br />
Abrechnung und die DFÜ-Übertragung <strong>der</strong> Abrechnung, wobei hier ein Schwachpunkt in<br />
<strong>der</strong> fehlenden Bestätigung <strong>der</strong> Übertragung liegt. Der e-Laborbericht sei in Verwendung,<br />
hier wenden die Firmen jedoch nicht internationale Standards an, was die Übertragung<br />
erleichtern würde, gleiche Schwächen werden bei <strong>der</strong> e-Radiologie geäußert. Das e-<br />
Pflegebegleitschreiben sei bisher in OÖ nur als Pilotprojekt verwirklicht. e-AUM sei "eines<br />
<strong>der</strong> wenigen Projekte" (Z 42), das die Zustimmung bei den <strong>Ärzten</strong> gefunden hat aufgrund<br />
des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. ABS habe in OÖ keine große Bedeutung. E-Impfpass<br />
und e-Mutter-Kind-Pass bergen das Problem <strong>der</strong> unterschiedlichen Akteure in diesem<br />
Bereich, auch sei <strong>der</strong> Nutzen nicht vollständig geklärt. Auch <strong>der</strong> Nutzen <strong>von</strong> e-Notfalldaten<br />
sei für den Interviewpartner fraglich. Ähnliche Probleme beim Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch seien beim<br />
Pilotprojekt e-Medikation aufgetreten ("dass je<strong>der</strong> vom An<strong>der</strong>en Daten haben will, die ihm<br />
55
Ergebnisdarstellung<br />
nicht zustehen, speziell zwischen Arzt und Apotheker", Z 321-322), zudem sei Aufwand und<br />
Nutzen nicht <strong>aus</strong>geglichen gewesen. Die e-Überweisung / Einweisung sei als Pilotprojekt<br />
<strong>von</strong> den S<strong>of</strong>twarefirmen <strong>aus</strong> Kostengründen nicht gut umgesetzt worden, es gab<br />
Akzeptanzprobleme unter den <strong>Ärzten</strong>. Der e-Leistungsbericht sei bisher im APIS nicht<br />
<strong>aus</strong>reichend umgesetzt worden, <strong>der</strong> Interviewpartner empfiehlt demgegenüber das Anlegen<br />
<strong>von</strong> Patientenrecords. Das e-Terminmanagement sei nur als eigenständiges Tool<br />
außerhalb <strong>von</strong> APIS erhältlich, hier sieht <strong>der</strong> Interviewpartner Verbesserungspotentiale,<br />
bisher sei kein großer Vorteil gegenüber dem Mehraufwand gegeben (siehe unten). Home<br />
Monitoring sieht <strong>der</strong> Interviewpartner positiv bei bestimmten Erkrankungen und speziell im<br />
ländlichen Raum. Ebenso positiv stellt sich ihm ein zentrales Anbieter- und<br />
Leistungsverzeichnis dar, weil dies auch angefragt werde. Demgegenüber ist er nicht für<br />
ein öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte<br />
Gesundheitsinformationen, weil er den Patienten die Verarbeitung dieser Informationen<br />
nicht zutraut ("weil Patienten vielleicht falsche Schlussfolgerungen <strong>aus</strong> diesen Informationen<br />
ziehen könnten", Z 106-107). Einen klar ablehnenden Standpunkt nimmt <strong>der</strong> Interviewpartner<br />
gegenüber ELGA ein ("rotes Tuch", Z 65). Die Gründe dafür sieht er in einem überhöhten<br />
administrativen Aufwand und Kosten für die Ärzte, <strong>der</strong> verpflichtenden Teilnahme bei<br />
geringem Nutzen und <strong>der</strong> unklaren Rechtssituation.<br />
Die Ärztekammer für OÖ befürworte nach Meinung des Interviewpartners e-<strong>Health</strong>-<br />
Anwendungen und -Entwicklungen, wenn vorab die Kosten-Nutzen-Rechnungen<br />
transparent und ehrlich aufgestellt werden. Es muss eine gerechte Verteilung <strong>der</strong> Kosten<br />
geben: Wenn die Ärzte einen höheren Anteil an Kosten und Lasten zu tragen hätten, müsse<br />
ein Ausgleich geschaffen werden. Er nennt hier das Beispiel e-card, bei dem <strong>der</strong><br />
Hauptnutzen bei an<strong>der</strong>en, die Hauptlast jedoch bei den <strong>Ärzten</strong> lag, dies habe sie "extrem<br />
sensibilisiert" (Z 21) und negativ auf neue Applikationen eingestellt. Die neuen Applikationen<br />
müssen demzufolge für Ärzte nützlich sein.<br />
Die Kriterien für Kosten-Nutzen und Kosten<strong>aus</strong>gleich gelten ebenso für Pilotprojekte. Die<br />
Ärzte und die Ärztekammer in OÖ seien durch<strong>aus</strong> an Innovationen interessiert und <strong>of</strong>fen<br />
("Ich bin <strong>der</strong> Meinung, dass die zukünftigen Anfor<strong>der</strong>ungen und die Notwendigkeit <strong>von</strong> EDV-<br />
Unterstützung den nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> durch<strong>aus</strong> bewusst sind", Z 250-252). Eine<br />
Teilnahme habe den Vorteil des Einbringens eigener Vorstellungen. Es müsse aber eine<br />
unabhängige Evaluierung <strong>von</strong> Pilotprojekten geben, und eine Entscheidung mit den<br />
<strong>Ärzten</strong> gemeinsam über das Rollout.<br />
Nach Meinung des Interviewpartners hat e-<strong>Health</strong> einen großen Nutzen für Patienten. Viele<br />
Ärzte würden diesen Patientennutzen nicht erkennen. Eine Ablehnung patientennützlicher<br />
e-<strong>Health</strong>-Anwendungen durch die Ärzte berge die Gefahr einer Ausweitung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> als<br />
56
Ergebnisdarstellung<br />
Zusatzleistung und damit eine Ausweitung <strong>der</strong> Zwei-Klassen-Medizin ("und <strong>der</strong> Wahlarzt<br />
den Kassenarzt zurückdrängt, weil <strong>der</strong> Wahlarzt Behandlungsnischen besser <strong>aus</strong>nutzt. Die<br />
Industrie stellt ja bereits solche Funktionalitäten her und will sie auch verkaufen, und<br />
Institutionen wie eine Privatversicherung könnten das <strong>aus</strong>nutzen", Z 201-203).<br />
Verbesserungsmöglichkeiten sieht <strong>der</strong> Interviewpartner z.B. bei <strong>der</strong> Standardisierung <strong>der</strong><br />
Daten und Kommunikationswege, die erst die Vor<strong>aus</strong>setzungen für an<strong>der</strong>e Projekte wie<br />
ELGA sind. Weiterhin hält er intelligente, in das APIS integrierte Terminvergabesysteme mit<br />
Vorinformationsmöglichkeiten in Zukunft für nützlich. Auch <strong>der</strong> Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit<br />
an<strong>der</strong>en GDAs sei verbesserungsfähig.<br />
Die mangelnde Akzeptanz durch die Ärzte hat nach Meinung des Interviewpartners damit<br />
zu tun, dass an<strong>der</strong>e Institutionen als die Ärzte über die Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong><br />
entscheiden ("Derzeit wird etwas entwickelt, was die Sozialversicherung, eine<br />
Privatversicherung, <strong>der</strong> Gesetzgeber will - und <strong>der</strong> Arzt soll das dann verwenden o<strong>der</strong> auch<br />
nicht", Z 211-212). Der Nutzen sei dann aber vor allem für die Entschei<strong>der</strong>institutionen<br />
gegeben, nicht für die Ärzte. Neue Applikationen müssen daher einen Nutzen für die Ärzte<br />
haben, sie in ihrer Behandlungstätigkeit unterstützen und nicht behin<strong>der</strong>n ("dass die<br />
Qualität <strong>der</strong> Behandlung darunter nicht leidet", Z 216). Der Grundwi<strong>der</strong>spruch liegt laut<br />
dem Interviewpartner darin, dass e-<strong>Health</strong>-Anwendungen, die einen Nutzen für den Arzt<br />
bringen, kostenintensiv sind, und das Tragen dieser Kosten strittig ist ("Das ist <strong>aus</strong><br />
meiner <strong>Sicht</strong> ja genau die Schere, die da <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>klafft - dass nur wirklich intelligente<br />
Lösungen etwas bringen, die letztlich aber auch etwas kosten und jemand finanzieren<br />
muss", Z 266-268).<br />
Die Zukunft <strong>der</strong> medizinischen Behandlung liege aber bei e-<strong>Health</strong>, da die Qualität <strong>der</strong><br />
Behandlung nur durch neue Anwendungen in Zukunft gehalten o<strong>der</strong> verbessert werden<br />
kann. Die Führung einer Praxis ohne e-<strong>Health</strong> sei nicht mehr möglich, schon aufgrund<br />
<strong>der</strong> verpflichtenden Einführung vieler Funktionen. Zwang bei <strong>der</strong> Einführung <strong>von</strong> neuen<br />
Anwendungen sei jedoch schlechter als die freiwillige Übernahme nützlicher<br />
Anwendungen ("Wenn ich etwas <strong>aus</strong> Überzeugung einführe o<strong>der</strong> verwende, weil es mir<br />
etwas bringt, ist das immer etwas an<strong>der</strong>es als wenn ich muss", Z 226-228). Zu<br />
Kosteneinsparungen werde es in Zukunft durch e-<strong>Health</strong> nicht kommen, es komme auf<br />
die Verteilung <strong>der</strong> Kosten an ("Wenn die Ärzte e-<strong>Health</strong>-Entwicklungen selbst finanzieren<br />
müssen und an<strong>der</strong>e Institutionen nutzen dann den Benefit <strong>von</strong> diesen Tools <strong>aus</strong>, dann haben<br />
diese letztlich etwas gespart, und die Kosten werden einfach nur verschoben", Z 275-277;<br />
"Dann stellt sich wie<strong>der</strong> die Frage, ob zum Vorteil <strong>der</strong> Patienten dem Arzt die Mehrkosten<br />
zugestanden werden?", Z 284-285).<br />
57
Ergebnisdarstellung<br />
Der Gesetzgeber könne die Einführung neuer Applikationen unterstützen, indem er<br />
bindende Standards für bestimmte Tools vorgibt, so dass künftig Entwicklungskosten<br />
eingespart werden können und eine Kompatibilität <strong>der</strong> unterschiedlichen Systeme den<br />
<strong>Ärzten</strong> den Zukauf neuer Tools erleichtert. Das würde auch die zunehmende Abhängigkeit<br />
<strong>der</strong> Ärzte <strong>von</strong> den Zulieferfirmen verringern.<br />
Der Interviewpartner ist für die Zukunft für ein Opt-in <strong>aus</strong> Patientensicht, während er Opt-out<br />
für eine schlechte Lösung hält.<br />
4.1.3 Interviewpartner Nr.3: "Ich glaube, dass e-<strong>Health</strong> ein bisschen überbewertet wird"<br />
Der Interviewpartner verwendet Computer und Internet hauptsächlich beruflich in dem<br />
Ausmaß, wie es notwendig ist. Er hat keinen Spaß bei <strong>der</strong> Nutzung und ist nicht<br />
neugierig auf das Ausprobieren neuer Systeme. Mit dem Internet verbinde er nützliche und<br />
gute Dinge wie medizinische Datenbanken, rasche und kostengünstige Kommunikation<br />
mit Kollegen <strong>aus</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Informationsquellen. Die Einführung <strong>der</strong> IT<br />
beschreibt er als "Quantensprung" (Z 16). Negativ, weil unnütz, für ihn nicht wichtig und<br />
an<strong>der</strong>e Systeme behin<strong>der</strong>nd empfindet er jedoch soziale Netzwerke. Er findet e-<strong>Health</strong><br />
allgemein "ein bisschen überbewertet" (Z 240), wenngleich er weiß, dass die Ärzte in e-<br />
<strong>Health</strong> als "umfassendes System" (Z 245) eingebunden sind. Er selbst fühlt sich eher<br />
gezwungenermaßen involviert ("Ich glaube, ich muss es für bedeutsam halten", Z 244). Er<br />
fühlt sich den neuen Anfor<strong>der</strong>ungen nicht immer gewachsen, seine Kompetenz wachse<br />
bei zunehmen<strong>der</strong> Nutzung. Im Thema EDV sei er wenig bewan<strong>der</strong>t, er setze in seiner Arbeit<br />
als Arzt an<strong>der</strong>e Schwerpunkte.<br />
Der Interviewpartner legt Wert auf die Abgrenzung vom Begriff<br />
Gesundheitsdiensteanbieter, er hingegen sei in seinem Selbstverständnis Arzt, wobei er<br />
seine Meinung auf die Ärzteschaft allgemein bezieht ("Da haben wir ein gewisses<br />
präpotentes Selbstverständnis. Ich möchte nicht subsumiert werden, und wie sich die<br />
An<strong>der</strong>en nennen, ist <strong>der</strong>en Sache, da wollen wir uns nicht einmischen", Z 106-108). Die<br />
Bezeichnung dieses Selbstverständnisses als "präpotent" ist als ironisch zu werten, er nimmt<br />
hiermit wahrscheinlich die Negativbewertungen seitens <strong>der</strong> Gesundheitsinstitutionen auf die<br />
Ärzteschaft vorweg. Bei bestimmten Aussagen nutzt <strong>der</strong> Interviewpartner die "Wir"- statt <strong>der</strong><br />
"Ich"-Form, um seine Meinung nicht als individuell, son<strong>der</strong>n als Teil <strong>der</strong> Meinung <strong>der</strong><br />
Ärzteschaft zu kennzeichnen. Die Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> und GDAs<br />
funktioniere gut, auch für die Urlaubs- und Krankenstandsvertretung sei gesorgt, allerdings<br />
sei dies unabhängig <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> ("Der, <strong>der</strong> mir früher in kurzer Zeit einen schönen Bericht<br />
mit <strong>der</strong> Post geschickt hat, <strong>der</strong> schickt ihn mir jetzt auch elektronisch verlässlich. Die, die<br />
58
Ergebnisdarstellung<br />
schlecht kommunizieren, steuert man mit Patienten weniger an", Z 114-117). Seine Daten<br />
würde er nicht wahllos allen an<strong>der</strong>en GDAs überlassen, son<strong>der</strong>n sie sollten in einem<br />
hierarchischen System integriert sein ("Nichts gegen an<strong>der</strong>e Anbieter, aber z.B. eine<br />
einfache Krankenschwester, die Hilfsdienste vollbringt, die sicher am Patienten wichtig sind,<br />
wird <strong>von</strong> ihrer Ausbildung her mit Informationen nichts anfangen können, die ein Arzt als<br />
wichtig erachtet", Z 365-368).<br />
Der Interviewpartner verwendet sein APIS seit sieben Jahren. Er verwendet es, weil er es<br />
seit Einführung <strong>der</strong> e-card verwenden muss, zuvor basierte sein System auf Karteikarten.<br />
Er könne mit dem System umgehen und sei grundlegend zufrieden. Er käme aber auch<br />
ohne APIS <strong>aus</strong>, auch wenn er mit dem alten System zunächst Zeitverluste hätte ("Ich sage<br />
heute noch ab und zu provokant, 'wenn ich sehr geärgert werde, stelle ich wie<strong>der</strong> auf Kartei<br />
um' “, Z 238-239). Negativ findet er am System die hohen Kosten für neue Hard- und<br />
S<strong>of</strong>tware sowie die hohen Wartungskosten. Zudem habe er das Gefühl, dass er bei den<br />
Kosten vom Anbieter übervorteilt werde ("Umsatzräuber", Z 6; "dass man da ein bisschen<br />
über den Tisch gezogen wird", Z 11). Es könnten auch Verbesserungen angebracht werden,<br />
etwa bei <strong>der</strong> Aktualisierung <strong>von</strong> Daten wie z.B. Adressenlisten <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> o<strong>der</strong><br />
Arzneimittellisten. Hierbei gilt seine Kritik sowohl <strong>der</strong> Anbieterfirma, die für die hohen<br />
Kosten die Wartungsleistungen nicht erfüllt, wie auch dem Hauptverband, <strong>der</strong> die<br />
Arzneimittellisten jetzt viel häufiger aktualisiere ("Früher war das halbjährlich o<strong>der</strong><br />
vierteljährlich und jetzt macht man das monatlich, weil es ja über die EDV eh so praktisch<br />
ist", Z 150-151). Mit dem Support durch die Anwen<strong>der</strong> sei er ebenfalls nicht zufrieden, da<br />
er viel Aufwand bei Defekten habe ("blöde Telefonate", Z 206; "muss teilweise schon ein<br />
bisschen überdeutlich werden", Z 207)<br />
Er fühle sich durch die Standesvertretung gut informiert über e-<strong>Health</strong>, auch die APIS-<br />
Anwen<strong>der</strong> informieren regelmäßig, aufgrund <strong>der</strong> zu hohen Kosten sei er hier vorsichtig, er<br />
würde erst etwas anwenden, wenn es auch <strong>von</strong> Kollegen als "must-have" (Z 187)<br />
empfohlen würde. Auch bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong>-Applikationen sei er vorsichtig<br />
("Da halte ich mich zurück und schaue erst einmal, wie sich die Dinge entwickeln", Z 180).<br />
Mehr Informationen sowie eine stärkere Lobbyarbeit gegen die Wünsche <strong>der</strong> EDV-<br />
Wirtschaft wünsche er sich <strong>von</strong> <strong>der</strong> Gebietskrankenkasse sowie vom EDV-Referat <strong>der</strong><br />
Österreichischen Ärztekammer.<br />
Folgende fünf e-<strong>Health</strong>-Applikationen werden vom Interviewpartner regelmäßig angewandt<br />
und geschätzt: e-Abrechnung, DFÜ-Übertragung <strong>der</strong> Abrechnung, e-Laborbefund, e-AUM<br />
und e-Radiologie. Drei Applikationen verwendet er nicht (e-Pflegebegleitschreiben) o<strong>der</strong> sie<br />
sind noch nicht anwendungsbereit, die <strong>der</strong> Interviewpartner aber nützlich finden würde (e-<br />
59
Ergebnisdarstellung<br />
Notfallsdaten, diese sollten laut seiner Meinung auf <strong>der</strong> e-card gespeichert werden;<br />
Öffentliches Informationssystem; Zentrales Anbieterverzeichnis).<br />
Bei einigen Anwendungen hat er zusätzliche Bemerkungen zu Schwächen im System<br />
gemacht, wie etwa bei <strong>der</strong> e-card, bei <strong>der</strong> er sich zusätzliche Basisinformationen wünscht<br />
(Dienstgeber, Adresse), da dies sonst wie<strong>der</strong>holte Eingaben erfor<strong>der</strong>t, was zu<br />
Zeitverzögerungen führt. Beim e-Arztbrief / e-Befund schätzt er die schnellere<br />
Verschickung, an<strong>der</strong>erseits würden zu viele Informationen versandt, was zu einem<br />
vermehrten Aufwand beim Empfänger führt ("...summiert einfach alles, was an EDV-Daten<br />
vorhanden ist und dieses ganze Paket wird relativ unkritisch und ungeordnet übersendet.<br />
Man kann sich dann seitenweise durchkämpfen, um an wenige wichtige Informationen zu<br />
kommen", Z 55-57).<br />
Bei <strong>der</strong> e-Überweisung funktioniere die Übertragung bei den Spitälern nicht. Home<br />
Monitoring sieht er momentan eher als Zeitfresser in <strong>der</strong> Praxis, wenn er sie <strong>aus</strong>werten<br />
müsse, zudem seien Rechtsfragen dabei noch ungeklärt.<br />
An<strong>der</strong>e Applikationen lehnt er vollständig ab, etwa den e-Mutter-Kind-Pass ("gibt es noch<br />
nicht und bringt auch nichts", Z 83). Stattdessen schlägt er Klebeetiketten für die<br />
Untersuchungen vor. E-Terminmanagement gibt es in seiner Praxis nicht, weil keine<br />
Termine vergeben werden (allgemeinärztliche Praxis); bei Terminabsprachen mit Kollegen<br />
nutze er das Telefon. ELGA sowie e-Medikation bekämpfe er gemeinsam mit den ärztlichen<br />
Standesvertretern ("ELGA in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit geplanten Form bekämpfen wir gerade – sage ich<br />
jetzt als Standespolitiker", Z 75-76).<br />
Er als Arzt möchte nicht zur Anwendung bestimmter Applikationen gezwungen werden<br />
("Allem, was einem übergestülpt wird, steht man <strong>von</strong> vornherein kritisch gegenüber", Z 256-<br />
257). Er könnte sich vorstellen, bei Pilotprojekten mitzumachen, wenn sie für den<br />
Praxisalltag gut wären und nicht zu hohen Aufwand erfor<strong>der</strong>ten. Dies würde seine<br />
Akzeptanz wahrscheinlich steigern. Der Gesetzgeber sollte die Ärzte in Gespräche und<br />
Entscheidungen über das Gesundheitswesen einbeziehen, er habe allerdings den Eindruck,<br />
die Ärzteschaft würde <strong>von</strong> Entscheidungen <strong>aus</strong>gespart und es werde ihr zu viele<br />
Verpflichtungen auferlegt ("Nur bei den <strong>Ärzten</strong> glaubt man immer, man könne uns alles aufs<br />
Auge drücken“, Z 347-348). Die Ärzteschaft würde sich vor zu vielen Verpflichtungen<br />
wehren.<br />
Neue e-<strong>Health</strong>-Applikationen würde er vor allem dann anwenden, wenn sie sinnvoll und<br />
nützlich für die Behandlung <strong>der</strong> Patienten seien sowie dann, wenn alle Stakehol<strong>der</strong><br />
gleichermaßen am Prozess teilnehmen. Dazu zählt er vor allem auch die Patienten. Opt-<br />
out für Patienten lehnt er ab ("Ich kann nicht auf <strong>der</strong> einen Seite sagen wir machen jetzt alles<br />
mit elektronischer Speicherung und an<strong>der</strong>erseits darf ein Patient sagen: 'aber ich mag das<br />
60
Ergebnisdarstellung<br />
nicht o<strong>der</strong> ich mag nur, dass <strong>von</strong> zehn Daten fünf gespeichert werden'. [...] weil das so ein<br />
System unterläuft", Z 259-263).<br />
Die Datensicherheit könne er aufgrund seiner fehlenden Kenntnisse nicht gut beurteilen,<br />
aber er halte die Daten vor dem Zugriff <strong>von</strong> pr<strong>of</strong>essionellen Hackern nicht <strong>aus</strong>reichend<br />
geschützt. Diese müsse aber strikt gegeben sein, wenn alle an e-<strong>Health</strong> teilnehmen, was<br />
er befürworte.<br />
In neuen e-<strong>Health</strong>-Applikationen sieht er vor allem einen vermehrten administrativen<br />
Aufwand durch den Informationsüberfluss ("Datenflut", Z 313) und erhöhte Kosten, die<br />
<strong>von</strong> <strong>der</strong> "EDV-Lobby" (Z 320) angetrieben würden, um Geld zu machen. Einen Nutzen für<br />
Patienten sehe er skeptisch. Die Patienten könnten z.B. <strong>von</strong> Erinnerungsfunktionen an<br />
Termine pr<strong>of</strong>itieren, allerdings würden die erhöhten Kosten im Gesundheitssystem dazu<br />
führen, dass für an<strong>der</strong>es weniger Geld bereitstünde, worunter die Qualität <strong>der</strong> Behandlung<br />
leiden würde.<br />
Der Interviewpartner biete seinen Patienten insbeson<strong>der</strong>e ein Mehr an persönlicher<br />
Zuwendung und persönlichen Gesprächen. Heilen sieht er als eine Kunst, die durch die<br />
Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> gefährdet ist, da in die Autonomie des Arztes, seine Freiheit und<br />
Kreativität eingegriffen werde zugunsten planhaften Vorgehens ("Das ist nicht zuletzt auch<br />
eine philosophische Frage, ob man den Arztberuf noch im Sinne eines Heilers sieht, wobei<br />
Heilen eine Kunst ist, o<strong>der</strong> ob man den Arzt als jemanden sieht, <strong>der</strong> einfach<br />
Behandlungspfade nachvollzieht, <strong>der</strong> ‚state <strong>of</strong> the art‘ handelt. Da wird die individuelle<br />
Wesensart immer mehr unterdrückt. Das mag auf <strong>der</strong> einen Seite Vorteile haben in gewissen<br />
Behandlungsstandards, lässt aber auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite auch für Kunst, Kreativität und<br />
Einfühlungsvermögen keinen Platz", Z 356-361).<br />
Der Interviewpartner meint, dass seine Praxisstruktur keine zusätzlichen e-<strong>Health</strong>-<br />
Applikationen zulasse ("Es kann nicht sein, dass wir noch mehr Service bieten, weil wir uns<br />
eigentlich bei <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Struktur <strong>von</strong> unserem Angebot her <strong>aus</strong>gereizt fühlen", Z 214-<br />
215). Er fände Anfragen <strong>von</strong> Patienten zu bestimmten neuen e-<strong>Health</strong>-Anwendungen<br />
interessant, würde diese aber mit einer Honorarsteigerung verbinden wollen. Er würde sich<br />
gern künftig auch vermehrt mit Kollegen elektronisch <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen, wenn "gewisse<br />
Mindeststandards" (Z 121), etwa des Informationstransfers bei Befunden, eingehalten<br />
würden. Beim Aust<strong>aus</strong>ch mit Kollegen sowie bei Zeiteinsparungen sieht er das positive<br />
Potential zukünftiger e-<strong>Health</strong>-Anwendungen.<br />
61
Ergebnisdarstellung<br />
4.1.4 Interviewpartner Nr.4: "Ich möchte mir das eigentlich als Hilfsmittel bewahren und<br />
nicht <strong>von</strong> oben her etwas aufdrücken lassen"<br />
Der Interviewpartner hat eine positive Einstellung zu e-<strong>Health</strong>, er hält sie für einen<br />
"positiven, zeitgemäßen Zugang zur Gesundheit und Medizin" (Z 4-5). Er beschreibt sich als<br />
einer, <strong>der</strong> "immer am aktuellen Stand <strong>der</strong> Technik" (Z 12) ist und sich die Arbeit ohne<br />
Computer nicht mehr vorstellen könne. Er habe bereits seit 15 Jahren APIS in <strong>der</strong> Praxis,<br />
habe bereits 4-5mal die Hardware und 1mal den Anbieter gewechselt und dabei sehr viel<br />
investiert ("enormes Geld", Z 18). Zudem habe er an <strong>der</strong> Entwicklung <strong>von</strong> Pilot- und<br />
Folgeprodukten für die Firmen teilgenommen. Mit seinem Anbieter ist er sehr zufrieden,<br />
auch mit dem Support, da er immer Hilfe erhalte, dies könne aber auch seine Ursache in<br />
seiner Insi<strong>der</strong>tätigkeit für die Firma haben ("ob das teilweise mit meiner Mithilfe bei<br />
Entwicklungen zusammenhängt, dass es dadurch beson<strong>der</strong>s gut ist, weiß ich nicht, Z 112-<br />
114). Er sei auch neugierig auf neue Produkte und Anwendungen, versuche aber als<br />
Ausgleich für seine ständige Computertätigkeit bei <strong>der</strong> Arbeit auf Computer in <strong>der</strong> Freizeit<br />
zu verzichten.<br />
Er bemängelt aber auch die kritiklose Einstellung an<strong>der</strong>er gegenüber e-<strong>Health</strong>, die<br />
Erwartungen an e-<strong>Health</strong> wären teilweise zu hoch. Diese Einstellung bezieht er im<br />
Gespräch auf den Hauptverband (Erläuterung siehe unten). Informationen erhalte er vor<br />
allem über seine Kammertätigkeit sowie auch über die Medien.<br />
Der Interviewpartner sieht e-<strong>Health</strong>-Applikationen vor allem als nützliche Werkzeuge ("ich<br />
möchte mir das eigentlich als Hilfsmittel bewahren", Z 20-21). Wenn er aber gezwungen<br />
würde, für ihn nutzlose Applikationen anzuwenden, dann sei er dagegen ("<strong>von</strong> oben her<br />
etwas aufdrücken lassen", Z 21, "Wenn mir etwas gegen meinen Willen und gegen meine<br />
Überzeugung und Berufserfahrung aufgedrückt wird, weil irgendwer an<strong>der</strong>er etwas will, dann<br />
bin ich eigentlich strikt dagegen", Z 155-157). Dazu kündigt er auch Wi<strong>der</strong>stand bei den<br />
<strong>Ärzten</strong> an ("Das wird zu sehr großen Wi<strong>der</strong>ständen in <strong>der</strong> Ärzteschaft führen", Z 203).<br />
Nützliche Applikationen würde er gerne anwenden und dafür auch zahlen.<br />
Folgende acht e-<strong>Health</strong>-Applikationen verwendet <strong>der</strong> Interviewpartner und findet sie<br />
nützlich: e-card, e-Abrechnung, DFÜ, e-Arztbrief, e-Pflegebegleitschreiben, e-Laborbefund,<br />
e-AUM, ABS. Zu den weiteren Applikationen hat er keine Meinung hierzu gebildet.<br />
Die e-Einweisung habe er in einem Pilotprojekt kennengelernt und finde sie sinnvoll,<br />
während er ELGA nicht für gut halte, aber wenig Erfahrung damit habe. Die e-Medikation<br />
kenne er ebenfalls <strong>aus</strong> dem Pilotprojekt und halte sie in dieser Form für "völlig ungeeignet"<br />
(Z 36), weil es zu Störungen im Praxisablauf kam.<br />
62
Ergebnisdarstellung<br />
Die Datensicherheit sieht er in seiner Praxis als gewährleistet an, auch wenn ein<br />
geschulter Hacker an die Daten sicher ran käme, er versuche das Internet in <strong>der</strong> Büropraxis<br />
daher zu vermeiden.<br />
Mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit Kollegen sei <strong>der</strong> Interviewpartner sehr zufrieden und er halte<br />
ihn für sehr nützlich, er bekomme bereits fast 100% <strong>der</strong> Befunde in elektronischer Form,<br />
daher könne nichts verbessert und vermehrt werden. Mit GDAs wünsche <strong>der</strong><br />
Interviewpartner keinen umfassenden Aust<strong>aus</strong>ch <strong>von</strong> Patienteninformationen. Mit Kollegen<br />
wünsche er sich eine gerichtete Befundübermittlung ("Ich möchte einen Brief geschickt<br />
bekommen, in mein Postfach, den ich mir hole und ich möchte eine Frage stellen an einen<br />
Kollegen, <strong>der</strong> sie mir beantwortet – und umgekehrt", Z 272-274). Einen Aust<strong>aus</strong>ch mit<br />
an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> (Kontrollärzte, Versicherungsärzte, Betriebsärzte) wünscht sich <strong>der</strong><br />
Interviewpartner nur im Rahmen einer notwendigen Fragestellung. In einem<br />
unkontrollierten Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch sieht er seine Autonomie als Arzt bedroht ("und wenn<br />
dann meine Diagnosen, meine Leistungen, meine Dinge die ich dokumentiere irgendwo<br />
abgezogen werden, ohne dass ich es merke [...]. Wenn ich auf einmal ein Medikament nicht<br />
verschreiben kann, weil es noch vorhanden sein müsste, dann ist das ein Eingriff in mein<br />
Arbeiten, den ich strikt ablehne", Z 262-266). Diese negativen Erfahrungen habe er bereits<br />
in <strong>der</strong> Vergangenheit gemacht.<br />
Die Applikationen, die er verwende, kenne er alle sehr gut, er möchte nicht auf sie<br />
verzichten, und er habe einige an<strong>der</strong>e kennengelernt. Er steht aber Neuerungen teilweise<br />
skeptisch gegenüber, weil er diese hinsichtlich des Kosten-Nutzen-Faktors nicht<br />
einschätzen könne. Kritisch und abgrenzend steht er demgegenüber zum Hauptverband,<br />
<strong>der</strong> hohe Erwartungen an neue Produkte durch werbeartige Veranstaltungen<br />
("Jubelveranstaltungen", Z 89, "Waschmittelwerbungsprodukte <strong>der</strong> Firmen", Z 90) schüre, die<br />
<strong>der</strong> Realität nicht entsprächen ("Luftblasen <strong>von</strong> Leuten, die eigentlich keine Ahnung <strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> Wirklichkeit haben", Z 91). Dagegen werde kaum <strong>von</strong> den Weiterentwicklungen in den<br />
Pilotprojekten gesprochen ("Da herrscht Schweigen im Walde", Z 104), bei denen<br />
vorhandene Schwierigkeiten verbessert werden sollten ("Ein Pilotprojekt soll ja eine<br />
Weiterentwicklung ermöglichen", Z 107). Aufgrund dieser Erfahrungen sei er misstrauisch<br />
("die <strong>of</strong>fiziellen Jubelmeldungen sind sicher falsch und getürkt!", Z 105). Er wünsche sich<br />
mehr Informationen <strong>von</strong> allen Beteiligten sowie mehr Einfluss <strong>der</strong> Ärzte auf<br />
Entwicklungen. Seine Erfahrung sei z.T. negativ, Entwicklungen seien praxisfern und die<br />
Erfahrungen <strong>der</strong> Betr<strong>of</strong>fenen würden nicht <strong>aus</strong>reichend einfließen ("Ich fürchte, dass es zu<br />
wenig geschieht, dass trotzdem praxisfern entwickelt und programmiert wird und man dann<br />
ex-post wie<strong>der</strong> die Defekte reparieren muss – wie wir es ja in <strong>der</strong> Vergangenheit erlebt<br />
haben", Z 178-180). Er finde die Mitarbeit bei sinnvollen Pilotprojekten gut, habe dies<br />
63
Ergebnisdarstellung<br />
bereits gemacht und ist gerne bereit, Zeit dafür zu investieren. Er sieht für die Zukunft<br />
weiterhin praxisferne Entwicklungen auf dem Vormarsch ("und es wird eigentlich mit irrem<br />
Aufwand am eigentlichen Ziel vorbeientwickelt", Z 298-299).<br />
Er würde nicht neue Applikationen anwenden auf Wunsch <strong>von</strong> Patienten. Wenn<br />
Empfehlungen seitens Kollegen o<strong>der</strong> Institutionen kämen, würde er die Nützlichkeit dieser<br />
Applikationen prüfen und dann möglicherweise anwenden. Er findet, dass er mit den<br />
vorhandenen Tools bereits die Anfor<strong>der</strong>ungen an einen guten Arzt erfüllt. Bei<br />
Neuerungen glaubt er nicht, dass diese noch zur Verbesserung seiner Arbeit beitragen<br />
können, und er fühle sich <strong>aus</strong>reichend mit e-<strong>Health</strong> versorgt und brauche nichts Neues<br />
("Ich bin sehr skeptisch, ob neue Dinge in <strong>der</strong> bisher vorgestellten Form das verbessern<br />
könnten", Z 137-138). Er sieht in einer zwangsweisen Vermehrung <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Applikationen auch die Gefahr eines Informationsüberflusses bei entsprechen<strong>der</strong><br />
Behin<strong>der</strong>ung seiner Tätigkeit ("In <strong>der</strong> jetzigen Art einer Zwangsbeglückung mit einer<br />
Datenflut fürchte ich allerdings, dass wir mehr behin<strong>der</strong>t werden, als wir Hilfe haben", Z 139-<br />
141; "Es wird momentan <strong>der</strong> Computer dazu missbraucht, enorme Datenmengen<br />
anzuhäufen und dem Menschen wird überlassen, diese zu sichten und das ist unmöglich", Z<br />
299-301). Er fühle sich den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> gewachsen. Dass die Patienten<br />
<strong>von</strong> neuen e-<strong>Health</strong>-Applikationen pr<strong>of</strong>itieren könnten, kann er sich vorstellen.<br />
Vom Gesetzgeber wünsche er sich eine Rahmengesetzgebung, die an die Bedürfnisse und<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> Ärzte angepasst sei. Als Beispiel nennt er die Kennzeichnung<br />
unvollständiger Datensätze ("Ich hätte mir als Mindestanfor<strong>der</strong>ung gewünscht, dass wir<br />
irgendeine Warnung bekommen: 'Daten unvollständig'! Dann kann ich sagen: 'lieber Patient,<br />
du verschweigst mir etwas' - wenn ich das als Basis meiner Entscheidung brauche", Z 235-<br />
238). Dies würde bei Haftungsfällen eine Rechtssicherheit schaffen. Damit würde auch ein<br />
Schwachpunkt <strong>der</strong> ELGA verbessert werden.<br />
Der Interviewpartner ist für eine Opt-in-Lösung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>, weil er damit rechnet, dass<br />
dies zu einer flächendeckenden Einführung <strong>der</strong> Applikationen führen würde ("denn wie ich<br />
meine Österreicher kenne, ist wahrscheinlich je<strong>der</strong> dabei", Z 248). Er kann sich aber auch<br />
ein Opt-out für Kritiker vorstellen.<br />
Für die Zukunft wünsche er sich Verbesserungen hinsichtlich <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit<br />
Kollegen und bzgl. <strong>der</strong> Standardisierung und Strukturierung <strong>von</strong> Dateien und<br />
Informationen, z.B. die Ausstattung mit Suchfunktionen, was eine Vor<strong>aus</strong>setzung für ELGA<br />
sei. Er rechne für die Zukunft aber mit Verschlechterungen in puncto Kosten, Zeit und<br />
Administration.<br />
64
Ergebnisdarstellung<br />
4.1.5 Interviewpartner Nr.5: "Nie wie<strong>der</strong> möchte ich händisch irgendwelche Zettel<br />
abrechnen"<br />
Der Interviewpartner beschreibt eine sehr <strong>of</strong>fene Einstellung zu Computern, er sei ein<br />
"Internet- und Computerfreak" (Z 9), <strong>der</strong> den Computer auch in <strong>der</strong> Freizeit zeitweise für<br />
seine Hobbys nutze, womit er Spaß verbinde. Er fühle sich den Anfor<strong>der</strong>ungen, die e-<br />
<strong>Health</strong> an ihn stellt, auf jeden Fall gewachsen.<br />
Der Interviewpartner besitzt sehr viel Erfahrung im Umgang mit seinem APIS, das er<br />
teilweise zusammen mit den Anbietern entwickelt hat. Von diesem Programm hält er sehr<br />
viel ("kann irrsinnig viel und ist irrsinnig flexibel", Z 168). Er kann sich viele "händische"<br />
Prozeduren nicht mehr ("nie wie<strong>der</strong>", Z 29) vorstellen und hält die e-health-Applikationen<br />
daher für unverzichtbar und bedeutsam für seine Praxis. Auch den Patienten kämen diese<br />
Applikationen aufgrund des besseren Überblicks zugute ("ein Meilenstein", Z 244). Den<br />
Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs finde er nützlich. Die Kooperation mit an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong>,<br />
etwa für die Urlaubsvertretung, sei aber "Glücksache" (Z 160). Er würde nie alle Daten mit<br />
an<strong>der</strong>en GDAs teilen wollen, insbeson<strong>der</strong>e solche nicht, die das Vertrauensverhältnis<br />
zwischen Arzt und Patient betreffen. Mit dem Support durch den S<strong>of</strong>twareanbieter ist er<br />
zufrieden.<br />
Der Interviewpartner fühle sich, vor allem durch seine Kammertätigkeit, gut informiert über<br />
e-<strong>Health</strong>-Applikationen. Neben <strong>der</strong> Kammer erhält er auch <strong>von</strong> <strong>der</strong> Kasse und seinem<br />
S<strong>of</strong>twareanbieter <strong>aus</strong>reichend Informationen, doch er wünsche sich mehr "prospektive" (Z<br />
200) Informationen über künftige Projekte und den Stand <strong>der</strong> Finanzierungslasten.<br />
Als unumschränkt positiv bewertet <strong>der</strong> Interviewpartner folgende Applikationen: e-<br />
Abrechnung ("funktioniert prächtig", Z 29), DFÜ, e-Arztbrief / Befundbericht, e-Laborbefund,<br />
e-AUM ("eine <strong>der</strong> sinnvollsten" [Anwendungen], Z 51, 52), e-Radiologie sowie mit Abstrichen<br />
die e-card. Dies sind 7 <strong>von</strong> 20 genannten Anwendungen. Vier Anwendungen werden in<br />
seiner Praxis nicht o<strong>der</strong> kaum verwendet (e-Pflegedienstschreiben, ABS, e-<br />
Leistungsbericht, e-Terminmanagement). Die reale Nutzung dieser e-<strong>Health</strong>-Applikationen<br />
wird vom Interviewpartner als gering bezeichnet, wenngleich diese funktionieren und <strong>von</strong><br />
Vorteil seien.<br />
Weitere vier Anwendungen kennt er nur als Pilotprojekt, o<strong>der</strong> sie seien "Zukunftsvision" (Z<br />
59), auch wenn sie "prinzipiell sinnvoll" seien (e-Medikation, Öffentliches Informationssystem<br />
für Gesundheitsdaten, Zentrales Verzeichnis <strong>der</strong> GDA, e-Überweisung). An<strong>der</strong>e<br />
Anwendungen werden <strong>von</strong> ihm als nicht so bedeutsam bewertet, entwe<strong>der</strong> weil die<br />
Patienten diese Leistungen nicht nachfragen (e-Mutter-Kind-Pass; e-Leistungsbericht), weil<br />
es nur eine kleine Gruppe <strong>von</strong> Patienten betrifft (e-Tagebücher für Biosignale), o<strong>der</strong> weil die<br />
65
Ergebnisdarstellung<br />
Kontrolle über die entsprechenden Prozeduren beim Patienten liegen sollte (e-Impfpass). Für<br />
einige Anwendungen schlägt <strong>der</strong> Interviewpartner alternativ ein App für das Patientenhandy<br />
vor (e-Impfpass, e-Notfalldaten).<br />
Probleme und Negatives bzw. Verbesserungsvorschläge werden vom Interviewpartner<br />
nicht prinzipiell geäußert, son<strong>der</strong>n auf einzelne Anwendungen bezogen. So kritisiert er<br />
Hardwareprobleme bei <strong>der</strong> e-card ("erhebliche Anzahl kaputter Karten", Z 25, 26) und<br />
"unheimliches Chaos" (Z 178) durch die fehlende Übertragung <strong>von</strong> Adress- und<br />
Arbeitgeberdaten bei <strong>der</strong> e-card, Formatierungsprobleme beim e-Arztbrief ("ziemliches<br />
Kuddelmuddel", Z 40) sowie die noch nicht durchgängige Durchsetzung <strong>der</strong> e-AUM<br />
("noch sehr viele Arbeitgeber, die einen Papier<strong>aus</strong>druck brauchen", Z 54, 55).<br />
Deutlichere Kritik wird am Pilotprojekt e-Medikation geübt ("Die S<strong>of</strong>tware war furchtbar<br />
schlecht programmiert, nicht durchdacht und katastrophal zu bedienen", Z 90, 91),<br />
wenngleich auch hier die Möglichkeit einer sinnvollen Umsetzung in <strong>der</strong> Zukunft nicht<br />
bezweifelt wird.<br />
Grundsätzlich negativ steht <strong>der</strong> Interviewpartner dem Projekt ELGA in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen<br />
Form gegenüber ("Da vertrete ich schon sehr die öffentliche Kammermeinung", Z 70), und<br />
zwar in erster Linie aufgrund <strong>der</strong> hohen Kosten, dem hohen Zeitaufwand und <strong>der</strong><br />
Rechtsunsicherheit. Zudem biete es zu wenige inhaltliche Vorteile ("Das Anbieten <strong>von</strong><br />
Information alleine [...] ist zu wenig", Z 308-09). Weniger bedeutsam ist ihm das Problem <strong>der</strong><br />
Datensicherheit, wenngleich er dies durch<strong>aus</strong> als Problem sieht, aber nicht als eigenes,<br />
son<strong>der</strong>n als Problem, das den Patienten betrifft.<br />
Er würde manche Applikationen in Zukunft vermehrt nutzen, wenn technische Probleme<br />
wie etwa die Formatierung geklärt sei ("Stichwort CDA-Format", Z 152).<br />
Die Datensicherheit empfindet er in seiner Praxis als hoch, da alles mehrfach gesichert sei.<br />
Genereller Schwachpunkt sind die hohen Kosten, die an den <strong>Ärzten</strong> hängenblieben ("Alle<br />
drei bis fünf Jahre muss man jedenfalls die ganze Hardware t<strong>aus</strong>chen und das mache ich<br />
jetzt bald das fünfte Mal", Z 231-33). Kostenersparnis hatte bisher vor allem die GKK.<br />
Weiterhin kritisch sieht <strong>der</strong> Interviewpartner den Zeitaufwand und die Mühe, die nicht<br />
durchdachte Projekte kosten. Daher sieht er trotz grundsätzlich positiver und <strong>of</strong>fener<br />
Einstellung neuen Anwendungen gegenüber eine weitere Teilnahme an Pilotprojekten<br />
skeptisch ("stelle mich nicht mehr in die erste Reihe", Z 300). Er selbst hat bei einigen<br />
Pilotprojekten sowie an <strong>der</strong> Umsetzung seines APIS mitgewirkt und findet den Einbezug <strong>von</strong><br />
<strong>Ärzten</strong> in die Entwicklung sowohl akzeptanz- als auch qualitätssteigernd ("Ich glaube,<br />
man sollte jedenfalls Anwen<strong>der</strong> einbeziehen, weil sonst kommt so ein Blödsinn r<strong>aus</strong> wie bei<br />
<strong>der</strong> e-Medikation", Z 289-91). Seine Autonomie als Arzt empfindet er nur bei einzelnen<br />
Anwendungen (Disease-Management-Programmen) als eingeschränkt.<br />
66
Ergebnisdarstellung<br />
Er richte sich gerne nach Patientenwünschen und interessiere sich auch für<br />
Empfehlungen <strong>von</strong> Kassen und Kammern nach neuen Anwendungen, wenn das Kosten-<br />
Nutzen-Verhältnis sowohl für die Ärzte als auch für die Patienten stimme. Inhaltlich solle<br />
eine neue Applikation Zeitersparnis und einen Informationsvorteil haben,<br />
"benutzerfreundlich, übersichtlich und sinnvoll" (Z 308) sein.<br />
In <strong>der</strong> Frage nach Zwang o<strong>der</strong> Freiwilligkeit bei <strong>der</strong> Einführung <strong>von</strong> neuen Anwendungen<br />
geht <strong>der</strong> Interviewpartner da<strong>von</strong> <strong>aus</strong>, dass sich bei Zwang nur Wi<strong>der</strong>stand bilde, ein gutes<br />
und kostenneutrales Projekt, das Vorteile bringt, <strong>von</strong> den GDAs und <strong>Ärzten</strong> aber<br />
freiwillig genutzt werden würde ("Das muss so gut sein, dass ich dabei sein möchte und<br />
wenn ich nicht dabei sein möchte, dann habe ich als GDA entwe<strong>der</strong> einen<br />
Wettbewerbsnachteil, den ich, <strong>aus</strong> welchen Gründen auch immer, bewusst in Kauf nehme",<br />
Z 348-50). Er sei für Opt-in, allerdings sollten Patienten, die nicht teilnehmen wollen, dann<br />
einen höheren Beitrag zahlen, weil sie höhere Kosten verursachen.<br />
Der Gesetzgeber könne die Anwendung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen erleichtern, indem er<br />
Rechtssicherheit schaffe und für alle verbindliche, möglichst international gebräuchliche<br />
Formate vorgebe. Weiterhin wünscht sich <strong>der</strong> Interviewpartner <strong>von</strong> Monopolisten, z.B. dem<br />
Apothekerverlag, eine Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Daten und Vereinheitlichung <strong>der</strong><br />
Abkürzungen ("abgekürzt, unsystematisch und ungruppiert", Z 392).<br />
4.1.6 Interviewpartner Nr.6: "Es reicht jetzt schon"<br />
Der Interviewpartner berichtet, bereits sehr viel Erfahrung im Umgang mit APIS zu haben,<br />
da er als einer <strong>der</strong> ersten <strong>von</strong> Anfang an eine vollcomputerisierte Praxis eingerichtet hatte.<br />
Diese Erfahrung umfasst sowohl positives als auch negatives ("zum Teil ein Horror", Z 22).<br />
Zu den negativen Erfahrungen zählt er die vielen wechselnden S<strong>of</strong>tware-, Hardware- und<br />
Sicherungssysteme.<br />
Seine Einstellung zu Computern beschreibt er als "sehr <strong>of</strong>fen" (Z 9), verbindet mit neuer<br />
S<strong>of</strong>tware aber nicht Spaß o<strong>der</strong> Neugier, er nutzt den Computer vor allem zur Information<br />
o<strong>der</strong> sachorientierten Kommunikation (E-Mail-Verkehr, Bankgeschäfte). Als problematisch<br />
empfindet er hierbei die Werbung, die Möglichkeit des Missbrauchs und den Zeitaufwand, als<br />
positiv die vereinfachten Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten. Manche<br />
Anwendungsmöglichkeiten interessieren ihn aber auch nicht. Er fühlt sich den<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen im Großen und Ganzen gewachsen.<br />
Der Interviewpartner hat nicht das Gefühl, dass die Anwendungen <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> <strong>aus</strong> ihm<br />
einen besseren Arzt machen, aber er hält e-<strong>Health</strong>-Applikationen für bedeutsam und<br />
unverzichtbar in <strong>der</strong> Praxis.<br />
67
Ergebnisdarstellung<br />
Seinen Informationsstand über e-<strong>Health</strong> beschreibt <strong>der</strong> Interviewpartner als "besser<br />
informiert als je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e" (Z104), da er in <strong>der</strong> Kammer tätig ist, <strong>von</strong> <strong>der</strong> er auch viele<br />
Informationen erhält. Dennoch wünscht er sich eine bessere Information seitens <strong>der</strong> SV-<br />
Träger.<br />
Von den 20 im Interviewleitfaden genannten e-<strong>Health</strong>-Applikationen nutzt <strong>der</strong><br />
Interviewpartner insgesamt 9 (e-card, e-Abrechnung, DFÜ-Übertragung, Übermittlung <strong>der</strong><br />
Abrechnung, e-Arztbrief, e-Labor, e-AUM, ABS, e-Einweisung). Am nützlichsten empfindet<br />
er hierbei die e-AUM, weiterhin nützlich seien drei weitere Applikationen (e-Arztbrief, e-<br />
Entlassungsbrief und e-Laborbefund). Ambivalent steht er zur e-card (Vorteil: Wegfall des<br />
Krankenscheinmahnsystems, weitere anhängige Systeme wie e-AUM. Nachteil: keine<br />
weiteren Daten gespeichert). Die Nützlichkeit <strong>der</strong> Applikationen hängt seiner Meinung nach<br />
<strong>von</strong> <strong>der</strong> Funktionalität, <strong>der</strong> zeitnahen Übertragung und einer Kosteneinsparung ab. Die<br />
zeitnahe Datenübertragung mit an<strong>der</strong>en GDAs funktioniere allerdings noch nicht so gut.<br />
Skeptisch beurteilt er darüber hin<strong>aus</strong> die zentrale Speicherung <strong>der</strong> Patientendaten<br />
("gläserner Patient", Z. 74) und die fehlende Klärung <strong>der</strong> Haftung. Bei fehlen<strong>der</strong><br />
Funktionalität komme es zu Zeitproblemen und zu einem übergroßen<br />
Administrationsaufwand. Insbeson<strong>der</strong>e die Kosteneinsparung seitens <strong>der</strong> Ärzte sieht <strong>der</strong><br />
Interviewpartner pessimistisch.<br />
Momentan empfindet <strong>der</strong> Interviewpartner die Funktionalität des Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chs mit<br />
an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> als zufriedenstellend, auch die Urlaubsvertretung funktioniere gut, die<br />
Krankenstandsvertretung weniger. Mit dem Support durch den Anbieter ist er zufrieden. Die<br />
Benutzerfreundlichkeit ist bei ihm darüber hin<strong>aus</strong> mit <strong>der</strong> Haltbarkeit des Programms<br />
verbunden. Als negativ empfindet er die hohen Kosten, die durch Wartung und Anschaffung<br />
neuer S<strong>of</strong>tware entstehen. Solange alles funktioniert, möchte er sich nicht mit technischen<br />
Details beschäftigen, und viele Funktionen des APIS braucht und nutzt er deshalb auch<br />
nicht.<br />
Die Nutzungsintention des Interviewpartners kann seiner Meinung nach durch<br />
Empfehlungen und Wünschen <strong>von</strong> Patienten, an<strong>der</strong>en GDAs o<strong>der</strong> Institutionen<br />
beeinflusst werden. Er nannte ein Beispiel, in dem er Patientenwünsche nach einer Online-<br />
Terminvergabe für seine Praxis überprüfte. Einen Vorschlag des Autors griff er positiv auf<br />
("Erinnerung an Auffrischungsimpfungen [wäre] eine interessante Sache", Z 135, 136). Als<br />
Hemmnisse für eine vermehrte Nutzung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> benannte er die fehlende Zeit<br />
sowie den Informationsüberfluss ("Es reicht jetzt schon. Diese Befundflut", Z. 63).<br />
Kontrolle über den Umsetzungsprozess hält er für sehr wichtig. Zu den Anwendungen<br />
möchte er sich nicht zwingen lassen ("da bekomme ich noch mehr Aversion", Z 156), wenn<br />
er es für relevant hält, gibt er Anregungen bei <strong>der</strong> S<strong>of</strong>twareentwicklung und meint auch,<br />
68
Ergebnisdarstellung<br />
dass seine Akzeptanz steigen würde, wenn seine Meinung berücksichtigt wird.<br />
Freiwilligkeit bei <strong>der</strong> Umsetzung ist ihm sehr wichtig.<br />
Der Interviewpartner beurteilt die künftige Entwicklung <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen eher<br />
pessimistisch, da sie einen vermehrten Aufwand an Administration, Kosten, Technik<br />
und Zeit verlangten, bei kaum mehr Nutzen für Patienten o<strong>der</strong> Ärzte. Als Beispiel benennt<br />
er das Pilotprojekt e-Medikation. Weiterhin skeptisch beurteilt er die steigenden<br />
Kontrollmöglichkeiten und den Verlust ärztlicher Autonomie bei vermehrtem Einsatz <strong>von</strong><br />
e-<strong>Health</strong>-Applikationen, mit dem Beispiel e-card. Aufgrund dessen würde er auch nicht<br />
seine Daten allen GDAs zur Verfügung stellen. Eine Verbesserung <strong>der</strong> Kommunikation<br />
mit an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> durch e-<strong>Health</strong>-Applikationen kann er sich aber auch durch<strong>aus</strong><br />
vorstellen.<br />
4.1.7 Interviewpartner Nr.7: " Ich denke, das zeugt <strong>von</strong> Mo<strong>der</strong>nität"<br />
Der Interviewpartner führt seine Praxis etwa seit den Anfängen <strong>der</strong> EDV für Ärzte, seit ca.<br />
1988, mit EDV-Unterstützung. Zunächst sei er skeptisch gewesen ("da war ich noch <strong>der</strong><br />
Meinung: das ist nichts für mich, ich bin ein guter alter H<strong>aus</strong>arzt", Z 11-12). Danach<br />
informierte er sich regelmäßig über Fachzeitschriften ("Die sind immer zwei bis drei Jahre<br />
vorne. Da habe ich geschaut, was kommt wie<strong>der</strong>", Z 132-133), heutzutage sei er nicht mehr<br />
so interessiert an Informationen. Der Interviewpartner steht kurz vor <strong>der</strong> Pensionierung.<br />
Persönlich mache ihm die Arbeit am Computer Spaß, er sei neugierig auf neue<br />
Anwendungen und beschäftige sich auch privat gerne damit.<br />
Der Interviewpartner habe ein sehr positive Einstellung zu e-<strong>Health</strong>, und er habe sehr viel<br />
in sein APIS investiert ("in Summe sicher mehr als ein H<strong>aus</strong>", Z 14). Er ist <strong>der</strong> Meinung,<br />
nicht mehr ohne EDV arbeiten zu können ("Für einen Arzt für Allgemeinmedizin geht es<br />
schon nicht mehr ohne EDV", Z 13-14). Auch die Anfor<strong>der</strong>ungen an einen guten Arzt<br />
glaubt er mit EDV besser bewältigen zu können ("Ich denke das zeugt <strong>von</strong> Mo<strong>der</strong>nität", Z<br />
166). Mit den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> EDV komme <strong>der</strong> Interviewpartner selbst gut zurecht, da<br />
man sich mit <strong>der</strong> Zeit einarbeite ("weil man damit wächst. Es ist eine Frage <strong>der</strong><br />
Eingewöhnung", Z 198-199). Die e-<strong>Health</strong> Applikationen, die er habe, funktionieren sehr<br />
gut, mit ihnen sei er zufrieden. Mit seinem Anbieter und dem Support sei er ebenfalls<br />
zufrieden, allerdings seien die Kosten für den Techniker zu hoch. Er benennt noch<br />
einzelne Verbesserungsmöglichkeiten ("ich hätte gerne die Impfgeschichte besser<br />
kombiniert – mit einem Recall-System", Z 109-110).<br />
69
Ergebnisdarstellung<br />
Der Interviewpartner bezieht seine Informationen in erster Linie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer, <strong>von</strong><br />
denen er künftig auch zuvor<strong>der</strong>st informiert werden möchte ("Das ist für mich ja doch eine<br />
Vertrauensgeschichte", Z 143), weiterhin <strong>aus</strong> den Fachzeitschriften und dem Internet.<br />
Folgende sechs e-<strong>Health</strong>-Applikationen verwendet <strong>der</strong> Interviewpartner und findet sie<br />
nützlich: e-card, e-Abrechnung, DFÜ, e-Labor, e-AUM, ABS. Neun an<strong>der</strong>e Applikationen<br />
fände er nützlich, die aber noch nicht angeboten werden o<strong>der</strong> die er in seiner Praxis nicht<br />
braucht: e-Pflegebegleitschreiben, e-Impfpass (siehe unten, wird als Zusatzangebot<br />
eingerichtet), e-Überweisung, e-Radiologie, e-Medikation, e-Notfalldaten, Home Monitoring,<br />
öffentliches Informationssystem und zentrales Anbieterverzeichnis. Bei zwei Anwendungen<br />
sieht er Verbesserungsmöglichkeiten: e-Arztbrief, e-Leistungsbericht ("ich kann ihn nur<br />
nicht elektronisch übermitteln", Z 73), nicht sinnvoll findet er den e-Mutter-Kind-Pass und<br />
das e-Terminmanagement für seine Praxis. Bzgl. ELGA ist er grundsätzlich positiv<br />
eingestellt, wenn das System nützlich und praktikabel ist, z.B. für die Urlaubsvertretung,<br />
er bemängelt aber die fehlende Rechtssicherheit ("was passiert, wenn ich etwas<br />
übersehe?", Z 58) sowie die Zugriffssteuerung ("Ein Problem habe ich auch mit den<br />
Versicherungen. Was passiert, wenn z.B. eine Frau fünfmal im Jahr zum Gynäkologen geht<br />
und dreimal zum Neurologen - dann weiß man, was los ist", Z 59-61).<br />
Die Datensicherheit versucht er in seiner Praxis zu gewährleisten (tägliche Sicherung<br />
sowie externe Festplatte), die fachgerechte Entsorgung <strong>der</strong> alten Rechner mit den Daten<br />
durch die Firmen sei eine Vertrauenssache ("Ich muss denen vertrauen, dass sie zerstört<br />
werden", Z 127).<br />
Mit dem Aust<strong>aus</strong>ch <strong>von</strong> Daten sei er "zu 90 %" (Z 91) zufrieden, er finde den Aust<strong>aus</strong>ch<br />
mit an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> nützlich, er würde diesen auch die Daten zur Verfügung stellen, nicht<br />
jedoch an<strong>der</strong>en GDAs ("An die sogenannten GDAs natürlich nicht", Z 254). <strong>der</strong><br />
Interviewpartner grenzt sich als Arzt vom Begriff GDA ab. Es gäbe noch<br />
Verbesserungsmöglichkeiten beim Aust<strong>aus</strong>ch, z.B. beim Empfang <strong>von</strong> Befunden per E-<br />
Mail über Medicalnet.<br />
Als Vorteile <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen im APIS benennt <strong>der</strong> Interviewpartner die<br />
Zeitersparnis sowie das angesammelte Wissen über Patienten ("es ist alles drinnen", Z 24).<br />
Zudem ist er <strong>der</strong> Meinung, dass e-<strong>Health</strong> sich positiv auf die Patientenzufriedenheit<br />
<strong>aus</strong>wirke. Die Kosten-Nutzen-Rechnung sei <strong>aus</strong>geglichen ("Ich bin hier auch <strong>der</strong> Meinung,<br />
dass sich ein APIS finanziell rechnet", Z 22). Wenn neue e-<strong>Health</strong>-Anwendungen eine<br />
Zeitersparnis bringen und sinnvoll seien, würde er sie gerne anwenden, auch wenn die<br />
Anwendung verpflichtend sei. Er bevorzuge aber eine freiwillige Teilnahme, da er glaube,<br />
dass die an<strong>der</strong>en Ärzte gegen verpflichtende Teilnahme seien ("Wenn Ärzte das Wort<br />
‚Verpflichtung‘ nur hören, stellen sie schon die Haare auf", Z 242-243). Diese hätten auch<br />
70
Ergebnisdarstellung<br />
etwas gegen die Kontrollmöglichkeiten und <strong>der</strong> Autonomieeinschränkung ("Viele<br />
Kollegen wollen das nicht, weil sie sagen, da werden wir noch mehr kontrolliert", Z 259-260),<br />
er selber habe damit kein Problem.<br />
Sinnvolle e-<strong>Health</strong> Applikationen heißen für ihn eine Erleichterung <strong>der</strong> Administration und<br />
die Unterstützung bei <strong>der</strong> Behandlung <strong>von</strong> Patienten. Er glaube auch an eine allgemeine<br />
Kostenersparnis durch e-<strong>Health</strong>, allerdings nicht für die Ärzte ("In meiner Praxis sicher<br />
nicht. Im gesamten Gesundheitssystem glaube ich schon", Z 225). Für die Zukunft sehe er<br />
neben <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit Kollegen Verbesserungsmöglichkeiten bei <strong>der</strong><br />
Administration und Praktikabilität <strong>von</strong> S<strong>of</strong>tware, sowie Zeitersparnis, was sich auch auf<br />
die Patientenbetreuung positiv <strong>aus</strong>wirken würde. Eine Kostenersparnis in seiner Praxis<br />
kann er sich für die Zukunft nicht vorstellen.<br />
Der Interviewpartner sieht e-<strong>Health</strong> als nützlich für Patienten. Als Zusatzangebot für<br />
Patienten habe er trotz Schwierigkeiten eine Ordinationstafel für Patienten im<br />
Eingangsbereich angebracht ("Das habe ich mir in den Kopf gesetzt und es war äußerst<br />
schwierig", Z 21-22). Zudem verfolge <strong>der</strong> den Plan eines e-Impfpasses für seine Praxis<br />
("möchte ich aber unbedingt [...] Wir haben gesagt, wir machen bei <strong>der</strong><br />
Vorsorgeuntersuchung ein Qualitätsmanagementsystem", Z 48-50). Er richte sich bei dieser<br />
Sache auch nach den Wünschen <strong>der</strong> Patienten ("Wir haben z.B. jetzt schon über die<br />
Homepage bzw. per E-Mail Anfragen über Impfungen - das funktioniert gut", Z 148-189).<br />
Auch Empfehlungen <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer würde er folgen, weil diese sinnvolle und<br />
praktikable Anwendungen empfehlen würde.<br />
Der Interviewpartner kann sich vorstellen, dass seine Akzeptanz steigen würde, wenn er in<br />
die Entwicklungen einbezogen würde, wäre auch gerne bereit, an Pilotprojekten<br />
mitzuarbeiten.<br />
Vom Gesetzgeber wünsche er sich eine strenge Regelung <strong>der</strong> Zugriffsrechte, da er dies<br />
als eine große Schwäche <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Anwendungen (insb. ELGA) sieht ("Wenn ich über<br />
die Datensicherheit nachdenke, wird mir <strong>of</strong>t schlecht. Wir Ärzte wissen nicht, was genau mit<br />
unseren Daten passiert, wer darauf zugreift, was kontrolliert wird usw. Das sollte streng<br />
geregelt und jeglicher Missbrauch auch aufgezeigt und behoben werden", Z 236-238).<br />
Als einen weiteren Nachteil sieht er die Rechtsunsicherheit für Ärzte aufgrund des<br />
Informationsüberschusses ("Das sind riesige Datenmengen die da angeschaut werden<br />
sollen und auch die rechtliche Sicherheit muss noch genau geklärt werden", Z 249-250).<br />
Der Interviewpartner spricht sich für eine freiwillige Teilnahme an e-<strong>Health</strong> als Opt-in-Lösung<br />
<strong>aus</strong>.<br />
71
Ergebnisdarstellung<br />
4.1.8 Interviewpartner Nr.8: "Grundsätzlich sind wir jedoch <strong>of</strong>fen für Tools, die Sinn<br />
machen"<br />
Der Interviewpartner nutzt den Rechner nur beruflich, privat eher selten, und er hat keinen<br />
Spaß und keine Neugier in Bezug auf das Ausprobieren neuer Dinge am PC. Computern<br />
und Internet bescheinigt <strong>der</strong> Interviewpartner eine hohe Bedeutung, insbeson<strong>der</strong>e durch die<br />
schnelle Informationsvermittlung.<br />
Mit seinem APIS habe er "reine Userkenntnisse" (Z 22), er sei zufrieden damit, allerdings<br />
nutze er nur diejenigen Tools, die er wirklich brauche, aber das Programm "würde<br />
sicherlich noch mehr können" (Z 23). Eine weitere Einschränkung seien die hohen Kosten<br />
für individuelle Anpassungen.<br />
Computer und Internet seien heutzutage <strong>von</strong> sehr großer Bedeutung für die medizinische<br />
Praxis, er könne seine Praxis nicht ohne APIS führen ("Ohne EDV wäre eine medizinische<br />
Versorgung, wie wir sie heute anbieten können, nicht mehr vorstellbar", Z 10-11). Mit <strong>der</strong><br />
Kommunikation mit an<strong>der</strong>en GDAs sei er zufrieden, er würde dies auch in Zukunft mit allen<br />
korrespondierenden <strong>Ärzten</strong> <strong>aus</strong>bauen, allerdings gibt es auch Einschränkungen im<br />
Datenverkehr wie inkompatible Datenformate und Informationsüberschuss. Die<br />
Datensicherheit bewertet er dagegen als gut.<br />
Durch seine Kammertätigkeit, aber auch über die Sozialversicherungen sei er gut informiert<br />
über e-<strong>Health</strong>-Anwendungen, und er brauche nicht mehr Informationen ("<strong>der</strong>zeit kein<br />
Bedarf", Z 87). Auch sein APIS-Entwickler versorge ihn mit <strong>aus</strong>reichend Informationen<br />
über Newsletter etc., er sei zufrieden mit dem Support, allerdings stören ihn die langen<br />
Warteschleifen am Telefon.<br />
Der Interviewpartner gibt an, <strong>der</strong>zeit sieben <strong>der</strong> aufgeführten 20 e-<strong>Health</strong>-Applikationen zu<br />
verwenden, mit denen er uneingeschränkt zufrieden ist (e-card, e-Abrechnung, DFÜ-<br />
Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung, e-Befundbericht, e-Laborbericht, e-Radiologie, e-AUM). Eine<br />
weitere Applikation (e-Überweisung) muss gleichzeitig auch in Papierform übermittelt<br />
werden. Zwei weitere Applikationen werden verwendet, sind aber <strong>von</strong> "fraglichem Nutzen" (e-<br />
Leistungsbericht) bzw. "sehr verbesserungsfähig" (ABS). Der Interviewpartner sieht auch<br />
einen Nutzen in e-Notfalldaten, die allerdings nur selten abgefragt würden, sowie in <strong>der</strong> e-<br />
Medikation, wenn diese an<strong>der</strong>s als im Pilotprojekt umgesetzt werde. Mit e-<br />
Pflegedienstschreiben habe er keine Erfahrung. Bei vier Applikationen, die er nicht anwende,<br />
sehe er auch keinen o<strong>der</strong> kaum Nutzen (e-Impfpass, e-Mutter-Kind-Pass, e-Tagebücher für<br />
Biosignale, Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte<br />
Gesundheitsinformationen), dazu zählt er darüber hin<strong>aus</strong> auch das ELGA als fünfte<br />
Anwendung ("Die <strong>der</strong>zeit diskutierten Lösungen <strong>von</strong> ELGA und e-Medikation sind in dieser<br />
72
Ergebnisdarstellung<br />
Form nicht akzeptabel", Z 224-225). Ein zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller<br />
GDAs könne für Patienten <strong>von</strong> Nutzen sein.<br />
Negativ findet <strong>der</strong> Interviewpartner die Abhängigkeit, die durch die EDV-Anwendungen<br />
entsteht, sowie <strong>der</strong> Informationsüberschuss, <strong>der</strong> mit einem vermehrten Zeitaufwand<br />
verbunden ist, da <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> übermittelten Informationen sehr viel größer geworden ist<br />
als in <strong>der</strong> Vergangenheit mit den Papier-Varianten ("Nehmen wir z.B. einen<br />
Entlassungsbefund: heute muss ich 15 und mehr Seiten in elektronischer Form lesen, früher<br />
hatte ich eine Seite mit allen wesentlichen Informationen", Z 13-15). Daneben sind für ihn e-<br />
<strong>Health</strong> mit "höheren Kosten und Ausgaben" (Z 173), längeren Behandlungszeiten für<br />
Patienten, möglicherweise geringerer Autonomie <strong>der</strong> Ärzte und höherem administrativen<br />
Aufwand verbunden. Einen Mehrwert für die Patienten sieht er nicht, ebenso wenig wie<br />
Zeit- o<strong>der</strong> Kosteneinsparungen durch e-<strong>Health</strong> ("Mehrfachuntersuchen lassen sich kaum<br />
vermeiden, weil z.B. in 14 Tagen die Situation des Patienten wie<strong>der</strong> eine ganz an<strong>der</strong>e sein<br />
kann. Ebenso die Befundung, hier ist kein Einsparungspotential vorhanden", Z 211-213).<br />
Positiv sieht <strong>der</strong> Interviewpartner an e-<strong>Health</strong> die schnelle Informationsübermittlung und<br />
Kommunikation. Adäquate e-<strong>Health</strong>-Anwendungen können weiterhin die interne<br />
Organisation und die Kommunikation mit an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> verbessern. Der<br />
Interviewpartner wünscht sich Anwendungen, die "gerichtete Informationen" (Z 50) enthalten,<br />
die keinen erhöhten Zeitaufwand for<strong>der</strong>n. Die Anwendungen sollten "kostengünstiger" (Z<br />
64) sein, "Sinn machen" (Z 119) und auf die Bedürfnisse <strong>der</strong> Ärzte zugeschnitten sein. Er<br />
steht Neuerungen <strong>of</strong>fen gegenüber ("Grundsätzlich sind wir jedoch <strong>of</strong>fen", Z 229) und<br />
würde neue Applikationen vor allem dann anwenden, wenn sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer<br />
empfohlen würden, o<strong>der</strong> auch <strong>von</strong> den Sozialversicherungen im Zuge <strong>der</strong><br />
Zusammenarbeit. Nur auf Patientenwunsch hin würde er keine Anwendungen<br />
<strong>aus</strong>probieren. Seine Akzeptanz für neue Anwendungen würde steigen, wenn er in die<br />
Entwicklung einbezogen würde, und er habe das Gefühl, dass seine Vorstellungen mit<br />
einfließen können. Er wäre auch bereit, an entsprechenden Pilotprojekten mitzuarbeiten.<br />
Ein Einbezug neuer Applikationen solle freiwillig auf Basis <strong>von</strong> Opt-in erfolgen, Zwang solle<br />
nicht <strong>aus</strong>geübt werden ("Denn wer lässt sich gerne zu etwas zwingen?" Z 129, "es darf nicht<br />
über den Köpfen <strong>der</strong> Ärzte entschieden werden", Z 227-228). Der Gesetzgeber solle den<br />
Dialog mit den <strong>Ärzten</strong> suchen, um neue e-<strong>Health</strong>-Applikationen an <strong>der</strong>en Bedürfnisse<br />
anzupassen.<br />
Der Interviewpartner nutzt bei <strong>der</strong> Formulierung seiner Wünsche die "Wir-Form", und er will<br />
sich nicht als GDA (Gesundheitsdiensteanbieter), son<strong>der</strong>n als Arzt verstanden wissen.<br />
73
Ergebnisdarstellung<br />
4.1.9 Interviewpartner Nr.9: "Die Dinge, welche die Bürokraten interessieren, interessieren<br />
uns Ärzte nicht"<br />
Der Interviewpartner hat eine sehr positive und neugierige Einstellung zu Computern, er<br />
verbringe eher "zu viel" Zeit am Computer, er verbindet Spaß damit. Positiv findet er<br />
insbeson<strong>der</strong>e die schnelle Verfügbarkeit <strong>von</strong> Informationen, negativ die fehlende<br />
Datensicherheit.<br />
Der Interviewpartner gibt an, viel Erfahrung im Umgang mit seinem APIS zu haben. Es<br />
funktioniert sehr gut, er sei grundlegend zufrieden mit dem APIS, in das teilweise auch<br />
eigene Vorstellungen in <strong>der</strong> Entwicklung mit eingeflossen seien. Als problematisch benennt<br />
er die hohen Kosten und die Schwierigkeiten bei Updates, weil die Entwickler bisher nicht<br />
alle Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Systeme berücksichtigt hätten. Der Support durch die Anbieter<br />
sei für ihn zufriedenstellend, dieser laufe aber vorrangig über persönliche Beziehungen,<br />
während er <strong>von</strong> an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> höre, dass Supportleistungen <strong>der</strong> Anbieter <strong>aus</strong><br />
ökonomischen Gründen zurückgegangen seien.<br />
Den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit den an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> findet <strong>der</strong> Interviewpartner ebenfalls<br />
zufriedenstellend, auch Krankenstands- und Urlaubsvertretungen funktionieren gut.<br />
Der Interviewpartner fühlt sich über neue e-<strong>Health</strong>-Entwicklungen nicht gut informiert. Er<br />
hat den Eindruck, dass die neuen Applikationen "<strong>von</strong> oben herab" (Z 16) entwickelt würden,<br />
worauf die nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte keinen Einfluss haben. Er würde sich <strong>von</strong> allen an <strong>der</strong><br />
Entwicklung beteiligten Akteuren mehr Informationen wünschen. Er verbindet e-<strong>Health</strong> vor<br />
allem mit "Bürokratie" (Z 4), und er sieht die Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> nicht in Verbindung mit<br />
Erleichterungen für Ärzte und Patienten, son<strong>der</strong>n für die übergeordneten Institutionen<br />
("e-<strong>Health</strong> ist, glaube ich, vor allem ein Kostenersparnispunkt für das Gesundheitswesen", Z<br />
234).<br />
Bezüglich konkreter e-<strong>Health</strong>-Anwendungen zählt er sieben <strong>von</strong> 20 Applikationen auf, die er<br />
regelmäßig anwendet, die gut funktionieren und die er nützlich findet (e-card, e-<br />
Abrechnung, DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung, e- Arztbrief / e-Befundbericht, e-<br />
Laborbefund, e-Radiologie, e-Überweisung). Mit weiteren fünf Applikationen hat er in seiner<br />
Praxistätigkeit nichts zu tun (e-Pflegebegleitschreiben, e-AUM, e-Impfpass, e-Mutter-Kind-<br />
Pass, e-Tagebücher für Biosignale), bei zweien findet er den mündlichen Aust<strong>aus</strong>ch wichtiger<br />
(e-Terminmanagement, zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis).<br />
Bei einzelnen Applikationen ist er sehr viel kritischer, er bezeichnet sie als eine<br />
"Bürokratenburg" (Z 31, zu ABS; ähnlich bei öffentlichem Informationssystem), e-Medikation<br />
im Pilotprojekt als "Zeitverschwendung" (Z 39), ELGA als "Schwachsinn" (Z 36).<br />
74
Ergebnisdarstellung<br />
Als wesentliche Kritikpunkte <strong>der</strong> bisherigen e-<strong>Health</strong>-Umsetzungen benennt <strong>der</strong><br />
Interviewpartner folgende Punkte:<br />
die bürokratische Umsetzung ohne Einbezug <strong>der</strong> Ärzte ("Entscheidungen werden<br />
<strong>von</strong> oben herab und nicht <strong>von</strong> <strong>der</strong> Basis getr<strong>of</strong>fen", Z 116),<br />
den zeitlichen Mehraufwand ("Zeiträuber", Z 226),<br />
die finanziellen Kosten ("Die Hauptvorteile haben aber die<br />
Sozialversicherungsträger und wir bleiben auf unseren Kosten sitzen", Z 119-120),<br />
den administrativen Aufwand ("mehr Arbeit", Z 47, "Umorganisation", Z 119),<br />
die generelle Abhängigkeit <strong>der</strong> Ärzte <strong>von</strong> <strong>der</strong> EDV sowie <strong>von</strong> den anhängigen<br />
Institutionen ("Wenn <strong>der</strong> Server bei mir nicht funktioniert, kann ich die Ordination<br />
zusperren und auf Urlaub gehen", Z 71-72; "Auch die Abhängigkeit <strong>von</strong> Internet-<br />
Provi<strong>der</strong>, e-card-Provi<strong>der</strong>, GKK, Hauptverband etc. ist groß und eigentlich<br />
bedenklich", Z 73-74, " wenn z.B. das e-card-System <strong>aus</strong>fällt [...] wenn irgendwelche<br />
Datensätze fehlen. Wenn es dann Probleme gibt und wenn man dann<br />
möglicherweise wochenlang um Honorare streiten muss, dann wird es bedenklich", Z<br />
101-105),<br />
<strong>der</strong> Datenschutz ("wenn jemand böse ist, wird er das überwinden können", Z 112),<br />
e-<strong>Health</strong> als Kontrollinstrument ("Kontrollen werden durchgezogen und meine<br />
Behandlungsstrategien wären sozusagen vom grünen Tisch nachvollziehbar und man<br />
könnte dann immer in Diskussionen eintreten. Wurde leitlinienkonform behandelt -<br />
Ja/Nein?", Z 297-299),<br />
geringe Transparenz und schwindende Autonomie <strong>der</strong> Ärzte ("Ich kann ja auch<br />
eine Abrechnung nicht mehr kontrollieren", Z 270; " welche Datensätze werden wie<br />
abgerufen? Das ist für uns ja nicht transparent", Z 273-274)<br />
Die fehlende Regelung <strong>der</strong> Zugriffsberechtigungen "bei ELGA sollen nur die jeweils<br />
Berechtigten tatsächlich Zugriff auf die Patientenakten haben - genau das glaube ich<br />
nicht. Im Grund kann je<strong>der</strong> im Gesundheitswesen auf alles zugreifen", Z 289-291),<br />
Rechtsunsicherheit ("Und dann stehen wir möglicherweise vor Gericht, weil wir<br />
etwas gemacht haben, wo wir nicht einmal wissen, was gemacht worden ist", Z 277-<br />
278).<br />
An<strong>der</strong>e Applikationen findet <strong>der</strong> Interviewpartner sinnvoll (e-Notfallsdaten) und macht<br />
Vorschläge für eine adäquate Umsetzung ("Ich wäre ein Verfechter <strong>von</strong> nur den<br />
entsprechenden, wenigen Diagnosen auf <strong>der</strong> e-card", Z 50-51); ebenso bei <strong>der</strong> e-Medikation<br />
("eventuell auch die aktuelle Medikation [auf die e-card]", Z 51). Er würde manche<br />
Anwendungen auch in Zukunft vermehrt nutzen, und würde auch Wünsche und<br />
Vorstellungen <strong>von</strong> Patienten dahingehend prüfen (als Beispiel benennt er den<br />
75
Ergebnisdarstellung<br />
webbasierten Terminkalen<strong>der</strong>). Insbeson<strong>der</strong>e die e-Medikation findet er in Zukunft<br />
<strong>aus</strong>baufähig und bei guter Umsetzung nützlich für seine Tätigkeit als Arzt. Auch praktikable<br />
Vorschläge seitens des Gesundheitsministeriums würde er u.U. übernehmen. Nützliche e-<br />
<strong>Health</strong>-Applikationen wären für ihn solche:<br />
die die Zeit verringern, die für untergeordnete Aufgaben verwendet wird;<br />
die eine "Arbeitserleichterung" (Z 228) darstellen;<br />
die kostenneutral sind ("die zusätzlichen Aufwände ersetzt werden", Z 246);<br />
die zuvor <strong>aus</strong>führlich getestet und evaluiert worden sind.<br />
E-<strong>Health</strong>-Applikationen würde <strong>der</strong> Interviewpartner nicht als zusätzliche Leistungen<br />
anbieten, son<strong>der</strong>n nur dann, wenn sie für alle Patienten gelten ("Zum Teil finde ich es <strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> Ideologie her richtig, dass alle Patienten letztendlich gleich behandelt werden und man<br />
nicht immer nur schaut, wie man selbst möglichst viel verkaufen kann" Z 164-166). Darüber<br />
hin<strong>aus</strong> befürwortet er eine Opt-in-Regelung. Er selbst kann sich <strong>aus</strong> Zeitgründen nicht<br />
vorstellen, an <strong>der</strong> Entwicklung neuer e-<strong>Health</strong>-Anwendungen mitzuarbeiten, allerdings<br />
würde er ggf. bei Pilotprojekten mitwirken.<br />
Der Interviewpartner möchte zu neuen Applikationen nicht gezwungen werden, ansonsten<br />
sehe er die Möglichkeit <strong>der</strong> Reaktanz ("wenn er es tut: wie man in den Wald hineinruft, so<br />
kommt es zurück", Z 263)<br />
Trotz positiver Einstellung zur Technik vermittelt <strong>der</strong> Interviewpartner ein pessimistisches<br />
Bild <strong>von</strong> <strong>der</strong> Zukunft <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Entwicklungen, bei dem keine Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>von</strong> ihm<br />
benannten Kritikpunkte zu erwarten sind ("Einen Vorteil, neutral zu teilen, kann man <strong>von</strong><br />
Staat nicht verlangen im Grund genommen, zumindest nicht <strong>von</strong> unserem", Z 257-258; "Die<br />
Problematik wird wahrscheinlich immer größer werden", Z 280-281, "Damit ist dem<br />
Missbrauch Tür und Tor geöffnet und er wird auch kommen", Z 291-292, "Schlechter würde<br />
sie [die Autonomie] werden", Z 297).<br />
4.1.10 Interviewpartnerin Nr.10: "Von unserem Fach her ist klar, dass man sehr dafür ist"<br />
Die Interviewpartnerin arbeitet in einer radiologischen Praxis und vertritt darüber hin<strong>aus</strong> die<br />
Fachgruppe Privater Krankenanstalten und Kurbetriebe OÖ in <strong>der</strong> Wirtschaftskammer OÖ.<br />
Sie ist sehr aufgeschlossen gegenüber e-<strong>Health</strong>, z.T. weil die Radiologie <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong><br />
stark pr<strong>of</strong>itiert ("Von unserem Fach her ist klar, dass man sehr dafür ist", Z 9). Sie<br />
bezeichnet sich aber auch als "Technikfreak" (Z 187) sowie "orthopädie- und messbegeistert"<br />
(Z 127-128), sie sei neugierig auf neue Anwendungen, habe nicht nur beruflich, son<strong>der</strong>n<br />
auch privat am Computer und im Internet zu tun und habe Spaß dabei.<br />
76
Ergebnisdarstellung<br />
In Bezug auf ihr APIS kann die Interviewpartnerin vor allem <strong>von</strong> den medizinischen<br />
Anwendungen berichten, da die Administration und Verwaltung in den Händen des<br />
Sekretariats liege. Sie kümmere sich sehr darum, komme gut damit zurecht und finde es<br />
insgesamt nützlich. Sie glaubt nicht, dass sie ohne APIS eine Praxis führen könne ("wäre<br />
eine Katastrophe", Z 201). Neben den Verbesserungswünschen, die sie hinsichtlich<br />
technischer Probleme äußert (siehe unten), findet sie den Support durch die Firmen nicht<br />
immer zufriedenstellend, da diese immer öfter in zentrale Callcenter outgesourced sind.<br />
Zudem benötige sie aufgrund zweier verschiedener Systeme in ihrer Praxis bei Än<strong>der</strong>ungen<br />
einen externen Techniker, was kostenintensiv, aber unbedingt notwendig sei. Eine<br />
weitere Schwäche sind nicht eingehaltene Versprechungen <strong>von</strong> Firmen ("Mühsam ist,<br />
wenn Zusagen über Funktionalitäten gemacht werden und die Realität aber dann weit da<strong>von</strong><br />
entfernt ist", Z 160-161).<br />
Da die Interviewpartnerin sehr an e-<strong>Health</strong> interessiert ist, nutzt sie zur Information<br />
Fachzeitschriften (z.B. deutsche Zeitschrift für e-<strong>Health</strong>) sowie das Internetportal e-<br />
health.com. Zudem wird sie durch die Kammer und in ihrer Arbeitsgruppe mit Neuigkeiten<br />
versorgt. Sie fühlt sich daher gut informiert und hat keinen Bedarf an zusätzlichen<br />
Informationen durch an<strong>der</strong>e. Sie wisse, wo sie sich mit zusätzlichen Informationen<br />
versorgen könne, wenn sie diese brauche ("Es genügt mir, dass ich weiß, was es gibt und<br />
ich lesen kann, was mich interessiert", Z 153-154).<br />
Von den aufgeführten 20 e-<strong>Health</strong>-Applikationen nutzt die Interviewpartnerin insgesamt<br />
sechs regelmäßig und findet diese auch nützlich (e-card, e-Abrechnung, DFÜ, e-<br />
Befundbericht, e-Überweisung, e-Radiologie). An<strong>der</strong>e acht Applikationen werden <strong>von</strong> ihr<br />
nicht gebraucht (e-Pflegebegleitschreiben, e-Laborbefund, e-AUM, ABS, e-Impfpass, e-<br />
Medikation, e-Mutter-Kind-Pass, Home Monitoring, e-Notfalldaten). Bei drei Anwendungen<br />
macht sie die Bemerkung, dass sie diese nützlich finden würde (Home Monitoring, e-<br />
Notfalldaten, zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis). Beim e-Leistungsbericht macht<br />
sie Verbesserungsvorschläge (einheitliches Format). Für ein Informationssystem mit<br />
qualitätsgesicherten Informationen sieht sie die hohen Wartungskosten als Problem, macht<br />
aber auch hier konstruktive Vorschläge (auf <strong>der</strong> Webseite <strong>der</strong> Ärztekammer nach dem<br />
Vorbild <strong>der</strong> amerikanischen Gesellschaften). Das e-Terminmanagement habe sie geprüft,<br />
aufgrund <strong>der</strong> vielen Vorinformationen bevorzuge sie jedoch die telefonische Absprache mit<br />
Patienten und Zuweisern. Zu ELGA hat die Interviewpartnerin ein skeptisches Verhältnis,<br />
lehnt das Projekt aber nicht p<strong>aus</strong>chal ab ("Ich bin schon für ELGA, wenn man es vernünftig<br />
aufsetzt", Z 60-61). Ein entsprechendes Pilotprojekt habe zu großem bürokratischen<br />
Aufwand geführt ("Dazu hätte aber <strong>der</strong> Patient einen dreiseitigen Fragebogen <strong>aus</strong>füllen<br />
müssen [...] Solche Irrsinnigkeiten [...]", Z 62-64). Sie macht dazu den Vorschlag, dass man<br />
77
Ergebnisdarstellung<br />
ELGA zuerst im Bereich <strong>von</strong> weniger patienten-sensiblen Daten einführen könne, z.B. bei<br />
Labor- und radiologischen Daten, wo sich keine technischen Probleme ergeben. Diese<br />
grundlegenden technischen Probleme werden auch als Haupthin<strong>der</strong>nis angeführt ("Weil was<br />
ich jetzt sehe ist so, dass zum Teil die Grunddinge nicht erledigt sind", Z 45-46). Dazu zählt,<br />
dass das gleichzeitige Verschicken <strong>von</strong> Bilddateien und Befunddateien nicht funktioniert<br />
("Wir haben zwei Probleme: das eine, dass im nie<strong>der</strong>gelassenen Bereich <strong>der</strong><br />
Befunddaten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch funktioniert, aber <strong>der</strong> Aust<strong>aus</strong>ch <strong>der</strong> Bilddaten nur sehr eingeschränkt<br />
- und im Spitalsbereich <strong>der</strong> Bilddaten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch perfekt funktioniert, aber <strong>der</strong><br />
Befunddaten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch nur sehr eingeschränkt", Z 106-110).<br />
Als weitere Probleme nennt sie den Informationsüberschuss ("Ich habe kein Interesse,<br />
wenn ich heute z.B. ein MR <strong>der</strong> LWS anschaue, dass ich dann einen Wust an Befunden<br />
bekomme", Z 50-51). Verbesserungspotential gebe es auch bei dem Befund<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit<br />
den Kollegen. So würde z.B. ein gemeinsamer Patientenindex den Aufwand verringern.<br />
Mit ihrer Praxiss<strong>of</strong>tware ist die Interviewpartnerin grundsätzlich zufrieden, jedoch sieht sie<br />
viele Verbesserungsmöglichkeiten bei den oben beschriebenen technischen Problemen,<br />
wo sie eine Lösung durch die Firmen anmahnt ("Wobei ich nicht verstehe, dass die Firmen<br />
dieses technische Problem nicht lösen können", Z 109-110). Demgegenüber hat die<br />
Interviewpartnerin das Gefühl, dass die Datensicherheit in ihrer Praxis gegeben ist.<br />
Den Anfor<strong>der</strong>ungen an e-<strong>Health</strong> fühle sie sich gewachsen unter <strong>der</strong> Vor<strong>aus</strong>setzung, dass<br />
<strong>aus</strong>reichend Mitarbeiter vorhanden sind. Die Interviewpartnerin war bereits früh in einem<br />
Netzwerk organisiert, das sehr schnelle Informationsübertragung ermöglichte und hat an<br />
einem kleinen Pilotprojekt zu ELGA mitgemacht. Über die Arbeitsgruppe gibt sie<br />
Anregungen, die in die Entwicklung neuer Applikationen einfließen. Dies würde ihre<br />
allgemeine Akzeptanz aber nicht steigern. Sie kann sich vorstellen, an weiteren<br />
Pilotprojekten mitzuarbeiten, wenn dies die Abläufe in <strong>der</strong> Praxis nicht stört ("Aber wenn es<br />
draußen zu einem Chaos im Sekretariat führt o<strong>der</strong> im Patientenablauf, dann sicher nicht", Z<br />
249-250). Neue nützliche und sinnvolle Anwendungen würde sie auch in Zukunft<br />
einbauen, wenn dies <strong>von</strong> Patienten, Kollegen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Standesvertretung empfohlen<br />
o<strong>der</strong> angeregt würde. Empfehlungen seitens des Gesundheitsministeriums würde sie nicht<br />
ohne weiteres folgen, son<strong>der</strong>n sich auf die Verhandlungen <strong>der</strong> Standesvertretung<br />
verlassen. Dies gelte auch bei <strong>der</strong> zwingenden Einführung <strong>von</strong> neuen Applikationen<br />
("Wenn es aber so ist, dass die Ärztekammer dem zustimmt, dann gibt es für mich kein<br />
Problem. Weil ich denke, das war sicher ein langer Verhandlungsprozess und wenn man das<br />
dann zwingend macht, dann ist das auch sinnvoll. Mit dem Wort ‚zwingend‘ habe ich kein<br />
Problem", Z 208-211). Eine Einbindung würde aber am besten mit positiven Anreizen<br />
funktionieren ("Wer teilnimmt, muss aber auch einen Vorteil haben", Z 294).<br />
78
Ergebnisdarstellung<br />
Die Interviewpartnerin wünscht sich bei <strong>der</strong> Planung neuer e-<strong>Health</strong>-Anwendungen durch<br />
den Gesetzgeber dringend die Einbindung <strong>der</strong> Standesvertretungen, dort aber vor allem<br />
Personen mit Sach- und Fachkenntnissen ("Für meine Begriffe werden – vor allem in<br />
Gesetzesdingen – Leute eingebunden, die nicht mit <strong>der</strong> täglichen Routine vertraut sind, die<br />
nicht an <strong>der</strong> Front sitzen - und das halte ich für schlecht", Z 288-290). Die Einführung neuer<br />
Anwendungen kann nur als eine <strong>von</strong> beiden Möglichkeiten, Opt-in o<strong>der</strong> Opt-out für alle<br />
Teilnehmer, erfolgen ("Ich bin immer für komplett – entwe<strong>der</strong> komplett Opt-in o<strong>der</strong> komplett<br />
Opt-out. Keine Teillösung: das Eine darf sein und das An<strong>der</strong>e nicht", Z 299-300). Wer eine<br />
flächendeckende Einführung will, müsse Opt-out wählen.<br />
Die Interviewpartnerin glaubt nicht an große Verän<strong>der</strong>ungen in ihrer Praxis durch neue e-<br />
<strong>Health</strong>-Anwendungen ("wenn Vorbefunde o<strong>der</strong> <strong>aus</strong>wärtige Befunde vernünftig angeboten<br />
würden, wäre es manchmal sinnvoll, aber das brauchen wir nicht so häufig wie es immer<br />
dargestellt wird", Z 255-256). An ihrer Autonomie als Ärztin würde sich nach ihrer Meinung<br />
ebenfalls nichts än<strong>der</strong>n. Sie glaubt aber, dass durch neue Anwendungen die<br />
Kommunikation mit an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> und Einrichtungen noch verbessert werden könne.<br />
Auch im Umgang mit den Patienten gebe es Verbesserungen, z.B. in <strong>der</strong> Administration<br />
("Ich habe mir schon einmal überlegt, diese ganze „Zettelwirtschaft“ mit dem Ausfüllen <strong>von</strong><br />
z.B. Unverträglichkeiten zu umgehen, indem man mit iPads arbeitet, wo <strong>der</strong> Patient seine<br />
Unterschrift leistet", Z 316-319).<br />
Nach <strong>der</strong> Erfahrung <strong>der</strong> Interviewpartnerin haben alle bisher neu eingeführten Applikationen<br />
keine Kosteneinsparungen gebracht. Als Beispiele nennt sie die e-card ("Wirklich eine<br />
Zeitersparnis sind manche Dinge gewesen, wie die e-card, wo die Daten automatisch<br />
übernommen werden – wobei die Anschaffungskosten dafür sehr hoch waren", Z 265-267)<br />
sowie eine Spracherkennungss<strong>of</strong>tware, die sie regelmäßig nutzt ("Aber da hat es auch ganz<br />
groß geheißen - wir sparen uns Personal – stimmt so nicht", Z 265-267). Einen Vorteil für<br />
die Patienten sieht die Interviewpartnerin durch ein Beispiel <strong>aus</strong> <strong>der</strong> radiologischen Praxis<br />
bei Mammographieuntersuchungen ("ungefähr 30 % <strong>der</strong> Patientinnen haben ihre Bil<strong>der</strong><br />
verschmissen. [...] Im privaten Bereich ist ja <strong>der</strong> Patient <strong>der</strong> Besitzer <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> und nicht <strong>der</strong><br />
Radiologe. Daher muss ich manchmal Mehrfachuntersuchungen zu Lasten <strong>der</strong> Patientinnen<br />
durchführen und hab dann immer noch einen unsicheren Befund usw. Jetzt ist das völlig<br />
hinfällig", Z 275-280). Bei neuen Anwendungen sei auch eine Kosten-Nutzen-Analyse<br />
unbedingt notwendig.<br />
79
Ergebnisdarstellung<br />
4.1.11 Interviewpartner Nr.11: "Wenn ich das vermehren würde, müsste ich etwas nehmen,<br />
das ich nicht brauche"<br />
Der Interviewpartner arbeitet als Laborfacharzt und hat daher einen spezifischen Blick auf<br />
diejenigen e-<strong>Health</strong>-Applikationen, die in seinem Fachgebiet benötigt und angewendet<br />
werden.<br />
Er findet die Computernutzung in seinem Fach sinnvoll und nützlich, die Laborärzte<br />
gehörten zu den ersten, die spezifische S<strong>of</strong>tware nutzten. Darüber hin<strong>aus</strong> ist er ein<br />
zweckgebundener Internet- und Computernutzer, <strong>der</strong> diese nur zu Berufs- o<strong>der</strong><br />
Informationszwecken in Anspruch nimmt. Der Internetkommunikation steht er eher<br />
skeptisch gegenüber ("ich glaube, dass über die vermehrte Internetkommunikation <strong>der</strong><br />
normale persönliche Sozialkontakt ein bisschen hinten bleibt", Z 14-15). Er meint auch, dass<br />
e-<strong>Health</strong>-Anwendungen den persönlichen Kontakt nicht ersetzen können, <strong>der</strong> nach wie<br />
vor das Wichtigste in <strong>der</strong> ärztlichen Tätigkeit sei ("Ich glaube, <strong>der</strong> persönliche Kontakt zu<br />
den Patienten und Zuweisern ist das Wesentliche", Z 120-121).<br />
Der Interviewpartner benutzt bereits sehr lange - seit 1993 - ein APIS, das er bereits viermal<br />
gewechselt hat und in dem er in <strong>der</strong> Frühphase auch selber Dinge entwickelt hat, die er<br />
brauchte und die nicht angeboten wurden. Daher kenne er sich "zwangsweise" (Z 22) gut<br />
<strong>aus</strong>. Er nutzt vor allem die Befundübermittlung im Aust<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Kollegen,<br />
damit sei er zufrieden, und dies sei nützlich. Auch mit <strong>der</strong> Nutzerfreundlichkeit seines APIS<br />
sei er zufrieden, dies sei das "Optimum am Markt" (Z 68). Am Support sehe er<br />
grundsätzliche Verbesserungsmöglichkeiten ("es ist wie mit allen S<strong>of</strong>twarefirmen", Z 94),<br />
er sei aber auch hier mit <strong>der</strong> Kommunikation mit den Anbietern im Großen und Ganzen<br />
zufrieden. Er selbst biete über das Normale an e-<strong>Health</strong> auch einen Zusatz für die<br />
Patienten an - das selbständige Ansehen <strong>von</strong> Befunden - was aber sehr selten genutzt<br />
werde. Er hat das Gefühl, den Anfor<strong>der</strong>ungen, die e-<strong>Health</strong> stellt, gewachsen zu sein.<br />
Der Interviewpartner fühlt sich insbeson<strong>der</strong>e durch seine standespolitische Tätigkeit gut<br />
über e-<strong>Health</strong> informiert, er bezieht seine Informationen vor allem über die Kammer sowie<br />
über die S<strong>of</strong>twarefirma. Er wünsche sich auch keine zusätzlichen Informationen.<br />
Von den aufgeführten 20 e-<strong>Health</strong>-Applikationen wendet <strong>der</strong> Interviewpartner fünf an, die er<br />
auch nützlich bis sehr nützlich findet (e-card, e-Abrechnung, DFÜ-Übermittlung <strong>der</strong><br />
Abrechnung, e-Laborbefund und e-Überweisung). Eine Ausnahme besteht bei <strong>der</strong> e-card,<br />
bei <strong>der</strong> er den Nutzen infrage stellt ("ich glaube allerdings, wir hätten es gar nicht<br />
gebraucht, weil eh je<strong>der</strong> versichert ist", Z 28-29). Weitere zwölf e-<strong>Health</strong>-Applikationen kennt<br />
er zwar, er nutzt und braucht sie aber nicht in seiner Praxis (e-Arztbrief/e-Befundbericht, e-<br />
Pflegebegleitschreiben, e-AUM, ABS, e-Impfpass, e-Medikation, e-Radiologie, e-Mutter-Kind-<br />
80
Ergebnisdarstellung<br />
Pass, e-Leistungsbericht, e-Terminmanagement, e-Notfallsdaten, Home Monitoring). Zu<br />
an<strong>der</strong>en Anwendungen äußert er Zweifel am Nutzen. So lehne er die ELGA in seiner<br />
<strong>der</strong>zeitigen Form ab. Er glaubt auch, dass ein öffentliches Informationssystem für<br />
Gesundheitsinformationen medizinische Laien wahrscheinlich überfor<strong>der</strong>n würde,<br />
wenngleich er sachgerechte medizinische Informationen im Internet befürwortet ("Ich weiß<br />
nicht, ob es für einen Laien so einfach ist, damit umzugehen", Z 43). Ein zentrales<br />
Anbieterverzeichnis hält er für nicht nützlich, weil es solche Verzeichnisse bereits bei den<br />
Gemeinden gäbe, einer zentralisierten Erfassung <strong>der</strong> Adressen steht er skeptisch<br />
gegenüber.<br />
Die Datensicherheit sehe er in seiner Praxis als gegeben an, da die S<strong>of</strong>tware ISO-<br />
zertifiziert sei. Eine komplette Bereitstellung seiner Daten für an<strong>der</strong>e GDAs sieht er als<br />
sinnlos an ("Nein, wozu?", Z 208).<br />
Durch e-<strong>Health</strong> sieht <strong>der</strong> Interviewpartner keine Kostensparmöglichkeiten. Den Nutzen für<br />
die Patienten könne er aufgrund seines speziellen Fachgebietes nicht einschätzen. Der<br />
Gesetzgeber könnte unterstützen, indem er mehr Transparenz einfor<strong>der</strong>t. Insbeson<strong>der</strong>e in<br />
Bezug auf Nutzen und Kosten seien e-<strong>Health</strong>-Applikationen <strong>of</strong>t intransparent ("Gerade im<br />
EDV-Bereich ist es aber lei<strong>der</strong> so, dass aufgrund <strong>der</strong> schweren Nachvollziehbarkeit <strong>der</strong><br />
Abläufe <strong>der</strong> Nutzer gar nicht weiß, ob das was er kauft, sinnvoll und nicht überteuert ist", Z<br />
190-192).<br />
Eine vermehrte Nutzung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Anwendung in <strong>der</strong> Zukunft brauche <strong>der</strong><br />
Interviewpartner für seine Praxis nicht, da er hier bereits alle Möglichkeiten <strong>aus</strong>geschöpft<br />
habe ("Momentan kann ich mir keine neuen vorstellen, die ich brauchen könnte", Z 169). Er<br />
sehe auch keine Verbesserungsmöglichkeiten. Nur auf Empfehlung <strong>von</strong> Patienten o<strong>der</strong><br />
Gesundheitsinstitutionen hin würde er keine neuen e-<strong>Health</strong>-Applikationen anwenden,<br />
son<strong>der</strong>n nur, wenn sie sinnvoll und nützlich seien. Er würde vorab den erwarteten Nutzen<br />
prüfen und mit dem erwarteten Aufwand verrechnen ("Jede elektronische Anwendung ist<br />
immer mit ziemlichem Aufwand verbunden, bei <strong>der</strong> Installation, bei <strong>der</strong> Einschulung und das<br />
muss sich dann auch in irgendeiner Form auf <strong>der</strong> Nützlichkeitsseite <strong>aus</strong>wirken. Das ist bei<br />
mir das Wichtigste", Z 108-110). Neue Anwendungen verbinde er mit einer Einschränkung<br />
seiner Autonomie, wenn sie mit Zwang verbunden seien ("Wenn ich das vermehren<br />
würde, müsste ich etwas nehmen, das ich nicht brauche und damit ist meine Autonomie<br />
eingeschränkt", Z 203-204). Er sieht keine Verbesserungsmöglichkeiten in seiner Praxis,<br />
daher würde er je<strong>der</strong> zwangsweisen Einführung neuer Anwendungen skeptisch<br />
gegenüberstehen ("Allein deshalb würde ich es nicht schätzen, wenn da <strong>von</strong> oben etwas<br />
drübergestülpt würde, was für uns überhaupt nicht sinnvoll ist", Z 221-222).<br />
81
Ergebnisdarstellung<br />
An Pilotprojekten würde <strong>der</strong> Interviewpartner aufgrund schlechter Erfahrungen nicht<br />
mehr teilnehmen. Seine Meinung sei allerdings bereits bei einigen Projekten zur<br />
Labors<strong>of</strong>tware eingeflossen. Seine Akzeptanz würde durch die Einbindung in die<br />
Entwicklung allerdings nicht beeinflusst werden, son<strong>der</strong>n allein <strong>der</strong> Nutzen einer S<strong>of</strong>tware<br />
sei ihm wichtig ("Wenn eine e-<strong>Health</strong> Anwendung gut ist - also nützlich und sinnvoll ist - ist<br />
es ganz egal, ob ich beteiligt war o<strong>der</strong> nicht", Z 159-160). Er plädiert für die konsequente<br />
Anwendung <strong>von</strong> Opt-in ("Es kann nur sein, dass jemand vorher sagt: 'ich will das'. Aber es<br />
kann nicht sein, dass jemand sagen muss: 'ich will das nicht'", Z 196-197).<br />
4.1.12 Interviewpartnerin Nr.12: " Wir Ärzte sind ja alle mündig und wissen, was wir zur<br />
Ausübung unseres Berufes brauchen"<br />
Die Interviewpartnerin gibt im Interview an, sie habe eine sehr positive Einstellung zu e-<br />
<strong>Health</strong> allgemein, ein Vorteil sei z.B. die Informationssuche im Internet, sie selber<br />
recherchiere und vergleiche <strong>of</strong>t, das müsse aber immer durch Fachwissen bewertet<br />
werden, um qualitätsvolle Informationen zu erhalten. In ihrer Freizeit habe sie Spaß am<br />
Computer und probiere gerne neue Dinge <strong>aus</strong>.<br />
Die Interviewpartnerin meint, sie habe noch nicht viel Erfahrung mit dem APIS und lerne<br />
noch ("da habe ich schon noch einiges an Nachholbedarf", Z 25-26). Sie sei an <strong>der</strong><br />
Entwicklung des Systems nicht beteiligt gewesen. Mit dem, was sie könne, sei sie<br />
zufrieden, aber es sei noch mehr möglich. Sie habe lei<strong>der</strong> nicht viel Zeit zum Einarbeiten.<br />
Mit <strong>der</strong> Funktionalität des APIS, <strong>der</strong> Kommunikation und dem Support <strong>der</strong> Herstellerfirma<br />
sei sie zufrieden, aber sie müsse sich noch intensiver beschäftigen und könne nicht zu<br />
allen Themen etwas sagen. Sie fühle sich den Anfor<strong>der</strong>ungen, die e-<strong>Health</strong> an sie stellt,<br />
nicht immer 100%ig gewachsen. Sie halte das APIS für sehr bedeutsam für die Praxis<br />
und könne sich eine Arbeit ohne es nicht mehr vorstellen.<br />
Die Interviewpartnerin fühlt sich über e-<strong>Health</strong> nicht <strong>aus</strong>reichend informiert. Sie erhalte<br />
ihre Informationen <strong>von</strong> Veröffentlichungen <strong>der</strong> Ärztekammer, <strong>der</strong> Krankenkassen, ihrem<br />
S<strong>of</strong>tware-Hersteller sowie <strong>aus</strong> den Medien. Sie wünsche sich aber mehr Informationen,<br />
z.B. Informationsabende <strong>der</strong> Ärztekammer.<br />
Folgende sechs e-<strong>Health</strong>-Applikationen nutze die Interviewpartnerin regelmäßig und sei mit<br />
ihnen zufrieden: e-card, e-Abrechnung, DFÜ, e-Laborbefund, e-Überweisung und e-<br />
Befundberichte (diese seltener). Ein Informationssystem für qualitätsgesicherte<br />
Gesundheitsinformationen fände die Interviewpartnerin insbeson<strong>der</strong>e für den Laborbereich<br />
wichtig und nützlich. Alle an<strong>der</strong>en Anwendungen seien für ihren Fachbereich nicht<br />
82
Ergebnisdarstellung<br />
relevant, auch wenn sie ihr bekannt wären. Die Interviewpartnerin äußerte sich zum Projekt<br />
ELGA nicht geson<strong>der</strong>t.<br />
In ihrer Praxis werde streng auf Datenschutz geachtet und Sicherheitslücken ständig<br />
geprüft, sie unterliegen zudem Qualitätskontrollen. Der Datenschutz sei ihr bei neuen e-<br />
<strong>Health</strong>-Anwendungen sehr wichtig ("Es muss definitiv <strong>aus</strong>geschlossen sein, dass die<br />
Ordinationsgehilfin, eine Versicherung, <strong>der</strong> Arbeitgeber usw. Zugriff auf Patientendaten<br />
haben könnten.", Z 214-216).<br />
Sie könne nicht sagen, ob sie ihre Rolle als Arzt mit neuen Anwendungen besser <strong>aus</strong>üben<br />
könne. Sie habe den Eindruck, dass das bisherige Leistungsangebot <strong>aus</strong>reichend sei<br />
("Ich glaube, dass wir bereits jetzt ein ziemlich gutes Spektrum anbieten", Z 123-124).<br />
Zu neuen Anwendungen würde die Interviewpartnerin <strong>aus</strong> Prinzip nicht gerne gezwungen<br />
werden, besser sei eine Überzeugung durch sinnvolle und nützliche Funktionen ("Ich<br />
würde immer gerne die Chance haben, mir die Sinnhaftigkeit und die Nützlichkeit <strong>von</strong> Dingen<br />
mit überlegen zu können", Z 139-140). Auch <strong>der</strong> Gesetzgeber sollte auf Freiwilligkeit und<br />
Überzeugung durch funktionale Anwendungen setzen ("Wir Ärzte sind ja alle mündig und<br />
wissen, was wir zur Ausübung unseres Berufes brauchen", Z 241-242).<br />
Eine Zusammenarbeit zwischen Technikern und Medizinern sei für die<br />
Weiterentwicklung <strong>der</strong> S<strong>of</strong>tware nützlich, da sie auf diese Weise praxisnäher gestaltet<br />
werde ("Nicht selten haben Techniker, die an <strong>der</strong> Entwicklung dieser spezialisierten<br />
Programme beteiligt sind, lei<strong>der</strong> wenig Ahnung vom praktischen Alltag eines Mediziners, vom<br />
Umgang mit Patienten und den notwendig damit verbundenen konkreten Erfor<strong>der</strong>nissen", Z<br />
165-168). Wenn ihre Zeit es erlaubte, würde sie gerne an <strong>der</strong> Entwicklung neuer S<strong>of</strong>tware<br />
o<strong>der</strong> in Pilotprojekten mitarbeiten. Das würde ihre Akzeptanz wahrscheinlich steigern, sie<br />
habe dann das Gefühl, ernstgenommen zu werden und hätte mehr Wissen über eine<br />
Anwendung. Ihre Akzeptanz sei aber unabhängig da<strong>von</strong> auch bei nützlichen und<br />
sinnvollen Anwendungen gegeben ("Ich würde es aber wahrscheinlich auch akzeptieren,<br />
wenn ich <strong>von</strong> jemandem glaubhaft überzeugt würde, zu dem ich Vertrauen habe, dass<br />
dieses System praktikabel, sinnvoll und nützlich ist ", Z 181-183).<br />
Sinnvoll findet die Interviewpartnerin die elektronische Befundübertragung zwischen<br />
Kollegen und würde auch in Zukunft solche Applikationen vermehrt anwenden. Sie selbst<br />
äußert dahingehend Bedarf und nennt als Beispiel Pflegedienstgutachten ("In dieser<br />
Tätigkeit als Gutachterin stoße ich sehr <strong>of</strong>t auf Patienten, wo man auf Befunde angewiesen<br />
ist. [...]Da hätte ich mir schon sehr <strong>of</strong>t die Möglichkeit gewünscht, mir direkt online relevante<br />
Informationen über den Patienten abrufen zu können, die ich für den jeweiligen Fall<br />
benötige", Z 49-54). Ihre Praxis habe auf Wunsch <strong>von</strong> Kollegen zusätzliche Applikationen<br />
installiert ("Wir haben ja schon für die Kollegen die Möglichkeit einer online-Anfor<strong>der</strong>ung und<br />
83
Ergebnisdarstellung<br />
<strong>der</strong> online-Einsichtnahme in die Patientendaten geschaffen", Z 109-111). Dies würden sie<br />
auch bei weiteren e-<strong>Health</strong>-Applikationen nach Prüfung auf Sinnhaftigkeit und<br />
Funktionalität tun. Auch Patientenwünsche würde sie "natürlich, auf jeden Fall" (Z 103)<br />
berücksichtigen.<br />
Der elektronische Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch habe auch Nutzen für Patienten aufgrund <strong>der</strong><br />
schnellen Informationsübertragung, allerdings nur unter Gewährleistung des<br />
Datenschutzes ("ich glaube, dass es schon für den Patienten ein großer Vorteil wäre, wenn<br />
er z.B. zum Facharzt geht und <strong>der</strong> über sein APIS die Möglichkeit hätte, sich rasch<br />
Informationen über den Patienten zu holen", Z 207-208). Diesen Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch würde sie<br />
mit <strong>Ärzten</strong> befürworten, aber nicht mit an<strong>der</strong>en Akteuren ("für Versicherungen, Behörden,<br />
Betriebe, Schulen, Arbeitgeber – das lehne ich prinzipiell ab", Z 251-252), mit Ausnahme<br />
einer expliziten Erlaubnis des Patienten.<br />
Auswirkungen neuer Applikationen in <strong>der</strong> Zukunft sieht die Interviewpartnerin hinsichtlich <strong>der</strong><br />
Möglichkeit, Personal im Administrationsbereich zu sparen, was sie allerdings ablehnt<br />
("Was ich ganz entschieden weniger schätze, sind Verbesserungen, die auf Kosten <strong>der</strong><br />
Mitarbeiter gehen", Z 190-191). Im ärztlichen Bereich sieht sie keine<br />
Verbesserungsmöglichkeiten. Im Bereich <strong>der</strong> Kosten geht sie <strong>von</strong> einer<br />
Kostenverlagerung <strong>aus</strong>. Sollten die Kosten zulasten <strong>der</strong> Ärzte gehen, kündigt sie<br />
Wi<strong>der</strong>stand an und bezieht sich dabei auf die Ärzte als Gruppe ("Wenn wir im Labor durch<br />
mehr e-<strong>Health</strong> auch höhere Kosten ohne entsprechenden Benefit hätten, würden wir uns<br />
dagegen wehren ", Z 200-202). Sie sieht zudem eine Beschränkung ihrer Autonomie als Arzt<br />
("Natürlich, ich bin dadurch mehr unter Kontrolle", Z 247).<br />
Der Gesetzgeber könne nach Meinung <strong>der</strong> Interviewpartnerin unterstützend wirken, in dem<br />
er die Datenschutzbestimmungen streng und eindeutig regelt, um als Arzt eine Sicherheit<br />
dem Patienten gegenüber zu erhalten ("Keine „Gummiparagraphen“, die man so o<strong>der</strong> so<br />
anwenden kann, son<strong>der</strong>n eine klare, exakte und juristisch wasserdichte Regelung: ich will<br />
meinen Patienten mit gutem Gewissen sagen können: ‚Sie können sich darauf verlassen,<br />
das steht unter Datenschutz‘ o<strong>der</strong> ‚Es tut mir leid, Sie können keine Information bekommen,<br />
weil das gesetzlich so festgelegt ist‘", Z 224-228). Weiterhin sollten einheitliche technische<br />
Standards gesetzt werden, um die einzelnen Systeme kompatibel zu machen. Die<br />
Interviewpartnerin ist für eine Opt-in-Lösung.<br />
84
Ergebnisdarstellung<br />
4.1.13 Interviewpartnerin Nr.13: "die Elektronik wird nicht alles ersetzen können. Es liegt<br />
immer noch in <strong>der</strong> ärztlichen Verantwortung"<br />
Die Interviewpartnerin hat eine grundsätzlich positive Einstellung zu e-<strong>Health</strong>. Sie selbst<br />
arbeitet seit Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre mit APIS, habe noch mit DOS-Funktionen gelernt und<br />
dadurch ihrer Meinung nach viel Erfahrung gesammelt, da die Umstellungen vor allem<br />
früher ein großes Computerwissen vor<strong>aus</strong>setzten. Sie habe bereits mehrere<br />
Systemwechsel erlebt, was die Erfahrung mit IT gezwungenermaßen vergrößert ("es bleibt<br />
einem nichts an<strong>der</strong>es übrig als sich weiterzuentwickeln", Z 366). Sie nutze IT auch im<br />
Privatbereich gern, z.B. zur Informationssuche o<strong>der</strong> für Spiele. Die sozialen Netzwerke im<br />
Internet sieht sie hingegen skeptisch und betont die Bedeutung <strong>der</strong> direkten<br />
Kommunikation für die Gesellschaft ("Ich glaube nicht, dass Internet und EDV die einzige<br />
Antwort auf unsere momentane Gesellschaft ist. Ich glaube, dass man die persönliche und<br />
direkte Kommunikation nie ersetzen wird können", Z 13-15).<br />
Informationen zu e-<strong>Health</strong> erhält die Interviewpartnerin über die Kammer in ihrer Funktion<br />
als Standesvertreterin, sowie über den Programmierer ihres Anbieters. Mehr<br />
Informationen wünsche sie nicht.<br />
In ihrem APIS nutze sie nur diejenigen Funktionen, die sie wirklich braucht und mit denen<br />
sie zufrieden ist. Mit dem Support sei sie ebenfalls zufrieden. Einem ständigen Wechsel<br />
<strong>der</strong> Hardware verweigert sie sich und nimmt dafür auch eine verschlechterte<br />
Funktionalität (Verlangsamung) in Kauf.<br />
Folgende Anmerkungen zu Nutzung und Nützlichkeit konkreter e-<strong>Health</strong>-Funktionen macht<br />
die Interviewpartnerin: Die e-card wird <strong>von</strong> ihr als Wahlärztin nur zu<br />
Vorsorgeuntersuchungen genutzt. Es funktioniere problemlos, aber <strong>der</strong> Nutzen <strong>der</strong> e-card<br />
für sie sei fraglich ("Benefit ist für mich im Höchstfall die Abfrage <strong>der</strong><br />
Sozialversicherungsnummer. Man hätte dies sicher auch über einen an<strong>der</strong>en elektronischen<br />
Weg zur Verfügung stellen können", Z 36-38). Die Abrechnung und DFÜ sowie e-<br />
Laborbericht würde sie selbstverständlich elektronisch machen. Auch die e-<br />
Befun<strong>der</strong>stellung mache sie elektronisch, wobei nicht alle Wahlärzte diese Feature<br />
nutzen. Das e-Pflegebegleitschreiben kenne sie, nutze sie aber nicht, ebenso ABS und e-<br />
Radiologie, weil sie sie nicht brauche. Bei einigen Funktionen stellt sie den Nutzen<br />
infrage, da die Papierversion sowieso gebraucht werde und eine Mehrfachspeicherung<br />
unsinnig sei, wie bei <strong>der</strong> e-AUM ("Beson<strong>der</strong>s bei unserer klar strukturierten<br />
Wirtschaftsumgebung brauchen wir das Papier – wozu also doppelt?", Z 54), <strong>der</strong> e-<br />
Überweisung ("Vorteil null, <strong>der</strong> Patient braucht nämlich trotzdem einen Zettel, wo draufsteht,<br />
zu welchem Arzt o<strong>der</strong> in welches Krankenh<strong>aus</strong> er geschickt wird sowie auch die<br />
85
Ergebnisdarstellung<br />
Telefonnummer", Z 70-72), <strong>der</strong> e-Impfpass ("Für den Patienten und seine laufende<br />
Impfkontrolle glaube ich immer noch, dass <strong>der</strong> Impfpass in Papierform das bessere Teil ist<br />
und auf Reisen und International kommt er ohne Papierimpfpass sowieso nicht <strong>aus</strong>", Z 64-<br />
66), e-Medikation ("Der Patient braucht auf jeden Fall ein Rezept in <strong>der</strong> Hand um<br />
überprüfen zu können, ob alles aufgeschrieben wurde, was er sich vom Arzt hat<br />
verschreiben lassen, um sich die Namen <strong>von</strong> Medikamenten einzuprägen", Z 125-127) und<br />
<strong>der</strong> e-Mutter-Kind-Pass ("Der Mutter-Kind-Pass ist eine Errungenschaft, da ihn die Mutter<br />
bei sich trägt und immer zur Verfügung hat und dadurch auch erinnert wird, wann die<br />
nächste Untersuchung ist", Z 158-160). Das e-Terminmanagement werde nur <strong>von</strong> ihr<br />
selbst angewandt, ohne Zugriff <strong>der</strong> Patienten. Die e-Notfalldaten seien unsinnig, da sie im<br />
Notfall nicht abgerufen werden ("Zu allererst ist man mit <strong>der</strong> Grundversorgung beschäftigt, da<br />
braucht man für nichts eine Elektronik, nachher vielleicht, Z 200-201). Home Monitoring<br />
kenne sie und nutze sie nur als 24-h-Blutdruckmessung, ansonsten seien solche<br />
Patienten meist bei Spezialisten. Ein öffentliches Informationssystem für Patienten sei<br />
nicht schlecht, aber ins<strong>of</strong>ern nicht sinnvoll, da Patienten immer auch invalide<br />
Informationen besitzen ("Prinzipiell nicht schlecht, aber <strong>der</strong> Patient kommt trotzdem mit<br />
seinen Forumfragen", Z 232-233).<br />
ELGA in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Fassung wird <strong>von</strong> <strong>der</strong> Interviewpartnerin abgelehnt aufgrund des<br />
darin enthaltenen Aust<strong>aus</strong>chs <strong>von</strong> Patientendaten, insbeson<strong>der</strong>e einem Aust<strong>aus</strong>ch mit<br />
Institutionen, die dem Patienten schaden könnten ("Sie sollten aber nicht verfügbar sein für<br />
Berufsgruppen, die dies vielleicht zum Schaden des Patienten benutzen könnten – da denke<br />
ich in erster Linie an die Wirtschaft und die Dienstgeberseite und in zweiter Linie an die<br />
Privatversicherer. Ich halte das für extrem gefährlich", Z 110-113). Der Aust<strong>aus</strong>ch <strong>von</strong><br />
Daten und die zugehörige Inkompatibilität bei multimorbiden Patienten werden auch als<br />
Grund für das Nichtfunktionieren des Projektes e-Medikation genannt ("Die Überprüfung<br />
<strong>der</strong> Medikation in den <strong>der</strong>zeit vorhandenen und möglichen Prüfprogrammen ist ein Problem",<br />
Z 137-138).<br />
Weitere Vorteile <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen seien die Sicherung und Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>von</strong><br />
Daten (Thema e-Impfpass: "Bringen tut ein elektronischer Impfpass zum<br />
Datenwie<strong>der</strong>herstellen was", Z 63-64) sowie die automatische Übernahme <strong>von</strong> Daten, z.B.<br />
bei <strong>der</strong> e-Überweisung o<strong>der</strong> beim e-Leistungsbericht ("wenn ich dem Patienten z.B. bei<br />
einem Umzug auf Knopfdruck seine Krankenakte mitgeben kann und <strong>der</strong> neue Kollege liest<br />
sie sich einmal durch und trägt sich in seine EDV nur noch die relevanten Dinge ein", Z 177-<br />
180).<br />
Als weitere Nachteile werden die zusätzlichen Kosten genannt (Thema e-AUM: "Man<br />
müsste dieses Modul ja auch bezahlen und wozu etwas bezahlen, was ich nicht brauche?",<br />
86
Ergebnisdarstellung<br />
Z 55-56). Zudem komme es zu einem Informationsüberfluss, <strong>der</strong> nicht mehr zu überblicken<br />
sei ("Wenn wir ELGA haben – und da sind dann Millionen Dateien verfügbar – laufen wir<br />
Gefahr, dass wir entwe<strong>der</strong> alle Daten horten, was dann zu einer riesigen Datenmenge führen<br />
wird", Z 115-117), und dass das elektronische System womöglich zu schnelleren<br />
Entscheidungen verleite ("einen Zettel hat man in <strong>der</strong> Hand, bevor man ihn hergibt und man<br />
schaut nochmal drauf - elektronisch kann man unglaublich schnell per Knopfdruck sein", Z<br />
94-96). Die ärztliche Verantwortung erfor<strong>der</strong>e aber ein sorgfältiges Abwägen aller<br />
Informationen unabhängig vom Medium, auf dem diese Informationen übermittelt werden.<br />
Dieses Abwägen lasse sich nicht durch elektronische Standardisierung ersetzen<br />
("Tatsächlich für den Patienten medizinisch relevant sind aber nicht alle Dinge und vieles<br />
wird erst im Nachhinein relevant. [...] D.h. man kann es wie<strong>der</strong> nicht elektronisch entscheiden<br />
durch eine Standardisierung", Z 169-175) Die ärztliche Autonomie werde durch<br />
inkompatible Systeme sowie durch die zwangsweise Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong><br />
geschwächt ("die möglichen Interaktionen muss man ja ohnehin als Arzt immer<br />
verantworten. Also ich weiß <strong>von</strong> Kollegen, die an dem Projekt e-Medikation teilgenommen<br />
haben, dass es schwierig war, manche Rezepte r<strong>aus</strong>zubringen – am Schluss haben sie sie<br />
mit <strong>der</strong> Hand geschrieben und das kann es nicht sein", Z 143-146). Auch die<br />
Überwachungsmöglichkeiten, die durch e-<strong>Health</strong> möglich geworden sind, lehne sie ab<br />
("ich habe etwas gegen Überwachung und dieses Instrumentarium e-<strong>Health</strong>, e-card-System,<br />
etc. kann man sehr wohl zur Überwachung einsetzen", Z 356-358).<br />
Damit im Zusammenhang werden <strong>von</strong> <strong>der</strong> Interviewpartnerin auch Unsicherheiten und<br />
Ängste bzgl. Haftungsfällen benannt, z.B. bzgl. <strong>der</strong> Richtigkeit und <strong>der</strong> Vollständigkeit<br />
<strong>von</strong> Datensätzen ("Zu klären ist, wer für die Richtigkeit <strong>der</strong> Daten haftet und im Beson<strong>der</strong>en,<br />
wer haftet für die Vollständigkeit <strong>der</strong> Daten – ich denke dafür sollte <strong>der</strong> Patient selbst haften.<br />
Er soll sich <strong>aus</strong>drucken lassen, was er drauf hat und das auch überprüfen", Z 217-219;<br />
"Hafte ich für jeglichen zur Kenntnis genommenen Inhalt und ab welchen Zeitpunkt bin ich<br />
verpflichtet, das alles zu lesen? Das ist unser Problem!", Z 379-381). Mit den juristischen<br />
Folgen <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> fühle sie sich überfor<strong>der</strong>t.<br />
Sie sei zufrieden mit dem Aust<strong>aus</strong>ch mit Kollegen, grenzt sich aber vom Begriff GDA ab,<br />
da er marktorientiert sei und unseriöse Anbieter mit einschließe<br />
("Gesundheitsdienstanbieter ist ein Begriff, <strong>der</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> Wirtschaft kommt und wenn ich<br />
daran denke, dass da z.B. sämtliche Energetiker drinnen sind, weil sie ja<br />
Gesundheitsdienstanbieter sind", Z 242-244). Einen Aust<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs findet sie<br />
aber auch nützlich. Einen unbegrenzten Zugriff auf Informationen finde sie bedenklich,<br />
da er das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient schwäche ("Es wird dazu<br />
führen, dass die Patienten nichts mehr erzählen", Z 464).<br />
87
Ergebnisdarstellung<br />
Die Datensicherheit hält sie auf einem hohen Niveau für gegeben, wenngleich es keine<br />
hun<strong>der</strong>tprozentige Sicherheit gebe ("Das entspricht keinem Arbeitsalltag", Z 303). Auch die<br />
Nachvollziehbarkeit und Zugriffsicherheit <strong>der</strong> Daten hält sie für gegeben.<br />
Die Interviewpartnerin würde vielleicht auch auf Patientenwunsch neue e-<strong>Health</strong>-<br />
Applikationen anbieten und betont auch die Funktion <strong>der</strong> Wahlärzte, Serviceleistungen<br />
am Patienten auch ohne konkreten Nutzen für die Ärzte zu erbringen ("Das ist zwar dem<br />
Patienten gegenüber ein Service, aber eines, das wir eigentlich schon erbringen sollten und<br />
wir Wahlärzte logischerweise selbstverständlich erbringen werden", Z 72-74). Auf<br />
Empfehlung <strong>von</strong> Institutionen würde sie neue e-<strong>Health</strong>-Applikationen nur dann einführen,<br />
wenn sie sinnvoll seien und sie nicht selber die Kosten tragen müsste. Sie selbst biete über<br />
die normalen Funktionen hin<strong>aus</strong> keine zusätzlichen e-<strong>Health</strong>-Services an. Sie glaube auch<br />
nicht, dass e-<strong>Health</strong> notwendig sei, um ein guter Arzt zu sein - sie als Allgemeinmedizinerin<br />
käme grundsätzlich auch ohne e-<strong>Health</strong> und IT in <strong>der</strong> Praxis <strong>aus</strong>, sogar ohne Strom könne<br />
sie ihre Tätigkeit als Ärztin <strong>aus</strong>üben, allein die Qualität <strong>der</strong> ärztlichen Behandlung würde<br />
durch<strong>aus</strong> leiden. Sie würde aber nicht freiwillig auf e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> Praxis verzichten wollen.<br />
An<strong>der</strong>erseits möge sie prinzipiell keinen Zwang, daher wolle sie sich auch nicht zur<br />
Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen zwingen lassen. Es würde ihre Einstellung zu e-<br />
<strong>Health</strong> verschlechtern. Ihre Akzeptanz neuer Anwendungen sei <strong>von</strong> <strong>der</strong> Funktionalität <strong>der</strong><br />
Anwendungen bestimmt, nicht da<strong>von</strong>, ob ihre Vorstellungen in die Entwicklung einfließen.<br />
Dennoch habe sie bereits in Pilotprojekten mitgemacht und werde dies auch in Zukunft<br />
tun.<br />
Auf die Zukunft bezogen sieht die Interviewpartnerin mit <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong>-<br />
Applikationen vor allem einen höheren administrativen und zeitlichen Aufwand, keine<br />
geringeren Kosten, und auch keinen Mehrwert für die Patienten. Sie bezieht diese<br />
Prognosen auf die potentielle Einführung <strong>der</strong> e-Medikation, <strong>der</strong> ELGA und den<br />
Mehrfachuntersuchungen, die mit <strong>der</strong> e-card vereinfacht worden sind ("Wozu hat man mit<br />
Einführung des e-card-Systems die Facharztbeschränkung aufgehoben? Früher hat man<br />
einen Krankenschein für den Praktiker bekommen, zwei Facharztscheine und einen<br />
Zahnschein – und jetzt? Gratiszugang mittels Plastikcard", Z 422-425). Vom Gesetzgeber<br />
wünscht sich die Interviewpartnerin Transparenz bzgl. <strong>der</strong> Entscheidungen sowie<br />
Maßnahmen zur Verringerung <strong>der</strong> Kosten im Gesundheitswesen außerhalb <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong><br />
(Selbstbehalt, Beschränkung des Zugangs zu Mehrfachuntersuchungen). Sie hält das<br />
jetzige System mit den bisherigen e-<strong>Health</strong>-Funktionen für <strong>aus</strong>reichend, es könne in<br />
kleinen Bereichen verbessert werden, aber eine Einführung grundsätzlicher Neuerungen<br />
wie ELGA lehne sie ab ("vielleicht kann man dort ein paar Funktionalitäten <strong>aus</strong>bauen, aber<br />
wir brauchen nicht ein neues Projekt namens ELGA", Z 444-445). Sie könne sich<br />
88
Ergebnisdarstellung<br />
Verbesserungen <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> beim Informationstransport vorstellen, z.B. <strong>der</strong><br />
Speicherung <strong>von</strong> Patientenverfügungen auf <strong>der</strong> e-card. Sie selbst nutze bereits alle<br />
sinnvollen und für sie funktionalen sowie alle gefor<strong>der</strong>ten e-<strong>Health</strong>-Funktionen.<br />
Sie befürworte eine allgemeine Opt-in-Lösung für e-<strong>Health</strong> ("das wäre meines Erachtens<br />
die entsprechende Variante", Z 450-451), während sie Opt-out schlecht findet<br />
("demokratiepolitisch äußerst bedenklich", Z 451), und ein befundbezogenes teilweises in/out<br />
ablehnt ("<strong>der</strong> größte Unsinn", Z 452).<br />
4.2 Das Kategoriensystem<br />
Im folgenden Abschnitt werden nun die Kategorien vorgestellt, die über alle Interviews<br />
gebildet worden sind. Diese Kategorien werden in Beziehung zueinan<strong>der</strong> gesetzt, und es<br />
werden ggf. Abstrahierungen und Hierarchisierungen vorgenommen. Auf diese Weise wird<br />
ein Kategoriensystem zur Thematik "e-<strong>Health</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" entstehen.<br />
4.2.1 Oberkategorie: "Persönliche Einstellungen und Hintergründe"<br />
Einstellung zu IT, Internet und Computern<br />
Die Ärzte haben zumeist eine <strong>of</strong>fene Einstellung zu IT in <strong>der</strong> Gesellschaft, keiner lehnt dies<br />
gänzlich ab, lediglich bei <strong>der</strong> Wertigkeit existieren Unterschiede. Häufig wird <strong>von</strong> den<br />
Interviewpartnern das Internet als Informationsmedium sowie als Medium zur<br />
sachbezogenen Kommunikation positiv bewertet (I3, I6, I11, I12), negativ hingegen die<br />
internetbasierte Kommunikation und soziale Netzwerke (I3, I11, I13). Meinungen, dass die<br />
Unterschiede in den Einstellungen generationenbedingt seien (I1, I2), konnte <strong>der</strong> Autor im<br />
Zuge <strong>der</strong> Interviews allerdings nicht feststellen. Ein Arzt (I7), <strong>der</strong> kurz vor <strong>der</strong> Pensionierung<br />
steht, ist sehr technikinteressiert und hat auch Spaß an <strong>der</strong> Computerarbeit.<br />
private Nutzung, Neugier und Spaß am Computer<br />
Eng verbunden mit <strong>der</strong> Kategorie "Einstellung zu IT, Internet und Computern" ist die<br />
Kategorie zum privaten Nutzungsverhalten. Von den <strong>Ärzten</strong> wurde eine sehr große<br />
Nutzungsspanne angegeben. Diese reicht <strong>von</strong> einer sehr seltenen, eher als "gezwungen"<br />
beschriebenen Nutzung o<strong>der</strong> einer Nutzung nur für Arbeitszwecke (I3, I8, I11), zu einer<br />
Nutzung, die mit Spaß und Neugier verbunden ist (I4, I7), bis hin zu <strong>Ärzten</strong>, die sich als<br />
"Freaks" bezeichnen und / o<strong>der</strong> den Computer auch im Alltag gern für Hobbys o<strong>der</strong> Spiele<br />
nutzen (I5, I9, I10, I12, I13).<br />
Einstellung zu e-<strong>Health</strong> und APIS<br />
89
Ergebnisdarstellung<br />
Die Einstellung zu e-<strong>Health</strong> und zu APIS allgemein lässt sich als eine beson<strong>der</strong>e Kategorie<br />
<strong>der</strong> Einstellung zu IT betrachten. Da dieses Thema aber für die Arbeit im Mittelpunkt steht,<br />
wurde sie als eigenständige Kategorie behandelt. Gleichwohl ist sie eng mit den oben<br />
genannten Kategorien verbunden.<br />
Ausnahmslos alle Befragten bescheinigen e-<strong>Health</strong> eine große Bedeutung und haben ein<br />
"grundsätzlich positives" (I1, I4, I13) o<strong>der</strong> ein "sehr positives" (I12) Verhältnis zu e-<strong>Health</strong>.<br />
Nur zwei Befragte meinen einschränkend, dass e-<strong>Health</strong> auch überbewertet wird (I3, I4).<br />
Unterschiedlich sind die Vorstellungen, die mit e-<strong>Health</strong> verknüpft sind. Einige halten e-<br />
<strong>Health</strong> und APIS für nützliche Werkzeuge, die die Abläufe verbessern, aber einen Arzt nicht<br />
grundsätzlich besser machen können (I1, I4, I6, I13). An<strong>der</strong>e betonen dagegen die<br />
grundsätzliche Qualitätssteigerung durch e-<strong>Health</strong> und APIS (I2, I7). Fast <strong>aus</strong>nahmslos alle<br />
befragten Ärzte meinen, dass sie sich das Führen einer Praxis ohne e-<strong>Health</strong> und APIS nicht<br />
mehr vorstellen können. Nur zwei Befragte meinen, dass sie ihre Praxis auch grundsätzlich<br />
noch ohne APIS führen könnten (I3, I13), wobei hier <strong>aus</strong>schließlich die ärztliche Tätigkeit am<br />
Patienten gemeint war.<br />
Zwischen den drei beschriebenen Kategorien wird eine enge Wechselbeziehung<br />
angenommen (siehe Abbildung 6).<br />
Abbildung 6: Inhalte und Beziehungen <strong>der</strong> Kategorien unter <strong>der</strong> Oberkategorie "Persönliche<br />
Einstellungen und Hintergründe"<br />
90
4.2.2 Kategorien "Nutzungsintention und subjektives Nutzungsverhalten"<br />
Ergebnisdarstellung<br />
Die Kategorien "Nutzungsintention" und "subjektives Nutzungsverhalten" spiegelt die<br />
Aussagen <strong>der</strong> Befragten wi<strong>der</strong>, die nicht nur über ihre Motivation zur Nutzung <strong>von</strong> neuen e-<br />
<strong>Health</strong>-Applikationen sprachen, son<strong>der</strong>n auch ihr aktuelles Nutzungsverhalten reflektierten.<br />
Da dieses Nutzungsverhalten im Rahmen <strong>der</strong> Interviews nicht "objektiv", d.h. <strong>von</strong> außen<br />
erfasst werden konnte, son<strong>der</strong>n nur in den <strong>Sicht</strong>weisen <strong>der</strong> Betr<strong>of</strong>fenen, wurde <strong>der</strong> Begriff<br />
"subjektives Nutzungsverhalten" gewählt.<br />
Die meisten Befragten halten ihr momentanes Nutzungsverhalten für <strong>aus</strong>reichend, und dass<br />
sie damit die Anfor<strong>der</strong>ungen an einen guten Arzt erfüllen können (I3, I4, I10, I11, I12, I13).<br />
Sie stehen Neuerungen skeptisch gegenüber, weil sie sie nicht gut einschätzen können (I4),<br />
weil sie dadurch keine Verbesserungen o<strong>der</strong> sogar Verschlechterungen für ihre Arbeit in<br />
Zukunft erwarten (I4, I6, I8, I9, I12, I13) und / o<strong>der</strong> weil sie meinen, dass sie keine weiteren<br />
e-<strong>Health</strong>-Applikationen für ihre ärztliche Tätigkeit brauchen (I4, I10, I11, I12). Die<br />
pessimistischen Zukunftserwartungen sind verbunden mit <strong>der</strong> Erwartung eines vermehrten<br />
Aufwandes an Administration, Kosten, Technik und Zeit bei geringem Nutzen für Ärzte und<br />
Patienten (I6, I13), mit <strong>der</strong> Erwartung, dass Kritikpunkte nicht aufgegriffen werden (I9) o<strong>der</strong><br />
dass Einsparmöglichkeiten nur auf Kosten <strong>der</strong> Mitarbeiter möglich sind (I12).<br />
Neben dieser skeptischen <strong>Sicht</strong> auf Neuerungen existiert aber auch, häufig parallel, eine<br />
Bereitschaft und Motivation, bestimmte neue e-<strong>Health</strong>-Applikationen dann anzuwenden,<br />
wenn diese eine Verbesserung für die eigene Arbeit darstellen (I3, I4, I5, I7, I8, I9, I10).<br />
Manche Befragte machen konkrete Verbesserungsvorschläge und können sich vorstellen,<br />
neue e-<strong>Health</strong>-Applikationen, die sie bei ihrer ärztlichen Tätigkeit am Patienten unterstützen,<br />
dann auch vermehrt anzuwenden. Verbesserungsvorschläge wurden gemacht in Bezug auf<br />
die Kommunikation, z.B. die Befundübertragung zwischen KollegInnen (I3, I4, I6, I7, I10,<br />
I12), die Standardisierung <strong>von</strong> Formaten und Abkürzungen (I2, I4, I5), intelligente<br />
S<strong>of</strong>twarelösungen, z.B. für Terminvergabe (I2), die Praktikabilität <strong>der</strong> S<strong>of</strong>tware (I7), den<br />
Ausbau <strong>der</strong> e-Medikation (I7,I9), die Administration (I7, I10) und den Informationstransport<br />
z.B. auf <strong>der</strong> e-card (I13).<br />
Die Diskrepanz zwischen <strong>der</strong> Skepsis in Bezug auf die Zukunft <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> und <strong>der</strong><br />
Motivation zur Nutzung bestimmter e-<strong>Health</strong>-Applikationen ist möglicherweise darauf<br />
zurückzuführen, dass viele Ärzte die Zukunft <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> mit <strong>der</strong> Einführung <strong>von</strong> ELGA<br />
verbinden. Von einer Ärztin (I13) wird diese Verbindung auch explizit genannt.<br />
91
Ergebnisdarstellung<br />
Die reale Nutzung <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen wird <strong>von</strong> einigen Befragten als geringer<br />
angegeben als allgemein erwartet. Die Ergebnisse <strong>der</strong> Abfrage zur realen Nutzung konkreter<br />
Applikationen in <strong>der</strong> eigenen Praxis sind in Tabelle 3 aufgeführt.<br />
Tabelle 3: Häufigkeit <strong>der</strong> Nennungen zu Bekanntheit, eigener Nutzung und subjektiver Nützlichkeit<br />
einzelner e-<strong>Health</strong>-Applikationen<br />
Applikation Bekanntheit<br />
Eigene Nutzung<br />
(auch im<br />
Pilotprojekt)<br />
Subjektive<br />
Nützlichkeit<br />
(allgemein / für die<br />
eigene Praxis)<br />
Ja Nein Ja Nein Ja m.E. Nein<br />
e-card IIIII IIIII III IIIII IIIII I IIIII I IIIII I<br />
e-Abrechnung IIIII IIIII III IIIII IIIII I IIIII IIIII<br />
DFÜ IIIII IIIII III IIIII IIIII I IIIII IIIII I<br />
e-Arztbrief/Befund IIIII IIIII III IIIII II III IIIII III<br />
e-Pflegebegleitschreiben<br />
IIIII IIIII III II IIIII IIII III<br />
e-Laborbefund IIIII IIIII III IIIII IIII II IIIII IIIII I<br />
e-AUM IIIII IIIII III IIIII II IIII IIIII I I I<br />
ABS IIIII IIIII III IIIII IIIII I II I I<br />
e-Impfpass IIIII IIIII III IIIII IIIII I III I<br />
e-Überweisung IIIII IIIII III IIIII IIII III IIIII I IIII<br />
ELGA IIIII IIIII IlI IIIII IIIII I II IIIII IIII<br />
e-Medikation IIIII IIIII IlI I IIIII IIII I III IIII<br />
e-Radiologie IIIII IIIII I II IIIII I IIIII I IIII III I<br />
e-Mutter-Kind-Pass IIIII IIIII I II IIIII IIIII I IIIII II<br />
e-Leistungsbericht IIIII IIII IIII IIII IIIII IIII<br />
e-Terminmanagement<br />
IIIII IIIII II I III IIIII III IIII IIII<br />
e-Notfalldaten IIIII IIIII II I I IIIII IIIII I IIIII III<br />
Home Monitoring IIIII IIIII II I I IIIII IIIII I IIII III I<br />
Öffentliches Infosystem<br />
IIIII IIIII II I IIIII IIIII II III III IIII<br />
Zentrales Anbieterverzeichnis<br />
IIIII IIIII I IIIII IIIII IIIII I II<br />
(gezählt wurden nur explizite Aussagen zur Nicht-Kenntnis und zur subjektiven<br />
Nützlichkeit. Wenn die Befragten keine Aussage zu einzelnen Applikationen machten,<br />
wurde dies nicht berücksichtigt).<br />
m.E.: mit Einschränkungen<br />
92
Ergebnisdarstellung<br />
Dass die Angaben zu den einzelnen Anwendungen sehr unterschiedlich sind, ist darauf<br />
zurückzuführen, dass einige Anwendungen wie e-card, e-Abrechnung usw. verpflichtend sind<br />
und somit alle nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte Erfahrung damit haben. An<strong>der</strong>e Anwendungen<br />
hingegen existieren <strong>der</strong>zeit nur in <strong>der</strong> Planungsphase und können daher höchstens in<br />
Pilotprojekten genutzt worden sein, während einige <strong>der</strong> vorgegebenen Anwendungen nur als<br />
Vorschläge existieren. Entsprechend unterschiedlich sind die Ergebnisse <strong>der</strong> Befragung. In<br />
Tabelle 3 lässt sich erkennen, dass bis auf vier bisher nur hypothetische Projekte (e-Mutter-<br />
Kind-Pass, e-Impfpass, zentrales Anbieterverzeichnis, öffentliches Informationssystem) zu<br />
allen Anwendungen wenigstens ein Befragter angibt, praktische Erfahrungen damit zu<br />
haben. Selbst zu ELGA hatte eine Befragte (I13) betont, an einem kleinen Pilotprojekt dazu<br />
teilgenommen zu haben. Das gleiche gilt für e-Medikation. Auch Befragte, die selbst keine<br />
praktische Erfahrung mit den Anwendungen hatten, gaben des Öfteren an, jemanden zu<br />
kennen, <strong>der</strong> an einem entsprechenden Pilotprojekt teilgenommen hatte. Zwar gibt es zu e-<br />
Impfpass keine praktischen Erfahrungen, dafür aber seitens eines Befragten konkrete<br />
Bemühungen zur Installierung eines entsprechenden Systems in seiner Praxis (I7). Das<br />
gleiche gilt für e-Notfalldaten, die ebenfalls in einem Fall in einer Praxis bereits gespeichert<br />
werden. Dass einige Anwendungen seltener genutzt werden, hängt auch mit den<br />
unterschiedlichen Anfor<strong>der</strong>ungen des jeweiligen Fachgebietes <strong>der</strong> Befragten zusammen, wo<br />
e-Radiologie, Home Monitoring etc. nur selten o<strong>der</strong> gar nicht gebraucht wird.<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die befragte Stichprobe insgesamt eine hohe<br />
praktische Erfahrung mit konkreten e-<strong>Health</strong>-Applikationen aufweist.<br />
4.2.3 Kategorie "subjektive Nützlichkeit <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> in APIS"<br />
Die subjektive Nützlichkeit <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> in APIS wird <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> mit Praktikabilität und<br />
Kostenneutralität verbunden. Darunter werden folgende Eigenschaften <strong>von</strong> Applikationen<br />
gezählt:<br />
keine Mehrarbeit, kein zusätzlicher Aufwand (I1, I9);<br />
kein Qualitätsverlust <strong>der</strong> ärztlichen Tätigkeit (I2);<br />
Erleichterung und Unterstützung bei <strong>der</strong> internen Organisation, <strong>der</strong> Diagnosestellung<br />
und Patientenbehandlung, vor allem durch Schnelligkeit <strong>der</strong> Informationsübertragung<br />
(I1, I2, I3, I6, I7, I8, I9);<br />
zusätzliche Funktionalitäten (I6);<br />
Informationsspeicher (I7);<br />
93
Ergebnisdarstellung<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Kommunikation, gerichtete Information (I8, siehe auch<br />
Anmerkungen unter "Nutzungsintention");<br />
eine <strong>aus</strong>führliche Testphase und Evaluation im Vorfeld (I9).<br />
In Tabelle 3 wurden die subjektiven Nützlichkeitsnennungen getrennt für die verschiedenen<br />
e-<strong>Health</strong>-Applikationen erfasst.<br />
Von <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Befragten als nützlich empfunden wurden Applikationen, die tagtäglich<br />
genutzt werden, wie e-card, e-Abrechnung / DFÜ, e-Labor, e-Arztbrief / e-Befund, e-<br />
Überweisung und e-Radiologie, <strong>von</strong> den weniger genutzten Applikationen das e-AUM, <strong>der</strong> e-<br />
Pflegebegleitbrief, die e-Notfalldaten und das Home Monitoring, und <strong>von</strong> den noch nicht<br />
vorhandenen Projekten das Zentrale Anbieterverzeichnis aller GDAs. Insgesamt überwiegen<br />
die "nützlich"-Nennungen vor den "nicht nützlich"-Nennungen.<br />
Zu den Applikationen, die mehrheitlich kritisch und nicht nützlich gesehen werden, zählen<br />
ELGA, e-Medikation, e-Impfpass, e-Mutter-Kind-Pass, e-Terminmanagement, öffentliches<br />
Informationssystem und m.E. <strong>der</strong> e-Leistungsbericht. Bis auf ELGA, wo die kritischen<br />
Stimmen in <strong>der</strong> Mehrheit sind, werden zu an<strong>der</strong>en Projekten <strong>von</strong> den Befragten auch<br />
Verbesserungs- o<strong>der</strong> Umsetzungsvorschläge gemacht, o<strong>der</strong> es wird zwischen <strong>der</strong><br />
Umsetzung im Pilotprojekt und <strong>der</strong> hypothetischen Nützlichkeit unterschieden (e-Medikation).<br />
Die Beziehungen zwischen subjektiver Nützlichkeit, Nutzungsintention und<br />
Nutzungsverhalten werden für das Modell analog dem TAM konstruiert (siehe Abbildung 7).<br />
Abbildung 7: Beziehung zwischen subjektiver Nützlichkeit, Nutzungsintention und subjektivem<br />
Nutzungsverhalten<br />
Demnach wird die Nutzungsintention durch die subjektive Nützlichkeit beeinflusst; <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />
Nutzungsintention entspricht dann die reale Nutzung, die hier in Form <strong>von</strong> subjektiven<br />
Berichten erfasst wurde. Die Beziehungen (Pfeile) zwischen den drei Konstrukten wurden<br />
94
Ergebnisdarstellung<br />
anhand des theoretischen Modells vorgenommen. Die subjektive Nützlichkeit wird nun durch<br />
eine Reihe <strong>von</strong> Faktoren bestimmt, die oben bereits teilweise benannt wurden.<br />
Die wichtigsten Faktoren <strong>der</strong> subjektiven Nützlichkeit werden mit eigenen Kategorien<br />
beschrieben und ins Modell eingefügt. Auch die wichtigsten Begründungen zur subjektiven<br />
Nützlichkeit einzelner Applikationen wurden diesen Faktoren zugeordnet.<br />
Einige Faktoren wurden drei Oberkategorien zugeteilt: "Marktwirtschaftliche Faktoren",<br />
"Institutionelle Faktoren" sowie "Technologische Faktoren". Diese drei Oberkategorien und<br />
die zugeordneten Kategorien werden in den folgenden Abschnitten beschrieben.<br />
4.2.4 Oberkategorie "Marktwirtschaftliche Faktoren"<br />
Unter dieser Oberkategorie wurden Faktoren zugeordnet, die <strong>der</strong> Marktlogik folgen, d.h.<br />
Bezug zum Kauf und Verkauf <strong>von</strong> Produkten und Dienstleistungen sowie Angebot und<br />
Nachfrage besitzen.<br />
Kosten<br />
Die Kosten sind einer <strong>der</strong> wichtigsten Faktoren, die die subjektive Nützlichkeit einer neuen e-<br />
<strong>Health</strong>-Applikation bei den <strong>Ärzten</strong> bestimmen. Hierbei wird <strong>von</strong> den meisten Befragten eine<br />
Kosten-Nutzen-Rechnung vorgenommen. Eine positive Bilanz dieser Rechnung, d.h. eine<br />
Kosteneinsparung, wird <strong>von</strong> den meisten Befragten nicht erwartet (I2, I6, I7, I10, I11). Die<br />
meisten sehen eher zusätzliche Kosten auf sich zukommen, zum einen durch die Einführung<br />
neuer e-<strong>Health</strong>-Applikationen (I1, I2, I3, I7, I8, I9, I10), zum an<strong>der</strong>en durch die Notwendigkeit<br />
eines ständigen Updates <strong>der</strong> APIS-Hard- und S<strong>of</strong>tware (siehe Kategorie "Hersteller").<br />
Kostenneutralität wird angestrebt und auch akzeptiert, z.B. durch die Bereitschaft, für<br />
nützliche Applikationen auch entsprechend zu bezahlen (I7). In Bezug auf die neuen e-<br />
<strong>Health</strong>-Applikationen wird <strong>von</strong> vielen Befragten da<strong>von</strong> <strong>aus</strong>gegangen, dass diese<br />
Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem bringen, die aber nicht den <strong>Ärzten</strong>, son<strong>der</strong>n<br />
an<strong>der</strong>en Trägern zugutekommen (I2, I5, I7, siehe Kategorie "institutionelle Faktoren"). Die<br />
Befragten haben das Gefühl, dass die zusätzlichen Kosten für e-<strong>Health</strong> zulasten <strong>der</strong> Ärzte<br />
gehen (I2, I5, I9), es gibt auch Ankündigungen, in Zukunft dagegen Wi<strong>der</strong>stand zu leisten<br />
(I2).<br />
Hersteller<br />
Eng verbunden mit dem Faktor <strong>der</strong> Kosten, aber darüber hin<strong>aus</strong>gehend wird die Beziehung<br />
zur Herstellerfirma <strong>von</strong> den Befragten beschrieben. In Bezug auf die Kosten wird <strong>von</strong> vielen<br />
Befragten die hohen Kosten für die ständigen Updates und Umstellungen <strong>von</strong> neuer Hard-<br />
95
Ergebnisdarstellung<br />
und S<strong>of</strong>tware sowie hohe Wartungskosten als belastend beschrieben (I3, I4, I6, I7, I8, I11).<br />
Eine Befragte verzichtet aufgrund <strong>der</strong> Kosten auf die Updates und nimmt dafür<br />
Verschlechterungen in <strong>der</strong> Funktionalität in Kauf (I13). Positive Aspekte <strong>der</strong> Beziehung <strong>der</strong><br />
Ärzte zu den Herstellern werden aber auch benannt, insbeson<strong>der</strong>e im Zusammenhang mit<br />
<strong>der</strong> Mitarbeit an neuer S<strong>of</strong>tware (I4, I5, I9, I11) und damit einhergehende persönliche<br />
Beziehungen, z.B. beim Support (I4, I9). An<strong>der</strong>e Befragte beklagen die geringe Qualität des<br />
Supports, u.a. durch Personaleinsparungen (I3, I8, I10). Ein weiterer negativer Aspekt sind<br />
nicht eingehaltene Versprechungen durch die Hersteller hinsichtlich Funktionalität (I3, I9, I10,<br />
I11) o<strong>der</strong> Personaleinsparungen (I12) sowie die fehlende Kompatibilität zwischen<br />
unterschiedlichen Systemen (I2, I10). Weiterhin wird die zu enge Verknüpfung <strong>von</strong><br />
Institutionen und Herstellern beklagt, die zu einer kritiklosen Empfehlung bestimmter<br />
Applikationen führten (I4). In diesem Zusammenhang wird auch <strong>von</strong> "EDV-Lobby"<br />
gesprochen (I3). Kritisch wird die zunehmende Abhängigkeit <strong>der</strong> Ärzte <strong>von</strong> den Firmen<br />
gesehen (I2). Trotz dieser Kritikpunkte scheinen fast alle Befragten mit ihrem APIS und den<br />
Herstellern im Großen und Ganzen zufrieden zu sein (I2, I3, I4, I5, I6, I7, I8, I9, I10, I11, I12,<br />
I13). Auch eine mögliche Monopolisierung eines Herstellers und eine dadurch entstehende<br />
Abhängigkeit werden <strong>von</strong> vielen <strong>Ärzten</strong> kritisiert, obwohl gerade das die kostengünstige<br />
Entwicklung neuer e-<strong>Health</strong>-Applikationen beeinflussen würde (I2).<br />
4.2.5 Oberkategorie "Institutionelle Faktoren"<br />
Unter <strong>der</strong> Oberkategorie "Institutionelle Faktoren" sind Kategorien zugeordnet, die einen<br />
Bezug zu einflussreichen Institutionen und ihrem Wirken im Rahmen <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Anwendung besitzen. Dazu zählen neben den Sozialversicherungen und den<br />
Krankenkassen sowie dem Gesetzgeber und <strong>der</strong> Politik auch an<strong>der</strong>e Interessengruppen, wie<br />
Privatversicherungen und Arbeitgeber.<br />
Lastenverteilung und Unterstützung im Gesundheitssystem<br />
Zu den institutionellen Faktoren wurde die Kategorie "Lastenverteilung im<br />
Gesundheitssystem" angefügt.<br />
Viele Befragte thematisieren die unterschiedliche Verteilung <strong>der</strong> Lasten, z.B. an Aufwand und<br />
Kosten, innerhalb <strong>der</strong> unterschiedlichen Akteure im Gesundheitssystem. Als Ärzte fühlen sie<br />
sich ungerecht behandelt, da sie mehr Kosten / Lasten zu tragen hätten, während <strong>der</strong><br />
Nutzen, z.B. für e-<strong>Health</strong>-Anwendungen, bei den an<strong>der</strong>en Akteuren liege. Dies geht <strong>aus</strong><br />
Äußerungen z.B. zur Kostenverteilung hervor (I2, I5, I7, I9). Ähnliche Bemerkungen werden<br />
in Bezug auf die APIS-Hersteller und <strong>der</strong>en Beziehung zu Gesundheitsträgern (I3, I4) o<strong>der</strong><br />
96
Ergebnisdarstellung<br />
auch allgemein zur Lastenverteilung gemacht (I3). Insbeson<strong>der</strong>e die Einführung <strong>der</strong> e-card,<br />
bei denen die Ärzte die Lasten, an<strong>der</strong>e Akteure aber den Nutzen hatten, hat zu negativen<br />
Erfahrungen und Erwartungen <strong>der</strong> Ärzte geführt (I2, I11).<br />
Der Wunsch nach mehr Einbindung in die Entscheidungen über neue e-<strong>Health</strong>-Applikationen<br />
und folglich mehr Unterstützung seitens <strong>der</strong> Entwickler kommt auch in <strong>der</strong> Motivation vieler<br />
Befragter zur Mitarbeit an Pilotprojekten zum Ausdruck. Sieben Befragte meinen, dass sich<br />
die Mitarbeit bei Pilotprojekten positiv auf ihre Akzeptanz <strong>aus</strong>wirken würde (I1, I3, I5, I6, I7,<br />
I8, I12). Die Befragten wünschen sich, dass in den so evaluierten Pilotprojekten ihre<br />
Fachmeinung auch bei <strong>der</strong> Entscheidung über ein Rollout berücksichtigt wird (I1, I2, I4, I5).<br />
Es wird aber auch vielfach die pessimistische Meinung hervorgebracht, dass die künftige<br />
Entwicklung neuer e-<strong>Health</strong> eher praxisfern und ohne Einflussmöglichkeit durch die Ärzte<br />
<strong>von</strong>stattengehen werde (I4, I6, I9, I13). Es werde kaum über Weiterentwicklungen <strong>von</strong><br />
Pilotprojekten gesprochen bzw. undifferenzierte "Jubelmeldungen" hervorgebracht, die<br />
misstrauisch machten (I4). Einzelne Anwendungen wie ABS werden als "Bürokratenburg" (I9)<br />
beschrieben, d.h. als Entwicklungen, die im "stillen Kämmerlein" ohne Einbezug <strong>von</strong><br />
Praktikern kreiert werden.<br />
Verpflichtende Teilnahme an e-<strong>Health</strong><br />
Eine weitere Kategorie <strong>der</strong> institutionellen Faktoren stellt die Möglichkeit dar, dass <strong>der</strong><br />
Gesetzgeber die Ärzte zur Anwendung bestimmter neuer e-<strong>Health</strong>-Applikationen verpflichten<br />
könnte. Die weit<strong>aus</strong> meisten Befragten lehnen eine verpflichtende Teilnahme ab (I1, I2, I3, I4,<br />
I5, I6, I8, I9, I11, I12, I13), nur zwei haben keine Probleme damit (I7, I10). Der Wi<strong>der</strong>stand<br />
<strong>der</strong> Befragten begründet sich zum einen <strong>aus</strong> ihrer prinzipiellen Ablehnung gegen Zwang "<strong>von</strong><br />
oben", wo sie das Gefühl erhalten, es werde ihnen wie<strong>der</strong> etwas "drübergestülpt", was sie<br />
nicht brauchen (I3, I4, I5, I8, I9, I12, I13). Die Befragten h<strong>of</strong>fen auf eine Freiwilligkeit in <strong>der</strong><br />
Nutzung und auf eine marktwirtschaftliche Regulation <strong>der</strong> neuen Applikationen in dem Sinne,<br />
dass sie nützliche und sinnvolle Sachen <strong>von</strong> selbst durchsetzen werden (I1, I5, I10, I12). Bei<br />
erzwungenen Teilnahmen kündigen mehrere Befragte Wi<strong>der</strong>stand an (I3, I4, I9).<br />
Demgegenüber seien Entscheidungen, die zusammen mit <strong>der</strong> Ärztekammer gefällt werden,<br />
akzeptabel, da hier Vertrauen ist, dass die <strong>aus</strong>gehandelten Lösungen für die Ärzte sinnvoll<br />
seien (I10).<br />
Abhängigkeit und Kontrolle<br />
Viele Befragte fühlen sich durch die zunehmenden e-<strong>Health</strong>-Applikationen in ihrer Autonomie<br />
eingeschränkt. Diese Autonomieeinschränkung wird zum Beispiel dann artikuliert, wenn<br />
Zwang zur Teilnahme <strong>aus</strong>geübt werde (I10, I11) o<strong>der</strong> wenn keine Transparenz beim<br />
97
Ergebnisdarstellung<br />
Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch herrscht (I4, I9). Die Ärzte seien auch zunehmend <strong>von</strong> den APIS-<br />
Herstellerfirmen, Provi<strong>der</strong>n und an<strong>der</strong>en Akteuren abhängig (I2, I8, I9). Die Applikationen<br />
ließen sich auch zur Kontrolle des ärztlichen Handelns verwenden, was die Befragten<br />
ablehnen (I6, I7, I12, I13). Nur zwei Befragte glauben nicht, dass die e-<strong>Health</strong>-Anwendungen<br />
die ärztliche Autonomie untergrabe (I1, I10) bzw. meinen, dass dies nur bei einzelnen<br />
Anwendungen passiere (I5). Die Anwendungen, die in diesem Zusammenhang als negativ<br />
benannt werden, sind ELGA, das Pilotprojekt e-Medikation, die e-card sowie Disease-<br />
Management-Programme.<br />
Aufgrund dessen richten sich die Wünsche <strong>der</strong> Befragten häufig an den Gesetzgeber, um<br />
hier eine Regelung <strong>von</strong> Zugriffsrechten, Transparenz in <strong>der</strong> Datenweitergabe und den<br />
technologischen Grundlagen sowie strenge Datenschutzbestimmungen zu erreichen (I2, I4,<br />
I5, I7, I11, I12, I13). Hier sehen die Ärzte noch viele Schwächen.<br />
4.2.6 Oberkategorie "Technologische Faktoren"<br />
Die Oberkategorie "Technologische Faktoren" enthält all jene Kategorien, die sich auf die<br />
technischen Aspekte und Eigenschaften <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen und <strong>der</strong>en<br />
Auswirkungen auf die Arbeit <strong>der</strong> Befragten beziehen.<br />
Datensicherheit<br />
Die Datensicherheit wird in seinen verschiedenen Aspekten <strong>von</strong> allen Befragten als wichtiger<br />
Faktor diskutiert.<br />
Zum einen bezieht sich die Datensicherheit auf die Daten in <strong>der</strong> eigenen Praxis und <strong>der</strong>en<br />
Schutz. Hier betonen viele Befragte ihr Vertrauen in zertifizierte Systeme und<br />
Qualitätskontrollen, mehrfache externe Sicherungen usw. und halten den Datenschutz für<br />
gegeben (I1, I4, I5, I7, I8, I10, I11, I12 I13). Einige befürchten jedoch auch die Möglichkeit<br />
gezielter Hackerangriffe, die Lücken und Schwächen <strong>aus</strong>nutzen würden (I3, I4, I8, I13). Auch<br />
<strong>von</strong> Seiten <strong>der</strong> Ärztekammer werden teilweise mangelhafte Sicherungssysteme durch die<br />
Ärzte beklagt (I2).<br />
Zum an<strong>der</strong>en wird die Datensicherheit in Bezug auf die zentrale Speicherung <strong>von</strong><br />
Patientendaten diskutiert (I6). Hier wird vor allem das Projekt ELGA kritisch gesehen (I3, I7,<br />
I13). Auch die zentralisierte Erfassung <strong>von</strong> Adressen in einem Zentralen Anbieterverzeichnis<br />
wird skeptisch beurteilt (I11).<br />
98
Ergebnisdarstellung<br />
Ein dritter Aspekt <strong>der</strong> Datensicherheit wurde <strong>von</strong> einem Befragten geäußert, <strong>der</strong> die<br />
Notwendigkeit <strong>der</strong> Datenvernichtung durch die Herstellerfirmen bei Abholung veralteter<br />
Hardware anspricht (I7). Hier müsse den entsprechenden Firmen einfach vertraut werden.<br />
Während demnach die meisten Befragten den Datenschutz in den eigenen Praxen als<br />
gegeben vor<strong>aus</strong>setzen, herrschen mehr Ängste über den Datenschutz, <strong>der</strong> außerhalb <strong>der</strong><br />
Kontrolle <strong>der</strong> Ärzte stattfindet.<br />
Ein vierter, eher positiver Aspekt <strong>der</strong> Datensicherheit ist das Thema <strong>der</strong> Sicherung und<br />
Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>von</strong> verlorenen Daten. Von zwei Befragten wird dieser Aspekt als<br />
Patientenservice erwähnt, wenn Patienten die Datenhoheit besitzen, aber einzelne Daten<br />
verloren haben (z.B. e-Radiologie, e-Impfpass; I10, I13).<br />
Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch und Datenübernahme<br />
Die technischen Möglichkeiten erlauben einen fast unbegrenzten Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch und die<br />
automatische Datenübernahme. Die Ärzte haben eine differenzierte <strong>Sicht</strong> auf den Aust<strong>aus</strong>ch<br />
<strong>von</strong> Patientendaten. Den Aust<strong>aus</strong>ch mit KollegInnen und an<strong>der</strong>en GDAs über Patienten<br />
finden viele Befragte nützlich (I1, I3, I4, I5, I6, I10, I13). Hierbei sollten die technischen<br />
Möglichkeiten noch verbessert werden (I2, I6, I7, I8). Zu diesen technischen Verbesserungen<br />
zählt z.B. die bisher fehlende Bestätigung <strong>der</strong> Übertragung bei <strong>der</strong> e-Abrechnung (I2), die<br />
fehlende Möglichkeit <strong>der</strong> e-Überweisung bei Spitälern (I3). Der elektronische<br />
Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch wird dann als nicht nützlich empfunden, wenn ein gleichzeitiger<br />
Papier<strong>aus</strong>druck für Patienten, Arbeitgeber o<strong>der</strong> Spitäler gefor<strong>der</strong>t ist (z.B. bei e-Impfpass, e-<br />
Medikation, e-Überweisung, e-AUM; I8, I13) o<strong>der</strong> wenn unterschiedliche Akteure mit<br />
unterschiedlichen Zugangsberechtigungen zu den Patientendaten existieren (e-Mutter-Kind-<br />
Pass, e-Impfpass, e-Medikation; I2, I13). Insbeson<strong>der</strong>e bei möglichen Zugriffen <strong>von</strong><br />
Berufsgruppen mit Eigeninteressen, wie Versicherern, Dienstgebern und <strong>der</strong> Wirtschaft wird<br />
die entsprechende Applikation <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> abgelehnt, etwa bei ELGA (I5, I7, I13).<br />
Kein Befragter wünscht jedoch den unbegrenzten Aust<strong>aus</strong>ch <strong>von</strong> Patientendaten mit allen<br />
GDAs (I1, I11). Sie betonen das Vertrauensverhältnis <strong>von</strong> Arzt und Patient und die<br />
beson<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong> ärztlichen Daten (I1, I2, I5, I13). Unbegrenzte Zugriffsrechte werden<br />
abgelehnt und Autonomieverluste in diesem Zusammenhang befürchtet (I3, I6, I8). Es wird<br />
eine hierarchische Stufung des Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chs befürwortet, bei dem ärztliche Daten in den<br />
Händen <strong>der</strong> Ärzte bleiben und an an<strong>der</strong>e Ärzte nur mit Erlaubnis des Patienten und an<br />
an<strong>der</strong>e GDAs gar nicht weitergegeben werden (I1, I2, I4, I6, I7).<br />
Informationsüberfluss, vollständige und unvollständige Datensätze<br />
99
Ergebnisdarstellung<br />
Die Speicherung unbegrenzter Datenmengen ist rein technologisch möglich und kann auch<br />
mit dem APIS realisiert werden. Von den befragten <strong>Ärzten</strong> sieht diese Eigenschaft nur ein<br />
Befragter als Vorteil an (I7), viele weitere beklagen die "Datenflut", die z.B. mit<br />
undifferenzierten und zu langen Befunden über sie hinweggeht (I3, I4, I6, I10, I13). Diese<br />
"Datenflut" wird z.B. in Zusammenhang mit den Anwendungen e-Arztbrief / e-Befund kritisch<br />
diskutiert (I3).<br />
Im Zusammenhang mit den Datenmengen wird auch das Problem <strong>der</strong> juristischen Folgen<br />
benannt, wenn ärztliche Entscheidungen aufgrund unvollständiger Datensätze o<strong>der</strong> unter<br />
Nichtberücksichtigung <strong>von</strong> Details innerhalb größter, für den Menschen nicht mehr<br />
bearbeitbarer Datenmengen getr<strong>of</strong>fen werden (I4, I6, I7, I9, I13). Die Rechtsunsicherheit wird<br />
insbeson<strong>der</strong>e auch im Zusammenhang mit dem Projekt ELGA thematisiert (I5, I7). Hier<br />
wurden Ängste und Überfor<strong>der</strong>ung artikuliert (I13).<br />
Die Befragten wünschten sich daher die Kennzeichnung unvollständiger Datensätze (I4)<br />
sowie die Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Projekten ohne Opt-out-Möglichkeit (I2, I3, I11). Die<br />
meisten Befragten sind für die Opt-in-Lösung <strong>aus</strong> Patientensicht (I1, I2, I4, I7, I8, I9, I10, I11,<br />
I12, I13). Opt-out wäre zwar für die flächendeckende Einführung besser (I10), aber<br />
demokratiepolitisch bedenklich (I13). Eine Lösung mit gleichzeitigem befundbezogenen Opt-<br />
in und Opt-out wird klar abgelehnt (I9, I13).<br />
Ein an<strong>der</strong>es Problem wird <strong>von</strong> den Befragten in Bezug auf die e-card geäußert. Hier sind die<br />
unvollständigen Datensätze das Problem, die Befragten wünschten sich zur Erleichterung<br />
<strong>der</strong> Administration aber mehr Daten, z.B. Dienstgeber und Adressen (I3, I5, I6).<br />
Eine Steuerung <strong>der</strong> Informationsvielfalt im Internet durch die Bereitstellung eines öffentlichen<br />
Informationssystems für Gesundheitsfragen sehen viele Befragte deswegen skeptisch, weil<br />
sie nicht glauben, dass die sachgerechten Informationen auch zu einer entsprechend<br />
sachgerechten Informiertheit <strong>der</strong> Patienten beitragen können (I2, I11, I13)<br />
Schnelligkeit des Aust<strong>aus</strong>chs<br />
Die Schnelligkeit des Aust<strong>aus</strong>chs wird <strong>von</strong> den Befragten als einer <strong>der</strong> wichtigsten positiven<br />
Faktoren <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen benannt. Nur eine Befragte sieht in <strong>der</strong> Schnelligkeit<br />
des Aust<strong>aus</strong>chs auch die Gefahr einer zu schnellen Entscheidung durch den Arzt (I13).<br />
Aufwand<br />
Die technologischen Grundlagen <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen verlangen bei Neuinstallationen<br />
einen vermehrten Aufwand durch Kompatibilitätsprobleme, Umorganisation, Wartung und<br />
100
Ergebnisdarstellung<br />
Einarbeitung. Die damit verbundenen administrativen und zeitlichen Kosten werden <strong>von</strong><br />
vielen Befragten als negativ beschrieben (I3, I5, I6, I9, I10). Wegen dieses Aufwandes<br />
komme es auch zu Behin<strong>der</strong>ungen bei <strong>der</strong> Patientenbehandlung und damit zu<br />
Qualitätsverlust (I3, I8). Auch in Bezug auf ein Öffentliches Informationssystem für<br />
Gesundheitsfragen wird <strong>der</strong> hohe Wartungsaufwand diskutiert (I10).<br />
Gleichzeitig betonen viele Befragte, den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> gewachsen zu sein (I4,<br />
I5, I6, I11). Der erhöhte Aufwand müsse aber durch eine entsprechende Anzahl <strong>von</strong><br />
Mitarbeitern gedeckt sein (I10). Der persönliche Aufwand verringere sich bei zunehmen<strong>der</strong><br />
Erfahrung und Nutzung (I3, I6, I12).<br />
Formatierung und Standardisierung<br />
Formatierungsprobleme wurden z.B. in Zusammenhang mit dem e-Arztbrief / e-Befund<br />
angesprochen (I5). Dies führe zu unübersichtlichen Informationen, o<strong>der</strong> auch<br />
Abrufproblemen bei dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch zwischen <strong>Ärzten</strong>. Auch beim e-Laborbericht und<br />
<strong>der</strong> e-Radiologie würden internationale Standards nicht verwendet, <strong>der</strong> Abruf ist dadurch<br />
erschwert (I2, I10). Ein einheitliches Format fehle auch für den e-Leistungsbericht (I2, I7, I10,<br />
I13). Eine aufwändige Bedienung und falsche Zielvorgaben in den Prüfsystemen seien auch<br />
ein Grund für das Scheitern des Pilotprojektes e-Medikation, wie es in den drei Pilotregionen<br />
2011 getestet wurde (I4, I13).<br />
Daher wird vom Gesetzgeber auch eine Regelung <strong>der</strong> Standardisierung, möglichst auf<br />
international übliche Formate, gewünscht (I2, I5, I12).<br />
4.2.7 Oberkategorie "ärztliches Selbstverständnis und Anfor<strong>der</strong>ungen an ärztliches<br />
Handeln"<br />
In Bezug auf die oben genannten drei Oberkategorien wurden <strong>von</strong> den Befragten in einigen<br />
Fällen Aspekte des ärztlichen Selbstverständnisses und <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an ärztliches<br />
Handeln erläutert. Diese Aspekte wurden in mehrere Kategorien unter <strong>der</strong> Oberkategorie<br />
"ärztliches Selbstverständnis und Anfor<strong>der</strong>ungen an ärztliches Handeln" zusammengefasst.<br />
Ärzte als Gruppe<br />
Viele Befragte grenzten sich als Ärzte gegen den Begriff GDA ab (I1, I3, I7, I8, I11). Dieser<br />
sei dienstleistungs- und marktorientiert (I3, I11) und umfasse auch unseriöse Anbieter (I11).<br />
Die Befragten artikulieren in vielen Fällen ein starkes Gruppengefühl, indem sie im Interview<br />
statt auf die "Ich"-Form auf die "Wir"-Form zurückgreifen ("wir Ärzte", z.B. I1, I3, I4, I7, I8, I9,<br />
I10, I11, I12, I13). In vielen Fällen wird dies auch mit <strong>der</strong> Standesvertretung (siehe unten) in<br />
101
Ergebnisdarstellung<br />
Bezug gesetzt. Auch <strong>der</strong> <strong>von</strong> vielen Befragten angekündigte Wi<strong>der</strong>stand gegen bestimmte<br />
Entscheidungen wird durch das Bewusstsein eines Gruppenzusammenhalts getragen.<br />
persönlicher Kontakt<br />
Einige Befragte grenzen sich <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen ab und betonen demgegenüber die<br />
Wichtigkeit und Unersetzbarkeit des persönlichen Kontaktes für die ärztliche Tätigkeit (I3,<br />
I11). Eine persönliche Empfehlung sei wichtiger als ein zentrales Anbieterverzeichnis (I9).<br />
Der persönliche o<strong>der</strong> telefonische Kontakt sei in manchen Fällen unkomplizierter als <strong>der</strong><br />
elektronische Aust<strong>aus</strong>ch, z.B. im Fall eines e-Terminmanagements (I2, I3, I9, I12, I13).<br />
Heilen als ärztliche Kunst vs. Standardisierung<br />
Beim Thema <strong>der</strong> Kontrolle ärztlichen Handelns durch e-<strong>Health</strong>-Applikationen wurde durch<br />
mehrere Befragte ein Unbehagen dahingehend geäußert, dass sie in ihrer ärztlichen<br />
Tätigkeit auch hinsichtlich ihrer Behandlungsstrategien kontrolliert werden könnten (I3, I8,<br />
I13). Sie verstehen die ärztliche Tätigkeit als Kunst und Einzelfallanalyse, während<br />
standardisierte Behandlungsleitlinien zwar wichtig seien, aber nicht alles umfassen könnten<br />
(I3, I8). Die ärztliche Verantwortung erfor<strong>der</strong>e ein sorgfältiges Abwägen aller Informationen<br />
unabhängig vom Medium, was sich durch elektronische Standardisierung nicht ersetzen<br />
lasse (I13).<br />
Vertrauensverhältnis Arzt-Patient<br />
Insbeson<strong>der</strong>e beim Thema des Datenschutzes wurde <strong>von</strong> den Befragten auf die<br />
Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> ärztlichen Daten verwiesen, die an<strong>der</strong>s zu behandeln seien als an<strong>der</strong>e<br />
Daten. Die ärztlichen Daten berührten das Vertrauensverhältnis Arzt-Patient, und eine<br />
Verletzung des Vertrauensverhältnisses durch unkontrollierten Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch hätte<br />
negative Behandlungsfolgen (I1, I2, I5, I13).<br />
ärztliche Autonomie<br />
Das Selbstverständnis <strong>der</strong> ärztlichen Tätigkeit als autonomen und selbstverantwortlichen<br />
Handelns kommt vor allem indirekt in jenen Aussagen zum Ausdruck, in denen die<br />
Autonomie durch Verpflichtungen o<strong>der</strong> Kontrollen beschnitten wird (siehe Kategorie unter<br />
"institutionelle Faktoren"). Diese Verpflichtungen und Kontrollen stehen damit im<br />
Wi<strong>der</strong>spruch zum Selbstverständnis und lösen daher Wi<strong>der</strong>stände bei den <strong>Ärzten</strong> <strong>aus</strong>.<br />
Diese vier beschriebenen Oberkategorien lassen sich nun als miteinan<strong>der</strong><br />
zusammenhängende Einflussfaktoren auf die subjektive Nützlichkeit <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Kategorien wahrnehmen. Es gibt Zusammenhänge und Überschneidungen zwischen<br />
technologischen, institutionellen und marktwirtschaftlichen Faktoren. In <strong>der</strong> Bewertung dieser<br />
102
Ergebnisdarstellung<br />
drei Faktoren ziehen die Befragten Faktoren ihres ärztlichen Selbstverständnisses sowie <strong>der</strong><br />
ärztlichen Tätigkeit zu Rate. Dieses Gefüge ist in Abbildung 8 dargestellt.<br />
Abbildung 8: Institutionelle, technologische und marktwirtschaftliche Faktoren sowie ärztliches<br />
Selbstverständnis in ihrem Einfluss auf die subjektive Nützlichkeit<br />
4.2.8 Weitere Kategorien zu Faktoren mit potentiellem Einfluss auf Einstellung und<br />
subjektive Nützlichkeit<br />
Im Rahmen dieses Abschnittes werden einige weitere Kategorien subsumiert, die aufgrund<br />
des TAM-Modells, eigener Überlegungen und / o<strong>der</strong> den Aussagen, die in den Interviews<br />
getr<strong>of</strong>fen worden sind, ebenfalls einen potentiellen, teilweise indirekten Einfluss auf die<br />
Einstellungen <strong>der</strong> Ärzte zu APIS und e-<strong>Health</strong> und zu subjektiven Nützlichkeitserwägungen<br />
haben können.<br />
Informationen über e-<strong>Health</strong>-Applikationen<br />
Die Menge und Qualität <strong>der</strong> Informationen, die den <strong>Ärzten</strong> über e-<strong>Health</strong>-Applikationen und<br />
ihre Anwendung im APIS zur Verfügung steht, kann möglicherweise Einfluss auf ihre<br />
Einstellungen und Ansichten zur Nützlichkeit dieser Anwendungen nehmen.<br />
103
Ergebnisdarstellung<br />
Von den Befragten fühlen sich diejenigen gut informiert, die in Kammergremien o<strong>der</strong><br />
Arbeitskreisen mitarbeiten (I3, I5, I6, I8, I10, I11, I13), und diese fühlen sich auch besser<br />
informiert als an<strong>der</strong>e Ärzte (I6). An<strong>der</strong>e Befragte, die nicht so stark eingebunden sind, fühlen<br />
sich nicht <strong>aus</strong>reichend informiert (I7, I9, I12). Ausnahmslos alle Befragten geben an, durch<br />
die Ärztekammer über die neuen Entwicklungen informiert zu werden. Als weitere<br />
persönliche Informationsquellen wurden angegeben: die Medien (I4, I12), die Krankenkassen<br />
(I5, I12), die Hersteller <strong>der</strong> APIS (I3, I5, I8, I11, I12, I13), Sozialversicherungsträger (I8) und<br />
Fachzeitschriften bzw. Fachportale im Internet (I7, I10). Demnach sind die Ärztekammer und<br />
die Hersteller die wichtigsten Informationsquellen für die Befragten.<br />
In Tabelle 3 sind die Häufigkeiten aufgeführt, mit denen die Befragten im Interview meinten,<br />
spezifische e-<strong>Health</strong>-Applikationen zu kennen bzw. nicht zu kennen.<br />
Zu sehen ist, dass die weit<strong>aus</strong> meisten <strong>der</strong> angesprochenen Applikationen bei den Befragten<br />
bekannt waren. Häufigere Unsicherheiten gab es lediglich beim e-Leistungsbericht und dem<br />
e-Impfpass. Damit lässt sich sagen, dass die hier interviewte Stichprobe zu den<br />
informierteren <strong>Ärzten</strong> zählt, was sicherlich in Zusammenhang mit <strong>der</strong> Funktionärstätigkeit in<br />
<strong>der</strong> Ärztekammer steht.<br />
Fünf Befragte sind zufrieden mit ihrem Informationsstand und wünschen sich keine weiteren<br />
Informationen (I7, I8, I10, I11, I13). Wünsche nach mehr Informationen wurden <strong>von</strong> sechs<br />
Interviewpartnern geäußert (I3, I4, I5, I6, I9, I12). Diese gelten ebenfalls in erster Linie <strong>der</strong><br />
Ärztekammer. Informationen durch die Ärztekammer werden als "Vertrauenssache"<br />
bezeichnet (I7). Es sollten spezielle Informationsabende eingerichtet werden (I12), und es<br />
wird eine stärkere Lobbyarbeit gegen die EDV-Wirtschaft und an<strong>der</strong>e Akteure, z.B. durch das<br />
EDV-Referat <strong>der</strong> österreichischen Ärztekammer, gewünscht (I3). Weitere<br />
Informationswünsche gelten <strong>der</strong> Gebietskrankenkasse (I3), dem Krankenversicherungsträger<br />
(I3), den Sozialversicherungsträgern (I6) bzw. allen Beteiligten im Gesundheitswesen (I4, I9).<br />
Es werden z.B. "prospektive" Informationen über den Stand <strong>der</strong> Finanzierungslasten und<br />
künftige Projekte gewünscht (I4).<br />
Vorerfahrungen mit APIS und e-<strong>Health</strong>-Applikationen<br />
Die Vorerfahrungen, die mit dem APIS bzw. mit verschiedenen e-<strong>Health</strong>-Applikationen, z.B.<br />
in Pilotprojekten, gesammelt wurden, sind laut TAM ein wichtiger Einflussfaktor für die<br />
subjektive Nützlichkeit.<br />
Bei den Interviewpartnern ist die Gruppe <strong>der</strong>er, die angeben, sehr viel und langjährig<br />
Erfahrung mit ihrem APIS zu haben, sehr hoch (I4, I5, I7, I9, I11). Sie haben teilweise in <strong>der</strong><br />
104
Ergebnisdarstellung<br />
Frühphase <strong>der</strong> Entwicklungen selbst in Entwicklungsprojekten mitgewirkt (I4, I5, I6, I9, I11),<br />
o<strong>der</strong> sie haben noch mit DOS gelernt (I13). Viele haben schon mehrfach ihre Systeme<br />
gewechselt o<strong>der</strong> nutzen mehrere Systeme gleichzeitig (I4, I6, I10 I11), und manche sprachen<br />
große Umstellungsprobleme und/o<strong>der</strong> finanzielle Belastungen (I4, I6, I7, I8, I9, I10) aufgrund<br />
dessen an. Eine Befragte verweigert sich den häufigen Neuerungen und nimmt dafür<br />
funktionelle Verschlechterungen in Kauf (I13).<br />
Mehrere Ärzte beschreiben ihre Erfahrung als "erzwungen" (I3, I11), z.B. da die Verpflichtung<br />
zur e-card die Umstellung auf elektronische Systeme nötig gemacht habe (I3).<br />
Auch Erfahrungen mit Pilotprojekten zu bestimmten e-<strong>Health</strong>-Applikationen wurden <strong>von</strong> den<br />
Befragten beschrieben. Insgesamt fünf Befragte gaben an, bei solchen Projekten mitgewirkt<br />
zu haben (I4, I5, I10, I11, I13), z.B. zur Labors<strong>of</strong>tware (I11) o<strong>der</strong> bei einem „kleinen<br />
Pilotprojekt ELGA“ (I10).<br />
Schlechte Erfahrungen hierbei äußerten drei Befragte (I4, I5, I11), wenngleich <strong>aus</strong>nahmslos<br />
alle die Wichtigkeit solcher Pilotprojekte betonten.<br />
Demnach kann bei <strong>der</strong> Stichprobe da<strong>von</strong> <strong>aus</strong>gegangen werden, dass sie über<br />
vergleichsweise große Vorerfahrungen mit APIS und e-<strong>Health</strong> verfügt.<br />
Patientenwünsche<br />
Wünsche und Empfehlungen <strong>von</strong> Patienten könnten sich auf die subjektive Nützlichkeit <strong>von</strong><br />
e-<strong>Health</strong> bei <strong>Ärzten</strong> <strong>aus</strong>wirken. Dabei spielt zum einen eine Rolle, inwieweit Ärzte bereit sind,<br />
solche Wünsche zur Kenntnis zu nehmen, zum an<strong>der</strong>en aber auch, inwieweit solche<br />
Wünsche überhaupt existieren und wenn ja, ob diese an die Ärzte herangetragen werden.<br />
Weiterhin ist die Frage, ob Ärzte einen Patientennutzen <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> allgemein anerkennen.<br />
Einen Nutzen <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> für die Patienten sieht die überwiegende Anzahl <strong>der</strong> Befragten<br />
(I2, I4, I5, I7, I10, I12). Der Nutzen sei durch die schnelle Informationsübertragung (I12) o<strong>der</strong><br />
bei verlorenen Radiologiebefunden (I10) gegeben. Der Präsident <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ<br />
(I1) sieht dagegen den Nutzen für Ärzte im Vor<strong>der</strong>grund, <strong>der</strong> Nutzen für Patienten sei dem<br />
untergeordnet. Zwei Befragte sind pessimistisch in <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> künftigen<br />
Entwicklungen <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen und sehen darin keinen Patientennutzen (I8, I13).<br />
Weiterhin wird auf die Rolle des Datenschutzes zum Wohle <strong>der</strong> Patienten verwiesen (I12)<br />
und darauf, dass es Akzeptanzprobleme <strong>der</strong> Patienten bei ungenügendem Datenschutz<br />
gebe (I10).<br />
105
Ergebnisdarstellung<br />
Ein wichtiges Thema bei <strong>der</strong> Berücksichtigung <strong>von</strong> Patientenwünschen ist "e-<strong>Health</strong> als<br />
Son<strong>der</strong>leistung für Patienten". Seitens <strong>der</strong> Ärztekammer (I2) wird Besorgnis dahingehend<br />
geäußert, dass viele Ärzte den Nutzen <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> für Patienten ignorieren und diesen<br />
Bereich daher an die Wahlärzte abgeben würden, die dies dann als beson<strong>der</strong>e<br />
Serviceleistungen anbieten. Auf diese Weise würde die Zwei-Klassen-Medizin <strong>aus</strong>geweitet.<br />
Tatsächlich gibt es auch in den getätigten Interviews Hinweise auf diese Entwicklung. Einige<br />
Befragte meinen, dass sie Empfehlungen <strong>von</strong> Patienten nach e-<strong>Health</strong>-Applikationen nicht<br />
folgen würden (I4, I8) bzw. nur nach Prüfung <strong>der</strong> Kosten-Nutzen-Relation (I11).<br />
Demgegenüber meint die Wahlärztin unter den Interviewten, dass das Eingehen auf<br />
Patientenwünsche nach bestimmten e-<strong>Health</strong>-Anwendungen für sie ein selbstverständliches<br />
Service sei (I13). Auch kommen die meisten Patienten ihretwegen in ihre Praxis. Ein<br />
Befragter meint, dass er zusätzliche Anwendungen mit einem entsprechenden Honorar<br />
verbinden würde (I3). Ein an<strong>der</strong>er Befragter stellt konträr dazu klar, dass e-<strong>Health</strong>-<br />
Anwendungen seiner Meinung nach für alle gelten sollten (I9).<br />
Die Mehrzahl kann sich zumindest theoretisch vorstellen, auf Patientenwünsche nach e-<br />
<strong>Health</strong> einzugehen. Drei Befragte beschreiben auch ihre Bemühungen um bestimmte e-<br />
<strong>Health</strong>-Entwicklungen, die sie auf Patientenwunsch o<strong>der</strong> für die Patienten einführten o<strong>der</strong><br />
geprüft haben, z.B. das selbständige Abrufen <strong>von</strong> Befunden (I11), Ordinationstafel (I7), e-<br />
Impfpass (I7) und e-Terminvergabe (I6). Nicht immer werden die Angebote <strong>von</strong> den<br />
Patienten auch genutzt (I11).<br />
Demnach ist <strong>der</strong> Einfluss <strong>von</strong> Patientenwünschen ein Thema, auf das die Ärzte, aber auch<br />
die Patienten sehr heterogen reagieren. Auch die Kostenfrage wird bei dieser Thematik<br />
immer wie<strong>der</strong> angesprochen.<br />
Standesvertretung<br />
Die Standesvertretung <strong>der</strong> Ärzte wird als beson<strong>der</strong>e Kategorie geführt, da bereits unter <strong>der</strong><br />
Kategorie "Informationen" aufgefallen ist, dass <strong>der</strong> Informationsfluss zu e-<strong>Health</strong><br />
hauptsächlich über die Kammer läuft, und auch viele Wünsche nach Information und<br />
Einbindung an die Kammer gestellt wurden. Diese beson<strong>der</strong>s enge Bindung <strong>der</strong> Ärzte an<br />
ihre Kammer wird auch durch einzelne Begriffe wie "Vertrauenssache" (I7) deutlich. Die<br />
Kammer ist auch diejenige, <strong>der</strong>en Empfehlungen durch die Befragten am ehesten gefolgt<br />
wird (I7, I8, I10). Es wurde auch angegeben, dass man sich auf die Verhandlungen <strong>der</strong><br />
Standesvertretung verlasse (I10) und dass man sich die Einbindung <strong>von</strong> Standesvertretern<br />
mit Fachkenntnissen bei Verhandlungen mit den jeweiligen Partner (Gesetzgeber,<br />
Krankenkassen, Versicherungen, etc.) wünsche (I10).<br />
106
Ergebnisdarstellung<br />
Auch dadurch wird die beson<strong>der</strong>e Vertrauensstellung <strong>der</strong> Ärztekammer bei dieser Thematik<br />
deutlich. Die Standesvertretung hat damit nicht nur indirekt (über Informationen) Einfluss auf<br />
die Einstellungen und Nützlichkeitserwägungen <strong>der</strong> Ärzte, son<strong>der</strong>n nimmt über die<br />
Empfehlung zur Nutzung auch direkten Einfluss auf die subjektive Nützlichkeit <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>.<br />
Die Inhalte sowie die angenommenen Beziehungen zwischen den beschriebenen Kategorien<br />
und den Kategorien "Einstellungen" und "subjektive Nützlichkeit" werden in Abbildung 9<br />
dargestellt.<br />
Abbildung 9: Inhalte und Beziehungen <strong>der</strong> Kategorien unter <strong>der</strong> Oberkategorie "Einflussfaktoren auf<br />
Einstellungen, subjektive Nützlichkeit und Nutzungsintention"<br />
Die Kategorien <strong>der</strong> subjektiven Nützlichkeit, Nutzungsintention und subjektivem<br />
Nutzungsverhalten sowie die aufgeführten Kategorien und Oberkategorien zu<br />
Einflussfaktoren werden im folgenden Abschnitt zu einem einheitlichen Modellschema<br />
zusammengefügt.<br />
107
4.3 Das Modell " e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>"<br />
Ergebnisdarstellung<br />
Das Modell "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" sollte die wichtigsten im<br />
Kategoriensystem benannten Kategorien beinhalten und diese in einen Zusammenhang<br />
bringen, <strong>der</strong> sich zum einen <strong>aus</strong> den Aussagen <strong>der</strong> Befragten in den Interviews ergab, zum<br />
an<strong>der</strong>en aber auch durch die theoretischen Grundlagen <strong>der</strong> TAM hergeleitet wurde.<br />
Auf dem für diese Arbeit gewählten mittleren Abstraktionsniveau ergab sich folgendes<br />
Modell:<br />
Abbildung 10: Modell "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>"<br />
In diesem Modell wird die subjektive Nützlichkeit <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> zum einen durch<br />
Einstellungsfaktoren und Informationen über e-<strong>Health</strong> beeinflusst. Zum an<strong>der</strong>en wird die<br />
subjektive Nützlichkeit durch komplexe Bewertungsvorgänge bestimmt, in denen<br />
institutionelle, marktwirtschaftliche und technologische Faktoren <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen<br />
mit dem eigenen ärztlichen Selbstverständnis und den Anfor<strong>der</strong>ungen an das ärztliche<br />
Handeln abgestimmt werden. Persönliche Vorerfahrungen mit bestimmten Applikationen<br />
108
Ergebnisdarstellung<br />
können diese Bewertungsvorgänge verstärken und präzisieren. Die ärztliche<br />
Standesvertretung spielt eine sehr wichtige Rolle, da sie über Informationsflüsse zum einen<br />
und <strong>der</strong> Stärkung <strong>der</strong> Ärzte als Gruppe bis hin zu Kampfmaßnahmen zum an<strong>der</strong>en Einfluss<br />
nehmen kann. Ein dritter Einflussfaktor stellen die Patientenwünsche, die an die Ärzte<br />
herangetragen werden, dar. Diese besitzen aber in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> Ärzte keine so<br />
hohe Wertigkeit wie die an<strong>der</strong>en Faktoren.<br />
In diesem Modell sind die Beziehungen zwischen den einzelnen Kategorien zum Ersten dort<br />
eingetragen worden, wo in den Aussagen <strong>der</strong> Befragten Verbindungen gezogen wurden,<br />
bzw. dort, wo es eine Augenscheinvalidität <strong>der</strong> Beziehungen untereinan<strong>der</strong> gibt. Dabei wurde<br />
zwischen den Verbindungen <strong>der</strong> sozialen Einflussfaktoren und <strong>der</strong> Einflüsse durch<br />
Informationen und den an<strong>der</strong>en Faktoren unterschieden. Zum Zweiten wurden Beziehungen<br />
auf <strong>der</strong> theoretischen Grundlage des TAM aufgegriffen.<br />
Das hier aufgestellte Modell lässt jedoch noch eine Reihe weiterer Verbindungen zwischen<br />
den einzelnen Kategorien und Faktoren zu. Wenn diese aber keine Grundlage in den<br />
Aussagen <strong>der</strong> Interviews fanden, wurden sie hier nicht eingeführt. Das Modell kann somit<br />
auch als Grundlage weiterer, hypothesenprüfen<strong>der</strong> Untersuchungen dienen.<br />
Das Modell "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" sollte weiterhin an die theoretisch<br />
fortgeschrittenen und empirisch gut abgesicherten Schemata des TAM anschlussfähig sein.<br />
Aufgrund dessen soll nun versucht werden, die auf dem mittleren Abstraktionsniveau<br />
gehaltenen Kategorien des Modells, wo dies möglich und angebracht schien, an die<br />
Begrifflichkeiten des TAM anzuglie<strong>der</strong>n. Auf diese Weise wird das Abstraktionsniveau weiter<br />
erhöht und gleichzeitig eine Vergleichbarkeit mit den empirischen Studien und Vorarbeiten<br />
hergestellt.<br />
Dieses Modell ist in Abbildung 11 dargestellt.<br />
109
Ergebnisdarstellung<br />
Abbildung 11: Darstellung des Modells "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" in Anlehnung<br />
an die Begrifflichkeit des TAM<br />
Die theoretischen Überlegungen zur Wahl <strong>der</strong> Begrifflichkeiten des TAM und empirische<br />
Belege dazu werden im Diskussionsteil <strong>der</strong> Arbeit unter Abschnitt 5.1 vorgestellt.<br />
110
5 Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
5.1 Zusammenfassung und Beantwortung <strong>der</strong> Fragestellungen<br />
5.1.1 Zielstellung 1<br />
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Die vorliegende Arbeit thematisiert die Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> bei nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong><br />
und ihre Bereitschaft, neue e-<strong>Health</strong>-Applikationen zukünftig zu nutzen. Diese Thematik<br />
wurde bislang in empirischen Untersuchungen kaum systematisch analysiert. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
fehlt den Untersuchungen <strong>der</strong> Bezug zu fundierten theoretischen Modellen, wie etwa dem<br />
Technology Acceptance Model (TAM; Davis, 1989).<br />
Die erste Zielstellung dieser Arbeit bestand in <strong>der</strong> Erstellung eines Überblicks über die<br />
einschlägigen Studien und ihre Ergebnisse. Insbeson<strong>der</strong>e sollten wissenschaftlich belegte<br />
Einflussfaktoren auf die Akzeptanz und die Nutzungsintention <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> her<strong>aus</strong>gearbeitet<br />
werden. In <strong>der</strong> Recherche wurden sowohl hypothesenprüfende empirische Untersuchungen<br />
als auch Studien mit qualitativer Methodik berücksichtigt. Theoretischer Schwerpunkt war<br />
das TAM und seine Abwandlungen (TAM2, TAM3, UTAUT).<br />
In <strong>der</strong> ersten Hälfte <strong>der</strong> Arbeit wurde dieses Ziel umgesetzt. Wichtige Studien zur Frage <strong>der</strong><br />
subjektiven Nützlichkeit und Nutzungsintention <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> bei <strong>Ärzten</strong> und Barrieren für die<br />
Akzeptanz wurden <strong>von</strong> Fitterer, Mettler & Rohner (2009), Allensbach (2010) und Boonstra &<br />
Broekhuis (2010) vorgelegt, die als Übersichtsarbeiten o<strong>der</strong> Evaluationen konzipiert waren.<br />
Insgesamt sieben internationale Studien zu e-<strong>Health</strong> auf <strong>der</strong> theoretischen Grundlage des<br />
TAM mit <strong>der</strong> Zielgruppe <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> konnten recherchiert werden (siehe Tabelle 1). Demnach<br />
sind bisher nur wenige theoretisch fundierte empirische Untersuchungen zu dieser speziellen<br />
Thematik gemacht wurden. Neben dem TAM kamen nur selten an<strong>der</strong>e theoretische Modelle<br />
(z.B. theory <strong>of</strong> planned behaviour; Ajzen & Fishbein, 1980) zum Einsatz.<br />
Weiterhin konnte gezeigt werden, dass auch einige qualitative Studien zum gleichen Thema<br />
durchgeführt wurden, <strong>der</strong>en Daten zumeist mittels Interviews erhoben und mithilfe<br />
qualitativer Inhaltsanalysen <strong>aus</strong>gewertet wurden (z.B. Gururajan, 2007; MacFarlane et al.,<br />
2011; Nuq, 2012). Die qualitative Methodik wurde eingesetzt, um spezifischen, selten<br />
untersuchten Sachverhalten und Umwelten Rechnung zu tragen o<strong>der</strong> Informationen über<br />
vertrauliche Inhalte zu erhalten.<br />
111
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Aus den Studien wurden diejenigen Faktoren extrahiert, bei denen ein Einfluss auf die<br />
Nutzungsintention nachweisbar o<strong>der</strong> umstritten war. Zu den "starken" Einflussfaktoren<br />
zählten demnach die subjektive Nützlichkeit (perceived usefulness), die Leistungserwartung<br />
(output quality, performance expectancy), Aufwandserwartung (effort expectancy) sowie<br />
Kompatibilität und wahrgenommene Kontrolle. Wi<strong>der</strong>sprüchliche Ergebnisse ließen sich für<br />
die Bedienbarkeit (perceived ease <strong>of</strong> use), Image und soziale Normen (social influence)<br />
finden. Die Faktoren Freiwilligkeit und Erfahrung wurden nur selten in die Untersuchungen<br />
einbezogen. Diese Variablen wurden bei <strong>der</strong> nachfolgenden eigenen Untersuchung und <strong>der</strong><br />
Modellbildung berücksichtigt.<br />
5.1.2 Zielstellung 2<br />
Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> theoretischen Vorarbeit wurde die empirische Untersuchung<br />
konzipiert. Diese war als Interviewstudie angelegt. Es wurden insgesamt 13 nie<strong>der</strong>gelassene<br />
Ärzte sowie ärztliche Standesvertreter in Oberösterreich nach ihrer Akzeptanz und<br />
Nutzungsintention sowie Nutzungsverhalten verschiedener e-<strong>Health</strong>-Funktionen befragt. Der<br />
Interviewleitfaden orientierte sich dabei an den oben beschriebenen potentiellen<br />
Einflussfaktoren auf die subjektive Nützlichkeit und die Nutzungsintention. Die Auswahl <strong>der</strong><br />
Ärzte erfolgte in einer möglichst breiten Auswahl verschiedener Fachrichtungen und<br />
Regionen (Stadt / Land). Die Daten<strong>aus</strong>wertung wurde nach den Regeln <strong>der</strong> qualitativen<br />
Inhaltsanalyse nach Mayring (2000) vorgenommen.<br />
Die Auswertung <strong>der</strong> Daten wurde laut Zielstellung 2 <strong>der</strong> Arbeit zunächst dahingehend<br />
vorgenommen, die Höhe <strong>der</strong> subjektiven Nützlichkeit, <strong>der</strong> Nutzungsintention und des<br />
bisherigen Nutzungsverhaltens bezüglich verschiedener e-<strong>Health</strong>-Anwendungen zu<br />
erfassen. Im zweiten Schritt sollten dann Einflussfaktoren auf die subjektive Nützlichkeit und<br />
die Nutzungsintention her<strong>aus</strong>gearbeitet werden.<br />
Die Ergebnisse <strong>der</strong> Interviews zur subjektiven Nützlichkeit <strong>der</strong> vorgegebenen 20 e-<strong>Health</strong>-<br />
Applikationen waren divergent. Einige Anwendungen stießen auf breite Akzeptanz seitens<br />
<strong>der</strong> befragten Ärzte, an<strong>der</strong>e wurden stark abgelehnt (siehe dazu Tabelle 3). Dies steht in<br />
Einklang mit den Ergebnissen ähnlicher Befragungen (z.B. Allensbach, 2010). Hier wurden<br />
zwar <strong>von</strong> <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Ärzte für manche Anwendungen auch hohe Nützlichkeitswerte<br />
angegeben, allerdings meinten auch 10 % <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte, dass keine <strong>der</strong> e-<br />
<strong>Health</strong>-Anwendungen eine Verbesserung <strong>der</strong> ärztlichen Tätigkeit darstelle, und 45 % <strong>der</strong><br />
nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte hatten die Meinung, dass die Nachteile <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> die Vorteile<br />
überwögen.<br />
112
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Im Einzelnen lässt sich folgende Zusammenfassung zur subjektiven Nützlichkeit und<br />
Nutzungsintention / Nutzungsverhalten <strong>der</strong> einzelnen Anwendungen geben:<br />
e-card<br />
Diese Anwendung wurde <strong>von</strong> den meisten Befragten als nützlich empfunden. Einwände<br />
beziehen sich zum einen auf Hardwareprobleme und die allgemeine Abhängigkeit des Arztes<br />
vom Kartensystem, zum an<strong>der</strong>en auf weitere Informationen, die ebenfalls auf <strong>der</strong> e-card<br />
platziert werden sollten, um einen Nutzen für die Ärzte darzustellen (Adresse, Arbeitgeber).<br />
Da die Nutzung obligatorisch ist, wurde die e-card laut Befragung auch <strong>von</strong> allen <strong>Ärzten</strong><br />
angewandt. Akzeptanzschwierigkeiten bei Patienten, aber auch bei <strong>Ärzten</strong> aufgrund <strong>der</strong><br />
hohen Kosten für die Anpassung <strong>von</strong> Lesegeräten wurden bereits berichtet (Ärztekammer für<br />
Wien, 2012).<br />
e-Abrechnung / DFÜ<br />
Diese Applikation wird <strong>von</strong> den Befragten als unbestritten nützlich angesehen.<br />
Einschränkungen wurden nur hinsichtlich technischer Probleme gemacht. Die Anwendung<br />
wird <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> obligatorisch genutzt.<br />
e-Arztbrief / e-Befund<br />
Der e-Arztbrief / e-Befund wurde <strong>von</strong> den meisten befragten <strong>Ärzten</strong> in Abhängigkeit <strong>von</strong><br />
ihrem Fachgebiet genutzt. Diese Anwendung wurde überwiegend als nützlich empfunden,<br />
aber es wurden <strong>von</strong> vielen Befragten auch Beschwerden hinsichtlich <strong>der</strong> fehlenden<br />
Kompatibilität <strong>der</strong> Formate sowie <strong>der</strong> Informationsflut durch die elektronische Übertragung<br />
geäußert. Allgemein äußerten sich die Befragten positiv zum elektronischen Aust<strong>aus</strong>ch mit<br />
Kollegen und äußerten auch verstärkte Nutzungsintentionen dieser Applikationen für die<br />
Zukunft. Dies deckt sich mit den Ergebnissen <strong>der</strong> Befragung des deutschen Instituts für<br />
Demographie Allensbach (2010), wonach 85 % <strong>der</strong> unter 50jährigen und auch 70 % <strong>der</strong> über<br />
60jährigen nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte mittlerweile ihren Briefverkehr elektronisch abwickeln,<br />
wobei allerdings für Zusatzinformationen über Befunde zumeist das Telefon genutzt wird.<br />
67 % <strong>der</strong> befragten Ärzte hielten den elektronischen Arztbrief für sinnvoll.<br />
e-Pflegebegleitschreiben<br />
Nur wenige Ärzte gaben praktische Erfahrung mit dieser Applikation an, da sie diese nicht<br />
brauchten. Diejenigen Befragten, die sie genutzt hatten, schätzten sie auch als nützlich ein.<br />
E-Pflegebegleitschreiben scheinen demnach als Bestandteile <strong>der</strong> integrierten Versorgung gut<br />
angenommen zu werden (vgl. dazu Mayr & Franz, 2009).<br />
e-Laborbefund<br />
113
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Der e-Laborbefund wurde <strong>von</strong> den meisten Befragten genutzt und <strong>von</strong> diesen auch als<br />
nützlich angesehen. Es wurden kaum Einschränkungen in <strong>der</strong> Einschätzung <strong>der</strong> subjektiven<br />
Nützlichkeit gemacht.<br />
e-AUM<br />
Die e-Arbeits-Unfähigkeitsmeldung wurde <strong>von</strong> <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Befragten bereits angewandt<br />
und als nützlich angesehen. Einschränkungen wurden dahingehend gemacht, dass parallel<br />
auch ein schriftlicher Ausdruck gemacht werden muss, was aber kein Problem sei. Diese<br />
positiven Einschätzungen werden auch <strong>von</strong> an<strong>der</strong>en nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> geteilt; die<br />
Anwendung wird allgemein als Erfolg angesehen (vgl. Österreichische Ärztezeitung,<br />
10.5.2009).<br />
ABS<br />
Mit dem Arzneimittelbewilligungsservice haben nur wenige Befragte praktische Erfahrungen<br />
gesammelt, da er in OÖ nicht genutzt werde. Sowohl positive als auch negative Aussagen<br />
zur subjektiven Nützlichkeit wurden getr<strong>of</strong>fen. ABS wurde als bürokratisch und<br />
verbesserungsfähig empfunden. Evaluationen zu dieser Applikation sind bisher nicht<br />
gemacht worden o<strong>der</strong> nicht öffentlich verfügbar, so dass Vergleichsdaten nicht herangezogen<br />
werden konnten.<br />
e-Impfpass<br />
Der e-Impfpass ist bisher lediglich als Konzeption umgesetzt, daher wurden zu ihm keine<br />
eigenen Nutzungserfahrungen angegeben. Allerdings will ein Befragter ein eigenes Projekt<br />
zum e-Impfpass in seiner Praxis realisieren. Die Aussagen zur subjektiven Nützlichkeit des<br />
e-Impfpasses waren gemischt. Einschränkungen wurden dahingehend gemacht, dass viele<br />
unterschiedliche Akteure Zugriff auf den e-Impfpass haben müssten, und dass ein<br />
schriftlicher Pass parallel ebenfalls notwendig sei (z.B. für Auslandsreisen). Positive<br />
Aussagen bezogen sich auf die Erinnerungsfunktion. Dies stellt auch eines <strong>der</strong> wesentlichen<br />
Argumente für die allgemeine Einführung dieser Anwendung im Rahmen <strong>der</strong> ELGA dar<br />
(Mense, Jatzko, Pucher & Wahl et al., 2007).<br />
e-Überweisung<br />
E-Überweisungen werden <strong>von</strong> den meisten befragten <strong>Ärzten</strong> genutzt und auch als nützlich<br />
empfunden. Als einschränkend bzw. aufwändig wurde die fehlende Übertragungsmöglichkeit<br />
z.B. bei Spitälern und das parallele Ausfüllen <strong>von</strong> Papier- und elektronischer Form<br />
angesehen. Dieser Kritikpunkt wurde durch die Ärzte bereits früher schon öffentlich geäußert<br />
(Österreichische Ärztezeitung, 25.3.2007).<br />
114
ELGA<br />
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
ELGA wurde bisher noch nicht umgesetzt, infolgedessen haben die Befragten auch keine<br />
praktischen Erfahrungen vorzuweisen. ELGA wurde <strong>von</strong> fast allen Befragten negativ<br />
bewertet, d.h. als nicht nützlich und überflüssig. Dabei bezogen sich die Ärzte häufig auf die<br />
Positionen <strong>der</strong> Ärztekammer. Typische Argumente <strong>der</strong> <strong>of</strong>fiziellen Positionen (vgl. z.B. Mörz,<br />
2010) wurden in diesem Zusammenhang geäußert. Teilweise wurde allerdings <strong>von</strong> einer<br />
elektronischen Patientenakte "an sich" und dem <strong>der</strong>zeitigen Projekt ELGA getrennt<br />
gesprochen. Prinzipiell befanden die Ärzte elektronische Akten aber als positiv. Dies<br />
entspricht auch an<strong>der</strong>en Meinungsbil<strong>der</strong>n. In <strong>der</strong> Befragung <strong>von</strong> Allensbach (2010) fanden<br />
60 % <strong>der</strong> Ärzte eine elektronische Patientenakte nützlich. Auch in <strong>der</strong> Schweizer Studie <strong>von</strong><br />
Fitterer, Mettler & Rohner (2009) wurde die elektronische Patientenakte mit positiven<br />
Bewertungen verbunden; hier wurden allerdings keine nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte befragt.<br />
e-Medikation<br />
E-Medikation wurde in OÖ bisher in einem Pilotprojekt umgesetzt, welches ein großes<br />
negatives Echo bei den <strong>Ärzten</strong> hervorgerufen hat. In dieser Stichprobe hatten nur wenige<br />
Befragte an diesem Pilotprojekt teilgenommen und aufgrund dessen wenig praktische<br />
Erfahrungen; einige kannten das Projekt über Bekannte und hatten sich so ihre (negative)<br />
Meinung gebildet. Insgesamt wurde die e-Medikation in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Umsetzung einhellig<br />
als negativ bewertet, wobei Einschränkungen dahingehend gemacht wurden, dass eine<br />
bessere technische Umsetzung zu einer höheren subjektiven Nützlichkeit führen könnte.<br />
Kritikpunkte waren u.a. technische Mängel, fehlende Berücksichtigung <strong>von</strong><br />
Mehrfachdiagnosen und Einzelfällen und dadurch Einschränkung <strong>der</strong> ärztlichen Autonomie.<br />
Dem elektronischen Rezept standen auch in <strong>der</strong> Allensbach-Umfrage (2010) viele Befragte<br />
skeptisch gegenüber: nur 37 % hielten diese Anwendung für nützlich.<br />
In <strong>der</strong> Evaluierung des Pilotprojektes in allen 3 Regionen in Österreich wurde dagegen eine<br />
insgesamt positive Einschätzung <strong>der</strong> e-Medikation gegeben, bei negativen Erfahrungen mit<br />
<strong>der</strong> angewandten S<strong>of</strong>tware und dem dar<strong>aus</strong> folgendem Aufwand für die Ärzte (Dorda et al.,<br />
2012).<br />
e-Radiologie<br />
Die e-Radiologie wird <strong>von</strong> etwa <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> Befragten genutzt. Hier überwogen die<br />
positiven Nützlichkeitseinschätzungen; Einschränkungen wurden hinsichtlich <strong>der</strong><br />
Kompatibilität <strong>der</strong> Formate gemacht. Dies stimmt mit den Ergebnissen <strong>der</strong> Allensbach-Studie<br />
(2010) überein, hier gaben 80 % <strong>der</strong> Ärzte an, e-Radiologie sei nützlich.<br />
115
e-Mutter-Kind-Pass<br />
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Der e-Mutter-Kind-Pass liegt ebenso wie <strong>der</strong> e-Impfpass bisher nur als Konzeption vor,<br />
aufgrund dessen konnte noch kein Befragter praktische Erfahrungen damit sammeln. Die<br />
allgemeine Einschätzung <strong>der</strong> Befragten zur subjektiven Nützlichkeit ist negativ. Kritikpunkte<br />
sind die verschiedenen Zuständigkeiten und Akteure sowie die fehlende Notwendigkeit für<br />
einen solchen elektronischen Pass. Die Einrichtung eines e-Mutter-Kind-Passes werde u.a.<br />
mit <strong>der</strong> Notwendigkeit einer besseren Versorgung für Spätgebärende, durch künstliche<br />
Befruchtung entstandene Schwangerschaften und nicht deutsch sprechende Mütter<br />
begründet (Maul, Waller, Hoischen & Sohn, 2006). E-Mutter-Kind-Pässe sollen weiterhin mit<br />
zusätzlichen Features, wie Erinnerungsfunktionen, weiterführenden Informationen bis hin zu<br />
e-commerce-Funktionen, <strong>aus</strong>gestattet werden (Maul et al., 2006). Diese Argumente<br />
scheinen die befragten Ärzte unserer Stichprobe, unter denen sich auch ein Facharzt für<br />
Gynäkologie und Geburtshilfe befand, nicht überzeugt zu haben.<br />
e-Leistungsbericht<br />
Nur wenige Befragte konnten mit dem Begriff e-Leistungsbericht etwas anfangen, und nur<br />
einige Ärzte haben diese Funktion bisher genutzt. Sie begründeten dies mit <strong>der</strong> fehlenden<br />
Nachfrage, z.B. durch Patienten. Aufgrund dessen war die Nützlichkeit für sie auch nur<br />
eingeschränkt gegeben.<br />
e-Terminmanagement<br />
Die wenigsten Ärzte nutzen ein e-Terminmanagement. Zwei Gründe sind dafür<br />
<strong>aus</strong>schlaggebend: Zum einen muss eine solche Anwendung durch den APIS-Anbieter<br />
konzipiert und ins APIS integriert werden, was bisher nur wenige Firmen anbieten. Zudem ist<br />
hier <strong>von</strong> zusätzlichen Kosten <strong>aus</strong>zugehen. Zum an<strong>der</strong>en meinten die meisten Befragten, sie<br />
bräuchten ein e-Terminmanagement nicht, weil sie keine Termine vergeben (H<strong>aus</strong>arztpraxis)<br />
o<strong>der</strong> weil eine Zeitplanung im Vorhinein nur mit Zusatzinformationen zu machen ist, die aber<br />
nicht elektronisch abfragbar sind. Aufgrund dessen bevorzugen die Befragten eine<br />
telefonische Terminabsprache.<br />
e-Notfalldaten<br />
Nur ein nie<strong>der</strong>gelassener Arzt aller Befragten hat Notfalldaten seiner Patienten im APIS<br />
gespeichert, die an<strong>der</strong>en gaben an, keine praktischen Erfahrungen mit Notfalldaten zu<br />
besitzen. Die Meinungen zu einer solchen Anwendung gingen <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>. Einige Ärzte<br />
fanden sie nützlich und befürworteten eine Speicherung auf <strong>der</strong> e-card o<strong>der</strong> dem Handy.<br />
An<strong>der</strong>e lehnten e-Notfalldaten als unnütz ab, weil sie im Ernstfall sowieso nicht verfügbar<br />
o<strong>der</strong> schlichtweg nicht abrufbar wären.<br />
116
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Diese Meinungsvielfalt bildet die aktuelle Diskussion zur Integration <strong>von</strong> Notfalldaten in e-<br />
<strong>Health</strong>-Systeme adäquat ab. Hier werden verschiedene Lösungen diskutiert, wie etwa<br />
Notfall- o<strong>der</strong> Erste-Hilfe-Apps für Smartphones usw. (eHI Arbeitsgruppe Notfallmedizin, 2011)<br />
o<strong>der</strong> Unterstützungssysteme für Notfallmediziner (Skorning, Bergrath, Rörtgen, Brokmann et<br />
al., 2009), die allerdings (noch) keine flächendeckende Anwendung versprechen. In <strong>der</strong><br />
deutschen Allensbach-Umfrage (2010) fand allerdings die Mehrheit <strong>der</strong> Ärzte (86 %) die<br />
elektronische Speicherung <strong>von</strong> Notfalldaten nützlich.<br />
e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring)<br />
Mit Home Monitoring hatte nur einer <strong>der</strong> Befragten Erfahrung, die meisten Ärzte sahen diese<br />
Applikation als spezielle Anwendung für nur wenige Patienten und spezifische<br />
Fachrichtungen an. Die Nützlichkeit konnte <strong>von</strong> ihnen daher nur theoretisch abgeschätzt<br />
werden.<br />
Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen<br />
Zu einem öffentlichen Informationssystem, das bisher in dieser Form noch nicht existiert,<br />
wurden unterschiedliche Aussagen gemacht. Einige sahen dies als nützlich an, an<strong>der</strong>e<br />
wandten ein, dass Patienten mit diesen zur Verfügung stehenden Informationen im<br />
Zweifelsfall ebenso wenig anfangen könnten wie mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsinformationen. Es<br />
würden dennoch typische Fragen <strong>aus</strong> dem Internet an die Ärzte in <strong>der</strong> Sprechstunde<br />
herangetragen werden.<br />
Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDA<br />
Einem zentralen Verzeichnis aller Gesundheitsanbieter stehen die meisten Befragten positiv<br />
gegenüber, wenngleich sie sich gegen den Begriff "Gesundheitsdiensteanbieter" für sich<br />
distanzieren.<br />
Zusammenfassung<br />
Aus den oben zusammengefassten Aussagen <strong>der</strong> befragten Ärzte zur subjektiven<br />
Nützlichkeit und dem Nutzungsverhalten einzelner e-<strong>Health</strong>-Anwendungen geht hervor, dass<br />
die Ärzte eine sehr differenzierte Einstellung zu e-<strong>Health</strong> aufweisen. Von einer p<strong>aus</strong>chalen<br />
Zustimmung o<strong>der</strong> Ablehnung kann nicht die Rede sein. Eine Reihe <strong>von</strong> Faktoren konnten für<br />
die unterschiedlichen Meinungsbil<strong>der</strong> verantwortlich gemacht werden.<br />
Die Einstellung zu Computern und IT allgemein sowie Freude und Neugier auf einzelne<br />
Programme und ihre Nutzung in <strong>der</strong> Freizeit stellen eine allgemeine psychologische Variable<br />
dar, die sich möglicherweise för<strong>der</strong>nd und hemmend auf die Nutzung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Applikationen <strong>aus</strong>wirken kann. Diese Verbindung konnte durch das ursprüngliche TAM<br />
117
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
(Davis, 1989) sowie durch die theory <strong>of</strong> planned behaviour (Ajzen & Fishbein, 1980) gezogen<br />
werden. In unserer Stichprobe standen die weit<strong>aus</strong> meisten Befragten Computern und IT<br />
aufgeschlossen gegenüber, wenngleich die Meinungen zu bestimmten Themen wie z.B.<br />
social networks <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>gingen. Auch das private Nutzungsverhalten ist unterschiedlich.<br />
Möglicherweise kann hier auf einen Generationeneffekt geschlossen werden. In an<strong>der</strong>en<br />
Studien (z.B. Allensbach, 2010) konnte gezeigt werden, dass mit geringerem Alter die<br />
Offenheit gegenüber e-<strong>Health</strong> und das Nutzungsverhalten dieser Applikationen ansteigt. Ein<br />
direkter Zusammenhang zum Alter wurde in dieser Untersuchung aber nicht festgestellt, da<br />
die älteren Interviewpartner <strong>von</strong> ihrer langjährigen Erfahrung im Umgang mit ihrem APIS<br />
und bestimmten Applikationen berichteten. Demnach wirkt die - <strong>of</strong>t durch die Einführung <strong>von</strong><br />
bestimmten Applikationen "erzwungene" - Erfahrung dem Alterseffekt möglicherweise<br />
entgegen.<br />
Der wichtigste Faktor für die Einschätzung <strong>der</strong> subjektiven Nützlichkeit <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Applikationen bildete für die Ärzte die Kosten-Nutzen-Rechnung. Eine S<strong>of</strong>tware wird dann<br />
als nützlich empfunden, wenn die Mehrkosten für die Ärzte und <strong>der</strong> zeitliche Aufwand für<br />
Installation, Wartung, Schulung und Administration gering sind, während <strong>der</strong> persönliche<br />
Nutzen, <strong>der</strong> vor allem in <strong>der</strong> Zeiteinsparung besteht, möglichst hoch ist. Die <strong>von</strong> den<br />
Befragten geäußerten Überlegungen stimmen mit den Ergebnissen an<strong>der</strong>er Untersuchungen<br />
überein. So beschrieben die nie<strong>der</strong>ländischen Autoren Boonstra & Broekhuis (2010) mehrere<br />
Barrieren bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>, unter denen die finanziellen und zeitlichen<br />
Barrieren die wichtigsten waren. Auch Pizzi et al. (2005) benannten den finanziellen und<br />
zeitlichen Aufwand als Akzeptanzbarriere bei den <strong>Ärzten</strong>. Zu dem gleichen Ergebnis kommt<br />
die deutsche Allensbach-Untersuchung (2010), bei <strong>der</strong> sich zeigte, dass nie<strong>der</strong>gelassene<br />
Ärzte weit geringere Akzeptanzwerte aufwiesen als Krankenh<strong>aus</strong>ärzte, weil sie den Aufwand<br />
und die Kosten für die Systemumstellung bei neuen e-<strong>Health</strong> Applikationen fürchteten<br />
(insgesamt 80 % <strong>der</strong> befragten nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte waren dieser Meinung, doch nur<br />
36 % <strong>der</strong> Krankenh<strong>aus</strong>ärzte).<br />
Zu den wesentlichen Akteuren in dieser Kosten-Nutzen-Rechnung zählten die Ärzte die<br />
Hersteller-Firmen, <strong>der</strong>en Interaktion durch marktwirtschaftliche Kriterien gekennzeichnet ist.<br />
Die Beziehung zu den Hersteller-Firmen wird <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> ambivalent geschil<strong>der</strong>t. Zum<br />
einen fühlten sich die Ärzte bei Problemen im APIS durch<strong>aus</strong> unterstützt, insbeson<strong>der</strong>e<br />
wenn persönliche Beziehungen zu den Firmen bestanden. Zum an<strong>der</strong>en wurde auch über<br />
Personalabbau und dadurch entstehende Probleme beim Support, hohe Wartungskosten<br />
und Fehlinformationen über bestimmte Applikationen berichtet. Manchmal ist die Beziehung<br />
<strong>der</strong> Ärzte zur Hersteller-Firma durch eine gewisse Vorsicht o<strong>der</strong> Misstrauen geprägt.<br />
118
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Unterstützung durch bestimmte Rahmenbedingungen zählt unter facilitating conditions zu<br />
den positiven Einflussfaktoren auf das Nutzungsverhalten (Venkatesh et al., 2003), fehlende<br />
Unterstützung bildete bei Boonstra & Broekhuis (2010) eine soziale Barriere für die<br />
Akzeptanz elektronischer Patientenakten. Auch Vertrauen wurde in vielen Untersuchungen<br />
als wichtiger Einflussfaktor bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong>-Technologien her<strong>aus</strong>gearbeitet<br />
(Boonstra & Broekhuis, 2010; Jung & Loria, 2010; Gallant, Irizarry & Bone, 2009).<br />
Eine ähnliche Beziehung wurde <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> gegenüber den verschiedenen<br />
institutionellen Akteuren (Krankenkassen, Gesundheitsministerium, Hauptverband) im<br />
Prozess <strong>der</strong> Implementierung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> eingenommen. Allerdings war die Beziehung hier<br />
noch stärker durch Misstrauen geprägt als gegenüber den Hersteller-Firmen. Die Ärzte in<br />
<strong>der</strong> Befragung gingen da<strong>von</strong> <strong>aus</strong>, dass die Institutionen durch die Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong><br />
vor allem Einsparungen beabsichtigten. Da dies aber nicht ohne weiteres zu erreichen sei,<br />
komme es nur zu einer Umverteilung <strong>der</strong> Kosten, bei <strong>der</strong> die Ärzte den Kürzeren zögen.<br />
Auch hier wird <strong>von</strong> einer mangelnden Unterstützung durch die institutionellen<br />
Rahmenbedingungen <strong>aus</strong>gegangen. Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt war auch die<br />
verpflichtende Teilnahme an e-<strong>Health</strong>, die <strong>von</strong> den meisten Befragten strikt abgelehnt wurde.<br />
Die Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung ist für die befragten Ärzte eine wichtige For<strong>der</strong>ung.<br />
Freiwilligkeit gehört zu den vermittelnden (indirekten) Faktoren innerhalb des TAM2<br />
(Venkatesh & Davies, 2000) und TAM3 (Venkatesh & Bala, 2008). Weiterhin artikulierten die<br />
Befragten Sorgen bzgl. eines Autonomieverlustes in den ärztlichen Entscheidungen und<br />
einem durch e-<strong>Health</strong> möglichen Kontrollsystem. Diese Sorgen berühren die<br />
wahrgenommene Kontrolle über Verän<strong>der</strong>ungen, einen Faktor, <strong>der</strong> in das TAM3<br />
(Venkatesh & Bala, 2008) aufgenommen wurde. Auch <strong>von</strong> Boonstra & Broekhuis (2010)<br />
wurde <strong>der</strong> Verlust an Kontrolle als Sorge <strong>der</strong> Ärzte aufgeführt und zu den psychologischen<br />
Akzeptanzbarrieren gezählt.<br />
Die Datensicherheit wird <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> unterschiedlich beurteilt. Während die meisten<br />
Ärzte das Gefühl haben, in ihrer eigenen Praxis <strong>aus</strong>reichend viel in den Datenschutz<br />
investiert zu haben, überwiegt die Sorge vor einer missbräuchlichen Verwendung sensibler<br />
Daten seitens an<strong>der</strong>er Akteure. Der Datenschutz ist eines <strong>der</strong> zentralen Themen in Bezug<br />
auf ELGA, auch wenn manche Befragte hier zwischen eigenen Interessen und<br />
Patienteninteressen unterschieden haben. Insgesamt wurde dem Thema in dieser<br />
Stichprobe nicht so große Bedeutung beigemessen wie erwartet, möglicherweise deshalb,<br />
weil ELGA nicht im Mittelpunkt <strong>der</strong> Untersuchung stand. An<strong>der</strong>e Studien (Allensbach, 2010;<br />
Boonstra & Broekhuis, 2010) zeigen aber auf, dass Ärzte zu einem großen Teil Bedenken<br />
wegen des Datenschutzes hegen und dies ein wesentliches Akzeptanzhin<strong>der</strong>nis darstellt.<br />
119
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Während <strong>der</strong> Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch <strong>der</strong> Ärzte mit Kollegen zum großen Teil positiv gesehen wird<br />
und <strong>von</strong> den Befragten gerne <strong>aus</strong>gebaut werden würde, wenn bestimmte technische<br />
Vor<strong>aus</strong>setzungen sich verbessern, wird <strong>der</strong> unkontrollierte Aust<strong>aus</strong>ch <strong>von</strong> vertraulichen<br />
Patientendaten mit an<strong>der</strong>en GDAs abgelehnt. In <strong>der</strong> Allensbach-Umfrage (2010) sahen die<br />
Ärzte in e-<strong>Health</strong> insbeson<strong>der</strong>e eine Stärkung des fachübergreifenden Aust<strong>aus</strong>ches. In <strong>der</strong><br />
hier vorliegenden Stichprobe wird eine differenziertere <strong>Sicht</strong> auf den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch<br />
abgegeben.<br />
Weitere Hin<strong>der</strong>nisse werden <strong>von</strong> den Befragten in <strong>der</strong> unklaren Rechtssituation gesehen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e was unvollständige Datensätze sowie Entscheidungen angeht, bei denen die<br />
riesige angehäufte Datenfülle nicht berücksichtigt werden konnte. Die fehlende<br />
Rechtssicherheit verunsicherte viele Befragte. Sie sahen die Vorteile des schnellen<br />
Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chs durch die Nachteile einer Informationsflut und <strong>der</strong> Verführbarkeit, schnelle<br />
aber oberflächliche Entscheidungen zu treffen, aufgehoben und befürchteten falsche<br />
ärztliche Entscheidungen. Rechtliche Barrieren für die Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> bei <strong>Ärzten</strong><br />
wurden auch <strong>von</strong> Boonstra & Broekhuis (2010) beschrieben.<br />
Weiterhin spielten für die Ärzte dieser Stichprobe analog zu Boonstra & Broekhuis (2010)<br />
auch technische Barrieren eine wichtige Rolle, zu denen die fehlenden Standardisierungen,<br />
Formatierungsprobleme, Übertragungsfehler und ein erhöhter Aufwand zur Behebung <strong>von</strong><br />
Fehlern, zum Update neuer S<strong>of</strong>tware und zur gesamten Administration zählen. Die<br />
genannten Faktoren wurden in ihren Folgen mit den Anfor<strong>der</strong>ungen an die ärztliche Tätigkeit<br />
und den Anfor<strong>der</strong>ungen an einen "guten Arzt" verglichen.<br />
Eine weniger große Rolle spielte hingegen die Angst um die Verschlechterung des Arzt-<br />
Patient-Verhältnisses, die bei Allensbach (2010) als eine wichtige Sorge benannt wurde.<br />
Die befragten Ärzte meinten zwar überwiegend, dass e-<strong>Health</strong> nicht dabei helfe, ein<br />
"besserer Arzt" zu sein, aber das Arzt-Patient-Verhältnis sahen sie durch e-<strong>Health</strong> nicht<br />
gefährdet. Eine Ausnahme besteht bei <strong>der</strong> Frage des Datenschutzes; hier wurde bei <strong>der</strong><br />
Weitergabe vertraulicher Patientendaten durch<strong>aus</strong> eine Gefahr im Arzt-Patient-Verhältnis<br />
gesehen. Weiterhin wurde <strong>der</strong> persönliche Kontakt in vielen Situationen <strong>der</strong> ärztlichen<br />
Kommunikation (z.B. Terminplanung) als vorteilhafter gegenüber <strong>der</strong> elektronischen Variante<br />
gesehen. Neben den bereits oben angesprochenen Sorgen um den Verlust ärztlicher<br />
Autonomie und <strong>der</strong> Wahrung <strong>der</strong> Patientendaten spielt die Abgrenzung <strong>der</strong> Ärzte als<br />
Gruppe mit einem spezifischen Fähigkeits- und Aufgabenpr<strong>of</strong>il eine Rolle. Die Ärzte sahen<br />
sich nicht gerne unter den Begriff GDA subsumiert, unter den auch "untergeordnete" Berufe<br />
wie Krankenpfleger, Physiotherapeuten o<strong>der</strong> gar Alternativheiler eingeordnet werden. Die<br />
120
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Subsumierung im Rahmen <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Strategie (vgl. Pfeiffer, 2007) bedeutet für die Ärzte<br />
einen Kontrollverlust über angestammte Leistungsgebiete, einen "zu freien" Aust<strong>aus</strong>ch <strong>von</strong><br />
Daten aller Art, einen Wertverlust für ihren Beruf, aber auch die Gefahr eines<br />
Leistungsabfalls im Gesundheitswesen.<br />
Wesentliche Unterstützung bei <strong>der</strong> Durchsetzung ihrer Positionen und Interessen suchten<br />
die Ärzte laut Befragung vor allem bei ihrer Standesvertretung, <strong>von</strong> <strong>der</strong> sie sich in Bezug<br />
auf e-<strong>Health</strong> gut unterstützt fühlten und zu <strong>der</strong> sie Vertrauen haben. Diese beson<strong>der</strong>e<br />
Vertrauensposition wurde auch <strong>von</strong> <strong>der</strong> Allensbach-Umfrage (2010) bestätigt. Die<br />
Standesvertretung wurde in unserer Stichprobe zudem als wichtigste Informationsquelle in<br />
Bezug auf e-<strong>Health</strong> angegeben. Weitere Informationsquellen sind die Hersteller-Firmen,<br />
Fachjournale, Fachportale im Internet o<strong>der</strong> die Presse. Damit weist die Standesvertretung<br />
hier eine her<strong>aus</strong>gehobene Stellung auf. In <strong>der</strong> Allensbach-Umfrage (2010) wurden dagegen<br />
Fachjournale als die wichtigsten Informationsquellen angegeben. Zudem fühlten sich die<br />
Ärzte <strong>der</strong> vorliegenden Stichprobe informierter als die Ärzte <strong>der</strong> Allensbach-Umfrage (2010),<br />
und sie wünschten nicht so häufig weitere Informationen. Zugleich waren die Befragten über<br />
die einzelnen e-<strong>Health</strong>-Applikationen laut eigenen Angaben recht gut informiert was<br />
sicherlich auf die enge Bindung mit <strong>der</strong> Standesvertretung zurückzuführen ist. Es kann aber<br />
auch ein Hinweis darauf sein, dass die Informationsflüsse durch die Standesvertretung zu<br />
einer Befriedigung <strong>der</strong> Informationswünsche <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> führen.<br />
Zum Einbezug <strong>von</strong> Patientenwünschen bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Applikationen<br />
herrscht in <strong>der</strong> Stichprobe ein teilweise ambivalentes, teilweise auch konträres Meinungsbild<br />
vor. Zur Frage, ob durch e-<strong>Health</strong> die Patienten besser versorgt werden, wurden sehr<br />
unterschiedliche Antworten gegeben. Einige sahen o<strong>der</strong> befürchteten e-<strong>Health</strong> als zu<br />
bezahlende Son<strong>der</strong>leistungen, an<strong>der</strong>e sahen gar keinen Patientennutzen, an<strong>der</strong>e versuchten<br />
explizit auf Patientenwünsche einzugehen. Es scheint aber insgesamt nicht immer klar zu<br />
sein, was Patienten überhaupt wünschen. So wurden auch Hinweise darauf gegeben, dass<br />
e-<strong>Health</strong>-Applikationen wie e-Bildbefunde o<strong>der</strong> e-Leistungsberichte <strong>von</strong> den Patienten kaum<br />
nachgefragt würden. Zum Thema <strong>der</strong> Passung <strong>von</strong> Arzt- und Patientenwünschen liegen<br />
bisher <strong>von</strong> an<strong>der</strong>er Seite keine Daten vor.<br />
5.1.3 Zielstellung 3<br />
Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> durch die Interviews identifizierten Faktoren und unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> in den einschlägigen Arbeiten recherchierten Einflussfaktoren auf die<br />
121
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Nutzungsintention laut TAM wurde nun Zielstellung 3 <strong>der</strong> Arbeit realisiert, die in <strong>der</strong><br />
Konstruktion eines eigenen Modells bestand.<br />
Das Modell "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" wird durch die Wechselwirkung<br />
und gegenseitige Beeinflussung <strong>von</strong> technologischen, institutionellen und<br />
marktwirtschaftlichen Faktoren bestimmt, die <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> in Bezug auf ihr<br />
Selbstverständnis und ihre Anfor<strong>der</strong>ungen an ärztliches Handeln abgeglichen werden. D.h.,<br />
die subjektive Nützlichkeit einer e-<strong>Health</strong>-Applikation ist wesentlich da<strong>von</strong> bestimmt, ob diese<br />
Applikation in ihren technischen Eigenschaften, in ihren marktwirtschaftlichen<br />
Gegebenheiten (Kosten, Einsparungsmöglichkeiten) und durch institutionelle Faktoren<br />
(rechtliche u.a. Rahmenbedingungen) auf den Arzt und dessen ärztliche Aufgabe<br />
zugeschnitten ist. Die angenommene Wechselwirkungsbeziehung <strong>der</strong> Faktoren<br />
berücksichtigt damit die <strong>von</strong> einigen Autoren postulierte Bedeutung <strong>der</strong> Passung <strong>von</strong><br />
Aufgabe, neuer Technologie und Individuum (Ammenwerth, Iller & Mahler, 2006). Dieser<br />
Faktor ist als Kompatibilität im UTAUT (Venkatesh et al., 2003) ebenfalls zum Teil<br />
berücksichtigt. Die Wechselbeziehungen werden seitens <strong>der</strong> Ärzte durch<br />
entgegengebrachtes Vertrauen und wahrgenommene Unterstützung reguliert. Weitere<br />
Faktoren des Modells sind die persönlichen Einstellungen und Hintergründe, die<br />
Vorerfahrungen mit bestimmten e-<strong>Health</strong>-Applikationen, die Standesvertretung als<br />
bedeutsame Unterstützungsgröße für die Ärzte als Gruppe, sowie die erhaltenen<br />
Informationen, die ebenfalls über Vertrauen reguliert werden. Die Patientenwünsche sind als<br />
unabhängiger, eher schwacher Einflussfaktor ins Modell eingegangen.<br />
Das Modell "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" wurde nun einer Abstraktion<br />
unterzogen, um die verwendeten Begriffe näher an die theoretischen Konstrukte des TAM zu<br />
bringen. Dabei konnten wichtige Rückschlüsse auf die Bedeutung <strong>der</strong> einzelnen Faktoren<br />
gezogen werden. Im Folgenden werden die in <strong>der</strong> Literatur aufgeführten Einflussfaktoren mit<br />
den in dieser Arbeit verwendeten Faktoren einzeln abgeglichen und ihre Bedeutung<br />
abgeschätzt.<br />
Bedienbarkeit (Perceived ease <strong>of</strong> use)<br />
Die Bedienbarkeit als eine klassische Variable des TAM (Venkatesh, 2000) wurde im hier<br />
konstruierten Modell den technologischen Faktoren zugeordnet. Bedienbarkeit bedeutet eine<br />
klare und verständliche Steuerung <strong>der</strong> S<strong>of</strong>tware und eine leichte Erlernbarkeit (vgl. Wirtz,<br />
Ullrich & Mory, 2011). In den Interviews lassen sich Faktoren <strong>der</strong> Bedienbarkeit nicht direkt<br />
erschließen. Fast ohne Ausnahme bestätigten die Interviewpartner, dass sie sich den<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die mo<strong>der</strong>ne Technik gewachsen fühlen und ihre Erfahrung durch lange<br />
122
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Jahre <strong>der</strong> Tätigkeit mit dem APIS gewachsen sei. Dieses Ergebnis bestätigt die Annahmen<br />
<strong>von</strong> Breen, Wan & Ortiz (2010), wonach die Ärzte zu einer aufgeschlossenen und<br />
technikaffinen Gruppe zählen, die aufgrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten keine<br />
grundlegenden Probleme mit <strong>der</strong> Bedienbarkeit einer S<strong>of</strong>tware haben. Dies würde auch<br />
erklären, warum die Bedienbarkeit in den empirischen Studien zur gleichen Thematik nicht<br />
immer einen Einfluss auf die subjektive Nützlichkeit und die Nutzungsintention aufgewiesen<br />
hat (Aubert & Hamel, 2001; Chau & Hu, 2002; Chismar & Wiley-Patton, 2007; Wirtz, Ullrich &<br />
Mory, 2011). Da die Bedienbarkeit aber immer auf eine spezifische S<strong>of</strong>tware bzw.<br />
Anwendung bezogen ist und sich die Untersuchungen auf unterschiedliche Anwendungen<br />
beziehen, können die Ergebnisse auch damit erklärt werden. In unserer Stichprobe kann die<br />
Bedienbarkeit als Sorge um den zeitlichen und administrativen Aufwand einer neuen e-<br />
<strong>Health</strong>-Applikation verstanden werden. Denn selbst wenn eine neue Anwendung vom Arzt<br />
verstanden wird, braucht es doch Zeit zur Einarbeitung, zur Fehlerbereinigung etc. die für<br />
den Arzt einen gewissen Aufwand bedeuten, die <strong>von</strong> seiner Praxiszeit abgezogen wird.<br />
Damit erfährt die Bedienbarkeit in dieser Stichprobe eine neue Bedeutung, indem sie weg<br />
<strong>von</strong> <strong>der</strong> individuellen Fähigkeit hin zu einem Faktor des Aufwands interpretiert wird.<br />
wahrgenommene Leistungserwartung <strong>der</strong> Technik (performance expectancy / output<br />
quality)<br />
Die für das UTAUT (Venkatesh et al., 2003) entwickelte Variable performance expectancy<br />
und ihre Pendant output quality des TAM3 (Venkatesh & Bala, 2008) meinen die Passung<br />
<strong>von</strong> Technologie und Arbeitsaufgabe in <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>. Diese subjektive<br />
Passung bildet im Modell "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" eine wesentliche<br />
Komponente, die <strong>aus</strong> dem Abgleich des Aufwands / <strong>der</strong> Bedienbarkeit und dem ärztlichen<br />
Selbstverständnis bzw. den Anfor<strong>der</strong>ungen an das ärztliche Handeln gebildet wird. In diesem<br />
Modell ist performance expectancy / output quality nur ein Teil eines größeren<br />
Überlegensprozesses zur Passung, in <strong>der</strong> weitere Faktoren abgeglichen werden. Analog den<br />
aktuellen Ergebnissen <strong>von</strong> Wirtz, Ullrich & Mory (2011) wurde für das Modell ein Einfluss auf<br />
die subjektive Nützlichkeit angenommen. An<strong>der</strong>e Untersuchungen zeigten aber auch einen<br />
direkten Einfluss auf die Nutzungsintention (Kijsanayotin, Pannarunothai & Speedie, 2009;<br />
Nuq, 2012) o<strong>der</strong> keinen Einfluss auf subjektive Nützlichkeit und Nutzungsintention (Schaper<br />
& Pervan, 2007). Künftige hypothesenprüfende Studien sollten die genauen<br />
Beziehungswege dieser Variablen analysieren.<br />
Wahrgenommene Aufwandserwartung (effort expectancy)<br />
Die <strong>aus</strong> dem UTAUT (Venkatesh et al., 2003) stammende Variable efford expectancy wurde<br />
bei <strong>der</strong> Aufstellung des Modells nicht berücksichtigt. Der Grund dafür liegt darin, dass <strong>der</strong><br />
123
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Grad an Passung <strong>von</strong> Technologie und Individuum für diese Stichprobe durch die Variablen<br />
output quality, Kompatibilität und Bedienbarkeit <strong>aus</strong>reichend beschrieben scheinen. Die<br />
technologischen Faktoren bilden in diesem Modell nur eine <strong>von</strong> vielen Variablen, die bei <strong>der</strong><br />
Nutzenbewertung durch die Ärzte berücksichtigt werden.<br />
Kompatibilität (compatibility)<br />
Die Kompatibilität, d.h. die Passung <strong>von</strong> Technologie und Arbeitsaufgabe, wurde in <strong>der</strong><br />
Literatur als Einflussfaktor auf die Bedienbarkeit und die Nutzungsintention nachgewiesen<br />
(Wirtz, Ullrich & Mory, 2011; Schaper & Pervan, 2007; Chau & Hu, 2002; Aubert & Hamel,<br />
2001). Im vorliegenden Modell wurde sie unter "technologische Faktoren" subsumiert, da<br />
Überlegungen <strong>der</strong> Befragten zur Bedienbarkeit <strong>der</strong> Technologie eng mit <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong><br />
Kompatibilität verknüpft waren.<br />
Erleichternde Bedingungen (facilitating conditions)<br />
In <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung erwiesen sich sowohl die institutionellen als auch die<br />
durch den Markt vorgegebenen Rahmenbedingungen, die bei Venkatesh (2000) eher als<br />
indirekte Hintergrundfaktoren aufgeführt sind, als wesentlich bedeutsamer für die<br />
Nutzungsintention als die technologischen Faktoren allein. Dies liegt darin begründet, dass<br />
<strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong> institutionellen Entscheidungsträger im Gesundheitswesen sowie <strong>der</strong><br />
Marktdruck durch die Herstellerfirmen <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> als Haupteinflussfaktor für die<br />
Einführung neuer e-<strong>Health</strong>-Applikationen betrachtet werden. Während die Frage <strong>der</strong><br />
technologischen Kompatibilität <strong>von</strong> Arbeitsaufgabe und Technik <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> sachlich<br />
gelöst werden kann, löste die Frage nach dem Einfluss <strong>der</strong> Gesetzgeber auf die Einführung<br />
<strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> bei den <strong>Ärzten</strong> starke (z.T. negative) Emotionen <strong>aus</strong>. Der Einfluss <strong>der</strong><br />
unterstützenden politischen Rahmenbedingungen wurde auch <strong>von</strong> Nuq (2012) bestätigt,<br />
allerdings in <strong>der</strong> Literatur bisher selten beachtet.<br />
Freiwilligkeit (voluntariness <strong>of</strong> use)<br />
Freiwilligkeit wurde zwar im UTAUT (Venkatesh et al., 2003) und TAM3 (Venkatesh & Bala,<br />
2008) als wichtige Mo<strong>der</strong>atorvariable berücksichtigt. In den (seltenen) Untersuchungen zu e-<br />
<strong>Health</strong> bei <strong>Ärzten</strong> wurde dies bestätigt (Aubert & Hamel, 2001; Kijsanayotin, Pannarunothai<br />
& Speedie, 2009). In <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung konnte ebenfalls gezeigt werden, dass<br />
die Freiwilligkeit <strong>der</strong> Teilnahme für die Ärzte beson<strong>der</strong>s bedeutsam ist. Bei einer<br />
verpflichtenden Teilnahme an e-<strong>Health</strong> kündigten viele Befragte einen prinzipiellen<br />
Wi<strong>der</strong>stand an. Die Variable Freiwilligkeit wurde im vorliegenden Modell den institutionellen<br />
Faktoren zugeordnet, da die Entscheidung über fakultative o<strong>der</strong> obligatorische Teilnahme bei<br />
den entsprechenden institutionellen Trägern liegt. Ähnlich wie in den TAM wird auch im<br />
124
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Modell angenommen, dass bei einer freiwilligen Nutzung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Anwendungen<br />
entsprechende Überlegungen zur Passung <strong>von</strong> Aufgabe und Technologie vorgenommen<br />
werden können, die bei einer obligatorischen Nutzung nicht mehr notwendig sind. Eng<br />
verbunden ist die Freiwilligkeit mit dem Faktor wahrgenommene Kontrolle (subjective<br />
control).<br />
Partizipation (participation)<br />
Partizipation wurde in den TAM nicht als eigener Faktor aufgeführt, son<strong>der</strong>n unter subjective<br />
control subsumiert. Für die Frage nach <strong>der</strong> Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> bei <strong>Ärzten</strong> wurde in<br />
einigen Untersuchungen die Partizipation als Einbezug <strong>der</strong> Nutzer in die Entwicklung und<br />
Umsetzung <strong>der</strong> neuen Anwendungen eigenständig erfasst und dabei konträre Ergebnisse<br />
erzielt (Wirtz, Ullrich & Mory. 2011; Aubert & Hamel, 2001). Auch in <strong>der</strong> vorliegenden<br />
Untersuchung zeigten sich ambivalente Aussagen zur Frage <strong>der</strong> Einbindung in die<br />
Entwicklung. Der Tenor <strong>der</strong> Befragten lautete, dass Einbezug kein Selbstzweck zur<br />
Akzeptanzerhöhung sei, son<strong>der</strong>n nur mit unterstützen<strong>der</strong> Begleitung (z.B.<br />
Aufwandsentschädigung) und <strong>der</strong> tatsächlichen Berücksichtigung <strong>der</strong> Vorschläge <strong>der</strong> Ärzte<br />
zur Akzeptanzsteigerung beitrage.<br />
wahrgenommene Kontrolle (subjective control)<br />
Wahrgenommene Kontrolle wurde in <strong>der</strong> vorliegenden Stichprobe als wesentlich für die<br />
Akzeptanz neuer e-<strong>Health</strong>-Anwendungen betrachtet. Im Modell wurde dieser Faktor unter<br />
"institutionelle Faktoren" subsumiert, da sich die wahrgenommene Kontrolle bzw. <strong>der</strong><br />
wahrgenommene Kontrollverlust auf die Frage <strong>der</strong> obligatorischen Nutzung bestimmter<br />
Anwendung bezieht, und damit auf die Frage, inwieweit die institutionellen<br />
Rahmenbedingungen als unterstützend erlebt werden. Dies steht im Einklang mit dem TAM<br />
(Venkatesh, 2000) und an<strong>der</strong>en theoretischen Überlegungen (Boonstra & Broekhuis, 2010)<br />
sowie den aktuellen empirischen Befunden zu e-<strong>Health</strong> bei <strong>Ärzten</strong> (Wirtz, Ullrich & Mory,<br />
2011; Chau & Hu, 2002).<br />
subjektive Normen (subjective norms)<br />
Subjektive Norm ist im TAM 3 definiert als persönliche Wahrnehmung gesellschaftlicher,<br />
sozialer und individueller Vorgaben sowie die Bereitschaft, diese Normen umzusetzen<br />
(Venkatesh & Bala, 2008). Im vorliegenden Modell wurden subjektive Normen vor allem im<br />
<strong>aus</strong>geprägten Selbstverständnis <strong>der</strong> Befragten als Ärzte und den ärztlichen<br />
Verhaltensnormen gefunden. Subjektive Normen beeinflussen die subjektive Nützlichkeit<br />
dahingehend, dass neue e-<strong>Health</strong>-Applikationen nur dann als nützlich angesehen werden,<br />
wenn sie dem ärztlichen Selbstverständnis und den Anfor<strong>der</strong>ungen an ärztliches Handeln<br />
125
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
nicht wi<strong>der</strong>sprechen. Damit wird im vorliegenden Modell <strong>der</strong> subjektiven Norm eine<br />
wichtigere Rolle zugewiesen als in den bisherigen Untersuchungen. Bisher wurden<br />
subjektive Normen nur einmal explizit bei <strong>der</strong> Thematik e-<strong>Health</strong> bei <strong>Ärzten</strong> untersucht<br />
(Chismar & Wiley-Patton, 2002), wobei kein signifikanter Einfluss festgestellt wurde. An<strong>der</strong>e<br />
Untersuchungen beziehen sich auf den verwandten Begriff social influence (siehe unten).<br />
Image<br />
Die Variable Image als Erwartung einer Person, durch die Nutzung einer neuen Technologie<br />
den eigenen sozialen Status zu festigen o<strong>der</strong> zu erhöhen (Venkatesh & Bala, 2008), wurde in<br />
bisherigen Untersuchungen kaum einbezogen; hier wurden ebenfalls divergente Ergebnisse<br />
erzielt (Aubert & Hamel, 2001; Chismar & Wiley-Patton, 2007). Im vorliegenden Modell<br />
wurde Image unter dem Faktor "ärztliches Selbstverständnis" aufgenommen. Allerdings<br />
lagen in den Interviews nur wenige Hinweise dafür vor, dass sich die Ärzte mithilfe <strong>von</strong> e-<br />
<strong>Health</strong> eine Verbesserung ihres sozialen Status erh<strong>of</strong>fen. Nur wenige meinen, dass sie durch<br />
e-<strong>Health</strong> den Anfor<strong>der</strong>ungen an einen "guten Arzt" besser gerecht werden. Damit wird dieser<br />
Faktor als wenig bedeutsam eingeschätzt.<br />
Erfahrung (experience)<br />
Auch Erfahrung wurde als Mo<strong>der</strong>atorvariable ins UTAUT aufgenommen und soll die<br />
Nutzungsintention über die Beeinflussung <strong>von</strong> effort expectancy, social influence und<br />
unterstützende Bedingungen (facilitating conditions) beeinflussen (Venkatesh et al., 2003). In<br />
empirischen Untersuchungen zu e-<strong>Health</strong> bei <strong>Ärzten</strong> wurde die Vorerfahrung mit e-<strong>Health</strong>-<br />
Applikationen bisher nicht aufgenommen. In <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden,<br />
dass die Vorerfahrung <strong>der</strong> Ärzte mit e-<strong>Health</strong>-Projekten eine wichtige Rolle bei ihrem<br />
Überlegensprozess zur Nützlichkeit künftiger Anwendungen spielt. Negative Vorerfahrungen<br />
in Pilotprojekten, z.B. mit technischen Gegebenheiten, dem Rollout o<strong>der</strong> den<br />
unterstützenden Rahmenbedingungen, führen dazu, dass die Ärzte künftigen Anwendungen,<br />
die in eine ähnliche Richtung gehen, vorsichtig bis ablehnend gegenüberstehen. Aufgrund<br />
dessen wird im vorliegenden Modell ein Einfluss <strong>der</strong> Vorerfahrung auf die Wechselbeziehung<br />
<strong>von</strong> technologischen, institutionellen und marktwirtschaftlichen Faktoren bzw. dem ärztlichen<br />
Selbstverständnis angenommen; damit ist analog dem UTAUT eine indirekte Beeinflussung<br />
<strong>von</strong> subjektiver Nützlichkeit und Nutzungsintention gegeben. Künftige Untersuchungen<br />
sollten die Einflussmöglichkeiten <strong>von</strong> Vorerfahrungen weiter analysieren, um das Modell zu<br />
bestätigen o<strong>der</strong> ggf. zu präzisieren.<br />
Soziale Normen (social influence)<br />
126
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Für das vorliegende Modell wurden die eng miteinan<strong>der</strong> verwandten Begriffe <strong>der</strong> subjektiven<br />
und <strong>der</strong> sozialen Normen getrennt, da die möglichen sozialen Einflüsse, die <strong>von</strong> den<br />
Befragten benannt wurden, explizit nach Gruppen aufgeschlüsselt und ihre Einflusswege<br />
verdeutlicht werden sollten. Social influence wird als Grad definiert, in dem eine Person<br />
annimmt, dass bedeutende Personen ihres sozialen Umfeldes die Nutzung <strong>der</strong> neuen<br />
Technologie erwarten. Als subjektiv bedeutsame Personengruppen wurden in dieser<br />
Untersuchung primär die Patienten sowie die Standesvertretung identifiziert. Während <strong>der</strong><br />
Einfluss <strong>der</strong> Patienten auf die Nutzungsintention <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> geringer erscheint, wurde in den<br />
Interviews deutlich, dass den Nutzungsempfehlungen <strong>der</strong> Standesvertreter gefolgt würde.<br />
Diese unterschiedlichen Einflusswege zweier sozialer Gruppen zeigen auf, dass social<br />
influence in künftigen Untersuchungen eng an eine soziale Gruppe angelehnt werden muss,<br />
um präzise Ergebnisse zu erhalten. Eine Nichtbeachtung <strong>der</strong> verschiedenen Einflussgruppen<br />
würde auch die divergenten Ergebnisse bisheriger Untersuchungen erklären (Nuq, 2012;<br />
Wirtz, Ullrich & Mory, 2011; Kijsanayotin, Pannarunothai & Speedie, 2009; Schaper &<br />
Pervan, 2007; Chau & Hu, 2002).<br />
Informationen<br />
Informationen unterstützen in <strong>der</strong> Regel die potentiellen Nutzer bei <strong>der</strong><br />
Entscheidungsfindung und werden daher als Einflussfaktor zu den unterstützenden<br />
Rahmenbedingungen gezählt (z.B. Aubert & Hamel, 2001). Im vorliegenden Modell wurden<br />
die Informationen über e-<strong>Health</strong> als eigenständiger Faktor belassen, weil Informationen Teil<br />
<strong>der</strong> Kommunikationswege zwischen den verschiedenen Akteuren sind. In den Interviews<br />
wurde durch die Befragten verdeutlicht, dass Informationen über e-<strong>Health</strong> vor allem dann<br />
aufgenommen werden, wenn dem Informationsgeber Vertrauen entgegengebracht wird.<br />
Einstellung (attitude)<br />
Die Einstellung zur Technologie wird nur im klassischen TAM (Davies, 1989) berücksichtigt;<br />
zudem wurde nicht immer ein signifikanter Einfluss auf die Nutzungsintention festgestellt<br />
(Wirtz, Ullrich & Mory, 2011; Schaper & Pervan, 2007). In <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung<br />
wurde dieser Faktor - gemessen als Einstellung zu Computern und IT in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
allgemein - einbezogen und mit Variablen des TAM zum Computer wie computer self<br />
efficacy, computer anxiety, computer playfulness und perceived enjoyment kombiniert. Aus<br />
den Interviews und <strong>der</strong> qualitativen Auswertung allein kann noch nicht auf einen signifikanten<br />
Einfluss <strong>der</strong> Einstellungsvariablen auf die Nutzungsintention geschlossen werden. Anhand<br />
<strong>der</strong> Interviews wird jedoch ein eher schwacher Einfluss dieser Variable angenommen.<br />
Zusammenfassung<br />
127
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Zusammenfassend lässt sich hinzufügen, dass das vorliegende Modell "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong><br />
subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" vorrangig auf die Passung <strong>von</strong> ärztlichen Arbeitsaufgaben,<br />
Technologien, verschiedenen sozialen Einflussgruppen, sowie institutionellen und<br />
marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen abzielt. Damit wird dieser in den theoretischen<br />
Modellen so häufig vernachlässigte Aspekt (Ammenwerth, Iller & Mahler, 2006) in den<br />
Mittelpunkt gestellt. Im Gegensatz zu an<strong>der</strong>en an das TAM angelehnten Modellen <strong>von</strong> e-<br />
<strong>Health</strong> bei <strong>Ärzten</strong> (z.B. Wirtz, Ullrich & Mory, 2011) ist dieses Modell nicht nur auf den<br />
klassischen Faktoren, d.h. vor allem den technologischen Faktoren, aufgebaut, son<strong>der</strong>n es<br />
wurde <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen für die Ärzte Rechnung getragen, indem sie<br />
in verschiedene Aspekte <strong>aus</strong>differenziert und ins Modell eingefügt worden sind. In Bezug auf<br />
die Einflusswege wurden nicht nur die Informationsflüsse, son<strong>der</strong>n auch die psychologische<br />
Variable des Vertrauens berücksichtigt. Vertrauen wurde bereits in mehreren<br />
Untersuchungen als bedeuten<strong>der</strong> Faktor für Ärzte aufgeführt (Boonstra & Broekhuis, 2010;<br />
Jung & Loria, 2010; Gallant, Irizarry & Bone, 2009).<br />
Das Modell "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" kann nun als Grundlage für<br />
weiterführende empirische Untersuchungen genutzt werden. Überlegungen dazu werden im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Methodenkritik in Abschnitt 5.2 aufgeführt. Aus praktischer <strong>Sicht</strong> kann das<br />
Modell <strong>der</strong> Ableitung <strong>von</strong> Handlungsempfehlungen zur Verbesserung <strong>der</strong> Nutzungsintention<br />
<strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> dienen. Dieses Ziel ist für die vorliegende Arbeit ebenfalls unter Zielstellung 3<br />
formuliert worden. Diese Handlungsempfehlungen werden unter Abschnitt 5.3 referiert.<br />
5.2 Methodenkritik<br />
Die in Abschnitt 5.1 aufgeführten Ergebnisse müssen auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> angewandten<br />
Methodik auch kritisch betrachtet und relativiert werden. Der für die vorliegende Arbeit<br />
gewählte qualitative Ansatz ist dafür genutzt worden, die subjektiven <strong>Sicht</strong>weisen <strong>von</strong><br />
nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> auf die Thematik e-<strong>Health</strong> aufzuzeigen und verschiedene, z.T.<br />
wenig bekannte Faktoren und ihre Beziehungen untereinan<strong>der</strong> abzubilden. Das auf <strong>der</strong><br />
Datenbasis <strong>der</strong> 13 <strong>aus</strong>gewerteten Interviews entstandene Modell bildet diese subjektiven<br />
<strong>Sicht</strong>weisen gegenstandsnah ab. Gleichzeitig konnte ein Bezug zu den theoretischen<br />
Vorarbeiten <strong>von</strong> Davies (1989), Venkatesh et al. (2003), Ammenwerth, Iller & Mahler (2006),<br />
Boonstra & Broekhuis (2010) u.a. hergestellt werden. Dennoch ist die für die qualitative<br />
Untersuchung durch<strong>aus</strong> ökonomische Anzahl <strong>von</strong> n = 13 Personen nicht repräsentativ, und<br />
aufgrund dessen sind die Ergebnisse schlecht verallgemeinerbar. Die Auswahl <strong>der</strong><br />
Interviewpartner erfolgte nach engen Kriterien, wonach es sich durchgängig um Ärzte <strong>aus</strong><br />
OÖ handelte, die einen engen Bezug zur Standesvertretung haben und ihre ärztlichen<br />
128
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Tätigkeiten in <strong>der</strong> Stadt und in ländlichen Regionen <strong>aus</strong>üben. Auf <strong>der</strong> Grundlage dieser<br />
Auswahl lässt sich m.E. eine Verallgemeinerung auf die Meinung <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong> in OÖ treffen,<br />
weil annähernd alle Interviewpartner bestens über die Thematik e-Heath Bescheid wissen<br />
und die meisten eine Funktionärs- o<strong>der</strong> Standesvertretungstätigkeit <strong>aus</strong>üben, also die<br />
Ärzteschaft als Gruppe repräsentieren.<br />
Die Daten<strong>aus</strong>wertung erfolgte nach <strong>der</strong> qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2000. Die<br />
Ergebnisse wurden als Text je Interviewpartner gegenstandsnah beschrieben, wobei hier<br />
schon Kategorien her<strong>aus</strong>gearbeitet wurden, die dem TAM angepasst sind. Aufgrund <strong>der</strong><br />
repräsentativen Stichprobe kann man auf die Gesamtheit <strong>der</strong> Ärzte, speziell in OÖ,<br />
Rückschlüsse ziehen.<br />
Das in <strong>der</strong> Arbeit vorgestellte Modell sollte eine Brücke zwischen Theorie und Praxis <strong>der</strong><br />
Thematik e-<strong>Health</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte bauen und weitere Untersuchungen<br />
in diesem Bereich anregen. Auf <strong>der</strong> Grundlage des Modells sind detaillierte statistische<br />
Untersuchungen möglich.<br />
5.3 Empfehlungen und Strategien für die Zukunft<br />
Unter Zielstellung 3 dieser Arbeit wurde formuliert, dass das erarbeitete Modell auch als<br />
Grundlage für praktische Empfehlungen zur Verbesserung <strong>der</strong> Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Anwendungen bei <strong>Ärzten</strong> genutzt werden soll.<br />
Bisherige Empfehlungen konzentrieren sich vor allem auf eine verbesserte<br />
Informationspolitik und Schulungen bzw. Trainings neuer Anwendungen für Ärzte, so z.B. bei<br />
Allensbach (2010) o<strong>der</strong> Hackl, Hoerbst & Ammenwerth (2011). Dies ergab sich <strong>aus</strong> dem<br />
erhöhten Informationsbedarf <strong>der</strong> Ärzte. Aus den vorliegenden Ergebnissen wird dagegen<br />
ersichtlich, dass allein Informationen und Schulungen zu e-<strong>Health</strong> das grundsätzliche<br />
Akzeptanzproblem nicht lösen können. Nur wenige Ärzte in <strong>der</strong> vorliegenden Stichprobe<br />
gaben einen vermehrten Informationsbedarf an. Dagegen monierten viele die inadäquaten<br />
und verzerrten Informationen durch die jeweiligen Interessengruppen. So hatten die Ärzte<br />
das Gefühl, auf "Jubelveranstaltungen" zu gehen, wo nur die positiven Seiten <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Anwendungen zur Sprache kommen, aber über Probleme, z.B. bei den Pilotprojekten, und<br />
Maßnahmen zu <strong>der</strong>en Behebung nicht berichtet wird. Ähnliche Erfahrungen werden über die<br />
Herstellerfirmen berichtet. Die Ärzte sind demnach bereits grundsätzlich misstrauisch<br />
gegenüber Informationen über e-<strong>Health</strong>, und es sind vertrauensbildende Maßnahmen<br />
wesentlich wichtiger als vermehrte Informationen, um die Akzeptanz bei den <strong>Ärzten</strong> zu<br />
129
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
erhöhen. Dazu zählt u.a. die Bereitstellung <strong>aus</strong>gewogener Informationen über e-<strong>Health</strong>-<br />
Anwendungen <strong>von</strong> einer vertrauenswürdigen Institution, die auf die spezifischen Probleme<br />
und Schwächen eingeht und an Lösungen mitarbeitet, statt diese zu übergehen.<br />
Von den <strong>Ärzten</strong> wurde die Standesvertretung als Institution benannt, zu <strong>der</strong> sie grundsätzlich<br />
Vertrauen haben. Informationen und Empfehlungen <strong>der</strong> Standesvertretung wird <strong>von</strong> den<br />
<strong>Ärzten</strong> eher akzeptiert als <strong>von</strong> an<strong>der</strong>en Institutionen. Für die Einführung neuer Anwendungen<br />
ist die Standesvertretung daher <strong>der</strong> wichtigste Stakehol<strong>der</strong>, <strong>der</strong> ins Boot geholt werden sollte,<br />
um die Ärzteschaft zu gewinnen.<br />
Vertrauensbildende Maßnahmen gründen sich allerdings nicht allein auf sachgerechte und<br />
adäquate Kommunikation, son<strong>der</strong>n vor allem auf praktischen Entscheidungen. Die Ärzte <strong>der</strong><br />
vorliegenden Stichprobe beklagen die unsichere Rechtslage, fürchten um den Datenschutz<br />
und haben das Gefühl, die Kontrolle über Daten, ja sogar über ärztliche Entscheidungen zu<br />
verlieren. Auch die Nachvollziehbarkeit <strong>von</strong> ärztlichen Leistungen durch „Bürokraten“ wird<br />
kritisiert. Zwar können diese Gefühle auch durch vermehrte Informationsgabe beeinflusst<br />
werden, allerdings nur, wenn diese Informationen als vertrauenswürdig eingeschätzt werden.<br />
Weit effektiver wäre die Schaffung verbindlicher Rechtsnormen zum Thema Datenschutz und<br />
-zugriff sowie zum Thema Haftung. Diese Empfehlungen wurden u.a. auch im<br />
Abschlussbericht <strong>der</strong> Evaluation des Pilotprojektes e-Medikation gegeben (Dorda et al.,<br />
2012). Eine bestehende Rechtssicherheit wäre die wesentliche Grundlage für eine<br />
verbesserte und konstruktive Zusammenarbeit aller Stakehol<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Einführung neuer<br />
Systeme und insbeson<strong>der</strong>e dann eine Prämisse, wenn es um die Einführung obligatorischer<br />
Anwendungen geht.<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> können auch an<strong>der</strong>e Maßnahmen zur Akzeptanzsteigerung <strong>der</strong> Ärzte<br />
beitragen. Beson<strong>der</strong>s sei hier die Aufwandsentschädigung für Teilnahmen an Pilotprojekten<br />
o.ä. genannt, da Zeit und Kosten <strong>von</strong> den <strong>Ärzten</strong> am häufigsten als Negativfaktoren benannt<br />
wurden. Auch <strong>der</strong> konsequente Einbezug <strong>von</strong> Erfahrungen <strong>der</strong> Ärzte <strong>aus</strong> Pilotprojekten und<br />
Arbeitsgruppen in die Weiterentwicklung <strong>von</strong> S<strong>of</strong>tware schafft nach Meinung <strong>der</strong> weit<strong>aus</strong><br />
meisten Ärzte das Gefühl <strong>von</strong> Kontrolle und Partizipation. Adäquate Kosten-Nutzen-Analysen<br />
könnten <strong>Ärzten</strong> die Vorteile <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> vor Augen führen und sie dabei unterstützen,<br />
Entscheidungen für o<strong>der</strong> gegen die Einführung neuer e-<strong>Health</strong>-Applikationen auf einer<br />
sachlichen Basis zu treffen (so z.B. auch bei Hackl, Hoerbst & Ammenwerth, 2011). Weitere<br />
For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Ärzte in den Interviews betreffen die Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung, die<br />
Bedienfreundlichkeit und Usability <strong>der</strong> S<strong>of</strong>tware, sowie die Zeitersparnis bei <strong>der</strong> Nutzung.<br />
Letztere For<strong>der</strong>ungen lassen sich durch den konsequenten Einbezug <strong>von</strong> Praktikern bei <strong>der</strong><br />
130
Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
S<strong>of</strong>tware-Entwicklung realisieren. An<strong>der</strong>e For<strong>der</strong>ungen richten sich wie<strong>der</strong>um an den<br />
Gesetzgeber und betreffen die Verpflichtung <strong>der</strong> Hersteller zur Verwendung einheitlicher und<br />
standardisierter Formate, sowie eine Umsetzung neuer Anwendungen nur nach positiver<br />
Evaluierung. Die anfallenden Kosten dafür dürfen allerdings nicht auf die Ärzte abgewälzt<br />
werden. All diese For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Interviewpartner decken sich mit jenen, die die<br />
österreichische Ärztekammer zur Einführung <strong>von</strong> ELGA formuliert hat (vgl.<br />
www.aerztekammer.at). Dies zeigt einmal mehr die Einheitlichkeit <strong>der</strong> Positionen <strong>der</strong><br />
Ärzteschaft auf.<br />
Ein Ziel <strong>der</strong> österreichischen e-<strong>Health</strong>-Strategie besteht darin, das Gesundheitssystem<br />
mithilfe <strong>von</strong> Informations- und Kommunikationstechnologie nutzerfreundlich und<br />
qualitätsorientiert weiter zu entwickeln (Pfeiffer, 2007). Die hierbei geäußerten Sorgen,<br />
Ängste und Bedenken <strong>der</strong> Stakehol<strong>der</strong> sollten ernst genommen werden. Dieses<br />
Ernstnehmen bedeutet aber nicht (nur) das Entwerfen maßgeschnei<strong>der</strong>ter PR-Kampagnen<br />
für ein neues e-<strong>Health</strong>-Produkt, son<strong>der</strong>n vor allem den Abbau <strong>von</strong> sachlichen Unsicherheiten<br />
und Barrieren. Auf diese Weise wird Vertrauen aufgebaut, das in eine fruchtbare und<br />
gleichberechtigte Zusammenarbeit münden kann.<br />
131
Verzeichnis <strong>der</strong> Abbildungen, Tabellen, Definitionen und Abkürzungen<br />
6 Verzeichnis <strong>der</strong> Abbildungen, Tabellen, Definitionen und<br />
Abkürzungen<br />
6.1 Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Technology Acceptance Modell (TAM1) <strong>von</strong> Davies (1989). ............................. 13<br />
Abbildung 2: Technologieakzeptanzmodell 2 (TAM2) ............................................................ 14<br />
Abbildung 3: Unified theory <strong>of</strong> acceptance and use <strong>of</strong> technology (UTAUT). ........................ 15<br />
Abbildung 4: Technology Acceptance Modell (TAM3). .......................................................... 17<br />
Abbildung 5: Ablaufmodell <strong>der</strong> zusammenfassenden Inhaltsanalyse .................................... 50<br />
Abbildung 6: Inhalte und Beziehungen <strong>der</strong> Kategorien unter <strong>der</strong> Oberkategorie "Persönliche<br />
Einstellungen und Hintergründe" ...................................................................................... 90<br />
Abbildung 7: Beziehung zwischen subjektiver Nützlichkeit, Nutzungsintention und<br />
subjektivem Nutzungsverhalten ....................................................................................... 94<br />
Abbildung 8: Institutionelle, technologische und marktwirtschaftliche Faktoren sowie<br />
ärztliches Selbstverständnis in ihrem Einfluss auf die subjektive Nützlichkeit ................ 103<br />
Abbildung 9: Inhalte und Beziehungen <strong>der</strong> Kategorien unter <strong>der</strong> Oberkategorie<br />
"Einflussfaktoren auf Einstellungen, subjektive Nützlichkeit und Nutzungsintention" ...... 107<br />
Abbildung 10: Modell "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" .................................. 108<br />
Abbildung 11: Darstellung des Modells "e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> subjektiven <strong>Sicht</strong> <strong>von</strong> <strong>Ärzten</strong>" in<br />
Anlehnung an die Begrifflichkeit des TAM ...................................................................... 110<br />
6.2 Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 1: Zusammenfassung <strong>der</strong> wichtigsten Originalstudien zu TAM im Bereich e-<strong>Health</strong> . 27<br />
Tabelle 2: Tätigkeiten und Funktionen <strong>der</strong> Interviewpartner .................................................. 45<br />
Tabelle 3: Häufigkeit <strong>der</strong> Nennungen zu Bekanntheit, eigener Nutzung und subjektiver<br />
Nützlichkeit einzelner e-<strong>Health</strong>-Applikationen .................................................................. 92<br />
6.3 Definitionen<br />
Definition <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung laut WHO (1986) ..................................................... 1<br />
Definition <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> laut Eysenbach (2001) ................................................................. 9<br />
Definition <strong>der</strong> TAM nach Beier, Spiekermann & Rothensee (2006) ................................. 13<br />
132
6.4 Abkürzungsverzeichnis<br />
Verzeichnis <strong>der</strong> Abbildungen, Tabellen, Definitionen und Abkürzungen<br />
ABS ............................. Arzneimittelbewilligungsservice<br />
AEKOOE ..................... Ärztekammer für Oberösterreich<br />
AG ............................... Arbeitsgemeinschaft<br />
AIS .............................. Arztinformationssystem<br />
AK ............................... Arbeitskreis<br />
APIS ............................ Arztpraxis-Informationssystem<br />
App.............................. Application (Anwendungss<strong>of</strong>tware für Smartphones u.ä.)<br />
APSW ......................... Arztpraxiss<strong>of</strong>tware<br />
BmG ............................ Bundesministerium für Gesundheit<br />
bzgl. ............................ bezüglich<br />
chem. .......................... chemisch<br />
DFÜ ............................. Datenfernübertragung<br />
d.h. .............................. das heißt<br />
e- ................................. elektronisch<br />
e-AUM ......................... elektronische Arbeitsunfähigkeitsmeldung<br />
EDV ............................. elektronische Datenverarbeitung<br />
EFA ............................. Elektronische Fallakte<br />
ELGA .......................... Elektronische Gesundheitsakte<br />
eHI .............................. e-<strong>Health</strong> Initiative<br />
EPA ............................ Elektronische Patientenakte<br />
etc. .............................. et cetera (und so weiter)<br />
ggf. .............................. gegebenenfalls<br />
GDA ............................ Gesundheitsdiensteanbieter<br />
GIN.............................. Gesundheitsinformationsnetz<br />
I ................................... Interview<br />
ISO .............................. International Organization for Standardization (Internationale<br />
Organisation für Standardisierung)<br />
IT ................................. Informationstechnologie<br />
m. E. ............................ mit Einschränkungen<br />
med. ............................ medizinisch<br />
n.s. .............................. nicht signifikant<br />
OÖ .............................. Oberösterreich<br />
sig. .............................. signifikant<br />
TAM ............................ Technology acceptance model (Technologieakzeptanz-Modell)<br />
133
u.a. .............................. unter an<strong>der</strong>em<br />
u.ä. .............................. und ähnliches<br />
usw. ............................. und so weiter<br />
uvm. ............................ und vieles mehr<br />
Verzeichnis <strong>der</strong> Abbildungen, Tabellen, Definitionen und Abkürzungen<br />
UTAUT ........................ Unified theory <strong>of</strong> acceptance and use <strong>of</strong> technology<br />
vgl. .............................. vergleiche<br />
(verallgemeinertes Technologieakzeptanz- und nutzungsmodell)<br />
WHO ........................... World <strong>Health</strong> Organization (Weltgesundheitsorganisation)<br />
Z .................................. Zeile<br />
z.B. .............................. zum Beispiel<br />
z.T. .............................. zum Teil<br />
134
7 Literaturverzeichnis<br />
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(letzter Zugriff: 03/04/2012)<br />
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(letzter Zugriff: 06/11/2012)<br />
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Eigenverlag; 2007. URL:<br />
http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/7/8/7/CH1045/CMS1178711263489/elga_umsetzung<br />
_phase1__v2_0.pdf<br />
(letzter Zugriff: 03/04/2012).<br />
Bruner F. Integrierte Versorgung <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> eines Sozialversicherungsträgers. Vortrag,<br />
gehalten auf <strong>der</strong> 4. Konferenz <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Initiative Österreich, 9.12.2009. Präsentation<br />
140
unter<br />
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URL:http://ehi.adv.at/fileadmin/user_upload/adv_author/pdfs/konferenz20091209/Bruner_eHI<br />
_Konferenz_20091209.pdf<br />
(letzter Zugriff: 03/04/2012).<br />
e-card e-Medikation<br />
http://www.chipkarte.at/portal27/portal/ecardportal/channel_content/cmsWindow;jsessionid=1<br />
4F8647342E723BC13704C2AA9236655.jbport_271_1a?p_pubid=641673&action=2&p_men<br />
uid=51921&p_tabid=5#pd955182<br />
(letzter Zugriff: 07/04/2012).<br />
e-card Services<br />
https://www.sozialversicherung.at/portal27/portal/ecardportal/channel_content/cmsWindow?p<br />
_pubid=635897&action=2&p_menuid=68973&p_tabid=3#pd918609<br />
(letzter Zugriff: 01/05/2012).<br />
eHI Arbeitsgruppe Notfallmedizin. Positionspapier Notfallmedizin und Prozessdokumentation<br />
Notfallversorgung, 2011<br />
http://ehi.adv.at/index.php?id=136<br />
(letzter Zugriff: 06/11/2012)<br />
Jens R. Integrierte Versorgung <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> und Praxis eines Allgemeinmediziners. Vortrag,<br />
gehalten auf <strong>der</strong> 4. Konferenz <strong>der</strong> e-<strong>Health</strong>-Initiative Österreich, 9.12.2009. Präsentation<br />
unter<br />
URL:http://ehi.adv.at/fileadmin/user_upload/adv_author/pdfs/konferenz20091209/Jens_eHI_<br />
Konferenz_20091209.pdf<br />
(letzter Zugriff: 03/04/2012).<br />
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Personal <strong>Health</strong> Record (PHR). Tagungsband <strong>der</strong> e<strong>Health</strong>2007 am 1.Juni 2007 in Wien<br />
http://www.ehealth20xx.at/e<strong>Health</strong>2007/presentations/session4/mense.pdf<br />
(letzter Zugriff: 06/11/2012)<br />
Mörz R. ELGA: Eine kritische Betrachtung. Zeitschrift <strong>der</strong> Sozialdemokratischen Ärztinnen<br />
und Ärzte vom 6.2.12, S.8.<br />
http://www.initiative-<br />
elga.at/ELGA/pressespiegel_infos/Analyse_ELGA_kritische_Betrachtung_120206.pdf<br />
(letzter Zugriff: 06/11/2012)<br />
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(letzter Zugriff: 27/04/2012).<br />
Österreichische Ärztezeitung. Elektronische Arbeits-Unfähigkeitsmeldung besser als<br />
befürchtet. 10.5.2009.<br />
http://www.aerztezeitung.at/archiv/oeaez-2009/oeaez-9-10052009/elektronische-arbeits-<br />
unfaehigkeits-meldung.html<br />
(letzter Zugriff: 06/11/2012)<br />
Österreichische Ärztezeitung. Elektronische Überweisung <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> Ärzte. 25.3.2007.<br />
http://www.aerztezeitung.at/archiv/oeaez-6-25032007/kritik-an-e-ueberweisung.html<br />
(letzter Zugriff: 06/11/2012)<br />
Springermedizin. ELGA-Gesetz in Begutachtung. Ein Ministerialentwurf als<br />
Diskussionsgrundlage (zit. als Springermedizin, 2011a).<br />
http://www.springermedizin.at/artikel/21299-elga-gesetz-in-begutachtung<br />
(letzter Zugriff: 19/06/2012).<br />
Springermedizin. e-Medikation: Pilotprojekt startet ab April (zit. als Springermedizin, 2011b).<br />
http://www.springermedizin.at/artikel/21451-e-medikation-pilotprojekt-startet-ab-april<br />
(letzter Zugriff: 07/04/2012).<br />
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http://www.who.int/healthpromotion/conferences/previous/ottawa/en/<br />
(letzter Zugriff: 03/04/2012).<br />
142
8 Anhang<br />
8.1 Anschreiben an die Interviewpartner zur Teilnahme am Interview<br />
8.1.1 E-Mail an die Ärzte<br />
Anhang<br />
Betreff: Wissenschaftliche Befragung: e-<strong>Health</strong> Funktionen im Arztpraxis-Informationssystem<br />
Sehr geehrter Herr Dr. xxx! bzw. Sehr geehrte Frau Dr. xxx!<br />
ich möchte mich mit einem Anliegen an Sie wenden.<br />
Ich habe die letzten beiden Jahre an <strong>der</strong> UMIT in Hall in Tirol (Private Universität für<br />
Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik) den Lehrgang „Magister<br />
Gesundheitsinformatik“ besucht und beginne jetzt mit meiner Abschlussarbeit zum Thema:<br />
Anbindung <strong>von</strong> APIS an e-<strong>Health</strong><br />
e-<strong>Health</strong> Funktionen im Arztpraxis-Informationssystem <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> ärztlichen<br />
Standesvertretung und <strong>aus</strong>gewählten nie<strong>der</strong>gelassenen Ärztinnen und <strong>Ärzten</strong><br />
Auf Basis <strong>von</strong> Literaturrecherche und problemzentrierten Interviews mit <strong>Ärzten</strong> möchte ich<br />
die Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Funktionen <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> Standesvertreter und <strong>von</strong><br />
nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> darstellen.<br />
Dazu würde ich gerne ein Interview mit Ihnen führen, das ca. 20 - 30 Min dauern wird.<br />
Aufbauen wird dieses Interview auf das erweiterte „technology acceptance model “ (TAM)<br />
Das TAM ist ein weit verbreitetes Instrument, das versucht, die Nutzung neuer Technologien<br />
durch zwei zentrale Faktoren, die wahrgenommene Nützlichkeit und die Bedienbarkeit dieser<br />
Technologie, zu erklären.<br />
Meine Fragen glie<strong>der</strong>n sich in folgende Bereiche:<br />
Ist-Situation<br />
o Derzeitige Funktionalitäten Ihrer Arztpraxiss<strong>of</strong>tware<br />
o Thema e-<strong>Health</strong> allgemein<br />
o E-<strong>Health</strong> Funktionen – <strong>der</strong>zeitiger Stand, Zufriedenheit, Nützlichkeit, Bedienung,<br />
Erfahrung, …<br />
Zukünftige Anfor<strong>der</strong>ungen, Maßnahmen und Initiativen<br />
o Erwartungen, Auswirkungen, Vertrauen, Pilotprojekte, Mitarbeit, Kosten, ...<br />
Das Interview wird elektronisch aufgezeichnet, transkribiert und Ihnen per E-Mail zur<br />
Kontrolle und Freigabe übermittelt. Erst mit Ihrer Freigabe wird dieses Interview auch für<br />
meine wissenschaftliche Arbeit verwendet und zitiert. Ein Exemplar <strong>der</strong> Endfassung meiner<br />
Abschlussarbeit werde ich Ihnen selbstverständlich zukommen lassen.<br />
Ich bedanke mich im Vor<strong>aus</strong> für Ihr Interesse und freue mich auf das Interview mit Ihnen.<br />
Ich werde Sie in den nächsten Tagen in <strong>der</strong> Ordination anrufen und um einen Termin<br />
ersuchen.<br />
Freundliche Grüße<br />
Ing. Gerhard Klapf<br />
Ärztekammer für OÖ / Vertragsarztstellen & IT<br />
Dingh<strong>of</strong>erstraße 4, 4010 Linz<br />
Tel.: +43-732-77 83 71-307, Fax: +43-732-78 36 60-307<br />
E-Mail: klapf@aekooe.or.at<br />
www.aekooe.or.at o<strong>der</strong> www.gesundesooe.at<br />
Zertifiziert nach ISO 9001<br />
EFQM recognised for excellence ***<br />
143
8.1.2 E-Mail an den Präsident <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ<br />
Anhang<br />
Betreff: Wissenschaftliche Befragung: e-<strong>Health</strong> Funktionen im Arztpraxis-Informationssystem<br />
Sehr geehrter Herr Präsident!<br />
ich möchte mich mit einem Anliegen an Sie wenden.<br />
Ich habe die letzten beiden Jahre an <strong>der</strong> UMIT in Hall in Tirol (Private Universität für<br />
Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik) den Lehrgang „Magister<br />
Gesundheitsinformatik“ besucht und beginne jetzt mit meiner Abschlussarbeit zum Thema:<br />
Anbindung <strong>von</strong> APIS an e-<strong>Health</strong><br />
e-<strong>Health</strong> Funktionen im Arztpraxis-Informationssystem <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> ärztlichen<br />
Standesvertretung und <strong>aus</strong>gewählten nie<strong>der</strong>gelassenen Ärztinnen und <strong>Ärzten</strong><br />
Auf Basis <strong>von</strong> Literaturrecherche und problemzentrierten Interviews mit <strong>Ärzten</strong> möchte ich<br />
die Akzeptanz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-Funktionen <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> Standesvertreter und <strong>von</strong><br />
nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> darstellen.<br />
Dazu würde ich gerne ein Interview mit Ihnen führen, das ca. 20 - 30 Min dauern wird.<br />
Aufbauen wird dieses Interview auf das erweiterte „technology acceptance model“ (TAM)<br />
Das TAM ist ein weit verbreitetes Instrument, das versucht, die Nutzung neuer Technologien<br />
durch zwei zentrale Faktoren, die wahrgenommene Nützlichkeit und die Bedienbarkeit dieser<br />
Technologie, zu erklären.<br />
Meine Fragen glie<strong>der</strong>n sich in folgende Bereiche:<br />
Ist-Situation<br />
o Derzeitige Funktionalitäten <strong>der</strong> Arztpraxiss<strong>of</strong>tware <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte<br />
o Thema e-<strong>Health</strong> allgemein<br />
o E-<strong>Health</strong> Funktionen – <strong>der</strong>zeitiger Stand, Zufriedenheit, Nützlichkeit, Bedienung,<br />
Erfahrung, …<br />
Zukünftige Anfor<strong>der</strong>ungen, Maßnahmen und Initiativen<br />
o Erwartungen, Auswirkungen, Vertrauen, Pilotprojekte, Mitarbeit, Kosten, ...<br />
Das Interview wird elektronisch aufgezeichnet, transkribiert und Ihnen per E-Mail zur<br />
Kontrolle und Freigabe übermittelt. Erst mit Ihrer Freigabe wird dieses Interview auch für<br />
meine wissenschaftliche Arbeit verwendet und zitiert. Ein Exemplar <strong>der</strong> Endfassung meiner<br />
Abschlussarbeit werde ich Ihnen selbstverständlich zukommen lassen.<br />
Ich bedanke mich im Vor<strong>aus</strong> für Ihr Interesse und freue mich auf das Interview mit Ihnen.<br />
Ich werde Sie in den nächsten Tagen anrufen und um einen Termin ersuchen.<br />
Freundliche Grüße<br />
Ing. Gerhard Klapf<br />
Ärztekammer für OÖ / Vertragsarztstellen & IT<br />
Dingh<strong>of</strong>erstraße 4, 4010 Linz<br />
Tel.: +43-732-77 83 71-307, Fax: +43-732-78 36 60-307<br />
E-Mail: klapf@aekooe.or.at<br />
www.aekooe.or.at o<strong>der</strong> www.gesundesooe.at<br />
Zertifiziert nach ISO 9001<br />
EFQM recognised for excellence ***<br />
144
8.2 Interviewleitfaden<br />
8.2.1 Interviewleitfaden für die Interviews mit den nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong><br />
Die Fragen glie<strong>der</strong>n sich in zwei Teilbereiche<br />
Anhang<br />
In Ihre <strong>der</strong>zeitige Situation in Ihrer Praxis<br />
Zukünftige Anfor<strong>der</strong>ungen, Maßnahmen und Initiativen<br />
Derzeitige Situation<br />
Allgemein<br />
Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
computer self efficacy, computer anxiety, computer playfulness, perceived enjoyment<br />
Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
und die Gesellschaft allgemein?<br />
Experience<br />
Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit Ihrer APIS? (Hatten Sie davor an<strong>der</strong>e<br />
Systeme?)<br />
PU (Perceived Usefulness) / wahrgenommene Nützlichkeit<br />
Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese? Wie bekannt sind Ihnen die<br />
an<strong>der</strong>en?<br />
e-card<br />
e-Abrechnung (mit den Kassen)<br />
DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung<br />
e-Arztbrief / e-Befundbericht<br />
e-Pflegebegleitschreiben<br />
e-Laborbefund<br />
e-AUM (Arbeitsunfähigkeitsmeldung)<br />
ABS (Arzneimittelbewilligungsservice)<br />
e-Impfpass<br />
e-Überweisung / e-Zuweisung / e-Einweisung<br />
ELGA<br />
e-Medikation<br />
e-Radiologie<br />
e-Mutter-Kind-Pass<br />
e-Leistungsbericht<br />
e-Terminmanagement<br />
e-Notfallsdaten (Patient Summary)<br />
e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring)<br />
Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen<br />
Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs<br />
Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbietern<br />
(GDA)? Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen? (mit wem?)<br />
Wie nützlich finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs?<br />
Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
PEU / result demonstrability / output quality /Kompatibilität<br />
Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware<br />
zufrieden? (Was könnte man verbessern?)<br />
Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
haben?<br />
Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
145
Anhang<br />
perceptions <strong>of</strong> external control / facilitating conditions?<br />
Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Arztpraxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Ist <strong>der</strong><br />
Support zufriedenstellend?<br />
subjektive Normen / social influence<br />
Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong>-Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
angefragt würden?<br />
Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen? (zB Erinnerung<br />
an Auffrischungsimpfungen?)<br />
Image<br />
Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
job relevance<br />
Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung<br />
Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
Funktionen zwingend anwenden?<br />
computer self efficacy, computer anxiety, computer playfulness, perceived enjoyment<br />
Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten? Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am<br />
Computer und im Internet? Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren<br />
am Computer gerne etwas <strong>aus</strong>?<br />
Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
stellt?<br />
Zukünftige Anfor<strong>der</strong>ungen, Maßnahmen und Initiativen<br />
Partizipation<br />
Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> Systeme einfließen könnten / eingeflossen sind?<br />
Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
zu werden?<br />
Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw. selbst bei <strong>der</strong><br />
Entwicklung mitarbeiten?<br />
Kompatibilität<br />
Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw. im<br />
Gesundheitssystem generell?<br />
Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Funktionalitäten? (z.B. Online-Terminvereinbarung, e-Medikation, e-Impfpass mit<br />
Erinnerungsfunktion, weniger Untersuchungen, ..?<br />
facilitating conditions<br />
Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
PU<br />
Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
146
Anhang<br />
Wahrgenommene Kontrolle?<br />
Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
verän<strong>der</strong>n?<br />
Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
Abschließend<br />
Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
(Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
Kosten, )<br />
Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
147
Anhang<br />
8.2.2 Interviewleitfaden für die Interviews mit den Vertretern <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ<br />
Die Fragen glie<strong>der</strong>n sich in zwei Teilbereiche<br />
In die <strong>der</strong>zeitige Situation in den nie<strong>der</strong>gelassenen Praxen<br />
Zukünftige Anfor<strong>der</strong>ungen, Maßnahmen und Initiativen<br />
Derzeitige Situation<br />
Allgemein<br />
Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
computer self efficacy, computer anxiety, computer playfulness, perceived enjoyment<br />
Können Sie etwas über die Einstellung <strong>der</strong> Ärzte zur Computer- und Internetnutzung sagen?<br />
PU (Perceived Usefulness) / wahrgenommene Nützlichkeit<br />
Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Können Sie sagen, welche da<strong>von</strong> bei den<br />
<strong>Ärzten</strong> bereits im Einsatz sind, wie zufrieden sie damit sind und wie nützlich sie diese finden?<br />
Wie bekannt sind Ihnen die an<strong>der</strong>en?<br />
e-card<br />
e-Abrechnung (mit den Kassen)<br />
DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung<br />
e-Arztbrief / e-Befundbericht<br />
e-Pflegebegleitschreiben<br />
e-Laborbefund<br />
e-AUM (Arbeitsunfähigkeitsmeldung)<br />
ABS (Arzneimittelbewilligungsservice)<br />
e-Impfpass<br />
e-Überweisung / e-Zuweisung / e-Einweisung<br />
ELGA<br />
e-Medikation<br />
e-Radiologie<br />
e-Mutter-Kind-Pass<br />
e-Leistungsbericht<br />
e-Terminmanagement<br />
e-Notfallsdaten (Patient Summary)<br />
e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring)<br />
Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen<br />
Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs<br />
Ein Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs bzw. <strong>Ärzten</strong> findet ja bereits statt. Sind Sie <strong>der</strong><br />
Meinung, dass Ärzte dieses Service vermehrt nutzen sollten?<br />
Wie nützlich finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs?<br />
PEU / result demonstrability / output quality /Kompatibilität<br />
Glauben Sie, dass die <strong>der</strong>zeitigen e-<strong>Health</strong> Funktionen in <strong>der</strong> Praxis-S<strong>of</strong>tware die<br />
Erwartungen erfüllen, die die Ärzte an sie haben?<br />
Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass die Patientendaten in den Praxen <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
perceptions <strong>of</strong> external control / facilitating conditions?<br />
Wie gut, glauben Sie, sind die nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im<br />
Allgemeinen informiert?<br />
Wie werden sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
subjektive Normen / social influence<br />
Welche Vor<strong>aus</strong>setzungen müssen erfüllt sein, damit Sie den <strong>Ärzten</strong> die Teilnahme an<br />
Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Anwendungen empfehlen?<br />
Wann würden Sie den <strong>Ärzten</strong> die Einführung und Nutzung neuer e-<strong>Health</strong> Funktionalitäten<br />
empfehlen?<br />
148
Anhang<br />
Bieten Ärzte bereits jetzt Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
Image<br />
Haben Sie den Eindruck, dass ein Arzt die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
kann, wenn er mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwendet?<br />
job relevance<br />
Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für die Arbeit <strong>der</strong> Ärzte?<br />
Könnte ein nie<strong>der</strong>gelassener Arzt seine Ordination noch gänzlich ohne APIS führen?<br />
Freiwilligkeit <strong>der</strong> Nutzung<br />
Glauben Sie, macht es für die Arbeit <strong>der</strong> Ärzte einen Unterschied, wenn sie bestimmte e-<br />
<strong>Health</strong> Funktionen zwingend anwenden müssen?<br />
computer self efficacy, computer anxiety, computer playfulness, perceived enjoyment<br />
Glauben Sie, macht es den <strong>Ärzten</strong> Spaß, am Computer zu arbeiten<br />
Haben Sie das Gefühl, dass die Ärzte den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an<br />
sie stellt?<br />
Zukünftige Anfor<strong>der</strong>ungen, Maßnahmen und Initiativen<br />
Partizipation<br />
Würden die nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte an weiteren Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen<br />
teilnehmen bzw. bei <strong>der</strong> Entwicklung mitarbeiten?<br />
Würde die Akzeptanz <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte steigen, wenn sie das Gefühl haben, in die<br />
Entwicklung einbezogen zu werden?<br />
Kompatibilität<br />
Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf die tägliche Arbeit <strong>der</strong><br />
nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte mit den Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in den<br />
nie<strong>der</strong>gelassenen Praxen bzw. im Gesundheitssystem generell?<br />
Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
Funktionalitäten? (z.B. Online-Terminvereinbarung, e-Medikation, e-Impfpass mit<br />
Erinnerungsfunktion, weniger Untersuchungen, ..?)<br />
facilitating conditions<br />
Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber die Ärzte bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
PU<br />
Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
Wahrgenommene Kontrolle?<br />
Würde sich an <strong>der</strong> Autonomie <strong>der</strong> Ärzte durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
verän<strong>der</strong>n?<br />
Würden die Ärzte all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
Abschließend<br />
Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen? (z.B.<br />
Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
Kosten, )<br />
Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
149
8.3 Transkribierte Interviews<br />
8.3.1 Interviewpartner 1<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 1:<br />
4 Ich denke an Informationssysteme in den Ordinationen und Krankenanstalten - grundsätzlich<br />
5 im positiven Sinn.<br />
6 Autor:<br />
7 Können Sie etwas über die Einstellung <strong>der</strong> Ärzte zur Computer- und Internetnutzung sagen?<br />
8 Interviewpartner 1:<br />
9 Ich glaube, das hat sich geän<strong>der</strong>t. Die ältere Generation war da etwas zurückhalten<strong>der</strong>, die<br />
10 junge Generation – auch durch die Dinge die man privat nutzt – ist dem gegenüber ganz gut<br />
11 aufgeschlossen.<br />
12 Autor:<br />
13 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Können Sie sagen, welche da<strong>von</strong> bei den<br />
14 nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> bereits im Einsatz sind, wie zufrieden sie damit sind und wie<br />
15 nützlich sie diese finden?<br />
16 Interviewpartner 1:<br />
17 Ich kann selbst nur <strong>von</strong> <strong>der</strong> e-card sprechen, weil die habe ich selbst. Zu den an<strong>der</strong>en<br />
18 Dingen: e-Abrechnung, e-Arztbrief, e-Pflegebegleitschreiben, e-Laborbefund, damit habe ich<br />
19 nichts zu tun in meinem Beruf - kenne sie nur <strong>aus</strong> den Diskussionen in <strong>der</strong> Kurie.<br />
20 ELGA bin ich in die Diskussion eingebunden. Primär sind <strong>aus</strong> meiner <strong>Sicht</strong> die Thematiken:<br />
21 Freiwilligkeit, Datenschutz und Praktikabilität.<br />
22 Die an<strong>der</strong>en Funktionalitäten kenne ich natürlich, kann dazu aber konkret nichts sagen.<br />
23 Autor:<br />
24 Es findet ja Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch unter <strong>Ärzten</strong> bereits statt. Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass man<br />
25 dieses Service vermehrt nutzen sollte?<br />
26 Interviewpartner 1:<br />
27 Ich glaube, die Kommunikation in OÖ funktioniert inzwischen sehr gut, wenn ich nur an mein<br />
28 Informationssystem im Krankenh<strong>aus</strong> denke. Ich glaube, dass diese Dinge noch besser<br />
29 vernetzt gehören und dann wird das sicher <strong>aus</strong>reichend genutzt.<br />
30 Autor:<br />
31 Finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch unter den <strong>Ärzten</strong> nützlich?<br />
32 Interviewpartner 1:<br />
33 Ja!<br />
34 Autor:<br />
35 Man spricht immer <strong>von</strong> Gesundheitsdiensteanbieter, sind Sie ein solcher?<br />
36 Interviewpartner 1:<br />
37 Ich bin Arzt! Ich biete keine Dienste an!<br />
38 Autor:<br />
39 Glauben Sie, dass die <strong>der</strong>zeitigen e-<strong>Health</strong> Funktionen, wie sie jetzt bei den<br />
40 nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> verwendet werden, die Erwartungen erfüllen, die sie an sie haben?<br />
41 Interviewpartner 1:<br />
42 Ich erlebe die Diskussion unterschiedlich, habe aber dadurch, dass ich nicht vor Ort bin,<br />
43 wenig Erfahrung und kann wenig sagen. Manche sagen es funktioniert ganz gut, manche<br />
44 sind an<strong>der</strong>er Meinung.<br />
45 Autor:<br />
46 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass die Patientendaten in den Praxen <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
47 Interviewpartner 1:<br />
48 Da bin ich mir sicher, dass das passt.<br />
49 Autor:<br />
50 Wie gut glauben Sie denn, sind die nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte über e-<strong>Health</strong> Funktionen im<br />
51 Allgemeinen informiert?<br />
52 Interviewpartner 1:<br />
53 Ich glaube die Information ist da nur sehr oberflächlich.<br />
54 Autor:<br />
55 Wissen Sie, wie die Ärzte über e-<strong>Health</strong> Funktionen informiert werden?<br />
56 Interviewpartner 1:<br />
Wenn, dann bekommen sie die Informationen <strong>von</strong> <strong>der</strong> Kammer in entsprechen<strong>der</strong> Art und<br />
57 Weise und <strong>aus</strong> den Medien und wahrscheinlich <strong>von</strong> den Provi<strong>der</strong>n.<br />
58<br />
150
Anhang<br />
59 Autor:<br />
60 Welche Vor<strong>aus</strong>setzungen müssen erfüllt sein, damit Sie den <strong>Ärzten</strong> die Teilnahme an<br />
61 Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen empfehlen?<br />
62 Interviewpartner 1:<br />
63 Es dürfen keine Kosten entstehen und es muss die Mehrarbeit an den Pilotprojekten<br />
64 abgegolten werden. Und letztlich heißt das für mich auch konkret - dass, wenn das<br />
65 Pilotprojekt ein negatives Ergebnis bringt, kann natürlich die Ausrollung nicht erfolgen!<br />
66 Autor:<br />
67 Wann würden Sie den <strong>Ärzten</strong> die Einführung und Nutzung neuer e-<strong>Health</strong> Funktionen<br />
68 empfehlen?<br />
69 Interviewpartner 1:<br />
70 Wenn sie für die Ärzte praktikabel sind, einen Nutzen haben und Sinn machen. Und dass die<br />
71 Ärzte durch den Einsatz nicht mehr, son<strong>der</strong>n weniger Zeit bei <strong>der</strong> Behandlung eines<br />
72 Patienten brauchen. Die e-<strong>Health</strong> Funktionen sollen zu einer besseren Behandlung und<br />
73 besseren Diagnose führen.<br />
74 Autor:<br />
75 Haben Sie den Eindruck, dass ein Arzt die Erwartungen an einen „guten Arzt“ besser erfüllen<br />
76 kann, wenn er mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen verwendet?<br />
77 Interviewpartner 1:<br />
78 Nein, das glaube ich nicht.<br />
79 Autor:<br />
80 Wissen Sie, ob Ärzte bereits jetzt Leistungen anbieten, die über das Normale hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
81 Interviewpartner 1:<br />
82 Das weiß ich nicht.<br />
83 Autor:<br />
84 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für die Arbeit <strong>der</strong> Ärzte?<br />
85 Interviewpartner 1:<br />
86 Ohne e-<strong>Health</strong> und ohne den Einsatz <strong>von</strong> elektronischen Mitteln wird die Arbeit nicht mehr<br />
87 funktionieren in Zukunft, das ist ganz klar.<br />
88 Autor:<br />
89 Könnte ein nie<strong>der</strong>gelassener Arzt seine Ordination noch gänzlich ohne Praxiss<strong>of</strong>tware<br />
90 führen?<br />
91 Interviewpartner 1:<br />
92 Ganz sicher nicht.<br />
93 Autor:<br />
94 Glauben Sie, macht es für die Ärzte einen Unterschied, wenn sie bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
95 Funktionen zwingend anwenden müssten?<br />
96 Interviewpartner 1:<br />
97 Ich bin gegen eine zwingende Anwendung. Wenn die e-<strong>Health</strong> Anwendung so gut ist - also<br />
98 praktikabel, nützlich, Sinn macht und die Kosten sind gedeckt – dann wird man sie auch<br />
99 verwenden. Wenn sie nicht gut ist, wird man es bleiben lassen und darum ist Zwang hier<br />
100 sehr schlecht.<br />
101 Autor:<br />
102 Glauben Sie, macht es den nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> Spaß, am Computer zu arbeiten?<br />
103 Interviewpartner 1:<br />
104 Ich glaube, da sind sie nicht unterschiedlicher wie alle an<strong>der</strong>en Dienstnehmer o<strong>der</strong><br />
105 Freiberufler - es wird unterschiedlich sein.<br />
106 Autor:<br />
107 Haben Sie das Gefühl, dass die Ärzte den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an<br />
108 sie stellt?<br />
109 Interviewpartner 1:<br />
110 Ich bin mir ganz sicher, dass sie dem gewachsen sind. Weil unser Beruf for<strong>der</strong>t viel<br />
111 Motivation und Anstrengung und da sind sie diesen Dingern sicherlich auch gewachsen.<br />
112 Autor:<br />
113 Würden die nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte grundsätzlich an weiteren Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong><br />
114 Funktionen teilnehmen, bzw. bei <strong>der</strong> Entwicklung mitarbeiten?<br />
115 Interviewpartner 1:<br />
116 Ja, ich bin mir ganz sicher. Man wird sich dem nicht verwehren können und da ist es einfach<br />
117 sehr gut, wenn es Pilotprojekte gibt. Ich denke, dass viele Ärzte an sich bereit sind, bei<br />
118 solchen Projekten mitzumachen, wenn dann auch ihre Meinung in die Umsetzung einfließt.<br />
119 Autor:<br />
120 Würde die Akzeptanz steigen, wenn die Ärzte das Gefühl haben, dass sie in die Entwicklung<br />
121 einbezogen sind?<br />
122 Interviewpartner 1:<br />
123 Ganz sicher!<br />
124<br />
Autor:<br />
151
Anhang<br />
125 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf die tägliche Arbeit <strong>der</strong><br />
126 nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte mit den Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
127 Interviewpartner 1:<br />
128 e-<strong>Health</strong> Anwendungen können <strong>aus</strong> meiner <strong>Sicht</strong> nur dann eingeführt werden, wenn sie nicht<br />
129 mehr Arbeit hervorrufen. Das ist für mich eine Grundvor<strong>aus</strong>setzung. Es muss eine<br />
130 Verbesserung da sein, im Handling, in <strong>der</strong> Zeitersparnis, und es muss die Diagnosen und die<br />
131 Therapie in dem Sinn erleichtern, dass man schneller Zugriff zu den notwendigen Daten hat.<br />
132 Autor:<br />
133 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in den<br />
134 nie<strong>der</strong>gelassenen Praxen bzw. im Gesundheitssystem generell?<br />
135 Interviewpartner 1:<br />
136 Das wird je nach Anwendung unterschiedlich sein. Wir schauen uns jedenfalls die<br />
137 Kostenaufteilung sehr genau an.<br />
138 Autor:<br />
139 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
140 Funktionalitäten? zB Online-Terminvereinbarung, e-Medikation, e-Impfpass mit<br />
141 Erinnerungsfunktion, weniger Untersuchungen, ..?<br />
142 Interviewpartner 1:<br />
143 Das kommt immer wie<strong>der</strong> darauf an, welche Funktion damit bedient wird. Wenn es für den<br />
144 Arzt ein Vorteil ist, dann wird es für den Patienten auch ein Vorteil sein. Aber es muss nicht<br />
145 je<strong>der</strong> Vorteil für den Patienten ein Vorteil für den Arzt sein.<br />
146 Autor:<br />
147 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber die Ärzte bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
148 Interviewpartner 1:<br />
149 Der Gesetzgeber kann uns dadurch unterstützen, dass er die Ärzte <strong>von</strong> Vornherein in die<br />
150 Thematik einbindet und auf ihre Erfahrungen hört.<br />
151 Autor:<br />
152 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen, indem er die Ärzte zur Teilnahme verpflichtet?<br />
153 Interviewpartner 1:<br />
154 Nein!<br />
155 Autor:<br />
156 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
157 Interviewpartner 1:<br />
158 Opt-in ist die einzige Möglichkeit.<br />
159 Autor:<br />
160 Würde sich an <strong>der</strong> Autonomie <strong>der</strong> Ärzte durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
161 än<strong>der</strong>n?<br />
162 Interviewpartner 1:<br />
163 Nein, das glaube ich nicht.<br />
164 Autor:<br />
165 Glauben Sie, würden die Ärzte alle ihre Daten an<strong>der</strong>en Gesundheitsdiensteanbietern zur<br />
166 Verfügung stellen?<br />
167 Interviewpartner 1:<br />
168 Ich glaube, Arzt- und Gesundheitsdaten sind <strong>Ärzten</strong> zur Verfügung zu stellen. Und dann wird<br />
169 es sicherlich Daten geben, die an<strong>der</strong>en GDA’s zugänglich sind. Aber die wichtigen Daten -<br />
170 die Krankheiten, Anamnesen und diese Dinge betreffen - sind ärztliche Daten.<br />
171 Autor:<br />
172 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen? (zB<br />
173 Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
174 Kosten, )<br />
175 Interviewpartner 1:<br />
176 Ich erwarte mir für die interne Arbeit, dass die Abläufe schneller und die interne Organisation<br />
177 leichter werden. Dass ich schneller und punktgenauer Zugriff auf die entsprechenden<br />
178 Patientendaten bekomme und dann auf Basis dieser Informationen die Diagnostik und<br />
179 Therapie schneller optimieren kann. Es ist aber dazu ganz klar zu sagen, dass das auf<br />
180 an<strong>der</strong>em Weg auch geht. Darum erwarte ich mir <strong>von</strong> dem auch eine Verbesserung <strong>der</strong><br />
181 Abläufe. Man wird kein besserer Arzt, son<strong>der</strong>n es vereinfacht die Abläufe.<br />
182 Wichtig dabei ist auch, dass die Ärzte bei <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Projekte eingebunden sind<br />
183 und an <strong>der</strong> Entwicklung aktiv mitarbeiten. Nur dann werden auch Applikationen entwickelt,<br />
184 die praktikabel sind und einen Zeitgewinn bringen.<br />
185 Autor:<br />
186 Würden die nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte einen gewissen Kostenteil übernehmen, wenn es<br />
187 Anwendungen gibt, die einen Nutzen bringen und sinnvoll sind?<br />
188 Interviewpartner 1:<br />
189 Wenn man das <strong>von</strong> staatlicher Seite will, hat man auch die Kosten zu tragen.<br />
190<br />
Autor:<br />
152
191 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in <strong>der</strong> Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
192 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
193 Interviewpartner 1:<br />
194 Nein, ich denke nicht.<br />
195 Autor:<br />
196<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
Anhang<br />
153
8.3.2 Interviewpartner 2<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn du den Begriff e-<strong>Health</strong> hörst, woran denkst du zuerst?<br />
3 Interviewpartner 2:<br />
4 Einfach gesagt ist e-<strong>Health</strong> die EDV im Gesundheitswesen.<br />
5 Autor:<br />
6 Kannst du etwas über die Einstellung <strong>der</strong> Ärzte zur Computer- und Internetnutzung sagen?<br />
7 Interviewpartner 2:<br />
8 Die Einstellung ist sicherlich sehr divergierend. Es gibt einige, die mit dem nicht wirklich viel<br />
9 zu tun haben wollen, d.h. es gibt nach wie vor Ärzte, die ihren Computer nicht mit dem<br />
10 Internet verbinden wollen, weil sie Angst haben, dass irgendetwas mit den Patientendaten<br />
11 passiert. Auch <strong>der</strong> Kostenfaktor ist für die Ärzteschaft ein zentrales Thema.<br />
12 Autor:<br />
13 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Kannst du sagen, welche da<strong>von</strong> bei den<br />
14 <strong>Ärzten</strong> bereits im Einsatz sind, wie zufrieden sie damit sind und wie nützlich sie diese finden?<br />
15 Interviewpartner 2:<br />
16 e-card<br />
17 ist im Einsatz und durch<strong>aus</strong> auch nützlich, wobei <strong>der</strong> Hauptnutzen eigentlich beim<br />
18 Arbeitgeber und bei <strong>der</strong> Sozialversicherung liegt und nicht beim Arzt. Der Arzt wurde aber<br />
19 trotzdem quasi per Gesetz zur Einführung und Zahlung <strong>von</strong> diesem Service verpflichtet.<br />
20 Durch diese meiner Meinung nach unpr<strong>of</strong>essionelle Vorgehensweise sind die Ärzte jetzt<br />
21 extrem sensibilisiert. Der Arzt ist <strong>der</strong>, <strong>der</strong> die e-card am wenigsten braucht und ist aber <strong>der</strong><br />
22 einzige, <strong>der</strong> damit laufende Kosten hat und damit ist <strong>aus</strong> meiner <strong>Sicht</strong> für die Zukunft sehr<br />
23 viel kaputt gemacht worden. Die Ärzte haben jetzt die Befürchtung, dass sie auch für weitere<br />
24 e-<strong>Health</strong> Anwendungen die Kosten zu tragen haben.<br />
25 e-Abrechnung<br />
26 ist natürlich auch in Verwendung, ist seit 2005 für die Kassenvertragsärzte verpflichtend.<br />
27 DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung<br />
28 ist durch<strong>aus</strong> auch sinnvoll. Der Schwachpunkt an dieser Funktion ist, dass <strong>der</strong> tatsächliche<br />
29 Empfänger dem Arzt keine Bestätigung übermittelt. Ich urgiere beim Hauptverband schon<br />
30 seit Jahren, dass die entsprechenden Anfor<strong>der</strong>ungen an <strong>der</strong> Datendrehscheibe angepasst<br />
31 werden.<br />
32 e-Pflegebegleitschreiben<br />
33 ist <strong>der</strong>zeit ein Pilotprojekt in Oberösterreich.<br />
34 e-Laborbefund<br />
35 ist seit vielen Jahren in Verwendung, wobei diese Funktion <strong>der</strong>zeit eine gerichtete<br />
36 Kommunikation ist, dh <strong>der</strong> Arzt bekommt die Daten direkt. Interessant ist, dass es für diese<br />
37 Art <strong>der</strong> Befunde internationale Standards gibt, die allerdings <strong>von</strong> den S<strong>of</strong>tware-Firmen kaum<br />
38 eingehalten werden. Wenn diese eingehalten würden, hätten die Ärzte beim Lesen<br />
39 wesentlichere Vorteile als bisher.<br />
40 e-AUM<br />
41 diese Anwendung wurde in OÖ entwickelt und ist mittlerweile österreichweit in Verwendung.<br />
42 Eines <strong>der</strong> wenigen e-Projekte, die wirklich großen Anklang bei den <strong>Ärzten</strong> gefunden haben<br />
43 und wo die Ärzte sagen, dass <strong>der</strong> Kosten-Nutzenfaktor akzeptabel ist.<br />
44 ABS – Arzneimittelbewilligungsservice<br />
45 ist auch vielfach in Verwendung, hat bei uns in OÖ nicht die große Bedeutung weil wir mit<br />
46 <strong>der</strong> GKK die sogenannte Zielvereinbarung haben, die diese Funktion ersetzt.<br />
47 e-Impfpass<br />
48 gibt es meines Wissens nicht, ist eine Idee, die auch schon mehrmals als e-card-<br />
49 Folgeprojekt angedacht wurde. Da bin ich <strong>der</strong> Meinung, dass es hier vieler<br />
50 Verknüpfungspunkte bedarf, um es als sinnvolles Projekt durchzuführen. Es dürfen nämlich<br />
51 auch an<strong>der</strong>e Institutionen Impfungen durchführen, nicht nur nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte. Der e-<br />
52 Impfpass macht nur dann Sinn, wenn wirklich alle untereinan<strong>der</strong> vernetzt sind. Fraglich ist<br />
53 hier, wie weit Institutionen wie Amtsärzte, Chefärzte, Mutterberatungsärzte und Behörden<br />
54 eingebunden werden können. Die sind nämlich <strong>aus</strong>drücklich im e-card System<br />
55 <strong>aus</strong>geschlossen und verfügen auch kaum über mo<strong>der</strong>ne EDV-Systeme. Nützlich wäre sicher<br />
56 die Erinnerungsfunktion.<br />
57 e-Überweisung, e-Zuweisung, e-Einweisung<br />
58 war einmal ein Pilotprojekt in OÖ. Diese Funktionalität würde <strong>aus</strong> meiner <strong>Sicht</strong> für viele<br />
59 Beteiligte sehr viele Vorteile bringen, aber auch Nachteile für bestimmte Bereiche - für diese<br />
60 muss es einen Ausgleich geben. Allerdings wurde die Umsetzung des Pilotprojekts <strong>von</strong> den<br />
61<br />
beteiligten S<strong>of</strong>twarefirmen <strong>aus</strong> Kostengründen sehr halbherzig durchgeführt und erreichte<br />
154
Anhang<br />
62 dadurch bei den <strong>Ärzten</strong> nicht die gewünschte Akzeptanz. Diese Anwendung wäre durch<strong>aus</strong><br />
63 sinnvoll, allerdings muss auch hier die Kostenfrage vorher geklärt sein.<br />
64 ELGA<br />
65 ist für die Ärzte <strong>aus</strong> mehreren Gründen ein rotes Tuch. Hauptgründe sind generell die<br />
66 Verpflichtung zur Teilnahme, ein erhöhter administrativer Mehraufwand, die unklare<br />
67 Rechtssituation und zu hohe Kosten bei zu geringem Nutzen.<br />
68 e-Medikation<br />
69 war 2011 auch ein Pilotprojekt, das jetzt evaluiert wurde. Auch hier ist für die Ärzte <strong>der</strong><br />
70 Nutzen gegenüber den Aufwänden nicht klar ersichtlich.<br />
71 e-Radiologie<br />
72 ist auch schon länger in Verwendung. Aus meiner <strong>Sicht</strong> wäre wichtig, überhaupt bevor über<br />
73 ELGA nachgedacht wird, die elektronischen Informationen, die es gibt, so weit zu<br />
74 standardisieren, dass sie im APIS elektronisch gelesen werden können und schnell<br />
75 verwertbar sind. Dann haben die Ärzte einen spürbaren Benefit.<br />
76 e-Mutter-Kind-Pass<br />
77 Für den e-Mutter-Kind-Pass gilt <strong>aus</strong> meiner <strong>Sicht</strong> wie<strong>der</strong>um das gleiche wie für den<br />
78 Impfpass. Es gibt wie<strong>der</strong>um viele an<strong>der</strong>e Institutionen, die da mit eingebunden sind. Ob ein<br />
79 elektronischer MKP sinnvoll ist, ist eher fraglich.<br />
80 e-Leistungsbericht<br />
81 weiß ich nicht, ob das schon generell funktioniert. Die meisten S<strong>of</strong>twareprodukte sind in <strong>der</strong><br />
82 Regel eher so, dass sie darstellen: was habe ich in dem Monat o<strong>der</strong> in dem Quartal an<br />
83 Leistungen erbracht.<br />
84 Ich habe da vor kurzem selbst einen Vorschlag für einen sogenannten Patientenrecord<br />
85 gemacht, weil <strong>der</strong> Arzt ja auch eine Dokumentationspflicht hat. Wenn ein Arzt zB in Pension<br />
86 geht, übergibt er ja in <strong>der</strong> Regel auch das APIS vollständig an seinen Nachfolger und hat<br />
87 daher später keine Möglichkeit mehr, einem Patienten bei Bedarf die entsprechenden Daten<br />
88 zur Verfügung zu stellen. Ein Patientenrecord als cda-Dokument auf DVD gespeichert, würde<br />
89 dieses Problem lösen.<br />
90 e-Terminmanagement<br />
91 wird auch bereits angeboten. Allerdings als eigenständige Produkte im Internet, und die<br />
92 Verwendung würde für den Arzt wie<strong>der</strong> einen erheblichen Mehraufwand bedeuten. Diese<br />
93 Funktion würde vielleicht Sinn machen, wenn sie ins APIS integriert wird, ansonsten sehe ich<br />
94 keinen großen Vorteil darin.<br />
95 e-Notfallsdaten<br />
96 wird <strong>aus</strong> meiner <strong>Sicht</strong> auch überschätzt. Da gibt es immer das Paradebeispiel: man hat<br />
97 einen Busunfall mit 50 Personen, keiner da<strong>von</strong> wird seine e-card eingesteckt haben, die ist<br />
98 irgendwo in einer Tasche o<strong>der</strong> in einer Jacke und keiner weiß im Notfall, wem die Taschen<br />
99 o<strong>der</strong> Jacken gehören und wessen e-card das ist. Gerade in einem Notfall ist die Situation<br />
100 immer ganz an<strong>der</strong>s.<br />
101 e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring)<br />
102 da gibt es einige Projekte mit Diabetes-und Herz-Kreislauf-Patienten die täglich teilweise<br />
103 sogar über Handy ihre Daten übermitteln. Das macht durch<strong>aus</strong> Sinn. Speziell im ländlichen<br />
104 Bereich, wo Ärzte nicht immer so verfügbar sind.<br />
105 Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen<br />
106 Das macht meiner Meinung nach keinen Sinn, weil Patienten vielleicht falsche<br />
107 Schlussfolgerungen <strong>aus</strong> diesen Informationen ziehen könnten.<br />
108 Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs<br />
109 sehe ich positiv, weil es sehr viele verschiedene Bereiche gibt, die miteinan<strong>der</strong> nicht vernetzt<br />
110 sind und selbst die Ärzte nach solchen Funktionalitäten nachfragen.<br />
111 Autor:<br />
112 Ein Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs bzw. <strong>Ärzten</strong> findet ja bereits statt. Bist Du <strong>der</strong><br />
113 Meinung, dass Ärzte dieses Service vermehrt nutzen sollten?<br />
114 Interviewpartner 2:<br />
115 Auf jeden Fall. Dieses Service beinhaltet nicht nur den Transport, son<strong>der</strong>n auch den<br />
116 vollständigen Import <strong>der</strong> Daten ins APIS, was allerdings einen hohen CDA-Level vor<strong>aus</strong>setzt.<br />
117 Erst dann macht es Sinn, weil speziell die Befunde schnell und leichter lesbar sind.<br />
118 Autor:<br />
119 Wie nützlich findest Du den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs?<br />
120 Interviewpartner 2:<br />
121 Sehr nützlich, s<strong>of</strong>ern es sich nur um jene Daten handelt die den an<strong>der</strong>en GDAs auch<br />
122 zustehen und für sie nützlich sind.<br />
123 Autor:<br />
124 Haben Ärzte eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
125 Interviewpartner 2:<br />
126 Das ist sehr unterschiedlich. Urlaubsvertretungen funktionieren in <strong>der</strong> Regel gut.<br />
127<br />
Autor:<br />
155
Anhang<br />
128 Glaubst Du, dass die <strong>der</strong>zeitigen e-<strong>Health</strong> Funktionen in <strong>der</strong> Praxis-S<strong>of</strong>tware die<br />
129 Erwartungen erfüllen, die die Ärzte an sie haben?<br />
130 Interviewpartner 2:<br />
131 In vielen Bereichen schon, wobei auch bei <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Funktionalitäten die Kosten eine<br />
132 Rolle spielen. Der Arzt muss seine S<strong>of</strong>tware ja selber kaufen und das Problem ist hier<br />
133 mitunter auch die Vielfalt, dh auf <strong>der</strong> einen Seite gibt es sehr viele Arzts<strong>of</strong>twareanbieter am<br />
134 Markt, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite haben wir speziell <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> Ärzteschaft große Angst<br />
135 vor einer Monopolisierung, die durch die Firma Compugroup droht. Und genau diese Dinge<br />
136 konterkarieren sich irgendwie. Wenn es viele Firmen gibt, die wenige Ärzte als Kunden<br />
137 haben, ist natürlich jede Entwicklung sehr teuer. Eine Firma mit einer großen Klientelanzahl<br />
138 entwickelt wesentlich günstiger, was aber wie<strong>der</strong>um dieser Monopolisierung entspricht. Was<br />
139 die Ärzte wünschen – möglichst umfangreiche, einfach zu bedienende Funktionen, die kaum<br />
140 etwas kosten und keine Monopolisierung <strong>von</strong> wenigen Firmen – das gibt es lei<strong>der</strong> einfach<br />
141 nicht.<br />
142 Autor:<br />
143 Glaubst du, dass die Patientendaten in den Praxen <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
144 Interviewpartner 2:<br />
145 Ehrlich gesagt glaube ich das nicht. Da gibt es durch<strong>aus</strong> Schwächen, wie die<br />
146 Zugriffsberechtigungen. Ich bin überzeugt, dass es viele Ordinationen mit zwei o<strong>der</strong> mehr<br />
147 Behandlungsräumen gibt, die nicht überall ein unterschiedliches Passwort haben o<strong>der</strong> dass<br />
148 die Mitarbeiter ein unterschiedliches haben. Auch wird in vielen Praxen die Funktion <strong>der</strong><br />
149 Sicherung nicht regelmäßig überprüft.<br />
150 Autor:<br />
151 Wie gut, glaubst Du, sind die ngl Ärzte über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
152 Interviewpartner 2:<br />
153 Ich glaube im Großen und Ganzen nicht sehr gut.<br />
154 Autor:<br />
155 Wie und <strong>von</strong> wem werden sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
156 Interviewpartner 2:<br />
157 Durch die Ärztekammer und <strong>von</strong> den Medien. Wobei die Medien <strong>of</strong>t nur einseitig informier<br />
158 en, speziell wenn es um Patientenrechte und ELGA und diese Dinge geht.<br />
159 Autor:<br />
160 Wer könnte dann entsprechend qualitativ über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informieren?<br />
161 Interviewpartner 2:<br />
162 Im Prinzip wäre es sicher Aufgabe <strong>der</strong> Ärztekammern für unseren Teil. Da sind lei<strong>der</strong> die<br />
163 Informationen nicht sachlich son<strong>der</strong>n eher politisch motiviert.<br />
164 Autor:<br />
165 Wie glaubst Du ist das Verhältnis <strong>der</strong> Ärzte zu ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller?<br />
166 Interviewpartner 2:<br />
167 Im Großen und Ganzen glaube ich ganz gut.<br />
168 Autor:<br />
169 Welche Vor<strong>aus</strong>setzungen müssen erfüllt sein, damit die Ärztekammer den <strong>Ärzten</strong> die<br />
170 Teilnahme an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Anwendungen empfiehlt?<br />
171 Interviewpartner 2:<br />
172 Der ehrliche Kosten-Nutzen muss transparent sein und es muss eine unabhängige<br />
173 Evaluierung nach dem Pilotprojekt geben. Erst anschließend kann gemeinsam mit den<br />
174 <strong>Ärzten</strong> über ein gesamtes roll-out entschieden werden. Sollte die Kosten-Nutzen-Verteilung<br />
175 nicht gleichmäßig verteilt sein, muss es hier einen Ausgleich geben.<br />
176 Autor:<br />
177 Wann würden Sie den <strong>Ärzten</strong> die Einführung und Nutzung neuer e-<strong>Health</strong> Funktionalitäten<br />
178 empfehlen?<br />
179 Interviewpartner 2:<br />
180 Wenn es ganz klar einen Nutzen schafft für den Arzt und die Finanzierung geklärt ist bzw.<br />
181 wenn es einen Nutzen schafft, <strong>der</strong> aber nicht auf Seiten des Arztes ist, dass es zu einem<br />
182 Kosten- und Zeit<strong>aus</strong>gleich kommt.<br />
183 Autor:<br />
184 Bieten Ärzte bereits jetzt Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
185 Interviewpartner 2:<br />
186 Durch<strong>aus</strong> schon.<br />
187 Autor:<br />
188 Glaubst du, dass ein Arzt die Erwartungen an einen „guten Arzt“ besser erfüllen kann, wenn<br />
189 er mehr e-<strong>Health</strong>-Funktionen anwendet?<br />
190 Interviewpartner 2:<br />
191 Natürlich! Ich denke, dass das <strong>of</strong>t nicht so gesehen wird auf Seiten <strong>der</strong> Ärzteschaft.<br />
192 Heutzutage erwarten bereits viele Patienten <strong>von</strong> ihrem Arzt, dass er sie über die nächste<br />
193<br />
Zecken- o<strong>der</strong> Grippeimpfung informiert o<strong>der</strong> wann die VU fällig wird. Genau solche Fragen<br />
156
Anhang<br />
194 kann man eigentlich nur mit e-<strong>Health</strong> beantworten und das machen die Ärzte ja auch schon<br />
195 lange, aber keiner denkt mehr bei solchen banalen Funktionalitäten, dass hier auch e-<strong>Health</strong><br />
196 dahinter steht Auch wenn ich sage, „ein Computer mit einer Arzts<strong>of</strong>tware ist ja bereits eine<br />
197 e-<strong>Health</strong>-Funktion“, gibt es Serviceleistungen, die <strong>der</strong> Arzt gegenüber den Patienten anbieten<br />
198 könnte. Vor<strong>aus</strong>gesetzt natürlich, dass <strong>der</strong> Nutzen und die Kosten geklärt sind.<br />
199 Eine Ablehnung <strong>von</strong> Serviceleistungen durch die Ärzteschaft birgt letztlich auch die Gefahr,<br />
200 dass sich <strong>der</strong> Gesundheitsmarkt selbst regelt - dass da eine Tür zur Klassenmedizin geöffnet<br />
201 wird, und <strong>der</strong> Wahlarzt den Kassenarzt zurückdrängt, weil <strong>der</strong> Wahlarzt Behandlungsnischen<br />
202 besser <strong>aus</strong>nutzt. Die Industrie stellt ja bereits solche Funktionalitäten her und will sie auch<br />
203 verkaufen, und Institutionen wie eine Privatversicherung könnten das <strong>aus</strong>nutzen.<br />
204 Autor:<br />
205 Hältst du e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für die Arbeit <strong>der</strong> Ärzte?<br />
206 Interviewpartner 2:<br />
207 Sinnvoll eingesetzt ja. Das Problem und die mangelnde Akzeptanz zur Nutzung neuer e-<br />
208 <strong>Health</strong> Anwendungen bestehen <strong>der</strong>zeit, weil e-<strong>Health</strong> durch an<strong>der</strong>e Institutionen diktiert wird<br />
209 und die Ärzteschaft zum Teil nicht mal hinzugezogen wird. Die Frage zu e-<strong>Health</strong> Funktionen<br />
210 sind: machen sie auch Sinn für die Ärzte, haben sie einen Nutzen und wer finanziert sie?<br />
211 Derzeit wird etwas entwickelt, was die Sozialversicherung, eine Privatversicherung, <strong>der</strong><br />
212 Gesetzgeber will - und <strong>der</strong> Arzt soll das dann verwenden o<strong>der</strong> auch nicht.<br />
213 An<strong>der</strong>erseits ist es letztlich wie in vielen an<strong>der</strong>en Beruf auch: die Fülle <strong>der</strong> Aufgaben und<br />
214 Informationsverarbeitung ist ohne entsprechende EDV-Unterstützung nicht mehr bewältigbar.<br />
215 Die e-<strong>Health</strong> Anwendungen im APIS müssen den Arzt in seiner Behandlungstätigkeit so<br />
216 unterstützen, dass die Qualität <strong>der</strong> Behandlung darunter nicht leidet.<br />
217 Autor:<br />
218 Könnte ein ngl Arzt seine Ordination gänzlich ohne APIS führen?<br />
219 Interviewpartner 2:<br />
220 Aus meiner <strong>Sicht</strong> ist es nicht mehr vorstellbar. Als Kassenarzt ist er auch zur elektronischen<br />
221 Abrechnung verpflichtet.<br />
222 Autor:<br />
223 Glaubst du, macht es für die Arbeit <strong>der</strong> Ärzte einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn sie bestimmte e-<br />
224 <strong>Health</strong> Funktionen zwingend anwenden müssen?<br />
225 Interviewpartner 2:<br />
226 Ein Zwang ist immer schlechter wie Überzeugung. Wenn ich etwas <strong>aus</strong> Überzeugung<br />
227 einführe o<strong>der</strong> verwende, weil es mir etwas bringt, ist das immer etwas an<strong>der</strong>es als wenn ich<br />
228 muss.<br />
229 Autor:<br />
230 Glaubst Du macht es den <strong>Ärzten</strong> Spaß, am Computer zu arbeiten?<br />
231 Interviewpartner 2:<br />
232 Ich glaube, dass das sehr unterschiedlich ist. Wir haben <strong>der</strong>zeit bei <strong>der</strong> Ärzteschaft einen<br />
233 riesen Generationenwechsel. Wir hatten noch nie so viele Ärzte, die in Pension gehen wie<br />
234 <strong>der</strong>zeit und in den nächsten Jahren. Da ist in <strong>der</strong> Ideologie und im Verständnis dafür ein<br />
235 riesengroßer Wechsel da. Wenn man 100 Ärzte in Ausbildung o<strong>der</strong> Jungärzte dazu befragt,<br />
236 wird man eine ganz an<strong>der</strong>e Antwort bekommen, als wenn man 100 Ärzte fragt, die kurz vor<br />
237 <strong>der</strong> Pension stehen. Unsere Kin<strong>der</strong> gehen mit Handy und EDV ganz an<strong>der</strong>s um wie wir o<strong>der</strong><br />
238 unsere Eltern und genau diese Än<strong>der</strong>ungen haben wir jetzt auch in <strong>der</strong> Ärzteschaft.<br />
239 Autor:<br />
240 Glaubst du, dass die Ärzte den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an sie stellt?<br />
241 Interviewpartner 2:<br />
242 Auch wie<strong>der</strong> teils, teils, mit <strong>der</strong>selben Begründung wie bei <strong>der</strong> Frage vorher. Es wird sicher<br />
243 Ärzte geben, die <strong>der</strong>zeit überfor<strong>der</strong>t sind in diesem Bereich und an<strong>der</strong>e, die auch im Spital<br />
244 und in an<strong>der</strong>en Bereichen damit schon aufgewachsen sind.<br />
245 Autor:<br />
246 Würden die nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte an weiteren Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen<br />
247 teilnehmen bzw. bei <strong>der</strong> Entwicklung mitarbeiten?<br />
248 Interviewpartner 2:<br />
249 Ich denke grundsätzlich ja, gerade hier in OÖ sind sowohl die Ärztekammer als auch die<br />
250 Ärzte sehr <strong>of</strong>fen für Innovationen. Ich bin <strong>der</strong> Meinung, dass die zukünftigen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
251 und die Notwendigkeit <strong>von</strong> EDV-Unterstützung den nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong> durch<strong>aus</strong><br />
252 bewusst sind. Es ist sicher besser, ein neues System <strong>von</strong> Anfang an mitzuentwickeln und<br />
253 gezielt Wünsche und Anfor<strong>der</strong>ungen einzubringen als etwas vorgesetzt zu bekommen.<br />
254 Autor:<br />
255 Würde die Akzeptanz <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte steigen, wenn sie das Gefühl haben, in die<br />
256 Entwicklung einbezogen zu werden?<br />
257 Interviewpartner 2:<br />
258 Ja, durch<strong>aus</strong>.<br />
259<br />
Autor:<br />
157
Anhang<br />
260 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf die tägliche Arbeit <strong>der</strong><br />
261 nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte mit den Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
262 Interviewpartner 2:<br />
263 Wenn es intelligente Lösungen sind, die den Arzt bei seiner Behandlungstätigkeit<br />
264 unterstützen, die sinnvoll und nützlich sind, hat er ja Vorteile. Wenn er wegen einer neuen<br />
265 Funktionalität pro Patient fünf Minuten länger braucht als vorher, wird es ihm nichts bringen.<br />
266 Das ist <strong>aus</strong> meiner <strong>Sicht</strong> ja genau die Schere, die da <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>klafft - dass nur wirklich<br />
267 intelligente Lösungen etwas bringen, die letztlich aber auch etwas kosten und jemand<br />
268 finanzieren muss.<br />
269 Autor:<br />
270 Glaubst du, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in den<br />
271 nie<strong>der</strong>gelassenen Praxen bzw. im Gesundheitssystem generell?<br />
272 Interviewpartner 2:<br />
273 Nein. Ich bin eher <strong>der</strong> Meinung, dass man den relativ hohen Qualitätsstandard, den wir<br />
274 haben, in Zukunft zu halten o<strong>der</strong> sogar zu verbessern nur mit e-<strong>Health</strong> Unterstützung gehen<br />
275 wird. Wenn die Ärzte e-<strong>Health</strong>-Entwicklungen selbst finanzieren müssen und an<strong>der</strong>e<br />
276 Institutionen nutzen dann den Benefit <strong>von</strong> diesen Tools <strong>aus</strong>, dann haben diese letztlich etwas<br />
277 gespart, und die Kosten werden einfach nur verschoben. In Summe kann mit e-<strong>Health</strong> nichts<br />
278 eingespart werden.<br />
279 Autor:<br />
280 Siehst du für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
281 Funktionalitäten?<br />
282 Interviewpartner 2:<br />
283 Auf alle Fälle. e-<strong>Health</strong>-Funktionen sollen einerseits Vorteile für die Ärzteschaft haben,<br />
284 an<strong>der</strong>erseits liegt <strong>der</strong> wesentliche Vorteil natürlich beim Patienten. Dann stellt sich wie<strong>der</strong> die<br />
285 Frage, ob zum Vorteil <strong>der</strong> Patienten dem Arzt die Mehrkosten zugestanden werden?<br />
286 Autor:<br />
287 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber die Ärzte bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
288 Interviewpartner 2:<br />
289 Aus meiner <strong>Sicht</strong> sollte <strong>der</strong> Gesetzgeber gewisse Standards zum Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch zB IHE für<br />
290 den Arzts<strong>of</strong>twaremarkt vorgeben. Das würde zukünftig helfen, Entwicklungskosten zu sparen<br />
291 und man könnte dann auch verschiedene Tools <strong>von</strong> verschiedenen Herstellern zukaufen.<br />
292 Autor:<br />
293 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
294 Interviewpartner 2:<br />
295 Nein.<br />
296 Autor:<br />
297 Wie ist deine Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
298 Interviewpartner 2:<br />
299 Ganz klar für Opt-in <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> Patienten und dann gibt es auch keine großen<br />
300 Ausnahmen. Die schlechte Lösung, die es <strong>aus</strong> meiner <strong>Sicht</strong> überhaupt gibt, ist Opt-out,<br />
301 damit wäre das System als solches nicht mehr sinnvoll verwendbar ist.<br />
302 Autor:<br />
303 Würde sich an <strong>der</strong> Autonomie <strong>der</strong> Ärzte durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
304 verän<strong>der</strong>n?<br />
305 Interviewpartner 2:<br />
306 Durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> IT ist immer mehr die Abhängigkeit <strong>von</strong> den<br />
307 Zulieferfirmen in diesem Bereich gegeben. Es ist jetzt schon <strong>der</strong> normal <strong>aus</strong>gestattete Arzt<br />
308 abhängig <strong>von</strong> einem Provi<strong>der</strong> <strong>der</strong> ihm den Internetzugang macht bzw. vom e-card-Provi<strong>der</strong><br />
309 bzw. e-card-System, vom Hauptverband, <strong>von</strong> seiner Arzts<strong>of</strong>twarefirma, usw. – d.h. er kommt<br />
310 immer mehr in die Abhängigkeit. Ich denke, gerade in diesem Bereich ist es auch wichtig,<br />
311 wirklich fixe Standards vorzugeben und auch Vorkehrungen zu treffen, dass für den Arzt ein<br />
312 einfacher Wechsel seiner Zulieferer möglichst einfach ist.<br />
313 Autor:<br />
314 Glaubst Du, würden die Ärzte all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
315 Interviewpartner 2:<br />
316 Das ist ein sehr heikles Thema. Für bestimmte Daten, die jetzt <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> Ärzteschaft<br />
317 nur vertraulich zwischen Arzt – Patient durch das Behandlungsverhältnis <strong>aus</strong>get<strong>aus</strong>cht<br />
318 werden, glaube ich nicht, dass die Ärzte das wollen und ich glaube auch nicht, dass sie es<br />
319 sollten – ohne Zustimmung <strong>der</strong> Patienten. S<strong>of</strong>ern es um an<strong>der</strong>e Daten geht, die nicht<br />
320 beson<strong>der</strong>s schutzwürdig sind, warum nicht? Sensible Daten gehören jedenfalls <strong>aus</strong> meiner<br />
321 <strong>Sicht</strong> nur in die Hände <strong>der</strong> Ärzte. Ein Kritikpunkt am Pilotprojekt e-Medikation war, dass je<strong>der</strong><br />
322 vom an<strong>der</strong>en Daten haben will, die ihm nicht zustehen, speziell zw. Arzt und Apotheker. Ich<br />
323 habe damals auch den Vorschlag gemacht, man soll eine Blackbox verwenden. Der Nutzen<br />
324 <strong>der</strong> e-Medikation wäre gen<strong>aus</strong>o gegeben und <strong>der</strong> Nachteil <strong>der</strong> Datenher<strong>aus</strong>gabe wäre<br />
325<br />
<strong>aus</strong>geschaltet.<br />
158
Anhang<br />
326 Autor:<br />
327 Wo erwartest du bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
328 Interviewpartner 2:<br />
329 Eine Möglichkeit wäre sicher im Bereich <strong>der</strong> Wartezeiten <strong>der</strong> Patienten mit einem<br />
330 intelligenten Terminsystem, wo <strong>der</strong> Arzt schon im Vorfeld Informationen bekommt und seinen<br />
331 Terminplan danach abstimmen kann. Auch in <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs wären<br />
332 Verbesserungen möglich, wenn Informationen gezielt und schnell zur Verfügung stehen.<br />
333 Autor:<br />
334 Gibt es noch ein Thema, wo Du <strong>der</strong> Meinung bist, das wurde noch nicht behandelt bzw.<br />
335 möchtest Du noch etwas ergänzen?<br />
336 Interviewpartner 2:<br />
337 Eine wesentliche Vor<strong>aus</strong>setzung für ELGA ist, dass die vorhandenen Daten und die<br />
338 Kommunikation auf einem hohen Level standardisiert werden. Erst dann können die Daten<br />
339 sinnvoll genutzt werden und enden nicht in einem Datenfriedh<strong>of</strong>.<br />
340 Abschließend würde ich sagen, dass es in Zukunft ganz, ganz wichtig ist, IT-Projekte im<br />
341 Gesundheitswesen voranzutreiben wo es Nutzen macht. Es geht um eine faire, ehrliche<br />
342 Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Kosten – Nutzen und wenn das nicht gerecht verteilt ist, muss man<br />
343 einen Ausgleich schaffen. Nur so kann man erfolgreich gemeinsam mit den <strong>Ärzten</strong> Projekte<br />
344 im Gesundheitssystem durchsetzen.<br />
345 Autor:<br />
346<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
159
8.3.3 Interviewpartner 3<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 3:<br />
4 An die Kosten. Ich bin einfach durch meinen bisherigen Umgang mit <strong>der</strong> EDV so geprägt,<br />
5 dass ich sage, ich verwende sie, weil ich sie verwenden muss. Aber ich habe bisher gelernt,<br />
6 dass die EDV <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> meiner Allgemeinmedizinpraxis ein Umsatzräuber ist und ich habe<br />
7 einfach die Befürchtung, dass alle weiteren e-<strong>Health</strong> Anwendungen, die natürlich zum Teil<br />
8 verlockend sind, wie<strong>der</strong> mit Kosten verbunden sind, auf denen man als Arzt sitzen bleibt.<br />
9 Kosten entstehen sowohl regelmäßig für neue Hard-und S<strong>of</strong>tware, als auch für monatliche<br />
10 Wartungsgebühren, wo ich mir nicht sicher bin, ob <strong>der</strong> Tarif dafür fair ist. Ich habe da immer<br />
11 das Gefühl, dass man da ein bisschen über den Tisch gezogen wird.<br />
12 Autor:<br />
13 Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
14 und die Gesellschaft allgemein?<br />
15 Interviewpartner 3:<br />
16 Ich finde, dass das natürlich ein Quantensprung war. Ich verwende heute Suchmaschinen im<br />
17 Internet und unterhalte mich relativ günstig mit Leuten in Übersee o<strong>der</strong> habe Zugriff auf<br />
18 medizinische Datenbanken - das schätzt man. An<strong>der</strong>erseits bietet man Internet heute schon<br />
19 ab dem Kin<strong>der</strong>garten an und diese ganzen sozialen Netzwerke - beides finde ich ehrlich<br />
20 gesagt nicht notwendig. Ich finde, dass das teilweise die Kapazitäten <strong>von</strong> diesen Systemen<br />
21 blockiert o<strong>der</strong> langsamer macht und das gefällt mir nicht.<br />
22 Autor:<br />
23 Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit Ihrer APIS?<br />
24 Interviewpartner 3:<br />
25 Ich habe jetzt Erfahrung über sieben Jahre, seit wir sie haben müssen aufgrund <strong>der</strong><br />
26 Einführung <strong>der</strong> e-card. Vorher habe ich über zwei Jahrzehnte mit Kartei gearbeitet und dann<br />
27 <strong>von</strong> einen Tag auf den an<strong>der</strong>en umgestellt und seither verfüge ich mit <strong>der</strong> Anwendung über<br />
28 Erfahrung mit dem APIS <strong>der</strong> Firma Compugroup. Das System beherrsche ich leidlich und mit<br />
29 dem kann man schon umgehen. Es ist nicht schlecht, aber wie ich eingangs schon sagte,<br />
30 finde ich es überteuert.<br />
31 Autor:<br />
32 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
33 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese? Wie bekannt sind Ihnen die<br />
34 an<strong>der</strong>en?<br />
35 Interviewpartner 3:<br />
36 e-card<br />
37 Die e-card ist natürlich schon einmal ein Problem, weil bekanntermaßen nicht viel drauf<br />
38 steht. Man kann mit dem „Karte stecken“ allein den Patienten gar nicht erfassen, son<strong>der</strong>n<br />
39 man muss immer Zusatzinformationen direkt abfragen, was mich stört. Es wurde<br />
40 ursprünglich zB mit den § 2-Kassen vereinbart, dass es reicht, einmal im Quartal zu stecken.<br />
41 Jetzt muss man bei jedem Patientenbesuch stecken und das ist auch wie<strong>der</strong> ein vermehrter<br />
42 Zeitaufwand. Ich finde auf <strong>der</strong> e-card sollten zumindest die Adresse und <strong>der</strong> aktuelle<br />
43 Dienstgeber vermerkt sein sowie weitere Basisinformationen, die den Chip rechtfertigen <strong>der</strong><br />
44 drauf ist.<br />
45 e-Abrechnung<br />
46 Die e-Abrechnung finde ich praktisch. Das ist früher sehr aufwändig gewesen und jetzt<br />
47 drückt man auf einen Knopf und kann das dann über DAME übermitteln.<br />
48 DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung<br />
49 geht relativ einfach<br />
50 e-Arztbrief / e-Befundbericht<br />
51 schätze ich auf <strong>der</strong> einen Seite, da man die Briefe doch etwas früher bekommt. Auf <strong>der</strong><br />
52 an<strong>der</strong>en Seite finde ich, dass man sich früher mehr Gedanken über den Umfang gemacht<br />
53 hat. Auf Papier hat man die Arztbriefe auf das Wesentliche komprimiert und jetzt hat man das<br />
54 Gefühl am Ende des Tages, wenn <strong>der</strong> nach H<strong>aus</strong>e geht, drückt man auf einen Knopf und<br />
55 summiert einfach alles, was an EDV-Daten vorhanden ist und dieses ganze Paket wird<br />
56 relativ unkritisch und ungeordnet übersendet. Man kann sich dann seitenweise<br />
57 durchkämpfen, um an wenige wichtige Informationen zu kommen. Das sehe ich wie<strong>der</strong> als<br />
58 Nachteil.<br />
59 e-Pflegebegleitschreiben<br />
60 kenne ich vom Altersheim her, finde ich nicht schlecht, ich selber mache es nicht, weil ich<br />
61<br />
meine Patienten nicht pflege, ich bin Arzt.<br />
160
Anhang<br />
62 e-Laborbefund<br />
63 klappt am allerbesten, weil die Großlabors natürlich <strong>von</strong> Anfang an in <strong>der</strong> EDV stark waren<br />
64 und eine gute S<strong>of</strong>tware entwickelt haben.<br />
65 e-AUM (Arbeitsunfähigkeitsmeldung)<br />
66 Hier war ich einer <strong>der</strong> Ersten, <strong>der</strong> das online gemacht hat, das finde ich praktisch, vor allem<br />
67 auch für die Versicherung, weil mir diese Funktion eigentlich nicht hilft.<br />
68 ABS (Arzneimittelbewilligungsservice)<br />
69 hat sich bei uns durch Wegfall <strong>der</strong> Chefarztpflicht relativiert.<br />
70 e-Impfpass<br />
71 Den e-Impfpass kenne ich nicht.<br />
72 e-Überweisung / e-Zuweisung / e-Einweisung<br />
73 funktioniert mit den Spitälern noch nicht.<br />
74 ELGA<br />
75 ELGA in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit geplanten Form bekämpfen wir gerade – sage ich jetzt als<br />
76 Standespolitiker.<br />
77 e-Medikation<br />
78 gen<strong>aus</strong>o<br />
79 e-Radiologie<br />
80 Ich bekomme vom Radiologen meine Befunde übertragen und manchmal kommt ein Patient<br />
81 mit einer Bildplatte, die ich aber auch nicht einlege, son<strong>der</strong>n sage: „heben Sie sie auf“.<br />
82 e-Mutter-Kind-Pass<br />
83 gibt es noch nicht und bringt auch nichts. Ich habe schon ein paarmal angeregt, man müsste<br />
84 Klebeetiketten <strong>aus</strong>drucken können, die man in den bestehenden MUKIPA einklebt. Das gibt<br />
85 es aber auch noch nicht.<br />
86 e-Leistungsbericht<br />
87 kenne ich nicht.<br />
88 e-Terminmanagement<br />
89 Ich mache Termine nur für MUKIPA, für Vorsorge- und Führerscheinuntersuchung. Alles<br />
90 an<strong>der</strong>e ist bei einem Allgemeinmediziner nicht so gefragt, weil die Leute einfach<br />
91 drankommen wollen. Übergreifend mit an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> mache ich das nicht elektronisch<br />
92 son<strong>der</strong>n telefonisch.<br />
93 e-Notfallsdaten (Patient Summary)<br />
94 Ich habe ein paar wenige Informationen bei mir patientenbezogen im APIS gespeichert.<br />
95 Beispielsweise wenn jemand eine Penicillin Allergie hat o<strong>der</strong> auch Wünsche wie „will im<br />
96 Ernstfall nicht künstlich lebensverlängert werden“. Das ist aber noch kein echtes<br />
97 Notfallsdaten-Service. Nützlich wäre ein Vermerk auf <strong>der</strong> e-card.<br />
98 e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring)<br />
99 Wenn uns Patienten einfach was schicken dürften, würde das für uns einen zeitlichen<br />
100 Mehraufwand bedeuten. Es stellt sich allerdings auch die Rechtsfrage: muss ich das zur<br />
101 Kenntnis nehmen, muss o<strong>der</strong> kann ich das berücksichtigen, muss o<strong>der</strong> darf ich es lesen,<br />
102 usw. Das würde rechtlich durch<strong>aus</strong> abgeklärt gehören.<br />
103 Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen<br />
104 Das ist eher für Patienten gedacht – wäre ok.<br />
105 Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs<br />
106 Wir sind Ärzte, keine Gesundheitsdienstanbieter. Da haben wir ein gewisses präpotentes<br />
107 Selbstverständnis. Ich möchte nicht subsumiert werden, und wie sich die an<strong>der</strong>en nennen,<br />
108 ist <strong>der</strong>en Sache, da wollen wir uns nicht einmischen. Ein solches Leistungsverzeichnis wäre<br />
109 sicher nützlich, vor<strong>aus</strong>gesetzt es ist auch aktuell.<br />
110 Autor:<br />
111 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbieter<br />
112 (GDA)?<br />
113 Interviewpartner 3:<br />
114 Man arbeitet gerne mit <strong>Ärzten</strong> zusammen, wo das eh schon immer funktioniert hat. Der, <strong>der</strong><br />
115 mir früher in kurzer Zeit einen schönen Bericht mit <strong>der</strong> Post geschickt hat, <strong>der</strong> schickt ihn mir<br />
116 jetzt auch elektronisch verlässlich. Die, die schlecht kommunizieren, steuert man mit<br />
117 Patienten weniger an.<br />
118 Autor:<br />
119 Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen?<br />
120 Interviewpartner 3:<br />
121 Ja, auf jeden Fall. Ich würde es schon gut finden, wenn gewisse Mindeststandards in <strong>der</strong><br />
122 Befundübermittlung dann eingehalten werden würden, das wäre durch<strong>aus</strong> wünschenswert.<br />
123 Autor:<br />
124 Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
125 Interviewpartner 3:<br />
126 Ja, wir haben uns da gefunden. Für echte Kernzeiten, wo ich das Gefühl habe, ich würde<br />
127<br />
Kollegen überfor<strong>der</strong>n, nehme ich mir einen Vertreter. Für den normalen Urlaub, dem ich auch<br />
161
Anhang<br />
128 meinem Personal gewähren muss, spreche ich mich im Sprengel mit den Kollegen ab und<br />
129 das klappt eigentlich ganz gut, weil wir immer schauen, dass mindestens zwei <strong>von</strong> fünf<br />
130 Kollegen da sind.<br />
131 Autor:<br />
132 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihre Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
133 zufrieden?<br />
134 Interviewpartner 3:<br />
135 Ja, es gäbe schon noch Verbesserungen, aber die Benutzerfreundlichkeit ist im<br />
136 Wesentlichen schon gegeben.<br />
137 Autor:<br />
138 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
139 haben?<br />
140 Interviewpartner 3:<br />
141 Nein, erfüllen sie nicht. Wo meine Erwartung überhaupt nicht erfüllt ist, ist, dass nicht einmal<br />
142 die Daten <strong>der</strong> Kollegenschaft regelmäßig gewartet werden. zB ist ein nie<strong>der</strong>gelassener<br />
143 Gynäkologe vor zwei Jahren verstorben und seine Tochter hat schon vor über zwei Jahren<br />
144 die Praxis übernommen. Hier hat die Fa. Compugroup, <strong>der</strong> ich monatlich immerhin ca. €<br />
145 200,00 für Wartung bezahle, es nicht geschafft, die Daten <strong>aus</strong>zut<strong>aus</strong>chen. O<strong>der</strong> bis vor<br />
146 wenigen Jahren war das UKH noch immer auf <strong>der</strong> Blumau, da war es aber schon lange am<br />
147 neuen Standort in <strong>der</strong> Garnisonstraße, etc. Sie hinken mit <strong>der</strong> Wartung einfach hinten nach.<br />
148 Das nächste ist, wir bezahlen viel Geld dafür, dass u.a. monatlich die Arzneimittelliste<br />
149 regelmäßig gewartet wird. Der Hauptverband nimmt es sich her<strong>aus</strong>, jeden Monat wie<strong>der</strong><br />
150 irgendetwas <strong>aus</strong>zuwechseln. Früher war das halbjährlich o<strong>der</strong> vierteljährlich und jetzt macht<br />
151 man das monatlich, weil es ja über die EDV eh so praktisch ist. Dafür aber erfahren wir nicht,<br />
152 wenn ganz wesentliche Notfallpräparate wie zB blutdrucksenkende Tropfen, <strong>von</strong> heute auf<br />
153 morgen durch den Großhandel nicht mehr lieferbar sind und wir dann über die Apotheken<br />
154 und über die Patienten erfahren, „Herr Doktor das habe ich nicht mehr bekommen“. Das<br />
155 dürfte bei einer EDV, die monatlich aktualisiert wird, nicht passieren. Wenn zB heute die<br />
156 Grippesaison <strong>aus</strong>gerufen wird, warum muss ich das durch ein Schreiben durch die<br />
157 Gebietskrankenkasse erfahren o<strong>der</strong> zufällig in Ö3 hören. Warum kann das nicht ins Netz<br />
158 eingespielt werden, zB in <strong>der</strong> Früh mit einem Balken: „Achtung, ab s<strong>of</strong>ort kann Tamiflu<br />
159 abgegeben werden“ o<strong>der</strong> solche Dinge. Ich finde, da sind wir noch weit hinten.<br />
160 Autor:<br />
161 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind? (unberechtigter<br />
162 Zugriff, unberechtigte Verän<strong>der</strong>ung und Löschung, Vollständigkeit, Beweisbarkeit <strong>der</strong><br />
163 Herkunft)<br />
164 Interviewpartner 3:<br />
165 Ich kann es zu wenig beurteilen. Die Herkunft <strong>der</strong> Daten ist bei mir klar, gespeichert ist nur,<br />
166 was ich selbst eingebe, was ich <strong>von</strong> Kollegen übermittelt bekomme und was ich als<br />
167 Arztbriefe geschickt bekomme o<strong>der</strong> eingescannt habe. Das kann ich sicher nachvollziehen.<br />
168 Vollständig sind Patientendaten nie, weil nicht einmal die Patienten selber wissen, was sie<br />
169 alles schon hinter sich haben, weil <strong>der</strong> Mensch wie<strong>der</strong> viel vergisst. Wie <strong>der</strong> Zugriff geschützt<br />
170 ist, das kann ich nicht beurteilen. Wenn ich immer höre, was international alles gehackt wird,<br />
171 und dass geschickte Computerfreaks sogar ins Pentagon eingedrungen sind und<br />
172 irgendwelche NATO-Daten abgefragt haben – da dürfte unsere Praxiss<strong>of</strong>tware nicht wirklich<br />
173 ein Hin<strong>der</strong>nis sein für einen Pr<strong>of</strong>i.<br />
174 Autor:<br />
175 Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
176 Interviewpartner 3:<br />
177 Über die e-<strong>Health</strong>-Funktionen wird ja regelmäßig diskutiert. Ins<strong>of</strong>ern bin ich als<br />
178 Standesvertreter gut informiert. Was im Einzelnen schon in <strong>der</strong> Praxiss<strong>of</strong>tware umgesetzt ist<br />
179 und für uns attraktiv wäre, da bin ich sicher nicht bei den ersten, die das umsetzen wollen.<br />
180 Da halte ich mich zurück und schaue erst einmal, wie sich die Dinge entwickeln.<br />
181 Autor:<br />
182 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
183 Interviewpartner 3:<br />
184 Ich werde informiert <strong>von</strong> <strong>der</strong> Firma Compugroup, die immer wie<strong>der</strong> Aussendungen macht,<br />
185 was es noch alles gäbe. Allerdings zu unverschämten Preisen und Wartungsgebühren. Da<br />
186 bin ich schon am Limit mit meiner Zahlungsfreudigkeit, dass ich sicher nur Sachen einspielen<br />
187 werde, <strong>von</strong> denen ich überzeugt bin, dass es ein must-have ist und das erfährt man ja dann<br />
188 auch über Kollegen. Wenn sonst etwas politisch angedacht ist, erfahre ich das natürlich über<br />
189 die Ärztekammer.<br />
190 Autor:<br />
191 Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
192<br />
Interviewpartner 3:<br />
162
Anhang<br />
193 Ich möchte mehr Informationen vielleicht noch <strong>von</strong> meinem Krankenversicherungsträger, <strong>von</strong><br />
194 <strong>der</strong> Gebietskrankenkasse, weil ich finde, dass die selbst untereinan<strong>der</strong> auch noch nicht so<br />
195 vernetzt sind, wie sie sein sollten und somit auch einmal einen bremsenden Effekt auf die<br />
196 EDV-Wirtschaft <strong>aus</strong>üben könnten in <strong>der</strong> Weiterentwicklung. Aber ich habe diesbzgl. einmal<br />
197 ein interessantes Gespräch mit Bundesminister Stöger geführt und <strong>der</strong> hat eigentlich den<br />
198 Schwarzen Peter <strong>der</strong> Österreichischen Ärztekammer weitergegeben und hat gemeint, dass<br />
199 <strong>von</strong> <strong>der</strong>en EDV-Referat zu wenig Innovationen kommen. Und da muss ich ihm ehrlich gesagt<br />
200 sogar zum Teil Recht geben. Ich bin auch <strong>der</strong> Meinung, dass es da Defizite gibt.<br />
201 Autor:<br />
202 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Ist <strong>der</strong><br />
203 Support zufriedenstellend?<br />
204 Interviewpartner 3:<br />
205 Mit meinem System insgesamt bin ich zufrieden. Unzufrieden bin ich mit dem Support - ich<br />
206 will nicht blöde Telefonate führen, bis endlich bei <strong>of</strong>fensichtlichen Defekten ein Techniker<br />
207 kommt. Aber man muss teilweise schon ein bisschen überdeutlich werden.<br />
208 Autor:<br />
209 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong>-Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
210 angefragt würden?<br />
211 Interviewpartner 3:<br />
212 Jein. Wenn konkret angefragt wird ja, weil es sicher etwas interessantes ist. Es müssten aber<br />
213 auch weitere e-<strong>Health</strong> Anwendungen mit einer Honorarsteigerung verbunden sein. Es kann<br />
214 nicht sein, dass wir noch mehr Service bieten, weil wir uns eigentlich bei <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen<br />
215 Struktur <strong>von</strong> unserem Angebot her <strong>aus</strong>gereizt fühlen.<br />
216 Autor:<br />
217 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
218 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
219 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
220 Interviewpartner 3:<br />
221 Empfehlung ist mir zu wenig. Es müsste nützlich sein, einen Sinn ergeben und sich lohnen<br />
222 bei <strong>der</strong> Behandlung des Patienten<br />
223 Autor:<br />
224 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
225 Interviewpartner 3:<br />
226 Ja. Was über das Normale hin<strong>aus</strong>geht, ist, glaube ich meine persönliche Zuwendung. Dass<br />
227 ich Patienten wirklich weitervermittle an Ärzte meines Vertrauens, mit denen ich dann auch<br />
228 persönlich über den Patienten spreche o<strong>der</strong> den Patienten in einer Art und Weise<br />
229 weitervermittle, die über das reine geschäftliche Ausfüllen eines Zuweisungsscheines<br />
230 hin<strong>aus</strong>geht. Das ärztliche Gespräch ist teilweise auch über dem, was in einer Praxis<br />
231 Mindeststandard ist.<br />
232 Autor:<br />
233 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
234 können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
235 Interviewpartner 3:<br />
236 Das glaube ich nicht, weil nach wie vor <strong>der</strong> direkte Kontakt zum Patienten das<br />
237 Entscheidende ist und ich habe auch mit <strong>der</strong> Kartei gut gearbeitet und es ist mir nichts<br />
238 Wesentliches „durch die Lappen gegangen“. Ich sage heute noch ab und zu provokant,<br />
239 „wenn ich sehr geärgert werde, stelle ich wie<strong>der</strong> auf Kartei um“. Ich täte es eh nicht, aber ich<br />
240 glaube dass e-<strong>Health</strong> ein bisschen überbewertet wird.<br />
241 Autor:<br />
242 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
243 Interviewpartner 3:<br />
244 Ich glaube, ich muss es für bedeutsam halten. e-<strong>Health</strong> ist insgesamt ein umfassendes<br />
245 System, in dem <strong>der</strong> Arzt als wesentlicher Player im Gesundheitssystem integriert ist. Es geht<br />
246 halt nicht mehr ohne.<br />
247 Autor:<br />
248 Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
249 Interviewpartner 3:<br />
250 Ja! Es wäre natürlich wie<strong>der</strong> mit mehr Zeitaufwand verbunden aber grundsätzlich kann ich es<br />
251 mir vorstellen.<br />
252 Autor:<br />
253 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
254 Funktionen zwingend anwenden?<br />
255 Interviewpartner 3:<br />
256 Es ist so, dass Ärzte überhaupt mit Zwängen so ihre Probleme haben. Allem was einem<br />
257 übergestülpt wird, steht man <strong>von</strong> vornherein kritisch gegenüber. Wenn man das Gefühl hat,<br />
258<br />
dass es wirklich Sinn macht und dass sich alle an dieselben Spielregeln halten, mag ja<br />
163
Anhang<br />
259 manches eh Zukunft haben, aber dann müssen wirklich alle zusammenspielen. Ich kann<br />
260 nicht auf <strong>der</strong> einen Seite sagen wir machen jetzt alles mit elektronischer Speicherung und<br />
261 an<strong>der</strong>erseits darf ein Patient sagen: „aber ich mag das nicht o<strong>der</strong> ich mag nur, dass <strong>von</strong> zehn<br />
262 Daten fünf gespeichert werden“. Dieses Opt-out halte ich für schlecht, weil das so ein<br />
263 System unterläuft. Entwe<strong>der</strong> mache ich es für alle und alle gehorchen denselben Spielregeln<br />
264 o<strong>der</strong> nicht. Natürlich muss ich, wenn es alle machen, mit den Daten noch viel sensibler<br />
265 umgehen, weil es wahrscheinlich nicht jedem recht ist, wenn <strong>der</strong> Nachbar hacken kann, dass<br />
266 man Viagra nimmt o<strong>der</strong> am Abend ein Beruhigungsmittel einnimmt, weil man sonst sein<br />
267 Leben nicht mehr meistern kann. Das sind sensible Daten mit denen man nicht streng genug<br />
268 umgehen kann.<br />
269 Autor:<br />
270 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten?<br />
271 Interviewpartner 3:<br />
272 Nein!<br />
273 Autor:<br />
274 Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am Computer und im Internet?<br />
275 Interviewpartner 3:<br />
276 Nein! Ich bin gezwungenermaßen im Internet, weil ich als Kammerfunktionär sehr viele<br />
277 Informationen per E-Mail bekomme und Akten elektronisch signieren muss.<br />
278 Autor:<br />
279 Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren am Computer gerne etwas<br />
280 <strong>aus</strong>?<br />
281 Interviewpartner 3:<br />
282 Nein!<br />
283 Autor:<br />
284 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
285 stellt?<br />
286 Interviewpartner 3:<br />
287 Derzeit sicher nicht. Ich müsste mit den Aufgaben wachsen.<br />
288 Autor:<br />
289 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
290 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten?<br />
291 Interviewpartner 3:<br />
292 Nein, dazu bin ich am EDV-Sektor viel zu wenig bewan<strong>der</strong>t. Da kann man sicher keine<br />
293 Themenführerschaft <strong>von</strong> mir erwarten. Meine Qualitäten liegen auf an<strong>der</strong>en Gebieten.<br />
294 Autor:<br />
295 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
296 zu werden?<br />
297 Interviewpartner 3:<br />
298 Ich könnte mir vorstellen, eingebunden zu werden in Fragen bzgl. Entwicklungen, was<br />
299 unmittelbar gut ist für den Praxisalltag. Die Akzeptanz <strong>von</strong> fertigen S<strong>of</strong>twarepaketen wäre<br />
300 sicher etwas größer, wenn man das Gefühl hätte, man könnte mitreden.<br />
301 Autor:<br />
302 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw. selbst bei <strong>der</strong><br />
303 Entwicklung mitarbeiten?<br />
304 Interviewpartner 3:<br />
305 Ja, weil mir das alleine schon durch die Kammer immer wie<strong>der</strong> angeboten wurde – natürlich<br />
306 in beschränktem Umfang, es darf nicht zu viel sein, dass es den Praxisalltag stört.<br />
307 Verschiedene Funktionen <strong>aus</strong>zuprobieren könnte ich mir gut vorstellen.<br />
308 Autor:<br />
309 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
310 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
311 Interviewpartner 3:<br />
312 Ich glaube, dass die Administration nicht leichter o<strong>der</strong> weniger wird. Insgesamt nimmt die<br />
313 Datenflut rapide zu, sodass ein erheblicher Mehraufwand für die Behandlung <strong>der</strong> Patienten<br />
314 entsteht.<br />
315 Autor:<br />
316 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw. im<br />
317 Gesundheitssystem generell?<br />
318 Interviewpartner 3:<br />
319 Nein, überhaupt nicht. Ich glaube, dass mehr e-<strong>Health</strong> mehr kostet und dass das auch ganz<br />
320 bewusst <strong>von</strong> <strong>der</strong> EDV-Lobby angekurbelt wird, weil die wissen, wie viel Geld da dahinter<br />
321 steckt.<br />
322<br />
Autor:<br />
164
Anhang<br />
323 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
324 Funktionalitäten? Online-Terminvereinbarung, e-Medikation, e-Impfpass mit<br />
325 Erinnerungsfunktion, weniger Untersuchungen, ..?<br />
326 Interviewpartner 3:<br />
327 Ich glaube, dass die Patienten mehr Untersuchungen brauchen, weil sie eh zu wenig zum<br />
328 Arzt gehen. Erinnerungsfunktionen wären nicht schlecht, die würde ich begrüßen. e-<br />
329 Terminmanagement halte ich für überzogen, weil da eher ein Chaos entsteht. Und je mehr<br />
330 Termine man Patienten anbietet, desto mehr verschieben sie sie. e-<strong>Health</strong> mag im einen<br />
331 o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Fall eine Unterstützung sein, in erster Linie ist es aber eine Kostensteigerung.<br />
332 Kosten, die wir selbst tragen müssen und Kosten die dem Gesundheitssystem entzogen<br />
333 werden. Wenn wir höhere Ausgaben für Administration und EDV haben, sind für an<strong>der</strong>e<br />
334 Leistungen weniger Geldmittel vorhanden und die Qualität <strong>der</strong> Behandlung würde darunter<br />
335 leiden.<br />
336 Autor:<br />
337 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
338 Interviewpartner 3:<br />
339 Der Gesetzgeber ist ins<strong>of</strong>ern glaube ich gut beraten, wenn er bei e-<strong>Health</strong> Entscheidungen<br />
340 vorher eine Arbeitsgruppe bildet, wo wirklich alle Player des Gesundheitssystems<br />
341 gemeinsam am Tisch sitzen. Da haben wir <strong>der</strong>zeit <strong>aus</strong> standespolitischer <strong>Sicht</strong> das Gefühl,<br />
342 dass man uns Ärztekammer-Funktionäre <strong>aus</strong>blendet.<br />
343 Autor:<br />
344 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
345 Interviewpartner 3:<br />
346 Das will er gerne, aber wir werden uns sicher dagegen wehren. Wir haben bereits viele<br />
347 Verpflichtungen umgesetzt wie Weiterbildungen, Standards in den Büros, usw. Nur bei den<br />
348 <strong>Ärzten</strong> glaubt man immer, man könne uns alles „aufs Auge drücken“. Wir haben eh schon so<br />
349 viele Verpflichtungen, was wir alles haben und machen müssen, wir werden uns hier sicher<br />
350 eher vor weiteren Verpflichtungen zur Wehr setzen.<br />
351 Autor:<br />
352 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
353 verän<strong>der</strong>n?<br />
354 Interviewpartner 3:<br />
355 Ja, ich glaube schon. Ich glaube, dass <strong>der</strong> individuelle Spielraum immer geringer werden<br />
356 wird. Das ist nicht zuletzt auch eine philosophische Frage, ob man den Arztberuf noch im<br />
357 Sinne eines Heilers sieht, wobei Heilen eine Kunst ist, o<strong>der</strong> ob man den Arzt als jemanden<br />
358 sieht, <strong>der</strong> einfach Behandlungspfade nachvollzieht, <strong>der</strong> ‚state <strong>of</strong> the art‘ handelt. Da wird die<br />
359 individuelle Wesensart immer mehr unterdrückt. Das mag auf <strong>der</strong> einen Seite Vorteile haben<br />
360 in gewissen Behandlungsstandards, lässt aber auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite auch für Kunst,<br />
361 Kreativität und Einfühlungsvermögen keinen Platz.<br />
362 Autor:<br />
363 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
364 Interviewpartner 3:<br />
365 Nein! Ich finde, dass da eine strenge Hierarchie sein soll. Nichts gegen an<strong>der</strong>e Anbieter, aber<br />
366 zB eine einfache Krankenschwester, die Hilfsdienste vollbringt, die sicher am Patienten<br />
367 wichtig sind, wird <strong>von</strong> ihrer Ausbildung her mit Informationen nichts anfangen können, die ein<br />
368 Arzt als wichtig erachtet.<br />
369 Autor:<br />
370 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
371 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
372 Kosten, )<br />
373 Interviewpartner 3:<br />
374 In <strong>der</strong> Vernetzung <strong>der</strong> Ärzte untereinan<strong>der</strong> und in <strong>der</strong> Zeit sehe ich Potenzial. Kosten werden<br />
375 steigen, und ob es dem Patienten so viel bringt, wage ich auch zu bezweifeln.<br />
376 Autor:<br />
377 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
378 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
379 Interviewpartner 3:<br />
380 Fällt mir so auf die Schnelle nichts ein.<br />
381 Autor:<br />
382<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
165
8.3.4 Interviewpartner 4<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 4:<br />
4 An meinen Ärger mit dem Hauptverband. e-<strong>Health</strong> ist ein mo<strong>der</strong>ner, zeitgemäßer Zugang zur<br />
5 Gesundheit und Medizin, wo man meiner Meinung nach die Erwartungen schon überzieht.<br />
6 Autor:<br />
7 Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
8 und die Gesellschaft allgemein?<br />
9 Interviewpartner 4:<br />
10 Ich könnte mir meine Arbeit ohne aktuellen Computer nicht vorstellen. Ich glaube, dass man<br />
11 teilweise in <strong>der</strong> Gesellschaft zu wenig kritisch ist, was diese Dinge betrifft. Ich war aber<br />
12 immer einer, <strong>der</strong> am aktuellen Stand <strong>der</strong> Technik ist und habe daher auch viel investiert.<br />
13 Autor:<br />
14 Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit Ihrer APIS?<br />
15 Interviewpartner 4:<br />
16 Ich arbeite, denke ich, 15 Jahre mit <strong>der</strong> EDV, jeden Tag. Ich habe einen Firmenwechsel<br />
17 durchgemacht, habe <strong>von</strong> <strong>der</strong> Hardware die vierte o<strong>der</strong> fünfte Generation, was nicht gut ist –<br />
18 war enormes Geld. Ich bin teilweise in <strong>der</strong> Entwicklung <strong>von</strong> Programmen eingebaut<br />
19 gewesen. Ich war in manchen Sachen auch in <strong>der</strong> Entwicklung <strong>von</strong> Folgeprodukten<br />
20 eingebunden, sehe das also durch<strong>aus</strong> positiv. Ich möchte aber sagen: ich möchte mir das<br />
21 eigentlich als Hilfsmittel bewahren und nicht <strong>von</strong> oben her etwas aufdrücken lassen, was ich<br />
22 nicht für sinnvoll und gut halte.<br />
23 Autor:<br />
24 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
25 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese? Wie bekannt sind Ihnen die<br />
26 an<strong>der</strong>en?<br />
27 Interviewpartner 4:<br />
28 Ich nenne einmal die, die ich kenne und nutze - e-card, e-Abrechnung, DFÜ, e-Arztbrief, e-<br />
29 Pflegebegleitschreiben, e-Laborbefund, e-AUM, ABS, dieses muss ich nur ganz wenig<br />
30 nutzen. Damit bin ich zufrieden und sind auch nützlich.<br />
31 Den e-Impfpass kenne ich nicht und verwende ich auch nicht.<br />
32 Die e-Einweisung habe ich in einem kleinen Pilotprojekt schon zweimal kennengelernt und<br />
33 versucht. Würde ich für sinnvoll halten.<br />
34 ELGA kenne ich in <strong>der</strong> mir bekannten Form zu wenig. Ich halte die jetzt bekannte Form nicht<br />
35 für gut.<br />
36 e-Medikation habe ich <strong>aus</strong>probiert, ist in <strong>der</strong> vorgestellten Form völlig ungeeignet, weil es<br />
37 den Praxisablauf enorm behin<strong>der</strong>t.<br />
38 e-Radiologie, e-Mutter-Kind-Pass, e-Leistungsbericht, e-Terminmanagement, e-Notfallsdaten<br />
39 (Patient Summary), e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring) kenne ich alle nicht.<br />
40 Das Öffentliche Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen ist,<br />
41 nehme ich an, ein Patientenportal. Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs:<br />
42 da stört mich <strong>der</strong> Begriff GDA, ich bin Arzt.<br />
43 Autor:<br />
44 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong>?<br />
45 Interviewpartner 4:<br />
46 Sehr zufrieden. Ich bekomme fast alle Befunde <strong>von</strong> Facharztkollegen und <strong>von</strong><br />
47 Krankenhäusern in elektronischer Form und bin froh, dass das so ist.<br />
48 Autor:<br />
49 Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen?<br />
50 Interviewpartner 4:<br />
51 Ich kann es nicht noch mehr nutzen, weil es praktisch schon gegen 100 % geht. Ich<br />
52 bekomme fast keine Papierbefunde mehr.<br />
53 Autor:<br />
54 Wie nützlich finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch?<br />
55 Interviewpartner 4:<br />
56 Absolut nützlich!<br />
57 Autor:<br />
58 Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
59 Interviewpartner 4:<br />
60 Ja, und zwar ist das ganz einfach – wir sind ca 30 Praktiker in Wels und vertreten uns<br />
61<br />
untereinan<strong>der</strong> seit jeher, das hat viele Jahrzehnte Tradition. In unserer eigenen Ordination<br />
166
Anhang<br />
62 betreuen wir die Patienten des Kollegen. Ich bin momentan zB vertretend tätig für drei<br />
63 Ärztinnen und Ärzte.<br />
64 Autor:<br />
65 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
66 zufrieden? Was könnte man verbessern?<br />
67 Interviewpartner 4:<br />
68 Ja, ich bin an sich sehr zufrieden damit. Verbessern kann man laufend. Ich habe mir bewusst<br />
69 beim Umstieg auf die neue Firma eigentlich die <strong>aus</strong>gesucht, die mir am meisten entsprochen<br />
70 hat, obwohl ich schon sieben Jahre Erfahrung mit einem an<strong>der</strong>en Produkt hatte. Ich bin mit<br />
71 meinem S<strong>of</strong>tware-Anbieter sehr zufrieden.<br />
72 Autor:<br />
73 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
74 haben?<br />
75 Interviewpartner 4:<br />
76 Ja, die ich jetzt verwende sind alle gut und ich möchte sie auch nicht mehr missen.<br />
77 Autor:<br />
78 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
79 Interviewpartner 4:<br />
80 Ich denke ja, dass alles was meine elektronische Kartei ist, <strong>aus</strong>reichend geschützt ist. Ob ein<br />
81 Hacker, <strong>der</strong> da interessiert wäre, hinein käme, das kann ich mir natürlich vorstellen.<br />
82 Nachdem ich ja nicht ständig online bin, ist es wahrscheinlich nicht so einfach, aber<br />
83 unmöglich ist wahrscheinlich nichts, wenn wirklich ein dringendes Hacker-Interesse besteht.<br />
84 Aber ich denke, so wichtige Daten habe ich nicht, dass das relevant wäre.<br />
85 Autor:<br />
86 Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
87 Interviewpartner 4:<br />
88 Die ich verwende kenne ich perfekt, die ich versucht habe, habe ich kennengelernt. Die<br />
89 „Jubelveranstaltungen“ des Hauptverbandes und <strong>der</strong> SVC sind eigentlich teilweise schwer<br />
90 <strong>aus</strong>zuhalten, das sind reine „Waschmittelwerbungsprodukte“ <strong>der</strong> Firmen und da wird mit<br />
91 Luftblasen <strong>von</strong> Leuten, die eigentlich keine Ahnung <strong>von</strong> <strong>der</strong> Wirklichkeit haben, positiv<br />
92 gesprochen. Das ist mir eigentlich zu werbemäßig.<br />
93 Autor:<br />
94 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
95 Interviewpartner 4:<br />
96 Bei mir war es meine Tätigkeit als Kammerfunktionär. Vor <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong><br />
97 Funktionen ist es ja unvermeidbar, dass man ein bisschen aufmerksam ist und auch <strong>von</strong> den<br />
98 Medien die Informationen bekommt, die man braucht.<br />
99 Autor:<br />
100 Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
101 Interviewpartner 4:<br />
102 Von den jeweils Beteiligten. Ich möchte jetzt zB wissen, wie unsere Erfahrungen <strong>aus</strong> <strong>der</strong> e-<br />
103 Medikation, die wir sehr gut und gründlich dargelegt haben, Einfluss finden in die<br />
104 Weiterentwicklung dieses Projekts. Da herrscht Schweigen im Walde, da hört man absolut<br />
105 gar nichts und die <strong>of</strong>fiziellen Jubelmeldungen sind sicher falsch und getürkt! Und ich würde<br />
106 mir wünschen, dass man <strong>aus</strong> einem Pilotprojekt was lernt und das so benutzt, wie es<br />
107 eigentlich sein soll. Ein Pilotprojekt soll ja eine Weiterentwicklung ermöglichen.<br />
108 Autor:<br />
109 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Ist <strong>der</strong><br />
110 Support zufriedenstellend?<br />
111 Interviewpartner 4:<br />
112 Ich bin mit <strong>der</strong> ehemaligen Firma Gruber nach wie vor sehr zufriedenen - ob das teilweise mit<br />
113 meiner Mithilfe bei Entwicklungen zusammenhängt, dass es dadurch beson<strong>der</strong>s gut ist, weiß<br />
114 ich nicht. Man wird bei Anfragen nicht im luftleeren Raum hängen gelassen, es gibt eine<br />
115 online-Direktverbindung, ein online-Service wenn es notwendig ist. Der Support ist sehr<br />
116 zufriedenstellend.<br />
117 Autor:<br />
118 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong>-Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
119 angefragt würden?<br />
120 Interviewpartner 4:<br />
121 Nein!<br />
122 Autor:<br />
123 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
124 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
125 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
126<br />
Interviewpartner 4:<br />
167
Anhang<br />
127 Ich würde mir das anschauen und wenn ich glaube, dass das für mich ein nützliches Tool ist,<br />
128 würde ich es verwenden.<br />
129 Autor:<br />
130 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
131 Interviewpartner 4:<br />
132 Ich denke nein.<br />
133 Autor:<br />
134 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
135 können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
136 Interviewpartner 4:<br />
137 Mit dem, was ich jetzt verwende, glaube ich, kann ich ein guter Arzt sein. Ich bin sehr<br />
138 skeptisch, ob neue Dinge in <strong>der</strong> bisher vorgestellten Form das verbessern könnten. Ich<br />
139 würde mir zB schon wünschen, dass ich im Bedarfsfall auf Befunde zurückgreifen kann. In<br />
140 <strong>der</strong> jetzigen Art einer Zwangsbeglückung mit einer Datenflut fürchte ich allerdings, dass wir<br />
141 mehr behin<strong>der</strong>t werden, als wir Hilfe haben.<br />
142 Autor:<br />
143 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
144 Interviewpartner 4:<br />
145 Ja, freilich.<br />
146 Autor:<br />
147 Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
148 Interviewpartner 4:<br />
149 Nein, absolut nicht, wäre eine Katastrophe<br />
150 Autor:<br />
151 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
152 Funktionen zwingend anwenden?<br />
153 Interviewpartner 4:<br />
154 Wenn ich <strong>von</strong> etwas überzeugt bin, dass es gut ist für meine Arbeit, dann werde ich es<br />
155 verwenden - dann bin ich auch bereit, etwas dazu zu zahlen. Wenn mir etwas gegen meinen<br />
156 Willen und gegen meine Überzeugung und Berufserfahrung aufgedrückt wird, weil irgendwer<br />
157 an<strong>der</strong>er etwas will, dann bin ich eigentlich strikt dagegen.<br />
158 Autor:<br />
159 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten?<br />
160 Interviewpartner 4:<br />
161 Ich bin gezwungen dazu, mindestens fünf Stunden pro Tag am Computer zu arbeiten,<br />
162 deshalb arbeite ich in <strong>der</strong> Freizeit möglichst wenig damit.<br />
163 Autor:<br />
164 Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren am Computer gerne etwas<br />
165 <strong>aus</strong>?<br />
166 Interviewpartner 4:<br />
167 Ja.<br />
168 Autor:<br />
169 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
170 stellt?<br />
171 Interviewpartner 4:<br />
172 Ja.<br />
173 Autor:<br />
174 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
175 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten / eingeflossen sind?<br />
176 Interviewpartner 4:<br />
177 Ich würde mir wünschen, dass dem so wäre. Ich glaube, dass man ohne echte Erfahrungen<br />
178 keine sinnvolle Weiterentwicklung machen kann. Ich fürchte, dass es zu wenig geschieht,<br />
179 dass trotzdem praxisfern entwickelt und programmiert wird und man dann ex-post wie<strong>der</strong> die<br />
180 Defekte reparieren muss – wie wir es ja in <strong>der</strong> Vergangenheit erlebt haben.<br />
181 Autor:<br />
182 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
183 zu werden?<br />
184 Interviewpartner 4:<br />
185 Absolut!<br />
186 Autor:<br />
187 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw. selbst bei <strong>der</strong><br />
188 Entwicklung mitarbeiten?<br />
189 Interviewpartner 4:<br />
190 Ja, und habe ich schon. Wenn es sinnvoll ist, bin ich gerne bereit, Zeit zu investieren.<br />
191<br />
Autor:<br />
168
Anhang<br />
192 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
193 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
194 Interviewpartner 4:<br />
195 Ich bin mit dem momentanen Stand, den ich habe, eigentlich voll versorgt. Ich brauche in<br />
196 Wirklichkeit kaum mehr etwas Neues.<br />
197 Autor:<br />
198 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw. im<br />
199 Gesundheitssystem generell?<br />
200 Interviewpartner 4:<br />
201 Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, dass man nicht den Fehler machen soll, uns Dinge<br />
202 aufs Auge zu drücken, die wir nicht mitgestaltet haben, die wir uns nicht gewünscht haben<br />
203 und wir nur Kosten kriegen. Das wird zu sehr großen Wi<strong>der</strong>ständen in <strong>der</strong> Ärzteschaft führen<br />
204 und niemand will sich gerne ein Werkzeug aufzwingen lassen, mit dem er nichts anfangen<br />
205 kann.<br />
206 Autor:<br />
207 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
208 Funktionalitäten?<br />
209 Interviewpartner 4:<br />
210 Das ist denkbar - wenn es funktionsfähige und nützliche Systeme sind, die auch Sinn<br />
211 machen.<br />
212 Autor:<br />
213 Kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
214 Interviewpartner 4:<br />
215 Absolut, indem er einmal fragt, was die sogenannten Gesundheitsdienstanbieter brauchen.<br />
216 Es gibt für alle Dinge, die wir machen - angefangen bei Datenschutz, über<br />
217 Meldeverpflichtungen, wie wir abzurechnen haben, unsere Verträge mit den<br />
218 Sozialversicherungen, etc. - eine Menge Rahmengesetzgebungen. Und diese müssten halt<br />
219 auch auf unsere Bedürfnisse, Möglichkeiten und Sinnhaftigkeiten angepasst werden. Da<br />
220 könnte <strong>der</strong> Gesetzgeber sehr viel tun.<br />
221 Autor:<br />
222 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
223 Interviewpartner 4:<br />
224 Manche Sachen werden nur dann einen Sinn machen, wenn wirklich gewährleistet ist, dass<br />
225 die Patientendaten vollständig sind. Der Patient soll allerdings entscheiden können, welche<br />
226 Daten <strong>von</strong> ihm wo gespeichert sind. Was <strong>der</strong> Gesetzgeber festlegen müsste, wäre meiner<br />
227 Meinung nach: wie erkenne ich als Arzt, welche Daten unvollständig sind? Wenn das nicht<br />
228 gewährleistet ist, das habe ich auch dem Herrn Minister dezidiert mehrere Male erzählt, dann<br />
229 ist das Ganze sehr gefährlich.<br />
230 Autor:<br />
231 Was meinen Sie mit gefährlich?<br />
232 Interviewpartner 4:<br />
233 Habe ich die vollständige Information, habe ich auch die richtige Information. Es kann genau<br />
234 das, was ein Patient <strong>aus</strong> irgendeinem Grund unterdrückt hat, das Entscheidende sein. Weil<br />
235 es ihm vielleicht <strong>aus</strong> irgendeinem Grund unangenehm ist? Ich hätte mir als<br />
236 Mindestanfor<strong>der</strong>ung gewünscht, dass wir irgendeine Warnung bekommen: „Daten<br />
237 unvollständig“! Dann kann ich sagen: „ lieber Patient, du verschweigst mir etwas“ - wenn ich<br />
238 das als Basis meiner Entscheidung brauche. Das wäre auch vor Gericht im Haftungsfall ganz<br />
239 entscheidend, dass ich beweisen kann - ich habe auf unvollständige Daten zurückgreifen<br />
240 müssen und daher kann etwas passiert sein. Das wäre ganz entscheidend. Wir bekommen<br />
241 ja die Situation mit ELGA. Im Einzelfall sind wir sehr hilflos, wenn wir beim Richter stehen.<br />
242 Wenn irgendetwas passiert ist und wir hätten irgendwann irgendwo nachschauen können.<br />
243 Dann muss ich beweisen können: die Daten waren unvollständig und daher ist etwas<br />
244 passiert.<br />
245 Autor:<br />
246 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
247 Interviewpartner 4:<br />
248 Opt-In, denn wie ich meine Österreicher kenne, ist wahrscheinlich je<strong>der</strong> dabei. Und die<br />
249 Kritiker, die nicht wollen - wählen Opt-out.<br />
250 Autor:<br />
251 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
252 verän<strong>der</strong>n?<br />
253 Interviewpartner 4:<br />
254 Ja! Ich bin sicher nicht mehr in einem ungestörten Arzt-Patienten-Verhältnis son<strong>der</strong>n es sitzt<br />
255 immer ein Dritter mit drinnen.<br />
256 Autor:<br />
257<br />
D.h. in dem Fall das Gefühl <strong>der</strong> Kontrolle?<br />
169
Anhang<br />
258 Interviewpartner 4:<br />
259 Das Gefühl <strong>der</strong> Kontrolle, das Gefühl Dinge machen zu müssen, das Gefühl Daten entzogen<br />
260 zu bekommen, ohne dass ich es verhin<strong>der</strong>n kann o<strong>der</strong> ohne dass ich es merke. Ist sicher<br />
261 nicht in dem Sinn, wie ich mir meine Arbeit vorstelle. Es gibt ein Vertrauensverhältnis, eine<br />
262 Verschwiegenheitspflicht und wenn dann meine Diagnosen, meine Leistungen, meine Dinge<br />
263 die ich dokumentiere irgendwo abgezogen werden, ohne dass ich es merke, was wir ja<br />
264 schon gehabt haben und teilweise haben. Wenn ich auf einmal ein Medikament nicht<br />
265 verschreiben kann, weil es noch vorhanden sein müsste, dann ist das ein Eingriff in mein<br />
266 Arbeiten, den ich strikt ablehne.<br />
267 Autor:<br />
268 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
269 Interviewpartner 4:<br />
270 An GDAs ganz klar - Nein! An an<strong>der</strong>e Ärzte – bedingt. Ein Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit meinen<br />
271 Kollegen wäre kein Problem. Für mich ist ein Schlagwort die gerichtete Befundübermittlung:<br />
272 Das ist ganz wichtig. Ich möchte einen Brief geschickt bekommen, in mein Postfach, den ich<br />
273 mir hole und ich möchte eine Frage stellen an einen Kollegen, <strong>der</strong> sie mir beantwortet – und<br />
274 umgekehrt.<br />
275 Für Kontrollärzte, Versicherungsärzte, Betriebsärzte, etc. kommt ein Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch nur in<br />
276 Form einer notwendigen Fragestellung in Betracht, die ich gerne beantworte.<br />
277 Autor:<br />
278 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
279 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
280 Kosten, )<br />
281 Interviewpartner 4:<br />
282 Also eine Verbesserung erwarte ich vielleicht bei <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en Kollegen,<br />
283 bei den Kosten, <strong>der</strong> Zeit und Administration fürchte ich eher Verschlechterungen.<br />
284 Autor:<br />
285 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
286 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
287 Interviewpartner 4:<br />
288 Wichtig wäre mir, dass man Befunde die man <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>cht so strukturiert – ab einem Zeitpunkt<br />
289 X – dass man sie automatisiert durchsuchen kann. Dass ich mit Suchbegriffen Informationen<br />
290 bekomme. Nur so wird es sinnvoll. Heute haben wir völlig unterschiedliche<br />
291 Krankenh<strong>aus</strong>briefe, unterschiedliche Facharztbefunde, die völlig ungeeignet sind, dass man<br />
292 das gezielt durchsucht. Das ist wie ein dicker Ordner mit Zetteln, die alle verschieden<br />
293 <strong>aus</strong>sehen. ELGA und alle diese Dinge gehen nur dann, wenn es eine einheitliche Struktur<br />
294 gibt. Es muss eine Art Formular geben, das <strong>aus</strong>gefüllt wird und dem Arzt die jeweilige<br />
295 Information, den jeweiligen Datensatz darstellt und dann mit einem Automatismus, mit einer<br />
296 Suchs<strong>of</strong>tware kann ich mir das her<strong>aus</strong>suchen, was mich interessiert. Nur so kann es<br />
297 funktionieren, alles an<strong>der</strong>e ist völlig indiskutabel. Es würde dazu führen, dass man nicht<br />
298 hineinschaut, es in Kauf nimmt, bei Gericht belangt zu werden, wenn etwas passiert und es<br />
299 wird eigentlich mit irrem Aufwand am eigentlichen Ziel vorbeientwickelt. Es wird momentan<br />
300 <strong>der</strong> Computer dazu missbraucht, enorme Datenmengen anzuhäufen und dem Menschen<br />
301 wird überlassen, diese zu sichten und das ist unmöglich.<br />
302 Autor:<br />
303<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
170
8.3.5 Interviewpartner 5<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 5:<br />
4 Zuerst an mein Praxisprogramm und in zweiter Linie wohl momentan an die e-card.<br />
5 Autor:<br />
6 Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
7 und die Gesellschaft allgemein?<br />
8 Interviewpartner 5:<br />
9 Ich bin sicherlich trotz meines Alters wohl eher schon ein Internet- und Computerfreak. Ich<br />
10 habe in <strong>der</strong> Praxis seit 1991 einen Computer, die waren fast noch zum Aufziehen und ich<br />
11 mache mir auch sehr viel selber. Ich habe da schon eine sehr <strong>of</strong>fene Einstellung und es ist<br />
12 auch in vielerlei Hinsicht schon eine Unterstützung. Ich habe 1988 mit <strong>der</strong> Praxis begonnen<br />
13 und noch drei Jahre Krankenscheine händisch abgerechnet, das möchte ich nicht mehr.<br />
14 Autor:<br />
15 Dh Sie besitzen viel Erfahrung im Umgang mit Ihrer APIS?<br />
16 Interviewpartner 5:<br />
17 Ja auf jeden Fall, ich mache auch viel selber.<br />
18 Autor:<br />
19 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
20 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese? Wie bekannt sind Ihnen die<br />
21 an<strong>der</strong>en?<br />
22 Interviewpartner 5:<br />
23 e-card<br />
24 nutzen wir natürlich, geht bei uns Kassenärzten ja gar nicht an<strong>der</strong>s. Funktioniert eigentlich in<br />
25 <strong>der</strong> Zwischenzeit recht gut. Schwachpunkt ist vielleicht doch die erhebliche Anzahl kaputter<br />
26 Karten, die immer wie<strong>der</strong> stören.<br />
27 e-Abrechnung<br />
28 funktioniert selbstverständlich mit allen Kassen, auch mit den Selbstzahlern. Ich schreibe<br />
29 auch Rechnungen mit dem Programm, funktioniert prächtig, nie wie<strong>der</strong> möchte ich händisch<br />
30 irgendwelche Zettel abrechnen.<br />
31 DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung<br />
32 wird auch verwendet, gehört zur Abrechnung dazu. Früher haben wir Disketten geschickt<br />
33 o<strong>der</strong> eben das Päckchen Krankenscheine.<br />
34 e-Arztbrief/e-Befundbericht<br />
35 ist natürlich auch eine tolle Einrichtung, allerdings nutzen wir Ärzte für Allgemeinmedizin das<br />
36 nur als Empfänger, nicht als Sen<strong>der</strong>, aber es ist natürlich toll. Früher hat meine<br />
37 Sprechstundenhilfe die Befunde schlagwortartig in die Patientenkartei getippt, jetzt ist <strong>der</strong><br />
38 Befund so wie er ist, drinnen. Verbesserungspotenzial gibt es auf jeden Fall <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />
39 Formatierung her, ein CDA-Format wäre sicherlich sehr wünschenswert, momentan ist das<br />
40 noch ein ziemliches „Kuddelmuddel“. Aber immerhin gibt es auch jetzt schon Möglichkeiten,<br />
41 wie man es ein bisschen formatiert.<br />
42 e-Pflegebegleitschreiben<br />
43 verwende ich nicht, war aber bei <strong>der</strong> Entwicklung dabei. Es ist jetzt endlich ein einheitlicher<br />
44 Pflegebegleitbrief für OÖ vereinbart, was sehr sinnvoll ist, weil diese Pflegebegleitschreiben<br />
45 die ich <strong>aus</strong> dem Altenheim kenne, waren sehr unterschiedlich lang und schwierig zu lesen.<br />
46 Direkt bei mir in <strong>der</strong> Ordination verwende ich es nicht bzw. ich bekomme noch keine<br />
47 elektronisch übermittelt, das wird aber sicher bald <strong>der</strong> Fall sein.<br />
48 e-Laborbefund<br />
49 funktioniert natürlich, ist im Prinzip dasselbe wie beim Befundbericht.<br />
50 e-AUM (Arbeitsunfähigkeitsmeldung)<br />
51 verwende ich auch, ist <strong>von</strong> den <strong>der</strong>zeitigen e-<strong>Health</strong> Anwendungen sicherlich eine <strong>der</strong><br />
52 sinnvollsten gewesen. Hat auch noch ihre Schwächen, aber hat sicherlich unter uns Ärzte<br />
53 eine sehr breite Zustimmung gefunden. Wünschenswert für die Zukunft wäre, dass das<br />
54 wirklich zettelfrei geht, aber es gibt noch sehr viele Arbeitgeber, die einen Papier-Ausdruck<br />
55 brauchen.<br />
56 ABS (Arzneimittelbewilligungsservice)<br />
57 ist in OÖ ja nicht so <strong>von</strong> Bedeutung, bei den kleinen Kassen wird es natürlich verwendet.<br />
58 e-Impfpass<br />
59 ist so eine Zukunftsvision. Wäre durch<strong>aus</strong> sinnvoll, die Frage ist nur, wie löst man es<br />
60 wirklich? Ich glaube, ein e-Impfpass würde nur als App am Handy des Patienten Sinn<br />
61<br />
machen - wegen <strong>der</strong> Erinnerungsfunktion und weil es Sache des Patienten ist. Impfungen<br />
171
Anhang<br />
62 können ja mehrere Institutionen durchführen und wenn man diese Funktionalität sinnvoll<br />
63 betreiben will, dann muss sich <strong>der</strong> Patient wie bisher mit dem Impf<strong>aus</strong>weis auch, selber<br />
64 darum kümmern.<br />
65 e-Überweisung / e-Zuweisung / e-Einweisung<br />
66 wäre sehr sinnvoll, war in OÖ auch schon ein Pilotprojekt, aber hat sich lei<strong>der</strong> nicht<br />
67 durchgesetzt. Diese Funktionalität wäre durch<strong>aus</strong> nützlich, weil ich vorhandene Befunde,<br />
68 Vorbefunde und weitere Informationen mitschicken könnte.<br />
69 ELGA<br />
70 Da vertrete ich schon sehr die öffentliche Kammermeinung. Die Datensicherheit o<strong>der</strong> –<br />
71 unsicherheit stört mich am wenigsten, weil mich betrifft sie am aller wenigsten, son<strong>der</strong>n es<br />
72 betrifft die Patienten und ich kann schwer beurteilen, wie sicher die Sache wirklich sein kann<br />
73 o<strong>der</strong> wie unsicher sie sein kann. Ich bin schon relativ überzeugt, dass die Sache nicht ganz<br />
74 dicht sein kann, weil alleine schon die Tatsache, wenn ich reinschaue und sehe, was <strong>der</strong><br />
75 Patient nimmt und <strong>der</strong> Apotheker sieht es und die Apothekenhelferin sieht es, brauche ich<br />
76 noch gar nicht auf den Diagnoseserver kommen, genügt mir alleine schon die Medikation um<br />
77 zu wissen: aha, die Frau Nachbarin nimmt ihre Pille nicht mehr, entwe<strong>der</strong> sie will schwanger<br />
78 werden o<strong>der</strong> sie ist schwanger. Das kann nie ganz dicht sein. Was mich als Arzt an ELGA am<br />
79 meisten stört ist die rechtliche Unsicherheit - wie weit kann ich belangt werden, wenn ich<br />
80 irgendetwas nicht sehe, was da irgendwo vor fünf Jahren schon einmal festgehalten wurde.<br />
81 Der durch ELGA zusätzlich entstehende Zeitaufwand bei <strong>der</strong> Behandlung und vor allem dass<br />
82 die Kostenfrage überhaupt nicht geklärt ist – macht diese Anwendung sinn-und nutzlos. Ich<br />
83 bin nicht bereit, für etwas zu bezahlen, dass sich an<strong>der</strong>e wünschen. Alles zusammen führt<br />
84 bei mir auch zu einer ablehnenden Haltung ELGA gegenüber – in <strong>der</strong> Form wie es <strong>der</strong>zeit<br />
85 auf dem Tisch liegt.<br />
86 e-Medikation<br />
87 wäre ich nicht so abgeneigt, nur <strong>der</strong> Pilotversuch <strong>der</strong> in Wien, Tirol und OÖ gelaufen ist – ich<br />
88 selbst habe mir das Programm bei Dr. Schweninger angeschaut – war <strong>der</strong>maßen schlecht<br />
89 programmiert und einfach nicht durchdacht, dass man eigentlich sagen muss: „wer wurde<br />
90 hier losgelassen?“ Die S<strong>of</strong>tware war furchtbar schlecht programmiert, nicht durchdacht, und<br />
91 katastrophal zu bedienen. Grundsätzlich ist die Idee dahinter ok, wenn es nicht aufhält hier<br />
92 zu sehen, was hat <strong>der</strong> Patient woan<strong>der</strong>s sich geholt, was bekommt er sonst noch, was kauft<br />
93 er sich in <strong>der</strong> Apotheke und vor allem: was hat er verordnet bekommen und hat sich’s gar<br />
94 nicht geholt - das mögen schon interessante Informationen sein.<br />
95 e-Radiologie<br />
96 Der digitale Bil<strong>der</strong><strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch funktioniert <strong>of</strong>fensichtlich ganz gut, trotz <strong>der</strong> großen<br />
97 Datenmengen die da hin und her geschoben werden. Ich bin selber Kniepatient mit einem<br />
98 kaputten Meniskus und war MR machen in Gmunden und Kirchdorf, habe mir die Bil<strong>der</strong> dann<br />
99 gemeinsam mit dem Primar angeschaut.<br />
100 e-Mutter-Kind-Pass<br />
101 habe ich noch nicht darüber nachgedacht. Halte ich <strong>aus</strong> dem Bauch r<strong>aus</strong> für nicht so <strong>von</strong><br />
102 hoher Priorität, weil die stolzen Mütter gerne den MKP auch in <strong>der</strong> Hand haben.<br />
103 e-Leistungsbericht<br />
104 funktioniert prinzipiell mit unseren Programmen, d.h. ich kann die gesamte Patientenkartei<br />
105 für jeden Patienten <strong>aus</strong>drucken, wenn er will. Auch elektronisch geht’s im Grunde, die<br />
106 Arzts<strong>of</strong>twarehersteller haben sich ja einmal verpflichtet, einen Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch möglich zu<br />
107 machen und das basiert auf dem etwas veralteten edifact-Format. Das wird aber so gut wie<br />
108 nie verlangt.<br />
109 e-Terminmanagement<br />
110 Einerseits sind ja viele Arztpraxen Terminpraxen und arbeiten auch mit einer Terminfunktion<br />
111 die die Praxisprogramme heute alle eigentlich können – s<strong>of</strong>ern sie das wollen – manche<br />
112 haben vielleicht auch einen handgeschriebenen Kalen<strong>der</strong>. Ich habe keine Terminpraxis, bei<br />
113 mir kommen und gehen die Leute wie sie wollen. Das zweite, das mir dazu einfallen würde<br />
114 wären diese ganzen Recall-Möglichkeiten für Gesundenuntersuchung, Zahnarzt-,<br />
115 Frauenarzttermine, ganz einfach wie<strong>der</strong>kehrende Untersuchungen. Das würde Sinn machen,<br />
116 aber das muss beim Patienten bleiben, weil da haben wir ja das Problem, dass es vom<br />
117 Ärztegesetz her nicht möglich ist, die Patienten anzuschreiben. Recall-Systeme können nur<br />
118 <strong>aus</strong>gelagert werden. Das wäre wie<strong>der</strong>um ein gutes App für ein Handy.<br />
119 e-Notfallsdaten (Patient Summary)<br />
120 Das halte ich auch für nicht sehr wichtig momentan. Auch da würde ich glauben, dass was<br />
121 man bei einem Notfall wie Herzinfarkt, Autounfall eigentlich immer gleich findet, weil es<br />
122 irgendwo liegt, ist das Handy. Das wäre auch ein App fürs Handy.<br />
123 e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring)<br />
124 Da gibt es immer wie<strong>der</strong> vereinzelt Projekte wie das Diabetes-Monitoring. Das ist halt eher<br />
125 etwas für ganz wenige Patienten, die das wollen, die das auch machen, die dafür <strong>of</strong>fen sind.<br />
126 Ich glaube, das ist auch nichts, was so breit Zustimmung findet.<br />
127<br />
Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen<br />
172
Anhang<br />
128 würde ich schon für gut halten, obwohl es trotzdem die Gefahr birgt, dass, auch wenn das<br />
129 jetzt qualitätsgesichert ist - Missverständnisse werden nicht zu verhin<strong>der</strong>n sein. Die<br />
130 Patienten interpretieren die Informationen vielleicht an<strong>der</strong>s und man muss ihnen dann<br />
131 gewisse Dinge wie<strong>der</strong> <strong>aus</strong>reden. An <strong>der</strong> Untersuchung än<strong>der</strong>t sich dadurch nichts. Der<br />
132 Patient sucht zB nach ‚Tumor in <strong>der</strong> Achselhöhle‘ und sucht sich vor lauter Panik das<br />
133 Schlimmste r<strong>aus</strong> o<strong>der</strong> befürchtet das Schlimmste und das hat mit qualitätsgesichert wenig zu<br />
134 tun. Natürlich ist es schon wünschenswert, dass man heute hinsichtlich Ernährung o<strong>der</strong><br />
135 Diäten o<strong>der</strong> Ähnliches, etwas Qualitätsgesichertes abrufen kann und das würde ich schon für<br />
136 sinnvoll halten.<br />
137 Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs<br />
138 würde ich sehr gut finden, mit Telefonnummer, mit E-Mail-Adresse, Homepage,…<br />
139 Autor:<br />
140 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbietern<br />
141 (GDA)?<br />
142 Interviewpartner 5:<br />
143 Derzeit haben wir lei<strong>der</strong> nicht sehr viel Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch. Befund<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch passiert und ist<br />
144 super, Labor ist super. Senden können wir nur die Abrechnung, auch das funktioniert sehr<br />
145 gut. Grundsätzlich funktioniert das, was funktioniert, sehr gut und ist auch sinnvoll und <strong>von</strong><br />
146 Vorteil - aber sehr viel ist es nicht.<br />
147 Autor:<br />
148 Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen?<br />
149 Interviewpartner 5:<br />
150 Würde ich schon nutzen. In <strong>der</strong> jetzigen Form ist es noch verbesserungswürdig. Bevor es<br />
151 jetzt noch <strong>aus</strong>geweitet wird auf alle möglichen Funktionen wäre es vielleicht gut, das<br />
152 <strong>der</strong>zeitige auch technisch zu verbessern – Stichwort CDA-Format.<br />
153 Autor:<br />
154 Wie nützlich finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs?<br />
155 Ziegler:<br />
156 Finde ich nützlich, durch<strong>aus</strong>.<br />
157 Autor:<br />
158 Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
159 Interviewpartner 5:<br />
160 Es ist eine Glückssache, wenn <strong>der</strong> Urlaub langfristig geplant ist, findet man schon<br />
161 Praxisvertretungen. Wenn es kurzfristig ist, wie bei mir durch die Kammertätigkeit bedingt,<br />
162 finde ich niemand. Dann sperre ich halt zu.<br />
163 Autor:<br />
164 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
165 zufrieden?<br />
166 Interviewpartner 5:<br />
167 Mit <strong>der</strong> bin ich sehr zufrieden, ich habe sie aber auch schon sehr lange und kenne sie gut.<br />
168 Das Programm kann irrsinnig viel und ist irrsinnig flexibel.<br />
169 Autor:<br />
170 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
171 haben?<br />
172 Interviewpartner 5:<br />
173 Ja, absolut. Das e-card-System funktioniert sehr gut, allerdings ist die Karte <strong>der</strong><br />
174 Schwachpunkt an sich, da kann aber die S<strong>of</strong>tware nichts dafür, das ist ein Hardwareproblem.<br />
175 Ich bin zB hartnäckig dahinter, über meine Funktionen in Wien, dass mit dem Stecken <strong>der</strong> e-<br />
176 card die Adress- und Arbeitgeberdaten übertragen werden. Die Daten wären ja vorhanden.<br />
177 Wir haben nämlich das Problem, dass, seit es die e-card gibt – und daran hat wahrscheinlich<br />
178 niemand gedacht – in unseren Dateien ein unheimliches Chaos entsteht, was Arbeitgeber<br />
179 und Adressdaten betrifft. Die Sprechstundenhilfe sieht jetzt nämlich nicht mehr, wo <strong>der</strong><br />
180 Patient arbeitet und wohnt. Früher ist das ja auf dem Krankenschein gestanden, und man<br />
181 kann nicht jeden Patienten jedes Mal fragen: „wohnen Sie eh noch …, arbeiten Sie noch bei<br />
182 …“.<br />
183 Autor:<br />
184 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind? (unberechtigter<br />
185 Zugriff, unberechtigte Verän<strong>der</strong>ung und Löschung, Vollständigkeit, Beweisbarkeit <strong>der</strong><br />
186 Herkunft)<br />
187 Interviewpartner 5:<br />
188 Das glaube ich schon. Gelöscht werden kann nichts, die Daten werden nur deaktiviert und<br />
189 bleiben im Hintergrund vorhanden und können wie<strong>der</strong> sichtbar gemacht werden. Der Zugriff<br />
190 ist auch mehrfach geschützt. Von Windows, vom Programm her, es gibt ein<br />
191 Ordinationspasswort, es gibt ein Passwort für jede Station.<br />
192 Autor:<br />
193<br />
Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
173
Anhang<br />
194 Interviewpartner 5:<br />
195 Ich fühle mich gut informiert, hat wahrscheinlich aber auch mit meiner Funktion in <strong>der</strong><br />
196 Kammer zu tun.<br />
197 Autor:<br />
198 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
199 Interviewpartner 5:<br />
200 Es gibt schon ganz gute Aussendungen seitens <strong>der</strong> Kammer und auch <strong>der</strong> Kasse. Wie zB<br />
201 die e-AUM eingeführt wurde, war das schon gut begleitet. Vom S<strong>of</strong>twarehersteller werde ich<br />
202 auch <strong>aus</strong>reichend informiert.<br />
203 Autor:<br />
204 Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
205 Interviewpartner 5:<br />
206 Wenn, dann vielleicht <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer, auch ein bisschen prospektiv: was ist geplant<br />
207 und wie soll es funktionieren, wie geklärt ist die Finanzierung – das war ja bis jetzt immer ein<br />
208 Schwachpunkt, auch was die Wartungskosten betrifft, die dann meistens an uns <strong>Ärzten</strong><br />
209 hängen bleiben.<br />
210 Autor:<br />
211 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Ist <strong>der</strong><br />
212 Support zufriedenstellend?<br />
213 Interviewpartner 5:<br />
214 Das ist sehr gut, aber das hängt damit zusammen, dass ich <strong>der</strong> erste in OÖ mit diesem<br />
215 Programm war und ich den Herrn W., <strong>der</strong> das Programm betreut, persönlich kenne und viele<br />
216 Jahre ihm ein bisschen ein Praxis-know-how liefere. Da bin ich fast „Mitarbeiter“. Auch mit<br />
217 dem Support bin ich sehr zufrieden.<br />
218 Autor:<br />
219 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong>-Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
220 angefragt würden?<br />
221 Interviewpartner 5:<br />
222 Sicherlich. Ich bin elektronischen Anwendungen <strong>of</strong>fen gegenüber und wenn es nachgefragt<br />
223 wird und <strong>der</strong> Wunsch besteht - natürlich. Es ist auch eine Kostenfrage, Kosten – Nutzen<br />
224 müssen stimmen für mich und für die Patienten.<br />
225 Autor:<br />
226 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
227 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
228 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
229 Interviewpartner 5:<br />
230 Ich h<strong>of</strong>fe, dass es <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer nur empfohlen wird, wenn es sich eben auch<br />
231 rechnet. Wir haben – trotz aller Vorteile – schon sehr viel investiert in den letzten Jahren. Alle<br />
232 drei bis fünf Jahre muss man jedenfalls die ganze Hardware t<strong>aus</strong>chen und das mache ich<br />
233 jetzt bald das fünfte Mal. Es kostet schon etwas.<br />
234 Autor:<br />
235 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
236 Interviewpartner 5:<br />
237 Was e-<strong>Health</strong> anbelangt: Direkt aktiv anbieten eigentlich nicht.<br />
238 Autor:<br />
239 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
240 können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
241 Interviewpartner 5:<br />
242 Ich glaube, <strong>der</strong> riesen Fortschritt für die Patienten – den die Patienten gar nicht ahnen – ist<br />
243 die Übersichtlichkeit und <strong>der</strong> Überblick, den eine EDV-geschriebene Kartei gegenüber einer<br />
244 handgeschriebenen hat. Das ist ein Meilenstein gewesen. Für uns Ärzte hat die Verwendung<br />
245 einer Praxiss<strong>of</strong>tware etwas mit Qualität zu tun. Bei den e-<strong>Health</strong>-Anwendungen ist es<br />
246 manchmal ein Qualitätsvorsprung, manchmal auch ein Service am Patienten.<br />
247 Autor:<br />
248 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
249 Interviewpartner 5:<br />
250 Ja, heute schon. Heute geht es ohne nicht mehr.<br />
251 Autor:<br />
252 Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
253 Interviewpartner 5:<br />
254 Nein, das geht nicht mehr und ich möchte es auch nicht mehr.<br />
255 Autor:<br />
256 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
257 Funktionen zwingend anwenden?<br />
258<br />
Interviewpartner 5:<br />
174
Anhang<br />
259 Natürlich würde mich das stören. Ich glaube, man muss jemanden nur zu etwas zwingen,<br />
260 wenn es unpraktikabel und nicht kostenneutral ist. Wenn die Sache – das ist ja auch bei<br />
261 ELGA so – so toll ist und so viele Vorteile hat, und uns nichts kostet, dann bin ich<br />
262 selbstverständlich gerne freiwillig dabei - dann braucht man mich nicht zwingen. Wenn ich<br />
263 jemanden zwingen muss, dann riecht das <strong>von</strong> H<strong>aus</strong> <strong>aus</strong> nach Ärger.<br />
264 Autor:<br />
265 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten? Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am<br />
266 Computer und im Internet? Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren<br />
267 am Computer gerne etwas <strong>aus</strong>?<br />
268 Interviewpartner 5:<br />
269 Ja, es macht mir Spaß. In <strong>der</strong> Freizeit bin ich nicht allzuviel am Computer, aber natürlich im<br />
270 Internet um etwas nachzusehen. Bzgl. neuer S<strong>of</strong>t- und Hardware bin ich nicht jemand, <strong>der</strong><br />
271 unbedingt jedes Programm <strong>aus</strong>probiert, aber zB. Bildbearbeitungsprogramme o<strong>der</strong><br />
272 Videoschnittprogramme, die sich mit den Hobbies decken – das interessiert mich.<br />
273 Autor:<br />
274 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
275 stellt?<br />
276 Interviewpartner 5:<br />
277 Ja!<br />
278 Autor:<br />
279 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
280 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten / eingeflossen sind?<br />
281 Interviewpartner 5:<br />
282 Bei meinem Praxisprogramm ganz sicher, weil viele Ideen die in dem Programm<br />
283 funktionieren, <strong>von</strong> mir stammen. Über die Möglichkeiten <strong>der</strong> Kammer versuche ich es auch<br />
284 und ich denke, dass das Eine o<strong>der</strong> An<strong>der</strong>e vielleicht einmal eine Umsetzung erfährt.<br />
285 Autor:<br />
286 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
287 zu werden?<br />
288 Interviewpartner 5:<br />
289 Grundsätzlich ja, wenn das Produkt gut ist, das dann angeboten wird. Ich glaube man sollte<br />
290 jedenfalls Anwen<strong>der</strong> einbeziehen, weil sonst kommt so ein Blödsinn r<strong>aus</strong> wie bei <strong>der</strong> e-<br />
291 Medikation.<br />
292 Autor:<br />
293 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw. selbst bei <strong>der</strong><br />
294 Entwicklung mitarbeiten?<br />
295 Interviewpartner 5:<br />
296 An <strong>der</strong> Entwicklung mitarbeiten schon, bei <strong>der</strong> Teilnahme muss ich sagen: langsam mag ich<br />
297 das nicht mehr. Weil zB die e-Medikation war so schwachsinnig programmiert und so<br />
298 aufwändig, dass allein die Teilnahme an Pilotprojekten schon eine Doktorarbeit ist und da<br />
299 sage ich dann: „nein, da habe ich kein Interesse“. Wenn das so mühevoll ist und mir in<br />
300 keinster Weise honoriert wird, dann stelle ich mich nicht in die erste Reihe. Ich habe das<br />
301 schon ein paarmal gemacht und die e-Medikation war da sicher ein Frust.<br />
302 Autor:<br />
303 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
304 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
305 Interviewpartner 5:<br />
306 Wenn es gut funktioniert, dann wäre es jedenfalls eine Zeitersparnis. Mitunter vielleicht auch<br />
307 ein Informationsvorteil, Dinge auf einen Klick zu haben. Es muss halt wirklich<br />
308 benutzerfreundlich, übersichtlich und sinnvoll sein. Das Anbieten <strong>von</strong> Information alleine –<br />
309 wie zB bei ELGA geplant mit dem bestimmten Datenformat – ist zu wenig, weil da kann ich<br />
310 zB nicht gezielt nach Informationen suchen.<br />
311 Autor:<br />
312 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw. im<br />
313 Gesundheitssystem generell?<br />
314 Interviewpartner 5:<br />
315 Grundsätzlich ja, ich glaube auch, dass man das gar nicht verneinen kann. Die Frage ist<br />
316 allerdings immer bei wem? Alleine die Tatsache, dass die Krankenscheine nicht mehr<br />
317 händisch abgerechnet werden, hat bei <strong>der</strong> GKK bestimmt allein in OÖ 50 Personalposten<br />
318 gespart. Allerdings dürfen jeweilige Mehrkosten <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> nicht auf uns Ärzte<br />
319 abgeschoben werden!<br />
320 Autor:<br />
321 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
322 Funktionalitäten?<br />
323<br />
Interviewpartner 5:<br />
175
Anhang<br />
324 Ja. Schon das APIS alleine war schon ein Meilenstein in <strong>der</strong> Qualitätsverbesserung. Vieles<br />
325 sieht <strong>der</strong> Patient vielleicht nicht direkt, aber er pr<strong>of</strong>itiert in jedem Fall da<strong>von</strong>.<br />
326 Autor:<br />
327 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
328 Interviewpartner 5:<br />
329 Ich glaube, eine <strong>der</strong> ganz wichtigen Maßnahmen die er vielleicht auf die Schiene bringen<br />
330 könnte, wäre die Vorgabe gewisser Strukturen wie die Vorgabe eines gewissen<br />
331 Datenformats, die Vorgabe gewisser Codes, damit je<strong>der</strong> weiß, das ist jetzt so und das<br />
332 machen jetzt alle gleich. Wir haben bis zum Pflegebegleitschreiben in Arbeitsgruppen<br />
333 diskutiert, mit welchem Code man die Mobilität des Patienten bezeichnet, weil es nichts<br />
334 wirklich Anwendbares gibt. Wir haben uns <strong>der</strong>zeit halt an die ELGA-Struktur gehalten mit <strong>der</strong><br />
335 Befürchtung, dass wir es sowieso kriegen. Hier etwas vorzugeben, das vielleicht auch<br />
336 international abgesprochen ist, das wäre schon ein großer Schritt. Das zweite ist sicherlich<br />
337 die rechtliche Absicherung. Es kann nicht sein, dass man belangt werden kann für Dinge, die<br />
338 in irgendeinem Wust an Daten drinnen stehen.<br />
339 Autor:<br />
340 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
341 Interviewpartner 5:<br />
342 Nein, bestimmt nicht. Ich glaube, an einem guten e-<strong>Health</strong> System nimmt je<strong>der</strong> freiwillig<br />
343 daran teil. Das muss ein Wettbewerb sein. Jemand, <strong>der</strong> an diesem guten System nicht<br />
344 teilnimmt, muss einen Wettbewerbsnachteil haben. Zwang riecht nach nicht <strong>aus</strong>gereift.<br />
345 Autor:<br />
346 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
347 Interviewpartner 5:<br />
348 Genau dieselbe. Das muss so gut sein, dass ich dabei sein möchte und wenn ich nicht dabei<br />
349 sein möchte, dann habe ich als GDA entwe<strong>der</strong> einen Wettbewerbsnachteil, den ich, <strong>aus</strong><br />
350 welchen Gründen auch immer, bewusst in Kauf nehme. Und dem Patient muss es etwas<br />
351 kosten. Dh ich würde schon sagen, Patienten die nicht an einer ELGA teilnehmen – wenn es<br />
352 sie einmal gibt – sollen einen höheren Sozialversicherungsbeitrag zahlen, was ja auch<br />
353 logisch ist. Weil hin<strong>aus</strong> posaunt wird, man kann sich damit etwas sparen, dann sage ich: „<strong>der</strong><br />
354 Patient, <strong>der</strong> <strong>aus</strong> welchen Gründen auch immer, nicht teilnimmt, soll mehr zahlen, weil er<br />
355 kostet auch mehr“. Bei den GDA’s würde ich eher sagen, das System muss so gut sein, dass<br />
356 ich dabei sein muss, weil ich sonst einen Nachteil habe.<br />
357 Autor:<br />
358 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
359 verän<strong>der</strong>n?<br />
360 Interviewpartner 5:<br />
361 Das kann man, glaube ich, nicht beantworten. Grundsätzlich nein, aber ich denke da jetzt an<br />
362 Disease-Management-Programme, die manchmal sehr straff sind und auch irgendwo zu e-<br />
363 <strong>Health</strong> gehören - da fühle ich mich schon eingeschränkt.<br />
364 Autor:<br />
365 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
366 Interviewpartner 5:<br />
367 Nein! Jedenfalls nicht die Anamnesedaten, weil ich manchmal etwas hineinschreibe, was<br />
368 sicher keiner lesen sollte. Das gehört zu dem Vertrauensverhältnis <strong>von</strong> Arzt und Patient. Die<br />
369 Diagnosedaten, die Parameterdaten – natürlich - aber das persönliche nicht.<br />
370<br />
371 Autor:<br />
372 Der Begriff GDA, passt <strong>der</strong> zu Ihnen?<br />
373 Interviewpartner 5:<br />
374 Nein, ich bin Arzt – Punkt.<br />
375 Autor:<br />
376 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
377 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
378 Kosten, )<br />
379 Interviewpartner 5:<br />
380 In allem was Sie aufgezählt haben. Es wird je nach Anwendung mal eine Zeitersparnis sein,<br />
381 wie zB bei <strong>der</strong> Abrechnung. Es wird jedes Mal etwas an<strong>der</strong>es sein, je nach Anwendung.<br />
382 Sonst wäre es nicht akzeptabel.<br />
383 Autor:<br />
384 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
385 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
386 Interviewpartner 5:<br />
387 Wünschen würde ich mir noch, dass auch die großen Player im Gesundheitssystem ihre<br />
388 H<strong>aus</strong>aufgaben erledigen. zB ist nach wie vor <strong>der</strong> Monopolist Hauptverband und<br />
389<br />
Apothekerverlag, <strong>der</strong> das Arzneimittelverzeichnis uns monatlich verkauft, nicht in <strong>der</strong> Lage<br />
176
Anhang<br />
390 hier Ordnung reinzubringen - die haben nach wie vor unglaubliche Abkürzungen, die noch<br />
391 <strong>aus</strong> einer Zeit ruhen, wo Speicherplatz knapp war und wenn man etwa eine elastische Binde<br />
392 sucht o<strong>der</strong> eine Inkontinenzeinlage, dann ist es nahezu unmöglich, weil es <strong>der</strong>maßen<br />
393 abgekürzt, unsystematisch und ungruppiert ist. Das ist ein Monopolist, <strong>der</strong> das anbietet und<br />
394 Geld dafür verlangt, da sage ich: „das gehört geordnet und Speicherplatz ist ja kein Thema<br />
395 mehr.“ Da ist man noch sehr weit hinten und das ist ärgerlich und da gibt es noch unzählige<br />
396 Beispiele. Auch die Daten, die man sonst zur Verfügung gestellt bekommt. Man arbeitet hier<br />
397 mit sehr vielen veralteten Daten und unnötigen Schwierigkeiten.<br />
398 Autor:<br />
399<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
177
8.3.6 Interviewpartner 6<br />
Anhang<br />
1 Autor<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 6:<br />
4 Derzeit denke ich an ELGA und e-card.<br />
5 Autor:<br />
6 Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
7 und die Gesellschaft allgemein?<br />
8 Interviewpartner 6:<br />
9 Allgemein eine sehr <strong>of</strong>fene Einstellung. Mir ist bewusst, dass wir an dieser Technologie nicht<br />
10 vorbeikommen, bzw. wir sind bereits mitten drinnen, wenn ich es auf die Gesellschaft im<br />
11 speziellen beziehe. Ich nutze das Internet nur zur Information. Was insgesamt alles<br />
12 angeboten wird, da bin ich sicherlich nicht so informiert und es interessiert mich auch nicht.<br />
13 Es ist als Informationsquelle sicherlich nützlich, kann Vereinfachungen bringen und zur<br />
14 Kommunikation ist es sicherlich ein Vorteil. Nur <strong>der</strong> große Missbrauch <strong>der</strong> sich auch ergibt<br />
15 dabei, ist bedenklich. Was alles ins Internet hineingestellt wird – zB an Werbung etc. –<br />
16 kommt bei mir nicht und interessiert mich auch nicht. Der Zeitaufwand ist enorm, das<br />
17 unterschätzt man. Wenn man sich vor den Computer hinsetzt - ist eine Stunde nichts.<br />
18 Autor:<br />
19 Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit Ihrer APIS?<br />
20 Interviewpartner 6:<br />
21 Sehr viel, weil ich einer <strong>der</strong> ersten in OÖ war, <strong>der</strong> bereits 1986 eine vollcomputerisierte<br />
22 Praxis eröffnet hat. Dieser Beginn war zum Teil ein Horror. Ich habe nie eine Papier-Kartei<br />
23 besessen, son<strong>der</strong>n schon <strong>von</strong> Beginn an die Karteiführung über Computer mitgemacht. Ich<br />
24 kenne sämtliche Probleme im S<strong>of</strong>twarebereich und habe die rasante Hardware-Entwicklung<br />
25 miterlebt. Auch die vielen Sicherungsmodelle, die ich schon mitgemacht habe, ich weiß<br />
26 genug <strong>von</strong> dem – vom Guten und vom Bösen.<br />
27 Autor:<br />
28 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
29 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese? Wie bekannt sind Ihnen die<br />
30 an<strong>der</strong>en?<br />
31 Interviewpartner 6:<br />
32 Von mir genutzt werden:<br />
33 e-card<br />
34 e-Abrechnung<br />
35 DFÜ-Übertragung<br />
36 Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung<br />
37 e-Arztbrief<br />
38 e-Labor<br />
39 e-AUM<br />
40 ABS<br />
41 e-Einweisung<br />
42 <strong>der</strong> Rest ist ja auch mögliche Zukunft.<br />
43 Das Nützlichste ist für mich bisher die e-AUM gewesen. Was auch noch nützlich ist, ist <strong>der</strong> e-<br />
44 Arztbrief, Entlassungsbriefe und Laborbefunde – also die Daten die ich per Mail bekomme.<br />
45 Die e-card hat eine gewisse Ambivalenz. Der Vorteil liegt darin, dass unser<br />
46 Krankenscheinmahnsystem weggefallen ist. Ansonsten sehe ich keine beson<strong>der</strong>en Vorteile,<br />
47 außer den Systemen, die da noch dranhängen. Das ist die elektronische e-AUM, die als<br />
48 erstes ELGA-Projekt funktioniert hat und auch etwas gebracht hat. Sonst sind auf <strong>der</strong> e-card<br />
49 ja keine Daten oben außer Name, Versicherungsnummer und Geburtsdatum. Die Adresse<br />
50 und Arbeitgeber zB sind nicht ersichtlich, die muss ich mir erfragen und selbst eingeben.<br />
51 Die restlichen Funktionalitäten sind mir im Großen und Ganzen bekannt.<br />
52 Autor:<br />
53 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbieter<br />
54 (GDA)?<br />
55 Interviewpartner 6:<br />
56 Ich habe nur einen Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit Arztbriefen und Laborbefunden, also mit an<strong>der</strong>en<br />
57 <strong>Ärzten</strong>, und das funktioniert tadellos. Das Empfangen <strong>von</strong> Arztbriefen funktioniert bis auf<br />
58 wenige Ausnahmen auch schon <strong>von</strong> den nie<strong>der</strong>gelassenen Fachärzten. Die<br />
59 Befundübermittlung <strong>aus</strong> den Krankenhäusern sollte wesentlich schneller gehen.<br />
60 Autor:<br />
61<br />
Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen?<br />
178
Anhang<br />
62 Interviewpartner 6:<br />
63 Vermehrt nutzen würde ich es nicht. Es reicht jetzt schon. Die schon vorhandene Befundflut<br />
64 muss ich ja auch lesen, zumindest die CDA-Befunde, wo ich mir die Diagnose ansehe. Das<br />
65 an<strong>der</strong>e kann man gar nicht alles lesen. Da würde ich am Vormittag o<strong>der</strong> am Abend<br />
66 mindestens eine Stunde nur Befunde lesen. Das ist auch das Problem, das wir mit ELGA<br />
67 standespolitisch sehen.<br />
68 Autor:<br />
69 Wie nützlich finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs?<br />
70 Interviewpartner 6:<br />
71 Ich finde ihn nur dann nützlich, wenn es eine Kosteneinsparung bringt, möglichst zeitnahe.<br />
72 Entlassungsmedikationen und Entlassungsbefunde sollten s<strong>of</strong>ort übermittelt werden, das<br />
73 macht Sinn. Mit dem an<strong>der</strong>en bin ich skeptisch. Wenn auf einem Zentralserver<br />
74 Patientendaten gespeichert werden, entsteht dann sozusagen ein gläserner Patient - und<br />
75 das sehe ich sehr problematisch, weil es da Dinge gibt, die nicht geklärt sind. Der Zeitfaktor,<br />
76 die Haftung und die Kosten sind nicht geklärt.<br />
77 Autor:<br />
78 Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
79 Interviewpartner 6:<br />
80 Ja, Urlaubsvertretung funktioniert bei uns im Sprengel gut. Krankenstandsvertretung ist eher<br />
81 schwierig.<br />
82 Autor:<br />
83 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
84 zufrieden? Was könnte man verbessern?<br />
85 Interviewpartner 6:<br />
86 An und für sich ja. Verbessern könnte man wahrscheinlich immer was, damit will ich mich<br />
87 aber nicht beschäftigen. Es gäbe vielleicht ein paar Dinge, die man technisch vereinfachen<br />
88 und schneller machen könnte. Aber sonst bin ich mit <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit und auch mit<br />
89 <strong>der</strong> Haltbarkeit des Programms – ist ja ganz entscheidend – zufrieden.<br />
90 Autor:<br />
91 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
92 haben?<br />
93 Interviewpartner 6:<br />
94 Nur die e-AUM.<br />
95 Autor:<br />
96 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind? (unberechtigter<br />
97 Zugriff, unberechtigte Verän<strong>der</strong>ung und Löschung, Vollständigkeit, Beweisbarkeit <strong>der</strong><br />
98 Herkunft)<br />
99 Interviewpartner 6:<br />
100 Nein, bin ich überhaupt nicht.<br />
101 Autor:<br />
102 Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
103 Interviewpartner 6:<br />
104 Durch die Kammertätigkeit bin ich wahrscheinlich besser informiert, als viele an<strong>der</strong>e.<br />
105 Autor:<br />
106 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert? Von wem würden Sie mehr<br />
107 Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
108 Interviewpartner 6:<br />
109 Mehr Informationen würde ich <strong>von</strong> <strong>der</strong> Sozialversicherung wollen. Sonst bin ich<br />
110 standespolitisch tätig und dadurch immer informiert und sozusagen am letzten Stand. Auch<br />
111 <strong>von</strong> <strong>der</strong> SVC kommt wenig an Informationen.<br />
112 Autor:<br />
113 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Ist <strong>der</strong><br />
114 Support zufriedenstellend?<br />
115 Interviewpartner 6:<br />
116 Ich würde unser Verhältnis als <strong>aus</strong>geglichen bezeichnen. Fraglich für mich sind meist die<br />
117 Höhe <strong>der</strong> Anschaffungskosten neuer Module und folglich die monatlichen<br />
118 Wartungsgebühren. Mit dem Support bin ich zufrieden. Die Firma Compugroup informiert<br />
119 mich regelmäßig schriftlich und auch per E-Mail.<br />
120 Autor:<br />
121 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong>-Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
122 angefragt würden?<br />
123 Interviewpartner 6:<br />
124 Wahrscheinlich ja.<br />
125<br />
Autor:<br />
179
Anhang<br />
126 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
127 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
128 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
129 Interviewpartner 6:<br />
130 Wahrscheinlich ja.<br />
131 Autor:<br />
132 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen zB Erinnerung<br />
133 an Auffrischungsimpfungen?<br />
134 Interviewpartner 6:<br />
135 Was e-<strong>Health</strong> betrifft - Nein. Obwohl eine Erinnerung an Auffrischungsimpfungen eine<br />
136 interessante Sache wäre. Wenn es den e-Impfpass gäbe, würde ich dieses Service<br />
137 anbieten. Gegenüber dem normalen Impfpass würde das aber auch einen höheren<br />
138 Zeitaufwand bedeuten.<br />
139 Autor:<br />
140 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
141 können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
142 Interviewpartner 6:<br />
143 Nein!<br />
144 Autor:<br />
145 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
146 Interviewpartner 6:<br />
147 Ja, bedeutsam schon.<br />
148 Autor:<br />
149 Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
150 Interviewpartner 6:<br />
151 Nein, kann ich mir nicht mehr vorstellen.<br />
152 Autor:<br />
153 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
154 Funktionen zwingend anwenden?<br />
155 Interviewpartner 6:<br />
156 Ja, macht einen Unterschied, da bekomme ich noch mehr Aversion.<br />
157 Autor:<br />
158 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten?<br />
159 Interviewpartner 6:<br />
160 Plus/minus – Spaß kann ich nicht direkt sagen.<br />
161 Autor:<br />
162 Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am Computer und im Internet?<br />
163 Interviewpartner 6:<br />
164 Nein, nicht sehr <strong>of</strong>t. In erster Linie erledige ich Bankgeschäfte und lese E-Mails.<br />
165 Autor:<br />
166 Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren am Computer gerne etwas<br />
167 <strong>aus</strong>?<br />
168 Interviewpartner 6:<br />
169 Nein!<br />
170 Autor:<br />
171 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
172 stellt?<br />
173 Interviewpartner 6:<br />
174 So lala!<br />
175 Autor:<br />
176 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
177 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten / eingeflossen sind?<br />
178 Interviewpartner 6:<br />
179 Zum Teil ja. Bei den S<strong>of</strong>twareupdates sind bereits Anregungen <strong>von</strong> mir dabei. Allerdings<br />
180 nutze ich mein System wahrscheinlich zu wenig, es ist mir zu aufwändig.<br />
181 Autor:<br />
182 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
183 zu werden?<br />
184 Interviewpartner 6:<br />
185 Ja, würde sich positiv auf meine Akzeptanz <strong>aus</strong>wirken.<br />
186 Autor:<br />
187 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw. selbst bei <strong>der</strong><br />
188 Entwicklung mitarbeiten?<br />
189 Interviewpartner 6:<br />
190 Ja, könnte ich mir vorstellen.<br />
191<br />
Autor:<br />
180
Anhang<br />
192 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
193 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
194 Interviewpartner 6:<br />
195 Wenn sie nicht so funktionieren wie die e-AUM, dann haben sie nur negative. Die Zeit für den<br />
196 Patienten wird wie<strong>der</strong> weniger und die Administration wie<strong>der</strong> mehr – sowohl für mich als<br />
197 auch für die Ordinationsangestellten.<br />
198 Autor:<br />
199 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw. im<br />
200 Gesundheitssystem generell?<br />
201 Interviewpartner 6:<br />
202 Nein, das glaube ich nicht und kann ich mir auch nicht vorstellen.<br />
203 Autor:<br />
204 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
205 Funktionalitäten? Online-Terminvereinbarung, e-Medikation, e-Impfpass mit<br />
206 Erinnerungsfunktion, weniger Untersuchungen, ..?<br />
207 Interviewpartner 6:<br />
208 Nur sehr bedingt. Das Pilotprojekt e-Medikation ist in <strong>der</strong> jetzigen Form gar nicht zu<br />
209 gebrauchen, da wurde <strong>von</strong> den Teilnehmern ein Vielfaches an Zeit aufgewendet und <strong>der</strong><br />
210 Nutzen für den Patienten war gleich null. Für weitere e-<strong>Health</strong> Anwendungen wird <strong>der</strong><br />
211 technische Aufwand enorm sein, <strong>der</strong> Zeitaufwand wird ein Vielfaches werden und die Kosten<br />
212 steigen.<br />
213 Autor:<br />
214 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
215 Interviewpartner 6:<br />
216 Er soll uns mehr einbinden, er kann ohne uns ja gar nichts machen. Weitere Maßnahmen in<br />
217 einem vernünftigen System müssen auf Freiwilligkeit basieren, dann nimmt je<strong>der</strong> gern daran<br />
218 teil.<br />
219 Autor:<br />
220 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
221 Interviewpartner 6:<br />
222 Nein!<br />
223 Autor:<br />
224 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
225 Interviewpartner 6:<br />
226 Was jetzt geplant ist, ist ja Opt-out - ich bin für eine Opt-in Lösung.<br />
227 Autor:<br />
228 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
229 verän<strong>der</strong>n?<br />
230 Interviewpartner 6:<br />
231 Ja, mit Sicherheit. Es hat sich jetzt schon etwas verän<strong>der</strong>t. Mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> e-card hat<br />
232 man gewusst, dass das Vertragspartnersystem auch in Richtung Kontrollsystem geht. Die<br />
233 wissen ja genau, wann ich eingesteckt habe, wenn ich wie<strong>der</strong> ans System gehe, wann ich<br />
234 anfange, wann ich aufhöre. Es wird auch dafür benutzt werden, keine Frage. Ob das gut<br />
235 o<strong>der</strong> schlecht ist will ich gar nicht bewerten, es hat nur zu weniger Autonomie geführt.<br />
236 Autor:<br />
237 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
238 Interviewpartner 6:<br />
239 Nein! Eine Kommunikation mit Krankenhäusern und <strong>Ärzten</strong> ist vorstellbar, aber nicht mit allen<br />
240 GDAs.<br />
241 Autor:<br />
242 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
243 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
244 Kosten, )<br />
245 Interviewpartner 6:<br />
246 Bei <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> vielleicht. Bei <strong>der</strong> Behandlung <strong>von</strong> Patienten<br />
247 wird nichts besser – das ist schon gut. Auch mit <strong>der</strong> Zeit wird’s nicht besser, die Kosten<br />
248 werden steigen und die Administration wird mehr.<br />
249 Autor:<br />
250 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
251 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
252 Interviewpartner 6:<br />
253 Nein, mir fällt nichts ein.<br />
254 Autor:<br />
255<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
181
8.3.7 Interviewpartner 7<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 7:<br />
4 Das ist die Verbindung Internet mit Medizin und Gesundheit. Ganz zuerst habe ich an<br />
5 Telemedizin gedacht, das ist aber nur ein Teil da<strong>von</strong>.<br />
6 Autor:<br />
7 Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
8 und die Gesellschaft allgemein?<br />
9 Interviewpartner 7:<br />
10 Eine sehr positive. Ich habe 1985 meine Ordination umgebaut – das war <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong><br />
11 Ärzte-EDV und da war ich noch <strong>der</strong> Meinung: das ist nichts für mich, ich bin ein guter alter<br />
12 H<strong>aus</strong>arzt. Zwei Jahre später habe ich alles installiert und seit 1988 führe ich meine<br />
13 Ordination mit EDV-Unterstützung. Für einen Arzt für Allgemeinmedizin geht es schon nicht<br />
14 mehr ohne EDV. Ich habe auch viel investiert - in Summe sicher mehr als ein H<strong>aus</strong>. Ca. €<br />
15 300.000,00 o<strong>der</strong> € 400.000,00, wenn nicht mehr. Die Anfänge waren sehr teuer!<br />
16 Autor:<br />
17 Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit Ihrer APIS?<br />
18 Interviewpartner 7:<br />
19 Mein <strong>der</strong>zeitiges System ist <strong>von</strong> <strong>der</strong> Firma Innomed und damit komme ich gut zu recht. Was<br />
20 wir haben funktioniert sehr gut. Wir haben als Information für die Patienten sogar eine<br />
21 Ordinationstafel beim Eingang. Das habe ich mir in den Kopf gesetzt und es war äußerst<br />
22 schwierig. Ich bin hier auch <strong>der</strong> Meinung, dass sich ein APIS finanziell rechnet - auch <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />
23 Zeit und <strong>der</strong> Patientenzufriedenheit her, vom Wissen, was man da drinnen hat. Ich habe nie<br />
24 irgendeinen Patienten gelöscht o<strong>der</strong> irgendetwas weggeschmissen, es ist alles drinnen.<br />
25 Autor:<br />
26 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
27 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese? Wie bekannt sind Ihnen die<br />
28 an<strong>der</strong>en?<br />
29 Interviewpartner 7:<br />
30 e-card<br />
31 verwende ich natürlich und ist nützlich.<br />
32 e-Abrechnung<br />
33 habe ich seit ewigen Zeiten. Ist sehr nützlich.<br />
34 DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung<br />
35 auch nützlich.<br />
36 e-Arztbrief / e-Befundbericht<br />
37 Wir schreiben nicht wirklich Arztbriefe, die Funktionalität wäre aber vorhanden.<br />
38 Befundberichte bekomme ich immer schon, auch nützlich, gehört aber verbessert.<br />
39 e-Pflegebegleitschreiben<br />
40 nutze ich einstweilen noch nicht, aber ich habe die Ansuchen usw. als Formulare in <strong>der</strong> EDV.<br />
41 e-Laborbefund<br />
42 natürlich, sehr nützlich<br />
43 e-AUM<br />
44 verwende ich schon immer, sehr nützlich.<br />
45 ABS (Arzneimittelbewilligungsservice)<br />
46 nutze ich 100 %ig.<br />
47 e-Impfpass<br />
48 habe ich lei<strong>der</strong> noch nicht, möchte ich aber unbedingt. Darüber rede ich mit meinen jungen<br />
49 Kollegen schon lange. Wir haben gesagt, wir machen bei <strong>der</strong> Vorsorgeuntersuchung ein<br />
50 Qualitätsmanagementsystem, dafür wollen wir, dass <strong>der</strong> Patient den Impfpass mitnimmt und<br />
51 das angeschaut wird.<br />
52 e-Überweisung / e-Zuweisung / e-Einweisung<br />
53 haben wir diskutiert. Ich wäre dafür.<br />
54 ELGA<br />
55 ist ein eigenes Problem. Grundsätzlich wäre ich positiv eingestellt. Wenn alle Befunde<br />
56 hineingestellt wären und Abfragen eine Minute dauern würden - dann wäre es eine<br />
57 Katastrophe. Ich habe auch <strong>aus</strong> rechtlicher <strong>Sicht</strong> Bedenken: was ich alles wissen müsste /<br />
58 was passiert, wenn ich etwas übersehe? Wenn es praktikabel ist, wie etwa die e-AUM o<strong>der</strong><br />
59 das ABS-System, das wäre sinnvoll. Ein Problem habe ich auch mit den Versicherungen.<br />
60 Was passiert, wenn zB eine Frau fünfmal im Jahr zum Gynäkologen geht und dreimal zum<br />
61<br />
Neurologen - dann weiß man, was los ist. Und ein Berechtigungssystem für die Zugriffe hat<br />
182
Anhang<br />
62 sicher auch Lücken. Wenn jemand keinen Zugriff haben darf und trotzdem sagt: kann ich da<br />
63 mal reinschauen – naja. Aber grundsätzlich wäre ich für die Einführung <strong>von</strong> ELGA, wenn es<br />
64 nützlich und sinnvoll ist.<br />
65 e-Medikation<br />
66 hätte ich nichts dagegen.<br />
67 e-Radiologie<br />
68 hätte ich angeboten bekommen, brauche ich nicht, kenne ich mich auch nicht <strong>aus</strong>. Ich<br />
69 brauche nur Befunde.<br />
70 e-Mutter-Kind-Pass<br />
71 haben wir noch nicht – gibt es ja noch nicht. Wäre meiner Meinung nach auch nicht sinnvoll.<br />
72 e-Leistungsbericht<br />
73 hätte ich im System drinnen, ich kann ihn nur nicht elektronisch übermitteln. Ausdrucken<br />
74 kann ich die gesamte Patientendatei.<br />
75 e-Terminmanagement<br />
76 ist bei <strong>der</strong> Größe unserer Praxis nicht sinnvoll.<br />
77 e-Notfallsdaten (Patient Summary)<br />
78 haben wir nicht, aber das würde ich gerne haben. Das könnte man auch auf <strong>der</strong> e-card<br />
79 speichern.<br />
80 e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring)<br />
81 könnte ich mir gut vorstellen. Wir machen es jetzt so: wir schauen uns über das mobile i-pad<br />
82 jeden Tag die Laborbefunde an und bei Auffälligkeiten verständigen wir die Patienten.<br />
83 Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen<br />
84 das würde mir passen.<br />
85 Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs<br />
86 da bin ich dafür. Allerdings bin ich Arzt, als GDA möchte ich so nicht bezeichnet werden.<br />
87 Autor:<br />
88 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbieter<br />
89 (GDA)? Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen?<br />
90 Interviewpartner 7:<br />
91 Zu 90 % bin ich zufrieden. Ideal wäre für mich, wenn ich die Befunde per E-Mail über<br />
92 Medicalnet empfangen könnte. Wir spielen das s<strong>of</strong>ort in die Kartei ein und schreiben uns<br />
93 einige Stichworte dazu. Praktisch alle Ärzte schicken es elektronisch, bis auf wenige<br />
94 Wahlärzte, die das postalisch machen. Wenn es künftig vermehrt angeboten würde, würde<br />
95 ich es selbstverständlich auch nutzen.<br />
96 Autor:<br />
97 Finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch nützlich?<br />
98 Interviewpartner 7:<br />
99 Ja, finde ich sehr nützlich.<br />
100 Autor:<br />
101 Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
102 Interviewpartner 7:<br />
103 Ja, als Gruppenpraxis ist das relativ einfach. Dafür wäre zB ELGA eine sinnvolle<br />
104 Anwendung.<br />
105 Autor:<br />
106 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
107 zufrieden? Könnte man etwas verbessern?<br />
108 Interviewpartner 7:<br />
109 Großteils ja. Verbessern kann man immer was. Ich hätte gerne die Impfgeschichte besser<br />
110 kombiniert – mit einem Recall-System.<br />
111 Autor:<br />
112 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
113 haben?<br />
114 Interviewpartner 7:<br />
115 Die vorhandenen - ja.<br />
116 Autor:<br />
117 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Ist <strong>der</strong><br />
118 Support zufriedenstellend?<br />
119 Interviewpartner 7:<br />
120 Das Verhältnis ist sehr gut, auch mit dem Support bin ich zufrieden. Die Anfahrtskosten für<br />
121 einen Techniker finde ich allerdings immer überhöht.<br />
122 Autor:<br />
123 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
124 Interviewpartner 7:<br />
125 Ich sichere die Daten jeden Tag über die Telekom und auch auf eine externe Festplatte. Was<br />
126 die Firma mit den Daten auf den alten <strong>aus</strong>geschiedenen Computern macht, weiß ich nicht.<br />
127<br />
Ich muss denen vertrauen, dass sie zerstört werden.<br />
183
Anhang<br />
128 Autor:<br />
129 Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
130 Interviewpartner 7:<br />
131 Mäßig, aber es interessiert mich auch nicht mehr so. Früher habe ich mich sehr dafür<br />
132 interessiert und <strong>von</strong> Deutschland ein S<strong>of</strong>tware-Heft gehabt - über EDV für Ärzte. Die sind<br />
133 immer zwei bis drei Jahre vorne. Da habe ich geschaut, was kommt wie<strong>der</strong>. Jetzt informiere<br />
134 ich mich nicht mehr so darüber.<br />
135 Autor:<br />
136 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
137 Interviewpartner 7:<br />
138 Übers Internet, über die Ärztekammer und Fachzeitschriften die ich abonniert habe.<br />
139 Großteils über die Ärztekammer.<br />
140 Autor:<br />
141 Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
142 Interviewpartner 7:<br />
143 Von <strong>der</strong> Ärztekammer. Das ist für mich ja doch eine Vertrauensgeschichte.<br />
144 Autor:<br />
145 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong>-Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
146 angefragt würden?<br />
147 Interviewpartner 7:<br />
148 Sicher! Wir haben zB jetzt schon über die Homepage bzw. per E-Mail Anfragen über<br />
149 Impfungen - das funktioniert gut.<br />
150 Autor:<br />
151 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
152 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
153 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
154 Interviewpartner 7:<br />
155 Von <strong>der</strong> Ärztekammer -Ja! Meistens waren die Funktionen die eingeführt wurden sinnvoll und<br />
156 funktionieren perfekt.<br />
157 Autor:<br />
158 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen zB Erinnerung<br />
159 an Auffrischungsimpfungen?<br />
160 Interviewpartner 7:<br />
161 Sehr wenig.<br />
162 Autor:<br />
163 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
164 können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
165 Interviewpartner 7:<br />
166 Ich glaube ja. Ich denke das zeugt <strong>von</strong> Mo<strong>der</strong>nität.<br />
167 Autor:<br />
168 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
169 Interviewpartner 7:<br />
170 Ja, schon.<br />
171 Autor:<br />
172 Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
173 Interviewpartner 7:<br />
174 Nein!<br />
175 Autor:<br />
176 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
177 Funktionen zwingend anwenden?<br />
178 Interviewpartner 7:<br />
179 Wenn sie praktikabel sind – vor allem eine Zeitersparnis bringen, nützlich und sinnvoll sind,<br />
180 habe ich kein Problem. Auch die Kostenfrage muss geklärt sein.<br />
181 Autor:<br />
182 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten?<br />
183 Interviewpartner 7:<br />
184 Ja!<br />
185 Autor:<br />
186 Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am Computer und im Internet?<br />
187 Interviewpartner 7:<br />
188 Schon, ja!<br />
189 Autor:<br />
190 Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren am Computer gerne etwas<br />
191 <strong>aus</strong>?<br />
192 Interviewpartner 7:<br />
193<br />
Ja!<br />
184
Anhang<br />
194 Autor:<br />
195 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
196 stellt?<br />
197 Interviewpartner 7:<br />
198 Ich glaube ja. Ich habe damit auch überhaupt kein Problem, weil man damit wächst. Es ist<br />
199 eine Frage <strong>der</strong> Eingewöhnung.<br />
200 Autor:<br />
201 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
202 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten / eingeflossen sind?<br />
203 Interviewpartner 7:<br />
204 Ja!<br />
205 Autor:<br />
206 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
207 zu werden?<br />
208 Interviewpartner 7:<br />
209 Ja, das kann ich mir schon vorstellen.<br />
210 Autor:<br />
211 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw. selbst bei <strong>der</strong><br />
212 Entwicklung mitarbeiten?<br />
213 Interviewpartner 7:<br />
214 Ja ich hätte gerne einmal teilgenommen, aber ich gehe ja bald in Pension.<br />
215 Autor:<br />
216 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
217 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
218 Interviewpartner 7:<br />
219 Es sollte die Administration erleichtern und mich bei <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Patienten<br />
220 unterstützen. Sonst macht es keinen Sinn.<br />
221 Autor:<br />
222 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw im<br />
223 Gesundheitssystem generell?<br />
224 Interviewpartner 7:<br />
225 In meiner Praxis sicher nicht. Im gesamten Gesundheitssystem glaube ich schon.<br />
226 Autor:<br />
227 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
228 Funktionalitäten? Online-Terminvereinbarung, e-Medikation, e-Impfpass mit<br />
229 Erinnerungsfunktion, weniger Untersuchungen, ..?<br />
230 Interviewpartner 7:<br />
231 Ja, in allen genannten Bereichen.<br />
232 Autor:<br />
233 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
234 Interviewpartner 7:<br />
235 Für mich stünde an ganz erster Stelle nicht nur die Praktikabilität, son<strong>der</strong>n die Sicherheit.<br />
236 Wenn ich über die Datensicherheit nachdenke, wird mir <strong>of</strong>t schlecht. Wir Ärzte wissen nicht,<br />
237 was genau mit unseren Daten passiert, wer darauf zugreift, was kontrolliert wird usw. Das<br />
238 sollte streng geregelt und jeglicher Missbrauch auch aufgezeigt und behoben werden.<br />
239 Autor:<br />
240 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
241 Interviewpartner 7:<br />
242 Freiwillig wäre besser. Wenn Ärzte das Wort ‚Verpflichtung‘ nur hören, stellen sie schon die<br />
243 Haare auf.<br />
244 Autor:<br />
245 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
246 Interviewpartner 7:<br />
247 Ich denke, Opt-in wäre das Richtige. Je<strong>der</strong> Patient nimmt freiwillig teil und <strong>aus</strong>nahmslos alle<br />
248 Daten sind im System gespeichert. Wie das allerdings bei mir in <strong>der</strong> Praxis funktionieren soll,<br />
249 habe ich noch keine Ahnung. Das sind riesige Datenmengen die da angeschaut werden<br />
250 sollen und auch die rechtliche Sicherheit muss noch genau geklärt werden.<br />
251 Autor:<br />
252 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
253 Interviewpartner 7:<br />
254 An Ärzte: Ja - hätte ich kein Problem damit. An die sogenannten GDAs natürlich nicht.<br />
255 Autor:<br />
256 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
257 verän<strong>der</strong>n?<br />
258<br />
Interviewpartner 7:<br />
185
Anhang<br />
259 Glaube ich nicht. Viele Kollegen wollen das nicht, weil sie sagen, da werden wir noch mehr<br />
260 kontrolliert. Die Krankenkasse weiß <strong>von</strong> uns jetzt schon genug. Ich persönlich hätte aber kein<br />
261 Problem damit.<br />
262 Autor:<br />
263 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
264 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
265 Kosten, )<br />
266 Interviewpartner 7:<br />
267 Bei <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en Kollegen schon. Auch teils bei <strong>der</strong> Patientenbetreuung.<br />
268 In <strong>der</strong> Praktikabilität und Administration erwarte ich mir grundsätzlich schon Verbesserungen.<br />
269 Wenn es eine Zeitersparnis in <strong>der</strong> Ordination bringen würde, dann würde das auch etwas für<br />
270 die Betreuung <strong>der</strong> Patienten bringen. Bei den Kosten habe ich die Befürchtung, dass sie<br />
271 steigen.<br />
272 Autor:<br />
273 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw<br />
274 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
275 Interviewpartner 7:<br />
276 Nein, ich denke, wir haben über vieles gesprochen.<br />
277 Autor:<br />
278<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
186
8.3.8 Interviewpartner 8<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 8:<br />
4 Zuerst denke ich an e-Medikation, höhere Kosten, mehr EDV, Abhängigkeit vom<br />
5 S<strong>of</strong>twarehersteller, Warten auf Befunde, Zeitverlust.<br />
6 Autor:<br />
7 Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
8 und die Gesellschaft allgemein?<br />
9 Interviewpartner 8:<br />
10 Eine sehr große. Das Internet dient als wichtige Informationsquelle. Ohne EDV wäre eine<br />
11 medizinische Versorgung, wie wir sie heute anbieten können, nicht mehr vorstellbar.<br />
12 Allerdings ist auch die Abhängigkeit gestiegen und ein gezielter Informationsfluss durch den<br />
13 Überschuss an Informationen <strong>of</strong>t erschwert. Nehmen wir zB einen Entlassungsbefund: heute<br />
14 muss ich 15 und mehr Seiten in elektronischer Form lesen, früher hatte ich 1 Seite mit allen<br />
15 wesentlichen Informationen. Die Befundübermittlung beinhaltet für mich viele unnötige<br />
16 Informationen, <strong>der</strong>en Lesen für mich einen unnötigen Zeitaufwand bedeutet. Weiteres<br />
17 Beispiel: ein OP-Bericht umfasst bis zu 250 Seiten. Hier muss ich die für mich relevanten<br />
18 Daten r<strong>aus</strong>lesen, denn ein gezieltes Filtern ist <strong>der</strong>zeit nicht möglich.<br />
19 Autor:<br />
20 Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit Ihrer APIS?<br />
21 Interviewpartner 8:<br />
22 Ich besitze reine Userkenntnisse und komme mit meinem APIS gut zurecht. Das Programm<br />
23 würde sicherlich noch mehr können, aber für meine Bedürfnisse komme ich gut zurecht.<br />
24 Autor:<br />
25 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
26 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese?<br />
27 Wie bekannt sind Ihnen die an<strong>der</strong>en?<br />
28<br />
29<br />
30<br />
Verwendet<br />
Zufrieden<br />
e-card J J J<br />
e-Abrechnung (mit den Kassen) J J J<br />
DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung J J J<br />
e-Arztbrief / e-Befundbericht J J J<br />
e-Pflegebegleitschreiben Damit habe ich wenig zu tun<br />
e-Laborbefund J J J<br />
e-AUM (Arbeitsunfähigkeitsmeldung) J J J<br />
ABS (Arzneimittelbewilligungsservice) J Ist sehr verbesserungsfähig<br />
e-Impfpass Da<strong>von</strong> halte ich nichts<br />
e-Überweisung / e-Zuweisung / e-Einweisung J Wird als Papier benötigt<br />
ELGA Kann in <strong>der</strong>zeitiger Form nicht umgesetzt werden<br />
e-Medikation<br />
Könnte sinnvoll sein, wenn die Anwendung gegenüber<br />
dem Pilotprojekt wesentlich verbessert wird<br />
e-Radiologie J J J<br />
e-Mutter-Kind-Pass Da<strong>von</strong> halte ich nichts<br />
e-Leistungsbericht J Fraglicher Nutzen<br />
e-Terminmanagement<br />
Schwierig vorstellbar. Wenn alle GDAs dabei sein sollen<br />
- unmöglich<br />
e-Notfallsdaten (Patient Summary) J Sinnvoll, selten gebraucht<br />
e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring) Fraglicher Nutzen<br />
Öffentliches Informationssystem für<br />
qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen<br />
Fraglicher Nutzen<br />
Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller<br />
GDAs<br />
Nützlich<br />
A nmerkung<br />
Kann für Patienten durch<strong>aus</strong> sinnvoll sein. Anmerken<br />
möchte ich: Ärzte sind Ärzte, keine GDAs.<br />
187
Anhang<br />
31 Autor:<br />
32 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbieter<br />
33 (GDA)?<br />
34 Interviewpartner 8:<br />
35 Mit dem vorhandenen bin ich sehr zufrieden. Allerdings liegt das Hauptproblem am<br />
36 Datenformat, eine gesamte Krankengeschichte o<strong>der</strong> ein Befundbericht ist aufgrund des<br />
37 Umfanges schlecht lesbar und erfor<strong>der</strong>t mehr Zeitaufwand. Früher war ein Befund auf einer<br />
38 A4 Papierseite mit dem Wesentlichen zusammengefasst.<br />
39 Autor:<br />
40 Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen?<br />
41 Interviewpartner 8:<br />
42 Ja.<br />
43 Autor:<br />
44 Mit wem?<br />
45 Interviewpartner 8:<br />
46 Mit allen korrespondierenden <strong>Ärzten</strong>.<br />
47 Autor:<br />
48 Wie nützlich finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs?<br />
49 Interviewpartner 8:<br />
50 Wenn es eine gerichtete Info ist, sehr nützlich. Wenn <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Information zu viel ist,<br />
51 dann hin<strong>der</strong>lich.<br />
52 Autor:<br />
53 Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
54 Interviewpartner 8:<br />
55 Ja.<br />
56 Autor:<br />
57 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
58 zufrieden?<br />
59 Interviewpartner 8:<br />
60 Jein.<br />
61 Autor:<br />
62 Was könnte man verbessern?<br />
63 Interviewpartner 8:<br />
64 Individuelle Anpassungen an die Bedürfnisse müssten wesentlich kostengünstiger sein. Die<br />
65 gesamte IT-Landschaft ist grundsätzlich zu teuer.<br />
66 Autor:<br />
67 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
68 haben?<br />
69 Interviewpartner 8:<br />
70 Ja.<br />
71 Autor:<br />
72 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
73 Interviewpartner 8:<br />
74 Derzeit ja.<br />
75 Autor:<br />
76 Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
77 Interviewpartner 8:<br />
78 Gut. Aufgrund meiner Funktion in <strong>der</strong> Ärztekammer habe ich viele Informationen.<br />
79 Autor:<br />
80 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
81 Interviewpartner 8:<br />
82 Durch die regelmäßigen Rollouts und Infos <strong>von</strong> meinem S<strong>of</strong>tware-Anbieter werde ich<br />
83 regelmäßig informiert und auch durch die SVC.<br />
84 Autor:<br />
85 Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
86 Interviewpartner 8:<br />
87 Dazu habe ich <strong>der</strong>zeit keinen Bedarf.<br />
88 Autor:<br />
89 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Ist <strong>der</strong><br />
90 Support zufriedenstellend?<br />
91 Interviewpartner 8:<br />
92 Es besteht eine korrekte Geschäftsbeziehung. Mit dem Support bin ich zufrieden, bis auf die<br />
93 langen Warteschleifen an <strong>der</strong> Telefon-Hotline.<br />
94 Autor:<br />
95 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
96<br />
angefragt würden?<br />
188
Anhang<br />
97 Interviewpartner 8:<br />
98 Kann ich mir nicht vorstellen.<br />
99 Autor:<br />
100 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
101 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
102 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
103 Interviewpartner 8:<br />
104 Wenn sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer empfohlen wird, dann ja. Von <strong>der</strong> Sozialversicherung auch<br />
105 im Zuge <strong>der</strong> bestehenden Zusammenarbeit.<br />
106 Autor:<br />
107 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
108 Interviewpartner 8:<br />
109 Was e-<strong>Health</strong> anbelangt – nein.<br />
110 Autor:<br />
111 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
112 können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
113 Interviewpartner 8:<br />
114 Nein.<br />
115 Autor:<br />
116 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
117 Interviewpartner 8:<br />
118 Bedingt. Wichtig für mich ist die Befundgeschwindigkeit und auch in <strong>der</strong> raschen<br />
119 Kommunikation sehe ich Vorteile. Die e-<strong>Health</strong> Anwendungen müssen Sinn machen und für<br />
120 uns Ärzte einen Nutzen haben, sonst sind sie kein Arbeitsbehelf.<br />
121 Autor:<br />
122 Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
123 Interviewpartner 8:<br />
124 Nein.<br />
125 Autor:<br />
126 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
127 Funktionen zwingend anwenden?<br />
128 Interviewpartner 8:<br />
129 Ja. Denn wer lässt sich gerne zu etwas zwingen?<br />
130 Autor:<br />
131 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten?<br />
132 Interviewpartner 8:<br />
133 Nein.<br />
134 Autor:<br />
135 Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am Computer und im Internet?<br />
136 Interviewpartner 8:<br />
137 Eher selten.<br />
138 Autor:<br />
139 Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren am Computer gerne etwas<br />
140 <strong>aus</strong>?<br />
141 Interviewpartner 8:<br />
142 Nein.<br />
143 Autor:<br />
144 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
145 stellt?<br />
146 Interviewpartner 8:<br />
147 Ja. Wir Ärzte stehen Verän<strong>der</strong>ungen und Neuem positiv gegenüber. Vor<strong>aus</strong>gesetzt es ergibt<br />
148 einen Sinn und <strong>der</strong> Kosten-Nutzen Faktor muss gegeben sein.<br />
149 Autor:<br />
150 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
151 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten?<br />
152 Interviewpartner 8:<br />
153 Ja, auf jeden Fall.<br />
154 Autor:<br />
155 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
156 zu werden?<br />
157 Interviewpartner 8:<br />
158 Ja, ich denke schon.<br />
159 Autor:<br />
160 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw. selbst bei <strong>der</strong><br />
161 Entwicklung mitarbeiten?<br />
162<br />
Interviewpartner 8:<br />
189
Anhang<br />
163 Ja.<br />
164 Autor:<br />
165 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong> Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
166 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
167 Interviewpartner 8:<br />
168 Das würde einen Zeitverlust bedeuten, die Behandlung <strong>der</strong> Patienten würde länger dauern.<br />
169 Autor:<br />
170 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw. im<br />
171 Gesundheitssystem generell?<br />
172 Interviewpartner 8:<br />
173 Sicher nicht, ganz im Gegenteil. Wir müssten mit höheren Kosten und Ausgaben rechnen.<br />
174 Autor:<br />
175 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
176 Funktionalitäten? Online-Terminvereinbarung, e-Medikation, e-Impfpass mit<br />
177 Erinnerungsfunktion, weniger Untersuchungen, ..?<br />
178 Interviewpartner 8:<br />
179 Nein<br />
180 Autor:<br />
181 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
182 Interviewpartner 8:<br />
183 Der Gesetzgeber muss vor einer Entscheidung den Dialog mit den <strong>Ärzten</strong> suchen. Die e-<br />
184 <strong>Health</strong> Tools gehören an die Bedürfnisse <strong>der</strong> Ärzte angepasst und sollen sie bei ihrer Arbeit<br />
185 unterstützen und nicht behin<strong>der</strong>n.<br />
186 Autor:<br />
187 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
188 Interviewpartner 8:<br />
189 Nein, das wäre kontraproduktiv.<br />
190 Autor:<br />
191 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
192 verän<strong>der</strong>n?<br />
193 Interviewpartner 8:<br />
194 Wahrscheinlich ja.<br />
195 Autor:<br />
196 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
197 Interviewpartner 8:<br />
198 Nein, das ist keinesfalls denkbar.<br />
199 Autor:<br />
200 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
201 Interviewpartner 8:<br />
202 Es kann grundsätzlich nur Opt-in geben.<br />
203 Autor:<br />
204 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
205 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
206 Kosten, )<br />
207 Interviewpartner 8:<br />
208 Verbesserungen sind sicher in <strong>der</strong> internen Organisation und in <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit<br />
209 an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> möglich, wenn die e-<strong>Health</strong> Anwendungen an die Bedürfnisse <strong>der</strong> Ärzte<br />
210 angepasst sind. Keinesfalls wird es eine Kostenersparnis geben, im Gegenteil: die Kosten<br />
211 werden steigen. Mehrfachuntersuchen lassen sich kaum vermeiden, weil zB in 14 Tagen die<br />
212 Situation des Patienten wie<strong>der</strong> eine ganz an<strong>der</strong>e sein kann. Ebenso die Befundung, hier ist<br />
213 kein Einsparungspotential vorhanden. Auch eine Zeitersparnis kann ich mir nicht vorstellen.<br />
214 Autor:<br />
215 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
216 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
217 Interviewpartner 8:<br />
218 Uns <strong>Ärzten</strong> ist wichtig, dass durch mehr e-<strong>Health</strong> Anwendungen <strong>der</strong> administrative<br />
219 Zeitaufwand bei <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Patienten nicht höher wird. Die Behandlung <strong>der</strong><br />
220 Patienten darf dadurch keinesfalls gefährdet werden. Auch haben wir die Befürchtung, dass<br />
221 ein Teil <strong>der</strong> Kosten auf uns abgewälzt wird, ohne dass wir einen entsprechenden Nutzen<br />
222 haben. Jede zusätzliche Anwendung muss bei <strong>der</strong> Behandlung <strong>von</strong> Patienten Sinn machen,<br />
223 darf keinen Mehraufwand erfor<strong>der</strong>n, keine zusätzlichen Kosten verursachen und soll für uns<br />
224 ein Arbeitsbehelf sein. Die <strong>der</strong>zeit diskutierten Lösungen <strong>von</strong> ELGA und e-Medikation sind in<br />
225 dieser Form nicht akzeptabel. Grundsätzlich sind wir jedoch <strong>of</strong>fen für Tools, die Sinn machen.<br />
226 Auch wollen wir in Entscheidungen eingebunden sein, es darf nicht über den Köpfen <strong>der</strong><br />
227 Ärzte entschieden werden.<br />
228<br />
Autor: Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
190
8.3.9 Interviewpartner 9<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 9:<br />
4 Bürokratie. Wenn <strong>von</strong> oben herab, sprich <strong>von</strong> Ministerialbeamten e-<strong>Health</strong> propagiert wird,<br />
5 dann ist das für uns meistens mit unserem Geld und mit unserer Arbeitszeit verbunden, weil<br />
6 die Dinge, welche die Bürokraten interessieren, interessieren uns Ärzte nicht.<br />
7 Autor:<br />
8 Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
9 und die Gesellschaft allgemein?<br />
10 Interviewpartner 9:<br />
11 Eine sehr positive, es ist aber nicht ungefährlich, weil man Spuren hinterlässt, die<br />
12 zunehmend <strong>aus</strong>gewertet werden können. Diese Spuren können <strong>von</strong> Personen o<strong>der</strong><br />
13 Institutionen möglicherweise auch gegen uns selbst verwendet werden. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
14 Seite hat man einen großen Nutzen vom Internet, weil nahezu jede Information in Sekunden<br />
15 verfügbar ist.<br />
16 Autor:<br />
17 Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit Ihrer APIS?<br />
18 Interviewpartner 9:<br />
19 Ich glaube sehr viel. Ich beschäftige mich zwangsläufig damit. Nachdem die Preise <strong>der</strong> EDV-<br />
20 Branche nicht beson<strong>der</strong>s gering sind, war ich gezwungen, mir Kenntnisse anzueignen, weil<br />
21 wir doch sehr viele Computer haben und wenn ich das alles extern <strong>aus</strong>lagern würde, würde<br />
22 das viel Geld kosten.<br />
23 Autor:<br />
24 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
25 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese? Wie bekannt sind Ihnen die<br />
26 an<strong>der</strong>en?<br />
27 Interviewpartner 9:<br />
28 e-card, e-Abrechnung, DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung, e- Arztbrief / e-Befundbericht, e-<br />
29 Laborbefund laufen komplett über die Praxiss<strong>of</strong>tware und sind sehr nützlich.<br />
30 Mit dem e-Pflegebegleitschreiben und <strong>der</strong> e-AUM haben wir Internisten relativ wenig zu tun.<br />
31 ABS, das ist so eine Bürokratenburg. Gott sei Dank hat die Gebietskrankenkasse in OÖ ein<br />
32 an<strong>der</strong>es Modell gewählt.<br />
33 e-Impfpass, damit habe ich weniger zu tun, betrifft wahrscheinlich die Allgemeinmediziner.<br />
34 e-Überweisung / e-Zuweisung / e-Einweisung wird sowieso gemacht, allerdings zusätzlich<br />
35 noch auf Papier <strong>aus</strong>gedruckt.<br />
36 ELGA halte ich in <strong>der</strong> jetzigen Form für Schwachsinn.<br />
37 e-Medikation könnte nützlich sein, wird wahrscheinlich aber auch <strong>von</strong> <strong>der</strong> Bürokratie so<br />
38 gemacht, dass es nicht mehr nützlich ist. Ich war nicht dabei beim Pilotprojekt, aber was man<br />
39 so hört, ist es Zeitverschwendung.<br />
40 e-Radiologie inkl. <strong>der</strong> Befundübermittlung läuft hier sowieso elektronisch. Die Bil<strong>der</strong> habe ich<br />
41 mir früher alle angesehen, heute mache ich es nicht mehr, weil ich mich auf die Befunde<br />
42 prinzipiell verlasse.<br />
43 e-Mutter-Kind-Pass ist für mich nicht relevant.<br />
44 e-Leistungsbericht kann ich mir nichts vorstellen.<br />
45 e-Terminmanagement haben wir. Internet- bzw. E-Mail-Einbindung wird <strong>von</strong> den Firmen<br />
46 propagiert, da bin ich mit <strong>der</strong> Einbindung in die Homepage sehr restriktiv mit Terminabgleich,<br />
47 weil es de facto in <strong>der</strong> Form die ich kenne mehr Arbeit ist – bei Rückfragen ist es einfacher<br />
48 telefonisch.<br />
49 e-Notfallsdaten (Patient Summary) wären sicher toll, wenn sie auf <strong>der</strong> e-card vermerkt<br />
50 wären. Ich wäre ein Verfechter <strong>von</strong> nur den entsprechenden, wenigen Diagnosen auf <strong>der</strong> e-<br />
51 card, eventuell auch die aktuelle Medikation, aber nicht in dezentralen Server-<br />
52 Betriebssystemen, die nicht zu schützen sind.<br />
53 e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring) - damit habe ich wenig Erfahrung, ich bin mir<br />
54 nicht so sicher, ob das in <strong>der</strong> Masse einsetzbar ist.<br />
55 Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen - sind eh<br />
56 schon erhältlich, ein öffentliches Informationssystem wird wie<strong>der</strong> in ein Bürokratiesystem<br />
57 versanden.<br />
58 Ein zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs mag nett und vernünftig sein,<br />
59 letztendlich läuft es bei uns aber über persönliche Beziehungen und Mundpropaganda. In<br />
Ausnahmefällen könnte es unter Umständen vernünftig sein. Außerdem bin ich Arzt und kein<br />
60 marktorientierter GDA.<br />
61<br />
191
Anhang<br />
62 Autor:<br />
63 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbieter<br />
64 (GDA)? Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen?<br />
65 Interviewpartner 9:<br />
66 Mit dem Bestehenden bin ich sehr zufrieden. Ich nutze es so weit ich kann, ich würde es<br />
67 auch zukünftig vermehrt nutzen - ist nur die Frage ob die Form <strong>der</strong> Befundübermittlung so<br />
68 bleibt. Es funktioniert prinzipiell sehr gut, manchmal hat es ein bisschen Ecken und Kanten,<br />
69 aber die sind firmenmäßig bedingt, wenn zB ein Zertifikat abläuft. Ein großes Problem ist,<br />
70 dass wir ohne EDV völlig lahmgelegt sind. Wenn <strong>der</strong> Server bei mir nicht funktioniert, kann<br />
71 ich die Ordination zusperren und auf Urlaub gehen. Ich habe dann keine Daten mehr zur<br />
72 Verfügung, weil wir keine Kartei auf Papier mehr haben. Das war lei<strong>der</strong> schon zwei Mal <strong>der</strong><br />
73 Fall. Auch die Abhängigkeit <strong>von</strong> Internet-Provi<strong>der</strong>, e-card-Provi<strong>der</strong>, GKK, Hauptverband etc.<br />
74 ist groß und eigentlich bedenklich.<br />
75 Autor:<br />
76 Wie nützlich finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong>?<br />
77 Interviewpartner 9:<br />
78 Sehr!<br />
79 Autor:<br />
80 Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
81 Interviewpartner 9:<br />
82 Nicht in <strong>der</strong> Ordination, aber prinzipiell funktioniert das Urlaubs- und<br />
83 Krankenstandsvertretungs-System sehr gut.<br />
84 Autor:<br />
85 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
86 zufrieden? Was könnte man verbessern?<br />
87 Interviewpartner 9:<br />
88 Im Prinzip ja, es funktioniert gut, gefährlich sind immer nur Updates, wenn sie nicht<br />
89 <strong>aus</strong>reichend getestet wurden. Oft bedarf es eines weiteren Updates, damit ein Update<br />
90 funktioniert. Etwas zu verbessern ist schwierig. Man könnte die Testphasen verlängern und<br />
91 Musterordinationen gegen ein reduziertes Entgelt o<strong>der</strong> einen verbesserten Service als<br />
92 Erstversuch heranziehen. Jede Ordination ist natürlich unterschiedlich und in meiner<br />
93 Ordination sind wir ja konkret zwei Ärzte, wo aber je<strong>der</strong> seine getrennte Praxis hat und das<br />
94 macht das Ganze noch etwas komplizierter und darauf sind auch die S<strong>of</strong>twarefirmen noch<br />
95 nicht ganz eingestellt.<br />
96 Autor:<br />
97 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
98 haben?<br />
99 Interviewpartner 9:<br />
100 Was wir momentan haben funktioniert gut und ich bin auch zufrieden damit. Das Problem ist<br />
101 nur, wenn zB das e-card-System <strong>aus</strong>fällt – obwohl wir auch hier Abläufe haben, die wir schon<br />
102 mehrmals durchgespielt haben und das funktioniert. Wir hatten Gott sei Dank auch noch<br />
103 keine Probleme mit den Kassen, wenn irgendwelche Datensätze fehlen. Wenn es dann<br />
104 Probleme gibt und wenn man dann möglicherweise wochenlang um Honorare streiten muss,<br />
105 dann wird es bedenklich.<br />
106 Autor:<br />
107 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
108 Interviewpartner 9:<br />
109 Nach bestem Wissen und Gewissen - ja. Aber mir ist auch völlig klar, dass die Daten nie<br />
110 völlig geschützt werden können. Wenn einer will, dann wird er auch an meine Patientendaten<br />
111 rankommen. Wir haben Virenschutzsysteme, zwei Firewalls und alles verschlüsselt. Das<br />
112 sollte in <strong>der</strong> Theorie <strong>aus</strong>reichen, aber wenn jemand böse ist, wird er das überwinden können.<br />
113 Autor:<br />
114 Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
115 Interviewpartner 9:<br />
116 Nicht gut. Die Entscheidungen werden <strong>von</strong> oben herab und nicht <strong>von</strong> <strong>der</strong> Basis getr<strong>of</strong>fen, wir<br />
117 werden damit konfrontiert und müssen halt das Beste dar<strong>aus</strong> machen. Man hat es mit <strong>der</strong> e-<br />
118 card gesehen - das kostet einen Haufen Geld in den Anschaffungs-und Betriebskosten und<br />
119 bedurfte einer ziemlichen Umorganisation. Die Hauptvorteile haben aber die<br />
Sozialversicherungsträger und wir bleiben auf unseren Kosten sitzen und das wird<br />
120<br />
121 wahrscheinlich beim ganzen e-<strong>Health</strong> so bleiben.<br />
122 Autor:<br />
123 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
124 Interviewpartner 9:<br />
125 Presse, ein wenig Ärztekammer, Krankenkasse.<br />
126 Autor:<br />
127<br />
Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
192
Anhang<br />
128 Interviewpartner 9:<br />
129 Von allen, die in den Entscheidungsprozess mit eingebunden sind.<br />
130 Autor:<br />
131 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Ist <strong>der</strong><br />
132 Support zufriedenstellend?<br />
133 Interviewpartner 9:<br />
134 Korrekt! Der Support ist prinzipiell zufriedenstellend, es ist in <strong>der</strong> letzten Zeit so – das höre<br />
135 ich eher <strong>von</strong> Kollegen – dass die Hotlines weniger besetzt sind. Es wird halt alles<br />
136 ökonomisiert und wenn man ein Problem hat, hat man möglicherweise ein großes Problem,<br />
137 was sich aber vielleicht auf <strong>der</strong> persönlichen Ebene leichter lösen lässt, wenn man Leute<br />
138 kennt, die im Familienbetrieb mitgearbeitet haben und die im großen Konzern noch<br />
139 mitmischen.<br />
140 Autor:<br />
141 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong>-Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
142 angefragt würden?<br />
143 Interviewpartner 9:<br />
144 Das kann man so nicht sagen. Patienten haben eigene Bedürfnisse, diese müssen nicht mit<br />
145 meinen kongruent sein, aber ich könnte es mir prinzipiell auch vorstellen, wenn ein großer<br />
146 Bedarf wäre. ZB habe ich mir für einen webbasierten Terminkalen<strong>der</strong> einige Programme<br />
147 angesehen, weil <strong>der</strong> Wunsch <strong>von</strong> Patienten gekommen ist. Nach Durchsicht habe ich mir<br />
148 gedacht, dass es letztlich für mich nicht praktikabel ist. Für die Zukunft will ich aber nichts<br />
149 <strong>aus</strong>schließen.<br />
150 Autor:<br />
151 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
152 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
153 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
154 Interviewpartner 9:<br />
155 Das kommt darauf an. Wenn es für mich praktikabel ist, ist es ein Thema. Aber bloß weil das<br />
156 Gesundheitsministerium etwas empfiehlt - ich denke so groß ist hier die Kompetenz nicht,<br />
157 dass die etwas für mich entscheiden können.<br />
158 Autor:<br />
159 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
160 Interviewpartner 9:<br />
161 Wenige, weil einfach zu viele Patienten im Routinebetrieb integriert sind und darüber<br />
162 hin<strong>aus</strong>gehende Leistungsangebote für einen Kassenarzt sehr schwierig sind. Offiziell fällt<br />
163 alles unter den Sachleistungsbetrieb und Privatleistungen sind nicht direkt verboten aber<br />
164 doch weitgehend. Es würde außerdem letztlich den administrativen Betrieb stören. Zum Teil<br />
165 finde ich es <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ideologie her richtig, dass alle Patienten letztendlich gleich behandelt<br />
166 werden und man nicht immer nur schaut, wie man selbst möglichst viel verkaufen kann.<br />
167 Autor:<br />
168 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
169 können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
170 Interviewpartner 9:<br />
171 Wenn es gut gemacht ist, könnte ich es mir vorstellen. ZB das Problem <strong>der</strong> Medikamente:<br />
172 Nachdem ich die Patienten immer nach allen Medikamenten frage und sie zu 95 % auch<br />
173 immer dokumentiere, ist die Eingabe <strong>der</strong> Patientenmedikation ein sehr großer Zeitfaktor.<br />
174 Wenn es eine praktikable Möglichkeit gäbe, diese elektronisch übermittelt zu bekommen,<br />
175 wäre das sicher eine großer Erleichterung.<br />
176 Autor:<br />
177 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
178 Interviewpartner 9:<br />
179 Es ist bedeutsam geworden durch die Einführung <strong>der</strong> e-card und es ist sicher das System<br />
180 noch <strong>aus</strong>baufähig - aber nicht <strong>von</strong> oben nach unten son<strong>der</strong>n eher <strong>von</strong> unten nach oben.<br />
181 Autor:<br />
182 Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
183 Interviewpartner 9:<br />
184 Nein. Ich bin lei<strong>der</strong> in einer Generation die ohne Computer nicht mehr leben kann.<br />
185 Autor:<br />
186 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
187 Funktionen zwingend anwenden?<br />
188 Interviewpartner 9:<br />
189 Natürlich macht es einen Unterschied. Zwänge sind nie akzeptabel.<br />
190 Autor:<br />
191 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten? Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am<br />
192 Computer und im Internet? Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren<br />
193<br />
am Computer gerne etwas <strong>aus</strong>?<br />
193
Anhang<br />
194 Interviewpartner 9:<br />
195 Ja, es macht mir Spaß. In <strong>der</strong> Freizeit bin ich eher zu viel am Computer – sagt meine Frau.<br />
196 Ich bin auch neugierig, zur Not baue ich mir selbst einen Computer.<br />
197 Autor:<br />
198 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
199 stellt?<br />
200 Interviewpartner 9:<br />
201 Den <strong>der</strong>zeitigen sicher. Was die Bürokraten <strong>aus</strong>baden weiß ich nicht.<br />
202 Autor:<br />
203 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
204 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten / eingeflossen sind?<br />
205 Interviewpartner 9:<br />
206 Bei dem Programm das ich habe weiß ich, dass es auch ein wenig in die Richtung meiner<br />
207 Vorstellung entwickelt worden ist. Mit dem Programm kann man gut arbeiten und meine<br />
208 Bedürfnisse sind bis auf Kleinigkeiten eigentlich abgedeckt.<br />
209 Autor:<br />
210 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
211 zu werden?<br />
212 Interviewpartner 9:<br />
213 Ich akzeptiere das System. Wenn ich in die Entwicklung eingebunden wäre, wäre das ein<br />
214 Zeitaufwand und Zeit ist eigentlich das Kostbarste, was ich in meinem Leben habe. Somit<br />
215 stellt sich die Frage: „just for fun“ sicher nicht. In einer Institution könnte ich es mir prinzipiell<br />
216 vorstellen, allerdings müssen die Rahmenbedingungen passen.<br />
217 Autor:<br />
218 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw selbst bei <strong>der</strong><br />
219 Entwicklung mitarbeiten?<br />
220 Interviewpartner 9:<br />
221 Könnte ich mir vorstellen, ja.<br />
222 Autor.<br />
223 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
224 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
225 Interviewpartner 9:<br />
226 Das ist nicht abschätzbar, muss man im konkreten Fall sehen. Es kann ein Zeiträuber sein,<br />
227 es kann administrativ ein Hürdenlauf sein, irgendwelche sinnlosen Formulare <strong>aus</strong>zufüllen, es<br />
228 kann aber durch<strong>aus</strong> auch positiv sein, dass es eine Arbeitserleichterung ist <strong>von</strong> sinnlosen<br />
229 Sachen, die man halt jetzt machen muss.<br />
230 Autor:<br />
231 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw im<br />
232 Gesundheitssystem generell?<br />
233 Interviewpartner 9:<br />
234 e-<strong>Health</strong> ist, glaube ich, vor allem ein Kostenersparnispunkt für das Gesundheitswesen. Die<br />
235 Patienten bzw die Ärzte spielen nicht wirklich eine Rolle. Die Ökonomie ist für das<br />
236 Ministerium <strong>der</strong> entscheidende Punkt mit dem Hintergrund: die Ärzteschaft weiterhin an die<br />
237 Kandare zu nehmen, besser und genauer kontrollieren zu können und entsprechend auch<br />
238 Konsequenzen dar<strong>aus</strong> zu ziehen. Es ist ein Kontrollinstrument, <strong>der</strong> Patient spielt eigentlich<br />
239 wenig bis gar keine Rolle.<br />
240 Autor:<br />
241 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
242 Funktionalitäten?<br />
243 Interviewpartner 9:<br />
244 Möglicherweise, auch für den Patienten - aber das ist <strong>der</strong> kleinste Punkt.<br />
245 Autor:<br />
246 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
247 Interviewpartner 9:<br />
248 Indem er kostenneutral die Anfor<strong>der</strong>ungen schreibt. Die Betonung liegt auf kostenneutral –<br />
249 uns <strong>Ärzten</strong> müssen die zusätzlichen Aufwände ersetzt werden, was uns e-<strong>Health</strong> definitiv<br />
250 kostet. Wie wir noch mit Scheinen abgerechnet haben, sind eine Legion <strong>von</strong> Damen in <strong>der</strong><br />
251 GKK und Schreibzentrale bei <strong>der</strong> Ärztekammer gesessen und wurden bezahlt, damit sie das<br />
252 umschreiben. Wir Ärzte haben die Kosten für die e-card-Infrastruktur und für die Abrechnung<br />
253 getragen. Ich habe eine relativ große Infrastruktur mit einem eigenen Serverraum und wir<br />
254 haben ungefähr 20 Computer in <strong>der</strong> Ordination - wir haben diese Kosten getragen, haben<br />
255 nichts bekommen - außer ca. € 700,00 <strong>von</strong> <strong>der</strong> GKK. Und die an<strong>der</strong>en haben den Benefit!<br />
256 Das ist nicht partnerschaftliches Teilen, son<strong>der</strong>n das wurde uns diktiert und wir mussten halt<br />
257 nach <strong>der</strong> Methode: ‚die Ärzte haben’s eh‘. Einen Vorteil „neutral zu teilen“, kann man <strong>von</strong><br />
258 Staat nicht verlangen im Grund genommen, zumindest nicht <strong>von</strong> unserem. Das geht in <strong>der</strong><br />
259<br />
Schweiz, aber nicht bei uns.<br />
194
Anhang<br />
260 Autor:<br />
261 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
262 Interviewpartner 9:<br />
263 Er sollte es nicht und wenn er es tut: wie man in den Wald hineinruft, so kommt es zurück.<br />
264 Autor:<br />
265 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
266 Interviewpartner 9:<br />
267 Ich bin absolut für Opt-in und zum jetzigen Zeitpunkt kann ich jedem Patenten nur raten -<br />
268 Opt-out zu nutzen. Ob es akzeptiert wird, ist die Frage - weil wer kontrolliert das? Für uns<br />
269 sind die Datensätze, die über das Internet und die Plattform des Systemanbieters laufen,<br />
270 nicht nachvollziehbar. Ich kann ja auch eine Abrechnung nicht mehr kontrollieren. Ich kann<br />
271 sie <strong>aus</strong>drucken, aber ich weiß nicht, wie die Datensätze aufbereitet wurde, ich kann sie nicht<br />
272 lesen. Bei e-<strong>Health</strong> ist es genau dasselbe - welche Datensätze werden wie abgerufen? Das<br />
273 ist für uns ja nicht transparent. Wir hatten vor ungefähr einem Jahr <strong>von</strong> <strong>der</strong> Compugroup eine<br />
274 e-Mail erhalten, dass, wenn wir zustimmen, für € 700,00 unsere Verordnungsgewohnheiten<br />
275 sozusagen „anonymisiert“ an irgend ein Institut weitergereicht werden können - das ist <strong>der</strong><br />
276 nackte Irrsinn! Alleine dass die auf eine solche Idee kommen! Das ist wie <strong>der</strong> Datenschutz:<br />
277 für uns unüberprüfbar. Und dann stehen wir möglicherweise vor Gericht, weil wir etwas<br />
278 gemacht haben wo wir nicht einmal wissen, was gemacht worden ist. Das Ganze ist Gott sei<br />
279 Dank abgeblasen worden. Der Arzt ist für die Behandlung <strong>von</strong> Patienten und nicht für die<br />
280 Validierung <strong>von</strong> irgendwelchen EDV-Datensätzen da. Die Problematik wird wahrscheinlich<br />
281 immer größer werden.<br />
282 Autor:<br />
283 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
284 Interviewpartner 9:<br />
285 Nein, weil die Missbrauchsmöglichkeit einfach zu groß wäre. Für <strong>aus</strong>gewählte Ärzte – so wie<br />
286 es jetzt läuft – ja, kein Problem. Ich würde das mit <strong>der</strong> e-card bzw. limitiertem Zugang für<br />
287 Ärzte während <strong>der</strong> Behandlung verknüpfen. Mit <strong>der</strong> e-card hätte <strong>der</strong> Patient ja die<br />
288 Möglichkeit, seine Daten zu schützen und freizugeben. Letztlich läuft es aber in eine an<strong>der</strong>e<br />
289 Richtung: bei ELGA sollen nur die jeweils Berechtigten tatsächlich Zugriff auf die<br />
290 Patientenakten haben- genau das glaube ich nicht. Im Grund kann je<strong>der</strong> im<br />
291 Gesundheitswesen auf alles zugreifen. Damit ist dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet und<br />
292 er wird auch kommen.<br />
293 Autor:<br />
294 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
295 verän<strong>der</strong>n?<br />
296 Interviewpartner 9:<br />
297 Schlechter würde sie werden. Die Kontrollen werden durchgezogen und meine<br />
298 Behandlungsstrategien wären sozusagen vom grünen Tisch nachvollziehbar und man könnte<br />
299 dann immer in Diskussionen eintreten. Wurde leitlinienkonform behandelt - Ja/Nein? Wobei<br />
300 ich Leitlinien nicht prinzipiell für schlecht halte, aber wenn sie dann 100 %ig durchexerziert<br />
301 werden müssen – unabhängig vom Patienten – dann wird es gefährlich. Diese Entwicklung<br />
302 hat es kurzzeitig einmal in Deutschland gegeben, aber ich glaube das wurde auch<br />
303 abgebrochen, weil es nicht praktikabel war.<br />
304 Autor:<br />
305 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
306 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
307 Kosten, )<br />
308 Interviewpartner 9:<br />
309 Da bin ich sehr neutral, weil es da<strong>von</strong> abhängt, welche Projekte wirklich angegangen<br />
310 werden. Man sollte auf jeden Fall – was immer man macht – im Vorfeld das Ganze<br />
311 <strong>aus</strong>führlich testen, evaluieren und die Kostenfrage klären, bevor man es aufs ganze Land<br />
312 verbreitet.<br />
313 Autor:<br />
314 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw<br />
315 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
316 Interviewpartner 9:<br />
317 Es gibt sicher viele Möglichkeiten <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>, die man <strong>aus</strong>bauen kann und vielleicht auch<br />
318 <strong>aus</strong>bauen soll, aber im Augenblick fällt mir dazu nichts ein.<br />
319 Autor:<br />
320<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
195
8.3.10 Interviewpartner 10<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 10:<br />
4 Elektronische Gesundheitsdatenerhebung und –übertragung usw.<br />
5 Autor:<br />
6 Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
7 und die Gesellschaft allgemein?<br />
8 Interviewpartner 10:<br />
9 Von unserem Fach her ist klar, dass man sehr dafür ist. Ich habe eine positive Einstellung,<br />
10 weil ich es beruflich viel nutze und natürlich auch privat.<br />
11 Autor:<br />
12 Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware?<br />
13 Interviewpartner 10:<br />
14 Das kommt darauf an, was man alles als S<strong>of</strong>tware sieht. Wenn es um die S<strong>of</strong>tware geht, die<br />
15 nur die Verwaltung und Abrechnung usw betrifft, dann hält sich meine Erfahrung in Grenzen,<br />
16 weil das großteils mein Sekretariat macht. Wenn die S<strong>of</strong>tware gemeint ist, die ich nutze zum<br />
17 Befunden - da kümmere ich mich deutlich mehr darum und da geht es mir absolut gut damit,<br />
18 die Anwendung ist wahnsinnig nützlich.<br />
19 Autor:<br />
20 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
21 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese? Wie bekannt sind Ihnen die<br />
22 an<strong>der</strong>en?<br />
23 e-card<br />
24 ganz klar und nützlich.<br />
25 e-Abrechnung<br />
26 absolut nützlich, weil wir uns damit das Herumschicken <strong>der</strong> Scheine ersparen.<br />
27 DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung<br />
28 das macht eine Sekretärin. Ich denke aber es funktioniert einwandfrei.<br />
29 e-Befundbericht<br />
30 wird sowieso auch ständig genutzt, weil ja fast alle Zuweiser angebunden sind.<br />
31 e-Pflegebegleitschreiben<br />
32 betrifft mich nicht.<br />
33 e-Laborbefund<br />
34 betrifft mich auch nicht.<br />
35 e-AUM<br />
36 betrifft mich auch nicht<br />
37 ABS (Arzneimittelbewilligungsservice)<br />
38 betrifft unser Fach auch nicht.<br />
39 e-Impfpass<br />
40 auch nicht<br />
41 e-Überweisung / e-Zuweisung<br />
42 damit bin ich zufrieden und ist sehr nützlich.<br />
43 ELGA<br />
44 Ich glaube schon, dass ich mich damit einigermaßen <strong>aus</strong>kenne, aber da habe ich zum Teil<br />
45 auch schon Bedenken. Weil was ich jetzt sehe ist so, dass zum Teil die Grunddinge nicht<br />
46 erledigt sind. Deshalb können wir nicht groß da<strong>von</strong> reden, dass wir mit <strong>der</strong> elektronischen<br />
47 Gesundheitsakte weitertun, solange es zum Teil in <strong>der</strong> S<strong>of</strong>tware im H<strong>aus</strong> und auch in den<br />
48 Krankenhäusern immer wie<strong>der</strong> Probleme gibt. Damit meine ich, dass es ganz klar sein muss,<br />
49 dass ich das Richtige dazu bekomme, wenn ich schon Vergleichsbefunde ansehen muss,<br />
50 was unser Fach betrifft. Ich habe kein Interesse, wenn ich heute zB ein MR <strong>der</strong> LWS<br />
51 anschaue, dass ich dann einen Wust an Befunden bekomme. Ins<strong>of</strong>ern habe ich ein bisschen<br />
52 ein Problem, weil wir schon teilweise Wünsche an die EDV hätten, die zumindest scheinbar<br />
53 <strong>von</strong> unseren Firmen nicht erfüllbar sind. Das sind Banalitäten wie beispielsweise, dass <strong>der</strong><br />
54 Befund direkt an die Bilddatei als pdf angehängt wird. Es sind so viele Kleinigkeiten noch<br />
55 nicht möglich. Sonst wäre ich sehr dafür, wobei ich glaube, dass man daran denken muss,<br />
56 dass es Fächer gibt, wo es <strong>von</strong> den Patienten nicht so viele Bedenken gibt, zB Labor- und<br />
57 radiologische Daten eignen sich dafür. Sonst wird es glaube ich schwierig bzgl. <strong>der</strong><br />
58 Sensibilität <strong>der</strong> Patienten. Ich würde ELGA in erster Linie mit den Bereichen probieren, wo<br />
59 man weiß - das wird leichter funktionieren und lässt sich leichter transportieren. Da glaube<br />
60 ich aber auch, dass noch viele Grundaufgaben nicht gelöst sind. Ich bin schon für ELGA,<br />
61<br />
wenn man es vernünftig aufsetzt. Wir haben versucht, eine Art „kleines Pilotprojekt“ zu<br />
196
Anhang<br />
62 machen, wo die Zuweiser auch die Möglichkeit haben, die Befunde abrufen zu können. Dazu<br />
63 hätte aber <strong>der</strong> Patient einen dreiseitigen Fragebogen <strong>aus</strong>füllen müssen, <strong>der</strong> zurzeit noch<br />
64 vom Datenschutz her notwendig wäre. Solche Irrsinnigkeiten muss man sich künftig bei<br />
65 ELGA sparen. Das geht nicht, das wäre unmöglich gewesen.<br />
66 e-Medikation<br />
67 das betrifft mich nicht und damit kenne ich mich auch nicht <strong>aus</strong>.<br />
68 e-Radiologie<br />
69 bin ich dafür. Sehr dafür sogar.<br />
70 e-Mutter-Kind-Pass<br />
71 betrifft mich nicht.<br />
72 e-Leistungsbericht<br />
73 Wenn es da ein einheitliches Format dafür gäbe, dann wäre ich sehr dafür, zurzeit ist das<br />
74 nicht so einfach.<br />
75 e-Terminmanagement<br />
76 Darüber haben wir viel nachgedacht. Ist aber sinnlos bei uns, weil für die Terminvergabe man<br />
77 viel zu viele Fragen an den Patienten stellen muss. Wir können es auch nicht riskieren, dass<br />
78 sich jemand selber einbucht. Selbst wenn wir das nur über die Ärzte erlauben würden, ist es<br />
79 besser, das trotzdem telefonisch zu erledigen. Bis jetzt waren wir da nicht <strong>der</strong> Meinung, dass<br />
80 uns das etwas bringt.<br />
81 e-Notfallsdaten (Patient Summary)<br />
82 hielte ich für super.<br />
83 e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring)<br />
84 betrifft uns nicht, wird schon sinnvoll sein.<br />
85 Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen<br />
86 Da wird die Wartung das Hauptproblem sein. Da muss jemand verantwortlich sein und das<br />
87 warten. Ich kenne das <strong>von</strong> unserer Website, die wir immer wie<strong>der</strong> überprüfen - das ist ein<br />
88 großer Aufwand. So etwas wäre bestenfalls sinnvoll, wenn man es über die Ärztekammer<br />
89 laufen ließe, über eine <strong>of</strong>fizielle Stelle. Sonst ist das ja wie<strong>der</strong> nicht unbedingt<br />
90 vertrauenswürdig. Das wäre vielleicht auch kein so großer Aufwand, wenn man sich ansieht,<br />
91 dass die großen amerikanischen Gesellschaften das alles haben. Da steht bis ins Detail alles<br />
92 drinnen was unser Fach betrifft.<br />
93 Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs<br />
94 Würde ich als nützlich ansehen. Ein Anbieterverzeichnis wäre ganz leicht zu realisieren. Ein<br />
95 Leistungsverzeichnis ließe sich bei <strong>der</strong> Ärzteschaft auch klar feststellen.<br />
96 Autor:<br />
97 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbieter<br />
98 (GDA)? Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen?<br />
99 Interviewpartner 10:<br />
100 Wir verschicken in erster Linie die Befunddaten. Das funktioniert ganz gut mit den<br />
101 nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzten</strong>, nicht jedoch mit den Spitälern. Allerdings funktioniert mit den<br />
102 Spitälern das Senden <strong>von</strong> Bilddaten besser. Das war <strong>der</strong> Grund warum ich gesagt habe, es<br />
103 gelingt unseren Firmen nicht, dass die Befunddaten als pdf-Datei zu den Bilddaten<br />
104 angehängt werden. Dem laufe ich seit einem Jahr nach, weil ich sage: es kann nicht sein,<br />
105 dass in den Spitälern Bil<strong>der</strong> <strong>von</strong> uns landen ohne Befund und die sich diesen an<strong>der</strong>s<br />
106 besorgen müssen! Wir haben zwei Probleme: das eine, dass im nie<strong>der</strong>gelassenen Bereich<br />
107 <strong>der</strong> Befunddaten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch funktioniert, aber <strong>der</strong> Aust<strong>aus</strong>ch <strong>der</strong> Bilddaten nur sehr<br />
108 eingeschränkt - und im Spitalsbereich <strong>der</strong> Bilddaten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch perfekt funktioniert, aber <strong>der</strong><br />
109 Befunddaten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch nur sehr eingeschränkt. Wobei ich nicht verstehe, dass die Firmen<br />
110 dieses technische Problem nicht lösen können.<br />
111 Autor:<br />
112 Wie nützlich finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs?<br />
113 Interviewpartner 10:<br />
114 Von unserer Seite finde ich ihn auf jeden Fall nützlich. Wo es noch Probleme gibt – wir<br />
115 haben noch keinen gemeinsamen Patientenindex. Das bedeutet, dass die Patientensuche<br />
116 anhand unterschiedlicher Systeme für uns zum Teil sehr aufwändig ist. Da sehe ich noch viel<br />
117 Verbesserungspotential.<br />
118 Autor:<br />
119 Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
120 Interviewpartner 10:<br />
121 Das ist bei uns Radiologen kein Problem.<br />
122 Autor:<br />
123 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
124 zufrieden? Was könnte man verbessern?<br />
125<br />
Interviewpartner 10:<br />
197
Anhang<br />
126 Was den administrativen Teil im Sekretariat betrifft - das kann ich es schwer beurteilen. Die<br />
127 Befundungen auf meiner Workstation funktionieren sehr gut. Ich bin sehr orthopädie- und<br />
128 messbegeistert und meine S<strong>of</strong>tware kann das bestens. Verbesserungen sind immer möglich.<br />
129 Autor:<br />
130 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
131 haben?<br />
132 Interviewpartner 10:<br />
133 Ich würde mir ja noch viel mehr erwarten und es gäbe noch viele Wünsche.<br />
134 Autor:<br />
135 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
136 Interviewpartner 10:<br />
137 Das glaube ich schon, da bin ich überzeugt da<strong>von</strong>.<br />
138 Autor:<br />
139 Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
140 Interviewpartner 10:<br />
141 Ich kann es nicht sagen, weil ich schwer beurteilen kann, was an<strong>der</strong>e wissen. Wenn ich<br />
142 wüsste, was die Allgemeinheit weiß, könnte ich das beurteilen. Ich lese zB diese deutsche e-<br />
143 <strong>Health</strong>-Zeitschrift. Ich glaube, dass ich mich ein bisschen mehr dafür interessiere, aber ich<br />
144 habe keinen Vergleich.<br />
145 Autor:<br />
146 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
147 Interviewpartner 10:<br />
148 Eigentlich durch Fachzeitschriften und durch ehealth.com. Über unsere e-<strong>Health</strong>-<br />
149 Arbeitsgruppe und über die Ärztekammer.<br />
150 Autor:<br />
151 Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
152 Interviewpartner 10:<br />
153 Wenn man will, kann man sich Informationen holen. Es genügt mir, dass ich weiß was es gibt<br />
154 und ich lesen kann was mich interessiert. Ich denke das Angebot ist da, wenn man es nutzen<br />
155 will. Ich will nichts extra zugeschickt bekommen.<br />
156 Autor:<br />
157 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Sind Sie mit<br />
158 dem Support zufrieden?<br />
159 Interviewpartner 10:<br />
160 Was das RIS betrifft - unterschiedlich. Mühsam ist, wenn Zusagen über Funktionalitäten<br />
161 gemacht werden und die Realität aber dann weit da<strong>von</strong> entfernt ist. Der Support bei Siemens<br />
162 ist ganz gut - bei Carestream ist es etwas mühsamer, weil die ein Callcenter haben wo man<br />
163 zuerst einmal irgendwo in Deutschland landet und das Problem schil<strong>der</strong>n kann.<br />
164 Normalerweise hab ich aber kein großes Problem damit. Bei <strong>der</strong> letzten großen EDV-<br />
165 Umstellung hatten wir zusätzlich einen externen EDV-Techniker. Er hat zwar einen Menge<br />
166 Geld gekostet, aber es gibt eine Menge Probleme, wenn man verschiedenste Firmen<br />
167 zusammenführen will in ein System. Ohne den wäre es nicht gegangen.<br />
168 Autor:<br />
169 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong>-Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
170 angefragt würden?<br />
171 Interviewpartner 10:<br />
172 Ja, sicher!<br />
173 Autor:<br />
174 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
175 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
176 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
177 Interviewpartner 10:<br />
178 Vom Gesundheitsministerium reicht es mir nicht, dass es empfohlen wird. Wenn es Zuweiser<br />
179 o<strong>der</strong> Patienten nachfragen o<strong>der</strong> die Ärztekammer, dann ist das überhaupt keine Frage.<br />
180 Autor:<br />
181 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
182 Interviewpartner 10:<br />
183 Nicht über das Normale, was Digitalisierung und Datenübertragung anbelangt. Hier sind die<br />
184 Linzer Anstalten – die, die eine Kombination <strong>von</strong> Ordination und Institut haben, alle relativ<br />
185 gleich weit. Wo wir glaube ich, ein bisschen schneller waren, war, dass wir beim HEALIX-<br />
186 Netzwerk angeschlossen sind und damit Daten deutlich schneller übertragen konnten. Die<br />
187 Frage ist nützt es etwas? Aber wir sind halt ein bisschen Technikfreaks und wenn man Daten<br />
188 schnell übertragen kann, dann ist das super.<br />
189 Autor:<br />
190 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
191<br />
können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
198
Anhang<br />
192 Interviewpartner 10:<br />
193 Nein, das glaube ich wie<strong>der</strong> nicht.<br />
194 Autor:<br />
195 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
196 Interviewpartner 10:<br />
197 Ja, das schon!<br />
198 Autor:<br />
199 Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
200 Interviewpartner 10:<br />
201 Nein, überhaupt nicht! Das wäre eine Katastrophe. Auch wenn mehr e-Heath Anwendungen<br />
202 dazukommen, die sinn-und nutzvoll sind, habe ich nichts dagegen.<br />
203 Autor:<br />
204 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
205 Funktionen zwingend anwenden?<br />
206 Interviewpartner 10:<br />
207 Wenn alle Ärzte gezwungen werden, finde ich mich damit ab. Ich denke aber, dass wir uns<br />
208 dagegen wehren würden. Wenn es aber so ist, dass die Ärztekammer dem zustimmt, dann<br />
209 gibt es für mich kein Problem. Weil ich denke, das war sicher ein langer<br />
210 Verhandlungsprozess und wenn man das dann zwingend macht, dann ist das auch sinnvoll.<br />
211 Mit dem Wort ‚zwingend‘ habe ich kein Problem.<br />
212 Autor:<br />
213 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten?<br />
214 Interviewpartner 10:<br />
215 Ja!<br />
216 Autor:<br />
217 Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am Computer und im Internet?<br />
218 Interviewpartner 10:<br />
219 Eigentlich schon. Ich schaue, dass ich schon auch draußen bin - man darf nicht vergessen,<br />
220 dass wir hier herinnen bis zu 60 Stunden Dienstzeit haben. Ich drucke mir zu H<strong>aus</strong>e dann<br />
221 manche Dinge <strong>aus</strong> und lese sie so, damit ich nicht wie<strong>der</strong> nur vorm Computer sitze.<br />
222 Autor:<br />
223 Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren am Computer gerne etwas<br />
224 <strong>aus</strong>?<br />
225 Interviewpartner 10:<br />
226 Ja!<br />
227 Autor:<br />
228 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
229 stellt?<br />
230 Interviewpartner 10:<br />
231 Ja, mit einem entsprechenden Mitarbeiterstand schon.<br />
232 Autor:<br />
233 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
234 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten / eingeflossen sind?<br />
235 Interviewpartner 10:<br />
236 Ja, ich denke schon, wenn man es nur auf OÖ bezogen betrachtet. Ich denke, dass wir in<br />
237 <strong>der</strong> Arbeitsgruppe, in <strong>der</strong> ich mitarbeite, einen Einfluss auf eine vernünftige<br />
238 Weiterentwicklung haben.<br />
239 Autor:<br />
240 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
241 zu werden?<br />
242 Interviewpartner 10:<br />
243 Nein, das glaube ich nicht, dass mir das so wichtig ist. Da gibt es sicher gescheitere Leute.<br />
244 Autor:<br />
245 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw. selbst bei <strong>der</strong><br />
246 Entwicklung mitarbeiten?<br />
247 Interviewpartner 10:<br />
248 Ja, das schon. Die Mitarbeit an einem Projekt, das nicht den täglichen Patientenablauf stört,<br />
249 kann ich mir gut vorstellen. Aber wenn es draußen zu einem Chaos im Sekretariat führt o<strong>der</strong><br />
250 im Patientenablauf, dann sicher nicht.<br />
251 Autor:<br />
252 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
253 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
254 Interviewpartner 10:<br />
255 Relativ wenige - wenn Vorbefunde o<strong>der</strong> <strong>aus</strong>wärtige Befunde vernünftig angeboten würden,<br />
256 wäre es manchmal sinnvoll, aber das brauchen wir nicht so häufig wie es immer dargestellt<br />
257<br />
wird.<br />
199
Anhang<br />
258 Autor:<br />
259 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw im<br />
260 Gesundheitssystem generell?<br />
261 Interviewpartner 10:<br />
262 Ich glaube es ehrlich gesagt nicht. Ich glaube es deshalb nicht, weil all die Dinge die wir<br />
263 installiert haben – ich denke an die Spracherkennung: da ist es so, dass es in unserer<br />
264 Ordination nur wirklich ich nutze und zwar so, dass es auch einen Sinn macht. Aber da hat<br />
265 es auch ganz groß geheißen - wir sparen uns Personal – stimmt so nicht. Wirklich eine<br />
266 Zeitersparnis sind manche Dinge gewesen, wie die e-card, wo die Daten automatisch<br />
267 übernommen werden – wobei die Anschaffungskosten dafür sehr hoch waren. Es gibt schon<br />
268 solche Dinge, aber das was wir jetzt so zusätzlich quasi als beson<strong>der</strong>e Spielerei machen -<br />
269 hat mehr gekostet als es gebracht hat.<br />
270 Autor:<br />
271 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
272 Funktionalitäten?<br />
273 Interviewpartner 10:<br />
274 Doch, schon. Ein Beispiel: Bei einer Mammografie-Untersuchung ist es beson<strong>der</strong>s wichtig,<br />
275 dass man Vergleichsbil<strong>der</strong> hat. Ich habe eine Zeitlang eine Statistik geführt: ungefährt 30 %<br />
276 <strong>der</strong> Patientinnen haben ihre Bil<strong>der</strong> verschmissen. Im Krankenh<strong>aus</strong> war das nicht so ein<br />
277 Problem, weil die archivieren die Befunde. Im privaten Bereich ist ja <strong>der</strong> Patient <strong>der</strong> Besitzer<br />
278 <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> und nicht <strong>der</strong> Radiologe. Daher muss ich manchmal Mehrfachuntersuchungen zu<br />
279 Lasten <strong>der</strong> Patientinnen durchführen und hab dann immer noch einen unsicheren Befund<br />
280 usw. Jetzt ist das völlig hinfällig – zumindest bei Patientinnen die vorher da waren – weil ich<br />
281 kann jeden Vorbefund hier laden. Das hat für den Patienten einen Nutzen.<br />
282 Autor:<br />
283 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
284 Interviewpartner 10:<br />
285 Da<strong>von</strong> habe ich ehrlich gesagt nicht wirklich eine Vorstellung. Ich glaube das Wichtigste ist,<br />
286 dass er unsere Standesvertretungen entsprechend einbindet - dann kommt denke ich schon<br />
287 etwas Vernünftiges r<strong>aus</strong>. Vor allen Dingen auch schaut, dass er bei den Standesvertretungen<br />
288 die Leute hat, die auch täglich damit arbeiten. Für meine Begriffe werden – vor allem in<br />
289 Gesetzesdingen – Leute eingebunden, die nicht mit <strong>der</strong> täglichen Routine vertraut sind, die<br />
290<br />
nicht an <strong>der</strong> Front sitzen - und das halte ich für schlecht.<br />
291<br />
292 Autor:<br />
293 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
294 Interviewpartner 10:<br />
295 Das ist glaube ich nicht notwendig. Wer teilnimmt, muss aber auch einen Vorteil haben.<br />
296 Autor:<br />
297 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
298 Interviewpartner 10:<br />
299 Das wurde ja sehr viel diskutiert. Wenn man es halbwegs flächendeckend will, kann man nur<br />
300 eine Opt-out-Lösung machen. Ich bin immer für komplett – entwe<strong>der</strong> komplett Opt-in o<strong>der</strong><br />
301 komplett Opt-out. Keine Teillösung: das Eine darf sein und das An<strong>der</strong>e nicht.<br />
302 Autor:<br />
303 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
304 verän<strong>der</strong>n?<br />
305 Interviewpartner 10:<br />
306 Ich denke - nein.<br />
307 Autor:<br />
308 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
309 Interviewpartner 10:<br />
310 GDAs ganz klar – Nein! <strong>Ärzten</strong> natürlich schon<br />
311 Autor:<br />
312 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
313 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
314 Kosten,)<br />
315 Interviewpartner 10:<br />
316 Bei <strong>der</strong> Zusammenarbeit am ehesten, bei Zeit und Kosten erwarte ich es nicht. Ich glaube<br />
317 bei <strong>der</strong> Kommunikation mit an<strong>der</strong>en Einrichtungen wären Verbesserungen möglich. Ich habe<br />
318 mir schon einmal überlegt, diese ganze „Zettelwirtschaft“ mit dem Ausfüllen <strong>von</strong><br />
319 Unverträglichkeiten zu umgehen, indem man mit iPad’s arbeitet, wo <strong>der</strong> Patient seine<br />
320 Unterschrift leistet. Vor<strong>aus</strong>gesetzt, die Kosten-Nutzen Analyse spricht dafür.<br />
321 Autor:<br />
322 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
323<br />
möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
200
Interviewpartner 10:<br />
324 Nein, wir haben über vieles gesprochen.<br />
325 Autor:<br />
326 Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
327<br />
Anhang<br />
201
8.3.11 Interviewpartner 11<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 11:<br />
4 Da denke ich gerade im Laborbereich an die elektronische Befundübermittlung, an die<br />
5 elektronischen Anfor<strong>der</strong>ungen.<br />
6 Autor:<br />
7 Welche Einstellung haben Sie zur Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
8 und in <strong>der</strong> Gesellschaft allgemein?<br />
9 Interviewpartner 11:<br />
10 Computernutzung ist gerade in meinem Fach unumgänglich. Wir waren wahrscheinlich die<br />
11 ersten, die das im großen Umfang genutzt haben und das ist sicher sinnvoll. Internetnutzung<br />
12 ist bei mir eher eingeschränkt, weil die Sicherheitsstandards nicht <strong>aus</strong>reichend wären.<br />
13 Medizinische Dinge würden über das normale Internet nicht gehen. Zur Gesellschaft – ich<br />
14 glaube, dass über die vermehrte Internetkommunikation <strong>der</strong> normale persönliche<br />
15 Sozialkontakt ein bisschen hinten bleibt.<br />
16 Autor:<br />
17 Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit Ihrer APIS?<br />
18 Interviewpartner 11:<br />
19 Ich arbeite damit seit <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassung 1993. Ich habe in <strong>der</strong> Zeit bis jetzt das EDV-System<br />
20 viermal gewechselt. Dem entsprechend tief bin ich eingedrungen bzw. beim alten System<br />
21 habe ich Teile selbst gemacht, weil es nicht viel am Markt gegeben hat. Dadurch habe ich<br />
22 mich zwangsweise sehr intensiv damit beschäftigen müssen.<br />
23 Autor:<br />
24 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
25 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese? Wie bekannt sind Ihnen die<br />
26 an<strong>der</strong>en?<br />
27 Interviewpartner 11:<br />
28 e-card nutze ich, ich glaube allerdings wir hätten es gar nicht gebraucht, weil eh je<strong>der</strong><br />
29 versichert ist.<br />
30 e-Abrechnung ist sehr nützlich.<br />
31 DFÜ – Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung funktioniert auch tadellos.<br />
32 e-Arztbrief / e-Befundbericht, e-Pflegebegleitschreiben kenne ich, nutze ich aber nicht.<br />
33 e-Laborbefund ist natürlich ganz wesentlich in meinem Bereich, damit auch rasch übermittelt<br />
34 werden kann – sehr nützlich.<br />
35 e-AUM, ABS, e-Impfpass kenne ich, nutze ich nicht.<br />
36 e-Überweisung bekomme ich zum Teil übermittelt, auch nützlich.<br />
37 ELGA - da halte ich in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Form nicht so viel da<strong>von</strong>.<br />
38 e-Medikation, e-Radiologie, e-Mutter-Kind-Pass, e-Leistungsbericht, e-Terminmanagement,<br />
39 e-Notfallsdaten, Home Monitoring kenne ich, brauche ich aber nicht.<br />
40 Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen - da<strong>von</strong><br />
41 halte ich <strong>aus</strong> Erfahrung nicht viel, weil zu mir sehr viele Patienten kommen mit Informationen<br />
42 <strong>aus</strong> irgendwelchen elektronischen Medien, die vollkommen ungesichert, unkontrolliert sind.<br />
43 Ich weiß nicht, ob es für einen Laien so einfach ist, damit umzugehen. Es wäre schon ein<br />
44 Fortschritt, wenn das qualitätsgesichert wäre und <strong>der</strong> Wildwuchs, <strong>der</strong> ja im Internet<br />
45 vorhanden ist, ein bisschen eingedämmt würde. Das wäre wünschenswert. Ich glaube aber<br />
46 trotzdem, dass solche Informationen einen Teil <strong>der</strong> Leute überfor<strong>der</strong>t.<br />
47 Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs - das gibt es lokal eh schon, fast<br />
48 jede Gemeinde hat so etwas. Ich weiß nicht, ob das was bringt, wenn man das überregional<br />
49 zentralisiert. Bei solchen Dingen bin ich immer etwas skeptisch.<br />
50 Autor:<br />
51 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbieter<br />
52 (GDA)? Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen?<br />
53 Interviewpartner 11:<br />
54 Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch habe ich durch Befundübermittlung. Damit bin ich sehr zufrieden. Vermehrt<br />
55 brauche ich ihn eigentlich nicht, wir haben ihn maximal <strong>aus</strong>geschöpft.<br />
56 Autor:<br />
57 Wie nützlich finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs?<br />
58 Interviewpartner 11:<br />
59 Sehr nützlich.<br />
60 Autor:<br />
61<br />
Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
202
Anhang<br />
62 Interviewpartner 11:<br />
63 Ja, ist im Laborbereich kein Problem.<br />
64 Autor:<br />
65 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
66 zufrieden? Was könnte man verbessern?<br />
67 Interviewpartner 11:<br />
68 Ja. Ich denke, mein System ist zurzeit auch das Optimum am Markt.<br />
69 Autor:<br />
70 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
71 haben?<br />
72 Interviewpartner 11:<br />
73 Im Großen und Ganzen ja.<br />
74 Autor:<br />
75 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
76 Interviewpartner 11:<br />
77 Ja. Bei uns ist auch die S<strong>of</strong>tware ISO-Zertifiziert.<br />
78 Autor:<br />
79 Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
80 Interviewpartner 11:<br />
81 Eigentlich relativ gut, allein schon durch die standespolitische Tätigkeit.<br />
82 Autor:<br />
83 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
84 Interviewpartner 11:<br />
85 Zum Teil durch meine S<strong>of</strong>twarefirma, zum Teil über die Kammer.<br />
86 Autor:<br />
87 Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
88 Interviewpartner 11:<br />
89 Ich bin bereits <strong>aus</strong>reichend versorgt.<br />
90 Autor:<br />
91 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Ist <strong>der</strong><br />
92 Support zufriedenstellend?<br />
93 Interviewpartner 11:<br />
94 Es ist wie mit allen S<strong>of</strong>twarefirmen - <strong>der</strong> Support könnte besser sein. Das Verhältnis ist gut,<br />
95 aber es könnte auch besser sein.<br />
96 Autor:<br />
97 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Angeboten einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
98 angefragt würden?<br />
99 Interviewpartner 11:<br />
100 Nein!<br />
101 Autor:<br />
102 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
103 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
104 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
105 Interviewpartner 11:<br />
106 Ich müsste mir den Nutzen dieser Funktionen vorher ansehen. Die Empfehlung allein ist mir<br />
107 zu wenig. Empfohlen wird bald etwas - es muss sich auch für den Patienten und meine<br />
108 Arbeit sinnvoll <strong>aus</strong>wirken. Jede elektronische Anwendung ist immer mit ziemlichem Aufwand<br />
109 verbunden, bei <strong>der</strong> Installation, bei <strong>der</strong> Einschulung und das muss sich dann auch in<br />
110 irgendeiner Form auf <strong>der</strong> Nützlichkeitsseite <strong>aus</strong>wirken. Das ist bei mir das Wichtigste.<br />
111 Autor:<br />
112 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
113 Interviewpartner 11:<br />
114 Ja, ich biete zB an, dass sich jemand die eigenen Befunde selbständig ansehen könnte. Das<br />
115 wird allerdings sehr spärlich genutzt.<br />
116 Autor:<br />
117 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
118 können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
119 Interviewpartner 11:<br />
120 Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, <strong>der</strong> persönliche Kontakt zu den Patienten und<br />
121 Zuweisern ist das Wesentliche.<br />
122 Autor:<br />
123 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
124 Interviewpartner 11:<br />
125 Die Teile, die ich verwende schon.<br />
126 Autor:<br />
127<br />
Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
203
Anhang<br />
128 Interviewpartner 11:<br />
129 Nein, das wäre ganz unmöglich.<br />
130 Autor:<br />
131 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
132 Funktionen zwingend anwenden?<br />
133 Interviewpartner 11:<br />
134 Sicher, da wäre ich dagegen. Wenn ich keinen Nutzen da<strong>von</strong> habe, dann mache ich es nicht.<br />
135 Autor:<br />
136 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten? Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am<br />
137 Computer und im Internet? Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren<br />
138 am Computer gerne etwas <strong>aus</strong>?<br />
139 Interviewpartner 11:<br />
140 Neugierig auf neue Hard- und S<strong>of</strong>tware bin ich sicher nicht. Wenn ich den Computer<br />
141 brauche, nutze ich ihn. S<strong>of</strong>t- und Hardware sind für mich Werkzeuge. Das Internet nutze ich<br />
142 teilweise zur Informationsfindung - für die Arbeit nutze ich diese Teile <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>, die auch<br />
143 zielführend sind.<br />
144 Autor:<br />
145 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
146 stellt?<br />
147 Interviewpartner 11:<br />
148 Ja!<br />
149 Autor:<br />
150 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
151 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten / eingeflossen sind?<br />
152 Interviewpartner 11:<br />
153 Bei <strong>der</strong> Labors<strong>of</strong>tware ist meine Meinung sicher eingeflossen, da war ich an ein paar Dingen<br />
154 beteiligt.<br />
155 Autor:<br />
156 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
157 zu werden?<br />
158 Interviewpartner 11:<br />
159 Nein, das ist mir ganz egal. Wenn eine e-<strong>Health</strong> Anwendung gut ist - also nützlich und<br />
160 sinnvoll ist - ist es ganz egal, ob ich beteiligt war o<strong>der</strong> nicht.<br />
161 Autor:<br />
162 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen?<br />
163 Interviewpartner 11:<br />
164 Aufgrund schlechter Erfahrung - eher nein.<br />
165 Autor:<br />
166 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
167 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
168 Interviewpartner 11:<br />
169 Momentan kann ich mir keine neuen vorstellen, die ich brauchen könnte.<br />
170 Autor:<br />
171 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw im<br />
172 Gesundheitssystem generell?<br />
173 Interviewpartner 11:<br />
174 Nein!<br />
175 Autor:<br />
176 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
177 Funktionalitäten?<br />
178 Interviewpartner 11:<br />
179 Vielleicht - als Laborfacharzt kann ich das nicht beurteilen.<br />
180 Autor:<br />
181 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
182 Interviewpartner 11:<br />
183 Wenn die geplanten e-<strong>Health</strong> Anwendungen transparenter wären. Mehr Transparenz wäre<br />
184 wichtig.<br />
185 Autor:<br />
186 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
187 Interviewpartner 11:<br />
188 Nein! Wenn es gut, nützlich und sinnvoll ist, wird es eh genommen. Da wird sich kein<br />
189 Mensch verschließen, weil dann hätte er ja einen Nachteil, wenn er es nicht nutzen würde.<br />
190 Gerade im EDV-Bereich ist es aber lei<strong>der</strong> so, dass aufgrund <strong>der</strong> schweren<br />
191 Nachvollziehbarkeit <strong>der</strong> Abläufe <strong>der</strong> Nutzer gar nicht weiß, ob das was er kauft, sinnvoll und<br />
192 nicht überteuert ist.<br />
193<br />
Autor:<br />
204
Anhang<br />
194 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
195 Interviewpartner 11:<br />
196 Es kann nur sein, dass jemand vorher sagt: „ich will das“. Aber es kann nicht sein, dass<br />
197 jemand sagen muss: „ich will das nicht“. D.h. ich plädiere für Opt-in - und zwar komplett.<br />
198 Autor:<br />
199 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
200 verän<strong>der</strong>n?<br />
201 Interviewpartner 11:<br />
202 Ja, sicher! Ich verwende jetzt die e-<strong>Health</strong> Anwendungen, die für mich notwendig sind und<br />
203 die ich auch brauche. Wenn ich das vermehren würde, müsste ich etwas nehmen, das ich<br />
204 nicht brauche und damit ist meine Autonomie eingeschränkt.<br />
205 Autor:<br />
206 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
207 Interviewpartner 11:<br />
208 Nein, wozu? An<strong>der</strong>en <strong>Ärzten</strong> stelle ich die Daten in dem Ausmaß zur Verfügung, wie es im<br />
209 Gesetz vorgesehen ist.<br />
210 Autor:<br />
211 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
212 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
213 Kosten,)<br />
214 Interviewpartner 11:<br />
215 Da ich bereits jetzt den maximalen Stand habe, erwarte ich mir keine Verbesserungen.<br />
216 Autor:<br />
217 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw<br />
218 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
219 Interviewpartner 11:<br />
220 Mein Fach ist ja ein Spezialfach und daher <strong>von</strong> den Anwendungen her etwas eingeschränkt.<br />
221 Allein deshalb würde ich es nicht schätzen, wenn da <strong>von</strong> oben etwas drübergestülpt würde,<br />
222 was für uns überhaupt nicht sinnvoll ist.<br />
223 Autor:<br />
224<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
205
8.3.12 Interviewpartner 12<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie zuerst?<br />
3 Interviewpartner 12:<br />
4 Zuerst fällt mir da natürlich die e-card ein und die Vernetzung aller möglichen medizinischen<br />
5 Institutionen untereinan<strong>der</strong>. Mir fällt auch die Vernetzung mit diversen Versicherungsträgern<br />
6 ein, wo ich mir nicht so sicher bin, ob das jetzt wirklich gewollt ist. Wichtig ist für mich hier <strong>der</strong><br />
7 Datenschutz.<br />
8 Autor:<br />
9 Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
10 und die Gesellschaft allgemein?<br />
11 Interviewpartner 12:<br />
12 Eine sehr positive Einstellung. Ich bin sehr froh, dass es diese Möglichkeit gibt; wenn man<br />
13 kritisch und selektiv recherchiert, lassen sich auch in unserem Fachbereich seriöse<br />
14 Informationen gewinnen. Medizinische Fachliteratur ist natürlich immer noch eine wichtige<br />
15 Informationsquelle, aber man hat halt nicht immer die neueste Auflage zur Hand. Ich nutze<br />
16 durch<strong>aus</strong> <strong>of</strong>t das Internet, obwohl man hier, wie bereits gesagt, sehr selektiv vorgehen muss.<br />
17 Aber mit dem nötigen Fachwissen weiß man auch, welche Artikel als seriös einzuschätzen<br />
18 sind und welche nicht. Und man kann gut verschiedene fachliche Positionen miteinan<strong>der</strong><br />
19 vergleichen.<br />
20 Autor:<br />
21 Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit Ihrem Laborinformationssystem?<br />
22 Interviewpartner 12:<br />
23 Für die täglichen Routinearbeiten im Labor habe ich eine sehr gute Erfahrung. Was mir<br />
24 natürlich noch fehlt – nachdem ich nicht am Aufbau unseres Laborinformationssystems<br />
25 beteiligt war – ist das Wissen um programmspezifische Details, da habe ich schon noch<br />
26 einiges an Nachholbedarf. Ich bin gerade noch am Lernen und komme ganz gut zurecht.<br />
27 Autor:<br />
28 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
29 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese?Wie bekannt sind Ihnen die<br />
30 an<strong>der</strong>en?<br />
31 Interviewpartner 12<br />
32 e-card, e-Abrechnung, DFÜ benutzen wir natürlich, empfinden sie als zufriedenstellend und<br />
33 sehr nützlich.<br />
34 e-Befundbericht benutzen wir relativ selten, wir haben mehr Laborbefunde als<br />
35 Befundberichte.<br />
36 e-Pflegebegleitschreiben, e-AUM brauchen wir im Labor nicht.<br />
37 e-Laborbefunde machen wir hauptsächlich, funktioniert bestens.<br />
38 e-Überweisung machen wir auch, ebenfalls nützlich.<br />
39 Alles an<strong>der</strong>e haben wir eigentlich nicht, weil wir es nicht brauchen, bekannt sind sie mir<br />
40 schon.<br />
41 Grundsätzlich erscheint mir ein öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte<br />
42 Gesundheitsinformationen auch für den Laborbereich als sinnvoll und hilfreich.<br />
43 Autor:<br />
44 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbieter<br />
45 (GDA)? Würden Sie das zukünftig vermehrt nutzen?<br />
46 Interviewpartner 12:<br />
47 Wir haben schon sehr viel auf elektronische Befundübertragung umgestellt. Da bin ich sehr<br />
48 zufrieden. Wenn das zukünftig verstärkt angeboten würde, fände ich das sinnvoll. Ich mache<br />
49 seit ein paar Jahren für einen erkrankten Kollegen Pflegegeldgutachten. In dieser Tätigkeit<br />
50 als Gutachterin stoße ich sehr <strong>of</strong>t auf Patienten, wo man auf Befunde angewiesen ist. Man<br />
51 trägt ja einerseits dem Versicherungsträger gegenüber die Verantwortung und an<strong>der</strong>erseits<br />
52 auch gegenüber dem Patienten. Da hätte ich mir schon sehr <strong>of</strong>t die Möglichkeit gewünscht,<br />
53 mir direkt online relevante Informationen über den Patienten abrufen zu können, die ich im<br />
54 jeweiligen Fall benötige.<br />
55 Autor:<br />
56 Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
57 Interviewpartner 12:<br />
58 Ja, haben wir hier im Labor natürlich!<br />
59 Autor:<br />
60 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
61<br />
zufrieden? Könnte man etwas verbessern?<br />
206
Anhang<br />
62 Interviewpartner 12:<br />
63 Ja, mit den Laborsystemen bin ich eigentlich sehr zufrieden und die sind auch gut.<br />
64 Verbessern kann man sicher immer etwas.<br />
65 Autor:<br />
66 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
67 haben?<br />
68 Interviewpartner 12:<br />
69 Ja, das passt so.<br />
70 Autor:<br />
71 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind?<br />
72 Interviewpartner 12:<br />
73 Ich glaube dass wir da ziemlich gut aufgestellt sind, weil auch wir einer strengen<br />
74 Qualitätskontrolle unterliegen. Bei uns wird vieles elektronisch dokumentiert und wir<br />
75 übergeben unsere Befunde nur an die Zuweiser und die Patienten. Erst wenn <strong>der</strong> Patient<br />
76 uns schriftlich sein Einverständnis gibt, bekommt Herr Dr. NN seine Befunde auch<br />
77 übermittelt. Die Befundabholung erfolgt nur gegen Vorlage eines Ausweises. Es gibt<br />
78 möglicherweise Lücken, die man auf den ersten Blick nicht s<strong>of</strong>ort wahrnimmt - aber wir<br />
79 schauen sehr genau, um diese Lücken zu schließen.<br />
80 Autor:<br />
81 Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
82 Interviewpartner 12:<br />
83 Mittelmäßig, da hätte ich sicher einen Bedarf.<br />
84 Autor:<br />
85 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
86 Interviewpartner 12:<br />
87 Durch Aussendungen <strong>der</strong> Ärztekammer, <strong>der</strong> Krankenkasse und vom Hersteller unseres<br />
88 Laborinformationssystems. Und auch in den Medien hört und liest man regelmäßig über e-<br />
89 <strong>Health</strong>.<br />
90 Autor:<br />
91 Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
92 Interviewpartner 12:<br />
93 Ich denke es wäre gut, wenn es Infoabende <strong>von</strong> <strong>der</strong> Kammer gäbe.<br />
94 Autor:<br />
95 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben? Ist <strong>der</strong><br />
96 Support zufriedenstellend?<br />
97 Interviewpartner 12:<br />
98 Das Verhältnis ist sehr gut und auch mit dem Support bin ich zufrieden.<br />
99 Autor:<br />
100 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
101 angefragt würden?<br />
102 Interviewpartner 12:<br />
103 Natürlich, auf jeden Fall.<br />
104 Autor:<br />
105 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
106 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
107 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
108 Interviewpartner 12:<br />
109 Das würde ich mir auf jeden Fall auch ansehen. Wir haben ja schon für die Kollegen die<br />
110 Möglichkeit einer online-Anfor<strong>der</strong>ung und <strong>der</strong> online-Einsichtnahme in die Patientendaten<br />
111 geschaffen. Die Anfor<strong>der</strong>ung wurde <strong>von</strong> den Kollegen initiiert – und nachdem diese<br />
112 Funktionalität sinnvoll und nützlich ist – haben wir sie eingeführt.<br />
113 Autor:<br />
114 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“ hin<strong>aus</strong>gehen?<br />
115 Interviewpartner 12:<br />
116 Ja, ich glaube schon. Zumindest bieten wir alles an, was erwartet wird und laut Gesetz auch<br />
117 notwendig ist. Wir bemühen uns jedenfalls, darüber hin<strong>aus</strong> zu gehen. Ich denke, dass wir bei<br />
118 gewissen Dingen sicher immer bei den Vorreitern sind.<br />
119 Autor:<br />
120 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
121 können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
122 Interviewpartner 12:<br />
123 Das kann ich so nicht wirklich beantworten. Ich glaube, dass wir bereits jetzt ein ziemlich<br />
124 gutes Spektrum anbieten und ich habe keine Vorstellung mit welchen zusätzlichen<br />
125 Funktionen wir noch besser werden könnten.<br />
126 Autor:<br />
127<br />
Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
207
Anhang<br />
128 Interviewpartner 12:<br />
129 Ja.<br />
130 Autor:<br />
131 Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
132 Interviewpartner 12:<br />
133 Nicht vorstellbar!<br />
134 Autor:<br />
135 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
136 Funktionen zwingend anwenden?<br />
137 Interviewpartner 12:<br />
138 Ja, schon. Ich bin prinzipiell ein Mensch, <strong>der</strong> sich nicht gerne zu etwas zwingen lässt. Ich<br />
139 würde gerne überzeugt werden. Ich würde immer gerne die Chance haben, mir die<br />
140 Sinnhaftigkeit und die Nützlichkeit <strong>von</strong> Dingen mit überlegen zu können. Ich lasse mir die<br />
141 Dinge gerne zeigen und erklären. Überzeugt sein ist für mich eine bessere Sache als zur<br />
142 Verwendung eines Systems gezwungen zu werden.<br />
143 Autor:<br />
144 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten? Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am<br />
145 Computer und im Internet? Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren<br />
146 am Computer gerne etwas <strong>aus</strong>?<br />
147 Interviewpartner 12:<br />
148 Ja, es macht es mir Spaß. Wenn ich die Zeit dazu habe, arbeite und recherchiere ich auch in<br />
149 <strong>der</strong> Freizeit und probiere etwas <strong>aus</strong>.<br />
150 Autor:<br />
151 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
152 stellt?<br />
153 Interviewpartner 12:<br />
154 Ich würde sagen - nicht zu 100 %. Ich glaube, das, was im alltäglichen Betrieb benötigt wird,<br />
155 sehr gut zu können. Meine Kenntnisse auch in diesem Bereich laufend zu erweitern und zu<br />
156 vertiefen, bleibt natürlich mein Ziel. Über die <strong>of</strong>t zeitaufwändigen Routinen hin<strong>aus</strong> ist es<br />
157 allerdings schwer, dafür wirklich hinreichend Zeit zu finden.<br />
158 Autor:<br />
159 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
160 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten?<br />
161 Interviewpartner 12:<br />
162 Das glaube ich schon. Ich bin überzeugt, dass ein System dieser Art sich nur dann<br />
163 fruchtbringend entwickeln und umsetzen lässt, wenn möglichst viele Inputs <strong>von</strong> den<br />
164 Anwen<strong>der</strong>n selbst kommen. Gerade im medizinischen Bereich ist die Kommunikation<br />
165 zwischen Medizinern und Technikern sehr wichtig. Nicht selten haben Techniker, die an <strong>der</strong><br />
166 Entwicklung dieser spezialisierten Programme beteiligt sind, lei<strong>der</strong> wenig Ahnung vom<br />
167 praktischen Alltag eines Mediziners, vom Umgang mit Patienten und den notwendig damit<br />
168 verbundenen konkreten Erfor<strong>der</strong>nissen.<br />
169 Autor:<br />
170 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw. selbst bei <strong>der</strong><br />
171 Entwicklung mitarbeiten?<br />
172 Interviewpartner 12:<br />
173 Ja, das könnte ich mir schon vorstellen - wenn es meine Zeit erlaubt.<br />
174 Autor:<br />
175 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
176 zu werden?<br />
177 Interviewpartner 12:<br />
178 Wahrscheinlich schon - einfach <strong>aus</strong> dem Gefühl her<strong>aus</strong>, ernst genommen zu werden und zu<br />
179 wissen, was da gemacht wird. Dann fühlt man sich dem Projekt verpflichtet und damit auch<br />
180 besser eingebunden.<br />
181 Ich würde es aber wahrscheinlich auch akzeptieren, wenn ich <strong>von</strong> jemandem glaubhaft<br />
182 überzeugt würde, zu dem ich Vertrauen habe, dass dieses System praktikabel, sinnvoll und<br />
183 nützlich ist.<br />
184 Autor:<br />
185 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
186 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
187 Interviewpartner 12:<br />
188 Man könnte vielleicht im administrativen Bereich Personal einsparen. Ich bin nur nicht sicher,<br />
189 ob ich das möchte. Es gibt immer Verbesserungsmöglichkeiten und ich bin auch <strong>of</strong>fen dafür.<br />
190 Was ich ganz entschieden weniger schätze, sind Verbesserungen, die auf Kosten <strong>der</strong><br />
191 Mitarbeiter gehen. Im ärztlichen Bereich selbst sind wir meiner Meinung nach schon sehr gut<br />
192 aufgestellt, da kann ich mir nicht wirklich gut vorstellen, welche zusätzlichen<br />
193<br />
Verbesserungspotentiale hier noch <strong>aus</strong>geschöpft werden könnten.<br />
208
Anhang<br />
194 Autor:<br />
195 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw im<br />
196 Gesundheitssystem generell?<br />
197 Interviewpartner 12:<br />
198 Das weiß ich nicht, um das wirklich adäquat beurteilen zu können, fehlt mir das<br />
199 entsprechende Hintergrund- und Detailwissen. In gewissen Bereichen vielleicht schon, in<br />
200 an<strong>der</strong>en eher nicht. Da kommt es vielleicht einfach nur zu einer Kostenverlagerung. Wenn<br />
201 wir im Labor durch mehr e-<strong>Health</strong> auch höhere Kosten ohne entsprechenden Benefit hätten,<br />
202 würden wir uns dagegen wehren.<br />
203 Autor:<br />
204 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
205 Funktionalitäten?<br />
206 Interviewpartner 12:<br />
207 Ja und nein. Ja - weil ich glaube, dass es für den Patienten durch<strong>aus</strong> ein großer Vorteil wäre,<br />
208 wenn er zB zum Facharzt geht und <strong>der</strong> über sein APIS die Möglichkeit hätte, sich rasch<br />
209 Informationen über den Patienten zu holen. Allerdings gehörte dann m.E. hier ein<br />
210 Mechanismus eingebaut, demzufolge dem jeweiligen Arzt mit <strong>der</strong> e-card nur ein zeitlich<br />
211 befristeter Zugriff zu Patientendaten zugestanden wird, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um das explizite<br />
212 Einverständnis des Patienten vor<strong>aus</strong>setzt.<br />
213 Nein – wenn <strong>der</strong> Datenschutz und die Zugriffsberechtigung nicht <strong>aus</strong>reichend gewährleistet<br />
214 und rechtlich abgesichert sind. Es muss definitiv <strong>aus</strong>geschlossen sein, dass die<br />
215 Ordinationsgehilfin, eine Versicherung, <strong>der</strong> Arbeitgeber usw. Zugriff auf Patientendaten<br />
216 haben könnten.<br />
217 Autor:<br />
218 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
219 Interviewpartner 12:<br />
220 Ich denke, dass es besser wäre, wenn man sich aktiv dafür entscheidet, also Opt-in.<br />
221 Autor:<br />
222 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
223 Interviewpartner 12:<br />
224 Es muss <strong>der</strong> Datenschutz ganz klar geregelt werden. Keine „Gummiparagraphen“, die man<br />
225 so o<strong>der</strong> so anwenden kann, son<strong>der</strong>n eine klare, exakte und juristisch wasserdichte<br />
226 Regelung: ich will meinen Patienten mit gutem Gewissen sagen können: ‚Sie können sich<br />
227 darauf verlassen, das steht unter Datenschutz‘ o<strong>der</strong> ‚Es tut mir leid, Sie können keine<br />
228 Information bekommen, weil das gesetzlich so festgelegt ist‘.<br />
229 Wenn man ein e-<strong>Health</strong>-System gut aufziehen will, sollte es auch einheitliche technische<br />
230 Standards geben, damit die unterschiedlichen Systeme bei allen <strong>Ärzten</strong> kompatibel sind. Die<br />
231 dadurch anfallenden Kosten dürfen allerdings nicht den <strong>Ärzten</strong> auferlegt werden.<br />
232 Autor:<br />
233 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen, indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
234 Interviewpartner 12:<br />
235 Wenn eine Anwendung Sinn macht, einen Nutzen bringt und praktikabel ist - dann braucht<br />
236 man keine Verpflichtung. Ich glaube, dass man die Ärzteschaft durch gute Argumente<br />
237 überzeugen sollte, das Richtige zu tun und nicht, indem man uns etwas aufzwingt. Wir<br />
238 wollen gefragt werden und in einen Entscheidungsprozess eingebunden werden. Wenn dies<br />
239 auf eine konstruktive und partnerschaftliche Weise geschieht, könnte das sicher gut<br />
240 funktionieren. Ich hielte es allerdings für einen falschen Zugang, wenn <strong>der</strong> Herr<br />
241 Gesundheitsminister sagt, ‚ihr müsst das jetzt alle verpflichtend anwenden‘. Wir Ärzte sind ja<br />
242 alle mündig und wissen, was wir zur Ausübung unseres Berufes brauchen.<br />
243 Autor:<br />
244 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
245 verän<strong>der</strong>n?<br />
246 Interviewpartner 12:<br />
247 Natürlich, ich bin dadurch mehr unter Kontrolle.<br />
248 Autor:<br />
249 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
250 Interviewpartner 12:<br />
251 Ja - für Ärzte, wenn die Sicherheit gewährleistet ist. Nein - für Versicherungen, Behörden,<br />
252 Betriebe, Schulen, Arbeitgeber – das lehne ich prinzipiell ab. Außer <strong>der</strong> betreffende Patient<br />
253 wäre einverstanden, dass gewisse Daten zB einmalig an den Betriebsarzt übermittelt<br />
254 werden.<br />
255 Autor:<br />
256 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
257 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
258 Kosten,)<br />
259<br />
Interviewpartner 12:<br />
209
Anhang<br />
260 Bei <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Patienten: wenn ich mehr Informationen habe, erleichtert dies meine<br />
261 fachliche Expertise. Ich erwarte Verbesserung dadurch, dass ich mich besser mit Kollegen<br />
262 <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen kann, was sich wie<strong>der</strong>um positiv auf den Patienten <strong>aus</strong>wirkt. Ich kann nicht<br />
263 beurteilen, ob es <strong>von</strong> <strong>der</strong> Kostenseite gravierende Verbesserungen bringen könnte. Ich<br />
264 erwarte Verbesserung einfach für mein Arbeiten am Patienten, mit dem Patienten und meiner<br />
265 Zusammenarbeit mit Kollegen.<br />
266 Autor:<br />
267 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
268 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
269 Interviewpartner 12:<br />
270 Nein, wir haben über sehr viel gesprochen.<br />
271 Autor:<br />
272<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
210
8.3.13 Interviewpartner 13<br />
Anhang<br />
1 Autor:<br />
2 Wenn Sie den Begriff e-<strong>Health</strong> hören, woran denken Sie da zuerst?<br />
3 Interviewpartner 13:<br />
4 Momentan an e-card-System und natürlich an geplantes ELGA. Weiters an elektronische<br />
5 Überweisung, elektronische Krankmeldung, e-Medikation, Datenbankverwaltung.<br />
6 Autor:<br />
7 Welche Einstellung haben Sie zu Computer- und Internetnutzung in Bezug auf Ihre Arbeit<br />
8 und die Gesellschaft allgemein?<br />
9 Interviewpartner 13:<br />
10 Grundsätzlich eine positive. Ich arbeite auch viel mit meiner EDV, nütze das Internet nicht<br />
11 nur beruflich, son<strong>der</strong>n auch privat o<strong>der</strong> als Informationsquelle. Kritisch stehe ich sozialen<br />
12 Netzwerken gegenüber weil das zwar freiwillig passiert, aber dieser Striptease <strong>der</strong> Personen<br />
13 mir nicht ganz recht ist. Ich glaube nicht, dass Internet und EDV die einzige Antwort auf<br />
14 unsere momentane Gesellschaft ist. Ich glaube, dass man die persönliche und direkte<br />
15 Kommunikation nie ersetzen wird können. Eine E-Mail ist für mich keine direkte<br />
16 Kommunikationsbasis, die mit einem persönlichen Gespräch vergleichbar wäre und auch<br />
17 Facebook ist es nicht.<br />
18 Autor:<br />
19 Wie viel Erfahrung besitzen Sie im Umgang mit ihrem Arztpraxis-Informationssystem?<br />
20 Interviewpartner 13:<br />
21 Ich täte sagen - große. Ich arbeite seit 1993 mit einem medizinischen Programm, zuerst war<br />
22 es ein DOS-Programm, jetzt ist es natürlich den technischen Bedingungen entsprechend ein<br />
23 Windows-Programm. Die Umstellungen auf eine neue Version waren immer schwierig,<br />
24 früher hat man viel mehr Computerwissen gebraucht als jetzt. Ich stehe dem Ganzen <strong>of</strong>fen<br />
25 und positiv gegenüber, nütze wahrscheinlich nicht jegliches Feature, das es anbietet, weil es<br />
26 für meine persönlichen Bedürfnisse und die Ordination einfach nicht passt. Sämtliche e-<br />
27 <strong>Health</strong> Anwendungen, wie e-card, Befundimport, Abrechnungsexport,… sind ins APIS<br />
28 eingebunden, an<strong>der</strong>s wäre es nicht sinnvoll.<br />
29 Autor:<br />
30 Hier sind mehrere e-<strong>Health</strong> Funktionen aufgelistet. Welche da<strong>von</strong> nutzen Sie bereits, wie<br />
31 zufrieden sind Sie damit und wie nützlich finden Sie diese? Wie bekannt sind Ihnen die<br />
32 an<strong>der</strong>en?<br />
33 Interviewpartner 13:<br />
34 e-card<br />
35 nütze ich soweit ich es als Wahlarzt nutzen darf, <strong>der</strong>zeit für die Vorsorgeuntersuchungen -<br />
36 das funktioniert problemlos. Benefit ist für mich im Höchstfall die Abfrage <strong>der</strong><br />
37 Sozialversicherungsnummer. Man hätte dies sicher auch über einen an<strong>der</strong>en elektronischen<br />
38 Weg zur Verfügung stellen können.<br />
39 e-Abrechnung<br />
40 mit den Kassen mache ich selbstverständlich, habe ich schon immer elektronisch gemacht.<br />
41 DFÜ-Übermittlung <strong>der</strong> Abrechnung<br />
42 ist die technische Komponente dazu.<br />
43 e-Arztbriefe<br />
44 empfange ich, gen<strong>aus</strong>o die e-Befundberichte <strong>von</strong> Fachärzten. Soweit möglich, wird das bei<br />
45 uns forciert. Manche Wahlfachärzte haben lei<strong>der</strong> keinen elektronischen Befunddatenversand.<br />
46 Als Praktiker versende ich natürlich keine Arztbriefe elektronisch.<br />
47 e-Pflegebegleitschreiben<br />
48 kenne ich zwar, werden aber <strong>von</strong> mir nicht benutzt.<br />
49 e-Laborbefund<br />
50 ja, verwende ich natürlich, ist sehr nützlich.<br />
51 e-Arbeitsunfähigkeitsmeldung<br />
52 haben wir <strong>der</strong>zeit nicht aktiviert, das Programm könnte es. Wir Wahlärzte haben es deshalb<br />
53 nicht aktiviert, weil wir es im Prinzip nicht brauchen. Man muss dem Patienten ohnehin noch<br />
54 für die Firma einen Zettel <strong>aus</strong>drucken, damit er den vorlegen kann. Beson<strong>der</strong>s bei unserer<br />
55 klar strukturierten Wirtschaftsumgebung brauchen wir das Papier – wozu also doppelt? Man<br />
56 müsste dieses Modul ja auch bezahlen und wozu etwas bezahlen, was ich nicht brauche?<br />
57 ABS-Arzneibewilligungsservice<br />
58 würde das Programm als Modul auch anbieten, haben wir ebenfalls nicht. Als Wahlarzt ist<br />
59 sowieso mehr o<strong>der</strong> weniger alles chefarztpflichtig.<br />
60<br />
e-Impfpass<br />
211
Anhang<br />
61 kenne ich noch nicht, wird allerdings mit Sicherheit auch <strong>von</strong> Seiten des Landes betrieben,<br />
62 weil ich weiß, dass sämtliche Kin<strong>der</strong>impfungen elektronisch per Barcode erfasst werden und<br />
63 diese Daten auch abrufbar sind – habe ich selbst schon genutzt. Bringen tut ein<br />
64 elektronischer Impfpass zum Datenwie<strong>der</strong>herstellen was. Für den Patienten und seine<br />
65 laufende Impfkontrolle glaube ich immer noch, dass <strong>der</strong> Impfpass in Papierform das bessere<br />
66 Teil ist und auf Reisen und International kommt er ohne Papierimpfpass sowieso nicht <strong>aus</strong>,<br />
67 weil im Sudan wird es kaum ein Gerät geben, das den e-Impfpass abruft.<br />
68 e-Überweisung, e-Zuweisung, e-Einweisung<br />
69 da habe ich am Projekt teilgenommen und habe das lange benutzt. Nach ziemlichen<br />
70 Anlaufschwierigkeiten hat es dann auch funktioniert. Vorteil null, <strong>der</strong> Patient braucht nämlich<br />
71 trotzdem einen Zettel, wo draufsteht, zu welchem Arzt o<strong>der</strong> in welches Krankenh<strong>aus</strong> er<br />
72 geschickt wird sowie auch die Telefonnummer. Das ist zwar dem Patienten gegenüber ein<br />
73 Service, aber eines, das wir eigentlich schon erbringen sollten und wir Wahlärzte<br />
74 logischerweise selbstverständlich erbringen werden. Vorteil könnte es für denjenigen sein,<br />
75 <strong>der</strong> die e-Überweisung runterlädt, dass er die Daten gleich in seiner EDV drinnen hat, wohl<br />
76 wissend, dass ein guter Mitarbeiter in <strong>der</strong> Anmeldung die Daten wahrscheinlich während des<br />
77 Begrüßens auch schon drinnen hat – wenn man diese eingeben muss. Also das ist<br />
78 wahrscheinlich nicht ein so großer Zeitgewinn, was <strong>der</strong> Kollege will steht sowieso auf einer<br />
79 normalen Zuweisung drauf, die <strong>der</strong> Patient ja mitbringt und er muss sie mitbringen, weil <strong>der</strong><br />
80 Kollege braucht ja den Zettel, damit <strong>der</strong> den Code hat, mit dem er die elektronische<br />
81 Überweisung einlösen kann. Sprich er muss die e-card stecken, dann muss er die<br />
82 elektronische Zuweisung herunterladen. Auch das habe ich schon probiert, ob ich eine<br />
83 Zuweisung runterladen kann o<strong>der</strong> wie das Handling ist. Es hat alles ein für und wi<strong>der</strong>,<br />
84 letztendlich brauchen manche Patienten einen Zettel in <strong>der</strong> Hand, wo draufsteht, wo er hin<br />
85 muss, wann <strong>der</strong> Kollege Ordination hat und wo er anrufen muss. Die Nützlichkeit ist auf <strong>der</strong><br />
86 Facharztseite vielleicht dadurch bedingt, wenn er die Daten nur übernimmt und wenn die<br />
87 Zuweisung vollständig <strong>aus</strong>gefüllt ist. Also wenn die Dauermedikamente erfasst sind, wenn<br />
88 die e-Medikation erfasst ist usw. Es macht nur nicht immer Sinn, alles mitzuschicken. Wenn<br />
89 es beispielsweise um eine OP-Indikation eines Meniskusrisses geht und kein gröberes<br />
90 Risiko besteht, ist irrelevant, ob <strong>der</strong> Patient eine Fettst<strong>of</strong>fwechselstörung hat. Wenn er eine<br />
91 Blutgerinnungsstörung hat, ist es sehr wohl relevant. Ich denke die Elektronik wird nicht alles<br />
92 ersetzen können. Es liegt immer noch in <strong>der</strong> ärztlichen Verantwortung und ob ich das auf<br />
93 einem Zettel mache o<strong>der</strong> elektronisch - verbessert nicht den Informationsgehalt. Meines<br />
94 Erachtens nach ist sogar <strong>der</strong> Gegenteil <strong>der</strong> Fall: einen Zettel hat man in <strong>der</strong> Hand, bevor<br />
95 man ihn hergibt und man schaut nochmal drauf - elektronisch kann man unglaublich schnell<br />
96 per Knopfdruck sein. Mir ist schon <strong>of</strong>t passiert – selbst wenn man im Internet eine Umfrage<br />
97 <strong>aus</strong>füllt – man bestätigt unglaublich schnell und schickt es weg und denkt sich ok, das stimmt<br />
98 vielleicht nicht ganz, aber ist ja egal. Und ich glaube nicht dass <strong>der</strong> Mensch da so schnell<br />
99 dazulernt.<br />
100 ELGA<br />
101 halte ich für verzichtbar. Natürlich nutze ich es noch nicht – zumindest nicht in dem Sinne, in<br />
102 dem es kommen soll. Wenn damit gemeint ist, dass ich meine Befunde für Patienten<br />
103 elektronisch zur Verfügung habe, ja, selbstverständlich. Ich als H<strong>aus</strong>arzt kenne in <strong>der</strong> Regel<br />
104 wahrscheinlich eh 90% - 98% <strong>der</strong> Befunde meiner Patienten. Klar habe ich sie elektronisch<br />
105 zur Verfügung, weil ich hier je<strong>der</strong>zeit einfach und rasch nachschlagen kann - wenn die<br />
106 Kapazitäten unserer Systeme nicht überfor<strong>der</strong>t sind. Ein MR-Bild möchte ich mir<br />
107 beispielsweise nicht <strong>aus</strong> dem System herunterladen müssen – es auf CD als elektronischer<br />
108 Träger anzusehen ist kein Problem. Ein Punkt bei ELGA ist mir da wichtig, weil natürlich ein<br />
109 elektronischer Aust<strong>aus</strong>ch <strong>von</strong> Befunddaten erfolgen soll, natürlich sollten Befunde einen<br />
110 Menschen betreffend elektronisch verfügbar sein. Sie sollten aber nicht verfügbar sein für<br />
111 Berufsgruppen, die dies vielleicht zum Schaden des Patienten benutzen könnten – da denke<br />
112 ich in erster Linie an die Wirtschaft und die Dienstgeberseite und in zweiter Linie an die<br />
113 Privatversicherer. Ich halte das für extrem gefährlich. Das Problem, das wir haben, ist, wer<br />
114 erklärt Gesundheitsdaten für irrelevant und wann. Bis jetzt entscheiden wir das im Einzelfall<br />
115 für den Patienten. Wenn wir ELGA haben – und da sind dann Millionen Dateien verfügbar –<br />
116 laufen wir Gefahr, dass wir entwe<strong>der</strong> alle Daten horten, was dann zu einer Datenmenge<br />
117 führen wird, dass jemand, wenn beispielsweise <strong>der</strong> betreuende H<strong>aus</strong>arzt in Pension geht<br />
118 und ein junger Kollege nachfolgt, dieser das wahrscheinlich nicht mehr schaffen wird, das<br />
119 alles zu lesen, vor allem dann nicht, wenn nicht <strong>aus</strong>sortiert wird. In ein<br />
120 Arzts<strong>of</strong>twareprogramm gehen die Befunde, die man bekommt, ja ein. Die werden dann in<br />
121 Dauerdiagnosen umgewandelt, nämlich dann, wenn sie eine Relevanz haben. Ob jetzt <strong>der</strong><br />
122 Blinddarm drinnen o<strong>der</strong> draußen ist, ist nur im Falle <strong>von</strong> Bauchweh relevant.<br />
123 Zusammenfassend halte ich ELGA nicht für nützlicher als das System, das wir jetzt haben.<br />
124 e-Medikation<br />
125 hier stellt sich dasselbe Problem. Der Patient braucht auf jeden Fall ein Rezept in <strong>der</strong> Hand,<br />
126<br />
um überprüfen zu können, ob alles aufgeschrieben wurde, was er sich vom Arzt hat<br />
212
Anhang<br />
127 verschreiben lassen, um sich Namen <strong>von</strong> Medikamenten einzuprägen. Hier haben manche<br />
128 Schwierigkeiten sich die komplizierten medizinischen Namen zu merken. Der Patient braucht<br />
129 zur Kontrolle einen Zettel in die Hand. Wenn ich aber einen Zettel <strong>aus</strong>teile, brauche ich nicht<br />
130 noch zusätzlich ein elektronisches System, das kann ich an<strong>der</strong>s auch lösen. e-Medikation<br />
131 hieße in erster Linie einmal nur elektronisches Rezept. Dies ist eine technische Sache und<br />
132 ich kann sagen, ja, das macht vielleicht Sinn, wenn im Hintergrund des Rezepts die<br />
133 Terminalnummer des Medikaments irgendwo hin verlinkt wird, weil sich dann vielleicht die<br />
134 Kasse o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> Apotheker einen Zeitaufwand spart. Es wäre noch vorstellbar zu sagen,<br />
135 ich drucke ein Rezept <strong>aus</strong> und schicke einfach den Inhalt codiert irgendwo hin. Was aber mit<br />
136 e-Medikation in Österreich verbunden ist, ist ja die Überprüfung <strong>der</strong> Medikation, was aber mit<br />
137 e-Medikation prinzipiell ja nichts zu tun hat. Die Überprüfung <strong>der</strong> Medikation in den <strong>der</strong>zeit<br />
138 vorhandenen und möglichen Prüfprogrammen ist ein Problem. Das wissen wir, man muss<br />
139 die Filterstärken relativ herunter setzen, damit man nicht jede Salbe her<strong>aus</strong>geschmissen<br />
140 bekommt, was sich mit irgendeiner Tablette nicht verträgt. Wir haben ein Riesenproblem bei<br />
141 multimorbiden Patienten und es gibt so gut wie keine Studiendaten für die Anwendung <strong>von</strong><br />
142 mehr als drei bis vier Medikamenten am selben Patienten. D.h. dort gibt es keine Daten für<br />
143 Interaktionen und die möglichen Interaktionen muss man ja ohnehin als Arzt immer<br />
144 verantworten. Also ich weiß <strong>von</strong> Kollegen, die an dem Projekt e-Medikation teilgenommen<br />
145 haben, dass es schwierig war, manche Rezepte r<strong>aus</strong>zubringen – am Schluss haben sie sie<br />
146 mit <strong>der</strong> Hand geschrieben und das kann es nicht sein.<br />
147 e-Radiologie<br />
148 kommt für mich als Praktikerin im Wesentlichen nicht in Frage. Wir sehen natürlich die MR-<br />
149 und CT-Bil<strong>der</strong> mittlerweile auf CD. Man schaut sich halt nur <strong>aus</strong>gewählte an. Natürlich ist das<br />
150 <strong>von</strong> <strong>der</strong> Qualität deutlich besser als die <strong>aus</strong>gedruckten CT- und MR-Bil<strong>der</strong>. Relevant ist es<br />
151 sicherlich für die chirurgischen Fächer und eine Bildübermittlung macht mit Sicherheit Sinn.<br />
152 e-Mutter-Kind-Pass<br />
153 hier gilt dasselbe wie für den Impfpass – wozu? Es ist schon klar, dass man <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />
154 Datenerfassungsseite, <strong>von</strong> <strong>der</strong> Statistik her die Daten <strong>aus</strong>werten könnte, hätte man sie<br />
155 elektronisch. Man könnte vielleicht etwas zur Kin<strong>der</strong>gesundheit o<strong>der</strong> zur<br />
156 Schwangerengesundheit sagen und würde vielleicht einen besseren Überblick über<br />
157 Komplikationen während einer Schwangerschaft etc. bekommen. Ob das was bringt, weiß<br />
158 ich nicht. Was es kostet, weiß ich auch nicht. Der Mutter-Kind-Pass ist eine Errungenschaft,<br />
159 da ihn die Mutter bei sich trägt und immer zur Verfügung hat und dadurch auch erinnert wird,<br />
160 wann die nächste Untersuchung ist. Für die allgemeine Gesundheitsstatistik ist es sicher<br />
161 nützlich, aber einen persönlichen Nutzen kann ich nicht wirklich anerkennen.<br />
162 e-Leistungsbericht<br />
163 das ist mit jedem Computerprogramm herstellbar, nennt sich Krankengeschichte. Man kann<br />
164 dann <strong>aus</strong>wählen ob man nur die Anamnesen will o<strong>der</strong> die Diagnosen, die Rezepte die ein<br />
165 Patient <strong>aus</strong>gestellt bekommen hat, die Leistungen die erbracht worden sind. Lässt sich <strong>von</strong><br />
166 jedem Computerprogramm patientenbezogen, kassenbezogen, altersstatistikbezogen<br />
167 herstellen. Nützlich ist auch hier relativ, weil wenn beispielsweise jemand 20 Jahre Patient<br />
168 bei einem ist, dann stehen die Diagnosen, die Leistungen immer mit <strong>der</strong>selben Wertigkeit da,<br />
169 egal ob er einen grippalen Infekt hatte o<strong>der</strong> einen Schlagfall. Tatsächlich für den Patienten<br />
170 medizinisch relevant sind aber nicht alle Dinge und vieles wird erst im Nachhinein relevant.<br />
171 Wenn ein junger Mann mit Influenza kommt, kann es für ihn völlig irrelevant sein - 20 Jahre<br />
172 später kann sich her<strong>aus</strong>stellen, dass er wenn er die Influenza nicht <strong>aus</strong>reichend <strong>aus</strong>geheilt<br />
173 hat, eine Pneunomie hatte, Herzversagen bekommen hat, ein Herz transplantiert bekommen<br />
174 hat - dann ist es nicht irrelevant. D.h. man kann es wie<strong>der</strong> nicht elektronisch entscheiden<br />
175 durch eine Standardisierung - alle Influenza r<strong>aus</strong> - son<strong>der</strong>n ich muss es erst wie<strong>der</strong><br />
176 Patientenorientiert und –zentriert machen und das wird man elektronisch nicht lösen können,<br />
177 son<strong>der</strong>n mit dem medizinischen Wissen. Insgesamt ist es natürlich praktisch, wenn ich dem<br />
178 Patienten zB bei einem Umzug auf Knopfdruck seine Krankenakte mitgeben kann und <strong>der</strong><br />
179 neue Kollege liest sie sich einmal durch und trägt sich in seine EDV nur noch die relevanten<br />
180 Dinge ein.<br />
181 e-Terminmanagement<br />
182 nütze ich, allerdings nur für mich, d.h. die Patienten haben keinen Zugriff darauf um sich<br />
183 Termin einzutragen son<strong>der</strong>n die müssen anrufen und ich bzw. meine Damen stimmen die<br />
184 Termine ab. Selbstverständlich bin ich zufrieden mit einem elektronischen Kalen<strong>der</strong>. Ich<br />
185 nutze die freie Eintragung für den Patienten deshalb nicht, weil ich mich nicht an das System<br />
186 verkaufen will. So kann ich einteilen und ich weiß auch, warum die Leute kommen und weiß<br />
187 auch, welchen Zeitaufwand ich haben werde. Das weiß <strong>der</strong> Patient, <strong>der</strong> sich einen Termin<br />
188 holt, nicht. Wenn sich <strong>der</strong> Patient selber eintragen könnte, würde das für mich heißen, ich<br />
189 müsste hergehen und eine zeitlimitierte Terminvergabe haben, Zeiten sperren für spezielle<br />
190 Behandlungen. Für mich wäre es viel mehr Aufwand, als wenn er anruft und ich kläre, was<br />
191 ihm fehlt, was er braucht, was er will und ich trage den Termin selbst in meinen<br />
192<br />
elektronischen Kalen<strong>der</strong> ein. Mein eigenes Terminmanagement außerhalb o<strong>der</strong> parallel zur<br />
213
Anhang<br />
193 Praxis mache ich selbstverständlich elektronisch allerdings übers Handy – das hat sich<br />
194 inzwischen am besten bewährt.<br />
195 e-Notfallsdaten<br />
196 nützen nichts. Begründung: Dort wo <strong>der</strong> Patient den Notfall hat, gibt es bestimmt kein Gerät,<br />
197 womit ich die Daten lesen könnte. Es ist völlig irrelevant, ob diese Daten auf einer Karte<br />
198 gespeichert sind o<strong>der</strong> auf einem Zentralcomputer zu finden sind, etc. Außerdem stelle ich mir<br />
199 Notfallversorgung nicht so vor, dass ich sage, aha da liegt einer, suchen wir zuerst<br />
200 elektronisch etwas, um es zu nutzen. Zu allererst ist man mit <strong>der</strong> Grundversorgung<br />
201 beschäftigt, da braucht man für nichts eine Elektronik, nachher vielleicht. Notfallsdaten auf<br />
202 <strong>der</strong> e-card – sinnlos. Wenn ich beispielsweise schwere Allergien auf einem Chip eintrage,<br />
203 das wäre sinnvoll. Nicht für den Notfall son<strong>der</strong>n für die grundsätzliche medizinische<br />
204 Versorgung. Das würde auf die Karte gehören – vor<strong>aus</strong>gesetzt, es können alle die Karte<br />
205 ablesen. Auch Allergien zB auf Medikamente wären sinnvoll, diese zu speichern. Derzeit gibt<br />
206 es für solche Fälle einen Allergiepass, den die Betr<strong>of</strong>fenen mitführen bzw. ganz zentral<br />
207 gespeichert haben. Wenn so jemand sediert o<strong>der</strong> beruhigt werden muss, um ihn beatmen zu<br />
208 können, wird kein Mensch nach einem Allergie<strong>aus</strong>weis fragen – hier hat er schlicht Pech<br />
209 gehabt – so erschütternd das sein mag. Wenn das einen geplanten chirurgischen Eingriff<br />
210 betrifft, dann ist es wichtig zu wissen, dass zB eine Allergie gegen ein bestimmtes<br />
211 Narkosemittel besteht. Bis jetzt ist es so, dass diese Patienten Ausweise bei sich haben, wo<br />
212 das draufsteht und so ein Patient vergisst sicher nicht, das zu sagen. Wenn es keinen<br />
213 geplanten Eingriff gibt und <strong>der</strong> Patient kann nicht reden, können solche Dinge nicht eruiert<br />
214 werden. Wenn es sich um einen Noteingriff handelt, wo keine Zeit mehr sein sollte, solche<br />
215 Dinge zu erheben, nehme ich das Risiko in Kauf. Es würde also Sinn machen, Dinge auf die<br />
216 Leute allergisch reagieren auf <strong>der</strong> e-card zu speichern, insbeson<strong>der</strong>e in Kombination damit,<br />
217 dass dies dann automatisch bei Aufruf <strong>der</strong> Krankengeschichte erscheint. Zu klären ist, wer<br />
218 für die Richtigkeit <strong>der</strong> Daten haftet und im Beson<strong>der</strong>en, wer haftet für die Vollständigkeit <strong>der</strong><br />
219 Daten – ich denke dafür sollte <strong>der</strong> Patient selbst haften. Er soll sich <strong>aus</strong>drucken lassen, was<br />
220 er drauf hat und das auch überprüfen.<br />
221 e-Tagebücher für Biosignale (Home Monitoring)<br />
222 kenne ich – allerdings <strong>aus</strong> meiner Ausbildungszeit im Spital – da wurden beispielsweise<br />
223 Herzschrittmacher elektronisch überwacht, Wehen überwacht. Da gibt es einiges und da kam<br />
224 ich damit in Kontakt. Macht denke ich Sinn, da müssen Sie aber Spezialisten fragen, ich<br />
225 brauche es für meine Patienten nicht. Solche Patienten sind bei Spezialisten in Betreuung,<br />
226 wo sie auch hingehören. Mir als H<strong>aus</strong>arzt reicht eigentlich die Information, die ich durch den<br />
227 Patienten bekomme, <strong>der</strong> mir sagt, ‚mein Schrittmacher spinnt‘ o<strong>der</strong> ‚<strong>der</strong> Generator ist zu<br />
228 t<strong>aus</strong>chen‘ o<strong>der</strong> was auch immer. Wo ich es nutze bzw. wo es auch eingebaut ist sind etwa<br />
229 Geräte für 24-Stunden-Blutdruckmessung usw. die man als Praktiker selbst macht und<br />
230 <strong>aus</strong>wertet – das ist auch eine Art Tagebuch und das verwende ich schon und biete ich an.<br />
231 Öffentliches Informationssystem für qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen<br />
232 ist Wikipedia für Medizin, für alle zugänglich und qualitätsgesichert. Prinzipiell nicht schlecht,<br />
233 aber <strong>der</strong> Patient kommt trotzdem mit seinen Forumfragen. Selbstverständlich bin ich dafür,<br />
234 dass es ein gutes öffentliches Informationssystem mit Qualitätssicherung gibt. Wikipedia ist<br />
235 ein super Ansatz dafür, weil man hier wenigstens die Hintergrunddaten überprüfen kann.<br />
236 Wobei wer <strong>von</strong> uns kennt alle Studien und alle Pr<strong>of</strong>essoren und die Qualität dieser<br />
237 Pr<strong>of</strong>essoren, usw. Invalide Daten wird es im Internet immer geben und die Patienten werden<br />
238 dadurch immer beeinträchtigt.<br />
239 Zentrales Anbieter- und Leistungsverzeichnis aller GDAs<br />
240 Ich habe ein Problem mit dem Begriff GDA. Ich selbst empfinde mich als Arzt, nicht als<br />
241 Gesundheitsdienstanbieter. Für mich ist da auch ein Unterschied. Ich finde es nicht gut <strong>aus</strong><br />
242 folgendem Grund: Gesundheitsdienstanbieter ist ein Begriff, <strong>der</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> Wirtschaft kommt<br />
243 und wenn ich daran denke, dass da sämtliche Energetiker drinnen sind, weil sie ja<br />
244 Gesundheitsdienstanbieter sind, weil sie sich um die Gesun<strong>der</strong>haltung kümmern, wenn<br />
245 sämtliche Masseure drinnen sind, die zusätzlich Hokuspokus anbieten - da bin ich streng<br />
246 dagegen.<br />
247 Autor:<br />
248 Wie zufrieden sind Sie mit dem Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en Gesundheitsdienste-Anbieter?<br />
249 Interviewpartner 13:<br />
250 Sehr zufrieden, wobei ich den Aust<strong>aus</strong>ch nur zwischen Kollegen habe.<br />
251 Autor:<br />
252 Und wenn es zusätzliche e-<strong>Health</strong>-Funktionalitäten gäbe, würden Sie das dann auch<br />
253 vermehrt nutzen?<br />
254 Interviewpartner 13:<br />
255 Es ist ja als Gesundheitsdaten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch definiert. Wenn die Physiotherapeuten so einen<br />
256 Aust<strong>aus</strong>ch anbieten würden, würde ich die Daten gen<strong>aus</strong>o empfangen wie <strong>von</strong> Logopäden.<br />
257 Autor:<br />
258<br />
Wie nützlich finden Sie den Daten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit an<strong>der</strong>en GDAs?<br />
214
Anhang<br />
259 Interviewpartner 13:<br />
260 Sehr nützlich.<br />
261 Autor:<br />
262 Haben Sie eine zufriedenstellende Lösung für Urlaubs- und Krankenstandvertretung?<br />
263 Interviewpartner 13:<br />
264 Ich persönlich nein, ich kann als Wahlarzt nicht vertreten werden. Die Patienten kommen<br />
265 wegen mir zu mir. Für Bagatellfälle habe ich eine Vertretung. Da ist ein Unterschied zu<br />
266 Kassenärzten. Ich glaube in <strong>der</strong> Stadt ist es leichter vertreten zu werden. Am Land hat <strong>der</strong><br />
267 ‚H<strong>aus</strong>arzt‘ schon ein gewisse Wertigkeit.<br />
268 Autor:<br />
269 Sind Sie mit <strong>der</strong> Usability, also <strong>der</strong> Benutzerfreundlichkeit <strong>von</strong> Ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware<br />
270 zufrieden? Was könnte man verbessern?<br />
271 Interviewpartner 13:<br />
272 Ja, ich bin sehr zufrieden. Verbessern könnte man die Geschwindigkeit. Das liegt aber zum<br />
273 Teil daran, dass ich mich weigere, alle zwei Jahre neue Hardware zu kaufen. Das Programm<br />
274 kann viel zu viel, weil es so individuell anpassbar ist – deshalb arbeite ich aber auch gern<br />
275 damit. Ich bin deshalb zufrieden, weil es kein Programm auf <strong>der</strong> Welt gibt, das immer<br />
276 fehlerfrei läuft, und es kostet mich einen Telefonanruf, um Hilfe zu bekommen. Ich bin mit<br />
277 meinem Programm und auch mit dem Service sehr zufrieden.<br />
278 Autor:<br />
279 Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Praxis-S<strong>of</strong>twarehersteller beschreiben?<br />
280 Interviewpartner 13:<br />
281 Freundschaftlich.<br />
282 Autor:<br />
283 Erfüllen die e-<strong>Health</strong> Funktionen in ihrer Praxis-S<strong>of</strong>tware die Erwartungen, die Sie an sie<br />
284 haben?<br />
285 Interviewpartner 13:<br />
286 Die elektronische Überweisung habe ich beispielsweise wie<strong>der</strong> abgestellt. Die an<strong>der</strong>en<br />
287 Anwendungen funktionieren super und ich bin damit zufrieden.<br />
288 Autor:<br />
289 Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, dass Ihre Patientendaten <strong>aus</strong>reichend geschützt sind? (unberechtigter<br />
290 Zugriff, unberechtigte Verän<strong>der</strong>ung und Löschung, Vollständigkeit, Beweisbarkeit <strong>der</strong><br />
291 Herkunft)<br />
292 Interviewpartner 13:<br />
293 Ja. Vollständigkeit kann ich natürlich nicht garantieren, weil wenn <strong>der</strong> Patient <strong>von</strong> sich <strong>aus</strong><br />
294 irgendwo hingeht und mir nicht sagt, dass er dort war und sich einverstanden erklärt, dass<br />
295 ich den Befund anfor<strong>der</strong>e, können Daten nie vollständig sein. Was die Verlustsicherung<br />
296 anbelangt, das ist eine Frage vom Sichern. Was die Zugriffsicherheit betrifft, haben wir einen<br />
297 hohen Level bzgl. Firewall usw. Der elektronische Befunddaten<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch ist ein<br />
298 bidirektionaler, das hat den Vorteil, dass ich immer weiß, <strong>von</strong> wem habe ich einen Befund<br />
299 bekommen. Selbst wenn es ein weitergeleiteter Befund ist, weiß ich über wen ich ihn<br />
300 bekommen habe. Das ist nachvollziehbar und ich denke auch, dass die Daten sicher sind.<br />
301 100%ige Sicherheit gibt es in <strong>der</strong> Elektronik nicht, auch in keiner Ordination, weil es<br />
302 unmöglich ist, immer alle Arbeitsplatzstationen ununterbrochen in einem Zustand zu halten,<br />
303 wo kein an<strong>der</strong>er irgendwo hineinspähen kann. Das entspricht keinem Arbeitsalltag, aber ich<br />
304 halte sie für sehr, sehr sicher.<br />
305 Autor:<br />
306 Wie gut fühlen Sie sich über e-<strong>Health</strong>-Funktionen im Allgemeinen informiert?<br />
307 Interviewpartner 13:<br />
308 Ich glaube sehr gut.<br />
309 Autor:<br />
310 Wie werden Sie über e-<strong>Health</strong>-Funktionen informiert?<br />
311 Interviewpartner 13:<br />
312 Erstens auf <strong>der</strong> politischen Ebene über die Kammer, das liegt an meiner Funktion als<br />
313 Standesvertreterin. Zweitens tritt immer wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Programmierer an mich heran und<br />
314 informiert mich über Neuerungen.<br />
315 Autor:<br />
316 Von wem würden Sie mehr Informationen über e-<strong>Health</strong> wollen?<br />
317 Interviewpartner 13:<br />
318 Ich brauche nicht noch mehr Infos.<br />
319 Autor:<br />
320 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong>-Angebote einarbeiten, wenn sie öfter <strong>von</strong> den Patienten<br />
321 angefragt würden?<br />
322 Interviewpartner 13:<br />
323 Wahrscheinlich.<br />
324<br />
Autor:<br />
215
Anhang<br />
325 Würden Sie sich in neue e-<strong>Health</strong> Funktionen einarbeiten, wenn sie <strong>von</strong> Ihren Kollegen<br />
326 häufig genutzt würden / wenn Sie <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ärztekammer / vom Gesundheitsministerium / <strong>von</strong><br />
327 den Kostenträgern empfohlen würden?<br />
328 Interviewpartner 13:<br />
329 Wenn ich es nicht selber zu finanzieren habe und es für sinnvoll erachte ja, sonst nein.<br />
330 Autor:<br />
331 Bieten Sie jetzt bereits Leistungen an, die über das „Normale“?<br />
332 Interviewpartner 13:<br />
333 Was die medizinische Versorgung anbelangt – ja. Elektronisch – nein.<br />
334 Autor:<br />
335 Haben Sie den Eindruck, dass Sie die Erwartungen an einen "guten Arzt" besser erfüllen<br />
336 können, wenn Sie mehr e-<strong>Health</strong> Funktionen anwenden?<br />
337 Interviewpartner 13:<br />
338 Nein.<br />
339 Autor:<br />
340 Halten Sie e-<strong>Health</strong> für bedeutsam für Ihre Arbeit?<br />
341 Interviewpartner 13:<br />
342 Grundsätzlich ja. Ich kann aber auch ohne e-<strong>Health</strong> arbeiten, auch ohne Strom. Die Qualität<br />
343 <strong>der</strong> Behandlung wird sich allerdings än<strong>der</strong>n, abhängig <strong>von</strong> <strong>der</strong> Umgebungssituation in <strong>der</strong><br />
344 man sich befindet. Das ist <strong>der</strong> Vorteil des Allgemeinmediziners.<br />
345 Autor:<br />
346 Könnten Sie sich die Führung Ihrer Ordination gänzlich ohne APIS vorstellen?<br />
347 Interviewpartner 13:<br />
348 Ich würde nie freiwillig darauf verzichten, aber wenn es notwendig wäre <strong>aus</strong> irgendeinem<br />
349 Grund, habe ich kein Problem - natürlich kann ich die Ordination ohne Elektronik und<br />
350 Computersystem führen.<br />
351 Autor:<br />
352 Macht es für Sie einen Unterschied <strong>aus</strong>, wenn Sie wüssten, Sie müssen bestimmte e-<strong>Health</strong><br />
353 Funktionen zwingend anwenden?<br />
354 Interviewpartner 13:<br />
355 Ja. Es würde meine Einstellung gegenüber den e-<strong>Health</strong> Funktionen verschlechtern. Ich<br />
356 habe prinzipiell etwas gegen Zwang, wiewohl ich nichts gegen Kontrolle habe, aber ich habe<br />
357 etwas gegen Überwachung und dieses Instrumentarium e-<strong>Health</strong>, e-card-System, etc. kann<br />
358 man sehr wohl zur Überwachung einsetzen.<br />
359 Autor:<br />
360 Macht es Ihnen Spaß, am Computer zu arbeiten? Sind Sie auch in Ihrer Freizeit <strong>of</strong>t am<br />
361 Computer und im Internet? Sind sie neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware und probieren<br />
362 am Computer gerne etwas <strong>aus</strong>?<br />
363 Interviewpartner 13:<br />
364 Würde ich schon sagen, dass es mir Spaß macht. In <strong>der</strong> Freizeit arbeite ich nicht mit dem<br />
365 Computer, aber ich spiele. Neugierig auf neue S<strong>of</strong>t- und Hardware muss ich ja sein, ich habe<br />
366 noch auf DOS gelernt und es bleibt einem nichts an<strong>der</strong>es übrig als sich weiterzuentwickeln.<br />
367 Stehen bleiben tu ich da sicher nicht. Außerdem hat man ja auch p<strong>aus</strong>enlos ein neues<br />
368 Handy, was ja auch nichts an<strong>der</strong>es ist.<br />
369 Autor:<br />
370 Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen sind, die e-<strong>Health</strong> an Sie<br />
371 stellt?<br />
372 Interviewpartner 13:<br />
373 In <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> möglichen juristischen Folgen nicht wirklich. Ich weiß, wie einfach es<br />
374 ist, dass man bestätigt, etwas gelesen zu haben, das weiß je<strong>der</strong> <strong>der</strong> E-Mails bekommt. Die<br />
375 neuen Programme schicken ja zum Teil die Bestätigungen im Hintergrund weg, auch wenn<br />
376 man es abstellt. Ich fürchte, es wird unglaublich schwierig sein zu beweisen: habe ich einen<br />
377 e-Befund gelesen o<strong>der</strong> nicht. Ich kann beweisen ob ich ihn bekommen habe o<strong>der</strong> nicht. Ob<br />
378 ich ihn gelesen habe o<strong>der</strong> nicht, ist schon schwieriger. Ob ich ihn vollständig gelesen habe,<br />
379 kann mir überhaupt niemand beweisen. Hafte ich für jeglichen zur Kenntnis genommenen<br />
380 Inhalt und ab welchen Zeitpunkt bin ich verpflichtet, das alles zu lesen? Das ist unser<br />
381 Problem! Jetzt lesen wir die Befunde zum Großteil, wenn wir sie bekommen – ich zumindest,<br />
382 weil ich sie einspiele. Auf mich bezogen lese ich sie ziemlich unmittelbar, aber wenn das<br />
383 extrem aufwändig und viel wird und mir dann rechtlich ein Fallstrick dar<strong>aus</strong> gezogen werden<br />
384 kann, dann fühle ich mich ein wenig überfor<strong>der</strong>t, weil ich es nicht mehr einsehe, das alles<br />
385 wissen zu müssen.<br />
386 Autor:<br />
387 Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Meinung und Ihre Vorstellungen in die Weiterentwicklung<br />
388 <strong>der</strong> Systeme einfließen könnten o<strong>der</strong> bereits eingeflossen sind?<br />
389 Interviewpartner 13:<br />
390<br />
Sicher.<br />
216
Anhang<br />
391 Autor:<br />
392 Würde Ihre Akzeptanz steigen, wenn Sie das Gefühl haben, in die Entwicklung einbezogen<br />
393 zu werden?<br />
394 Interviewpartner 13:<br />
395 Ich glaube nicht, dass meine Akzeptanz da<strong>von</strong> abhängig ist ob ich eingebunden bin o<strong>der</strong><br />
396 nicht. Meine Akzeptanz ist <strong>von</strong> <strong>der</strong> Funktionalität abhängig.<br />
397 Autor:<br />
398 Würden Sie an Pilotprojekten neuer e-<strong>Health</strong>-Funktionen teilnehmen bzw. selbst bei <strong>der</strong><br />
399 Entwicklung mitarbeiten?<br />
400 Interviewpartner 13:<br />
401 Ja, habe ich schon und würde ich auch wie<strong>der</strong>.<br />
402 Autor:<br />
403 Welche Auswirkungen hätten mehr neue e-<strong>Health</strong>-Funktionen auf Ihre tägliche Arbeit mit den<br />
404 Patienten und auf die Administration in <strong>der</strong> Praxis?<br />
405 Interviewpartner 13:<br />
406 Wenn ich an die e-Medikation denke, mit Sicherheit einen erhöhten Zeitaufwand, das gilt<br />
407 auch für ELGA. Ich glaube, mit neuen Funktionen würde die Administration mehr und<br />
408 komplizierter.<br />
409 Autor:<br />
410 Glauben Sie, dass mit mehr e-<strong>Health</strong> Kosten gespart werden können, in Ihrer Praxis bzw. im<br />
411 Gesundheitssystem generell?<br />
412 Interviewpartner 13:<br />
413 Nein!<br />
414 Autor:<br />
415 Sehen Sie für den Patienten einen Mehrwert durch den vermehrten Einsatz <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong>-<br />
416 Funktionalitäten? Online-Terminvereinbarung, e-Medikation, e-Impfpass mit<br />
417 Erinnerungsfunktion, weniger Untersuchungen, ..?<br />
418 Interviewpartner 13:<br />
419 Nein, weil die Patienten diese viele Untersuchungen haben wollen und die Politik sollte sich<br />
420 überlegen, den Zugang zu solchen Dingen zu erschweren. Die Patienten haben die<br />
421 Möglichkeit und das Recht auf eine Zweit-, Dritt-, Viert- und Fünftmeinung und solange das<br />
422 so ist, wird man diese Mehrfachbefundungen nicht vermeiden können. Wozu hat man mit<br />
423 Einführung des e-card-Systems die Facharztbeschränkung aufgehoben? Früher hat man<br />
424 einen Krankenschein für den Praktiker bekommen, zwei Facharztscheine und einen<br />
425 Zahnschein – und jetzt? Gratiszugang mittels Plastikcard – dort sollte man vielleicht einmal<br />
426 ansetzen und man braucht nicht unbedingt e-<strong>Health</strong> dafür. Wobei das elektronisch leicht<br />
427 umzusetzen wäre mit <strong>der</strong> e-card.<br />
428 Autor:<br />
429 Wie kann <strong>der</strong> Gesetzgeber Sie bei weiteren Maßnahmen unterstützen?<br />
430 Interviewpartner 13:<br />
431 Erstens, indem er die Patienten lückenlos darüber aufklärt, was er wirklich macht, welche<br />
432 politischen Entscheidungen er trifft und warum. Zweitens kann er uns unterstützen indem er<br />
433 manche Dinge einfach beschränkt und dieses ‚doctor hopping‘ im fachärztlichen Bereich<br />
434 einschränkt. Drittens, die Begehrlichkeit <strong>der</strong> Patienten sinkt mit Einführung eines<br />
435 Selbstbehalts, <strong>der</strong> meines Erachtens dringend notwendig wäre für alles. Es leiden alle<br />
436 darunter, weil das das Gesundheitssystem so teuer macht – die vielen Ambulanzbesuche<br />
437 und immer wie<strong>der</strong> Kontakte <strong>von</strong> Patienten mit <strong>Ärzten</strong> außerhalb <strong>der</strong> Ordinationszeit o<strong>der</strong> in<br />
438 <strong>der</strong> Nacht.<br />
439 Autor:<br />
440 Soll <strong>der</strong> Gesetzgeber eingreifen indem er die GDAs zur Teilnahme verpflichtet?<br />
441 Interviewpartner 13:<br />
442 Nein! Und falls er das tut, dann hat er es selber zu zahlen. Ich halte das System wie es<br />
443 geplant ist, für überflüssig und zu teuer. Es ist ein <strong>der</strong>zeitiges System vorhanden, das man<br />
444 vielleicht verbessern und <strong>aus</strong>bauen kann, vielleicht kann man dort ein paar Funktionalitäten<br />
445 <strong>aus</strong>bauen, aber wir brauchen nicht ein neues Projekt namens ELGA, das halte ich für<br />
446 komplett sinnlos.<br />
447 Autor:<br />
448 Wie ist Ihre Meinung zu Opt-in und Opt-out?<br />
449 Interviewpartner 13:<br />
450 Opt-In heißt - <strong>der</strong> Patient entscheidet, dass er dabei sein will. Das wäre meines Erachtens<br />
451 die entsprechende Variante. Eine Opt-out-Lösung halte ich für demokratiepolitisch äußerst<br />
452 bedenklich. Und <strong>der</strong> größte Unsinn daran ist, dass es ein befundbezogenes teilweises in/out<br />
453 geben soll.<br />
454 Autor:<br />
455 Würde sich an Ihrer Autonomie als Arzt durch die vermehrte Einführung <strong>von</strong> e-<strong>Health</strong> etwas<br />
456<br />
verän<strong>der</strong>n?<br />
217
Anhang<br />
457 Interviewpartner 13:<br />
458 Ja, wenn die Einführung zwangsweise ist.<br />
459 Autor:<br />
460 Würden Sie all Ihre Daten an<strong>der</strong>en GDAs zur Verfügung stellen?<br />
461 Interviewpartner 13:<br />
462 Alle Daten sicher nicht lückenlos. Wir wissen sehr viel über einen Patienten und es würde<br />
463 meines Erachtens das Vertrauen zwischen Arzt und Patient auf <strong>der</strong> H<strong>aus</strong>arztebene ganz<br />
464 massiv schwächen. Es wird dazu führen, dass die Patienten nichts mehr erzählen.<br />
465 Autor:<br />
466 Wo erwarten Sie bei <strong>der</strong> Einführung neuer e-<strong>Health</strong> Anwendungen Verbesserungen?<br />
467 (Behandlung <strong>der</strong> Patienten, internen Organisation, Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en GDAs, Zeit,<br />
468 Kosten, )<br />
469 Interviewpartner 13:<br />
470 Ich denke da in erster Linie einmal an den Informationstransport. Hier gäbe es schon etwas,<br />
471 dass e-<strong>Health</strong> mäßig Sinn machen würde - das Speichern <strong>der</strong> Patientenverfügung auf <strong>der</strong> e-<br />
472 card zum Beispiel. Zeitersparnis erwarte ich mir eigentlich keine, Kostenersparnis auch nicht.<br />
473 Und die Behandlung <strong>der</strong> Patienten steht auch jetzt schon im Vor<strong>der</strong>grund.<br />
474 Autor:<br />
475 Haben wir ein Thema zu e-<strong>Health</strong> in Ihrer Arztpraxis-S<strong>of</strong>tware noch nicht behandelt, bzw.<br />
476 möchten Sie noch etwas ergänzen?<br />
477 Interviewpartner 13:<br />
478 e-<strong>Health</strong> Funktionen, die sinnvoll sind, mir einen Nutzen bringen und auch gefor<strong>der</strong>t sind,<br />
479 nutze ich bereits.<br />
480 Autor:<br />
481<br />
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.<br />
218
9 Danksagung<br />
Danksagung<br />
Ich danke allen <strong>Ärzten</strong>, die sich die notwendige Zeit für diese Studie genommen<br />
haben und mir ihre Meinung und Fachwissen mitgeteilt haben.<br />
Auch meinem Arbeitgeber, <strong>der</strong> Ärztekammer für OÖ, ganz beson<strong>der</strong>s Dr. Felix<br />
Wallner und Mag. Martin Keplinger gebührt mein Dank für die umfassende<br />
Unterstützung.<br />
Ein beson<strong>der</strong>er Dank gilt meiner Betreuerin Frau Univ.-Pr<strong>of</strong>. Dr. Elske Ammenwerth,<br />
die mit kompetenten und nützlichen Hinweisen meine Diplomarbeit betreut hat. Sie<br />
hatte stets ein <strong>of</strong>fenes Ohr für meine Fragen und stand mir immer mit Rat und<br />
Verbesserungsvorschlägen zur Seite.<br />
Mein größter Dank gilt meiner Frau Maria, die viel Geduld und Verständnis während<br />
meiner gesamten Studienzeit aufbrachte, und auf viele gemeinsame Stunden<br />
verzichten musste.<br />
219
10 Eidesstattliche Erklärung<br />
Eidesstattliche Erklärung<br />
Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde<br />
Hilfe verfasst und an<strong>der</strong>e als die in <strong>der</strong> Arbeit angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht<br />
benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich o<strong>der</strong> sinngemäß <strong>aus</strong> an<strong>der</strong>en Schriften entnommen<br />
sind, habe ich als solche kenntlich gemacht.<br />
Die Arbeit wurde bisher we<strong>der</strong> in gleicher noch in ähnlicher Form einer an<strong>der</strong>n<br />
Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.<br />
Hall in Tirol, am 15.12.2012 ..............................................................<br />
Ing. Gerhard Klapf<br />
220