Karsten Kuhl - Heinz-Kühn-Stiftung
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<strong>Karsten</strong> <strong>Kuhl</strong> Thailand<br />
Ein Blick auf den Stadtplan verdeutlicht das Dilemma: Zwar gibt es in der<br />
Neun-Millionen-Metropole eine unübersichtliche Vielzahl von Straßen,<br />
doch die meisten sind nicht einmal ansatzweise in der Lage, die immensen<br />
Verkehrsströme zu verkraften. Um auf direktem Wege die Stadt zu durchqueren,<br />
landet jeder Autofahrer unweigerlich auf einer der wenigen<br />
Hauptverkehrsadern: Sukhumvit, (New) Petchburi, Rama IV. oder Rama<br />
IX. Road. Auf Nebenstraßen auszuweichen scheint sinnlos. Spätestens,<br />
wenn der Fahrer nach langen Umwegen wieder auf eine hoffnungslos verstopfte<br />
Hauptstraße angewiesen ist, beginnen die Schwierigkeiten erneut.<br />
Von Nebenstraßen ist das Einfädeln in den Hauptverkehrsstrom eine zeitund<br />
nervenraubende Angelegenheit.<br />
Bisher sind die thailändischen Verkehrsplaner bei der Suche nach einem<br />
Patentrezept nicht fündig geworden. Einstweilen wurde deshalb das<br />
Abbiegen von vielen Hauptstraßen unmöglich gemacht, damit der Verkehr<br />
– wenn er einmal fließen sollte – nicht durch Rechtsabbieger 1 aufgehalten<br />
wird. Unglücklicherweise verhindert diese Regelung auch, daß Autos ihr<br />
Ziel auf kürzestem Wege erreichen. Vielen Fahrern bleibt deshalb nichts<br />
anderes übrig, als mehrere Kilometer in die entgegengesetzte Richtung zu<br />
fahren, bis sich eine Verbindung zum eigentlichen Fahrtziel bietet. Dieser<br />
Suchverkehr leistet einen nicht unerheblichen Beitrag zum Stauproblem der<br />
Stadt.<br />
„Natürlich ist es für einen Europäer immer wieder erstaunlich“, erzählt<br />
Peter Traub, „wenn von thailändischer Seite das Argument kommt: Eine<br />
Ursache für die Verkehrsproblematik in der Hauptstadt ist, daß es zuwenig<br />
Straßen gibt. Gemeint ist, daß der Anteil der Straßenfläche an der gesamten<br />
bebauten Fläche in Bangkok zu gering ist. Und das ist in der Tat richtig.<br />
Wenn man sich die Vergleichszahlen deutscher Städte ansieht, so ist die<br />
Straßenfläche hier um zwei Drittel geringer. Während in anderen<br />
Metropolen dieser Größenordnung 25 Prozent der Stadtfläche aus Straßen<br />
bestehen, sind es in Bangkok lediglich 8 Prozent.“<br />
Die Ratchadamnern-Nok ist eine dieser Straßen, aber nicht irgendeine.<br />
Der Prachtboulevard beherbergt zahlreiche Behörden, unter anderem das<br />
Ministerium für Transport und Kommunikation. Im zweiten Stock hat Sarin<br />
Skruathana sein Büro, vor dem sich Kartons und Kisten stapeln. Schon von<br />
Berufs wegen muß der Leiter der Planungsabteilung jeden Vorwurf von sich<br />
weisen, die Stadtplaner in Bangkok hätten die Verkehrssituation jahrzehntelang<br />
unterschätzt.<br />
„Das Problem ist nicht, daß wir in Bangkok zu wenig Straßen haben, das<br />
Problem ist ganz einfach, daß wir zu viele Autos haben. Diese Stadt ist sehr<br />
alt und nicht für den Autoverkehr gebaut worden. Heutzutage ist das natürlich<br />
unbequem, aber wir bemühen uns, das Problem durch neue Autobahnen<br />
und Schnellstraßen in den Griff zu kriegen.“<br />
1 In Thailand herrscht Linksverkehr.<br />
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