Karsten Kuhl - Heinz-Kühn-Stiftung
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<strong>Karsten</strong> <strong>Kuhl</strong> Thailand<br />
als ihnen Daimler Benz die Patentlösung der Verkehrsprobleme durch einen<br />
einzigen Begriff verkündete: Telematics. Herbert Grünwald vom Stuttgarter<br />
Automobilkonzern war eigens in die thailändische Hauptstadt gereist, um<br />
das System möglichen Investoren schmackhaft zu machen.<br />
„Telematics im Verkehr ist die Verarbeitung von Informationen mit Hilfe<br />
der Telekommunikation. Erstens die Lokalisierung: Wo befindet sich das<br />
Auto? Zweitens die Fahrtstrecke: Wie komme ich am besten – unter<br />
Berücksichtigung von Staus – zu meinem Fahrtziel? Das System empfiehlt<br />
mir die optimale Route und damit die schnellste Verbindung. Der lästige<br />
Suchverkehr kann so ausgeschaltet werden.“<br />
Stolz verweist Grünwald darauf, daß das System in Deutschland bereits<br />
eingesetzt wird – als Autopilotsystem für Wagen der Luxusklasse. Bordcomputer<br />
kommunizieren dabei mit Satelliten in der Erdumlaufbahn und<br />
erhalten so Informationen zur Standortbestimmung und Routenoptimierung.<br />
Kein Zweifel: Grünwald kennt die Vorzüge seines Systems. Ob er auch die<br />
Verhältnisse auf thailändischen Straßen kennt, darf indessen bezweifelt werden.<br />
Wer die klapprigen Lieferfahrzeuge der Bauern betrachtet, kann sich<br />
nur schwer vorstellen, daß ihnen künftig satellitengestützte Bordcomputer<br />
den staufreien Weg in die Hauptstadt weisen. Grünwald räumt ein, daß man<br />
das Thema Telematics in Thailand vorsichtig angehen müsse, da man nicht<br />
zwei oder drei Schritte der technischen Entwicklung überspringen könne.<br />
„Was wir heute in Bangkok an Verkehrsmanagement vorfinden, ist der<br />
Polizist an der Ecke. Bei heute üblichen Verkehrsleitsystemen hat Thailand<br />
also noch einen großen Bedarf. Zur Zeit steht die Verbesserung der<br />
Infrastruktur durch Untergrund- oder Hochbahnen im Vordergrund, aber<br />
diese Infrastrukturmaßnahmen kosten viel Geld und brauchen Zeit.<br />
Sinnvoll wäre deshalb eine mittelfristige Verbesserung des Verkehrsmanagements<br />
und der Verkehrsleitsysteme.“<br />
Neue Studien lehnt Grünwald mit dem Hinweis ab, es seien für Bangkok<br />
schon „fünfzig oder hundert“ erstellt worden. Jetzt müsse endlich gehandelt<br />
werden. Im übrigen hätte eine Untersuchung ergeben, daß sich mit Hilfe<br />
von Telematics der Verkehr in der thailändischen Hauptstadt um zwanzig<br />
bis dreißig Prozent optimieren ließe. Natürlich zitiert er dabei eine Studie<br />
des Daimler Benz-Konzerns. Sie liefert jedoch den bisher fehlenden Beweis<br />
dafür, daß Referent Grünwald tatsächlich wußte, in welchem Land er bei<br />
seinem weltweiten Werbefeldzug zwischengelandet war.<br />
6. Exkurs: Die Infrastruktur in den Provinzen<br />
6.1 Straßenbau und Entwicklungsprogramme<br />
Die streng zentralistische Struktur Thailands hat dazu geführt, daß sich<br />
neben dem Großraum Bangkok kein wirtschaftliches oder politisches<br />
Gegengewicht herausbilden konnte. Die zweitgrößte Stadt Thailands,<br />
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