bericht über die menschliche entwicklung 2003 - Human ...
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KASTEN 1.2<br />
Seit es <strong>die</strong> Vereinten Nationen gibt, haben sich <strong>die</strong> Regierungen ihrer Mitgliedsstaaten<br />
globale Ziele gesetzt, darunter viele Zielsetzungen, <strong>die</strong> immer wieder auftauchen.<br />
Die Beendigung des Kolonialismus war in den 1950er und 1960er Jahren<br />
ein Hauptthema. Das wirtschaftliche Wachstum zu beschleunigen und andere<br />
wirtschaftliche Ziele – wie Beschäftigung, Industrialisierung und internationale<br />
Hilfe – voranzubringen waren wichtige Themen der Ersten, Zweiten und Dritten<br />
Entwicklungsdekade (1960er, 1970er, 1980er Jahre). Ziele in Bezug auf Alphabetisierung,<br />
Schulbildung, Gesundheit, Überleben, Wasserversorgung und<br />
Abwasserentsorgung wurden von Anfang der 1960er Jahre bis in <strong>die</strong> 1990er Jahre<br />
immer wieder festgelegt, und gipfelten im Jahr 2000 in der Millenniums-Erklärung.<br />
UN-Ziele werden oft als <strong>über</strong>ehrgeizig und selten umgesetzt abgetan, doch<br />
viele Ziele sind erreicht worden:<br />
• Die Ausrottung der Pocken (Erklärung der Weltgesundheitsorganisation,<br />
1965) – 1977 geschehen.<br />
• Die Immunisierung von 80 Prozent aller Kinder (im ersten Lebensjahr) gegen<br />
schwere Kinderkrankheiten bis 1990 (Erklärung der Weltgesundheitsorganisation,<br />
1974, <strong>über</strong>arbeitet 1984) – in rund 70 Ländern erreicht, wenngleich <strong>die</strong>ser Erfolg<br />
in Südasien und in Afrika südlich der Sahara nicht von Dauer war.<br />
• Halbierung der Anzahl der Kinder, <strong>die</strong> an Durchfall sterben (Weltkindergipfel,<br />
1990) – in den 1990er Jahren erreicht.<br />
• Senkung der Kindersterblichkeit auf weniger als 120 pro 1.000 Lebendgeburten<br />
bis 2000 (Weltkindergipfel, 1990) – in allen bis auf 12 Entwicklungsländern<br />
erreicht.<br />
• Ausrottung der Kinderlähmung bis 2000 (Weltkindergipfel, 1990) – in 110<br />
Ländern erreicht. In <strong>über</strong> 175 Ländern gibt es nun keine Kinderlähmung mehr.<br />
• Ausrottung der Guinea-Wurm-Krankheit bis 2000 (Weltkindergipfel, 1990)<br />
– im Jahr 2000 war <strong>die</strong> Anzahl der gemeldeten Fälle um 97 Prozent gesunken und<br />
<strong>die</strong> Krankheit ist in allen bis auf 14 Ländern ausgerottet.<br />
Auch in Bezug auf viele weitere Ziele sind signifikante Fortschritte erzielt<br />
worden, wenn auch <strong>die</strong> Ziele nicht in vollem Umfang erreicht wurden:<br />
• Beschleunigung des wirtschaftlichen Wachstums in Entwicklungsländern auf<br />
fünf Prozent pro Jahr bis Ende der 1960er Jahre und auf sechs Prozent in den<br />
1970er Jahren (Resolution der Vereinten Nationen, 1961) – in den 1960er Jahren<br />
<strong>über</strong>trafen 32 Länder das Wachstumsziel von fünf Prozent, und in den 1970er<br />
Jahren erreichten 25 Länder mehr als sechs Prozent (obgleich <strong>die</strong> Ergebnisse in<br />
den 1980er und 1990er Jahren sehr viel enttäuschender waren; siehe Kapitel 2<br />
und 4.)<br />
• Erhöhung des Anteils der Entwicklungsländer an der weltweiten industriellen<br />
Produktion (Erklärung der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle<br />
Entwicklung, 1975) – ihr Anteil stieg von sieben Prozent im Jahr 1970 auf<br />
20 Prozent im Jahr 2000, wenngleich <strong>die</strong>se Zugewinne sich auf eine kleine Anzahl<br />
von Ländern beschränkten.<br />
• Erhöhung der Lebenserwartung auf 60 Jahre bis 2000 (Generalversammlung<br />
der Vereinten Nationen, 1980) – erreicht in 124 der 173 Länder, <strong>die</strong> unter <strong>die</strong>ser<br />
Schwelle lagen (fast alle davon aus der Gruppe der am wenigsten entwickelten<br />
Länder, viele in Afrika südlich der Sahara).<br />
• Senkung der Kindersterblichkeit um mindestens ein weiteres Drittel innerhalb<br />
der 1990er Jahre (Weltkindergipfel, 1990) – 63 Länder haben <strong>die</strong>ses Ziel erreicht,<br />
und in <strong>über</strong> 100 Ländern wurden <strong>die</strong> Todesfälle bei Kindern um 20 Prozent<br />
reduziert.<br />
• Beseitigung oder Reduzierung von Hunger und Unterernährung bis 2000<br />
(Dritte Entwicklungsdekade, 1980er Jahre; Weltkindergipfel, 1990) – in den Entwicklungsländern<br />
sank <strong>die</strong> Unterernährung zwischen 1980 und 2000 um 17 Pro-<br />
Quelle: Jolly <strong>2003</strong>.<br />
lungsprioritäten wie starke Staats- und Regierungsführung,<br />
Beschäftigung, Versorgung im<br />
Bereich reproduktiver Gesundheit und institutionelle<br />
Reformen der Weltordnungspolitik<br />
unberücksichtigt ließen.<br />
Machen globale Ziele einen Unterschied?<br />
zent, doch in Afrika südlich der Sahara stieg <strong>die</strong> Zahl der Unterernährten in den<br />
1990er Jahren um 27 Millionen.<br />
• Erreichung des allgemeinen Zugangs zu sauberem Trinkwasser bis 1990,<br />
dann bis 2000 (Dritte Entwicklungsdekade, 1980er Jahre; Weltkindergipfel,<br />
1990) – 4,1 Milliarden Menschen mehr erhielten Zugang, so dass nun fünf Milliarden<br />
versorgt sind.<br />
Dennoch sind einige der Ziele alles andere als erreicht worden:<br />
• Erhöhung der Mittel der Öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7<br />
Prozent des Bruttosozialprodukts der reichen Länder ab 1970 (Resolution der<br />
Generalversammlung der Vereinten Nationen 1970, Internationale Entwicklungsstrategie<br />
für <strong>die</strong> 1970er Jahre) – <strong>die</strong> Mittel sind gemessen als Anteil am BSP<br />
sogar gefallen, und in den 1990er Jahren erreichten nur vier Länder <strong>die</strong> Zielvorgabe<br />
von 0,7 Prozent (Dänemark, <strong>die</strong> Niederlande, Norwegen und Schweden).<br />
• Zuweisung von 0,15 Prozent des Bruttosozialprodukts (BSP) für <strong>die</strong> Öffentliche<br />
Entwicklungszusammenarbeit mit den am wenigsten entwickelten Ländern<br />
in den 1980er und 1990er Jahren (Konferenz der Vereinten Nationen <strong>über</strong> <strong>die</strong> am<br />
wenigsten entwickelten Länder, 1981) – acht von 16 Mitgliedern des Entwicklungsausschusses<br />
der OECD erreichten in den 1980er Jahren <strong>die</strong> Zielvorgabe von<br />
0,15 Prozent, in den 1990er Jahren jedoch nur fünf von 20 Mitgliedern.<br />
• Halbierung der Analphabetenrate bei Erwachsenen bis 2000 (Weltkindergipfel,<br />
1990) – <strong>die</strong> Analphabetenrate sank von 25 Prozent 1990 auf lediglich 21 Prozent<br />
im Jahr 2000.<br />
• Ausrottung der Malaria (Erklärung der Weltgesundheitsorganisation, 1965)<br />
– zwar gab es Erfolge in Asien und Lateinamerika, doch an Afrika ist das "globale”<br />
Anti-Malaria-Programm der 1960er Jahre weitgehend vorbei gegangen (da <strong>die</strong><br />
Krankheit dort als besonders hartnäckig gilt), obwohl Afrika unter den meisten<br />
Malariafällen leidet. In den folgenden Jahrzehnten widmete <strong>die</strong> internationale<br />
Gemeinschaft der Malaria wenig Aufmerksamkeit und geringe Mittel, was dazu<br />
führte, dass <strong>die</strong> Maßnahmen bruchstückhaft ausfielen.<br />
Ob <strong>die</strong> numerische Zielvorgabe eines globalen Ziels erreicht wurde, ist ein<br />
wichtiger, aber kein hinreichender Erfolgsmaßstab, denn es gibt keinen Hinweis<br />
darauf, ob <strong>die</strong> Zielsetzung als solche einen Unterschied gemacht hat oder nicht.<br />
In vielen Fällen sind enorme Fortschritte gemacht worden, auch wenn <strong>die</strong> numerischen<br />
Zielvorgaben nicht erreicht wurden – zum Beispiel im Fall der Internationalen<br />
Dekade für Trinkwasserversorgung und Abwasserhygiene der 1980er<br />
Jahre (Generalversammlung der Vereinten Nationen, 1980), in der kaum ein Entwicklungsland<br />
<strong>die</strong> allgemeine Versorgung erreicht hat. Doch dadurch, dass globale<br />
Ziele gesetzt wurden, wurde <strong>die</strong> Aufmerksamkeit auf <strong>die</strong>sen Bedarf gelenkt,<br />
und in den 1980er Jahren stieg der Zugang zu sauberem Trinkwasser um 130 Prozent,<br />
und der Zugang zu sanitären Einrichtungen um 266 Prozent, was in beiden<br />
Fällen sehr viel mehr war als in den 1970er oder 1990er Jahren. Trotzdem wurde<br />
<strong>die</strong> Dekade oft als Misserfolg eingestuft, nur weil <strong>die</strong> numerischen Zielvorgaben<br />
nicht erreicht wurden.<br />
Nachdem sie einmal festgelegt sind, gibt es höchst unterschiedliche Wege,<br />
<strong>die</strong> Ziele, auf <strong>die</strong> man sich bei den Vereinten Nationen geeinigt hat, weiterzuverfolgen.<br />
Auf der einen Seite gibt es Extremfälle wie das Ziel der Beschleunigung<br />
des wirtschaftlichen Wachstums, für dessen Umsetzung <strong>die</strong> internationale Gemeinschaft<br />
wenig Kräfte mobilisiert hat. Auf der anderen Seite gibt es Ziele wie<br />
<strong>die</strong> Ausrottung der Pocken, <strong>die</strong> Ausweitung von Immunisierungen und <strong>die</strong> Senkung<br />
der Kindersterblichkeit, zu deren Erreichung <strong>die</strong> internationale Gemeinschaft<br />
— angeführt von der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation<br />
- WHO) und dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (United<br />
Nations Children’s Fund -UNICEF) — Maßnahmen der einzelnen Länder unterstützt<br />
hat.<br />
• dass sie sich auf eng gefasste Indikatoren<br />
stützten – wie zum Beispiel Unterschiede bei<br />
den Einschulungsquoten, um Fortschritte bei<br />
der Gleichstellung der Geschlechter festzustellen,<br />
oder <strong>die</strong> Anzahl der Telefonanschlüs-<br />
DIE MILLENNIUMS-ENTWICKLUNGSZIELE 37