bericht über die menschliche entwicklung 2003 - Human ...

Wo Dezentralisierung
funktioniert, hat es
beeindruckende Erfolge
gegeben
einamerika, 10 in Asien und 5 in den arabischen
Staaten – unternahmen Schritte in Richtung
Demokratisierung. 3 Im Zuge dieser politischen
Veränderungen wurde auch eine stärkere
Dezentralisierung eingeleitet und neue
soziale Bewegungen entstanden, die den Bürgern
neue Möglichkeiten zu kollektiven Aktivitäten
boten. In diesem Kapitel werden diese
beiden politischen Entwicklungen untersucht,
um daraus Schlüsse für politische Reformen
und für soziale Aktivitäten zu ziehen, aus denen
die erforderliche politische Dynamik entsteht,
um die Millenniums-Entwicklungsziele
zu erreichen.
DEZENTRALISIERUNG – IHRE
ENTSTEHUNG, IHRE ROLLE, IHRE
POLITISCHEN ERFORDERNISSE
In den letzten Jahren hat ein breites Spektrum
von Ländern – Transformations- und Entwicklungsländer,
solvente und insolvente, autoritäre
und demokratische, mit linken oder
rechten Regierungen oder Regierungen der
politischen Mitte – mit Dezentralisierungsmaßnahmen
begonnen. Seit den frühen achtziger
Jahren sind entsprechende Reformen in
Regimen eingeführt worden, die von Monarchien
über Militärdiktaturen und von Einparteiensystemen
bis hin zu Mehrparteiendemokratien
reichen.
Dezentralisierung setzt eine Zentralregierung
voraus, die einen Teil ihrer politischen
Autorität auf lokale Einheiten überträgt und,
was das Entscheidende ist, einen Teil ihrer
Ressourcen und administrativen Verantwortlichkeiten.
Diese lokalen Einheiten sind dann
für einige grundlegende öffentliche Dienstleistungen
und Funktionen zuständig. In mehr
als 60 Ländern sind zu diesem Zweck kommunale
Räte mit einer ganzen Reihe von Zuständigkeiten
geschaffen worden. 4 Und in Lateinamerika
werden jetzt, mit Ausnahme einiger
weniger kleiner Länder, fast alle legislativen
und exekutiven Behörden in 13 000 kommunalen
Verwaltungseinheiten gewählt. 5
Es wird gemeinhin angenommen, dass Dezentralisierung
die Beteiligung der Bevölkerung
bei der politischen Entscheidungsfindung
stärkt, weil dadurch die Regierung den
Menschen nähergebracht wird – sie wird zugänglicher
und erfährt mehr über die lokalen
Gegebenheiten und geht daher mehr auf die
Wünsche der Bevölkerung ein. Gibt es für diese
Annahme aber tatsächlich Beweise? Und
was noch wichtiger ist, trägt die Dezentralisierung
von Autorität und Ressourcen dazu bei,
Fortschritte bei der Agenda im Interesse der
armen Bevölkerung zu erzielen?
WARUM IST DEZENTRALISIERUNG
NOTWENDIG?
Dort wo die Dezentralisierung funktioniert
hat (und das ist eine beachtliche Leistung) –
wie in Teilen von Botsuana, Brasilien, Kolumbien,
Jordanien, Südafrika und vielen Staaten
in Indien (Karnataka, Kerala, Madhya Pradesh,
Rajasthan, West Bengalen) – hat es beeindruckende
Erfolge gegeben, so zum Beispiel:
• Schnellere Reaktionen auf lokale Bedürfnisse.
Die Kommunalbehörden handeln
in der Regel eher auf Grundlage von Interessen
und Bedingungen vor Ort und müssen
nicht mehr auf eine Genehmigung von höherer
Ebene warten, bevor sie handeln können.
Die Dezentralisierung gibt auch den Frauen
Gelegenheit, auf lokaler Ebene mitzuwirken
und ermöglicht daher einen Ansatz der Politikformulierung
und –umsetzung, bei dem geschlechtsspezifische
Fragestellungen mehr
Berücksichtigung finden. Hinzu kommt, dass
Gesundheitsprogramme der Regierung eher
angenommen werden, da Berater vor Ort besser
als Bürokraten in der Lage sind, den Sinn
dieser Programme so zu erklären, dass ihn die
Bevölkerung vor Ort auch versteht – was entscheidend
zum Erfolg der gesundheitsbezogenen
Millenniums-Entwicklungsziele beiträgt.
• Mehr Rechenschaftspflicht und Transparenz
und weniger Korruption. Da durch Dezentralisierung
in der Regel die Transparenz
gefördert wird, sinken oftmals in Ländern, die
die Dezentralisierung vorantreiben, die Geldsummen,
die durch Korruption von Entwicklungsprogrammen
abgezweigt werden. Eine
neuere Studie in 55 Ländern ergab, dass die
Dezentralisierung der Regierungsausgaben
eng mit einer Reduzierung der Korruption in
168 BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2003