Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch
Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch
Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
len Gebühren. Eine wichtige Neuerung bestand<br />
darin, dass <strong>den</strong> Haushalten gestattet wurde,<br />
ihre eigene Arbeitskraft beizusteuern und Gräben<br />
<strong>für</strong> die Leitungen auszuheben. Das Versorgungsunternehmen<br />
akzeptierte dies als eine<br />
Form der Zahlung in Naturalien. 39 Auch hier<br />
jedoch wur<strong>den</strong> die Vorschriften nicht als Teil<br />
einer ganzheitlichen Strategie zur Umsetzung<br />
spezieller Zielvorgaben im Hinblick auf <strong>Wasser</strong>anschlüsse<br />
<strong>für</strong> besonders arme Menschen<br />
entwickelt.<br />
Gezielte Subventionen. In einigen Ländern wird<br />
der <strong>Verbrauch</strong> bei Bevölkerungsgruppen mit<br />
niedrigem Einkommen durch gezielte Subventionen<br />
finanziert. In Chile wur<strong>den</strong> die <strong>Wasser</strong>preise<br />
bis auf das Niveau der vollen Kostendeckung<br />
erhöht, ohne dass die Versorgungsziele<br />
aufgegeben wur<strong>den</strong>. 25-85 Prozent der <strong>Wasser</strong>kosten<br />
von Haushalten wer<strong>den</strong> durch Subventionen<br />
abgedeckt, bei gleichzeitiger Staffelung<br />
<strong>für</strong> ausgewählte Haushalte mit niedrigem Einkommen<br />
(Kasten 2.6). Einer der Gründe <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> Erfolg des chilenischen Modells ist, dass die<br />
staatlichen Behör<strong>den</strong> in der Lage sind, arme<br />
Haushalte eindeutig zu i<strong>den</strong>tifizieren und die<br />
Subventionszahlungen ohne hohe Abflüsse an<br />
die Nicht-Armen weiterzugeben. Diese Kompetenz<br />
haben sie sich durch die Erfahrungen<br />
mit einem umfangreichen Sozialhilfesystem<br />
über einen langen Zeitraum hinweg angeeignet.<br />
Sozialtarife. Eine andere Methode, das <strong>Wasser</strong><br />
<strong>für</strong> arme Haushalte erschwinglicher zu machen,<br />
besteht darin, eine <strong>Wasser</strong>menge, die ausreicht,<br />
um die Grundbedürfnisse zu befriedigen, zu<br />
einem niedrigen Preis oder kostenlos zu liefern.<br />
In <strong>den</strong> meisten Ländern wer<strong>den</strong> derzeit Blocktarife<br />
angewendet, die einzelnen Tarifstufen<br />
sind jedoch unterschiedlich. In Südafrika wer<strong>den</strong><br />
mit dem Sozialtarif 25 Liter kostenlos abgegeben<br />
– eine Praxis, die viel öfter angewendet<br />
wer<strong>den</strong> könnte. Gegen das Sozialtarifmodell<br />
gibt es zwei Vorbehalte. Erstens können in Ländern<br />
mit niedrigen Anschlussraten arme Haushalte,<br />
die nicht an das Leitungsnetz angeschlossen<br />
sind, nicht über Sozialtarife erreicht wer<strong>den</strong>.<br />
Auch in Südafrika bereitet dies Probleme,<br />
da auch dort die <strong>Wasser</strong>anschlussraten bei armen<br />
Kasten 2.6 <strong>Wasser</strong>verbrauchs-Subventionen in Chile –<br />
höhere Effizienz und mehr Zugangsgerechtigkeit<br />
Die <strong>Wasser</strong>versorgung in Chile ist privatisiert. Gleichzeitig sorgt ein starkes regulatorisches<br />
System <strong>für</strong> eine Kombination aus hoher Effizienz bei der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
und einem ebenso hohen Niveau an Zugangsgerechtigkeit. Viele Faktoren haben dazu<br />
beigetragen. Startvorteile waren unter anderem, dass vor der Privatisierung bereits<br />
fast die gesamte Bevölkerung Zugang zur <strong>Wasser</strong>versorgung hatte und ein hochentwickeltes<br />
Leitungsnetz existierte. Starkes Wirtschaftswachstum hat ebenfalls eine<br />
wichtige Rolle gespielt, ebenso gezielte <strong>Wasser</strong>subventionen.<br />
Chile führte in <strong>den</strong> frühen neunziger Jahren mittelabhängige <strong>Wasser</strong>verbrauchssubventionen<br />
ein, um sicherzustellen, dass Haushalte mit niedrigem Einkommen sich<br />
<strong>Wasser</strong>anschlüsse leisten können. Die Subventionen decken 25 bis 85 Prozent der<br />
monatlichen <strong>Wasser</strong>rechnung eines Haushaltes <strong>für</strong> bis zu 15 Kubikmeter im Monat ab.<br />
Die Regierung erstattet dem Unternehmen <strong>den</strong> Betrag auf der Basis des tatsächlichen<br />
<strong>Wasser</strong>verbrauchs. Die Subvention wird komplett aus dem Haushalt der Zentralregierung<br />
bezahlt. Haushalte müssen die Subvention bei der Stadtverwaltung beantragen,<br />
die feststellt, ob die Subvention gezahlt wer<strong>den</strong> kann. Die Subvention kann man sich<br />
als progressiven Blocktarif vorstellen, bei dem die Subventionen in einem umgekehrten<br />
Verhältnis zum Haushaltseinkommen stehen: die Unterstützung nimmt in dem<br />
Maße ab, in dem das Einkommen über der Mindestschwelle <strong>für</strong> einkommensabhängige<br />
Subventionen liegt.<br />
1998 erhielten etwa 13 Prozent der chilenischen Haushalte – fast 450 000 Menschen<br />
– Subventionen, was 33,6 Millionen US-Dollar kostete. Dieses System hat es<br />
ermöglicht, die Gebühren zu erhöhen, Ressourcen <strong>für</strong> die Instandhaltung und Netzerweiterung<br />
zu mobilisieren und negative Auswirkungen auf arme Menschen zu<br />
minimieren.<br />
Es gibt zwei Grundvoraussetzungen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Erfolg dieses Modells in Chile. Keine<br />
davon kann einfach in anderen Entwicklungsländern reproduziert wer<strong>den</strong>. Erstens<br />
erfordert dieses System die Fähigkeit, Haushalte mit niedrigem Einkommen zu i<strong>den</strong>tifizieren,<br />
die Politik darauf zuzuschnei<strong>den</strong> und die Unterstützung auch real ankommen<br />
zu lassen. Zweitens muss jeder Haushalt einen <strong>Wasser</strong>zähler haben.<br />
Quelle: Alegría Calvo und Celedón Cariola 2004; Gómez-Lobo und Contreras 2003;<br />
Paredes 2001; Serra 2000.<br />
Haushalten unterschiedlich hoch sind. Haushalte<br />
ohne <strong>Wasser</strong>anschluss müssen oft <strong>Wasser</strong><br />
bei Großhändlern kaufen, die ihr <strong>Wasser</strong> vom<br />
Versorgungsunternehmen zum höchsten Blocktarif<br />
kaufen. Zweitens sind <strong>für</strong> eine Sozialtarifregelung<br />
<strong>Wasser</strong>zähler erforderlich, die in<br />
armen Wohngebieten nicht sehr verbreitet<br />
sind.<br />
Die Versorgung informeller Siedlungen. In vielen<br />
Ländern lebt die Mehrzahl städtischer Haushalte<br />
in informellen Siedlungen ohne <strong>Wasser</strong>anschluss<br />
im eigenen Haushalt. Die Millionen<br />
von Menschen, die in diesen Gebieten leben,<br />
haben außeror<strong>den</strong>tliche Initiativen an <strong>den</strong> Tag<br />
gelegt, um Zugang zur <strong>Wasser</strong>versorgung zu bekommen:<br />
Sie haben kilometerweit Leitungen<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2006 127<br />
2<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>menschlichen</strong> <strong>Verbrauch</strong>