Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch
Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch
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Was war schief gelaufen? Wenn private Unternehmen<br />
als Anbieter in die Märkte in <strong>den</strong><br />
Industrieländern einsteigen, können sie auf<br />
eine umfangreiche Infrastruktur zurückgreifen<br />
(die mit früheren öffentlichen Investitionen bezahlt<br />
wurde), durch die auf einem Markt, der<br />
durch ziemlich hohe Durchschnittseinkommen<br />
definiert wird, der Zugang <strong>für</strong> die gesamte<br />
Bevölkerung ermöglicht wird. In <strong>den</strong> Entwicklungsländern<br />
entsteht durch eine schlecht entwickelte,<br />
oft verfallene Infrastruktur, durch geringe<br />
Anschluss- und hohe Armutsraten eine<br />
immer größere Spannung zwischen der wirtschaftlichen<br />
Leistungsfähigkeit und der Versorgung<br />
aller Menschen mit bezahlbarem <strong>Wasser</strong>.<br />
Drei sehr häufige Fehlentwicklungen, die mit<br />
der Regulierung, der finanziellen Nachhaltigkeit<br />
und der Transparenz der Vertragsabschlüsse<br />
zusammenhängen, können auf diese Zwänge<br />
zurückgeführt wer<strong>den</strong> (Kasten 2.4):<br />
• Ausweitung des Leitungsnetzes. Ein primäres<br />
Ziel von Regierungen bei der Konzessionsvergabe<br />
ist die Ausweitung des Leitungsnetzes.<br />
Im Rahmen der Konzession in Buenos<br />
Aires stieg zwar die Zahl der Anschlüsse,<br />
allerdings in einem geringeren Umfang als<br />
es im Vertrag vorgesehen war. In <strong>den</strong> ärmsten<br />
Stadtgebieten gab es die geringsten Fortschritte.<br />
32 In Jakarta wur<strong>den</strong> im Rahmen des<br />
Konzessionsvertrags drei Viertel der neuen<br />
Anschlüsse in Haushalten mit mittleren<br />
und höheren Einkommen und in Regierungs-<br />
und kommerziellen Unternehmen<br />
eingerichtet.<br />
• Neuverhandlungen von Tarifen. <strong>Wasser</strong>tarife<br />
sind eine sehr politische Angelegenheit.<br />
Unter kommerziellen Gesichtspunkten<br />
wer<strong>den</strong> durch die Tarifeinnahmen Profite<br />
<strong>für</strong> die Aktionäre und Kapital <strong>für</strong> künftige<br />
Investitionen erwirtschaftet. Aber eine Tarifpolitik,<br />
die auf Profitmaximierung ausgerichtet<br />
ist, kann zu einer Verringerung des<br />
sozialen Wohlbefin<strong>den</strong>s führen und politische<br />
Unruhen auslösen. In Cochabamba erhöhte<br />
der Konzessionsinhaber die Tarife,<br />
um damit einen Teil der Kosten weiterzugeben,<br />
die durch die Ausweitung der Infrastruktur<br />
entstan<strong>den</strong> waren – mit sehr explosiven<br />
Konsequenzen. In Buenos Aires wur-<br />
<strong>den</strong> die Tarife erst reduziert und dann im<br />
Zeitraum von 1993 bis 2002 sechsmal erhöht,<br />
was effektiv fast zu einer Verdoppelung<br />
führte, da der private Betreiber Profitabilität<br />
mit der Umsetzung der Zielvorgaben<br />
kombinieren wollte.<br />
• Finanzierung. Das hohe Mindestvolumen<br />
von Kapitalinvestitionen im <strong>Wasser</strong>bereich<br />
führt dazu, dass Kredite <strong>für</strong> die Ausweitung<br />
des Netzes von entschei<strong>den</strong>der Bedeutung<br />
sind. Die Aktivitäten im Rahmen der Konzession<br />
in Manila und Buenos Aires waren<br />
durch eine hohe Auslandsverschuldung belastet.<br />
In Buenos Aires wur<strong>den</strong> die Investitionen<br />
hauptsächlich über Anleihen und<br />
angespartes Geld finanziert, wobei der<br />
Eigenkapitalanteil unter fünf Prozent lag.<br />
Da die Anleihen im Ausland in Dollar getätigt<br />
wur<strong>den</strong>, die Einnahmen jedoch in lokaler<br />
Währung erfolgten, führte dies zu einer<br />
starken Abhängigkeit von <strong>den</strong> Wechselkursschwankungen<br />
bei der Fremdwährung.<br />
Durch die Finanzkrisen in Ostasien und Argentinien<br />
wur<strong>den</strong> die Konzessionen in<br />
West Manila und Buenos Aires mit nicht<br />
mehr tragbaren Schul<strong>den</strong> belastet. Der Nettoverlust<br />
von 1,6 Milliar<strong>den</strong> US-Dollar, der<br />
2002 vom Konzessionsinhaber in Buenos<br />
Aires verzeichnet wurde, war fast ausschließlich<br />
auf eine Gel<strong>den</strong>twertung zurückzuführen,<br />
durch die die Auslandsschul<strong>den</strong>verpflichtungen<br />
des Unternehmens verdreifacht<br />
wur<strong>den</strong>.<br />
Andere Formen der<br />
Beteiligung des Privatsektors<br />
Private Unternehmen ziehen sich zwar aus<br />
Konzessionen zurück, sie sind jedoch nach wie<br />
vor an einer breiten Palette von Dienstleistungsangeboten<br />
und -aktivitäten im <strong>Wasser</strong>bereich<br />
beteiligt. Die öffentlich-private <strong>Wasser</strong>bewirtschaftung<br />
bleibt in <strong>den</strong> Debatten über<br />
<strong>Wasser</strong>management ein zentrales Thema.<br />
Pachtverträge (Leasing oder affermage) sind<br />
eine übliche Form von öffentlich-privater Partnerschaft.<br />
Bei diesem Modell delegiert die Regierung<br />
die Durchführung einer öffentlichen<br />
Dienstleistung an ein Unternehmen, das da<strong>für</strong><br />
eine vereinbarte Gebühr zahlt, die normaler-<br />
In <strong>den</strong> Entwicklungsländern<br />
entsteht durch eine schlecht<br />
entwickelte, oft verfallene<br />
Infrastruktur, durch geringe<br />
Anschluss- und hohe<br />
Armutsraten eine immer<br />
größere Spannung zwischen<br />
der wirtschaftlichen<br />
Leistungsfähigkeit und der<br />
Versorgung aller Menschen<br />
mit bezahlbarem <strong>Wasser</strong><br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2006 121<br />
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<strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>menschlichen</strong> <strong>Verbrauch</strong>