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Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch

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2<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>menschlichen</strong> <strong>Verbrauch</strong><br />

120<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2006<br />

Cochabamba, in Bolivien, kam eine Konzessionsvereinbarung<br />

im Jahr 2000 angesichts politischer<br />

Proteste nicht zustande. In Argentinien<br />

brach eine dreißigjährige Konzessionsvereinbarung<br />

im Jahr 2001 gleichzeitig mit der Wirtschaft<br />

des Landes zusammen. Die <strong>für</strong> West-<br />

Manila vergebene Konzession erlitt dasselbe<br />

Schicksal und wurde im Jahr 2003 beendet. In<br />

Jakarta endete eine Konzession im Jahr 2004 in<br />

einer Gerichtsverhandlung zwischen <strong>den</strong> kommunalen<br />

Behör<strong>den</strong> und dem Unternehmen.<br />

Der Enthusiasmus in Bezug auf Konzessionen<br />

ist im Privatsektor inzwischen auf ein eher zö-<br />

Kasten 2.4 Was ist bei Konzessionen schiefgelaufen? Drei Fehlschläge und drei Lektionen<br />

Der Dominoeffekt scheiternder Konzessionen hat eine heftige Debatte<br />

über die Rolle des Privatsektors bei der <strong>Wasser</strong>versorgung in der<br />

Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft angeheizt. Während<br />

die Faktoren, die das Scheitern verursachten, unterschiedlich sind,<br />

gibt es doch wichtige Lektionen aus drei Schlüsselbeispielen:<br />

• Cochabamba. Das Abkommen von 1999, unter dem die bolivianische<br />

Regierung eine Konzession mit 40-jähriger Laufzeit an ein<br />

Konsortium ausländischer Firmen vergab, bleibt ein allgemeiner<br />

Bezugspunkt. Gemäß dem Gesetz zur Trinkwasser- und Sanitärversorgung<br />

von 1999 autorisierte die Regierung die Privatisierung<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgung und strich die Subventionen. Die Kun<strong>den</strong><br />

mussten nicht nur mehr <strong>für</strong> ihr <strong>Wasser</strong> bezahlen, sondern Kleinbauern<br />

in der Umgebung mussten nun Gebühren <strong>für</strong> <strong>Wasser</strong> bezahlen,<br />

das sie bislang kostenlos aus öffentlichen Standrohren<br />

erhielten. Die Preiserhöhungen sollten zu <strong>den</strong> Kapitalkosten <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> Bau eines neuen Dammes sowie einer Aufbereitungsanlage<br />

beitragen. Proteste führten zur Aufhebung des Gesetzes von<br />

1999, zum Scheitern der Konzession und einem Gerichtsverfahren,<br />

das eine der beteiligten Firmen gegen die bolivianische<br />

Regierung anstrengte.<br />

• Manila. Die Konzessionen mit einer Laufzeit von 25 Jahren, die<br />

1997 <strong>für</strong> West-Manila vergeben wur<strong>den</strong>, scheiterten 2003. Der<br />

entschei<strong>den</strong>de Auslöser war die Auslandsverschuldung. Während<br />

der ersten fünf Jahre der Konzession verzeichnete Maynilad, ein<br />

Joint Venture zwischen Ondeo, einem transnationalen Unternehmen,<br />

und einer philippinischen Firmengruppe, Betriebskostenverluste<br />

und türmte einen Schul<strong>den</strong>berg von 800 Millionen Dollar auf,<br />

um die Ausweitung des Geschäftsbetriebs zu finanzieren. Die<br />

Abdeckung nahm von 58 Prozent auf 84 Prozent zu, aber die ostasiatische<br />

Finanzkrise trieb die Verbindlichkeiten in die Höhe. Als<br />

das Städtische <strong>Wasser</strong>- und Abwasserwerk-System sich weigerte,<br />

einer Anpassung der Tarifraten zur Deckung der Verluste des<br />

Betriebs zuzustimmen, wurde die Konzession beendet.<br />

• Buenos Aires. Die 30-Jahres-Konzession, die 1993 an ein<br />

Konsortium ausländischer Firmen und an lokale Firmengruppen<br />

Quelle: Slattery 2003; Castro 2004.<br />

gerliches Verhalten abgekühlt, irgendwelche<br />

Vereinbarungen abzuschließen. Die wichtigsten<br />

internationalen Unternehmen wie Suez, das<br />

größte <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen der<br />

Welt, Veolia Environnement und Thames<br />

Water ziehen sich aus Konzessionen in Entwicklungsländern<br />

zurück, mitunter weil Regierungen<br />

und Regulierungsinstanzen Druck ausüben.<br />

So beendete beispielsweise Thames Water<br />

im Jahr 2004 <strong>den</strong> Betrieb eines Versorgungsunternehmens<br />

in China, zwei Jahre nachdem die<br />

chinesische Regierungen entschied, dass die<br />

Rendite zu hoch war. 31<br />

vergeben wurde, wurde mit dem argentinischen Wirtschaftszusammenbruch<br />

beendet. Während des Bietverfahrens hatte<br />

das Konsortium seine Intention angedeutet, die Gebühren um<br />

29 Prozent zu senken, betriebswirtschaftliche Verluste führten jedoch<br />

zu Gebührenerhöhungen und Vertragsneuverhandlungen.<br />

Es gab keine Klauseln <strong>für</strong> die Abdeckung von Wechselkurszusammenbrüchen,<br />

so dass das Konsortium allen Risiken ausgesetzt<br />

war, die mit hohen Auslandskrediten verbun<strong>den</strong> sind.<br />

Aus diesen Beispielen kann man mindestens drei wichtige<br />

Lektionen ableiten. Die erste Lektion, die in Cochabamba sehr nachdrücklich<br />

demonstriert wurde, ist, dass es auf Transparenz ankommt.<br />

Weder von der Regierung, noch von <strong>den</strong> Unternehmen oder <strong>den</strong><br />

Geldgebern und internationalen Finanzinstitutionen wur<strong>den</strong> glaubwürdige<br />

Versuche unternommen, die Verträge in der öffentlichen<br />

Meinung zu unterstützen oder die Meinungen der Armen zu berücksichtigen.<br />

Eine Konsequenz war, dass keine Vorkehrungen getroffen<br />

wur<strong>den</strong>, die Gewohnheitsrechte der ohnehin stark gefährdeten<br />

indigenen Völker zu schützen – ein Faktor, der politisch explosiv<br />

wurde.<br />

Die zweite Lektion betrifft das Spannungsverhältnis zwischen<br />

kommerziellen und sozialen Anforderungen. Firmen übernehmen<br />

Konzessionen, um Profite <strong>für</strong> ihre Aktionäre zu erzeugen. Gebührenerhöhungen<br />

zur Finanzierung von Profiten und Investitionen können<br />

jedoch die <strong>Wasser</strong>versorgung armer Haushalte gefähr<strong>den</strong>. Sie erhöhen<br />

zudem die Wahrscheinlichkeit politischer Reaktionen, die die<br />

zentrale Bedeutung von <strong>Wasser</strong> in der Gemeinschaft widerspiegeln.<br />

Versuche, Profite durch die Erhöhung von <strong>Wasser</strong>gebühren zu erzielen,<br />

um damit <strong>den</strong> Schul<strong>den</strong>dienst aus Auslandskrediten und<br />

Währungsabwertung zu finanzieren, haben sich als sozial und<br />

politisch nicht tragbar erwiesen.<br />

Die dritte Lektion ist möglicherweise die wichtigste. Es wurde<br />

maßlos unterschätzt, wie kompliziert die Verbesserung des Zugangs<br />

zu <strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> Arme ist. Wäre das Problem richtig eingeschätzt wor<strong>den</strong>,<br />

so hätten öffentliche Gelder und subventionierte Anschlüsse<br />

eine größere Rolle gespielt.

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