Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch
Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch
Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
nur im Falle einer vollständigen Privatisierung<br />
Auswirkungen auf die Besitzverhältnisse. Allgemeiner<br />
formuliert, beeinflussen die Bedingungen,<br />
unter <strong>den</strong>en Regierungen mit dem Privatsektor<br />
Verträge schließen, die Managementstrukturen,<br />
das Investitionsverhalten und die<br />
Verteilung des Risikos. Konzessionen übertragen<br />
das Management, das Risiko und die Verantwortung<br />
<strong>für</strong> Investitionen auf <strong>den</strong> Privatsektor,<br />
während andere öffentlich-private Vereinbarungen<br />
zum Beispiel das vertragliche Auslagern<br />
einiger Aspekte des Managements oder des<br />
Betriebs von <strong>Wasser</strong>leitungsnetzen beinhalten.<br />
Privatisierung (vollständiger<br />
Rückzug des Staates) ist selten<br />
Nur wenige Länder – Frankreich ist eines davon<br />
– weisen eine lange Geschichte privater<br />
<strong>Wasser</strong>bewirtschaftung auf. Die Privatisierung<br />
in Chile erfolgte in <strong>den</strong> achtziger Jahren, jedoch<br />
erst, als fast die gesamte Bevölkerung Zugang zu<br />
<strong>Wasser</strong> hatte. Seit damals hat das Land sehr<br />
gute Leistungen sowohl hinsichtlich der Effizienz<br />
als auch hinsichtlich der Zugangsgerechtigkeit<br />
aufzuweisen. In Großbritannien wurde<br />
sehr spät privatisiert. Die öffentlichen Versorgungsunternehmen<br />
wur<strong>den</strong> Ende der achtziger<br />
Jahre verkauft – und leiteten ein Interesse an<br />
der Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung in vielen<br />
Entwicklungsländern ein.<br />
Seit damals hat es gemischte Resultate gegeben.<br />
In dem Jahrzehnt, das auf die Privatisierung<br />
folgte, konnten die <strong>Wasser</strong>unternehmen<br />
in Großbritannien weit höhere Profite erwirtschaften<br />
als vorhergesagt und konnten <strong>den</strong> Anteilseignern<br />
Divi<strong>den</strong><strong>den</strong> zahlen, die weit über<br />
<strong>den</strong> durchschnittlichen Gewinnen auf <strong>den</strong> Börsenmärkten<br />
lagen.<br />
Dies führte zu einem Abfluss von Kapital<br />
aus unterbewerteten Unternehmen, das <strong>für</strong> die<br />
Entwicklung nötig gewesen wäre. Das Fehlen<br />
eines expliziten Mechanismus zur gerechten<br />
Aufteilung der Rendite aus <strong>den</strong> erwirtschafteten<br />
Gewinnen zwischen Aktionären und <strong>Verbrauch</strong>ern<br />
– und auch die als viel zu hoch eingestuften<br />
Bruttogewinne – führten zu Kritik.<br />
Dies führte zur Bildung eines starken, unabhängigen<br />
Regulierungsgremiums zum Schutz der<br />
<strong>Verbrauch</strong>erinteressen, zur Festsetzung von In-<br />
vestitionszielen und zur Überwachung von Effizienzsteigerungen.<br />
28 Es gibt jedoch weiterhin<br />
ernste Probleme aufgrund von unzureichen<strong>den</strong><br />
Investitionen und zu hohen <strong>Wasser</strong>verlusten.<br />
Die Erfahrungen in Großbritannien zeigen,<br />
dass die Entwicklung und der geregelte Ablauf<br />
einer Regulierungsreform selbst in Ländern mit<br />
hoch entwickelten institutionellen Kapazitäten<br />
schwierig sind. Beim übereilten Verkauf öffentlicher<br />
Vermögenswerte musste das öffentliche<br />
Interesse als Folge der Privatisierung Verluste<br />
hinnehmen, obwohl eine verbesserte Regulierung<br />
einige der Fehlentwicklungen wieder korrigiert<br />
hat.<br />
Das Konzept der Konzessionen wurde<br />
vielfach ausprobiert und getestet – mit<br />
gemischten Resultaten<br />
In <strong>den</strong> neunziger Jahren erfolgten private Investitionen<br />
im <strong>Wasser</strong>bereich hauptsächlich über<br />
Konzessionen: Private Firmen aus dem In- und<br />
Ausland übernahmen die Verantwortung <strong>für</strong><br />
die Finanzierung und <strong>den</strong> Betrieb der Systeme.<br />
Durch einige Konzessionen wur<strong>den</strong> die Effizienz<br />
verbessert, die <strong>Wasser</strong>verluste reduziert,<br />
die Liefermengen erhöht, mehr <strong>Wasser</strong>zähler<br />
installiert, das Kassieren von Einnahmen und<br />
das Versorgungsnetz ausgeweitet. In Marokko,<br />
wo von 1997 bis 2002 vier Konzessionen vergeben<br />
wur<strong>den</strong>, konnte die Versorgung ausgeweitet<br />
wer<strong>den</strong> (etwa die Hälfte der Bevölkerung<br />
wird heutzutage über Konzessionen versorgt)<br />
und der Zufrie<strong>den</strong>heitsgrad der <strong>Verbrauch</strong>er<br />
stieg. 29 Über die Ost-Manila-Konzession konnte<br />
der Prozentsatz der Bevölkerung, der 24<br />
Stun<strong>den</strong> am Tag mit <strong>Wasser</strong> versorgt wird, von<br />
etwa 15-20 Prozent im Jahr 2000 auf mehr als<br />
60 Prozent erhöht wer<strong>den</strong>. Die Gesamtversorgungsrate<br />
stieg von 65 Prozent auf 88 Prozent.<br />
Als Teil einer nationalen Strategie „<strong>Wasser</strong>zugang<br />
<strong>für</strong> Alle“ wandelte der südafrikanische<br />
Staat ein <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen in<br />
Durban in einen Konzessionsbetrieb um. Auch<br />
wenn der gleichberechtigte Zugang <strong>für</strong> alle Teile<br />
der Bevölkerung immer noch Anlass zur Sorge<br />
gibt, hat es bereits eindeutige Verbesserungen<br />
beim Zugang armer Haushalte gegeben.<br />
Diesen Fällen stehen einige spektakuläre<br />
hochgradige Fehlschläge gegenüber. 30 In<br />
Die Bedingungen, unter<br />
<strong>den</strong>en Regierungen mit<br />
dem Privatsektor Verträge<br />
schließen, beeinflussen die<br />
Managementstrukturen, das<br />
Investitionsverhalten und<br />
die Verteilung des Risikos<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2006 119<br />
2<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>menschlichen</strong> <strong>Verbrauch</strong>