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Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch

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men in Großbritannien. In Porto Alegre, in<br />

Brasilien, konnten durch eine Reform der Versorgungsunternehmen<br />

Effizienzsteigerungen<br />

und eine verbesserte demokratische Rechenschaftslegung<br />

erreicht wer<strong>den</strong> (Kasten 2.3). Die<br />

<strong>Wasser</strong>behörde der Stadt, die in kommunalem<br />

Besitz ist, ermöglicht <strong>für</strong> alle Haushalte <strong>den</strong><br />

Zugang zu sauberem und bezahlbarem <strong>Wasser</strong><br />

– und konnte das Einnahmeniveau drastisch<br />

steigern und die <strong>Wasser</strong>verluste reduzieren.<br />

Politische und finanzielle Autonomie haben<br />

entschei<strong>den</strong>d zum Erfolg beigetragen.<br />

Wie das Beispiel Porto Alegre zeigt, kann<br />

eine Reform der Versorgungsunternehmen die<br />

Leistungen verbessern, ohne etwas an <strong>den</strong> Besitzverhältnissen<br />

zu ändern. Hier handelt es<br />

sich nicht um einen Einzelfall. In Sri Lanka entwickelte<br />

sich das National Water Supply and<br />

Drainage Board zum effizienten Anbieter,<br />

nachdem durch Regierungsreformen die Koordination<br />

zwischen <strong>den</strong> Behör<strong>den</strong> und das<br />

finanzielle Abschnei<strong>den</strong> verbessert wur<strong>den</strong>. 26<br />

Die <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen in Indien<br />

wer<strong>den</strong> mitunter alle als ineffizient bezeichnet.<br />

In Hyderabad jedoch konnte das <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen<br />

das Netz ausweiten und die<br />

bessere Leistungen beim Kassieren der Einnahmen,<br />

bei Reparaturen und beim Dienstleistungsangebot<br />

erzielen. 27 In vielen Ländern gibt<br />

es im öffentlichen Sektor große Effizienzunterschiede.<br />

In Kolumbien beispielsweise weisen<br />

die Versorgungsunternehmen in Bogotà und<br />

Medellin hohe Effizienzstandards auf, während<br />

die öffentlichen kommunalen Unternehmen,<br />

die Städte an der karibischen Küste versorgen,<br />

am anderen Ende der Effizienzskala operieren.<br />

Kasten 2.3 Öffentliche Dienstleistungen können funktionieren –<br />

ein gutes Beispiel da<strong>für</strong> ist das <strong>Wasser</strong>- und Abwasserdezernat in Porto Alegre<br />

Porto Alegre, die Hauptstadt des Bundesstaates Rio Grande do Sul<br />

in Brasilien mit 1,4 Millionen Einwohnern hat eine der niedrigsten<br />

Kindersterblichkeitsraten des Landes (14 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten<br />

in einem Land, in dem der nationale Durchschnitt bei<br />

65 liegt) und einen Index <strong>für</strong> <strong>menschlichen</strong> Entwicklung, der mit<br />

reichen Ländern vergleichbar ist. Das effiziente städtische Management<br />

bei der <strong>Wasser</strong>- und Sanitärversorgung hat bei dieser Erfolgsgeschichte<br />

eine wichtige Rolle gespielt.<br />

Die städtischen <strong>Wasser</strong>anbieter haben <strong>den</strong> Zugang zu <strong>Wasser</strong><br />

<strong>für</strong> die gesamte Bevölkerung realisiert. Die <strong>Wasser</strong>preise – 0,30 US-<br />

Cent pro Liter – gehören mit zu <strong>den</strong> niedrigsten des Landes. Gleichzeitig<br />

hat inzwischen die Abwasseraufbereitung ein Niveau von fast<br />

30 Prozent erreicht, verglichen mit zwei Prozent im Jahr 1990. In fünf<br />

Jahren sollen es 77 Prozent sein. Die Effizienzindikatoren entsprechen<br />

etwa <strong>den</strong>en in <strong>den</strong> erfolgreichsten Privatunternehmen der Welt.<br />

Das Verhältnis von Mitarbeiterzahl zu Haushaltsanschlüssen, ein vielfach<br />

angewandter Indikator, beträgt 3:1000. Dieses Verhältnis beträgt<br />

in Delhi 20:1000 und bei Privatunternehmen in Manila 5:1000.<br />

Die Arbeitsbedingungen des Städtischen Dezernats <strong>für</strong> <strong>Wasser</strong><br />

und Abwasser (DMAE), das komplett im Besitz der Stadt Porto<br />

Alegre ist, können diesen Erfolg erklären:<br />

• Als eigenständige juristische Person genießt es betriebliche und<br />

finanzielle Autonomie.<br />

• Es erhält keine Subventionen und ist finanziell eigenständig.<br />

• Als finanziell eigenständige juristische Person kann es Investitionskredite<br />

ohne städtische Hilfe aufnehmen.<br />

Das Betriebsmandat kombiniert soziale und wirtschaftliche<br />

Zielsetzungen. Das <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen hat eine Null-<br />

Divi<strong>den</strong><strong>den</strong>-Politik: Alle Profite wer<strong>den</strong> wieder in das System rein-<br />

Quelle: Viero 2003; Maltz 2005.<br />

vestiert. Die Steuerbefreiung des Unternehmens ermöglicht die niedrigen<br />

<strong>Wasser</strong>preise. Zudem ist es verpflichtet, mindestens ein Viertel<br />

der Jahreseinnahmen in die <strong>Wasser</strong>infrastruktur zu investieren.<br />

Warum hat Porto Alegre trotz einer hohen Zahl von Armen unter<br />

<strong>den</strong> Kun<strong>den</strong> <strong>den</strong> Zugang zu <strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> die Gesamtbevölkerung<br />

erreicht? Teilweise weil die Preise im Durchschnitt niedrig sind und<br />

teilweise weil Haushalte mit niedrigem Einkommen, Wohlfahrtseinrichtungen<br />

und die Bewohner von Sozialwohnungen des Bundesstaats<br />

und der Stadt einen Sozialtarif von weniger als der Hälfte des<br />

Grundtarifs bezahlen. Die Verwaltungsstrukturen des <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmens<br />

kombinieren regulatorische Aufsicht mit einem<br />

hohen Grad an öffentlicher Partizipation. Der Generaldirektor wird<br />

vom Bürgermeister ernannt, aber ein Beratungsgremium – aus Ingenieuren,<br />

medizinischem Personal, Umweltschützern und Vertretern<br />

einer großen Zahl von Organisationen der Zivilgesellschaft – beaufsichtigt<br />

das Management und hat die Kompetenz, alle wichtigen<br />

Fragen zu entschei<strong>den</strong>.<br />

Porto Alegre’s Haushaltsberatungsprozess unter Partizipation der<br />

Bürger ist eine Form direkter Demokratie mit jährlich 44 öffentlichen<br />

Versammlungen in 16 Gebieten der Stadt. Die Teilnehmer stimmen<br />

über ihre Prioritäten ab und hören Vorschläge der Manager in sechs<br />

Kernbereichen, darunter auch die <strong>Wasser</strong>versorgung. Zur Vorbereitung<br />

wer<strong>den</strong> Plakatwände auf <strong>den</strong> öffentlichen Plätzen installiert, auf<br />

<strong>den</strong>en die tatsächlichen Ausgaben <strong>den</strong> geplanten Ausgaben gegenübergestellt<br />

wer<strong>den</strong>, und auf <strong>den</strong>en auch der Investitionsplan, der auf<br />

<strong>den</strong> Haushaltsprozess folgt, dargestellt ist. Die öffentliche Kontrolle<br />

über <strong>den</strong> städtischen Haushalt und die Priorität, die die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

genießt, schaffen große Anreize <strong>für</strong> eine hohe Dienstleistungsqualität.<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2006 117<br />

2<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>menschlichen</strong> <strong>Verbrauch</strong>

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