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Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch

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2<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>menschlichen</strong> <strong>Verbrauch</strong><br />

116<br />

Die öffentlichen<br />

Versorgungsunternehmen<br />

sind oft viel zu sehr darum<br />

bemüht, billiges <strong>Wasser</strong> <strong>für</strong><br />

die Reichen zu liefern als<br />

bezahlbares <strong>Wasser</strong> <strong>für</strong><br />

die Armen<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2006<br />

geringe Investitionen verursacht wird. Strukturen<br />

der Regierungsführung spielen eine zentrale<br />

Rolle. Viele öffentliche Versorgungsunternehmen<br />

arbeiten mit einem Dienstleistungsmodell,<br />

das von oben nach unten geht, und das<br />

weder transparent ist, noch auf die Bedürfnisse<br />

der Nutzer Rücksicht nimmt. Wenn überhaupt<br />

irgendeine Rechenschaftslegung erfolgt, ergeht<br />

sie an einflussreiche Politiker und nicht an die<br />

Kommunen, die von dem Versorgungsunternehmen<br />

beliefert (oder übergangen) wer<strong>den</strong>.<br />

Die Versorgungsleistungen der Unternehmen<br />

bestehen in vielen Fällen aus einer Kombination<br />

von Ungleichheit und Ineffizienz. Eine größere<br />

Menge <strong>Wasser</strong>, das öffentliche Versorgungsunternehmen<br />

liefern, wird gar nicht erst<br />

abgerechnet, entweder aufgrund von Leckagen<br />

in <strong>den</strong> Leitungen, die nicht instand gehalten<br />

wur<strong>den</strong> oder wegen defekter Berechnungssysteme.<br />

Zu geringe Einnahmen wiederum führen zu<br />

einem Teufelskreis aus verfallen<strong>den</strong> Vermögenswerten,<br />

<strong>Wasser</strong>verlusten, dem Kassieren zu<br />

niedriger Einnahmen, geringen Investitionen<br />

und einem fortschreiten<strong>den</strong> Verfall der Infrastruktur.<br />

In Städten wie Delhi, Dhaka 22 und<br />

Mexico City 23 fließt etwa 40 Prozent des <strong>Wasser</strong>s,<br />

das in das Leitungsnetz gepumpt wird, aus<br />

undichten korrodierten Leitungen wieder heraus<br />

oder wird illegal weiterverkauft. Verlorenes<br />

<strong>Wasser</strong> führt zu Einnahmeverlusten, die <strong>für</strong> die<br />

Instandhaltung und Ausweitung des Netzes gebraucht<br />

wür<strong>den</strong>. Keines dieser Probleme ist jedoch<br />

auf <strong>den</strong> öffentlichen Sektor beschränkt.<br />

Private Versorgungsunternehmen in Großbritannien<br />

beispielsweise wur<strong>den</strong> zum wiederholten<br />

Mal von <strong>den</strong> Regulierungsbehör<strong>den</strong> mit<br />

Geldbußen belegt, weil sie die vielen Lecks<br />

nicht beseitigten. Zu geringe Investitionen sind<br />

auch nicht nur in armen Ländern eine Ursache<br />

<strong>für</strong> Ineffizienz. Die Environmental Protection<br />

Agency in <strong>den</strong> USA schätzt, dass in <strong>den</strong> nächsten<br />

zwei Jahrzehnten 68 Milliar<strong>den</strong> US-Dollar<br />

benötigt wer<strong>den</strong>, nur um die existierende <strong>Wasser</strong>versorgungsinfrastruktur<br />

in <strong>den</strong> größeren<br />

Städten in <strong>den</strong> Vereinigten Staaten zu reparieren<br />

und instand zu halten. 24<br />

Die Preisgestaltung bei <strong>den</strong> Versorgungsunternehmen<br />

ist ein wichtiger Teil des Finanzie-<br />

rungsproblems in vielen Entwicklungsländern.<br />

Die Tarife sind oft so angelegt, dass sie nur einen<br />

kleinen Teil der Betriebskosten abdecken.<br />

Bei einer Studie über <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen<br />

in Asien Ende der neunziger Jahre kam<br />

heraus, dass bei 35 von 49 Anbietern die Betriebseinnahmen<br />

nicht die Erfordernisse des<br />

Betriebs und der Instandhaltung abdeckten. 25<br />

Wenn keine öffentlichen Investitionen vorhan<strong>den</strong><br />

sind, um die Lücke zu füllen, ist der Verfall<br />

vorprogrammiert. Eine höhere Kostendeckung<br />

durch zahlungskräftige Haushalte würde Einnahmen<br />

<strong>für</strong> die Instandhaltung und damit verbun<strong>den</strong>e<br />

Effizienzsteigerungen mobilisieren<br />

und gleichzeitig Mittel erwirtschaften, um die<br />

Nachfrage bei Haushalten, die nicht zahlen<br />

können, zu befriedigen. Die öffentlichen Versorgungsunternehmen<br />

sind jedoch oft viel<br />

zu sehr darum bemüht, billiges <strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> die<br />

Reichen zu liefern als bezahlbares <strong>Wasser</strong> <strong>für</strong><br />

die Armen.<br />

<strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen können<br />

nicht isoliert betrachtet wer<strong>den</strong>. Wie gut öffentliche<br />

Anbieter die Effizienz-, Gleichheitsund<br />

Rechenschaftskriterien erfüllen, wird<br />

durch die allgemeine politische Kultur des<br />

Dienstleistungsangebots mitbestimmt – und<br />

durch die Politik im Bereich öffentlicher Investitionen<br />

im Allgemeinen. In <strong>den</strong> meisten reichen<br />

Ländern wer<strong>den</strong> die Kapitalinvestitionen<br />

in die <strong>Wasser</strong>versorgungsinfrastruktur über öffentliche<br />

Investitionen getätigt oder über private<br />

Investitionen, die durch Regierungsbürgschaften<br />

abgesichert sind. In vielen Entwicklungsländern<br />

kann Ineffizienz im <strong>Wasser</strong>sektor<br />

teilweise auf chronische Unterfinanzierung des<br />

Netzes über einen sehr langen Zeitraum hinweg<br />

zurückgeführt wer<strong>den</strong>.<br />

Wenn man das Versagen einiger öffentlicher<br />

Versorgungsunternehmen zugibt, bedeutet<br />

dies nicht, dass eine Versorgung durch <strong>den</strong><br />

privaten Sektor erforderlich ist, um Erfolge zu<br />

erzielen. Einige öffentliche Versorgungsunternehmen<br />

in Entwicklungsländern erreichen die<br />

betrieblichen Leistungen privater Unternehmen<br />

mit besonders hohem Leistungsniveau,<br />

oder übertreffen sie sogar. Öffentliche Versorgungsunternehmen<br />

in Singapur verlieren weniger<br />

<strong>Wasser</strong> als private Versorgungsunterneh

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