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Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch

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In <strong>den</strong> vergangenen Jahren ist über die<br />

Balance beim Engagement des privaten und<br />

öffentlichen Sektors im <strong>Wasser</strong>bereich heftig<br />

debattiert wor<strong>den</strong>. Einige argumentieren, dass<br />

eine verstärkte Einbeziehung des privaten Sektors<br />

automatisch zu mehr und besseren Dienstleistungen<br />

pro investierten Dollar führt, ebenso<br />

zu mehr Rechenschaftslegung und Transparenz.<br />

Andere betonen, dass <strong>Wasser</strong> ein lebenswichtiges<br />

öffentliches Gut ist und dass die<br />

Definition von <strong>Wasser</strong> als Menschenrecht<br />

grundsätzlich nicht mit Marktprinzipien vereinbar<br />

ist.<br />

Die Erfahrungen legen ein paar prosaischere<br />

Schlussfolgerungen nahe. Privates Engagement<br />

ist nicht der eine entschei<strong>den</strong>de Leuchtstreifen<br />

am Horizont, der über Erfolg und<br />

Misserfolg beim <strong>Wasser</strong>angebot entscheidet. Es<br />

ist auch kein Garant <strong>für</strong> Markteffizienz. <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

durch ein Netz ist ein natürliches<br />

Monopol, wodurch umfangreiche Effizienzsteigerungen<br />

durch Wettbewerb nur sehr eingeschränkt<br />

möglich sind, und eine effektive Regulierung<br />

im Interesse der <strong>Verbrauch</strong>er ein Muss<br />

ist. Die Regulierung hat in diesem Zusammenhang<br />

die Schlüsselfunktion, Wettbewerbsdruck<br />

zu erzeugen, Preise und Qualitätsstandards festzusetzen,<br />

Zielvorgaben <strong>für</strong> Investitionen und<br />

Instandhaltung zu machen und sicherzustellen,<br />

dass die Vorteile aus <strong>den</strong> Effizienzsteigerungen<br />

auch an die <strong>Verbrauch</strong>er weitergegeben wer<strong>den</strong>.<br />

Unter <strong>den</strong> richtigen institutionellen Bedingungen<br />

kann der Privatsektor die Technologien,<br />

das Know-how und die Ressourcen beisteuern,<br />

um <strong>den</strong> Zugang zu <strong>Wasser</strong> zu verbessern. Diese<br />

Bedingungen durch wirkungsvolle Regulierungsinstanzen<br />

zu schaffen, ist eine sehr komplexe<br />

Angelegenheit, die weit über die Verabschiedung<br />

von Gesetzen und die Übernahme<br />

von Modellen aus anderen Ländern hinausgeht.<br />

Entscheidungen über die geeignete Mischung<br />

von öffentlich und privat müssen von Fall zu<br />

Fall unter Berücksichtigung lokaler Werte und<br />

Bedingungen gefällt wer<strong>den</strong>. Die Herausforderung<br />

<strong>für</strong> alle Anbieter, öffentliche wie private,<br />

besteht darin, <strong>den</strong> Zugang zur <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

auszuweiten und die Preisnachteile auszugleichen,<br />

<strong>den</strong>en arme Haushalte ausgesetzt<br />

sind.<br />

Öffentliche Anbieter haben<br />

eine Schlüsselfunktion bei der<br />

Versorgung und Finanzierung<br />

Die laufen<strong>den</strong> Debatten über die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

haben eine lange Vorgeschichte. Zu Beginn<br />

des 19. Jahrhunderts waren in Europa und<br />

<strong>den</strong> Vereinigten Staaten private Unternehmen<br />

die Hauptanbieter von <strong>Wasser</strong>. Die Ansicht,<br />

dass der Staat sich aus dem Dienstleistungsangebot<br />

heraushalten sollte, damit die Steuern<br />

niedrig gehalten wer<strong>den</strong> konnten, wurde von<br />

breiten Teilen der Bevölkerung unterstützt.<br />

Gegen Ende des Jahrhunderts waren private<br />

Akteure durch kommunale Anbieter ersetzt<br />

wor<strong>den</strong> oder waren strengen Vorschriften unterworfen.<br />

19 <strong>Wasser</strong> wurde als zu wichtig <strong>für</strong> die<br />

öffentliche Gesundheit, <strong>den</strong> staatlichen Wohlstand<br />

und <strong>den</strong> <strong>menschlichen</strong> Fortschritt erachtet,<br />

als dass man es Unternehmen überlassen<br />

wollte, deren Ziel darin bestand, <strong>den</strong> Profit zu<br />

maximieren statt möglichst hohe Gewinne <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> sozialen Bereich zu erzielen.<br />

In jüngster Zeit war die Rolle öffentlicher<br />

und privater Anbieter Gegenstand ziemlich hitziger<br />

öffentlicher Debatten, die jedoch kaum zu<br />

neuen Erkenntnissen führten. In mancherlei<br />

Hinsicht war die Intensität der Debatte erstaunlich<br />

realitätsfern. Die Anzahl der Menschen,<br />

die durch private <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen<br />

beliefert wird, ist zwar gestiegen –<br />

von etwa 51 Millionen im Jahr 1990 auf fast<br />

300 Millionen im Jahr 2002 – jedoch wer<strong>den</strong><br />

mehr als 70 Prozent der gesamten Investitionen<br />

weltweit von öffentlichen <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen<br />

getätigt, und weniger als drei Prozent<br />

der Menschen in <strong>den</strong> Entwicklungsländern<br />

erhalten <strong>Wasser</strong>- oder Sanitärversorgungsdienstleistungen<br />

von privaten oder teilweise<br />

privaten Anbietern. 20 In Brasilien wer<strong>den</strong> 25<br />

von 27 Hauptstädten von Bundesstaaten von<br />

öffentlichen Unternehmen versorgt und nur<br />

zwei von teilprivatisierten Unternehmen. 21<br />

Ein Problem bei der <strong>Wasser</strong>versorgung ist<br />

in vielen Ländern die Schwäche öffentlicher<br />

Anbieter. Es gibt unterschiedliche Gründe <strong>für</strong><br />

diese Schwäche; immer wiederkehrende Themen<br />

sind jedoch schlechte Regierungsführung<br />

und der Verfall der Infrastruktur, der durch zu<br />

Die Herausforderung<br />

<strong>für</strong> alle Anbieter besteht<br />

darin, <strong>den</strong> Zugang zur<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung<br />

auszuweiten und<br />

die Preisnachteile<br />

auszugleichen, <strong>den</strong>en<br />

arme Haushalte<br />

ausgesetzt sind<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2006 115<br />

2<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>menschlichen</strong> <strong>Verbrauch</strong>

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